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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Beklagten bzw. des Betriebsprüfungsfinanzamts, an einer koordinierten grenzüberschreitenden steuerlichen Außenprüfung mitzuwirken und hierbei mit der österreichischen Steuerverwaltung die Klägerin betreffende Informationen auszutauschen.
3Die Klägerin ist eine Gesellschaft der sog. A-Unternehmensgruppe, deren Geschäftsgegenstand der … sind. Gesellschafter der Klägerin ist Frau A2; Geschäftsführer ist Herr A1 sen.
4Mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 (Bl. 1 der vom Beklagten geführten Verwaltungsakte -VA- betreffend die Klägerin) wandte sich die österreichische Steuerverwaltung an den Beklagten mit dem Vorschlag, eine sog. multinationale Kontrolle bei Unternehmen der A‑Unternehmensgruppe bezüglich Einkommensteuer, Körperschaftsteuer sowie Kapitalertragsteuer aus vermuteten verdeckten Gewinnausschüttungen jeweils für die Prüfungszeiträume 2006 bis 2014/2015 durchzuführen. In den Erläuterungen hierzu führte die österreichische Steuerverwaltung unter anderem aus, dass die zentrale Figur innerhalb des „A Imperiums“ Herr A1 sen. sei und dessen ... Kinder als Gesellschafter und/oder Geschäftsführer bei verschiedenen Unternehmen eingesetzt seien. Daneben würden Ehepartner bzw. Lebensgefährtinnen von Herrn A sen. oder dessen Kinder leitende Funktionen innerhalb der Unternehmensgruppe ausüben. Die Familie A nutze insbesondere die Grenznähe, gründe vorwiegend GmbHs in Österreich und Deutschland, erwerbe über diese Gesellschaften Liegenschaften in Deutschland und belaste diese mit Grundschulden. Die vereinnahmten Gelder würden oftmals nicht betrieblich verwendet, sondern gelangten über Verrechnungskonten verbundener Unternehmen letztendlich auf Privatkonten der Familie A. Beispielhaft wurde ein Sachverhalt beschrieben, wonach eine österreichische GmbH im Jahre 2006 ein Grundstück an der Ostsee erworben und dieses im Jahre 2012 mit einem Rohgewinn von ca. 2 Millionen € an einen deutschen Investor verkauft habe. Die Geldflüsse seien über österreichische und deutsche Bankkonten unter Zwischenschaltung einer deutschen GmbH erfolgt. Bislang seien im Hinblick auf diesen Vorgang jedoch keine Gewinnsteuern erklärt oder bezahlt worden. Neben dem Erwerb und Verkauf von Liegenschaften würden jedoch auch durch deren Vermietung steuerpflichtige Vorgänge ausgelöst. Ohne Mitwirkung der deutschen Finanzverwaltung könnten die hieraus erzielten Einnahmen nicht korrekt ermittelt und die mit den Grundstücksgeschäften zusammenhängenden Geldflüsse nicht nachvollzogen werden (vgl. Bl. 2 der VA).
5Daraufhin fand am 2. November 2016 – ohne vorherige Anhörung der Klägerin und nach Entscheidung des für die Betriebsprüfung bei der Klägerin zuständigen Finanzamts B – unter Teilnahme von Vertretern sowohl der österreichischen als auch der deutschen Finanzverwaltung eine sog. Startsitzung (Auswahlsitzung) statt, in der beschlossen wurde, bei insgesamt zehn deutschen Unternehmen, u.a. der Klägerin, sowie bei österreichischen Unternehmen der A-Gruppe eine gleichzeitige Betriebsprüfung durchzuführen. Zum weiteren Gang der Prüfung wurde ausweislich des Protokolls zur Startsitzung vom 2. November 2016 (Bl. 4 der VA) vereinbart, dass durch das Finanzamt B entsprechende Prüfungsanordnungen zu erlassen und sodann Anhörungsverfahren im Hinblick auf die beabsichtigte Betriebsprüfung durchzuführen seien (vgl. Bl. 5 der VA).
6Das Finanzamt B informierte – neben weiteren Gesellschaften der Unternehmensgruppe – die Klägerin mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 (vgl. Bl. 6 der VA) darüber, dass mit der Steuerverwaltung Österreichs im Rahmen der für die Jahre 2012 bis 2014 bereits begonnenen Betriebsprüfungen Auskünfte und/oder Unterlagen gemäß § 117 Abs. 1, 2 AO und §§ 10, 11 und 12 EUAHiG ausgetauscht und im Verlauf der gleichzeitigen Prüfung nach § 12 EUAHiG Bedienstete der beiden beteiligten Mitgliedstaaten zum Zwecke des Informationsaustausches in den Amtsräumen des jeweils anderen Mitgliedstaates zugegen sein werden. Des Weiteren wurde mitgeteilt, dass der Prüfungsgegenstand sich auf
7- die Überprüfung der Zugehörigkeit von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben zur betreffenden Firma im In- und Ausland,
8- den Abgleich von Verrechnungskonten im In- und Ausland, den Abgleich von grenzüberschreitenden Geschäftsvorfällen bzw. die korrespondierende Darstellung und deren Verbuchung im In- und Ausland und auf die Überprüfung von Verträgen mit österreichischen Anteilseignern bzw. Geschäftsführern.
9erstrecken solle.
10Hiergegen wandte sich die Klägerin und teilte durch ihre steuerliche Bevollmächtigte mit, dass eine Zustimmung zum zwischenstaatlichen Informationsaustausch und zur gemeinsamen Prüfung nach § 12 EUAHiG nicht erteilt werde, für den internationalen Auskunftsverkehr der Beklagte zuständig sei, primär die innerstaatlichen Informationsquellen auszuschöpfen seien und die internationale Amtshilfe nur subsidiär eingreifen könne, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führe oder nur mit wesentlich größerem Aufwand möglich und somit Amtshilfe erforderlich sei (vgl. Bl. 7 der VA).
11Daraufhin nahm das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat mit Schreiben vom 27. April 2017 (Bl. 8 der VA) an den Beklagten Stellung und wies darauf hin, dass sich die Unternehmen der A-Gruppe bei der Durchführung ihrer …geschäfte und insbesondere bei der Abwicklung der Geldflüsse eines grenzüberschreitenden und undurchsichtigen Firmengeflechts bedienten. Zur umfassenden Aufklärung dieser Sachverhalte sei ein Auskunftsaustausch mit der österreichischen Steuerverwaltung erforderlich. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass im Jahre 2016 bei österreichischen Unternehmen der A-Gruppe durch die österreichische Steuerfahndung und im Wege der Rechtshilfe für Österreich auch in Geschäftsräumen von Unternehmen der A-Gruppe in Deutschland Durchsuchungen stattgefunden hätten, diese Maßnahmen jedoch ebenso wenig wie die laufenden Betriebsprüfungen zur Aufklärung dieser Sachverhalte geführt hätten (vgl. Bl. 10 der VA). Die steuerlichen Vertreter der Klägerin hätten bislang keine oder jedenfalls nur unvollständig Antworten zu offenen Sachverhaltsfragen erteilt. Schließlich gehe die Betriebsprüfung davon aus, dass durch einen vertieften Auskunftsaustausch mit der österreichischen Steuerverwaltung auch bislang unbekannte, aber für die zutreffende Steuerfestsetzung relevante Sachverhalte bekannt werden würden (vgl. Bl. 11 der VA).
12In den in der Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen in Bezug genommenen, in den Akten auszugsweise wiedergegebenen Sachverhaltsschilderungen seitens des Betriebsprüfungsfinanzamts B ist festgehalten, dass die Verrechnungskonten mit österreichischen Gesellschaften, den österreichischen Gesellschaftern und deren Angehöriger eine Hauptproblematik bei der Betriebsprüfung darstelle. Verrechnungskonten bestünden sowohl mit den Gesellschaftern als auch mit deren Angehörigen, die ihren Wohnsitz in Österreich hätten, sowie mit der österreichischen A GmbH. Hierbei handele es sich insbesondere um Verrechnungskonten für Frau A3 und ihren Ehemann, A4, die zudem auch Gesellschafter der A GmbH seien. Es seien sowohl größere Einzahlungen in bar als auch Gutschriften von österreichischen und deutschen Privatkonten erfolgt. Die Herkunft der Mittel sei mangels Kenntnis der Vermögenslage der jeweils in Österreich steuerpflichtigen Personen nicht überprüfbar. Zum Teil stimmten die aus den Belegen anhand der Unterschrift ersichtlichen Namen der Einzahler nicht mit den in den Buchungen auf den Verrechnungskonten vermerkten Namen überein. Bei Gutschriften auf betrieblichen Konten bestünden Widersprüche bzw. Unklarheiten im Hinblick auf die Angaben auf den (Eigen-)Belegen und die Verbuchungen. Über die Verrechnungskonten seien auch Barauszahlungen zu Gunsten der Eheleute A3 und A4 gebucht worden, wobei ohne Abgleich mit den in Österreich erklärten Einkünften und Vermögensverhältnissen eine Überprüfung, ob und inwieweit diese Auszahlungen der privaten Lebensführung dienten, nicht möglich sei. Zudem würden auch andere Vorgänge wie Forderungsabtretungen, Restschuldübernahmen, Darlehensrückzahlungen u.ä. über Verrechnungskonten gebucht, ohne dass die zu Grunde liegenden Sachverhalte allein anhand der meist nur vorliegenden Eigenbelege bzw. Buchungsanweisungen nachvollziehbar und überprüfbar seien. Diese Einschätzung korrespondiere schließlich mit der Begründung des Vorschlags der österreichischen Finanzverwaltung, eine multinationale Betriebsprüfung durchzuführen, denn auch danach lägen Erkenntnisse vor, dass Gelder mit betrieblichem Charakter möglicherweise über verschiedene Verrechnungskonten der Unternehmen der A-Gruppe letztendlich auf Privatkonten von Mitgliedern der Familie A gelangt seien. Aufgrund dessen sei zur Überprüfung dieser Geldflüsse der direkte Informationsaustausch zwischen den Steuerverwaltungen beider Mitgliedstaaten erforderlich (vgl. Bl. 12 der VA).
13Darüber hinaus führte das Finanzamt B beispielhaft weitere im Rahmen der Betriebsprüfung bei anderen, zur Unternehmensgruppe der Klägerin gehörenden Gesellschaften (nachfolgend: Konzerngesellschaften) getroffene Feststellungen, und zwar
14- bzgl. der Stammeinlagen der A GmbH und von Frau A3 bei der C GmbH, der unklaren Mittelherkunft sowie eines als aufklärungsbedürftig angesehenen Tauschgeschäfts zwischen den Eheleuten A3 und A4 und Herrn D betreffend Anteile an der C GmbH (vgl. Bl. 13 der VA „C GmbH“),
15- bzgl. der E GmbH im Hinblick auf eine Kontogutschrift und deren Erfassung auf den Verrechnungskonten, der ebenfalls als aufklärungsbedürftig angesehenen Mittelherkunft und des Kaufs eines Grundstücks in F (Deutschland) für 390.000 € von der österreichischen A GmbH, wobei der Kaufpreis an eine deutsche GmbH geflossen sei (vgl. Bl. 14 der VA „E GmbH“) sowie
16- bzgl. der G GmbH hinsichtlich von Kontogutschriften und der Beteiligung am Verkauf des Grundstücks in F durch die österreichische A GmbH (vgl. Bl. 12, 13 der VA „G GmbH“).
17Der Beklagte nahm zu den Einwendungen der Klägerin mit Schreiben vom 21. Juli 2017 (vgl. Bl. 13 der VA; Bl. 11 der Gerichtsakte -GA-) Stellung und teilte der steuerlichen Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass keine Bedenken gegen die geplante gleichzeitige Prüfung insbesondere zum Zwecke der Überprüfung der Verrechnungskonten und der Bargeldgeschäfte bestünden, zumal auch das Finanzamt B aufgrund der besonderen Sachverhaltslage eine solche Prüfung für zielführend halte. Angesichts der sowohl von Österreich als auch von Deutschland aus getätigten …geschäfte, der Abrechnungen mittels Verrechnungskonten und der Barzahlungen erscheine eine Koordination der Außenprüfungen und ein Austausch der erlangten Erkenntnisse zur Ermittlung der zutreffenden Einkünfte sinnvoll. Das gemeinsame Interesse der beteiligten Staaten an der gleichzeitigen Prüfung sei vorhanden; eine Zustimmung der betroffenen Steuerpflichtigen sei nicht erforderlich. Die beabsichtigte gleichzeitige Prüfung sei zudem auch ermessensgerecht und verhältnismäßig, da aufgrund der Komplexität der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen, der Vielzahl der eingeschalteten Gesellschaften und der bereits ausgeschöpften Ermittlungsmöglichkeiten eine weitere Sachverhaltsaufklärung nur durch eine internationale Kooperation der Steuerverwaltungen möglich sei. Ein Auskunftsaustausch sei nur dann rechtswidrig, wenn klar und eindeutig jeglicher Anhaltspunkt für eine Steuererheblichkeit fehle.
18Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 14. August 2017 (Bl. 16 der GA) Einspruch ein. Gleichzeitig wandte sich die Klägerin gegen die vom Beklagten beabsichtigten Maßnahmen im Zusammenhang mit einer grenzüberschreitenden Prüfung mit einem Antrag auf Erlass einer gerichtlichen Anordnung mit dem Begehren, dem Beklagten den Informationsaustausch mit der österreichischen Finanzverwaltung einstweilen zu untersagen. Der Antrag hatte keinen Erfolg und wurde mit Beschluss des erkennenden Senats vom 23. April 2018 im Verfahren 2 V 2178/17 abgelehnt.
19Mit Einspruchsentscheidung vom 12. März 2018 (Bl. 4 der GA) wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin gegen das Schreiben des Beklagten vom 21. Juli 2017 als unzulässig zurück.
20Mit der sodann am 10. April 2018 erhobenen vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, dem Beklagten den Informationsaustausch mit der österreichischen Finanzverwaltung und die Durchführung einer koordinierten Betriebsprüfung zu untersagen, weiter. Zur Begründung trägt die Klägerin – unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (2 V 2178/17) – im Wesentlichen vor: Sowohl mit der Teilnahme an einer mit Österreich koordinierten Prüfung und der vorgeschalteten Auswahlsitzung als auch mit dem damit zusammenhängenden Austausch von Informationen handele der Beklagte bzw. das Betriebsprüfungsfinanzamt rechtswidrig und verletze das Recht der Klägerin auf Wahrung des Steuergeheimnisses. Der Beklagte genüge mit seinen theoretischen Ausführungen nicht der ihm obliegenden Darlegungslast hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die beabsichtigte bilaterale Prüfung. Insbesondere sei nicht dargelegt worden, dass in Österreich die Ermittlungsmöglichkeiten, auch im Hinblick auf erhöhte Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten, ausgeschöpft seien. Der in § 6 Abs. 3 EUAHiG niedergelegte Subsidiaritätsgrundsatz schränke den Anwendungsbereich bilateraler Prüfungen dergestalt ein, dass die ersuchende Finanzbehörde (hier die österreichische Finanzverwaltung) ein Ersuchen erst stellen dürfe, wenn sie alle ihr (in Österreich) zustehenden Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe. Vorliegend habe die österreichische Finanzverwaltung in alle Geschäftsunterlagen Einblick erhalten, allerdings über Jahre hinweg die von ihr sichergestellten Unterlagen nicht ausgewertet. Die Klägerin wie auch weitere Gesellschaften der A-Unternehmensgruppe seien von der österreichischen Finanzverwaltung „drangsaliert und schikaniert“ worden, ohne dass effiziente Maßnahmen ergriffen worden seien bzw. eine Auswertung der Unterlagen erfolgt sei. Dieser Sachverhalt sei, da vom Beklagten auch im Verfahren 2 V 2178/17 nicht bestritten, unstreitig. Bevor die österreichische Finanzverwaltung nunmehr eine bilaterale Prüfung anstrebe, müsse sie zuerst „ihre Hausaufgaben in Österreich erledigen“, d.h. die dort sichergestellten Unterlagen auswerten und weitere Aufklärungsmaßnahmen nach der österreichischen Abgabenordnung ergreifen.
21Die beabsichtigte grenzüberschreitende Prüfung gemäß § 12 EUAHiG, deren Voraussetzungen hier nicht vorlägen, sei nichts anderes als die Fortsetzung der in Österreich zum größten Teil gescheiterten Maßnahmen über die Grenze. Die A-Unternehmensgruppe sei in der Vergangenheit erheblichen Beeinträchtigungen durch Ermittlungen der österreichischen Finanzverwaltung ausgesetzt gewesen. Vielfach seien „Aktionen“ der Finanzverwaltung rechtlich haltlos gewesen und seien von Gerichten wieder aufgehoben worden. So habe im März 2016 in Österreich eine Hausdurchsuchung stattgefunden, bei der Hunderte von Akten beschlagnahmt worden seien. Bis zum Zeitpunkt der nunmehr beabsichtigten koordinierten Betriebsprüfung sei hieraus jedoch nichts Strafbares festgestellt worden. Mittlerweile sei im Beschwerdewege faktisch die Rückgabe aller beschlagnahmten Unterlagen erwirkt worden. Des Weiteren sei im Oktober 2016 durch das Finanzamt H vor dem Hintergrund einer angeblichen verdeckten Gewinnausschüttung an Herrn A1 als faktischer Geschäftsführer ein Sicherstellungsauftrag i.H.v. 7 Millionen € gegen Herrn A1 erlassen worden, ohne dass ein entsprechender Haftungsbescheid existiere. In dem hiergegen geführten Rechtsbehelfsverfahren sei der Sicherstellungsauftrag im Juni 2017 sodann auf 1,2 Millionen € reduziert worden. Auch hiergegen sei ein Rechtsbehelf erhoben worden. Darüber hinaus habe sich die österreichische Steuerverwaltung bei Herrn A1 auch bezüglich anderer Steuerarten „ausgetobt“. Diesbezüglich habe der österreichische Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung vom 25. Mai 2016 (vgl. Bl. 52 der GA zu 2 V 2178/17) erhebliche Steuerfestsetzungen aufgehoben. Diese über Jahre gegen die österreichische Verwaltung geführten Streitverfahren hätten viel Zeit- und Kostenaufwand und auch sonst erhebliche Beeinträchtigungen für die Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe bedeutet. Das bisherige rechtswidrige, „verbissene“ und daher die Besorgnis der Befangenheit begründende Vorgehen der österreichischen Steuerverwaltung sei insoweit auch unstreitig, da der Beklagte hierzu keine Stellungnahme abgegeben habe. Wenn nunmehr den erfolglos gegen Gesellschaften der Unternehmensgruppe vorgehenden österreichischen Steuerbehörden Einblick in die deutschen Steuerakten gewährt werden würde, bestünde die Möglichkeit, dass sich diese Vorgänge fortsetzten und weitere nicht gerechtfertigte Belastungen für die Klägerin eintreten würden.
22Soweit der Beklagte allein aus den Ersuchen um Amtshilfe von österreichischer Seite per se den Rückschluss ziehe, dass der ersuchende Staat die Grenzen seiner inländischen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe, sei dies „abenteuerlich“ und entspreche nicht den einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen.
23Schließlich seien die Themenschwerpunkte, auf die sich eine bilaterale Prüfung beziehen solle, zu vage umschrieben. Der Beklagte verweise insoweit lediglich auf …geschäfte diverser Gesellschaften, Verrechnungskonten und Bargeldgeschäfte, ohne die noch als aufklärungsbedürftig angesehenen Sachverhalte konkret zu beschreiben. Ungeachtet dessen fehle jedweder Sachvortrag des Beklagten dazu, welche Firmen einzelnen betroffen seien, wie hoch der Stand der Verrechnungskonten sein solle und wie sich dies über die Grenze zwischen welchen Gesellschaften ausgewirkt haben solle. Es fehle zudem ein Hinweis dazu, ob sich die Buchungen über Verrechnungskonten über die Gewinn- und Verlustrechnung ausgewirkt hätten und damit erfolgswirksam gewesen sein sollten oder rein statisch ohne Gewinnauswirkungen über Bestandskonten erfolgt seien. Dies bestätige den Eindruck, dass es sich mangels konkreter Ansatzpunkte für eine zwingende Notwendigkeit einer länderübergreifenden Prüfung um bloße Ermittlungen ins Blaue handele. Daher handele es sich bei der beabsichtigten Prüfung um unzulässige Ausforschungsermittlungen.
24Die beabsichtigte Prüfung verstoße zudem gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Da es dem Beklagten offensichtlich nur auf die Verrechnungskonten und die Bargeldgeschäfte ankomme, hätte es im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ausgereicht, wenn die Finanzverwaltung nur zu diesen Punkten eine Aufstellung etwa der Verrechnungskonten und der getätigten Bargeldgeschäfte mit Belegen angefordert hätte. Eine entsprechende Aufforderung habe es jedoch nie gegeben. Es seien keinerlei Fragen oder Mitteilungen seitens der österreichischen Finanzbehörden offen, erst recht nicht, dass diese Unternehmensgruppe in irgendeiner Weise eine Antwort schuldig geblieben sei. Alle Schreiben, die von den österreichischen Finanzbehörden an die Unternehmen der Firmengruppe A1 und A2 gerichtet worden seien, seien beantwortet worden. Die Eheleute A hätten bei der Sachverhaltsaufklärung in Österreich immer mitgewirkt. Unabhängig davon habe die österreichische Finanzverwaltung im Zuge der Beschlagnahmemaßnahme auch die Computer, auf denen sich die Buchhaltung der deutschen Firmen befunden habe, sichergestellt und damit Zugriff auf alle Verrechnungskonten erlangt. Zum Zwecke der weiteren Sachverhaltsaufklärung nunmehr eine bilaterale Prüfung durchzuführen und damit den österreichischen Steuerbehörden Einblick in die gesamte Buchführung, in sämtliche Geschäftsunterlagen, in Kalkulationsunterlagen, in den Schriftverkehr mit Banken und Finanzbehörden, in die gesamten Lieferanten- und Kundendaten usw. zu gewähren, stelle kein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel dar. Ein „Rundumblick in sämtliche Geschäftsunterlagen“ sei nicht erforderlich, um sich einen Einblick in die Verrechnungskonten zu verschaffen. Zudem könnten nur „Verrechnungskonten über die Grenze BRD/A“ gemeint sein; Verrechnungskonten zwischen deutschen Gesellschaften könnten nicht betroffen sein. Dies sei jedoch durch ein weniger belastendes Mittel erreichbar.
25Zur Begründung ihres Vortrags, insbesondere zu den unzureichenden Ermittlungen der österreichischen Finanzverwaltung verweist die Klägerin auf die Bekundungen ihrer steuerlichen Berater in Österreich (Herr I und Herr J; vgl. Bl. 36 der GA).
26Die Klägerin beantragt sinngemäß,
27dem Beklagten zu untersagen, eine gleichzeitige Prüfung im Sinne von § 12 EUAHiG mit der Finanzverwaltung Österreichs durchzuführen und Unterlagen und Informationen an die österreichische Finanzverwaltung herauszugeben bzw. zu erteilen.
28Der Beklagte beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Zur Begründung verweist der Beklagte – ebenfalls im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den Vortrag im Verfahren 2 V 2178/17 – darauf, dass sowohl die Steuerverwaltung Österreichs, wie in deren Schreiben vom 18. Oktober 2016 mit dem Vorschlag für eine gleichzeitige Prüfung dargelegt, als auch das für die Klägerin zuständige Finanzamt B aufgrund der besonderen Sachlage eine gleichzeitige Prüfung in beiden Mitgliedstaaten für zielführend hielten, vor allem um die Verrechnungskonten und die Bargeldgeschäfte innerhalb der A-Unternehmensgruppe prüfen zu können. Wie das Finanzamt B bzw. das Bayerische Staatsministerium der Finanzen dargelegt hätten, seien die grenzüberschreitenden Sachverhalte bislang nicht, auch nicht aufgrund der durchgeführten Durchsuchungsmaßnahmen und der Betriebsprüfung in Deutschland, ausreichend aufgeklärt worden.
31Soweit die Klägerin behaupte, die österreichischen Finanzbehörden hätten die beschlagnahmten Unterlagen nicht ausgewertet, stehe dies im Widerspruch zu der Auskunft dieser Behörden, dass trotz der Hausdurchsuchung die Sachverhalte nicht aufgeklärt werden konnten. Daraus folge, dass trotz der Auswertung der Unterlagen die Sachverhalte nicht vollständig geklärt seien. Zudem überzeuge die Einschätzung der Behörden beider Länder, dass nur im Rahmen einer grenzüberschreitenden Prüfung eine Gesamtschau der verwirklichten Sachverhalte möglich sei.
32Angesichts dieser Sachlage sei die Klage – wie auch bereits der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – unbegründet. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 30 AO lägen nicht vor. Eine Ermächtigungsgrundlage für den vorliegend beabsichtigten Auskunftsaustausch ergebe sich aus § 117 AO in Verbindung mit §§ 10, 11, 12 EUAHiG. Hiernach seien neben dem Informationsaustausch auch koordinierte bi- und multilaterale Außenprüfungen in Form gleichzeitiger bzw. gemeinsamer Prüfungen zulässig. Hierbei sei, soweit die Voraussetzungen von § 4 EUAHiG vorlägen, der Austausch der bei der Prüfung erlangten Informationen zulässig. Die Instrumente des Auskunftsverkehrs innerhalb der EU seien zu dem Zweck geschaffen worden, eine effektive Sachverhaltsaufklärung zu ermöglichen, wenn diese wegen grenzüberschreitender Geschäftsbeziehungen und der ausgeschöpften nationalen Ermittlungsmöglichkeiten nur durch die internationale Kooperation der Steuerverwaltungen möglich sei. Insbesondere Simultanprüfungen gemäß § 12 EUAHiG könnten dann von Vorteil sein, wenn unvollständige oder widersprüchliche Informationen während einer nationalen Außenprüfung erlangt würden, oder bei komplexen Gestaltungen wie im Streitfall, da eine gleichzeitige Prüfung nicht zuletzt auch die Qualität der Daten, die den mitwirkenden Steuerverwaltungen zur Verfügung stünden, verbessern könnte. Derartige Prüfungen könnten zudem dazu beitragen, die Möglichkeiten einer Doppelbesteuerung zu reduzieren.
33Die Voraussetzungen einer gleichzeitigen Prüfung im Sinne von § 12 EUAHiG seien vorliegend gegeben. Die österreichische Steuerverwaltung habe vor dem Hintergrund, dass in Österreich Prüfungen bei diversen sich nahestehenden und in Familienbesitz befindlichen Gesellschaften liefen, zu einer gleichzeitigen Prüfung eingeladen. Aufgrund der sowohl von Österreich als auch von Deutschland aus getätigten Geschäfte der A-Unternehmensgruppe, insbesondere mittels kurzfristig eröffneter und anschließend liquidierter Gesellschaften, sei es sinnvoll, die Außenprüfungen bei den Mitgliedstaaten zu koordinieren und die erlangten Erkenntnisse zur Ermittlung der zutreffenden Einkünfte auszutauschen. Konkret gehe es darum, die mittels Verrechnungskonten, zum Teil aber auch durch Barzahlungen abgerechneten …geschäfte zu prüfen und durch Koordinierung der zuständigen Steuerverwaltungen in Österreich und Deutschland sowohl eine Doppelbesteuerung als auch eine doppelte Nichtbesteuerung zu vermeiden. Die Erheblichkeit der auszutauschenden Informationen sei zu erwarten. Hierfür genüge es, dass zum Zeitpunkt der Informationsweitergabe aus Sicht des ersuchenden Vertragsstaates eine vernünftige Möglichkeit bestehe, dass die begehrte Information für steuerliche Zwecke relevant sein werde. Die koordinierte Prüfung sei auch deshalb erforderlich, weil sowohl die österreichische als auch die deutsche Finanzverwaltung mitgeteilt hätten, dass der Sachverhalt nur durch Zusammenarbeit der beiden Staaten festgestellt werden könne. Ergänzend verweist der Beklagte sowohl auf die Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 27. April 2017 (vgl. Bl. 10 der VA) als auch auf die Feststellungen des Betriebsprüfungsfinanzamts B (vgl. Bl. 12 der VA) und die darin enthaltenen tatsächlichen Umstände.
34Die geplante gleichzeitige Prüfung sei im Streitfall ermessensgerecht und verhältnismäßig. Wegen der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen, der Vielzahl der eingeschalteten Gesellschaften und der ausgeschöpften Ermittlungsmöglichkeiten sei eine weitere Sachverhaltsaufklärung nur durch internationale Kooperation der Steuerverwaltungen möglich. Soweit die Klägerin vortrage, der Beklagte habe nicht dezidiert dargelegt, welche Ermittlungsmaßnahmen in Österreich ergriffen worden seien, verweist der Beklagte darauf, dass im Hinblick auf die Erforderlichkeit des beabsichtigten Informationsaustauschs auf Basis einer Prognoseentscheidung lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung durchzuführen sei, ohne dass dabei Ermittlungen zum ausländischen Steuerrecht angestellt werden müssten. Ungeachtet dessen lasse der Umstand, dass vorliegend seitens der österreichischen Finanzverwaltung ein Vorschlag zur Durchführung einer koordinierten Prüfung unterbreitet wurde, den Rückschluss zu, dass der ersuchende Staat die Grenzen seiner inländischen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe, denn anderenfalls sehe er sich nicht gezwungen, internationale Amtshilfe in Anspruch zu nehmen. Es bestehe kein Grund, an der Auskunft der österreichischen Steuerverwaltung, dass der Sachverhalt nur bilateral aufgeklärt werden könne, zu zweifeln. Es liege auch keine Beweisausforschung ohne konkreten Fallbezug vor. Vielmehr habe die österreichische Finanzverwaltung den spezifischen Aufklärungsbedarf hinsichtlich des Firmengeflechts der A-Gruppe, der Verrechnungskonten und der Bargeschäfte konkret bezeichnet. Auf die Frage, wie konkret und weitreichend in diesem Zusammenhang die bisherigen Erkenntnisse der österreichischen Verwaltung seien, komme es bei der Frage, ob die Zustimmung zu einer gemeinsamen Prüfung erteilt werden könne, nicht an. Unerheblich sei auch, ob der betroffene Steuerpflichtige die Simultanprüfung für geeignet halte. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass vorliegend eine nationale Außenprüfung nur um einen Informationsaustausch erweitert werde. Dieser betreffe in der Regel nur einen Teilaspekt der Prüfung, während die nationale Außenprüfung grundsätzlich eine Vollprüfung darstelle. Darüber hinaus würden der Anstoß für die beabsichtigte koordinierte Prüfung sowie deren Durchführung allein durch die Finanzbehörden der beteiligten Staaten abgestimmt. Zudem stelle die beabsichtigte grenzüberschreitende Prüfung kein Strafverfolgungsinstrument dar, sondern ein Mittel zur verbesserten und vereinfachten Sachverhaltsaufklärung im Besteuerungsverfahren.
35Entscheidungsgründe
36I. Das Gericht war trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin am 12. September 2018 nicht gehindert, die mündliche Verhandlung durchzuführen und den Rechtsstreit zu entscheiden. Insbesondere verletzt die Durchführung der mündlichen Verhandlung die Klägerin nicht in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
371. Der bisherige Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist ausweislich der Zustellungsurkunde (Bl. 64 der GA) am 16. August 2018 form- und fristgerecht gemäß § 91 FGO zum Termin am 12. September 2018 geladen worden. Der Prozessbevollmächtigte wurde gleichzeitig darauf hingewiesen, dass bei einem Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
382. Das Gericht war nicht gehalten, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen bzw. die Verhandlung zu vertagen. Denn unabhängig davon, dass die Klägerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter keine Terminsverlegung beantragt hat, sind auch sonst keine erheblichen Gründe ersichtlich, die eine Terminsänderung hätten rechtfertigen können.
39a) Gemäß §§ 91 Abs. 4, 155 FGO in Verbindung mit § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Keine erheblichen Gründe in diesem Sinne sind insbesondere das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO), oder die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO).
40b) Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für eine Terminsverlegung bzw. eine Vertagung der Verhandlung nicht erfüllt, denn die Klägerin hat die Voraussetzungen hierfür nicht dargelegt. Seitens der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten wurde weder ein Antrag dahingehend gestellt hat, im Hinblick auf eine etwaige Verhinderung oder aus anderen Gründen den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, noch wurden sonst Umstände, die ein Erscheinen zum Termin verhindert haben könnten, vorgetragen und nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht, wie dies erforderlich gewesen wäre. Der bisherige Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 10. September 2018 (Bl. 68 der GA) dem Gericht lediglich mitgeteilt, dass das Mandatsverhältnis mit der Klägerin beendet sei und er nicht zum Verhandlungstermin erscheinen werde.
41II. Die zulässige Klage ist unbegründet.
42Die Klägerin hat keinen Anspruch, dem Beklagten untersagen zu lassen, mit der Steuerverwaltung Österreichs die beabsichtigte koordinierte (gemeinsame oder gleichzeitige) Prüfung zu vereinbaren und in diesem Zusammenhang die für die Besteuerungsverfahren erforderlichen Informationen auszutauschen.
431. Vorliegend begehrt die Klägerin im Kern, dass dem Beklagten die Durchführung einer koordinierten (gemeinsamen oder gleichzeitigen) Prüfung der Klägerin und der österreichischen Gesellschaften der A-Unternehmensgruppe untersagt wird. Soweit die Klägerin darüber hinaus explizit beantragt, dem Beklagten auch die Erteilung von Informationen an die österreichische Finanzverwaltung bzw. die Herausgabe von Unterlagen zu untersagen, kommt darin bei verständiger Würdigung kein weitergehendes Klagebegehren zum Ausdruck. Vielmehr konkretisiert sich darin lediglich das Begehren, die Mitwirkung an einer koordinierten Prüfung zu verhindern mit dem Ziel, dass in der weiteren Folge auch keine Informationen zwischen den beteiligten Steuerbehörden ausgetauscht werden können. Soweit der Antrag auf Untersagung einer Mitwirkung an der Prüfung Erfolg haben würde, würde dies auch den Informationsaustausch verhindern.
442. Das Begehren der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Klägerin steht kein entsprechender Unterlassungsanspruch zu. Ein solcher ergibt sich nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 30 AO im Hinblick auf die Weiterleitung von Informationen zur Vereinbarung und Vorbereitung einer grenzüberschreitend koordinierten Prüfung, denn die Klägerin hat eine entsprechende Informationsweitergabe gemäß § 1004 Abs. 2 BGB analog zu dulden.
45a) Nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist als Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB – in analoger Anwendung – i.V.m. § 30 AO anerkannt (vgl. BFH‑Beschluss vom 29. April 1992 I B 12/92, BStBl. II 1992, 645). Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Zu Recht ist der Beklagte der Auffassung, dass sich aus § 30 Abs. 4 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AO i.V.m. § 117 Abs. 1 und 2 AO und den Vorschriften des EU-Amtshilfegesetzes eine Rechtfertigung für die mit der Vereinbarung, Vorbereitung und Durchführung einer koordinierten Prüfung mit der österreichischen Steuerverwaltung verbundene Offenbarung von dem Steuergeheimnis unterliegenden Verhältnissen der Klägerin ergibt.
46b) Gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO in der seit dem 25. Mai 2018 geltenden Fassung (AO n.F.) ist die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten im Sinne von § 30 Abs. 2 AO zulässig, soweit sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) und b) AO, d.h. eines Verwaltungsverfahrens, eines Rechnungsprüfungsverfahrens oder eines gerichtlichen Verfahrens in Steuersachen, dient. Gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO n.F. ist die Offenbarung der Verhältnisse eines Steuerpflichtigen auch erlaubt, soweit sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist. Zu diesen Gesetzen gehören auch die Rechtsgrundlagen des zwischenstaatlichen Auskunftsverkehrs (vgl. Bozza-Bodden, DStJG Band 36, 2013, 133, 154). Nach der bis zum 24. Mai 2018 geltenden Fassung von § 30 AO galt dies in gleicher Weise für die „Verhältnisse“ eines Steuerpflichtigen (statt der nunmehr legal definierten „geschützten Daten“).
47Gemäß § 117 Abs. 1 AO können die Finanzbehörden zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch nehmen. Gemäß § 117 Abs. 2 AO können die Finanzbehörden zwischenstaatliche Amtshilfe aufgrund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen, innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union sowie des EU-Amtshilfegesetzes (EUAHiG), durch das die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 umgesetzt wird, leisten.
48c) Im Streitfall kommt es nicht entscheidend darauf an, um welche konkrete Art der Prüfung im zwischenstaatlichen Auskunftsverkehr, gegen die sich die Klägerin wendet, es sich hier handelt. Unter koordinierten Außenprüfungen werden begrifflich sowohl in mehreren Staaten gleichzeitig nebeneinander durchgeführte Prüfungen als auch in einem Staat unter Beteiligung ausländischer Bediensteter durchgeführte gemeinsame Prüfungen verstanden. Die Rechtsgrundlage betreffend die gleichzeitige Prüfung (Simultanprüfung) mit ausländischen Finanzbehörden findet sich für die deutschen Finanzbehörden in § 12 Abs. 1 EUAHiG. Diese Simultanprüfungen führen die nationalen Steuerbehörden gleichzeitig, jedoch örtlich unabhängig voneinander, in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet und – im Unterschied zur gemeinsamen Prüfung – ohne Beteiligung ausländischer Bediensteter durch (vgl. Gehm, IWB 2017, 229, 231; Rätke in Klein, § 117 AO Rn. 205). Demgegenüber bilden §§ 10, 11 EUAHiG die Rechtsgrundlage für eine gemeinsame Prüfung (sog. Joint Audits), bei der entweder ausländische Bedienstete an einer Betriebsprüfung in Deutschland oder umgekehrt deutsche Finanzbeamte an einer im Ausland durchgeführten Prüfung teilnehmen (vgl. Anger, IWB 2017, 204; Gehm, IWB 2017, 229, 232; BMF vom 9. Januar 2017, IV B 6-S 1315/16/10016:002, BStBl. I 2017, 89, Rn. 2.2.4).
49Vorliegend sprechen die Beteiligten überwiegend von einer „gleichzeitigen Prüfung“, teilweise jedoch von einer „gemeinsamen Prüfung“. Überwiegend jedoch wird von den Beteiligten explizit auf § 12 EUAHiG Bezug genommen, teilweise auf alle für zwischenstaatliche Prüfungen nach dem EUAHiG (§§ 10-12) bestehende Rechtsgrundlagen bzw. die dem zu Grunde liegenden europarechtlichen Vorgaben (Art. 11, 12 EU‑Amtshilferichtlinie). Insoweit kann aber offengelassen werden, ob es sich bei der beabsichtigten Prüfung um eine gleichzeitige Prüfung im Sinne von § 12 EUAHiG – eine solche dürfte hier von den beteiligten Steuerbehörden angestrebt werden – oder um eine gemeinsame Prüfung im Sinne von §§ 10, 11 EUAHiG handelt. Die Voraussetzungen für beide Arten von Prüfungen liegen vor. Darüber hinaus ist sowohl bei einer gleichzeitigen Prüfung gemäß § 12 EUAHiG (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG) als auch bei einer gemeinsamen Prüfung gemäß §§ 10, 11 EUAHiG (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG) unter den weiteren Voraussetzungen von § 4 EUAHiG der Austausch der im Rahmen der Prüfung erlangten Informationen sowie der für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse zulässig.
50d) Im Streitfall ist die vom Beklagten beabsichtigte Informationsweitergabe zum Zwecke der Durchführung einer grenzüberschreitenden Prüfung mit der österreichischen Steuerverwaltung rechtlich nicht zu beanstanden, da insoweit gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.V.m. § 117 Abs. 2, §§ 10, 11, 12 EUAHiG das Steuergeheimnis nicht entgegensteht.
51aa) Gemäß § 1 Abs. 1 EUAHiG regelt dieses Gesetz den Austausch von voraussichtlich erheblichen Informationen in Steuersachen zwischen Deutschland und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Es ist anzuwenden auf jede Art von Steuern, die von einem oder für einen Mitgliedstaat für dessen Gebiets- oder Verwaltungseinheiten einschließlich der örtlichen Behörden erhoben werden. Ausnahmen sind in § 1 Abs. 2 EUAHiG geregelt. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG erstellt die zuständige Finanzbehörde auf Ersuchen alle Antworten, die für die Festsetzung von Steuern gemäß § 1 EUAHiG voraussichtlich erheblich sind. Gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 EUAHiG erfolgt keine Übermittlung von Informationen, wenn der andere Mitgliedstaat die üblichen Informationsquellen nicht ausgeschöpft hat, die ihm zur Erlangung der erbetenen Informationen zur Verfügung stehen, ohne dabei die Erreichung des Ziels zu gefährden.
52Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EUAHiG kann zum Zweck des Informationsaustauschs mit einem anderen Mitgliedstaat vereinbart werden, dass unter den von der Finanzbehörde festgelegten Voraussetzungen befugte Bedienstete des anderen Mitgliedstaats in den Amtsräumen zugegen sein dürfen, in denen deutsche Finanzbehörden ihre Tätigkeit ausüben, sowie bei den behördlichen Ermittlungen zugegen sein dürfen, die auf deutschem Hoheitsgebiet durchgeführt werden. Hierbei hat gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG die Finanzbehörde sicherzustellen, dass Bediensteten der anderen Mitgliedstaaten nur solche Informationen offenbart werden, die gemäß § 4 EUAHiG übermittelt werden dürfen. Gemäß § 11 EUAHiG können, sofern die Komplexität eines Ersuchens es erfordert, bevollmächtigte inländische Bedienstete in andere Mitgliedstaaten entsandt werden; in diesem Fall gilt § 10 EUAHiG sinngemäß.
53Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG kann auf Vorschlag einer Finanzbehörde das zentrale Verbindungsbüro (im vorliegenden Fall der Beklagte; vgl. § 1 Nr. 5 Finanzverwaltungsgesetz - FVG) mit einem oder mehreren Mitgliedstaaten vereinbaren, im jeweils eigenen Hoheitsgebiet eine gleichzeitige Prüfung einer oder mehrerer Personen von gemeinsamem oder ergänzendem Interesse durchzuführen. Soweit gemäß § 4 EUAHiG zulässig, sind die hierbei erlangten Informationen sowie die für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse auszutauschen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG). Gemäß § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EUAHiG bestimmt die Finanzbehörde, welche Person oder welche Personen sie für eine gleichzeitige Prüfung vorschlägt. Das zentrale Verbindungsbüro unterrichtet die betroffenen Mitgliedstaaten darüber, begründet die Auswahl und gibt den Zeitraum an, in welchem die gleichzeitige Prüfung durchgeführt werden soll. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 EUAHiG entscheidet für den Fall, dass ein anderer Mitgliedstaat eine gleichzeitige Prüfung vorschlägt, die Finanzbehörde, ob sie an der gleichzeitigen Prüfung teilnehmen wird. Das zentrale Verbindungsbüro teilt dem anderen Mitgliedstaat das Einverständnis oder die begründete Ablehnung mit (§ 12 Abs. 3 Satz 2 EUAHiG).
54Der eigentlichen Prüfung vorgeschaltet sind regelmäßig sog. Auswahlsitzungen bzw. Auftaktsitzungen, in denen die Unternehmen für koordinierte Außenprüfungen ausgewählt werden, ausgehend vom zu prüfenden Sachverhalt der Prüfungszeitraum und die Prüfungsschwerpunkte festgelegt sowie formale Fragen wie die Abänderbarkeit von Steuerfestsetzungen und dem ggf. entgegenstehende Vereinbarungen erörtert werden (vgl. Gehm, IWB 2017, 229, 231; BMF vom 9. Januar 2017, IV B 6-S 1315/16/10016:002, BStBl. I 2017, 89, Rn. 3.7 und 3.8).
55bb) Amtshilfeersuchen deutscher Finanzbehörden an ausländische Behörden stehen im Ermessen der deutschen Finanzverwaltung. Grundsätzlich muss die begehrte Auskunft für Zwecke der deutschen Besteuerung erforderlich sein. Dieser für die Amtshilfe allgemeingültige Grundsatz ergibt sich aus § 111 Abs. 1 AO, aber auch aus § 6 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG, wonach eine Finanzbehörde befugt ist, um „sachdienliche behördliche Ermittlungen“ zu ersuchen. Erforderlichkeit verlangt, dass ein Bezug zur Besteuerung im ersuchenden Staat besteht (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2008 I R 79/07, BFH/NV 2008, 1807). Dies wiederum erfordert, dass die Finanzbehörde darlegt, aus welchen Gründen ein beabsichtigtes Auskunftsersuchen für die Besteuerung im ersuchenden Staat „voraussichtlich erheblich ist“ (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654). Trotz der unterschiedlichen Terminologie sind die Tatbestandsmerkmale „Erforderlichkeit“ und „voraussichtliche Erheblichkeit“ einheitlich zu verstehen (vgl. bereits FG Köln, Beschluss vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351).
56Für den Bereich der koordinierten Prüfungen ist dies darüber hinaus gesetzlich klarstellend geregelt. Soweit dies gemäß § 4 EUAHiG zulässig ist, sind die im Zuge einer gleichzeitigen Prüfung erlangten Informationen sowie die für die Vereinbarung der Prüfung im Vorfeld erforderlichen Kenntnisse auszutauschen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG). Auch bei einer gemeinsamen Prüfung hat die Finanzbehörde sicherzustellen, dass Bediensteten der anderen Mitgliedstaaten nur solche Informationen offenbart werden, die gemäß § 4 übermittelt werden dürfen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG). Durch die Bezugnahme auf § 4 EUAHiG mit dem Tatbestandsmerkmal der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ stellt das Gesetz auch für koordinierte, grenzüberschreitende Prüfungen praktisch keine andere Schwelle als für den herkömmlichen Auskunftsverkehr auf. Des Weiteren kann gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 EUAHiG keine Auskunft mit der Begründung verweigert werden, dass die Information nicht für die Durchführung eines inländischen Besteuerungsverfahrens benötigt wird.
57cc) Mit dem Tatbestandsmerkmal der „voraussichtlichen Erheblichkeit“ (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG) wurde der OECD-Standard (vgl. Art. 26 OECD-Musterabkommen) in das EUAHiG übernommen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass ein Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten im größtmöglichen Umfang stattfindet (vgl. Schwarz in Schwarz/Pahlke, § 1 EUAHiG Rn. 3). Zugleich soll klargestellt werden, dass es den Mitgliedstaaten nicht gestattet ist, sich an Beweisausforschungen („Fishing Expeditions“) zu beteiligen oder um Informationen zu ersuchen, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie für die Steuerangelegenheiten eines bestimmten Steuerpflichtigen erheblich sind (vgl. Begründung zum Entwurf des EU-Amtshilfegesetzes BT-Drucks. 17/12375, S. 27; FG Köln, Beschluss vom 7. September 2015, 2 V 1375/15, EFG 2015, 1769; EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C‑682/15, EuZW 2017, 654).
58Voraussichtliche Erheblichkeit setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Ersuchens und der Informationsweitergabe aus Sicht des ersuchenden Vertragsstaates eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass die begehrte Information für steuerliche Zwecke relevant sein wird (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654; FG Köln, Beschluss vom 7. September 2015, 2 V 1375/15, EFG 2015, 1769; Hendricks in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 29; Czakert in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 26 Rn. 55). Die Daten müssen für die Subsumtion unter Besteuerungstatbestände des ersuchenden Vertragsstaates von Bedeutung sein (vgl. Hendricks in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 29). Darauf, ob die Information nach ihrer Übermittlung tatsächlich relevant ist, kommt es nicht an und eine mangelnde Relevanz macht das ursprüngliche Ersuchen nicht unzulässig (vgl. Hendricks in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 29; Czakert in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 26 Rn. 55).
59dd) Die deutschen Finanzbehörden, insbesondere der Beklagte als zentrales Verbindungsbüro, sind im Falle der Beantwortung eines Auskunftsersuchens aus dem Ausland nicht verpflichtet, das ausländische Steuerrecht und die Bedeutung der angefragten Informationen abschließend zu prüfen bzw. Ermittlungen hierzu anzustellen. Es genügt, dass die Erheblichkeit der begehrten Auskunft nach einer ex-ante-Betrachtung möglich erscheint. Der inländischen Behörde obliegt insoweit lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Mai 2005 I B 218/04, BFH/NV 2005, 1503; vom 17. September 2007 I B 30/07, BFH/NV 2008, 51; ebenso etwa Seer, IWB 2014, 87, 90). Auch der EuGH hat klargestellt, dass die um Auskunft ersuchte Behörde bzw. das angerufene Gericht nicht auf eine Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit des Ersuchens beschränkt sind. Allerdings ist die Kontrolle der Rechtmäßigkeitsvoraussetzung im Zusammenhang mit der voraussichtlichen Erheblichkeit der erbetenen Informationen auf die Prüfung beschränkt, ob diese Erheblichkeit offenkundig fehlt (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654). Die entsprechenden Anforderungen sind auch im vorliegenden Zusammenhang bei Prüfung der behördlichen Entscheidung, an einer vorgeschlagenen koordinierten Prüfung im Sinne von § 12 EUAHiG teilzunehmen, zu beachten.
60ee) Anders als der herkömmliche zwischenstaatliche Auskunftsverkehr insbesondere in Form von Auskunftsersuchen oder Spontanauskünften wird durch koordinierte Prüfungen ein weiter Bereich von Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung eröffnet, da sich eine steuerliche Prüfung – anders als einzelfallbezogene Auskunftsersuchen oder Spontanauskünfte – nicht nur auf eine punktuelle, sondern auf eine umfassende Prüfung eines Steuerfalls bezieht. Gemäß § 199 Abs. 1 AO sind bei einer (innerstaatlichen) Außenprüfung die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind, zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen. Die Finanzbehörde trägt insoweit die Verantwortung für die Sachaufklärung, sie hat zugleich die Verfahrensherrschaft bei der Sachaufklärung und bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 199 AO Rn. 1 mit Verweis auf § 88 AO Rn. 1). Soweit eigene Sachaufklärungen im Ausland unzulässig sind, muss sich die Finanzbehörde der zwischenstaatlichen Amtshilfe bedienen, um dem Untersuchungsgrundsatz zu entsprechen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 88 AO Rn. 6).
61Mit dem durch die gesetzlichen Regelungen vor allem in § 12 EUAHiG den Finanzbehörden zur Verfügung gestellten Institut der grenzüberschreitend koordinierten Außenprüfung wird letztendlich der Ermittlungsansatz des grenzüberschreitenden Informationsaustausches zwischen den EU-Mitgliedstaaten auf die Ebene der umfassenden steuerlichen Prüfung übertragen. Eine entsprechende europarechtliche Ermächtigungsgrundlage bestand schon nach der EG-Amtshilferichtlinie (Art. 8b), wurde jedoch erst mit § 12 EUAHiG in deutsches Recht umgesetzt (vgl. Schwarz in Schwarz/Pahlke, § 12 EUAHiG Rn. 1). Mit der Verabschiedung des neuen EU-Amtshilfegesetzes hat der Gesetzgeber unter anderem das Ziel verfolgt, vor dem Hintergrund einer zunehmenden grenzüberschreitenden Betätigung von Steuerpflichtigen eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten zu forcieren und eine neue Form der Verwaltungszusammenarbeit zu entwickeln. Konkret soll mit dem EUAHiG unter anderem eine Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit durch weitergehende Anwesenheits- und Teilnahmemöglichkeiten an behördlichen Ermittlungen erreicht werden (vgl. BT-Drucks. 17/12375 S. 21).
62Simultanprüfungen im Sinne von § 12 EUAHiG entsprechen letztendlich einer Konzernprüfung auf dem Gebiet der EU (vgl. Zöllner in Tipke/Kruse, § 117 AO Rn. 69). Die maßgebliche Schwelle der voraussichtlichen Erheblichkeit der Informationen, die im Rahmen einer gleichzeitigen Prüfung ausgetauscht werden sollen, ist insoweit ähnlich niedrig wie nach den Vorschriften der Abgabenordnung bezüglich der Durchführung einer Außenprüfung (vgl. FG Köln, Beschluss vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322). Für eine Außenprüfung gemäß §§ 193 ff. AO bedarf es grundsätzlich keines besonderen Anlasses. Ausreichend ist bereits, wenn es der Betriebsprüfung darum geht, die Angaben des Steuerpflichtigen zu verifizieren (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322; vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351; Schäffkes/Fechner/Schreiber, DB 2017, 1668, 1673).
63e) Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall der vom Beklagten beabsichtigte, die Klägerin betreffende Informationsaustausch und die Entscheidung, dem Vorschlag der österreichischen Behörde zu folgen und eine koordinierte Prüfung anzustreben, ermessensfehlerfrei ergangen und auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden.
64aa) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine gleichzeitige Prüfung gemäß § 12 EUAHiG vor. Die beabsichtigte Prüfung betrifft mit den Unternehmen der A-Gruppe mehrere Personen, die aus Sicht der österreichischen und der deutschen Finanzbehörden von gemeinsamem oder ergänzendem Interesse sind. Sowohl die österreichischen Finanzbehörden als auch das Finanzamt B und der Beklagte bejahen die Erforderlichkeit einer steuerlichen Prüfung und einer grenzüberschreitenden Koordination (vgl. Bl. 10 der VA). Der beabsichtigte Informationsaustausch im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfung ist für die Festsetzung von Steuern in beiden Mitgliedstaaten voraussichtlich erheblich. Denn sowohl die österreichische Steuerverwaltung als auch der Beklagte sowie das für die Prüfung der Klägerin zuständige Finanzamt B als im Inland beteiligte Steuerbehörden sind der Ansicht, dass eine gleichzeitige Prüfung insbesondere im Hinblick auf die Prüfung der Verrechnungskonten und der zwischen der Klägerin – sowie den weiteren inländischen Konzerngesellschaften – und den österreichischen Gesellschaften der A-Unternehmensgruppe abgewickelten Bargeldgeschäften erforderlich ist. Diese Einschätzung und die damit zusammenhängende Erwartung, dass die für die jeweiligen Besteuerungsverfahren relevanten tatsächlichen Umstände weiter aufgeklärt bzw. überprüft werden können, stößt auf keine rechtlichen Bedenken.
65Soweit seitens der beteiligten Steuerbehörden eine gemeinsame Prüfung im Sinne der §§ 10, 11 EUAHiG vorgesehen ist, liegen die Voraussetzungen hierfür ebenfalls vor, da gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EUAHiG zum Zwecke des für erforderlich gehaltenen Informationsaustauschs Bedienstete eines Mitgliedstaats, vorliegend Österreichs, bei den Ermittlungen deutscher Behörden zugegen sein dürfen. Umgekehrt dürfen zu dem gleichen Zweck bevollmächtigte inländische Bedienstete an Ermittlungen im anderen Mitgliedstaat teilnehmen. Denn auch insoweit ist der Informationsaustausch für die Festsetzung von Steuern voraussichtlich erheblich.
66bb) Gegenstand der beabsichtigten, zwischen der österreichischen und der deutschen Finanzverwaltung koordinierten, auch die Klägerin betreffenden Prüfung sollen die Prüfung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, der Abgleich von Verrechnungskonten, die Prüfung von grenzüberschreitenden Geschäftsvorfällen und deren Verbuchung im In- und Ausland und die Prüfung von Verträgen mit österreichischen Anteilseignern bzw. Geschäftsführern sein. Insoweit ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen Österreichs und Deutschlands erforderlich und sind die Informationen, deren Austausch die gleichzeitige bzw. gemeinsame Prüfung dienen soll, für die Besteuerung voraussichtlich erheblich.
67(1) Die Prüfung der über die Verrechnungskonten vorgenommenen Buchungen sowie der den Geschäftsvorfällen zwischen der Klägerin und den im Ausland ansässigen Gesellschaften der A-Gruppe zu Grunde liegenden Unterlagen ist für die Besteuerung sowohl in Deutschland als auch in Österreich voraussichtlich erheblich, da hierdurch die Feststellung ermöglicht wird, ob grenzüberschreitende Geschäftsvorfälle in beiden Ländern steuerlich zutreffend und soweit erforderlich korrespondierend erfasst worden sind.
68Der Beklagte hat diesbezüglich nachvollziehbar dargelegt, dass nach der Ansicht sowohl der österreichischen Steuerverwaltung als auch des für die Klägerin zuständigen Betriebsprüfungsfinanzamts die Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich der Buchungen von Betriebseinnahmen und -ausgaben und der Buchungen auf den Verrechnungskonten im Inland ebenso wie in Österreich noch nicht abgeschlossen ist und diesen Geschäftsvorgängen gerade aufgrund der grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit verschiedener Unternehmen der A-Gruppe eine besondere Prüfungsrelevanz zukommt. Des Weiteren hat der Beklagte unter Hinweis auf die Mitteilungen der österreichischen Steuerbehörde dargelegt, dass die Sachverhalte trotz der in Österreich durchgeführten Betriebsprüfungen bzw. der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen noch nicht hinreichend aufgeklärt sind. Der Beklagte hat vor allem nachvollziehbar darauf abgestellt, dass – anders als die Klägerin vorträgt – sehr wohl grenzüberschreitend abgewickelte Geschäftsvorfälle zwischen der Klägerin bzw. den weiteren Konzerngesellschaften einerseits und den in Österreich ansässigen Unternehmen der A-Gruppe bzw. den Anteilseignern andererseits stattgefunden haben und einer Prüfung bedürfen. Dies belegen die seitens des Beklagten, des Finanzamts B sowie des Bayerischen Landesamtes für Finanzen angeführten Erkenntnisse zu
69- der seitens der österreichischen A GmbH bzw. von Frau A3 in bar geleisteten Zahlung von Stammeinlagen bei der C GmbH,
70- der Zahlung am 17. September 2015 über 42.000 € von einem österreichischen Konto des Herrn A5 zugunsten der E GmbH und der diesbezüglich vorgenommenen Verbuchung,
71- dem Kauf eines Grundstücks in F durch die E GmbH von einer österreichischen Gesellschaft und der in diesem Zusammenhang erfolgten Kaufpreiszahlung an eine andere Gesellschaft aufgrund einer möglichen Bürgschaftsinanspruchnahme,
72- einer ebenfalls mit dem Verkauf des Grundstücks in F möglicherweise zusammenhängenden Zahlung von 98.000 € der österreichischen A … GmbH an die G GmbH,
73- der Geschäftsführergehaltszahlungen an Herrn A4, ohne dass bislang diesbezügliche Vertragsunterlagen vorliegen sowie zu
74- den aufgefallenen Abweichungen bei den Angaben in Buchungsbelegen bzw. den dazugehörenden Buchungsvermerken.
75Angesichts dieser konkret vorliegenden und aktenkundigen Erkenntnisse des Beklagten ist die voraussichtlichen Erheblichkeit der begehrten Informationen für ein Besteuerungsverfahren gegeben, denn es ist davon auszugehen, dass zwischen der Klägerin bzw. den weiteren Konzerngesellschaften und den österreichischen Gesellschaften sehr wohl Geschäftsvorfälle stattgefunden haben. Die hierzu vorgenommenen Buchungen bzw. die steuerliche Erfassung der Vorgänge im Übrigen und die Hintergründe der Buchungen auf den Verrechnungskonten bzw. der diesen Geschäftsvorfällen zugrunde liegenden Leistungsbeziehungen erscheinen auch prüfungsbedürftig, insbesondere um abzuklären, ob es sich um betrieblich veranlasste Zahlungen handelt oder nicht. Aufgrund dessen besteht jedenfalls die Möglichkeit, dass der Informationsaustausch im Rahmen einer koordinierten Prüfung zwischen Deutschland und Österreich für steuerliche Zwecke in beiden Ländern relevant sein wird. Jedenfalls ist es legitimer Zweck der angestrebten Prüfung, insoweit die Angaben der Steuerpflichtigen, vorliegend der Klägerin und der österreichischen Gesellschaften, zu prüfen.
76Insoweit ist die Klägerin ein in zulässiger Weise von einer Prüfung betroffenes Unternehmen und können sie betreffende Informationen grenzüberschreitend gemäß §§ 10, 11, 12 EUAHiG mit der österreichischen Finanzverwaltung ausgetauscht werden. Wie bei einer inländischen Konzern-Betriebsprüfung ist auch bei einer grenzüberschreitend koordinierten Prüfung nicht isoliert auf einzelne Unternehmen eines Unternehmensverbundes, sondern auch und gerade auf die Konzernstruktur und die innerhalb dieser Struktur abgewickelten Geschäftsvorfälle abzustellen.
77(2) Das Vorbringen der Klägerin führt zu keiner anderen Beurteilung und genügt nicht, um die voraussichtliche Erheblichkeit der Informationen, die ggf. im Rahmen der beabsichtigten Prüfung erlangt und zwischen den beteiligten Steuerbehörden ausgetauscht werden können, in Zweifel zu ziehen.
78Zum einen stellt auch die Klägerin nicht gänzlich in Abrede, dass es zu grenzüberschreitenden Geschäftsvorfällen zwischen den Unternehmen der A-Gruppe gekommen ist. Vielmehr wird bestätigt, dass es im Zusammenhang mit der Stärkung der Liquidität einzelner Unternehmen zu Darlehensgewährungen, Zahlungsvorgängen und diesbezüglichen Verrechnungen gekommen ist. Zwar führte die Klägerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (2 V 2178/17), worauf sie Bezug nimmt, aus, dass dies „so gut wie nicht“ vorgekommen sei. Damit wird jedoch bestätigt, dass es derartige Vorgänge gab. Des Weiteren haben die Antragstellerinnen im Verfahren 2 V 2178/17 – und damit auch die Klägerin im hiesigen Verfahren – selbst vorgetragen, dass es zu Warenlieferungen zumindest einer deutschen Gesellschaft der Unternehmensgruppe an eine österreichische Gesellschaft gekommen ist.
79Nach den Erkenntnissen der deutschen und der österreichischen Finanzbehörden können die Hintergründe für derartige Geschäftsvorfälle bzw. Buchungen vielschichtig sein. Infrage kommen nach dem bisherigen Sachstand der Behörden vor allem Bareinzahlungen, Barauszahlungen, Forderungsabtretungen und Darlehenszahlungen. Die konkrete Zuordnung der Geschäftsvorgänge zu einzelnen Buchungen und deren belegmäßige Prüfung konnten anhand der bislang durchgeführten Ermittlungen jedoch nicht hinreichend überprüft werden, so dass der Informationsaustausch jedenfalls dazu dienen kann, die steuerliche Erfassung dieser Geschäftsvorfälle zu verifizieren, mithin für die Besteuerung erheblich ist.
80(3) Zur Frage der voraussichtlichen Erheblichkeit der vom Beklagten beabsichtigten koordinierten Prüfung bedurfte es keiner Beweisaufnahme und insbesondere keiner Vernehmung der von der Klägerin angebotenen Zeugen, unabhängig davon, dass diese Zeugen wegen des Auslandssachverhalts und der Ansässigkeit der Zeugen im Ausland ohnehin nicht vom Gericht zu laden gewesen, sondern von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung zu stellen gewesen wären.
81Zum einen ist die Behauptung der Klägerin, die beiden Zeugen könnten bekunden, dass die österreichischen Behörden die sichergestellten Unterlagen nicht ausgewertet (und noch nicht einmal gesichtet) hätten, nicht substantiiert. Allein aus dem Umstand, dass die Unterlagen nach Jahren, u.U. erst aufgrund eines erfolgreichen Rechtsbehelfs, wieder an die österreichischen Gesellschaften der A-Unternehmensgruppe herausgegeben werden mussten, folgt nicht, dass die Unterlagen nicht längst ausgewertet werden konnten. Ebenso folgt aus der Reduzierung der ursprünglichen Steuerforderung der österreichischen Finanzverwaltung nicht, wie die Klägerin meint, dass die prozessualen Ermittlungsmaßnahmen unberechtigt gewesen seien bzw. die steuerliche Relevanz der beabsichtigten Sachverhaltsermittlung gefehlt hätte. Dies ergibt sich nicht einmal schlüssig aus dem Vorbringen der Klägerin, die selbst vorträgt, dass die Steuerforderung zwar erheblich reduziert, aber noch in Höhe von ca. 1 Mio. € aufrechterhalten wurde.
82Zum anderen steht diesem Vortrag der Klägerin die Aussage der österreichischen Behörden zur Begründung des Ersuchens um eine grenzüberschreitende Prüfung, die Ermittlungen in Österreich einschließlich der Hausdurchsuchung hätten zu keiner hinreichenden Ausklärung des Sachverhalts geführt, entgegen. Insoweit obliegt jedoch den deutschen Behörden, d.h. dem Beklagten, lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654) und steht den inländischen Behörden keine Kompetenz zu, die Ermittlungen bzw. ggf. noch mögliche Maßnahmen der ausländischen Behörden zu überprüfen.
83cc) Seitens des Beklagten ist vorliegend auch der Grundsatz der Subsidiarität gewahrt worden.
84(1) Gemäß § 6 Abs. 3 EUAHiG sind Amtshilfeersuchen gegenüber anderen Mitgliedstaaten subsidiär, d.h. vor einem Ersuchen muss eine Finanzbehörde alle nach der Abgabenordnung vorgesehenen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben, es sei denn, die Durchführung der Ermittlungen wäre mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten verbunden oder stellte sich nicht als erfolgversprechend dar. Dieser Grundsatz der Subsidiarität gilt allgemein und folgt im deutschen Recht auch aus § 93 Abs. 1 Satz 3 AO. Mit der Vereinbarung bzw. Durchführung einer koordinierten Prüfung mit der österreichischen Steuerverwaltung verletzt der Beklagte vorliegend nicht den Subsidiaritätsgrundsatz.
85(2) Zum einen konnten sowohl die österreichischen als auch die deutschen Behörden nach eigenen Angaben, an deren Richtigkeit für den Senat keine Zweifel ersichtlich sind, die grenzüberschreitenden Geschäftsvorfälle zwischen den Unternehmen der A-Gruppe bzw. deren Anteilseigner bislang nicht abschließend prüfen. Vor diesem Hintergrund ist vor allem eine gleichzeitige Prüfung zwischen Österreich und Deutschland eine Möglichkeit, im Wege der Amtshilfe eine Sachverhaltsaufklärung zu betreiben und die korrekte Verbuchung dieser Vorgänge zu prüfen.
86Der Einwand der Klägerin, die österreichische Steuerverwaltung bzw. der Beklagte habe insoweit nur pauschal behauptet, die österreichischen Behörden hätten die ihnen vorliegenden Unterlagen unzureichend ausgewertet bzw. die betroffenen Unternehmen hätten an der Sachverhaltsaufklärung mitgewirkt, wenn sie hierzu nur aufgefordert worden wären, greift nicht durch. Nach Aktenlage sind sowohl für die österreichischen als auch für die deutschen Behörden – wie dargelegt – konkrete Sachverhaltsfragen nach wie vor offen. Die Klägerin hat zwar behauptet, dass diesbezüglich keine offenen Fragen mehr bestünden bzw. den Steuerbehörden alle relevanten Unterlagen vorlägen. Konkrete Nachweise hierzu hat die Klägerin jedoch nicht vorgelegt. Allein die vom Finanzamt B vorgetragenen konkreten Feststellungen zu den Differenzen bei den Angaben in den Buchungsbelegen, zur Zahlung von 42.000 € von einem österreichischen Konto an die E GmbH zum Kauf des Grundstücks in F durch die E GmbH und die zeitlich zusammenhängende Zahlung von 98.000 € durch die A … GmbH an die G GmbH. sowie die Fragen bzgl. der in bar geleisteten Stammeinlage bei der G GmbH und der Geschäftsführergehaltszahlungen an Herrn A4 bedürfen nach der für den Senat nachvollziehbaren Einschätzung der Finanzverwaltung nach wie vor einer Prüfung. Hierzu hat die Klägerin weder im vorliegenden Verfahren noch im vorhergehenden Verfahren 2 V 2178/17 konkrete Angaben gemacht.
87Das Erfordernis einer koordinierten Prüfung und die Erheblichkeit des beabsichtigten Informationsaustausches für die Besteuerung der Klägerin bzw. der österreichischen Gesellschaften folgt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im Rahmen einer Betriebsprüfung nicht nur eine bloße Sichtung von Buchungskonten anhand von Kontenblättern, wie sie im Verfahren 2 V 2178/17 durch die Antragstellerinnen zumindest teilweise vorgelegt wurden, erfolgt, sondern typischerweise Einsicht in die den Buchungen zugrunde liegende Belege und ergänzende (Vertrags-) Unterlagen genommen, der Sachverhalt auf dieser Basis gewürdigt und auf die korrekte steuerrechtliche Erfassung hin geprüft wird.
88(3) Bedeutsam ist zudem, dass in dem um Informationsaustausch ersuchten Mitgliedstaat nur geprüft werden muss, ob ein hinreichend begründetes Ersuchen der ausländischen Behörde vorliegt und ob den erbetenen Informationen die voraussichtliche Erheblichkeit für die von der ersuchenden Behörde geführte Ermittlung nicht offenkundig völlig zu fehlen scheint (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654). Diese Voraussetzungen liegen hier – wie ausgeführt – vor.
89(4) Ohnehin kann das Erfordernis des Ausschöpfens inländischer Ermittlungsmöglichkeiten im Falle einer gleichzeitigen Betriebsprüfung eingeschränkt sein, insbesondere da es auch zu den Aufgaben einer Betriebsprüfung gehört, den Vortrag eines Steuerpflichtigen zu verifizieren, Tatsachenbehauptungen zu prüfen und hierzu Unterlagen anzufordern bzw. einzusehen, um eine entsprechende Verifikation vorzunehmen (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322; vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351).
90Dem entsprechen auch und gerade die Voraussetzungen für eine Außenprüfung gemäß den Regelungen der Abgabenordnung. Gemäß § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten, freiberuflich tätig sind oder bei Steuerpflichtigen im Sinne von § 147a AO zulässig. Bei anderen als den in § 193 Abs. 1 AO bezeichneten Steuerpflichtigen ist eine Außenprüfung unter den in § 193 Abs. 2 AO genannten Voraussetzungen zulässig. Die Außenprüfung dient der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse eines Steuerpflichtigen (§ 194 Abs. 1 AO). Die steuerlichen Verhältnisse anderer Personen können insoweit geprüft werden, als der Steuerpflichtige verpflichtet war oder verpflichtet ist, für Rechnung dieser Personen Steuern zu entrichten oder Steuern einzubehalten und abzuführen (§ 194 Abs. 1 Satz 4, 1. Halbsatz AO).
91Wie aus der gesetzlichen Formulierung in § 193 Abs. 1 AO folgt, ist eine Außenprüfung unter anderem bei Steuerpflichtigen, die einen gewerblichen Betrieb unterhalten, ohne weitere Voraussetzungen zulässig (vgl. BFH-Urteile vom 7. Februar 2002 IV R 9/01, BStBl. II 2002, 269; vom 2. Oktober 1991 X R 89/89, BStBl. II 1992, 220; Beschluss vom 27. Juli 2001 XI B 133/00, BFH/NV 2001, 1534). Für die Anordnung einer routinemäßigen Prüfung bei Steuerpflichtigen, die unter § 193 Abs. 1 AO fallen, genügt es im allgemeinen, wenn als Begründung die Rechtsgrundlage, d.h. die für die Prüfungsanordnung maßgebende Rechtsvorschrift, angegeben wird (vgl. BFH-Urteil vom 10. Februar 1983 IV R 104/79, BStBl. II 1983, 286). Der Regelung in § 193 Abs. 1 AO liegt der Gedanke zu Grunde, dass die steuerlichen Verhältnisse des genannten Personenkreises grundsätzlich prüfungsbedürftig sind. Insbesondere bedarf es keines besonderen Anlasses für eine Prüfung. Dies bedeutet v.a., dass das steuerliche Verhalten des Steuerpflichtigen keinen Grund zu Misstrauen gegeben haben muss (vgl. Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 193 AO Rn. 42).
92Hinsichtlich der Anordnung einer Außenprüfung ergeben sich allerdings nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift Grenzen insoweit, als es im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde liegt, zu entscheiden, ob und bei wem eine Außenprüfung tatsächlich durchgeführt wird. So ist eine Außenprüfung unzulässig, wenn die Prüfungsfeststellungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt steuerlich verwertet werden können, etwa weil die steuerliche Festsetzungsfrist bereits abgelaufen ist (vgl. BFH-Urteil vom 10. April 2003 IV R 30/01, BFH/NV 2003, 1234) oder fehlende Verwertungsmöglichkeiten aus sonstigen Gründen unzweifelhaft feststehen. Gleichfalls unzulässig sind Außenprüfungen, die sich als Ermittlungen „ins Blaue hinein“ darstellen, d.h. wenn keinerlei Anhaltspunkte für eine mögliche Steuerpflicht vorliegen (vgl. Intemann in König, § 193 AO Rn. 35; dazu auch BFH‑Urteile vom 26. Juli 2007 VI R 68/04, BStBl. II 2009, 338; vom 17. November 1992 VIII R 25/89, BStBl. II 1993, 146 jeweils zur Begründung von Prüfungsanordnungen nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO). Andererseits ist eine Außenprüfung etwa nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die zu prüfenden Steueransprüche möglicherweise verjährt sind (vgl. BFH-Beschluss vom 3. März 2006 IV B 39/04, BFH/NV 2006, 1250; Intemann in König, § 193 AO Rn. 26).
93Nach diesen Maßstäben ist bei der Klägerin – sowie den weiteren Gesellschaften der A‑Unternehmensgruppe – eine Außenprüfung grundsätzlich ohne weitere Voraussetzungen zulässig, da diese Gesellschaften einen Gewerbebetrieb unterhalten.
94dd) Dem beabsichtigten Informationsaustausch steht nicht entgegen, dass bei der Klägerin bzw. einigen der betroffenen österreichischen Unternehmen ggf. bereits seit längerer Zeit Betriebsprüfungen laufen, oder Prüfungen noch gar nicht begonnen wurden, denn aus § 12 EUAHiG folgt nicht, dass gleichzeitig durchzuführende Betriebsprüfungsverfahren auch gleichzeitig beginnen müssen. Die Regelung bezieht sich allein darauf, dass Mitgliedstaaten vereinbaren, gleichzeitige Prüfungen durchzuführen. Dies betrifft sowohl bereits laufende als auch noch nicht begonnene Prüfungsverfahren. Die Koordination bezieht sich weniger auf einen abgestimmten Beginn oder Abschluss der in den jeweiligen Mitgliedstaaten durchgeführten Prüfungen, sondern im Ergebnis auf den damit bezweckten Austausch der hierbei erlangten Informationen. Ein gleichzeitiger Beginn ließe sich im vorliegenden Fall auch nicht mit dem von der Klägerin angeführten Erfordernis in Einklang bringen, zuvor sämtliche inländischen Ermittlungsmaßnahmen auszuschöpfen.
95ee) Schließlich bedarf es keiner Zustimmung der Klägerin zur Einleitung und Durchführung einer gleichzeitigen bzw. gemeinsamen Prüfung. Ein entsprechendes Zustimmungserfordernis ergibt sich weder aus § 117 AO oder dem EUAHiG noch aus anderen Vorschriften. Die Regelung in § 117 Abs. 4 Satz 3 AO betrifft nur die Anhörung, normiert jedoch keinen Zustimmungsvorbehalt. Ein solcher ist auch nicht unter teleologischen Gesichtspunkten anzunehmen. Im Gegenteil würde das Ziel einer koordinierten Prüfung, nämlich eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten sicherzustellen, konterkariert, wenn eine Prüfung von der Zustimmung des betroffenen Steuerpflichtigen abhinge.
96f) Der Beklagte hat das ihm bei der beabsichtigten Weiterleitung des Auskunftsersuchens zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
97aa) Aus dem Gesetzeswortlaut in § 117 Abs. 1 und 2 AO folgt, dass die Inanspruchnahme des zwischenstaatlichen Auskunftsverkehrs bzw. die Mitwirkung hieran in das Ermessen des Beklagten gestellt ist. Gemäß § 102 FGO können die Finanzgerichte die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde nur auf Ermessensüberschreitung, Ermessensmissbrauch und Ermessensfehlgebrauch hin überprüfen.
98bb) Im Streitfall lässt die Begründung des Beklagten, dass angesichts der nach den Feststellungen sowohl des Finanzamt B als auch der österreichischen Steuerverwaltung nach wie vor offenen Sachverhaltsfragen vor allem im Zusammenhang mit Darlehensgewährungen, Zahlungsvorgängen und diesbezüglichen Verrechnungen eine Mitwirkung an der von der österreichischen Steuerverwaltung vorgeschlagenen koordinierten Prüfung als das am besten geeignete Mittel zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und -abstimmung erscheint, keinen Ermessensfehler erkennen.
99II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
100III. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 63 GKG.