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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens im 1. und 2. Rechtsgang.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist, ob eine deutsche Staatsangehörige, die als in der Dominikanischen Republik ansässige Beschäftigte der dortigen deutschen Botschaft Dienstbezüge aus inländischen öffentlichen Kassen bezogen hat, für ihre in ihrem Haushalt lebenden Kinder im Zeitraum Juni 2003 bis September 2008 kindergeldberechtigt war.
3Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie verzog im Jahr 1999 mit ihrem damaligen Ehemann, dem amerikanischen Staatsbürger A, von B (USA) nach C (DomRep) und begründete dort ihren Wohnsitz. Zu ihrem Haushalt gehörten die am ....1999 und ....2001 in der Dominikanischen Republik geborenen Kinder D und E. Ab Juni 2003 bis Anfang 2009 war die Klägerin bei der Deutschen Botschaft in C (DomRep) beschäftigt. Ihre Dienstbezüge wurden von der Besoldungsstelle des Auswärtigen Amtes auf ihr in der Bundesrepublik Deutschland geführtes Bankkonto überwiesen. Das Auswärtige Amt führte von den Dienstbezügen die einbehaltene Lohnsteuer an das Finanzamt F sowie die Sozialversicherungsbeiträge an den deutschen Sozialversicherungsträger ab. Für die Jahre 2004 und 2005 wurde sie nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – unter der Steuernummer 1 zur Einkommensteuer veranlagt.
4Im Mai 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Festsetzung von Kindergeld für D und E. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1.8.2007 mit der Begründung ab, dass die Kinder der Klägerin weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt innerhalb der Europäischen Union und auch nicht in einem Staat, auf den das Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung findet, hätten. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 18.9.2008 als unbegründet zurück.
5Mit der hiergegen geführten Klage begehrte die Klägerin die rückwirkende Gewährung von Kindergeld ab dem Monat Juni 2003. Zur Begründung trug sie vor, dass sie mit ihren Bezügen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 2 EStG unterliege. Daher sei sie nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG kindergeldberechtigt und ihre in der Dominikanischen Republik lebenden Kinder gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3, 2. HS EStG bei der Kindergeldfestsetzung zu berücksichtigen. Sie werde in der Dominikanischen Republik nicht zur Einkommensteuer herangezogen, da nach Art. 299 Abs. f des dort geltenden Steuergesetzes (Còdigo Tributario) – neben Personen mit diplomatischem oder konsularischem Status – auch ausländische Angestellte eines ausländischen Staates mit ihren Einkünften in der Dominikanischen Republik steuerbefreit seien. Neben ihren Bezügen für die Botschaftstätigkeit erziele sie keine Einkünfte in der Dominikanischen Republik.
6Mit Urteil vom 22.2.2011 – 1 K 3560/08 – hat das Finanzgericht Köln die Beklagte verpflichtet, über den Kindergeldantrag erneut zu entscheiden. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 EStG, weil sie als deutsche Staatsangehörige im Dienste einer inländischen Person des öffentlichen Rechts stehe und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehe. Auch die weitere Voraussetzung des § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG, dass die Person in dem Aufenthaltsland lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werde, sei erfüllt. Denn dies gelte erst recht, wenn der Steuerpflichtige im Auslandsstaat überhaupt keine dort steuerpflichtigen Einkünfte erziele. Wenngleich die Klägerin aufgrund ihres jahrelangen Aufenthalts in der Dominikanischen Republik als dort ansässig anzusehen sei, werde sie vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 EStG erfasst. Die Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG in den Jahren 2004 und 2005 sei unschädlich, da insoweit keine Bindungswirkung für die Kindergeldfestsetzung bestehe. Aufzuklären sei indessen noch, ob die Klägerin für den Zeitraum Juni 2003 bis September 2008 sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für die Kindergeldgewährung erfülle.
7Mit dem Revisionsurteil vom 19.9.2013 – V R 9/12 – hat der BFH das Urteil im 1. Rechtsgang aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen. Das erstinstanzliche Urteil setze in rechtlich unzutreffender Weise die beschränkte Steuerpflicht mit der sachlichen Steuerfreiheit gleich. Es fehlten überdies hinreichende Feststellungen dazu, ob die Klägerin in der Dominikanischen Republik der unbeschränkten Steuerpflicht unterliege, und ob eine Sperrwirkung durch eine Veranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG bestehe. Der Kindergeldanspruch setze nach § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG voraus, dass die Person in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen wird. Für die Prüfung, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, seien die Vorschriften des ausländischen Steuerrechts maßgebend. Das Vorliegen einer sachlichen Steuerbefreiung (Art. 299 des Còdigo Tributario) schließe entgegen der Rechtsauffassung des Finanzgerichts eine unbeschränkte Steuerpflicht in der Dominikanischen Republik nicht aus. Anderes ergebe sich auch nicht aus Art. 34, 37 und 39 des Wiener Übereinkommens vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen – WÜD –. Denn danach gelte die Steuerbefreiung nach Art. 34 und 37 WÜD nicht für Mitglieder des verwaltungs- und technischen Personals einer Mission, wenn der Botschaftsangehörige Angehöriger des Empfangsstaates oder in demselben ständig ansässig sei. Ständig ansässig und damit grundsätzlich der ausländischen Einkommensteuer unterliegend seien daher Botschaftsangehörige, wenn sie im Zeitpunkt ihrer Anstellung bereits längere Zeit im Empfangsstaat ihren Wohnsitz hatten. Es bedürfe daher weiterer Feststellungen dazu, ob die Klägerin aufgrund einer Ansässigkeit bereits vor Aufnahme der Botschaftstätigkeit unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei. Maßgebendes Kennzeichen einer unbeschränkten Steuerpflicht sei dabei die Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Steuerpflichtigen in einer Steuerveranlagung. Hinsichtlich einer möglichen Sperrwirkung der Veranlagungen nach § 1 Abs. 3 EStG für zwei der Streitjahre sei schließlich zu prüfen, ob das Finanzamt den für diese Veranlagung erforderlichen Antrag des Steuerpflichtigen nur unterstellt habe und deshalb keine Bindungswirkung eingetreten sei.
8Im 2. Rechtsgang hält die Klägerin daran fest, dass sie im Streitzeitraum Juni 2003 bis September 2008 in der Dominikanischen Republik lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zur Steuer vom Einkommen herangezogen worden sei und damit die Voraussetzungen der inländischen unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 EStG erfülle. Dies ergebe sich aus der Bescheinigung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in C (DomRep) vom 27.7.2016, nach der sie in den Jahren 2003 bis 2009 in der Dominikanischen Republik nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sei. Weiterhin habe das Finanzministerium der Dominikanischen Republik ihr am 23.8.2017 schriftlich bescheinigt, dass jede Person, die in der dominikanischen Republik residiere oder domiziliere, nur Steuern auf das Einkommen zahle, welches aus dominikanischen Quellen entstehe oder im Land ausbezahlt werde, sei es durch Anlagen, finanzielle Gewinne, Darlehenszinsen, Börsenverkehr, Immobilien oder Kapitalmarkttitel, wie es der Art. 269 des Còdigo Tributario und der Art. 2 des Dekretes 139-98 vorsähen. Soweit darüber hinaus auch ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen in die Besteuerung einbezogen worden sein sollten, erfassten die Regelungen des dominikanischen Steuerrechts jedenfalls nicht das gesamte Welteinkommen und werde der Rahmen einer den inländischen Regelungen über die beschränkte Steuerpflicht entsprechenden Besteuerung noch nicht überschritten.
9Sie sei nicht als Ortskraft bei der Deutschen Botschaft in C (DomRep) beschäftigt gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass ihr Gehalt auf ein deutsches Konto ausgezahlt und in Deutschland versteuert worden sei.
10Zur Frage der Sperrwirkung der Veranlagungen nach § 1 Abs. 3 EStG sei darauf hinzuweisen, dass das Finanzamt hierbei davon ausgegangen sei, dass ihr ein Anspruch auf Kindergeld zustehe und daher keine Freibeträge für die Kinder berücksichtigt habe. Insoweit sprächen die Steuerbescheide dafür, dass die Veranlagungen gemäß § 1 Abs. 2 EStG vorgenommen worden seien. Im Übrigen bestehe zwischen § 1 Abs. 2 EStG und § 1 Abs. 3 EStG kein Ausschließlichkeits- oder Spezialitätsverhältnis. Soweit die Voraussetzungen beider Normen vorlägen, folge die unbeschränkte Steuerpflicht letztlich nach dem dann vorrangigen § 1 Abs. 2 EStG.
11Die Klägerin beantragt,
12die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 1.8.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.9.2008 zu verpflichten, ihr für den Zeitraum Juni 2003 bis September 2008 Kindergeld für die Kinder D und E zu gewähren.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Nach ihrer Auffassung unterlag die Klägerin als ständig ansässige Ortskraft im Streitzeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht in der Dominikanischen Republik. Durch die Bescheinigung der Deutschen Botschaft vom 27.7.2016 werde kein hinreichender Nachweis darüber erbracht, dass die Klägerin lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen worden sei. Denn die Frage, ob die Klägerin überhaupt keiner Einkommensteuerpflicht unterlegen habe bzw. in der Dominikanischen Republik nicht mit ihrem Welteinkommen besteuert worden sei, werde durch die Aussagen der deutschen Botschaft in dieser Bescheinigung nicht beantwortet. Vielmehr fehlten Feststellungen zum maßgeblichen ausländischen Recht. Die Bescheinigung scheine sich ausschließlich auf die Steuerpflicht der Einkünfte aus der Tätigkeit in der Botschaft zu beziehen. Dies sei nach den Vorgaben des BFH zur Bedeutung einer sachlichen Steuerbefreiung nicht ausreichend. Auch die Bescheinigung des Finanzministeriums der Dominikanischen Republik vom 23.8.2017 vermöge nicht zu überzeugen. Art. 269 des Còdigo Tributario weise ausdrücklich auf die Besteuerung von Einkünften aus ausländischen Quellen aus finanziellen Investitionen hin. Die Vorschrift werde in der Bescheinigung des Finanzministeriums ausdrücklich zitiert. Indessen werde abweichend davon nur eine Steuerpflicht von Einkommen aus dominikanischen Quellen der Beurteilung zugrunde gelegt.
16Mit Beschluss vom 5.1.2018 hat das Gericht durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage Beweis erhoben, ob die Klägerin im Zeitraum Juni 2003 bis September 2008 im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 2 EStG in der Dominikanischen Republik mit ihren Einkünften dem Grunde nach – d.h., unabhängig von Umfang und Höhe der tatsächlich erzielten Einkünfte – als ausländische Residentin in einem der deutschen unbeschränkten Steuerpflicht oder lediglich in einem der deutschen beschränkten Steuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen hätte herangezogen werden können. Mit der Erstellung des Gutachtens ist der Rechtsanwalt G, ..., beauftragt worden.
17In seinem Gutachten vom 14.6. und 28.7.2018 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Steuerpflicht von natürlichen und juristischen Personen in der Dominikanischen Republik vom sogenannten Steuergesetzbuch “Còdigo Tributario“, No. 11-92 vom 16.5.1992 und seinen insgesamt 23 Änderungen, die letzte durch das Gesetz 109-13 vom 6. August 2013, geregelt werde.
18Nach Art. 269 des Còdigo Tributario seien in der Dominikanischen Republik ansässige Personen mit allen Einkünften aus dominikanischen Quellen steuerpflichtig. Für natürliche Personen bestehe dabei ein Steuerfreibetrag, der gemäß der jährlichen Inflationsrate angepasst werde. Somit bestehe für natürliche Personen, die sich in der Dominikanischen Republik aufhielten, eine unbeschränkte Steuerpflicht für alle Einkommen aus dominikanischen Quellen, sobald dieses Einkommen den jeweiligen jährlichen Steuerfreibetrag übersteige.
19Darüber hinaus seien nach Art. 269 des Còdigo Tributario ebenso steuerpflichtig Einkünfte der dominikanischen Residenten aus ausländischen Quellen, jedoch nur aus Investitionen und Gewinnen von Finanzquellen. Natürliche Personen, die in die Dominikanische Republik einwanderten, unterlägen nach Art. 271 des Còdigo Tributario erst nach Ablauf von 2 Jahren dieser Steuerpflicht für Einnahmen aus ausländischen Finanzquellen. Solche ausländischen Investitionen und Gewinne seien gemäß Art. 2 des Dekretes 139-98 Dividenden, Zinseinkommen von Darlehen oder Guthaben und Einkommen aus Wertpapieren. Lohneinkommen aus ausländischen Quellen unterlägen hingegen nicht der Steuerpflicht (Art. 272 c) des Còdigo Tributario).
20Die Frage der Herkunft des Lohns der in der Deutschen Botschaft und im Deutschen Konsulat in C (DomRep) tätigen Angestellten aus dominikanischen oder ausländischen Quellen stelle sich aufgrund der Sonderregelung des Art. 299 f) des Còdigo Tributario nicht, da danach die Gehälter und sonstigen Vergütungen der diplomatischen oder konsularischen ausländischen Entsandten, Funktionäre und Angestellten eines ausländischen Staates für die in der Dominikanischen Republik geleistete Arbeit ausdrücklich von der dominikanischen Einkommensteuer befreit seien. Diese Regelung sei seit dem Inkrafttreten des Còdigo Tributario am 16.5.1992 wirksam und von den bis zum 6.8.2013 erfolgten Änderungen nicht berührt worden. Das dominikanische Recht unterscheide dabei nicht, ob der ausländische Angestellte vor seiner Anstellung durch das ausländische Konsulat/die ausländische Botschaft Resident in der Dominikanischen Republik gewesen sei oder nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses seinen Wohnsitz in der Dominikanischen Republik beibehalte. Maßgebend sei allein, dass es sich um einen Ausländer handele, der seinen Lohn von einem ausländischen Staat für die Konsular- oder Botschaftsarbeiten erhalte. Läge diese einzige Voraussetzung vor, trete die Steuerbefreiung ein.
21Die Gehaltszahlungen der Deutschen Botschaft und des Deutschen Konsulats an die Klägerin seien daher im Zeitraum Juni 2003 bis September 2008 nicht in der Dominikanischen Republik einkommensteuerpflichtig gewesen. Weiterhin habe die Klägerin während der ersten 2 Jahre ihres Aufenthaltes in der Dominikanischen Republik nicht der Einkommensteuerpflicht für Einnahmen aus ausländischen Finanzquellen unterlegen. Eine unbeschränkte dominikanische Steuerpflicht habe somit für die Klägerin im Hinblick auf ihren Lohn und ihr sonstiges Einkommen nicht vorgelegen. Die Frage, ob und inwiefern diese beschränkte dominikanische Steuerpflicht für die Klägerin während ihres Aufenthaltes in der Dominikanischen Republik einer deutschen beschränkten Steuerpflicht gemäß dem EStG entspreche, könne aufgrund fehlender Kenntnisse des deutschen Steuerrechts nicht beantwortet werden.
22Entscheidungsgründe
23Die Klage ist unbegründet.
24Der angegriffene Bescheid über die Ablehnung der Festsetzung von Kindergeld ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Die Klägerin hat für den streitbefangenen Zeitraum Juni 2003 bis September 2008 gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §§ 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, 1 Abs. 2 EStG in den für die streitigen Zeiträume 2003-2008 geltenden Fassungen - im Folgenden EStG - keinen Kindergeldanspruch für die beiden während dieses Zeitraums mit ihr in einem Haushalt in der Dominikanischen Republik lebenden Kinder, weil sie während dieses Zeitraums in der Dominikanischen Republik nicht – wie es § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG voraussetzt – lediglich in einem der deutschen beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang der Einkommensteuerpflicht unterlegen hat.
251. Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG werden Kinder, die - wie die beiden Kinder der Klägerin in den streitigen Zeiträumen - weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder einem anderen Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Anwendung findet, haben, nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.
26Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist kindergeldberechtigt, wer nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
27Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 EStG sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig auch deutsche Staatsangehörige, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen (sog. erweiterte unbeschränkte Einkommensteuerpflicht). Dies gilt nach § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG jedoch nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden.
282. Im Streitfall erfüllt die Klägerin zwar die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 EStG, da sie im streitigen Zeitraum in der Dominikanischen Republik ansässig war und dort als sog. Ortskraft für ein Beschäftigungsverhältnis bei der Deutschen Botschaft Dienstbezüge von der Besoldungsstelle des Auswärtigen Amtes bezog.
29Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG liegen im Streitfall jedoch nicht vor.
30a) Sinn und Zweck von § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG ist es, den Auslandsbediensteten deut-scher staatlicher Stellen die personenbezogenen Vorteile der unbeschränkten Steuer-pflicht für sich und ihre Haushaltsangehörigen zu erhalten, die sie nach ihrer Entsendung wegen des durch ihre berufliche Stellung bedingten fehlenden Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland nicht erlangen können. Denn bei nur beschränkter Steuerpflicht werden die besonderen persönlichen Merkmale und die damit verbundenen Steuervorteile nicht berücksichtigt. Zudem soll verhindert werden, dass ein Steuerpflichtiger sowohl in seinem Wohnsitzstaat als auch über § 1 Abs. 2 Satz 1 EStG in Deutschland die persönlichen Vergünstigungen erfährt, die die unbeschränkte Steuerpflicht mit sich bringt. Dieser erweiterten, unbeschränkten Steuerpflicht bedarf es jedoch dann nicht, wenn die Person bereits im Ausland nicht nur höchstens “zu einem der beschränkten Steuerpflicht ähnlichen Umfang herangezogen“ wird, sondern nach den Regeln des ausländischen Steuerrechts unbeschränkt steuerpflichtig ist und dadurch im Ausland die Berücksichtigung der persönlichen Merkmale gesichert ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. September 2013 V R 9/12, BFHE 242, 504, BStBl II 2014, 715, m.w.N.).
31Ob eine Person in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen wird, ist nach den Vorschriften des maßgeblichen ausländischen Steuerrechts zu prüfen. Dabei sind allerdings die nach dem deutschen Einkommensteuerrecht prägenden Merkmale der beschränkten Steuerpflicht zu beachten. Bei dieser Prüfung ist daher insbesondere zu berücksichtigen, ob im Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat nur die inländischen Einkünfte (nicht das Welteinkommen) erfasst werden und persönliche Verhältnisse weitgehend außer Betracht bleiben. Allein der Bezug steuerfreier Einkünfte aufgrund einer sachlichen Steuerbefreiung ist dem nicht gleichzustellen, weil dies eine unbeschränkte Steuerpflicht im Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat nicht ausschließt. Im Übrigen ist unerheblich, ob der Steuerpflichtige in seinem Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat tatsächlich besteuert wird. Maßgeblich ist allein die objektive Rechtslage (vgl. BFH-Urteile vom 19. September 2013 V R 9/12, a.a.O., und vom 18. Dezember 2013 III R 20/12, BFH/NV 2014, 684, m.w.N.).
32b. Auf der Grundlage dieser von dem erkennenden Senat als zutreffend angesehenen Abgrenzungsmerkmale kann die in § 1 Abs. 2 EStG normierte Voraussetzung, dass die Klägerin in der Dominikanischen Republik lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen wurde, nicht bejaht werden.
33aa) Zum einen werden nach dem Einkommensteuerrecht der Dominikanischen Republik nicht nur die inländischen Einkünfte dort ansässiger Personen besteuert.
34Denn nach den Feststellungen des von dem Gericht beauftragten Sachverständigen sind in der Dominikanischen Republik ansässige Personen nach Art. 269 des Còdigo Tributario nicht nur mit allen Einkünften aus dominikanischen Quellen, sondern auch mit Einkünften aus ausländischen Investitionen und Gewinnen steuerpflichtig. Dieser Steuerpflicht für Einnahmen aus ausländischen Finanzquellen unterliegen natürliche Personen, die in die Dominikanische Republik einwandern, nach Ablauf von 2 Jahren (Art. 271 des Còdigo Tributario). Solche ausländischen Investitionen und Gewinne sind gemäß Art. 2 des Dekretes 139-98 Dividenden von Aktien, Zinsen von Krediten oder Bankeinlagen, Gewinne aus Geschäften bei Banken oder Finanzinstituten, Anleihen, Zertifikate, Wertpapiere von Kapitalgesellschaften, Wechsel und andere übertragbare Wertpapiere oder Wertpapiere des Kapitalmarktes.
35Die Klägerin war zu Beginn des Streitzeitraums im Juni 2003 seit mehr als 2 Jahren in der Dominikanischen Republik ansässig. Sie unterlag damit auch mit Einkünften aus ausländischen Investitionen und Gewinnen in Gestalt von Dividenden, Zinseinkommen von Darlehen oder Guthaben und Einkommen aus Wertpapieren der dominikanischen Steuerpflicht. Sie konnte damit nicht nur „höchstens“ (vgl. zu dieser Interpretation des Wortlauts des § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG auch Lehner/Waldhoff, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 1 Rn. C 62) in ihrem Wohnsitzstaat in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden, sondern in einem über die inländischen Einkünfte hinausgehenden Umfang. Auf die Frage, ob die Klägerin im Streitzeitraum tatsächlich Einkünfte dieser Art erzielt hatte, kommt es für die nach § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG erforderliche Abgrenzung zwischen der beschränkten und der unbeschränkten Steuerpflicht nicht an. Vielmehr ist für diese Abgrenzung ungeachtet des Wortes „herangezogen“ im Gesetzestext nur die abstrakte Regelung von Bedeutung. Denn Zweck der einschränkenden Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 2 EStG ist es, eine doppelte unbeschränkte Steuerpflicht auszuschließen, nicht aber, innerhalb der beschränkten Steuerpflicht noch weiter zu differenzieren (vgl. Rauch in: Blümich, 141. EL März 2018, § 1 EStG Rn. 231; Tiede in: Herrmann/Heuer/Raupach, Lfg. 275 Juni 2016, § 1 Rn. 174; BFH-Urteil vom 22. Februar 2006 I R 60/05, BFHE 212, 468, BStBl II 2007, 106). Insbesondere ist es nach den bindenden Vorgaben des im 1. Rechtsgang ergangenen Revisionsurteils vom 19. September 2013 V R 9/12 für diese Abgrenzung unmaßgeblich, dass die von der Klägerin bezogenen Gehaltszahlungen nach Art. 299 f) des Còdigo Tributario von der dominikanischen Einkommensteuer befreit waren.
36bb) Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass nach dem Staffeltarif des Art. 296 des Còdigo Tributario bei in der Dominikanischen Republik ansässigen natürlichen Personen ein nach der jährlichen Inflationsrate angepasster Sockelbetrag der jährlichen Nettoeinkünfte steuerfrei bleibt. Dieser steuerfreie Sockelbetrag betrug in den Jahren des Streitzeitraums 120.000 Dominikanischen Pesos – DOP – = 2904 € (2003), 240.000 DOP = 6216 € (2004), 257.280 DOP = 6432 € (2005), 276.422 DOP = 6551 € (2006), 290.243 DOP = 6037 € (2007) und 316.017 DOP = 6478 € (2008). Der dabei für die Umrechnung in Euro angesetzte Devisenkurs für 1 DOP bewegte sich im Zeitraum von Dezember 2003 bis September 2008 zwischen 0,0242 € und 0,0205 € (12/2004: 0,0259 €; 12/2005: 0,025 €; 12/2006: 0,0237 €; 12/2007: 0,0208 €). Der steuerfreie Sockelbetrag entspricht damit in seiner Funktion der Verschonung des Existenzminimums durch den nach dem deutschen Steuerrecht gewährten Grundfreibetrag (§ 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Für das Jahr 2003 ist insoweit zu berücksichtigen, dass nach der für dieses Jahr einschlägigen Ländergruppeneinteilung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.10.2000, BStBl. I 2000, 1502, die notwendigen und angemessenen Unterhaltsaufwendungen in der Dominikanischen Republik lediglich 1/3 der inländischen Unterhaltsaufwendungen betrugen und daher das Existenzminimum nach den dortigen Verhältnissen auch durch eine steuerfreien Sockelbetrag i.H.v. 2904 € abgedeckt wird.
37Auch die unterschiedslose Gewährung eines solchen steuerfreien Grundfreibetrags auf alle Einkünfte spricht bei der vergleichenden Betrachtung des deutschen und des dominikanischen Ertragsteuerrechts dafür, dass die Klägerin in der Dominikanischen Republik nicht lediglich in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang der Besteuerung ihrer Einkünfte unterlag. Denn die beschränkte Einkommensteuerpflicht zeichnet sich regelmäßig dadurch aus, dass die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen nicht berücksichtigt werden. Hierzu gehört auch die Steuerfreistellung des Existenzminimums (vgl. BFH-Urteil vom 22.2.2006 I R 60/05, BFHE 212, 468, BStBl II 2007, 106). Demgemäß sind die inländischen Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger nach der in den Streitjahren 2003-2008 geltenden Rechtslage grundsätzlich einem abgeltenden Steuerabzug zu unterwerfen (vgl. § 50 Abs. 5 Satz 1 EStG; Heinicke in: Schmidt, EStG, 27. Aufl. 2008, Rn. 1, 32 ). Vom Grundfreibetrag profitiert der Steuerpflichtige dabei – außer im Falle der Abgeltung der Einkommensteuer durch den Steuerabzug vom Arbeitslohn – nicht. Selbst wenn ausnahmsweise eine Veranlagung hinsichtlich der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte durchzuführen ist (vgl. § 50 Abs. 5 Satz 2 EStG), sieht § 50 Abs. 3 EStG – mit Ausnahme der Fälle beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG beziehen – einen Mindeststeuersatz in Höhe von 25% des Einkommens vor. Soweit beschränkt steuerpflichtige Einkünfte diesem Mindeststeuersatz unterliegen, wird daher im Ergebnis ein steuerfreier Grundfreibetrag nicht gewährt. Soweit demgegenüber bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern im Falle der Abgeltung der Einkommensteuer durch den Steuerabzug vom Arbeitslohn (§ 50 Abs. 5 Satz 1 EStG) der Grundfreibetrag bei der Bemessung der Lohnsteuer nach dem Einkommensteuertarif Berücksichtigung findet, handelt es sich um eine begrenzte Ausnahmeregelung, die bei der vorzunehmenden typologischen Betrachtungsweise (vgl. dazu Lehner/Waldhoff, a.a.O., § 1 Rn. C 67) zu keinen anderen Schlussfolgerungen führen kann. Gleiches gilt für die Gewährung des Grundfreibetrags im Rahmen der in ihrem Anwendungsbereich auf beschränkt steuerpflichtige EU/EWR-Arbeitnehmer begrenzten Antragsveranlagung gemäß § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG.
38Auch insoweit kommt es wiederum nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Klägerin im Streitzeitraum tatsächlich der dominikanischen Steuerpflicht unterliegende Einkünfte erzielt hatte, die durch die Gewährung dieses Grundfreibetrages steuerlich entlastet worden sind.
39cc) Schließlich wurde die Klägerin auch nicht aufgrund der Regelungen in Art. 34 Buchst. d i.V.m. Art. 37 Abs. 2 WÜD in der Dominikanischen Republik nur in einem der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichem Umfang besteuert.
40Denn die völkerrechtlichen Besteuerungsvorrechte können nach Art. 37 Abs. 2 WÜD für Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals einer Mission nur dann eingreifen, wenn diese Personen weder Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben “ständig ansässig“ sind. “Ständig ansässig“ in diesem Sinne sind alle Personen, die zum Zeitpunkt ihrer Anstellung bereits längere Zeit im Empfangsstaat ihren Wohnsitz hatten und ihnen nicht wegen einer Entsendung begründet haben (vgl. BFH-Urteil vom 19. September 2013 V R 9/12, a.a.O., m.w.N.).
41Im Streitfall war die Klägerin vor ihrer Arbeitsaufnahme in der deutschen Botschaft bereits seit mehr als 2 Jahren in der Dominikanischen Republik ansässig, so dass die Steuerbefreiung nach Art. 34 und 37 WÜD für sie nicht eingreifen kann.
42dd. Ob der Annahme einer erweiterten Steuerpflicht der Klägerin nach § 1 Abs. 2 EStG überdies entgegenstehen könnte, dass sie für die Jahre 2004 und 2005 nach § 1 Abs. 3 EStG zur Einkommensteuer veranlagt worden ist, kann nach alledem mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen.
433. Der Senat lässt die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zu, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine im Wesentlichen auf die zusätzliche Erfassung von Einkünften aus Kapitalvermögen aus ausländischen Quellen beschränkte Besteuerung ausländischer Einkünfte durch den Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat sowie die Gewährung eines mit dem Grundfreibetrag vergleichbaren steuerfreien Sockelbetrages im Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat der Heranziehung zu einer Steuer vom Einkommen in einem lediglich der beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang (§ 1 Abs. 2 Satz 2 EStG) entgegenstehen.
444. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.