Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Der Körperschaftsteuerbescheid für 2010 vom 17.10.2016 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18.7.2017 wird dahin geändert, dass die vGA lediglich mit den auf das Streitjahr 2010 entfallenden Zinszahlungen i.H.v. 5.986 € bemessen wird. Die Neuberechnung der danach festzusetzenden Körperschaftsteuer wird dem Beklagten aufgegeben.
Die Bescheide über Gewerbesteuermessbetrag für 2010, 2012 und 2014 vom 17.10.2016 und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12. 2011 bis 2014 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18.7.2017 werden dahin geändert, dass keine Hinzurechnung der gesondert verbuchten Grundsteuer gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG erfolgt. Die Neuberechnung der danach festzusetzenden Gewerbesteuermessbeträge bzw. des danach jeweils festzustellenden vortragsfähigen Gewerbeverlustes wird dem Beklagten aufgegeben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten im Anschluss an die Erörterung in der mündlichen Verhandlung noch über die Höhe einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) aus der außerplanmäßigen Tilgung eines Gesellschafterdarlehens und außerdem über die Reichweite des Begriffs der gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dem Gewerbeertrag zuzurechnenden Miet- und Pachtzinsen.
3Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Herstellung von Verpackungsmitteln aus Kunststoffen. Gesellschafter sind die Geschwister A und A1. Diese sind ebenfalls Gesellschafter der A GbR mit der Folge einer Betriebsaufspaltung zwischen der A GbR (Besitzunternehmen) und der Klägerin als Betriebsunternehmen.
4Im Februar 2006 gewährten die Gesellschafter A und A1 der Klägerin ein Darlehen i.H.v. jeweils 457.000 €, insgesamt also 914.000 €. Vertraglich vereinbart waren monatliche Tilgungsleistungen i.H.v. jeweils 1.900 € gegenüber den Gesellschaftern, insgesamt also 3.800 €, die in der Folgezeit auch entsprechend geleistet wurden. Ausweislich des Vertrages wurden die Darlehen zinslos gewährt; Vereinbarungen über eine Besicherung und die Leistungen von Sondertilgungen waren nicht enthalten.
5Mit Gesellschafterbeschluss vom 29.4.2010 wurde beschlossen, eine Sondertilgung an die Gesellschafter i.H.v. jeweils 175.000 € vorzunehmen, insgesamt also 350.000 €. Am 5.5.2010 erhöhte die Klägerin einen bestehenden Festkredit bei der B-Bank, Konto 1 um 450.000 € zu einem Zinssatz von 2,55%. Von diesen 450.000 € wurden dann 350.000 € den Gesellschafterdarlehen gutgeschrieben und der Betrag im verkürzten Zahlungsweg auf das Konto der A GbR überwiesen und dort als Einlage der Gesellschafter erfasst.
6Am 31.05.2010 schloss die Klägerin mit der B-Bank einen weiteren Darlehensvertrag über 350.000 €, Konto 2, der am 5.6.2010 ausgezahlt wurde. Dieser Kreditbetrag diente der Umschuldung des am 5.5.2010 erhöhten Festkredites bei der B-Bank, Konto 3, so dass lediglich eine Umbuchung vorgenommen wurde. Der Kredit hatte eine Laufzeit von 84 Monaten und war in 28 Vierteljahresraten zu je 12.500 mit einem Zinssatz von 3,05% zu tilgen.
7Am 9.12.2010 wurde der 2006 geschlossene Darlehensvertrag dahin geändert, dass neben einer 1%igen Verzinsung des Darlehens ab dem 1.1.2011 auch Sondertilgungen möglich waren. Die regelmäßigen Tilgungen von monatlich 1.900 € wurde weiterhin vertragsgemäß vorgenommen.
8Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Klägerin im Jahr 2016 gelangte das FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C zu der Ansicht, dass die infolge der Sondertilgung notwendige Kreditaufnahme der Klägerin zu einer vGA an die Gesellschafter A und A1 geführt habe. Denn diese hätten nur aufgrund ihrer Gesellschafterstellung der Sondertilgung zugestimmt. Ein Fremdgeschäftsführer hätte sich nicht ohne "Vorfälligkeitsentschädigung" auf die Sondertilgung und die damit verbundene ungünstigere Finanzierung durch ein Kreditinstitut eingelassen. Der Zinsschaden errechne sich aus den Zinszahlungen aus der Erhöhung des Festkredits Nr. 3 in der Zeit vom 5.5.2010 bis zum 4.6.2010, also 743,75 € (2,55% x 350.000 / 12 Monate) und den anschließenden Zinszahlungen nach Umschuldung des Festkredits. Da die Entschädigung in einem Einmalbetrag zu zahlen gewesen wäre, die Klägerin die Zinsen aber bis 2017 zahle, sei die Entschädigung abzuzinsen (vgl. BP-Bericht vom 04.08.2016, Tz. 3.3). Der Beklagte folgte der Auffassung der Prüfung und setzte in Höhe des Entschädigungsanspruchs eine auf beide Gesellschafter entfallende vGA i.H.v. 25.432,54 € an.
9Des Weiteren streitig ist die Hinzurechnung der Grundsteuer bei den Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 (BGBI. I S. 1912). Die Klägerin nutzte während der Streitjahre ein Betriebsgebäude von der A GbR (Betriebsaufspaltung). In dem zwischen der GbR und der Klägerin bestehenden Mietvertrag war die Umlage der Grundsteuer vereinbart. Unter Konto 4 wurde die Grundsteuer als Aufwand gebucht, der sich für das Jahr 2010 auf 7.004,24 €, für das Jahr 2011 auf 9.174,23 €, für das Jahr 2012 auf 9.883,99 € und für die Jahre 2013 und 2014 jeweils auf 9.899,27 € belief. In allen Wirtschaftsjahren überschritten die Finanzierungsentgelte i. S. d. § 8 Nr. 1 GewStG den Freibetrag i.H.v. 100.000 €. Der Prüfer und ihm folgend der Beklagte rechneten die Grundsteuer daher zusammen mit den Miet- und Pachtzinsen in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe hinzu. In den Wirtschaftsjahren 2011 und 2013 erzielte die Klägerin Verluste, so dass sich entsprechende Auswirkungen in den Bescheiden auf den 31.12.2011, 31.12.2012, 31.12.2013 und 31.12.2014 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes ergaben.
10Mit dem Einspruch machte die Klägerin geltend, dass die Sondertilgung nicht zu beanstanden sei. Die Klägerin habe es hinzunehmen, dass durch die Refinanzierung ein etwas höherer Zinssatz anfalle (2,55% zu 1%). Überdies sei die Berechnung der vGA nicht nachvollziehbar, da der Begriff der Vorfälligkeitsentschädigung im Kreditgeschäft zwischen Banken und Darlehensnehmern verwandt werde, aber nicht auf die außerplanmäßige Tilgung im Streitfall passe, die vertraglich nicht verboten und gerade nicht mit der Verpflichtung zur Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung bewehrt gewesen sei. Ebenso rechtswidrig sei die Hinzurechnung der Grundsteuer bei den Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter.
11Die Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 18.7.2016). Die Kreditaufnahme über 350.000 € bei der B-Bank am 31.05.2010, ausgelöst durch die Sondertilgung seitens der Klägerin führe zum erhöhten Anfall von Bankzinsen. Es komme nicht darauf an, ob der Beschluss über die Vornahme einer Sondertilgung wirtschaftlich zu beanstanden sei. Entscheidend sei lediglich, ob auch ein "ordentlicher" Fremd-Gesellschafter-Geschäftsführer die Sondertilgung beschlossen und durchgeführt hätte. Denn die Klägerin habe außergewöhnlich gute Kreditkonditionen (Zinsfreiheit bzw. den am 9.12.2010 für die Zeit ab 1.1.2011 vereinbarten Zinssatz von 1%) aufgegeben und infolge der Sondertilgung für die zur Fortsetzung des Geschäftsbetriebs erforderliche Kapitalausstattung die deutlich ungünstigeren Kreditkonditionen bei der B-Bank in Kauf nehmen müssen, obwohl vertraglich keinerlei Verpflichtung zu einer Sondertilgung bestanden habe. Ein "ordentlicher und gewissenhafter" Gesellschafter hätte sich darauf nicht eingelassen.
12Die Höhe der vGA errechne sich aus den Zinszahlungen, die infolge der Erhöhung des Festkredits bei der B-Bank, Nr. 3 erforderlich geworden seien. Dies seien die für die Zeit vom 5.5.2010 bis zum 4.6.2010 angefallenen Zinsen (2,55 % x 350.000 € / 12 Monate = 743,75 €) und die anschließenden Zinszahlungen aus dem umgeschuldeten Festkredit bei der B-Bank, Nr. 3. Ohne Bedeutung sei, dass der Begriff der Vorfälligkeit in der Regel im Kreditwesen verwandt werde. Die ab dem 01.01.2011 verbuchten Zinsen an die Gesellschafter (1 %) würden gegengerechnet. Da die Entschädigung in einem Einmalbetrag zu zahlen gewesen wäre, obwohl die Klägerin die Zinsen, wie mit der B-Bank vereinbart, bis zum Jahr 2017 zahle, sei der als vGA anzusetzende Entschädigungsanspruch wie folgt abzuzinsen:
13Jahr |
Zinszahlung Klin |
./. 1%-Verzinsg |
verbleiben |
Faktor |
Gesamt |
2010 |
743,75 € |
743,75 € |
743,75 € |
||
2010 |
5.242,19 € |
5.242,19 € |
5.242,19 € |
||
2011 |
9.340,63 € |
3.062,50 € |
6.278,13 € |
0,948 |
5.951,67 € |
2012 |
7.815,63 € |
2.562,50 € |
5.253,13 € |
0,898 |
4.717,31 € |
2013 |
6.290,63 € |
2.062,50 € |
4.228,13 € |
0,852 |
3.602,37 € |
2014 |
4.765,63 € |
1.562,50 € |
3.203,13 € |
0,807 |
2.584,93 € |
2015 |
3.240,63 € |
1.062,50 € |
2.178,13 € |
0,765 |
1.666,27 € |
2016 |
1.715,63 € |
562,50 € |
1.153,13 € |
0,725 |
836,02 € |
20107 |
190,63 € |
62,50 € |
128,13 € |
0,687 |
88,03 € |
2010 |
Gesamt-vGA |
25.432,54 € |
Auch die Grundsteuer sei zu Recht gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG hinzugerechnet worden. In Rz. 29 des Erlasses der obersten Finanzbehörden der Länder zu den Anwendungsfragen vom 2.7.2012 zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 (BGBI. I 2007, S. 1912) heiße es zur Zurechnung von Miet- und Pachtzinsen für u. a. unbewegliche Wirtschaftsgüter: "Zu den Miet- und Pachtzinsen gehören auch die Aufwendungen des Mieters oder Pächters für die Instandsetzung, Instandhaltung und Versicherung des Miet- oder Pachtgegenstandes, die er über seine zivilrechtliche Verpflichtung (§§ 582 ff. BGB) hinaus auf Grund vertraglicher Verpflichtungen übernommen hat; nicht hinzuzurechnen sind reine Betriebskosten wie Wasser, Strom, Heizung. Ist die Umlage der Grundsteuer vereinbart, stellen die diesbezüglichen Aufwendungen gleichermaßen hinzuzurechnende Miet- und Pachtzinsen dar".
15Ziel der Gewerbesteuer als Objektsteuer sei es, die objektive Ertragskraft eines stehenden inländischen Gewerbebetriebs in der werbenden Phase zu besteuern. Daher dienten die Hinzurechnungstatbestände dem Zweck, eine rechtsformneutrale Besteuerungsgrundlage herzustellen. Zudem verlange der Objektsteuercharakter, dass die Besteuerung auf Basis einer finanzierungsneutralen Bemessungsgrundlage erfolge (Reinertrag des miet-, pacht- sowie schuldenfreien Gewerbebetriebs). Deshalb würden durch die Hinzurechnungsvorschriften Aufwendungen wieder hinzugerechnet, die ihren Ursprung in der Finanzierung des Gewerbebetriebs und den steuerlichen Gewinn gemindert hätten. In diesem Sinne dienten auch Aufwendungen für die Überlassung fremder, betrieblich genutzter Wirtschaftsgüter der Finanzierung des Gewerbebetriebs. Die Hinzuziehung der Betriebskostenverordnung für die Abgrenzung zwischen Miet- und Pachtaufwand komme nicht in Betracht, da es sich bei den gewinnmindernd erfassten Aufwendungen für die Grundsteuer (Konto 4) nicht um "reine" Betriebskosten handle. Auch wenn die Grundsteuer umlagefähig sei, komme sie dem Mieter nicht originär zugute, während der Mieter bei den Kosten für Strom, Wasser und Gas einen eigenen Vertrag mit dem Versorger abschließen könne, was bei der Grundsteuer nicht möglich sei.
16Die Klägerin macht im Anschluss an die Erörterung in der mündlichen Verhandlung jetzt noch geltend, dass die aus der Kreditaufnahme im Anschluss an die Sondertilgung der Gesellschafter-Darlehen resultierende vGA jedenfalls der Höhe nach unzutreffend berechnet sei. Allenfalls bei den für 2010 aufgewandten Zinsen könne es sich um eine auf das Streitjahr 2010 entfallende vGA handeln. Ebenfalls zu beanstanden seien die Hinzurechnungen von Miet- und Pachtzinsen bei der GewSt auf der Grundlage von § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG. Das Gesetz definiere diese Aufwendungen nicht. Betriebswirtschaftlich könne dies nur die Kaltmiete sein, sodass alle Nebenkosten, die vom Mieter zu tragen seien, keine Miet- bzw. Pachtaufwendungen im Sinne des Gesetzes seien. Die Umlagen, die der Vermieter erhalte, und damit auch die Grundsteuer, seien für ihn nur ein durchlaufender Posten. Eine unterschiedliche Bewertung der Nebenkosten danach, ob sie vom Mieter direkt zu tragen seien (beispielsweise Energiekosten), oder ob sie nur über den Vermieter abgerechnet werden könnten (etwa Grundsteuer), sei nicht nachvollziehbar. Auch die Betriebskostenverordnung bestätige explizit, dass die Grundsteuer umlagefähig sei.
17Die Klägerin beantragt,
181. den Körperschaftsteuerbescheid für 2010 vom 17.10.2016 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18.7.2017 dahin zu ändern, dass die vGA lediglich mit den auf das Streitjahr 2010 entfallenden Zinszahlungen i.H.v. 5.986 € bemessen wird.
192. die Bescheide über Gewerbesteuermessbetrag für 2010, 2012 und 2014 vom 17.10.2016 und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12. 2011 bis 2014 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18.7.2017 dahin zu ändern, dass keine Hinzurechnung der gesondert verbuchten Grundsteuer gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG erfolgt.
20Der Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen, hilfsweise die Zulassung der Revision.
22Der Beklagte bezieht sich dazu im Wesentlichen auf die Begründung in der Einspruchsentscheidung.
23Entscheidungsgründe
24Die Klage ist begründet.
25I. Im Streitjahr 2010 war die aus der Kreditaufnahme im Anschluss an die Sondertilgung der Gesellschafter-Darlehen resultierende vGA nur in Höhe der für 2010 aufgewandten Zinsen außerbilanziell zuzurechnen.
261. Eine vGA i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG liegt vor, soweit bei einer Kapitalgesellschaft eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste oder mitveranlasste Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung eintritt, die sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt, nicht auf einer offenen Ausschüttung beruht und geeignet ist, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Bei einem beherrschenden Gesellschafter ist eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch dann anzunehmen, wenn es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt von der Kapitalgesellschaft gezahlt werden soll. Die erforderliche Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist u.a. dann anzunehmen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vorteil zuwendet, den sie unter ansonsten vergleichbaren Umständen einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte. Maßstab für den hiernach anzustellenden Fremdvergleich ist das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet. Eine zur vGA führende Vorteilszuwendung kann sich dabei nicht nur aus einem Leistungsverhältnis ergeben, das unmittelbar zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter besteht. Es reicht vielmehr aus, wenn die Kapitalgesellschaft aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen einer ihrem Gesellschafter nahe stehenden Person einen Vorteil zuwendet, ohne dass der Gesellschafter selbst -- unmittelbar oder mittelbar -- an dem Vorteil teilhat (BFH-Urteile vom 6.4.2005 - I R 15/04, BFHE 210, 14, BStBl II 2006, 196; v. 9.11.2005 - I R 27/03, BFHE 211, 493, BStBl II 2006, 564, v. 7.8.2002 - I R 2/02, BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131, BFH-Beschluss v. 19.12.2007 - I R 83/06, BFH/NV 2008, 988, v. 22.2.1989 - I R 9/85, BFHE 156, 428, BStBl II 1989, 631).
272. Zuzustimmen ist dem Beklagten insofern, als die Kreditaufnahme infolge der außerplanmäßigen Tilgung des der Klägerin gewährten Darlehens zu einer vGA geführt hat. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte sich im Streitfall nicht darauf eingelassen, den Gesellschaftern das der GmbH zunächst zinslos überlassene Darlehenskapital zurückzuzahlen, um nahezu zeitgleich verzinsliche Bankdarlehen aufnehmen zu müssen, die zur Ausstattung der GmbH mit der betriebsnotwendigen Liquidität erforderlich waren. Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung für die außerbilanzielle Zurechnung als vGA darüber hinaus erfordert, dass der Vorgang geeignet sein muss, beim Gesellschafter zu einem Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu führen, gilt, dass ein solcher Bezug keine Leistung im unmittelbaren Verhältnis zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter voraussetzt. Es genügt vielmehr, dass eine Leistung der Gesellschaft den Gesellschafter in die Lage versetzt, ein von ihm angestrebtes Ziel ohne einen anderenfalls notwendigen eigenen Aufwand zu erreichen (vgl. insoweit BFH-Beschluss vom 19.12.2007 - I R 83/06, BFH/NV 2008, 988), die Gesellschafter sich im Streitfall das außerbetrieblich benötigte Kapital also ohne eigenen Zinsaufwand beschaffen konnten.
283. Allerdings hat der Beklagte im Streitfall mit der außerbilanziellen Zurechnung i.H.v. 25.432,54 € (zur Berechnung vgl. BP-Bericht vom 4.8.2016, Tz. 3.3 sowie Einspruchsentscheidung vom 18.7.2017) einen Betrag zugerechnet, der der Höhe nach vom Gesetzestatbestand des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht gedeckt ist, weil es insoweit an der erforderlichen Vermögensminderung im Streitzeitraum fehlt.
29a) Die danach erforderliche Vermögensminderung setzt eine Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 EStG voraus, und zwar unabhängig davon, ob es um beherrschende oder nicht beherrschende Gesellschaftsverhältnisse geht. Danach muss der Geschäftsvorfall zu einer Minderung des Vermögens in der Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft führen (BFH v. 30.7.1997 - I R 65/96, BFHE 184, 297, BStBl II 1998, 402, v. 22.2.1989, Az.: I R 9/85, BStBl. II 1989, 631).
30b) Eine solche Minderung des Bilanzgewinns ist im Streitfall -- soweit es um das Streitjahr 2010 geht -- nur durch die auf das Jahr 2010 entfallenden unnötig aufgewandten Darlehenszinsen eingetreten, aber noch nicht durch die künftigen, für die Jahre 2011 bis 2017 zu entrichtenden Darlehenszinsen. Insoweit folgt das Gericht nicht der Argumentation des Beklagten hinsichtlich des Vergleichs mit einer fiktiven Vorfälligkeitsentschädigung, da es bei der vGA nicht darum geht, fiktive, sondern tatsächlich verwirklichte Sachverhalte zu besteuern. Daher war die vGA im Streitjahr 2010 entsprechend dem Antrag der Klägerin auf den auf 2010 entfallenden Zinsaufwand i.H.v. 5.986 € zu reduzieren.
314. Die Neuberechnung der nach den Grundsätzen dieses Urteils festzusetzenden Körperschaftssteuer wurde dem Beklagten aufgegeben, weil sie einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert (vgl. § 100 Abs. 2 S. 2 FGO). Die Beteiligten haben der Anordnung der Neuberechnung der festzusetzenden Steuer durch den Beklagten nicht widersprochen.
32II. Die angefochtenen Bescheide über Gewerbesteuermessbetrag bzw. Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlust sind rechtswidrig, soweit der Beklagte eine Hinzurechnung der gesondert verbuchten Grundsteuer (7.004,24 € für 2010, 9.174,23 € für 2011, 9.883,99 € für 2012 und jeweils 9.899,27 € für 2013 und 2014) vorgenommen hat.
331. Nach § 7 Abs. 1 GewStG ist für den Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb maßgeblich. Gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG in der Neufassung durch das UntStRefG 2008 v. 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) werden dem gewerblichen Gewinn zu 1/4 hinzugerechnet u.a. die Hälfte der bei der Gewinnermittlung abgesetzten Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, soweit die Summe den Betrag von 100.000 € übersteigt (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Neuregelung vgl. BVerfG-Beschluss v. 15.2.2016 - 1 BvL 8/12, BStBl II 2016, 557, DStR 2016, 862, in welchem das gegen die Neuregelung gerichtete Normenkontrollverfahren -- Richtervorlage des FG Hamburg vom 29.2.2012 - 1 K 138/10 -- als unzulässig angesehen wurde).
34a) Das Gesetz definiert den Begriff der danach zuzurechnenden Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nicht. Hintergrund für die teilweise Hinzurechnung von Schuldzinsen bzw. Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nach § 8 Nr. 1 Buchst. a, d, e und f GewStG ist der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer. Dieser besagt, dass die Steuer an das Objekt "Gewerbebetrieb" anknüpft, losgelöst von den Beziehungen zu einem bestimmten Rechtsträger. Steuergegenstand ist danach die objektive Ertragskraft des Betriebs, was eine Verobjektivierung des nach ertragsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinns (§ 7 GewStG) durch entsprechende Hinzurechnungen und Kürzungen erforderlich macht. Der Ertrag des im Betrieb arbeitenden Kapitals soll in vollem Umfang der Besteuerung nach dem Gewerbeertrag unterworfen werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Kapitalausstattung des Betriebs mit Eigen- oder Fremdkapital finanziert wurde (BFH v. 14.6.2018 - III R 35/15, BFHE 261, 558, BStBl II 2018, 662 m.w.N.). Danach sind die durch die Hinzurechnungsvorschriften bedingten Belastungen von der verfassungsrechtlichen Legitimität der Gewerbesteuer erfasst und im Grundsatz hinzunehmen. Das objektive Nettoprinzip des Einkommensteuerrechts bildet mithin nicht den Maßstab für die Prüfung der Hinzurechnungsvorschriften. Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit tritt insoweit zurück (BFH v. 14.6.2018 - III R 35/15, BFHE 261, 558, BStBl II 2018, 662; a.A. Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109).
35b) Nach der zu § 8 Nr. 7 GewStG a.F. ergangenen BFH-Rechtsprechung, die auch auf die Neuregelung anwendbar ist (BFH v. 25.09.2018 - III B 160/17, BFH/NV 2019, 40), ist der Begriff der Miet- und Pachtzinsen wirtschaftlich zu verstehen. Er erfasst daher nicht nur die laufenden Zahlungen des Mieters oder Pächters an den Vermieter oder Verpächter, sondern jedenfalls auch die vom Mieter getragenen Instandhaltungskosten, wenn und soweit diese Kosten aufgrund der für den jeweiligen Vertragstyp gültigen zivilrechtlichen Vorschriften nicht ohnehin der Mieter zu tragen hätte. Hinzuzurechnen sind demnach solche Kosten, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter/Verpächter zu tragen wären, die aber aufgrund individualvertraglicher Vereinbarung vom Mieter/Pächter übernommen werden. Dies beruht auf der Überlegung, dass sich eine vom gesetzestypischen Normalfall abweichende Kostenübernahme durch den Mieter mindernd auf die Höhe der Miete auswirkt (BFH v. 25.9.2018 - III B 160/17, BFH/NV 2019, 40). Daran hat sich auch durch die Neustrukturierung der Hinzurechnungstatbestände für die Überlassung von Geld- und Sachkapital durch das UntStRefG 2008 nichts geändert, die durch die Neuregelung zusammengefasst und in der Struktur vereinheitlicht werden sollten (BT-Drucks. 16/4841, S. 79).
36c) Nach Rz. 29 des Erlasses der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2.7.2012 zu den Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG in der Fassung des UntStRefG 2008 vom 14.8.2007 (BGBI. I 2007, S. 1912) gehört zu den Miet- und Pachtzinsen neben den überobligatorischen übernommenen Aufwendungen des Mieters für die Instandhaltung des Objekts auch die vom Mieter im Wege der Umlage übernommene Grundsteuer; nicht hinzuzurechnen sind demgegenüber reine Betriebskosten wie Wasser, Strom, Heizung (ebenfalls für eine Hinzurechnung der Grundsteuer, allerdings ohne Begründung FG Rheinland-Pfalz v. 9.8.2013 - 1 K 2461/11, DStRE 2017, 41, DStR 2016, 8)
37d) Der erkennende Senat teilt die Einschätzung des Beklagten, dass auch die von der Betriebskostenverordnung gedeckte Möglichkeit, die Grundsteuer durch eine ausdrückliche und inhaltlich bestimmte Regelung wie andere Betriebskosten auf den Mieter umzulegen (BGH v. 2.5.2012 – XII ZR 88/10 sowie OLG Celle v. 16.10.2006 - 4 U 157/06, OLGR Celle 2007, 11 und v. 9.11.2018 - 2 U 81/18, MDR 2019, 217), nicht bereits dazu zwingt, diese wie vom Mieter direkt zu tragende Kosten für Wasser, Strom und Heizung zu behandeln und von der Zurechnung auszunehmen. Ebenso wenig erscheint es jedoch zwingend, die Unterscheidung mit dem Verwaltungserlass ausschließlich danach vorzunehmen, ob es sich um vom Mieter direkt zu tragende Kosten wie Wasser, Strom und Heizung handelt und die Zurechnung der Grundsteuer darauf zu stützen, dass sie durch den Vermieter als Adressat des Bescheides über Grundsteuer abgerechnet wird. Letztlich konstatiert der Verwaltungserlass die Hinzurechnung der Grundsteuer lediglich, ohne insoweit einen Rückbezug zum Gesetzeswortlaut herzustellen oder sonst eine argumentative Handhabe zu geben. Ausgehend vom Sinn und Zweck der Hinzurechnungen und Kürzungen, die reine Ertragskraft des Unternehmens als solches zu besteuern, unabhängig ob dieses fremdes oder eigenes Kapital einsetzt, ist zwar nachvollziehbar, dass Miet- und Pachtzinsen für angemietetes Grundvermögen zugerechnet werden. Nicht einleuchtend ist aber, warum die in den Nebenkosten enthaltene Grundsteuer zugerechnet werden soll, zumal dies auch bei einem Betrieb nicht geschieht, der mit eigenem Grundvermögen arbeitet.
38Allerdings ist eine Hinzurechnung nach der Rechtsprechung des BFH nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil ein Steuerpflichtiger, der mit gemietetem Grundbesitz wirtschaftet, wegen der Hinzurechnungsvorschriften einer höheren Gewerbesteuerbelastung unterläge als ein vergleichbarer Gewerbetreibender, der mit eigenem Sachkapital arbeitet. Zwar hätten die Hinzurechnungsvorschriften nach dem ursprünglichen Konzept der Gewerbesteuer eine gewerbesteuerrechtliche Gleichstellung von Betrieben, die mit gemieteten/gepachteten beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens arbeiten, mit solchen Betrieben bewirken sollen, die eigene Wirtschaftsgüter nutzen. Jedoch müssen nach Auffassung des BFH die Hinzurechnungsvorschriften nicht in der Weise "folgerichtig" ausgestaltet sein, dass vergleichbare Betriebe in allen Sachverhaltskonstellationen in gleicher Höhe mit Gewerbesteuer belastet werden (BFH v. 14.6.2018 - III R 35/15, BFHE 261, 558, BStBl II 2018, 662 und v. 25.09.2018 - III B 160/17, BFH/NV 2019, 40).
39Diese Überlegung seitens der höchstrichterlichen Rechtsprechung mag als Rechtfertigung genügen, die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung für Instandhaltungsaufwendungen hinzunehmen, wenn diese vertragsgemäß vom Mieter eines Grundstücks zu zahlen sind, während ein Grundstückseigentümer die von ihm getragenen Instandhaltungskosten ertragsmindernd geltend machen kann (BFH v. 25.09.2018 - III B 160/17, BFH/NV 2019, 40). Daraus kann allerdings nicht hergeleitet werden, dass die Verwaltung bei der Auslegung der Vorschrift überhaupt keiner Folgerichtigkeitskontrolle unterliegt. Anders als bei den Instandhaltungsaufwendungen handelt es sich bei der Grundsteuer um eine mehr oder weniger konstante Position, die von einem Grundstückseigentümer ohne weiteres ertragsmindernd geltend gemacht werden könnte. Daher reicht aus Sicht des erkennenden Senats die nicht begründete Aussage in einem Verwaltungserlass nicht aus, die vom Beklagten begehrte Hinzurechnung der Grundsteuer zu begründen. Deshalb waren die Bescheide über Gewerbesteuermessbetrag für 2010, 2012 und 2014 und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12. 2011 bis 2014 dahin zu ändern, dass die vom Beklagten gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e) GewStG vorgenommene Hinzurechnung der unter Konto 4 gesondert verbuchten Grundsteuer (7.004,24 € für 2010, 9.174,23 € für 2011, 9.883,99 € für 2012 und jeweils 9.899,27 € für 2013 und 2014) rückgängig zu machen war.
402. Die Neuberechnung der nach den Grundsätzen dieses Urteils festzusetzenden Gewerbesteuermessberträge und ebenso die Feststellung des jeweils vortragsfähigen Gewerbeverlustes wurde dem Beklagten aufgegeben, weil sie einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert (vgl. § 100 Abs. 2 S. 2 FGO). Die Beteiligten haben der Anordnung der Neuberechnung durch den Beklagten nicht widersprochen.
413. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
424. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob vor dem Hintergrund des zur Veröffentlichung bestimmten BFH-Urteils vom 14.6.2018 – III R 35/15 (BStBl II 2018, 662), nach dem die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für Grundbesitz keinem strikten Folgerichtigkeitsgebot genügen muss, zu den teilweise hinzuzurechnenden Miet- und Pachtzinsen auch die vereinbarungsgemäß vom Mieter übernommene Grundsteuer gehört, obwohl sie bei einem auf eigenem Grundstück betriebenen Gewerbebetrieb nicht zugerechnet würde.