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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
2Die Klägerin ist eine Limited Liability Partnership (LLP). Laut ihrem Briefbogen gehört zu ihrem Tätigkeitsbereich „Steuerberatung, Rechtsberatung und Wirtschaftsberatung“; „Members/Advocates“ sind u.a. Herr A, Frau B, C, Herr D, Frau E, Herr F und Frau F1. Herr F war in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Steuerberater bestellt gewesen. Seine Bestellung hat das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls bestandskräftig widerrufen (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz – StBerG). Der Widerruf ist seit dem Jahr 2002 rechtskräftig. Frau E gehört nicht zu dem Personenkreis des § 3 Nr. 1 StBerG. Die Klägerin wird vertreten durch eine Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Ltd. (im folgenden: Ltd.) mit einem mit der klägerischen Adresse identischen Sitz in G (Niederlande), die dort – nach Angaben der Klägerin – zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist. Im Inland bedient sie sich eines Postempfangsbevollmächtigten, nämlich der H Ltd.. Die Briefkopfbögen der Klägerin und der Ltd. ähneln sich stark.
3Sowohl die Klägerin als auch die Ltd. sind nicht in das Verzeichnis nach § 3 Buchst. b StBerG eingetragen.
4Die Klägerin ist u.a. in Steuerangelegenheiten der H Ltd. tätig. Sie bestellte sich - nachdem der Beklagte die Ltd. als Bevollmächtigte zurückgewiesen hatte - am 7.12.2017 neben dieser aus ihrer Sicht zu Unrecht zurückgewiesenen Ltd. als Bevollmächtigte und beantragte im Hinblick auf die inzwischen vorliegenden Steuererklärungen 2015 die Aussetzung der Vollziehung, die Stundung und Vollstreckungsschutz. Das Schreiben vom 7.12.2017 ist von Frau E unterschrieben.
5Mit Bescheid vom 3.1.2018 wies der Beklagte die Klägerin als Bevollmächtigte wegen ihres Auftretens im Steuerveranlagungsverfahren 2015 der H Ltd. nach § 80 Abs. 7 AO zurück. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung.
6Hiergegen richtete sich die beim Finanzgericht Köln im Namen der Klägerin eingereichte Anfechtungs- und Feststellungsklage vom 26.1.2018 (Eingang bei Gericht am 5.2.2018, Az. 4 K 278/18), die als Sprungklage und als Klage auf Feststellung der Nichtigkeit bezeichnet war. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Klageschrift Bezug genommen.
7Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Zurückweisungsbescheid nichtig bzw. rechtswidrig sei. Der Beklagte weise die Klägerin mit der Begründung zurück, sie leiste Hilfe in Steuersachen, ohne dazu befugt zu sein. Dies beinhalte die Behauptung ordnungswidrigen Verhaltens und entsprechende Täuschung der Steuerpflichtigen, eine Straftat. Die Behauptung sei und erfolge indes bewusst unwahr, sei also eine ehrenrührige Lüge, die nur den/die Lügner bezeichnen könne. Als Gegenstand und Inhalt des Vortrags werde auf die „Stellungnahme zum Urteil des EuGH vom 17.12.2015“ sowie die „Dokumentation zu K-F-Fällen“ verwiesen. Diese stelle die Rechtslage dar und lege die Hintergründe offen.
8Das widerwärtige und verwerfliche Handeln der Fiskal-Bediensteten gehe weiter; es stehe wohl eine neue „Welle“ an. Jeder Teilnehmer an dieser Welle möge sich hier entsprechend beurteilt und bezeichnet sehen. Diesbezüglich werde eine Kopie eines Protokolls des „Regionalkreises M“ vom 17.10.2013 vorgelegt, aus dem sich der Hintergrund der „Zurückweisungsorgien“ eindeutig ergebe. Die Zurückweisungen erfolgten nicht aufgrund einer gewonnenen Rechtsansicht im jeweiligen Einzelfall, sondern koordiniert und zentral gesteuert, wie auch das rechtswidrige Vorgehen gegen die Mandanten. Ein solches Vorgehen sei aber von allen Fiskalbediensteten, die damit im Lauf der vielen Jahre konfrontiert worden seien, immer und entschieden bestritten worden. Mit jedem „Mosaikstein“, den die Klägerin erhalte, werde das Bild aber deutlicher.
9Dieses Verhalten sei mit den guten Sitten des deutschen BGB nicht vereinbar; entsprechend sei Nichtigkeit im Sinne des § 125 AO gegeben und damit Wirkungslosigkeit gemäß § 124 Abs. 3 AO; zur Beseitigung eines anderen Rechtsscheins sei die Feststellung der Nichtigkeit erforderlich.
10Weiterhin bestehe Nichtigkeit wie auch Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen die Entscheidung des EuGH, die alle Behörden binde (§ 31 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht – BVerfGG - i.V.m. dem „Solange-II-Beschluss“ des BVerfG vom 22.10.1986 2 BvR 197/83). Insoweit habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 17.12.2015, C-342/17 festgestellt, dass die „X‑Steuerberatungsgesellschaft“ befugt sei, ihre Dienstleistungen EU-weit zu erbringen, und zwar in dem Umfang, in dem sie an ihrem Sitz in G in den Niederlanden (NL) berechtigt und befugt sei. Nationale Bestimmungen, konkret deutsche wie die der §§ 3 Buchst. a und b StBerG, dürften dieses Recht nicht beeinträchtigen. Die in dem Urteil so bezeichnete „X-Steuerberatungsgesellschaft“ sei die K Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Ltd. Aufgrund der unbedingten Bindungswirkung des Urteils sei dem Bundesfinanzhof (BFH) nicht anderes übrig geblieben als mit Urteil vom 19.10.2016, II R 44/12, ebenfalls zu bestätigen, dass die X-Steuerberatungsgesellschaft im Umfang ihrer Berechtigung in G (NL) berechtigt sei, EU-weit, also auch für Wirtschaftsteilnehmer in Deutschland, Dienstleistungen zu erbringen. Bestimmungen, die dieses Recht beschränkten, seien wirkungslos.
11Soweit die Steuerberaterkammer behaupte, es lägen keine vollständigen Meldungen für die Ltd. vor, sei diese Auskunft bewusst falsch. Die Steuerberaterkammer trage Niederländer allein gegen Vorlage der Eintragung der Kamer van Koophandel ein. Deutsche, die eine Praxis in den Niederlanden betreiben, würden grundsätzlich nicht eingetragen. Insoweit könne Beweis erhoben werden durch das Zeugnis des Belastingadivseurs C. Herr C sei planvoll hingegangen und habe alle, auch überzogensten, Nachweisforderungen der Steuerberaterkammer „i-Tüpfelchen-mäßig“ erfüllt. Die Behandlung Deutscher sei eindeutig rechtswidrig und rechtsbeugend.
12Im Übrigen werde gerügt, dass das Gericht in den Verfahren betreffend die Ltd. Beweis erhoben habe durch Einholung einer Auskunft der Steuerberaterkammer, ohne die Ltd. zu beteiligen. Die Aussagen der Steuerberaterkammer seien unerheblich und schlicht falsch. Bewusst falsch, das nenne man im Volksmund „gelogen“, prozessual würden sie bestritten. Die Klägerin verweist insoweit auf die „Dokumentation mit Anlagen zur Meldeorgie“, aus der sich der Schriftwechsel mit der Steuerberaterkammer betreffend die Ltd. ergebe. Egal, was die Ltd. vorlege, sie werde dort nicht eingetragen. Grund für die Nichteintragung sei der Namensbestandteil „Steuerberatungsgesellschaft“ der Ltd.. In ihrem Unverstand bezeichne die Kammer dies als Berufsbezeichnung. Diese Qualifikation sei objektiv falsch, egal ob die intellektuellen Fähigkeiten der Mitarbeiter der Steuerberaterkammer ausreichen würden, das zu verstehen oder nicht.
13Sinngemäß heißt es weiter, der Beklagte interpretiere die Entscheidung des BFH vom 19.10.2016, II R 44/12 falsch. Diese offenbare Fehlinterpretation der BFH-Entscheidung begründe den Antrag auf Zulassung der Revision, damit der BFH seinen Standpunkt klarstellen könne. Darüber hinaus enthalte das BFH-Urteil unklare Nebenentscheidungen und Hinweise, die nicht Ergebnis juristisch einwandfreier Subsumtion seien, sondern getragen von Zirkelschlüssen und ohne Rechtsgrundlagen.
14Die Klägerin beantragt,
151. unter Aussetzung des anhängigen Klageverfahrens dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob Art. 56 AEUV einer Norm wie der des § 3 a StBerG vom 23.6.2017 entgegensteht, soweit diese Bestimmung die Befugnisse eines in den Niederlanden ansässigen Steuerberaters für Leistungserbringungen an in Deutschland ansässige Wirtschaftsteilnehmer einschränkt oder behindert.
162. a) hilfsweise unter Feststellung deren Nichtigkeit die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
17b. äußerst hilfsweise die angefochtenen Bescheide als rechtswidrig aufzuheben.
183. hilfsweise im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Klage wegen Feststellung der Nichtigkeit zulässig, jedoch unbegründet sei. Der Bescheid vom 3.1.2018 sei nicht nichtig, denn es mangele dem Bescheid an einem besonders schwerwiegenden Fehler, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig sei. Für die Beurteilung, ob ein besonders schwerwiegender Fehler vorliege, würden die allgemeinen Grundsätze gelten. Für Verstöße gegen Unionsrecht ergäben sich keine Besonderheiten (FG Niedersachsen Urteil vom 20.1.2000 6 K 389/15 mit weiteren Nachweisen). Die Zurückweisung sei zu Recht erfolgt, denn die Klägerin sei nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Selbst wenn die Zurückweisung zu Unrecht erfolgt wäre, wäre sie nur rechtsfehlerhaft, aber nicht nichtig. Allein die Tatsache, dass sich die Klägerin von den Behörden verfolgt fühle, führe nicht zur Nichtigkeit der Zurückweisung.
22Die Anfechtungsklage sei zwar zulässig, aber unbegründet. Auf die am 7.12.2018 erfolgte Hilfeleistung sei § 3 Buchst. a des StBerG in der Fassung vom 23.6.2017 anzuwenden. Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen des § 3 Buchst. a StBerG. Denn sie sei in einem anderen Staat der Europäischen Union, nämlich in den Niederlanden beruflich niedergelassen, habe aber nicht nachgewiesen, dass sie in den Niederlanden befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leiste. Dafür sei erforderlich, dass im Niederlassungsstaat tatsächlich eine steuerberatende Tätigkeit ausgeübt werde, die mit dem nationalen Recht des Niederlassungsstaates vereinbar sei und die für dort steuerpflichtige Person geleistet werde. Sei die Berufsausübung bzw. -ausbildung – wie in den Niederlanden – nicht reglementiert, müsse innerhalb der letzten zehn Jahre eine mindestens zweijährige Berufsausübung gegeben sein. Dies habe die Klägerin bislang nicht nachgewiesen. Zwar könne in Zweifelsfällen die nach § 3 Buchst. a Abs. 2 StBerG vorgesehene (vorläufige) Registrierung als Nachweis angesehen werden, dies erfordere aber, dass vor Erbringung der ersten Hilfeleistung in Steuersachen im Inland eine schriftliche Meldung erstattet worden sei. Die Meldung erfolge gegenüber der nach § 3 Buchst. a Abs. 2 S. 2 StBerG zuständigen Steuerberaterkammer. Bei vollständiger Meldung veranlasse die Steuerberaterkammer eine vorläufige Eintragung im Berufsregister. Diese (vorläufige) Registrierung könne als Indiz dafür verwendet werden, dass die Person/Vereinigung im Ausland niedergelassen sei, dort die erforderliche Qualifikation besitze und dort auch befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leiste. Die Klägerin sei aber nicht im Berufsregister eingetragen. Die Befugnis gelte nach § 3 Buchst. a Absatz 1 S. 1 StBerG nur zur „vorübergehenden und gelegentlichen“ Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Insofern liege in der Befugnis gleichzeitig eine Beschränkung.
23Art. 57 AEUV sei der ex-Artikel 50 EGV und sei bis auf die Wörter „Vertrag/Verträge“ und „Staat/Mitgliedstaat“ inhaltsgleich. Insoweit verkenne die Klägerin, dass der „Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“ (EGV) auf Grundlage des Vertrags von Lissabon (2007) lediglich in „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ (AEUV) umbenannt worden sei. Es bleibe daher dabei, dass nach dem Wortlaut des ex-Art. 50 EGV = Art. 57 AEUV und somit auch nach der gefestigten Rechtsprechung (z.B. EuGH 11.12.2003 C-215/01, Sammlung 2003 I-14847-14886; BGH vom 26.1.2006 IX ZR 225/04; BFH vom 14.4.2009 II B 92/08) in den Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit nur eine grenzüberschreitende, vorübergehende Hilfeleistung, also eine zeitlich beschränkte Leistung falle, die ohne dauerhafte Niederlassung in Deutschland erbracht werde. Dabei sei erstens die Dauer der von dem Betreffenden in Deutschland erbrachten Leistungen, zweitens die Häufigkeit der Leistungen sowie drittens ihre regelmäßige Wiederkehr oder Kontinuität zu berücksichtigen. § 3 Abs. 1 S. 5 StBerG entspreche dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 2 S. 2 der Richtlinie. Wer also in kontinuierlicher und stabiler Weise im Inland steuerberatend tätig werde, erbringe keine grenzüberschreitende gelegentliche Dienstleistung (BFH vom 26.8.2008 I B 9, 17/08, I B 9/08, I B 17/08, auch zitiert in BFH vom 6.4.2011 VIII B 89/10). Keinesfalls könne und dürfe eine im Inland erfolgte Untersagung einer steuerberatenden Tätigkeit (bzw. der Widerruf einer Bestellung als Steuerberater) durch eine grenzüberschreitende steuerberatende Dienstleistung umgangen werden (BFH vom 21.8.2008 VIII B 70/08). Das Urteil des BFH vom 14.4.2009 (II B 92/08 a.a.O.) sei auch nicht etwa gemeinschaftsrechtswidrig. Der EuGH habe mit Urteil vom 17.12.2015 entschieden, dass die Grundsätze dieser Rechtsprechung nicht für den Fall gelten würden, dass nur die Dienstleistung die Grenze übertrete, weil es dafür keine gesetzliche Regelung gebe. Diese gesetzliche Regelung sei aber nunmehr mit § 3 Buchst. a StBerG geschaffen worden. Demnach sei die Hilfeleistung im Inland von Personen, die im Ausland beruflich niedergelassen seien (§ 3 Buchst. a Abs. 1 S. 1 StBerG) mit der Hilfeleistung vom Ausland für Inländer (§ 3 Buchst. a Abs. 1 S. 2 StBerG) gleichzusetzen.
24Die Klägerin werde neben der Limited als Bevollmächtigte bestellt. Sie habe dieselbe Anschrift und zumindest teilweise dieselben Mitglieder. Sie könne daher jederzeit dieselben Mandanten wie die Limited betreuen. Letztere betreue eine Vielzahl von Mandanten im Inland. Ihre Direktoren hätten einen inländischen Wohnsitz. Es müsse sogar davon ausgegangen werden, dass die Hilfeleistung in inländischen Steuersachen den Hauptteil ihrer Tätigkeit ausmache. Dies ergebe sich bereits aus der Vielzahl der gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren wegen Zurückweisung der Klägerin. Da die Klägerin jederzeit an die Stelle der Limited treten könne und dies auch tue, stehe § 3 Buchst. a Abs. 1 S. 5 StBerG dann auch im Falle der Klägerin einer Befugnis entgegen. Im Ergebnis liege daher nach Ansicht des Beklagten eine unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen vor.
25Der Beklagte hat der Sprungklage im Sinne des § 45 FGO zugestimmt.
26Entscheidungsgründe
27Die Klage hat keinen Erfolg.
28A. Die erhobene Feststellungsklage ist bereits unzulässig.
291. Das Gericht kommt im Wege der Auslegung zu dem Ergebnis, dass die Klägerin (zunächst) sowohl eine Anfechtungs- als auch eine Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben hatte. Dafür sprechen neben der gewählten Formulierung des Antrags „unter Feststellung der Nichtigkeit“ den Bescheid „aufzuheben“ auch die Ausführungen der Klägerin zur Zulässigkeit der Klage. Der BFH hat zwar in seinem Urteil vom 19.10.2016, II R 44/12 (Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2017, 797, Rn. 14-16) ausgeführt, ein Klageantrag, wie der zitierte, sei nicht als Feststellungsklage, sondern als Anfechtungsklage auszulegen. Denn die Klägerin begehre nicht nur die Feststellung der Nichtigkeit, sondern darüber hinaus die Aufhebung des Bescheids. Indes ergibt sich aus der vorliegenden Begründung der Klageschrift, dass die Nichtigkeitsfeststellungsklage „neben“ der Anfechtungsklage erhoben werden sollte. So führt die Klägerin aus, dass „diese Klage“ – gemeint ist die Nichtigkeitsfeststellungsklage – „neben der Anfechtung zu erheben“ zulässig sei (§ 43 der Finanzgerichtsordnung – FGO). So fügt sich auch der vorhergehende Hinweis der Klägerin ein, die Nichtigkeitsfeststellungsklage sei gemäß § 41 Abs. 2 S. 2 FGO zulässig, „auch wenn – hier gegeben – daneben eine Anfechtung möglich ist“. In beiden Sätzen spricht die Klägerin ausdrücklich von einem „Nebeneinander“ beider Klagearten, nicht von einem „Nacheinander“. Wollte man das Begehren demgegenüber dahin verstehen, dass im Hauptantrag nur eine Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben ist und im Hilfsantrag eine Anfechtungsklage, so hätte es des Verweises auf § 41 Abs. 2 S. 2 FGO einerseits, wie auch auf § 43 FGO (Klagenhäufung) andererseits, nicht bedurft. Die Klägerin geht hier offenbar von einer aus ihrer Sicht zulässigen kumulativen Klagenhäufung aus.
30Der Hilfsantrag spricht nicht gegen eine solche Auslegung. Heißt es dort, der Bescheid möge hilfsweise „als rechtswidrig“ aufgehoben werden, bringt die Klägerin zum Ausdruck, dass sie neben der Aufhebung aus Gründen der Nichtigkeit hilfsweise die Aufhebung aus Gründen der Rechtswidrigkeit begehrt. Die bereits oben zitierten Ausführungen der Klägerin zur Zulässigkeit lassen aus Sicht des Senats keinen anderen Schluss zu, als dass sie bereits im Hauptantrag die Anfechtung und die Feststellung, gestützt jeweils auf die Nichtigkeit, begehrt, und nur im Hilfsantrag die Aufhebung gestützt auf die Rechtswidrigkeit.
312. Diese Feststellungsklage der Klägerin ist allerdings unzulässig, weil das berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des Zurückweisungsbescheides vom 3.1.2018 fehlt.
32Eine Nichtigkeitsfeststellungsklage, die zeitgleich mit einer Anfechtungsklage erhoben wird, ist unzulässig (so bereits FG Köln, Urteil vom 26.11.2015 12 K 3926/12, zitiert nach juris). In einem solchen Fall fehlt es am Feststellungsinteresse bzw. an einem Rechtschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsfeststellungsklage. Ein Interesse der Klägerin an der baldigen Feststellung i.S. des § 41 Abs.1 FGO ist nämlich nur dann zu bejahen, wenn sie ohne eine gerichtliche Feststellung die Gefährdung ihrer Rechte besorgen müsste (Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 41 FGO Anm. 12). Die Feststellungsklage ist nicht gegeben, wenn der Kläger sein Prozessziel auf anderem Wege schneller, einfacher und billiger erreichen kann (BFH-Urteil vom 10.2.1987 VII R 77/84, BFHE 149, 387, 389, BStBl II 1987, 545).
33Dies ergibt sich auch aus der gesetzlich angeordneten Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Anfechtungsklage (§ 41 Abs. 2 S. 1 FGO). Diese Subsidiarität gilt zwar gemäß § 41 Abs. 2 S. 2 FGO nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt wird. Damit eröffnet das Gesetz dem Steuerpflichtigen aber nur die Wahl, die Nichtigkeit über die Anfechtungs- oder die Feststellungsklage geltend zu machen. Eine kumulative Erhebung beider Klagearten ist nach allgemeiner Ansicht nicht zulässig (vgl. von Beckerath in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 141. Lieferung, § 41 FGO, Rn. 80; Steinhauff in HHSp, 246. Lfg., Feb. 2018, § 41 FGO, Rn. 500, die beide das erforderliche Feststellungsinteresse verneinen; s. auch BVerwG, Beschluss vom 7.1.2013, 8 B 57/12 m.w.N.; zur unzulässigen Anfechtungsklage BVerwG, Urteil vom 21.11.1986, 8 C 126/84). Die (gleichzeitige) Anhängigkeit der Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt, dessen Nichtigkeit mit der Feststellungsklage festgestellt werden soll, steht jedenfalls der Zulässigkeit der Feststellungsklage entgegen.
34Danach ist vorliegend das berechtigte Feststellungsinteresse/Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen. Die Klägerin hat gleichzeitig mit ihrer Feststellungsklage eine Anfechtungsklage erhoben. Alle Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Zurückweisungsbescheides können im Rahmen des anhängigen Anfechtungsklageverfahrens gegen den Zurückweisungsbescheid geprüft werden. Ein weiteres Verfahren ist unter prozessökonomischen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen.
353. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Zurückweisungsbescheides wäre allerdings im Falle ihrer Zulässigkeit auch unbegründet. Der Bescheid über die Zurückweisung der Klägerin ist nicht nichtig i.S.d. § 125 Abs. 1 AO.
36a. Nach § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen sind nur ausnahmsweise gegeben; in der Regel ist ein Verwaltungsakt, auch wenn er fehlerhaft ist, lediglich anfechtbar. Um das Anfechtungserfordernis im Interesse der Rechtssicherheit nicht zu beeinträchtigen, hat die Rechtsprechung einen besonders schwerwiegenden Fehler nur angenommen, wenn er die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so erheblichen Maße verletzt, dass von niemanden erwartet werden kann, den ergangenen Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (vgl. BFH-Urteil vom 01.10.1992 IV R 34/90, BStBl II 1993, 259; Gräber, FGO, § 41 Rn. 24). Willkürmaßnahmen, die mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung schlechterdings nicht zu vereinbaren sind, können einen besonders schwerwiegenden Fehler i.S. von § 125 Abs. 1 AO darstellen.
37Eine Nichtigkeit ist demnach nicht bereits bei bloßer Rechtswidrigkeit gegeben, es muss vielmehr ein weit darüber hinausgehender Rechtsverstoß vorliegen. Denn ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil die einschlägigen Rechtsvorschriften unrichtig angewendet worden sind (Rozek in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 250. Lieferung 11.2018, § 125 AO, Rz. 12). Ein materieller Rechtsverstoß führt nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts, sondern im Zweifel nur zu dessen Vernichtbarkeit. Selbst die Verletzung einer wichtigen Rechtsbestimmung lässt den Fehler allein noch nicht als besonders schwerwiegend erscheinen. Das gilt grundsätzlich für die Verletzung von Rechtsnormen aller Stufen der Normenhierarchie, also auch bei der Verletzung von Verfassungsrecht. Ebenso stellt ein Verstoß gegen Recht der Europäischen Union nicht allein wegen des Ranges oder der Bedeutung des Unionsrechts einen besonders schwerwiegenden Fehler dar (Rozek in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 250. Lieferung 11.2018, § 125 AO, Rn. 45).
38Die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes lässt es auch regelmäßig unberührt, wenn er auf einem Rechtsirrtum hinsichtlich der Auslegung einer Rechtsvorschrift beruht oder einen Sachverhalt zugrunde legt, der tatsächlich so nicht verwirklicht worden ist. Das gilt auch bei einer Häufung von mehreren solcher Mängel. Ein besonders schwerwiegender Fehler ist bei derartigen Auslegungs- und Subsumtionsirrtümern sogar von vornherein zu verneinen, wenn dem Verwaltungsakt zwar eine objektiv unrichtige Rechtsauffassung zugrunde liegt, diese aber einer über längere Zeit und auch noch im Erlasszeitpunkt praktizierten h.M. in Rechtsprechung, Verwaltung und Literatur entspricht (Rozek in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 250. Lieferung 11.2018, § 125 AO, Rn. 46).
39Dies alles lässt erkennen, dass allein eine schlechthin nicht zu rechtfertigende absolute Gesetzlosigkeit Nichtigkeit bewirkt. Eine solche absolute Gesetzlosigkeit ist anzunehmen, wenn es den Verwaltungsakt seiner Art oder seinem Inhalt nach überhaupt nicht geben kann, etwa wenn ein Steuerbescheid eine gesetzlich nicht vorgesehene Steuer oder eine Steuer für einen Sachverhalt festsetzt, der unter gar keinen Umständen unter einen gesetzlichen Steuertatbestand subsumiert werden kann. Danach sind z.B. Bescheide nichtig, die das Halten eines Fahrrads mit Kfz-Steuer belegen oder eine Einkunftsart erfassen, die das Einkommensteuergesetz nicht kennt. Die genannten Beispiele deuten bereits an, dass es sich dabei um eher theoretische Fälle handelt, die in der Praxis kaum vorkommen (Rozek in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 250. Lieferung 11.2018, § 125 AO, Rn. 40).
40Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, richtet sich nach den jeweiligen für das Verfahren der Behörde maßgebenden Rechtsvorschriften (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20.12.2000 I R 50/00, BStBl. II 2001, 381).
41b. Im Streitfall lässt sich bei Würdigung der Gesamtumstände kein besonders schwerwiegender und offenkundiger Fehler i.S.d. § 125 AO hinsichtlich des streitgegenständliche Zurückweisungsbescheids vom 3.1.2018 feststellen. Denn vorliegend wäre allenfalls ein zur Anfechtbarkeit führender Fehler denkbar, soweit sich die Klägerin wegen der von ihr behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des § 3 Buchst. a StBerG unmittelbar auf die Dienstleistungsfreiheit beruft. Dass die Entscheidung des Beklagten, die Klägerin wegen unbefugter Hilfeleistung zurückzuweisen, schlechthin unvertretbar ist, kann dagegen nicht angenommen werden. Denn der Beklagte legt die aus seiner Sicht bestehende Rechtslage zu § 80 AO, § 3 Buchst. a StBerG sowie Art. 56, 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unter Berücksichtigung der Urteile des EuGH und des BFH (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827; BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797) zugrunde. Sollte er diese Normen – wie die Klägerin meint – falsch ausgelegt und angewendet haben, liegt aber nur ein materieller Rechtsverstoß vor, der nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts, sondern im Zweifel nur zu dessen Anfechtbarkeit führt. Selbst ein von der Klägerin gerügter Verstoß gegen Recht der Europäischen Union stellt nicht allein wegen des Ranges oder der Bedeutung des Unionsrechts einen besonders schwerwiegenden Fehler dar.
42B. Die Anfechtungsklage ist nach rechtzeitiger Zustimmung des Beklagten zur Sprungklage zulässig. Sie ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Beklagte hat die Klägerin zu Recht als Bevollmächtigte zurückgewiesen.
43Nach § 80 Abs. 7 AO ist ein Bevollmächtigter, soweit er geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistet, ohne dazu befugt zu sein, mit Wirkung für alle anhängigen und künftigen Verwaltungsverfahren des Vollmachtgebers im Zuständigkeitsbereich der Finanzbehörde zurückzuweisen. Die Zurückweisung ist dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten bekannt zu geben.
44Die Klägerin war nach nationalem Recht nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.
451. Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen darf nach § 2 Satz 1 StBerG nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. § 2 Satz 1 StBerG gilt auch für Steuerberatungsgesellschaften, die – wie die Klägerin – ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) haben und von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat (Niederlande) aus Hilfe in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige leisten (BFH-Urteil vom 19.10.2016, II R 44/12, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797, Rn. 28).
462. Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind nach § 3 Nr. 3 StBerG Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften befugt. Steuerberatungsgesellschaften bedürfen der Anerkennung (§ 32 Abs. 3 Satz 1 StBerG). Die Anerkennung setzt den Nachweis voraus, dass die Gesellschaft von Steuerberatern, die bestellt sein müssen, verantwortlich geführt wird (§ 32 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 StBerG).
47Die Klägerin ist keine solche Gesellschaft.
483. Nach § 3 Buchst. a Abs. 1 Satz 1 StBerG in der Fassung vom 23.6.2017 mit Wirkung vom 25.6.2017 sind Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes befugt. Die vorübergehende und gelegentliche geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen kann vom Staat der Niederlassung aus erfolgen (§ 3 Buchst. a Abs. 1 S. 2 StBerG). Der Umfang der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen im Inland richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im Niederlassungsstaat (§ 3 Buchst. a Abs. 1 S. 3 StBerG). Bei ihrer Tätigkeit im Inland unterliegen sie denselben Berufsregeln wie die in § 3 genannten Personen (§ 3 Buchst. a Abs. 1 S. 4 StBerG). Wenn weder der Beruf noch die Ausbildung zu diesem Beruf im Staat der Niederlassung reglementiert ist, gilt die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Inland nur, wenn die Person den Beruf in einem oder in mehreren Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten oder der Schweiz während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr lang ausgeübt hat (§ 3 Buchst. a Abs. 1 S. 5 StBerG). Ob die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen vorübergehend und gelegentlich erfolgt, ist insbesondere anhand ihrer Dauer, Häufigkeit, regelmäßiger Wiederkehr und Kontinuität zu beurteilen (§ 3 Buchst. a Abs. 1 S. 6 StBerG).
49Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3 Buchst. a Abs. 1 StBerG ist nur zulässig, wenn die Person vor der ersten Erbringung im Inland der zuständigen Stelle schriftlich Meldung erstattet (§ 3 Buchst. a Abs. 2 Satz 1 StBerG). Sobald die Meldung nach Absatz 2 vollständig vorliegt, veranlasst die zuständige Stelle eine vorübergehende Eintragung der Angaben nach Absatz 2 Satz 3 Nr. 1 bis 4 im Berufsregister oder ihre Verlängerung um ein Jahr (§ 3 Buchst. a Abs. 3 Satz 1 StBerG).
50Die Bundessteuerberaterkammer führt gem. § 3 Buchst. b Abs. 1 StBerG ein elektronisches Verzeichnis aller Personen, die gemäß § 3 Buchst. a Abs. 3 S 1 StBerG als zur vorübergehenden und gelegentlichen Hilfeleistung in Steuersachen befugt vorübergehend im Berufsregister der zuständigen Steuerberaterkammer eingetragen sind. Das Verzeichnis dient der Information der Behörden und Gerichte, der Rechtsuchenden sowie anderer am Rechtsverkehr Beteiligter.
51Gem. § 3 Buchst. c StBerG gelten die §§ 3 Buchst. a und 3b entsprechend für juristische Personen und Vereinigungen.
52Die Voraussetzungen des § 3 Buchst. a StBerG für eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen liegen nicht vor. Offen bleiben kann dabei, ob § 3 Buchst. a StBerG bereits deshalb nicht anwendbar ist, weil die Klägerin ihre Niederlassung in der Bundesrepublik Deutschland hat – worauf der Vortrag des Beklagten hindeutet. Denn jedenfalls hat die Klägerin die nach § 3 Buchst. a Abs. 1 S. 5, Abs. 2 StBerG erforderlichen Nachweise nicht erbracht. Die Klägerin hat weder einen Nachweis über ihre Berufsqualifikation (§ 3 Buchst. a Abs. 2 Satz 3 Nr. 6 StBerG) noch einen Nachweis darüber vorgelegt, dass sie ihren Beruf im Staat ihrer Niederlassung mindestens ein Jahr ausgeübt hat (§ 3 Buchst. a Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 StBerG). Die Klägerin ist darüber hinaus auch nicht in das elektronische Verzeichnis nach § 3 Buchst. b Abs. 1 StBerG eingetragen. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass sie bei der Steuerberaterkammer Düsseldorf – als der zuständigen Stelle – eine Eintragung in das Verzeichnis nach § 3 Buchst. b Abs. 1 StBerG vorantreibt.
534. Eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung kann die Klägerin auch nicht aus der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56, 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) ableiten.
54a. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass § 3 Buchst. a StBerG in der Fassung mit Wirkung vom 25.6.2017 nunmehr auch anwendbar ist auf Fälle, in denen die Hilfeleistung ohne physischen Grenzübertritt stattfindet (vgl. § 3 Buchst. a Abs. 1 S. 2 StBerG). Der nationale Gesetzgeber hat von seinem Recht Gebrauch gemacht, festzulegen, unter welchen Voraussetzungen ein Zugang zur Tätigkeit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erfolgen kann. Es ist nicht ersichtlich, dass § 3 Buchst. a StBerG die in Art. 56 AEUV garantierte Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig beschränkt. Vielmehr hat der EuGH in seinem Urteil „X-Steuerberatungsgesellschaft“ bereits explizit festgestellt, dass die Erstreckung des Anwendungsbereichs des § 3 Buchst. a StBerG in seiner alten Fassung auf die vorliegende Konstellation nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des mit der Regelung bezweckten Ziels – der Verhinderung von Steuerhinterziehung und des Verbraucherschutzes – erforderlich ist (EuGH-Urteil X‑Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 56; vgl. Europarechtskonformität der Neufassung auch Kämmerer, DStR 2016, 558, 560).
55b. Selbst wenn man aber zu Gunsten der Klägerin davon ausginge, dass § 3 Buchst. a StBerG aus europarechtlichen Gründen nicht anwendbar wäre, ließe sich keine Befugnis der Klägerin zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung aus der dann unmittelbar anwendbaren Dienstleistungsfreiheit (Art. 56, 57 AEUV) ableiten. Denn auch in diesem Fall wären die Vorgaben des BFH für eine grenzüberschreitende Hilfeleistung zu beachten.
56Wie sich aus der Rechtsprechung des BFH und des EuGH ergibt, kann eine Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige aus der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) abzuleiten sein. Eine Dienstleistung, mit grenzüberschreitendem Charakter, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU für einen inländischen Steuerpflichtigen erbracht wird, ohne dass sich der Dienstleister oder die für ihn handelnden Personen auf deutsches Hoheitsgebiet begeben (EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 34), fällt weder unter Art. 5 der Richtlinie 2005/36/EG noch unter Art. 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/123/EG (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 40; BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797, Rn. 54).
57Fehlen nationale Regelungen, die eine Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Qualifikation einer Gesellschaft oder der für sie handelnden Personen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erlauben, oder sind solche nationalen Regelungen im Hinblick auf ihre – vermeintliche – Europarechtswidrigkeit nicht anwendbar, gebietet es nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827) die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, eine solche Qualifikation ihrem Wert entsprechend anzuerkennen und angemessen zu berücksichtigen. Da der EuGH hierzu keine Rechtsgrundsätze aufgestellt hat, obliegt es den nationalen Behörden und Gerichten festzulegen, unter welchen Voraussetzungen eine in anderen Mitgliedstaaten erworbene Qualifikation eine Befugnis des Dienstleisters zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen durch grenzüberschreitende Dienstleistungen für inländische Steuerpflichtige begründet (BFH, Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797, Rn. 57). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen (insbesondere § 3 Buchst. a Abs. 1 S. 4 i.V.m. Abs. 2 S. 3 Nr. 6 und 7 StBerG a.F.) bzw. unionsrechtlichen Vorgaben kommt es dabei nach der Rechtsprechung des BFH auf die Qualifikation des Geschäftsführers der Gesellschaft an sowie auf einen ausreichenden Versicherungsschutz.
58Ist der Dienstleister eine in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Gesellschaft, ist sie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen in Form grenzüberschreitender Dienstleistungen befugt, wenn der verantwortliche Geschäftsführer über die erforderliche Qualifikation verfügt und ihm die steuerberatende Tätigkeit obliegt. Sind bei einer Steuerberatungsgesellschaft mehrere Geschäftsführer bestellt, ist die Gesellschaft nur zu grenzüberschreitenden Dienstleistungen in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige befugt, wenn der die Dienstleistung erbringende Geschäftsführer die in dem anderen Mitgliedstaat erworbene Qualifikation besitzt (BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797, Rn. 61). Die berufliche Qualifikation kann sich aufgrund einer abgeschlossenen Berufsausbildung, die Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung einer steuerberatenden Tätigkeit in dem anderen Mitgliedstaat vermittelt, oder – falls eine solche in dem anderen Mitgliedstaat nicht erforderlich ist – aufgrund der dort im Zusammenhang mit der Steuerberatung gewonnenen Berufserfahrung ergeben (BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797, Rn. 58).
59Ist weder der Beruf noch die Ausbildung zu diesem Beruf in dem anderen Mitgliedstaat reglementiert, genügt in Anlehnung an § 3 Buchst. a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 StBerG a.F., dass die Person den Beruf im Staat der Niederlassung während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr ausgeübt hat. Die Berufsausübung in dem anderen Mitgliedstaat darf sich in diesem Fall aber nicht von vornherein darauf beschränken, ausschließlich grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige zu erbringen (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797, Rn. 59 noch zur früheren Fassung von § 3 Buchst. a StBerG, die eine mindestens zweijährige Tätigkeit forderte).
60Darüber hinaus kann eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige, nicht in Deutschland niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft unter Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige nur erbringen, wenn sie über eine Berufshaftpflichtversicherung oder einen anderen individuellen oder kollektiven Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht verfügt (vgl. BFH-Urteil vom 21.7.2011 II R 6/10, BFHE 234, 474, BStBl II 2011, 906). Hat die Gesellschaft eine nach deutschem Recht erforderliche Berufshaftpflichtversicherung für die steuerberatende Tätigkeit abgeschlossen, muss der Versicherungsschutz Beratungsleistungen umfassen, die die Gesellschaft von einem anderen Mitgliedstaat aus für inländische Steuerpflichtige erbringt, ohne dass die handelnden Personen physisch die Grenze zu Deutschland überschreiten. Ein Versicherungsschutz für Beratungsleistungen i.S. des § 3 Buchst. a StBerG a.F. reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797, Rn. 62 - 63).
61Die für die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit notwendigen Voraussetzungen (insbesondere im anderen Mitgliedstaat erworbene berufliche Qualifikation, Versicherungsschutz) sind von dem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleister in geeigneter Weise darzulegen und nachzuweisen. Das Gericht erforscht zwar den Sachverhalt von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO). Da aber ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen ist, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, bestehen erhöhte Mitwirkungspflichten der Beteiligten (§ 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 AO). Der Dienstleister, der sich auf die Dienstleistungsfreiheit beruft, trägt insoweit die Feststellungslast für alle Tatsachen, die für eine Anwendung der Dienstleistungsfreiheit erforderlich sind (BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797).
62Unter Berücksichtigung dieser aus der Rechtsprechung des BFH und EuGH abgeleiteten Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, lässt sich selbst in dem Fall, dass die Klägerin keine Niederlassung in Deutschland haben und die Dienstleistungsfreiheit überhaupt anwendbar sein und zur Unanwendbarkeit von § 3 Buchst. a StBerG führen sollte, keine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung aus der Dienstleistungsfreiheit ableiten.
63Denn die Klägerin bzw. die die konkrete Dienstleistung erbringende Frau E haben eine in den Niederlanden erworbene berufliche Qualifikation, die Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung einer steuerberatenden Tätigkeit vermittelt, nicht nachgewiesen. Ebensowenig hat die Klägerin einen Nachweis über eine solche Tätigkeit abdeckende Haftpflichtversicherung vorgelegt.
64Die Klägerin hat weder dargelegt, nach welchen Grundsätzen die Ausbildung oder der Beruf für eine steuerberatende Tätigkeit in den Niederlanden reglementiert wäre, noch hat sie dargelegt, dass sie bzw. die die konkrete Dienstleistung erbringende Person während der letzten zehn Jahre den steuerberatenden Beruf in den Niederlanden für mindestens ein Jahr ausgeübt hätte. Die Klägerin hat insbesondere nicht vorgetragen, welche steuerberatende Tätigkeit sie für niederländische Mandanten erbracht hat.
65Auch den erforderlichen Versicherungsschutz hat die Klägerin weder behauptet geschweige denn nachgewiesen. Die Klägerin hat hierzu lediglich darauf verwiesen, dass für die Ltd. ein solcher Schutz vorliege und insoweit auf gerichtsbekannte Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts und des BFH verwiesen. Auf die Klägerin bezogener Vortrag ist hinsichtlich des Versicherungsschutzes keiner der umfänglichen Stellungnahmen und Dokumentationen zu entnehmen. Das Gericht kann damit nicht feststellen, dass ausreichender Versicherungsschutz für eine Hilfeleistung von den Niederlanden aus bestand bzw. besteht.
665. Aus anderen europarechtlichen Normen lässt sich eine Befugnis der Klägerin zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nicht ableiten. Auch insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen des EuGH und des BFH (EuGH, Urteil X‑Steuerberatungsgesellschaft vom 17.12.2015 C-342/14, EU:C:2015:827, Rn. 40 zu Art. 5 Richtlinie 2005/36/EG und zu Art. 16 Abs. 1 und 2 Richtlinie 2006/123/EG bzw. BFH-Urteil vom 19.10.2016 – II R 44/12 –, BFHE 255, 367, BStBl II 2017, 797, Rn. 54 und 80 ff. zu Richtlinie 2000/31/EG).
67C. Der Senat sieht keine Veranlassung, das Verfahren gemäß § 74 FGO i.V.m. Art. 267 AEUV zwecks Vorlage an den EuGH im Hinblick auf die von der Klägerin gerügte Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 3 Buchst. a StBerG auszusetzen.
68Als Instanzgericht ist das FG, selbst wenn weder ein offensichtlicher Europarechtsverstoß noch eine offensichtliche europarechtskonforme Rechtslage besteht, gemäß § 267 Ab. 2 und 3 AEUV zur Vorlage an den EuGH berechtigt, aber nicht verpflichtet (vgl. BVerfG-Beschluss vom 2.12.2014 2 BvR 655/14, WM 2015, 122 Rn. 18). Eine Vorlage an den EuGH ist im Streitfall jedoch im Hinblick darauf, dass vorliegend dahinstehen kann, ob die vorliegend maßgebliche Vorschrift des § 3 Buchst. a StBerG europarechtskonform ist, auch nicht geboten. Unabhängig davon, ob ein Verstoß des im Streitjahr geltenden § 3 Buchst. a StBerG i.d.F. vom 23.6.2017 gegen die europarechtlich garantierten Grundfreiheiten vorliegt, ist die gestellte Frage vorliegend hinsichtlich der Feststellungsklage bereits nicht entscheidungserheblich, da die Klage bereits unzulässig ist. Hinsichtlich der Anfechtungsklage gilt folgendes: Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausginge, dass § 3 Buchst. a StBerG aus europarechtlichen Gründen nicht anwendbar wäre, ließe sich keine Befugnis der Klägerin zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung aus der dann unmittelbar anwendbaren Dienstleistungsfreiheit (Art. 56, 57 AEUV) ableiten (s.o. unter 4.b.).
69D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
70E. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Entscheidung folgt den sich aus der Rechtsprechung des EuGH und des BFH ergebenden Grundsätzen.