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Der Einkommensteuerbescheid 2011 sowie der Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2011, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.3.2017 werden dahingehend geändert, dass die Betriebseinnahmen um 9.000 € verringert werden.
Der Umsatzsteuerbescheid 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.3.2017 wird dahingehend geändert dass die Ausgangsumsätze entsprechend verringert werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die Klägerin in den Streitjahren gewerbliche Einkünfte und umsatzsteuerliche Ausgangsumsätze erzielte.
3Die Klägerin war in den Jahren 2006 bis 2013 im Bereich Lebensberatung und Partnerschaftszusammenführungsberatung gewerblich tätig. Für ihre Tätigkeiten erhielt die Klägerin Vergütungen u.a. in bar und per Überweisung.
4Die Kontakte zu den Kunden kamen u.a. über die Zeitschrift „B“ zustande, in welcher die Klägerin regelmäßig seit dem Jahr 2000 als „E“ inserierte. Die Klägerin gab ferner Anzeigen in der C Zeitung mit dem Text „...... hilft ihnen in allen Lebenslagen... …“ auf.
5Die Klägerin verfügte im streitgegenständlichen Zeitraum (zeitweise) über verschiedene Konten.
6Sie war Kontoinhaber u.a. folgender Konten:
7I |
DE … DE … DE … |
Q |
… … |
L |
… |
L1 |
… … … |
M |
… … |
Die Konten bestanden teilweise nicht durchgehend.
9Auf einem Konto der Klägerin bei der I bzw. einem Konto der Klägerin bei der L1 gingen zahlreiche Überweisungen der Zeugin J, teilweise mit dem Verwendungszweck „Darlehen“ ein.
10Dabei handelte es sich u.a. um folgende Zahlungseingänge:
1118.4.2007 |
14.586,78 € |
13.8.2008 |
8.867,01 € |
13.10.2008 |
2.546,94 € |
28.10.2008 |
2.486,67 € |
3.12.2008 |
3.236,82 € |
16.12.2008 |
3.236,82 € |
17.2.2009 |
5.476,67 € |
26.5.2009 |
9.986,89 € |
4.8.2009 |
8.986,91 € |
6.10.2009 |
6.986,89 € |
4.11.2009 |
8.486,90 € |
17.11.2009 |
5.486,90 € |
15.12.2009 |
4.986,91 € |
29.12.2009 |
4.490,00 € |
Vom Konto … bei der L1 wurden im Jahr 2009 mindestens eine, im Jahr 2010 mindestens 7 und im Jahr 2011 mindestens 6 Überweisungen an die N GmbH, die Herausgeberin der Zeitschrift „B“, getätigt. Auf dem Konto gingen Zahlungen verschiedener Auftraggeber mit dem Verwendungszweck „Restzahlung vom Auftrag“, „Beratung“, „Beratung U“ ein.
13Auf Konten der Klägerin bei der L1 und der M gingen in den Jahren 2011 bis 2013 zahlreiche Zahlungen der Zeugin H zwischen 1.000 € und 3.200 € ein.
14Auf dem Konto … bei der I ging am 26. April 2006 eine Überweisung der Zeugin G i.H.v. 500 € ein.
15Mit notariellem Vertrag vom Februar 2007 erwarb die Klägerin zwei Eigentumswohnungen in X (eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts F), …-Straße …, von Frau S. Ausweislich des Vertrags sollte der Kaufpreis i.H.v. 30.000 € (Gesamtkaufpreis für beide Wohnungen) in monatlichen Teilbeträgen i.H.v. 1.000 € gezahlt werden. Der Übergang von Nutzungen, Lasten und auch Eigentum sollte bereits nach Zahlung der ersten Rate erfolgen.
16Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Notarvertrag vom Februar 2007 (Notar Y UR-Nr. …) Bezug genommen.
17Für die Streitjahre gab die Klägerin zunächst keine Steuererklärungen ab. Im weiteren Verfahren wurde eine Einkommensteuererklärung 2011 - ohne Erklärung gewerblicher Einkünfte - abgegeben. Bis zur mündlichen Verhandlung sind weder Umsatzsteuererklärungen noch Steuererklärungen über gewerbliche Einkünfte oder Gewinnermittlungen erstellt worden
18Im Jahr 2013 erfolgten parallel eine steuerliche Außenprüfung für Umsatzsteuer 2007 bis 2013, Einkommensteuer 2006 bis 2013 und Gewerbesteuer 2006 bis 2013, sowie eine entsprechende Steuerfahndungsprüfung (kombinierte Prüfung). Am 8. November 2013 erfolgte die Einleitung eines Strafverfahrens für die Jahre 2009 bis 2011.
19Am 3. Dezember 2013 fand ein Einführungsgespräch zur Betriebsprüfung statt. Teilnehmer waren u.a. die Klägerin, der damalige Steuerberater der Klägerin Herr V und die Betriebsprüferin W.
20Die Klägerin gab im Rahmen dieses Gespräches u.a. an, sie habe zwei Wohnungen in F von einer Freundin angeschafft. Es sei vereinbart gewesen monatlich 300 € ratenweise zu tilgen. Es sei im Jahr 2001 wegen der Tilgungen zu einem Streit gekommen. Um die Freundin zu beruhigen habe sie eine Zwischentilgung von 18.000 € geleistet. Sie selbst sei von ihrem Bruder und einem namentlich nicht benannten Lebensgefährten mit zinslosen Darlehen unterstützt worden.
21Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 3. Dezember 2013 Bezug genommen (Bl. 21 Straf- und Bußgeldakten).
22Am 3. September 2014 erfolgte die Erweiterung des Strafverfahrens auf die Jahre 2012 und 2013.
23Bei einer Durchsuchung der Wohnung der Klägerin am 3. September 2014 wurden u.a. vorgefertigte „Entwürfe“ von Darlehensverträgen z.B. mit Frau H undFrau J gefunden. Ferner wurden Auftragsbestätigungen für „magische Hilfen und andere esoterische Arbeiten“ aufgefunden. Die Klägerin machte anlässlich der Durchsuchung Angaben zum Erwerb der Wohnungen in F und zum Erwerb einer Wohnung in K.
24Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 3. September 2014 (Bl. 181 Band II der Straf- und Bußgeldakten) Bezug genommen.
25Im Rahmen des (Steuerstraf-)Verfahren wurden zahlreiche Zeugen vernommen.
26Die Zeugin H sagte bei ihrer Vernehmung durch Herrn O (Schriftführer P) am 15. April 2015 aus, sie habe über eine Annonce in der B Kontakt mit der Klägerin aufgenommen. Als Gegenleistung für Beratungen habe sie die von der Klägerin geforderten Beträge jeweils an die Klägerin überwiesen. Einen Darlehensvertrag habe es nicht gegeben. Die Zahlungen seien Gegenleistung für Beratungsleistungen gewesen.
27Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 15. April 2015 (Bl. 412 Band III Straf- und Bußgeldakte) Bezug genommen. Die Zeugin legte im Verwaltungsverfahren ferner Kontoauszüge vor, aus welchen sich entsprechende Überweisungen an„T“ ergeben
28Die Zeugin G (damals verheiratete S) sagte anlässlich eines Telefonats am 3. November 2015 mit Herrn O aus, sie habe sich von der Klägerin als … unter der Bezeichnung „E“ beraten lassen. Bei den von ihr überwiesenen 500,- € würde es sich um ein Honorar für geleistete Beratungen der Klägerin handeln. Außerdem habe die Klägerin den in dem notariellen Vertrag vereinbarten Kaufpreis nicht gezahlt, sondern sie habe die Wohnungen als Gegenleistung für zuvor von der Klägerin geleistete Beratungen an diese übertragen. Die Klägerin habe sie sehr bedrängt; sie habe Angst wieder von der Klägerin unter Druck gesetzt zu werden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gesprächsnotiz vom 3. November 2015 (Bl. 503 Band III Straf- und Bußgeldakte).
29Im Rahmen der Vernehmung am 12. November 2015 durch Herrn O (Schriftführer R) sagte die Zeugin aus, sie habe die Klägerin über eine Annonce in der B kennengelernt. Die Klägerin habe als „E“ annonciert. Als Gegenleistung für Beratungen habe sie ihr im Jahr 2003 oder 2004 den Erlös aus einer aufgelösten Lebensversicherung übertragen. Sie habe auch Geld an die Klägerin gezahlt.
30Die Wohnungen in der …-Straße in F habe die Klägerin von ihr für aufgelaufene Beratungsleistungen erhalten. Der Wert sei von der Klägerin ermittelt und festgeschrieben worden. Von dem vereinbarten Kaufpreis habe sie von der Klägerin nie etwas erhalten. Die Klägerin habe sie am 9. November 2015 angerufen. Die Klägerin habe gesagt sie habe Probleme mit der Steuer. Der Steuerberater brauche eine Unterschrift von ihr.
31Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 12. November 2015 (Bl. 525 ff Band III Straf- und Bußgeldakten) Bezug genommen.
32Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vernehmungsprotokolle (Band 3 und 4 der BP-Akte und Band II und III der Straf- und Bußgeldakten) Bezug genommen.
33Am 9. Mai 2016 fand eine Besprechung im Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung statt. Im Rahmen des Gesprächs gab die Klägerin an, dass es sich bei den von Frau J und Frau H überwiesenen Beträge um Darlehen handele. Schriftliche Verträge seien nicht abgeschlossen worden. Man habe dies nicht für notwendig gehalten da man mündliche Absprachen getroffen habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll (Bl. 575 Band III der Straf- und Bußgeldakte).
34Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Prüfungsergebnisse wird auf Betriebsprüfungsakten des Beklagten Bezug genommen.
35Der Beklagte erließ anschließend entsprechende Bescheide (Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2013 sämtlich vom 13. Januar 2016, Umsatzsteuerbescheide 2007 bis 2013 sämtlich vom 12. Januar 2016 und Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2006 bis 2013). Hierbei hatte er die Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung seiner Prüfungsergebnisse geschätzt.
36Gegen die Bescheide legte der jetzige Prozessbevollmächtigte am 15. Dezember 2016 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.
37Mit Einspruchsentscheidung vom 2. März 2017 half der Beklagte den Einsprüchen teilweise ab. Im Übrigen wies er die Einsprüche wegen Einkommensteuer 2006 bis 2013, Umsatzsteuer 2007 bis 2013 und Gewerbesteuermessbetrag 2007 bis 2013 als unbegründet zurück. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidung vom2. März 2017 Bezug genommen.
38Am 19. März 2017 hat die Klägerin, vertreten durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten, Klage wegen Einkommensteuer 2006 bis 2013, Gewerbesteuermessbescheide 2007 bis 2013 sowie Umsatzsteuer 2007 bis 2013 erhoben.
39Mit Beschluss vom 11. Mai 2017 (Az.: 15 V 939/17) hat der erkennende Senat einen ersten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Ein zweiter Antrag hatte ebenfalls keinen Erfolg. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom27. Juni 2017 (Az.: 15 V 1359/17) Bezug genommen.
40Die Klägerin behauptet, von Frau G keine Gegenleistungen für Beratungen erhalten zu haben. Sie trägt vor, die Zeugin hätte ihre ursprüngliche Aussage durch das Schreiben vom 11. Mai 2016 wirksam widerrufen. Sie behauptet, die Zeugin sei bei ihrer ursprünglichen Vernehmung „unter Druck gesetzt“ worden. Tatsächlich habe
41sie - die Klägerin - die Wohnungen gekauft und die vereinbarten Raten teilweise gezahlt. Ein Teil der Raten sei noch offen.
42Im Verwaltungsverfahren und zu Beginn des Klageverfahrens hat die Klägerin vorgetragen es sei ein Betrag von 18.000 € bereits in Raten von 300 € gezahlt, 12.000 € bestünden noch als Verbindlichkeit. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat sie angegeben, es seien unregelmäßige Raten von „mal über 1.000 € mal über 500 € oder über 1.500 €“ gezahlt worden. Es stünden noch 18.000,- € als Verbindlichkeit.
43Mit Frau J sei ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden. Das Geld sei für die Renovierung der Wohnung in K benötigt worden. Dass der Darlehensvertrag erst im Jahr 2013 schriftlich fixiert worden sei, sei unerheblich. Es sei vereinbart gewesen, dass sie Frau H das Geld aus dem Verkauf der Wohnung zurückzahlen sollte. Die Wohnung habe sie zwischenzeitlich verkauft. Das Geld habe sie jedoch nicht an Frau J zurückgezahlt.
44Im Klageverfahren hat die Klägerin Schreiben der Frau G (damals S) (datiert 11.05.16) und der Frau J (datiert 2.12.16) vorgelegt, auf welche wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 42 ff der Gerichtsakten).
45Zu Beginn des Klageverfahrens hat die Klägerin vorgetragen, da Zweifel an der Besteuerung der Zahlungen von Frau J und den Übertragungen der Frau G gegeben seien, seien auch Zweifel an der Aussage der Zeugin H gegeben. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat sie dann, soweit ersichtlich erstmalig, vorgetragen sie habe Frau H lediglich im Jahr 2009 beraten. Später habe sie Frau H über ihre finanziellen Schwierigkeiten informiert und erklärt, dass sie einen Betrag von 60.000 € benötige. Frau H habe ihr ein Darlehen von 60.000 € in Teilbeträgen gewährt. Es sei auch die schriftliche Fixierung des mündlich vereinbarten Vertrags vereinbart gewesen. Sie - die Klägerin - sei jedoch nicht dazu gekommen den Vertrag an Frau H zu übersenden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
46Der Strafbefehl gegen die Klägerin vom 24. März 2017 ist am 26. September 2018 rechtskräftig geworden, nachdem die Klägerin den Einspruch vor der bevorstehenden Hauptverhandlung zurückgenommen hat.
47Die Klägerin beantragt,
481.
49die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2013 und Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2007 bis 2013, sämtlich in Gestalt der EE vom 02.03.2017 zu ändern und hierbei die Betriebseinnahmen der Klägerin wie folgt zu mindern:
502006: |
7.505 € |
2007: |
52.726 € |
2008: |
31.849 € |
2009: |
72.138 € |
2010: |
21.914 € |
2011: |
70.449 € |
2012: |
34.865 € |
2013: |
19.430 € |
2.
52die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2007 bis 2013 sämtlich in Gestalt der EE vom 02.03.2017 dahingehend zu ändern, dass die Ausgangsumsätze entsprechend den unter 1. genannten Werten gemindert werden.
53Der Beklagte beantragt,
54die Klage abzuweisen.
55Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung sowie den Bericht über die Steuerfahndungsprüfung.
56Ergänzend führt er aus, es sei durch die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die vom Beklagten der Besteuerung unterworfenen Beträge keine Betriebseinnahmen und steuerpflichtige Ausgangsumsätze seien. Vielmehr habe sich die Klägerin darauf beschränkt allgemein zu behaupten, dass sie Darlehen und Unterstützungen von ihrem Bruder und ihrem Vater erhalten habe. Der Beklagte habe über die aus den Kontoauszügen erkennbaren Beträge hinaus keine weiteren Zuschätzungen für weitere Bareinnahmen vorgenommen.
57Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Frau H, Frau G (vormals S), Frau J und Herr O. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2019 Bezug genommen.
58E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
59I. Die Klage hat nur im tenorierten Umfang Erfolg.
60Die angefochtenen Bescheide für das Jahr 2011 sind im tenorierten Umfang rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten; im Übrigen sind die Bescheide rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
611. Die Bescheide sind hinsichtlich des Jahres 2011 insoweit rechtswidrig als Zahlungseingänge i.H.v. 9.000 € der Besteuerung unterworfen werden; im Übrigen rechtmäßig.
62a) Der Beklagte war zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen dem Grunde nach befugt.
63Die Finanzbehörde hat die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln kann. Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 AO ist insbesondere zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft verweigert. Nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO gilt das Gleiche, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen, die der Steuerpflichtige zu führen hat, nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde gelegt werden können. Nach § 158 AO sind die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen nur dann der Besteuerung zu Grunde zu legen, wenn sie den Vorschriften der §§ 140 - 148 AO entsprechen und soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Die Vorschrift des § 158 AO gilt grundsätzlich für alle Bücher und Aufzeichnungen einschließlich der EDV-Datenträger; es sind alle Unterlagen gemeint, die für Zwecke der Besteuerung von Bedeutung sind. Der Regelungsbereich der Vorschrift beschränkt sich daher nicht nur auf die handelsrechtliche Buchführung i.S. der §§ 238 ff. HGB und die steuerliche Buchführung nach § 141 AO, sondern umfasst auch alle Aufzeichnungspflichten nach etwaigen Einzelsteuergesetzen, z.B. § 22 UStG (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 158 AO Rz 2).
64Die Klägerin erzielte unstreitig gewerbliche Einkünfte. Sie hat bis zur mündlichen Verhandlung keine gewerblichen Einkünfte erklärt, keine Gewinnermittlungen vorgelegt und keine Umsatzsteuererklärungen eingereicht, sondern sich darauf beschränkt die Höhe der geschätzten Gewinne und Ausgangsumsätze zu bestreiten. Eine Schätzungsbefugnis des Beklagten dem Grunde nach bestreitet auch die Klägerin, soweit ersichtlich, nicht.
65b) Nach Überzeugung des Senats ist die Schätzung für den Veranlagungszeitraum 2011 hinsichtlich Betriebseinnahmen i.H.v. 9.000 € und entsprechender umsatzsteuerlicher Ausgangsumsätze rechtswidrig, im Übrigen ist die Höhe der geschätzten Besteuerungsgrundlagen nicht zu beanstanden.
66§ 162 Abs. 2 AO gestattet eine Schätzung nur insoweit, als die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann. Sie darf nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO nur diejenigen Besteuerungsgrundlagen schätzen, die aufklärungsbedürftig sind und die sie nicht selbst mit zumutbaren Mitteln aufklären kann. Nur unter diesen Voraussetzungen darf sie zur Schätzung schreiten, bei der sie wiederum alle ihr bekannten Umstände berücksichtigen muss (Buciek in: Beermann/Gosch, AO/FGO, § 162 AO, Rz 36, 39; Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 158 AO Rz 32).
67Im Streitfall sind durch die Betriebsprüfung die tatsächlichen, von der Klägerin nicht korrekt aufgezeichneten Betriebseinnahmen und Ausgangsumsätze anhand der Geldbewegungen auf den betrieblichen Konten der Klägerin ermittelt und neu berechnet worden.
68Mangels einer gesetzlichen Regelung ist im Steuerprozess von Fall zu Fall unter Würdigung der einschlägigen Vorschriften des materiellen Rechts zu entscheiden, wer die Beweislast trägt. Im Allgemeinen trägt der Steuergläubiger die Beweislast für die den Steueranspruch begründenden Tatsachen, während der Steuerpflichtige die Beweislast für die Tatsachen trägt, welche die Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung begründen oder den Steueranspruch aufheben oder einschränken (vgl. BFH-Urteil BFH, Urteil vom 5. November 1970, V R 71/67, BFHE 101, 156, BStBl II 1971, 220). Danach muss grundsätzlich der Beklagte das Vorliegen von Ausgangsumsätzen und Einnahmen beweisen.
69Ausnahmsweise kann sich die Beweislast unter den Gesichtspunkten des Verantwortungsbereiches oder der Beweisnähe eines Beteiligten umkehren (vgl. BFH-Urteil in BStBl 1983 II S. 760; 1986 II S. 857).
70Der Steuerpflichtige ist zur Erklärung und Mitwirkung bei der Aufarbeitung des steuerrelevanten Sachverhalts verpflichtet (§ 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 FGO). Unterlässt er dies, reduziert sich der Überzeugungsgrad, mit dem der steuerbegründende Sachverhalt festgestellt werden muss. Bei Auslandsbeziehungen trifft den Steuerpflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Die Verletzung dieser Pflicht kann bei der Beweiswürdigung als ein Beweisanzeichen gegen die Richtigkeit des klägerischen Vortrags gewertet werden. Sie begründet aber keine grundsätzliche Beweislast des Steuerpflichtigen (vgl. z.B. Tipke / Kruse AO/FGO § 88 AO Tz. 9 und BFH-Urteil vom 28. Mai 1986, I R 265/83, BFHE 147, 105, BStBl II 1986, 732: "führt nicht zwangsläufig zu einer Umkehr der objektiven Beweislast"; möglicherweise anderer Ansicht: beim Abzug von Betriebsausgaben BFH, Beschluss vom 9. Juli 1986, I B 36/86, BFHE 149, 375, BStBl II 1987, 487.; bei der Abgrenzung von steuerpflichtigen und steuerfreien Einnahmen BFH, Urteil vom 19. Juni 1985, I R 109/82, BFH/NV 1986 S. 249, 250).
71Bei Geldeingängen auf einem (auch) betrieblich genutzten Konto spricht eine grundsätzliche Vermutung dafür, dass es sich insoweit um Betriebseinnahmen handelt. Ausnahmen hiervon sind vom Steuerpflichtigen grundsätzlich substantiiert darzulegen und zu belegen (vgl. zur verstärkten Mitwirkungspflicht bei ungeklärten Eingängen auf betrieblichen Konten: z.B. FG-Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. Dezember 2013, 1 K 1147/12, (juris).
72aa) In Höhe von 9.000 € hat der Beklagte zu Unrecht Einnahmen und Ausgangsumsätze der Klägerin angenommen. Insoweit ist zweifelhaft, dass Einnahmen und Ausgangsumsätze gegeben sind, denn aus den Kontoauszügen ergibt sich für die Zahlungseingänge i.H.v. 2.000 € und 7.000 € T1 als Auftraggeber und „Schwester“ bzw. „Schwester Notar“ als Verwendungszweck. Die Klägerin hat insoweit ausreichend substantiiert dargelegt, dass diese Zuflüsse aus privaten Gründen erfolgt sind.
73Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
74bb) Hinsichtlich der Zahlungen der Zeugin H ist der Senat davon überzeugt, dass insoweit Einnahmen und Ausgangsumsätze der Klägerin gegeben sind.
75Die Zeugin hatte bereits bei ihrer Vernehmung am 15. April 2015 klar und eindeutig ausgesagt, dass entgeltliche Beratungsleistungen durch die Klägerin erfolgt seien. Einen Darlehensvertrag habe sie weder in schriftlicher noch in mündlicher Form geschlossen. Diese Aussage wurde im Klageverfahren durch die Klägerin bis zur mündlichen Verhandlung inhaltlich nicht bestritten. Die Klägerin hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt darauf beschränkt dass - nach den Zweifeln an der Besteuerung der Beträge „S“ und „J “- auch Zweifel an der Besteuerung der Einnahmen „H“ gegeben seien. In der mündlichen Verhandlung hat sie (wie auch zuvor im Verwaltungsverfahren) vorgetragen, die Zeugin H habe ihr ein Darlehen ausgezahlt. In der mündlichen Verhandlung hat sie vorgetragen, es sei ein Darlehensbetrag von 60.000 € vereinbart gewesen. Es sei vereinbart gewesen, dass die Vereinbarung auch schriftlich geschlossen werden sollte. Hierzu sei es aber nicht gekommen.
76Entgegen dem Vortrag der Klägerin hat die Zeugin H auch im Rahmen der Vernehmung vor dem Senat unmissverständlich erklärt, sie habe regelmäßig telefonischen Kontakt mit der Klägerin gehabt und als Vergütung für die Gespräche auf Anforderung der Klägerin die jeweils geforderten Geldbeträge überwiesen.
77Die Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Sie ist detailreich und schlüssig. Die Zeugin hat (in A zu ihrer bisherigen Aussage) nachvollziehbar dargestellt, die Klägerin habe sie in verschiedenen schwierigen persönlichen Situationen unterstützt und beraten. So habe sie erstmals wegen einer Beziehung ihres Sohnes Kontakt zur Klägerin aufgenommen. Sie habe sich zu diesem Zeitpunkt in einer Situation befunden, in welcher sie regelmäßig die B gelesen habe. Sie habe abends - zu einem Zeitpunkt, zu welchem andere Berater nicht mehr erreichbar gewesen seien - noch telefonische Unterstützung benötigt. Da die Klägerin ausweislich ihres Inserats in der B noch erreichbar war, habe sie dort angerufen. Sie habe regelmäßig über einen längeren Zeitraum, später dann wegen beruflicher Probleme der Tochter und im weiteren Verlauf auch wegen der Geburt der Enkelin, telefonische Leistungen der Klägerin in Anspruch genommen und die von der Klägerin geforderten Entgelte überwiesen.
78Die Zeugin ist auch glaubwürdig. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass die Zeugin die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen der Klägerin bekundet hat, obgleich von der Inanspruchnahme - insbesondere im Hinblick auf die von der Zeugin bei Kontaktaufnahme erstrebte Trennung des Sohnes - niemand erfahren sollte. Ferner ist der bekundete Sachverhalt für die Zeugin wirtschaftlich ungünstiger als der von der Klägerin behauptete Sachverhalt (noch zur Rückzahlung anstehende Darlehen). Für unangemessene Belastungstendenzen bestehen keine Anhaltspunkte. Vielmehr hatte der Senat den Eindruck, dass die Zeugin - auch jetzt noch - im Ergebnis die Verausgabung des Geldes als Gegenleistung für die Kontakte mit der Klägerin nach wie vor für angemessen hält.
79Die Ausgangsumsätze sind auch steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
80cc) Hinsichtlich der als Einnahmen und Ausgangsumsätze „J“ angesetzten Beträge ist der Senat ebenfalls davon überzeugt, dass diese als Einnahmen aus Gewerbebetrieb und umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze zu berücksichtigen sind.
81(1) Da die Zahlungen auf dem (auch) betrieblichen Konto der Klägerin bei derI eingegangen sind spricht, wie oben ausgeführt, eine Vermutung dafür, dass es sich insoweit um Betriebseinnahmen handelt. Der Zufluss der Beträge i.H.v. 90.030 € auf dem Konto der Klägerin, auf welchem auch andere - unstreitig gewerbliche - Einnahmen eingegangen sind, ist in den Jahren 2007 bis 2009 nicht streitig.
82Dass die Geldeingänge als Ausnahme zu den oben dargestellten Grundsätzen keine Betriebseinnahmen/Ausgangsumsätze, sondern Darlehensgewährungen darstellen, hat die Klägerin nicht zu Überzeugung des Senats dargelegt und nachgewiesen.
83Der auf Oktober 2013 datierte und Anfang 2014 bei der Klägerin (nur von der Zeugin J unterschriebene) eingegangene „Darlehensvertrag“ über einen Gesamtbetrag von 85.530 € vermag auch unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärung vom 2. Dezember 2016 nicht zu belegen, dass die zugeflossenen Mittel keine Einnahmen bzw. Ausgangsumsätze der Klägerin sondern - wie von der Klägerin behauptet - von der Zeugin J gewährte Darlehen sind.
84Schon der eigene Vortrag der Klägerin zum Hergang der Zahlungen von Frau J ist nicht durchgehend nachvollziehbar.
85In einer Besprechung beim Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z am 9. Mai 2016 trug die Klägerin vor, es sei mit Frau J kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden. Man habe dies nicht für nötig gehalten, da man mündliche Absprachen getroffen habe.
86Im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens behauptete die Klägerin dagegen, es sei im Jahr 2013 ein schriftlicher Vertrag geschlossen worden, ohne ein unterschriebenes Exemplar vorlegen zu können.
87In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin - soweit ersichtlich - erstmalig vorgetragen, es seien über die ersten beiden Teilzahlungen („ich meine einmal 10.000 und einmal 20.000“) gesonderte Darlehensverträge geschlossen worden.
88Auch der Inhalt der im Klageverfahren vorgelegten „Erklärung an Eides Statt“ derFrau J ist widersprüchlich. Der in der Erklärung genannte Betrag entspricht nicht dem Gesamtbetrag von mehr als 90.000 €, der unstreitig in den Jahren 2007 bis 2009 geflossenen Zahlungen. Gleichwohl enthält die Erklärung den Satz: „Als Darlehen qualifizieren alle Zahlungen von mir an Frau T.“
89Im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung am 3. September 2014 wurde bei der Klägerin ein auf Oktober 2013 datierter Darlehensvertrag über 85.530 € (rückzahlbar bis 31.12.2014) gefunden, welcher den handschriftlichen Vermerk „Bitte unterschreiben und an mich zurück senden. Danke“ enthält. Dieser enthält jedoch keine Unterschrift der Klägerin.
90Auch die Vernehmung der Zeugin Frau J konnte keine Überzeugung des Senats von einer Darlehensgewährung begründen. Die Zeugin hat ausgesagt, sie habe einen Betrag von etwa 90.000 € in drei Teilen als Darlehen gegeben. Es sei weder eine Sicherheit, noch eine Verzinsung vereinbart worden. Es sei bis 2013 kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden; die Vereinbarungen seien lediglich mündlich getroffen worden. Sie habe die Wohnung nie gesehen. Auch habe sie nicht gewusst, was die Klägerin beruflich macht. Sie glaube, sie sei in einem Pflegedienst tätig gewesen.
91Die Aussage ist nicht glaubhaft. Der von der Zeugin vorgetragene Sachverhalt widerspricht den anhand der Kontoauszüge erkennbaren tatsächlichen Überweisungen. Er widerspricht auch dem Vortag der Klägerin.
92Es ist nicht glaubhaft, dass ein Darlehen hingegeben wurde, die Zeugin den Darlehensbetrag aber nicht benennen konnte. Auch konnte sie die Hingabe nicht präzise benennen. Die Zeugin hat ausgesagt, sie habe drei größere Beträge hingegeben. Drei Teilbeträge ergeben sich aber erst aus der von der Zeugin im Jahr 2016 unterschriebenen und - nach eigener Aussage - durch die Klägerin erstellte Erklärung. Tatsächlich wurden aber in den Jahren 2007 bis 2009 mindestens 14 Einzelbeträge zwischen 2.486,67 € und 14.586 € überwiesen. Ein Darlehensgeber weiß regelmäßig, wann er welche Beträge hingegeben hat, schon um einen Rückzahlungsanspruch beziffern und geltend machen zu können.
93Es erscheint ferner nicht glaubhaft, dass ein Darlehen von etwa 90.000 € ohne schriftliche Vereinbarung, ohne Zins und ohne Sicherheit hingegeben wird, ohne die finanzielle Leistungsfähigkeit des Schuldners (Beruf) zu kennen und ohne das Finanzierungsobjekt zu kennen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Zeugin J in geschäftlichen Dingen nicht unerfahren war. Sie war ausgebildete Buchhalterin und als Kauffrau selbständig gewesen.
94Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin nach Einleitung des Strafverfahrens auch hinsichtlich eines behaupteten Darlehens von Herrn AA zunächst einen unterschriebenen Darlehensvertrag vorgelegt hat, obgleich Herr AA bei persönlicher Befragung überzeugend angegeben hat, ein entsprechendes Darlehen sei zu keinem Zeitpunkt gewährt worden. Auch hinsichtlich der Zeugin H wurde in den Räumen der Klägerin ein von der Klägerin gefertigter „Entwurf“ eines Darlehensvertrags mit der Zeugin H vorgefunden. Auch insoweit behauptete die Klägerin persönlich im Rahmen des Gesprächs am 9. Mai 2016 und durch ihren Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 20. April 2016, sowie in der mündlichen Verhandlung ein Darlehensverhältnis. Im Rahmen ihrer Vernehmung im Verwaltungsverfahren und vor dem Senat hat die Zeugin H dagegen überzeugend ausgesagt, Darlehensvereinbarungen habe es nicht gegeben; sie habe sämtliche Zahlungen als Entgelt für Dienstleistungen der Klägerin geleistet.
95Danach bleibt es bei der oben dargelegten Vermutung.
96(2) Die Ausgangumsätze sind auch steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG). Ort der (telefonisch erbrachten) Leistung ist nach § 3a Abs. 1 UStG in Deutschland. Die Umsätze sind steuerpflichtig zum Regelsteuersatz von 19 %.
97dd) Schließlich ist der Senat auch hinsichtlich der als Einnahmen aus der Beratung von Frau G davon überzeugt, dass diese als Einnahmen aus Gewerbebetrieb und umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze zu berücksichtigen sind.
98Der Vortrag der Klägerin hierzu ist widersprüchlich und wechselnd.
99Die Klägerin hatte im Rahmen der Besprechung mit dem Beklagten am 3. Dezember 2013 (Einführungsgespräch zur Betriebsprüfung) angegeben, sie habe das Geld für die Wohnungen nicht sofort gezahlt. Es seien Raten von 300,- € vereinbart gewesen. Sie habe bereits „eine Zwischentilgung“ von 18.000 € an Frau S geleistet.
100Die Klägerin hat dagegen am 3. September 2014 anlässlich der Durchsuchung ihrer Wohnung vorgetragen, sie habe die Wohnungen in F „von einer Freundin erworben“ und „aus ersparten Mitteln bezahlt“.
101Im späteren Verlauf des Verfahrens und in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin dagegen vorgetragen es seien bereits 12.000 € gezahlt; es sei noch ein Betrag von 18.000 € „offen“.
102Frau G hat im November 2015 sowohl im Rahmen des ersten Telefonats als auch bei der persönlichen Befragung durch Herrn O ausgesagt, sie habe für Dienstleistungen der Klägerin Zahlungen geleistet und sie habe als Gegenleistung für erbrachte Dienstleistungen der Klägerin zwei Wohnungen an die Klägerin übereignet. Den im notariellen Vertrag vereinbarten Kaufpreis habe die Klägerin mit aufgelaufenen Beratungsleistungen verrechnet. Ferner habe sie Geld aus einer Lebensversicherung an die Klägerin für Beratungsleistungen bezahlt. Diese Aussage ist glaubhaft. Sie ist detailreich und schlüssig. Ohne dass Anhaltspunkte dafür bestanden, dass der Vernehmende von einer Lebensversicherung der Zeugin Kenntnis haben konnte, hat die Zeugin ausweislich des Protokolls bekundet, sie habe auch den Erlös aus einer Lebensversicherung an die Klägerin für Beratungsleistungen ausgezahlt. Es ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Zeugin wie bei ihrer (ersten) Vernehmung angegeben bei ihrer Vernehmung durch die Finanzbeamten die Anwesenheit ihres Bekannten nicht wünschte, weil sie nicht wollte, dass dieser von den Vorgängen um die Klägerin erfuhr.
103Die im Klageverfahren vorgelegte Erklärung der Zeugin G vom 11. Mai 2016 („Widerruf und Bestätigung“) spricht dagegen nicht für eine Übertragung der Wohnungen gegen Geld bei gleichzeitiger Darlehensgewährung. Sie begründet keine Zweifel am Inhalt der ursprünglichen Aussage.
104Die (schriftliche) Erklärung ist nicht glaubhaft. Sie ist inhaltlich widersprüchlich. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Grundstücke gegen Ratenzahlungen verkauft werden, wenn der Verkäufer „Geld braucht“. Die im „Widerruf“ behauptete Ratenzahlungsvereinbarung ist allenfalls insoweit nachvollziehbar, als dort Raten vereinbart wurden. Die entsprechenden Geldflüsse lassen sich jedoch weder anhand von Quittungen noch in sonstiger Form nachvollziehen. Soweit die Zeugin schriftlich ihre mündliche Aussage „widerrufen“ hat, ist dies nicht nachvollziehbar. Dass der „Besuch“ der Zeugin S bei Beginn der Vernehmung die Wohnung der Zeugin verließ, wenn die Zeugin - ausweislich des „Widerrufs“ - Angst vor den „Steuerberatern“ hatte, ist nicht glaubhaft; vielmehr hätte es dann nahegelegen, bekannte Personen in der Nähe zu behalten. Ferner ist nicht schlüssig, dass die Zeugin bei der Vernehmung das Protokoll unterschrieben hat, damit die Beamten „schnellst möglich meine Wohnung verlassen“. Das Protokoll wurde nach den vorliegenden Beweismitteln handschriftlich aufgezeichnet; die Vernehmung dauerte ca. 80 Minuten. Dass eine Aussage mit dem später behaupteten Inhalt, dass keine Beratungsleistungen erbracht wurden und die Wohnungen gegen Darlehen veräußert wurden, mehr Zeit in Anspruch genommen hätte, ist nicht ersichtlich. Inwieweit die Zeugin nicht „im vollen Besitz“ ihrer „geistigen Kräfte“ war, wird in der schriftlichen Erklärung nicht näher konkretisiert.
105Schließlich widerspricht die schriftliche Erklärung auch dem Vortrag der Klägerin (zu diesem Zeitpunkt). So hat die Klägerin im Rahmen einer Besprechung mit dem Beklagte am 3. Dezember 2013 angegeben, sie habe bereits „eine Zwischentilgung“ von 18.000,- € an Frau S geleistet. Im Jahr 2014 hat sie vorgetragen der Kaufpreis sei bereits gezahlt. Im „Widerruf“ hat die Zeugin S dagegen angegeben, die Klägerin habe 12.000 € ratenweise bezahlt; es seien bei einem Kaufpreis von 30.000 € noch 18.000 € „offen“.
106Auch nach Vernehmung der Frau S als Zeugin ist der Senat davon überzeugt, dass die Wohnungen als Gegenleistung für erbrachte Beratungen übertragen wurden.
107Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Zeugin bei der ursprünglichen (zeitnäheren) Aussage die Unwahrheit gesagt hat.
108Vielmehr ist die nunmehr getätigte Aussage vor dem Senat nicht glaubhaft. Der dort bekundete Sachverhalt ist nicht nachvollziehbar. Es ist weder nachvollziehbar, dass bei finanziellen Schwierigkeiten Wohnungen gegen Ratenzahlungen veräußert werden, noch dass die Kaufpreisfestlegung, ohne dass die Wohnung anderen potentiellen Käufern angeboten wurde, einseitig durch den Erwerber (hier: die Klägerin) erfolgt. Es ist ferner nicht verständlich, dass die Zeugin - wenn sie tatsächlich von einer Forderung gegenüber der Klägerin ausgegangen wäre - von der ihr ausweislich des notariellen Vertrags zustehenden Befugnis zur sofortigen Zwangsvollstreckung keinen Gebrauch gemacht hat. Selbst wenn der Zeugin möglicherweise nicht sämtliche Details des notariellen Vertrags klar waren, ist der Senat davon überzeugt, dass die Zeugin für den Fall, dass sie selbst tatsächlich von einer Forderung gegenüber der Klägerin (und nicht von einer Hingabe wegen in Anspruch genommener Beratungsleistungen) ausgegangen wäre, angesichts der eigenen Gesamtsituation (Scheidung, Kinder, finanzielle Schwierigkeiten) versucht hätte, diese durchzusetzen. Weiterhin erscheint es nicht glaubhaft, dass eine Freundschaft besteht, in welcher man sich Geld in einer Größenordnung von 30.000 € leiht, ohne dass man den Beruf oder den Wohnort der Freundin kennt.
109Die Zeugin ist nicht glaubwürdig. An die Vorgänge um den Notarvertrag aus dem Jahr 2007 konnte die Zeugin sich nach eigenem Bekunden erinnern und hat hierzu Details geschildert, die der im Jahr 2015 getätigten Aussage durchgehend widersprechen. An die zeitlich deutlich späteren Vorgänge der Vernehmung im Jahr 2015 konnte sie sich nach eigenem Bekunden teilweise nicht mehr erinnern, obgleich sie hierzu noch im Jahr 2016 schriftlich Stellung genommen hatte. Zu der Aussage hat sie insbesondere angegeben die Aussage sei falsch gewesen, die in der mündlichen Verhandlung getätigte Aussage sei richtig.
110Schließlich konnte der Senat nicht unberücksichtigt lassen, dass die Zeugin S bereits in einem Telefonat vom 3. November 2015 angegeben hat, dass die Klägerin sie bedrängt habe und dass sie Angst habe, dass sie, wenn ihr Name „in der Akte erscheint“, wieder von der Klägerin unter Druck gesetzt werde.
111Dass die Zeugin G bei ihrer Vernehmung im Jahr 2015 durch den O „unter Druck gesetzt worden ist“ und aus diesem Grund damals eine falsche Aussage getätigt hat, konnte der Senat nicht feststellen. Zum einen hat die Zeugin ihre allgemeine Behauptung nicht näher konkretisiert. Zum anderen hat sie auch lediglich behauptet, sie sei bei ihrer Vernehmung bei ihr zu Hause „unter Druck gesetzt“ worden. Die dort protokollierte Aussage entspricht aber inhaltlich den zuvor bereits telefonisch gemachten Angaben. Dass auch die telefonischen Angaben „unter Druck“ gemacht worden sein könnten ist, soweit erkennbar, nicht vorgetragen.
112Schließlich hat der Zeuge O die Abläufe bei der Vernehmung in der Wohnung der Zeugin geschildert. Dessen Aussage ist glaubhaft. Der Zeuge hat nachvollziehbar geschildert, dass die Zeugin selbst ihn darum gebeten habe, den Bekannten aus dem Haus zu bitten. Er hat ferner plausibel geschildert, dass er mit der Klägerin lediglich einen Fragenkatalog „abgearbeitet“ habe den er, in etwa gleichlautend, auch mit anderen Zeugen in diesem Fall durchgegangen sei. Die entsprechenden Fragenkataloge befinden sich auch in den Akten.
113Der Zeuge ist auch glaubwürdig. Insbesondere nach den bereits zuvor telefonisch gemachten Angaben der Zeugin G ist auch kein Grund ersichtlich „Druck auszuüben“. Dem Zeugen standen die gewünschten Informationen im Wesentlichen bereits zur Verfügung.
114Nach den vorstehenden Ausführungen bestehen insgesamt keine Zweifel an der vorgenommenen Qualifizierung der Zahlungen.
115ee) Schließlich ist der Senat davon überzeugt, dass der Beklagte die auf den Konten erkennbaren Bareinzahlungen zutreffend der Besteuerung unterworfen hat.
116Auf den Konten sind regelmäßige Bareinzahlungen erkennbar. Diese übersteigen die vom Beklagten angenommenen Beträge. Der Beklagte hat die Beträge um erkennbare Barauszahlungen gemindert. Die Klägerin hat sich darauf beschränkt zu behaupten sie habe regelmäßig darlehensweise Unterstützungsleistungen ihres Vaters und ihres Bruders erhalten, ohne diese mit Ausnahme von Beträgen i.H.v. 9.000 € näher dargelegt oder belegt zu haben. Der Vortrag, die häufigen Ein- und Auszahlungen beruhten auf ihrer Erkrankung, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr hätte es in diesem Fall nahegelegen wenn die Gänge zur Bank und die entsprechenden Ein- und Auszahlungen möglichst selten stattgefunden hätten.
117ff) Der Beklagte hat auch nicht das „für die Klägerin schlechteste Ergebnis“ der Besteuerung zugrunde gelegt.
118Vielmehr hat der Beklagte die Zahlungen der von der Klägerin benannten „Familienmitglieder“, abgesehen von den 9.000 €, von der Besteuerung ausgenommen und die Schätzung insoweit präzisiert. Ob diese Zahlungen durchgehend Darlehen oder Unterstützungsleistungen wegen finanzieller Schwierigkeiten der Klägerin darstellten ist - angesichts der erkennbaren Ausgaben der Klägerin für Kleidung, Schmuck, Kosmetik, etc. und der Möglichkeit, dass Beratungsentgelte nicht unmittelbar an die Klägerin selbst geflossen, sondern auch an andere - zweifelhaft, kann jedoch dahingestellt bleiben.
119Der Beklagte hat ferner erkennbare Betriebsausgaben berücksichtigt und weitere Betriebsausgaben zugunsten der Klägerin geschätzt.
1202. Die durch Schätzung ermittelten Besteuerungsgrundlagen enthalten naturgemäß einen Unsicherheitsbereich, der vom Wahrscheinlichkeitsgrad der Schätzung abhängt. Eine genaue Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen kann im Wege der Schätzung trotz Bemühens um Zuverlässigkeit jedoch allenfalls zufällig erreicht werden. Diese Unschärfe, die jeder Schätzung anhaftet, kann im Allgemeinen vernachlässigt werden. Soweit sie sich zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt, muss er sie hinnehmen, zumal wenn er den Anlass für die Schätzung gegeben hat. Dabei ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass die Klägerin sich darauf beschränkt hat einzelne Sachverhalte (teilweise widersprüchlich) zu behaupten und damit die Schätzung der Höhe nach anzugreifen. Sie selbst hat keine Erklärungen oder Gewinnermittlungen erstellt oder eine eigene Schätzung der des Beklagten gegenübergestellt.
121II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.