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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf ... € festgesetzt.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Versicherungsteuerbescheiden und hierbei insbesondere darum, ob die von der Klägerin angebotene Gebrauchtwagenfahrzeuggarantie als eigenständige Leistung versicherungsteuerpflichtig ist oder eine unselbstständige und nicht versicherungsteuerpflichtige Nebenleistung zu den von der Klägerin vertriebenen Verschleißschutzprodukten darstellt.
3Die Klägerin ist eine im Inland ansässige Kapitalgesellschaft, .... Für den Streitzeitraum Januar 2008 bis August 2014 bot die Klägerin unter anderem die streitgegenständlichen Gebrauchtfahrzeuggarantien an.
4Gemäß den Garantiebedingungen (vgl. Muster Bl. 239 der Gerichtsakte -GA-) gewährte die Klägerin gestaffelt nach Preisgruppen und verschiedenen Leistungsumfängen eine Verschleißschutzgarantie bis zu 60 Monate. Die Garantie bezog sich auf die sog. Hauptaggregate (Motor, Getriebe und Differenzial) und sog. Nebenbaugruppen. Sie galt bezüglich der Hauptaggregate ausschließlich bei Funktionsausfall aufgrund von Verschleiß an Reibungsflächen ölgeschmierter und dem Antrieb dienender im Einzelnen aufgeführter Teile im Inneren der Hauptaggregate. Bezüglich der Nebenbaugruppen galt die Garantie für jede Art von Funktionsausfall garantierter Teile. Grundlage der Garantie war die „vorschriftsmäßige und nachgewiesene Wartung des Fahrzeugs entsprechend den Angaben im Serviceheft und die Anwendung der A‑Verschleißschutzprodukte. Eine Erstbehandlung mit A‑Verschleißschutzprodukten erfolgt durch den Kfz-Händler.“. Voraussetzung für die Eintrittspflicht der Klägerin war ein Schaden, für den ein Funktionsausfall an einem garantiegedeckten Teil im Sinne der Garantiebedingungen ursächlich war und für den kein Leistungsausschluss bestand. Erstattet wurden die für eine Reparatur aufzuwendenden Kosten unter Berücksichtigung von Erstattungshöchstgrenzen. Bei der Sonderoption „100/100“ wurden bis zu einer Laufleistung von ... km innerhalb der Erstattungshöchstgrenzen 100 % der Material- und Lohnkosten erstattet. Soweit nicht die Option „100/100“ vereinbart wurde, wurden innerhalb spezifisch aufgeführter Grenzwerte entsprechend einer nach Kilometerstand gestaffelten Leistungstabelle Lohnkosten und Materialkosten zu bestimmten Prozentsätzen abgerechnet. Nach den Garantiebedingungen war der Garantienehmer verpflichtet, im Schadensfall vorrangig die Werksgarantie bzw. die werkseitige Kulanz in Anspruch zu nehmen und der Klägerin Auskunft zu erteilen. Die Klägerin konnte nur nachrangig in Anspruch genommen werden in der Höhe, die sich aus den Erstattungshöchstgrenzen abzüglich der werkseitigen Leistung ergab. Im Schadensfall war eine Schadensmeldung unverzüglich vor Auftragserteilung und vor Reparaturbeginn an die Schadensabteilung der Klägerin zu richten.
5In den Garantiebedingungen war des Weiteren geregelt, dass der „Halter des Fahrzeugs oder sein Bevollmächtigter den Garantievertrag im eigenen Namen im Zuge des Fahrzeugkaufs als festem Bestandteil des Kaufvertrages schließen“. Zudem war der „Kfz-Händler Erfüllungsgehilfe für den Käufer, nicht jedoch für die Klägerin“. Die Klägerin behielt sich nach den Garantiebedingungen in jedem einzelnen Fall die Annahme des Garantieantrags vor und konnte die Ablehnung innerhalb von 14 Tagen nach Eingang des Garantieantrages bei ihr, der Klägerin, schriftlich erklären. Nach Ablauf dieser Frist galt der Garantievertrag als zustande gekommen. Im Falle der Veräußerung des mit der Garantie versehenen Fahrzeugs gingen die Ansprüche aus der Garantie mit dem Eigentum am Fahrzeug auf den Erwerber über, sofern dieser den Halterwechsel bei der Klägerin unverzüglich, spätestens jedoch 14 Tage nach Halterwechsel, anzeigte; andernfalls erlosch die Garantie.
6Für den Abschluss dieser Garantieverträge stellte die Klägerin den Kraftfahrzeughändlern vorbereitete, mit dem Logo und den Kontaktdaten der Klägerin versehene Antragsformulare (inklusive der aufgedruckten Garantiebedingungen) zur Verfügung. Ein Deckblatt zu dem Garantievertrag wies sodann den Kraftfahrzeugkäufer als „Garantienehmer“ und den Kraftfahrzeugverkäufer als „Fahrzeughändler“ aus. Dieses Deckblatt wurde von diesen beiden unterzeichnet. Gleichzeitig erklärte der Garantienehmer mit seiner Unterschrift: „Ich bestätige den Erhalt des Vertrages und der Garantiebedingungen und erkenne diese an. Ich wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich im Schadensfall vor Reparaturbeginn den Garantieträger informiere, um eine Schadensbegutachtung zu ermöglichen.“. Der Fahrzeughändler bestätigte hingegen: „Wir versichern die Richtigkeit obiger Angaben. Das Fahrzeug weist nach unserer Feststellung heute keine Mängel an den garantiegedeckten Teilen auf.“.
7Im Falle des Zustandekommens eines solchen Garantievertrages mit einem Fahrzeugkäufer stellte die Klägerin sodann dem Fahrzeughändler entsprechend der vorgegebenen Preisstaffelung das Entgelt für die jeweils gewählte Garantie zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 19 % in Rechnung.
8Im Schadensfall beglich die Klägerin entsprechend den Garantiebedingungen die Reparaturrechnung zugunsten des Garantienehmers.
9Anlässlich einer im Mai 2010 von dem für die Klägerin zuständigen Finanzamt B. an den Beklagten gerichteten Kontrollmitteilung führte der Beklagte sodann im September 2010 eine Versicherungsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum Januar 2004 bis Juli 2010 durch. Gegenstand der Prüfung war die steuerrechtliche Behandlung besagter Gebrauchtfahrzeuggarantien, die zu diesem Zeitpunkt seitens der Klägerin als umsatzsteuerpflichtig behandelt und demgemäß nicht der Versicherungsteuer unterworfen wurden. Nach den Feststellungen dieser Versicherungsteuer-Außenprüfung betrug der Anteil der Überlassung von Verschleißschutzprodukten an die Kraftfahrzeughändler im Zusammenhang mit der Gewährung der Gebrauchtwagenfahrzeuggarantien mehr als 50 % der Gesamtleistung von Produktlieferungen und Garantiegewährung, so dass die gewährten Garantien nach damaliger Ansicht des Beklagten lediglich ein Nebenprodukt/eine Nebenleistung darstellten. In der Folge wurde der Vertrieb dieser Gebrauchtfahrzeuggarantien als umsatzsteuerpflichtig und nicht als versicherungsteuerpflichtig angesehen, so dass es zu keiner Änderung der Steuerfestsetzungen kam. Dies wurde der Klägerin durch den Beklagten mit Schreiben vom 5. Januar 2011 mitgeteilt.
10Im Zusammenhang mit bei Kraftfahrzeughändlern durchgeführten Außenprüfungen und hierbei gefertigten Kontrollmitteilungen an das für die Klägerin zuständige Finanzamt B. erstattete die Rechtsbehelfsstelle des Finanzamts eine Kontrollmitteilung an die Steuerfahndung. Gegenstand dieser Kontrollmitteilung war der Hinweis, dass aufgrund der bei den Kraftfahrzeughändlern getroffenen Feststellungen die Klägerin die Verschleißschutzprodukte (...) nicht mehr überwiegend, d.h. nicht mehr zu mindestens 50 %, an die Kraftfahrzeughändler verkaufe. Aufgrund dessen führte die Landesfinanzverwaltung unter Beteiligung des für Fragen der Versicherungsteuer zuständigen Beklagten für den Zeitraum Januar 2008 bis August 2014 und damit für den Streitzeitraum im vorliegenden Verfahren eine Steuerfahndungsprüfung durch. Im Rahmen dieser Prüfung gelangten die Steuerbehörden zu der Feststellung, dass die Klägerin nur noch bezüglich Gasfahrzeugen in überwiegendem Maße die Verschleißschutzprodukte an der Fahrzeughändler erkaufte, im Übrigen, d.h. im Umfang von 83,93 % jedoch mit den gewährten Kraftfahrzeuggarantien Leistungen im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses erbracht habe, die demgemäß als umsatzsteuerfrei zu betrachten und stattdessen der Versicherungsteuer zu unterwerfen seien.
11In Folge dieser Prüfungsfeststellung wurde der seitens der Klägerin aus den Reparaturrechnungen, die aufgrund der Garantiezusage zu Gunsten der Kraftfahrzeugkunden beglichen wurden, in Anspruch genommene Vorsteuerabzug im Umfang von 84 % nachträglich versagt. Die in den Rechnungen gegenüber den Kraftfahrzeughändlern ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge wurden als von der Klägerin gemäß § 14c UStG wegen unberechtigten Umsatzsteuerausweises geschuldet angesehen. Die Umsatzsteuerbescheide des Finanzamts B. sind entsprechend geändert worden; diesbezüglich ist ein Streitverfahren beim Finanzgericht C. unter dem Aktenzeichen ... anhängig. In der weiteren Folge traf die Klägerin wirtschaftlich eine Mehrbelastung, da sie die ausgewiesene Umsatzsteuer nach wie vor schuldete, zusätzlich die nach Ansicht des Beklagten angefallene Versicherungsteuer, und schließlich der Vorsteuerabzug aus den Reparaturrechnungen versagt wurde.
12Im Nachgang zu dieser Steuerfahndungsprüfung forderte der Beklagte die Klägerin auf, entsprechend den Prüfungsfeststellungen für die von den Kraftfahrzeughändlern vereinnahmten Entgelte aus den abgerechneten Garantieverträgen Versicherungsteueranmeldungen abzugeben. Da die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachkam, setzte der Beklagte sodann mit den Versicherungsteuerbescheiden jeweils vom 22. September 2015 mit Verweis auf den Steuerfahndungsbericht vom 9. April 2015 ausgehend von den seitens der Klägerin vereinnahmten Entgelten aus den Gebrauchtwagengarantien (in Höhe von insgesamt 83,93 %) Versicherungsteuerbeträge fest. Hierbei teilte der Beklagte die im Rahmen der Prüfung festgestellten Jahresbeträge für den Streitzeitraum im Wege einer Schätzung gemäß § 162 AO auf zwölf gleiche Monatsbeträge auf und erließ insoweit für jeden Monat des Streitzeitraums einen Versicherungsteuerbescheid mit der Begründung, die von der Klägerin angebotenen Garantieversicherungen stünden nicht in Verbindung mit dem Verkauf von ..., vielmehr seien selbständige Garantiezusagen verkauft worden, die nicht als Nebenabrede zum Produktverkauf zu qualifizieren seien, so dass der Abschluss der Garantieversicherung ein Versicherungsverhältnis darstelle.
13Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung der streitgegenständlichen Versicherungsteuerbeträge sowie der Versicherungsteuerbescheide für die einzelnen Zeiträume wird auf Bl. 1 ff. der Rechtsbehelfsakte des Beklagten, Band 1, verwiesen.
14Die gegen die Versicherungsteuerbescheide eingelegten Einsprüche blieben erfolglos. Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2016 als unbegründet zurück. Ebenfalls mit Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2016 lehnte der Beklagte den Einspruch der Klägerin gegen den zuvor abgelehnten Antrag vom 2. Juni 2015 auf Erlass der Versicherungsteuerbeträge gemäß § 163 AO im Billigkeitswege als unbegründet zurück.
15Mit der hiergegen am 15. Februar 2016 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, die Aufhebung der Versicherungsteuerbescheide zu erreichen, weiter, und trägt zur Klagebegründung im Wesentlichen vor:
16Die streitgegenständlichen Produktgarantien seien in der besagten Weise bis September 2014 vertrieben worden. Ein Vertrieb sei nur über Kfz-Händler erfolgt. Die Klägerin habe keinen unmittelbaren Kontakt mit den Fahrzeugkäufern/Kunden gehabt. Die Kfz-Händler seien aufgrund einer mündlichen Rahmenabsprache mit der Klägerin tätig geworden und hätten auf dieser Basis die von der Klägerin angebotenen Garantiemodelle angeboten. Die angebotenen Verschleißschutzgarantien stünden jedoch im Zusammenhang mit der Verwendung der Verschleißschutzprodukte der Klägerin. Diese Produkte seien den Kfz-Händlern unentgeltlich und auf deren Aufforderung hin zur Verfügung gestellt worden. Die Verschleißschutzprodukte seien den Händler nicht separat in Rechnung gestellt worden, sondern seien mit dem von der Klägerin berechneten Entgelt für die Produktgarantien abgegolten gewesen. Die Kfz-Händler hätten hierbei ein von der Klägerin zur Verfügung gestelltes Antragsformular verwendet, da die Klägerin nur so habe sicherstellen können, dass die Kfz-Händler ausschließlich die Garantiebedingungen der Klägerin an die Kunden weitergeben. Ob und inwieweit die Kfz-Händler gegenüber den Kunden den für die Garantie zu erbringenden Preis ausgewiesen/berechnet haben, entziehe sich der Kenntnis der Klägerin. Die Klägerin habe Vertragsbeziehungen ausschließlich mit den Händlern gehabt. Die Kfz-Händler ihrerseits hätten die Garantieverträge neben bzw. zusammen mit dem Kaufvertrag über ein Fahrzeug abgeschlossen.
17Die steuerrechtliche Behandlung der Produktgarantien als umsatzsteuerpflichtig sei seinerzeit mit dem Finanzamt B. abgestimmt gewesen und im Rahmen der Betriebsprüfung bis zum Jahre 2010 nicht beanstandet worden. Zudem habe die Finanzverwaltung ihre Beurteilung im Laufe der Jahre immer wieder geändert. Zuletzt sei der Klägerin jedoch die Behandlung der Umsätze aus den Garantiezusagen als umsatzsteuerpflichtig (und nicht als versicherungsteuerpflichtig) versichert worden. Die derzeitigen und für das vorliegende Verfahren relevanten Probleme bei der Einordnung der Produktgarantien seien dadurch entstanden, dass in den zurückliegenden Jahren die Produktgarantien nur noch unzureichend mit der Anwendung der Verschleißschutzprodukte der Klägerin verknüpft worden seien bzw. der tatsächliche Einsatz der Verschleißschutzprodukte der Klägerin nicht mehr hinreichend eingehalten worden sei. Aufgrund dessen habe die Klägerin ab September 2014 ihr Geschäftsmodell umgestellt. Seither würden neben einer Händlergarantie, in deren Rahmen die Klägerin als Verwalter tätig werde, nunmehr neue Produktgarantien angeboten, in deren Rahmen vor allem der tatsächliche Einsatz der Verschleißschutzprodukte der Klägerin maßgeblich sei. Aufgrund des nach wie vor bestehenden Streits hinsichtlich der Einordnung der bis August 2014 von der Klägerin angebotenen Produktgarantien habe die Klägerin – wie von dem Beklagten verlangt – für die Zeit ab September 2014 entsprechende Versicherungsteueranmeldungen abgegeben, allerdings unter Vorbehalt. Aufgrund der derzeitigen Behandlung der Entgelte aus den Garantiezusagen als versicherungsteuerpflichtig würden die Umsätze nicht der Umsatzsteuer unterworfen.
18Entgegen der Ansicht des Beklagten seien die von der Klägerin gewährten Produktgarantien im Streitzeitraum nicht versicherungsteuerpflichtig. Es fehle an einem (eigenständigen) Versicherungsverhältnis. Zum einen sei allein die seitens der Klägerin erfolgte Lieferung der Verschleißschutzprodukte maßgeblich; die Gewährung der Produktgarantien sei insoweit nur Nebenleistung. Dies ergebe sich auch aus den Garantiebedingungen, wenn hiernach – entgegen der Ansicht des Beklagten – Voraussetzung für die Garantieleistung neben der Wartung entsprechend der Vorgaben im Serviceheft der Einsatz der Verschleißschutzprodukte der Klägerin sei.
19Zum anderen sei die Garantiegewährung ein Zusatzelement der seitens der Kfz-Händler erfolgten Fahrzeuglieferung; auch insoweit sei eine einheitliche Leistung anzunehmen. Die Abrechnung des Entgelts für die Garantiezusage erfolge auch ausschließlich zwischen den Kfz-Händlern und den Fahrzeugkäufern. Insoweit seien zwei verschiedene Abrechnungsvarianten anzutreffen. Zum einen werde seitens der Kfz-Händler ein Gesamtpreis („Einheitspreis“) für Fahrzeug und Garantie in Rechnung gestellt; zum anderen würde die Garantiegewährung separat vom Fahrzeugpreis abgerechnet. Aus Sicht der Kunden würden diese ausschließlich einen Vertrag mit den Kfz-Händlern abschließen.
20Der Beklagte verkenne die zutreffende Beurteilung der „Dreiecksbeziehung“ zwischen der Klägerin, den Kfz-Händlern und den Fahrzeugkäufern/Kunden. Die Klägerin habe lediglich vertragliche Beziehungen mit den Kfz-Händlern. Die Klägerin erfülle deren Ansprüche auf Lieferung der Verschleißschutzprodukte und übernehme für diese die Abwicklung der Garantieleistung. Dementsprechend erfolge auch die Abrechnung des Entgelts für die Garantiezusage.
21Bei der von der Klägerin übernommenen Garantiezusage handele es sich um eine Garantie im Sinne von § 443 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), die jedoch nur im Verhältnis zwischen Kfz-Händler und Kfz-Käufer (Kunde) Wirkung entfalte. Eine solche Garantieverpflichtung könne nach dem Gesetzeswortlaut auch durch einen Dritten, wie vorliegend der Klägerin, eingegangen werden.
22Demgegenüber schließe die Klägerin keinen Vertrag mit den Kfz-Käufern und nehme von diesen auch keine Zahlungen entgegen. Die Klägerin gebe gegenüber den Kfz-Käufern keine Willenserklärung ab. Gegenüber den Kfz-Käufern würden ausschließlich die Kfz-Händler tätig. Diese würden in eigenen Namen auftreten und auch in eigenem Namen die Vereinbarung der Garantieleistung unterzeichnen. Die bloße Übergabe des von der Klägerin zur Verfügung gestellten Formulars für die Produktgarantien ändere nichts daran, dass die Klägerin keinen Vertrag mit den Kfz-Käufern schließe. Der Garantievertrag komme ausschließlich zwischen dem Kfz-Händler und dem Kfz-Käufer zustande. Dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut der Garantiebedingungen unter Punkt G., da insoweit explizit geregelt sein, dass der Garantievertrag „als fester Bestandteil des Kaufvertrages“ abgeschlossen werde.
23Dies verkenne jedoch der Beklagte, wenn er einen Vertragsschluss zwischen der Klägerin und den Kfz-Käufern/Kunden annehme und insoweit ein Versicherungsverhältnis begründet sehe. Gegen diese Annahme spreche bereits, dass die Klägerin mit ihrem Angebot der Produktgarantien explizit und primär die Kfz-Händler anspreche und auch nur mit diesen Vertragsbeziehungen unterhalte.
24Selbst wenn man auf die Vertragsbeziehungen der Klägerin zu den Kfz-Händlern abstelle, sei auch insoweit kein Versicherungsverhältnis und damit kein versicherungsteuerpflichtiges Entgelt anzunehmen. Auf die Frage, in welchem Umfang die Verschleißschutzprodukte zum Einsatz gekommen seien, komme es nicht entscheidend an. Zunächst sei nicht zwingend erforderlich, dass im Verhältnis der Klägerin zu den Kfz-Händlern der Erwerb der Verschleißschutzprodukte mindestens 50 % ausgemacht habe. Der Kostenanteil der Garantie-Nebenabrede sei insoweit unerheblich. Aber auch dann, wenn man den Produktanteil als maßgeblich erachten sollte, komme es nicht auf den tatsächlichen Lieferumfang, sondern allein auf die Verpflichtung der Klägerin, im Bedarfsfalle die Produkte zu liefern, an. Dem entspreche die Absprache der Klägerin mit den Kfz-Händlern, denn diese hätten jederzeit die Verschleißschutzprodukte bei der Klägerin anfordern können, ohne dass die Klägerin ein zusätzliches Entgelt hätte verlangen können. Vielmehr seien die Verschleißschutzprodukte mit dem Entgelt für die Erfüllung der Garantiezusage abgegolten. Für die Frage, in welchem Verhältnis die Lieferung der Produkte zur Garantie-Nebenabrede stehe, sei allein der kalkulatorische Wareneinsatz der Klägerin maßgeblich. Dieser liege über 50 %, wie die Klägerin im Rahmen der Außenprüfung dargelegt habe.
25Im Hinblick auf die diesbezüglich seitens der Klägerin angestellten Berechnungen wird auf die Ermittlung der durchschnittlichen Produktanteile für die Jahre 2004 bis 2010 Bezug genommen.
26Soweit der Beklagte demgegenüber im Wesentlichen unter Verweis auf den Internetauftritt der Klägerin darauf abstelle, bei den Leistungen der Klägerin stünden die Garantiezusagen im Vordergrund und sei der Vertrieb der Verschleißschutzprodukte nur nachrangig, insbesondere da keine Werbung mit diesen Produkten erfolge, überzeuge dies nicht. Lediglich aus Marketinggründen konzentriere sich die Werbung der Klägerin auf die Produktgarantien, da dies werbetechnisch attraktiver erscheine als die Werbung mit Verschleißschutzprodukten/....
27Nicht überzeugen könne schließlich auch der Verweis des Beklagten auf die von der Klägerin beschäftigten Vertriebsvermittler. Entgegen der Ansicht des Beklagten würden diese den Kfz-Händlern nicht nur Garantiezusagen, sondern daneben auch die Verschleißschutzprodukte der Klägerin anbieten. Im Übrigen sei dies aber ohne Einfluss auf die bestehenden bzw. gerade nicht bestehenden vertraglichen Beziehungen der Klägerin zu den Kfz-Händlern und den Kfz-Käufern. Vielmehr würde die Tätigkeit der Vertriebsvermittler gerade für ein ausschließliches Vertragsverhältnis der Klägerin zu den Kfz-Händlern sprechen.
28Hilfsweise macht die Klägerin geltend, dass hinsichtlich der Besteuerung nach dem VersStG zwischen verschiedenen Formen der Produktgarantien zu unterscheiden sei. Der Versicherungsteuer könnten jedenfalls nicht die Produktgarantien unterliegen, die letztendlich nur der gesetzlichen Gewährleistung entsprechen würden. Dies betreffe Produktgarantien, deren Laufzeit der gesetzlichen Gewährleistungspflicht (bis zu zwölf Monate) entspreche, sowie Produktgarantien zum Grundtarif. Demgegenüber unterlägen allenfalls Produktgarantien mit dem Tarif „100/100“ sowie mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten der Versicherungsteuer, da diese Tarife über die gesetzliche Gewährleistung hinausgingen. Eine entsprechende Differenzierung habe auch der Beklagte im Laufe der durchgeführten Prüfung in Betracht gezogen, wie in einem Vermerk des Beklagten vom 14. Oktober 2014 festgehalten sei.
29Die Klägerin beantragt,
301. die Versicherungsteuerbescheide jeweils vom 22. September 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2016 aufzuheben,
312. hilfsweise die Versicherungsteuerbescheide jeweils vom 22. September 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 2016 dahingehend abzuändern, dass die Festsetzung der Versicherungsteuer lediglich insoweit erfolgt, als die Entgelte aus dem an die Kfz-Händler berechneten Leistungspaket auf Produktgarantien zum Tarif 100/100 oder Produktgarantien mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten entfallen,
323. die Revision zuzulassen.
33Der Beklagte beantragt,
341. die Klage abzuweisen,
352. hilfsweise die Revision zuzulassen.
36Zur Begründung trägt er wie folgt vor: Die Klägerin habe mit den Kfz-Käufern einen Vertrag hinsichtlich der Produktgarantien abgeschlossen. Insoweit sei ein Versicherungsverhältnis begründet worden. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Klägerin den Kfz-Händlern die entsprechenden Antragsformulare zur Verfügung gestellt habe. Damit hätten die Kfz-Händler für die Klägerin gegenüber den Kfz-Käufern ein Angebot zum Abschluss eines Garantievertrages unterbreitet. Die Händler seien insoweit als Erklärungsbote aufgetreten. Das Versicherungsverhältnis beziehe sich auf die Absicherung eines Nutzungsausfalls an einem garantiegedeckten Teil im Sinne der Garantiebedingungen. Die Staffelung der Preise nach verschiedenen Optionen, Laufleistung der Fahrzeuge etc. spreche für eine seitens der Klägerin vorgenommene Risikokalkulation. Das Entgelt für diese Versicherungsleistung sei seitens der Kfz-Händler als Erfüllungsgehilfe für die Klägerin von den Käufern vereinnahmt worden.
37Dieser Versicherungsvertrag sei von dem Kaufvertrag zwischen dem Kfz-Händler und dem Kfz-Käufer zu trennen. Das Versicherungsverhältnis könne schon aus diesem Grund keine Nebenabrede zum Fahrzeugkauf darstellen. Dies ergebe sich auch aus der Personenverschiedenheit der am Kfz-Kaufvertrag einerseits und am Versicherungsvertrag andererseits beteiligten Personen. Zudem bestehe kein Zusammenhang zwischen den gewährten Produktgarantien und dem Verkauf der Verschleißschutzprodukte der Klägerin an die Kfz-Händler. Ausweislich des Internetauftritts der Klägerin beziehe sich die Werbung allein auf die Produktgarantien, nicht jedoch auf die Verschleißschutzprodukte. Dem entspreche auch die Feststellung der Steuerfahndungsprüfung, wonach die Geschäfte mit den Produktgarantien zu 83,93 % ohne Einsatz der Verschleißschutzprodukte getätigt worden seien. Die Verschleißschutzprodukte der Klägerin würden im Garantievertrag auch nicht benannt. Im Übrigen sei der Einsatz der Produkte der Klägerin nicht Voraussetzung für den gewährten Garantieschutz.
38Schließlich spreche auch die Einbindung von Außendienstmitarbeitern seitens der Klägerin dafür, dass allein die Garantiegewährung und nicht der Vertrieb von Verschleißschutzprodukten maßgeblich für die Produktgarantien seien. Die Vergütung der Vermittler richte sich allein nach dem Umfang der vermittelten Produktgarantien und gerade nicht nach dem Verkauf der Verschleißschutzprodukte.
39Im Ergebnis stelle sich das von der Klägerin vertriebene Versicherungsprodukt als Reparaturkostenversicherung dar.
40Eine Aufhebung der Versicherungsteuerfestsetzung sei auch nicht durch Erlass im Billigkeitswege möglich. Der Beklagte habe einen entsprechenden Erlassantrag gemäß § 163 AO bereits beschieden und bestandskräftig abgelehnt.
41Zum hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin weist der Beklagte darauf hin, dass auch bei einer Absicherung nach dem Grundtarif, der dem gesetzlichen Gewährleistungsanspruch entspreche, der Versicherungscharakter der von der Klägerin erteilten Garantiezusage erhalten bleibe. Auch in diesem Falle werde das Risiko für den Fall, dass Material- und Lohnkosten aufgrund einer Reparatur anfallen, auf die Klägerin abgewälzt.
42Im Laufe des Klageverfahrens (und aufgrund der wirtschaftlichen Doppelbelastung der Klägerin mit Umsatzsteuer und Versicherungsteuer) eröffnete das Amtsgericht D. mit Beschluss vom XX.XX.2016 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin unter Anordnung der Eigenverwaltung und bestellte einen Sachwalter. Der Geschäftsbetrieb der Klägerin konnte im Insolvenzplanverfahren fortgeführt werden. In der Gläubigerversammlung wurde der Insolvenzplan, der eine Befriedigungsquote der Gläubiger in Höhe von 10 % vorsieht, angenommen. Das Amtsgericht D. entschied hierbei, dass die seitens des Beklagten verweigerte Zustimmung zum Insolvenzplan gegen das insolvenzrechtliche Obstruktionsverbot verstieß. Mit Beschluss des Amtsgerichts D. vom XX.XX.2016 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben.
43Mit Verfügung vom 16. Juni 2016 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der Klägerin den Vertrieb der streitgegenständlichen Gebrauchtwagengarantien. Aufgrund einer hiergegen erhobenen Klage ist insoweit ein Streitverfahren anhängig.
44Entscheidungsgründe
45Die zulässige Klage ist unbegründet.
46Die angefochtenen Versicherungsteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
47I. Der Beklagte hat die Klägerin mit den streitgegenständlichen Steuerbescheiden hinsichtlich der von der Klägerin im Streitzeitraum vereinnahmten Entgelte für die Produktgarantien (Gebrauchtwagengarantien) wegen der darauf entfallenden Versicherungsteuer zu Recht in Anspruch genommen. Die Klägerin erbringt im Zusammenhang mit den von ihr gewährten Gebrauchtwagengarantien Versicherungsleistungen.
481. a) Gemäß § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt der Versicherungsteuer die Zahlung eines Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses. Gemäß § 2 Abs. 1 VersStG gilt als Versicherungsvertrag im Sinne des Versicherungsteuergesetzes auch eine Vereinbarung zwischen mehreren Personen oder Personenvereinigungen, solche Verluste oder Schäden gemeinsam zu tragen, die den Gegenstand einer Versicherung bilden können. Gemäß § 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VersStG ist Versicherungsentgelt jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist, wobei hierunter insbesondere Prämien, Beiträge, Vorbeiträge, Vorschüsse, Nachschüsse, Umlagen und Gebühren für die Ausfertigung des Versicherungsscheins und sonstige Nebenkosten fallen.
49b) Weder das Versicherungsteuergesetz noch das Versicherungsvertragsgesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz enthalten eine Bestimmung des Begriffs „Versicherungsverhältnis“. Vielmehr muss sein Inhalt aus dem allgemeinen Sprachgebrauch und, da dieser entscheidend vom Versicherungsrecht geprägt wird, aus dem allgemeinen Versicherungsrecht entnommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1977 II R 36/76, BStBl. II 1977, 688). Unter dem Versicherungsverhältnis sind hiernach das durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandene Rechtsverhältnis des einzelnen Versicherungsnehmers zum Versicherer und seine Wirkungen zu verstehen (vgl. BFH‑Urteil vom 8. Dezember 2010 II R 12/08, BStBl. II 2012, 383). Dabei ist der Begriff der Versicherung weit gefasst und nach dem besonderen Zweck des Versicherungsteuerrechts zu deuten. Das allgemeine Versicherungsrecht ist für das Versicherungsteuerrecht nur insoweit maßgebend, als das Versicherungsteuergesetz nichts anderes erkennen lässt; die besonderen Voraussetzungen des Versicherungsvertragsgesetzes und des Versicherungsaufsichtsgesetzes gelten nicht ohne Weiteres für das Versicherungsteuerrecht. Vor allem muss es sich nicht um eine der Versicherungsaufsicht unterliegende Versicherungsunternehmung handeln (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 2006, II R 78/04, BFH/NV 2007, 513).
50Wesentliches Merkmal eines „Versicherungsverhältnisses“ im Sinne des § 1 Abs. 1 VersStG ist das Vorhandensein eines vom Versicherer gegen Entgelt übernommenen, beim Versicherungsnehmer angesiedelten Wagnisses, um damit eine Gefahrengemeinschaft zu bilden mit dem Ziel, Gefahren, d. h. ungewisse Schäden oder ungewisse Verluste, die die Mitglieder der Gefahrengemeinschaft unmittelbar selbst treffen, gemeinsam zu tragen (vgl. BFH-Urteile 11. Dezember 2013 II R 53/11, BStBl. II 2014, 352; vom 19. Juni 2013 II R 26/11, BStBl. II 2013, 1060; vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BStBl. II 2010, 1097).
51Das Merkmal der „Zahlung eines Versicherungsentgelts“ im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG erfasst den rechtlich erheblichen „Geldumsatz” im Versicherungswesen und damit nicht jegliche Zahlung von Geld an den Versicherer, sondern (nur) jede Leistung, die eine im Versicherungsverhältnis begründete Schuld des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer erlöschen lässt (vgl. BFH-Urteile vom 20. April 1977 II R 47/76, BStBl. II 1977, 748; vom 5. Februar 1992 II R 93/88, BFH/NV 1993, 68; vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BStBl. II 2010, 1097). Gegenstand der Besteuerung ist nicht das Versicherungsverhältnis als solches, sondern die Zahlung des Versicherungsentgelts durch den Versicherungsnehmer, d.h. durch den zur Zahlung Verpflichteten. Die Versicherungsteuer ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes (vgl. BFH‑Urteile vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BStBl. II 2010, 1097; vom 5. Februar 1992 II R 93/88, BFH/NV 1993, 68).
522. Nach diesen Maßstäben besteht im vorliegenden Fall eine Wagnisübernahme durch die Klägerin darin, dass sie für die den Kfz-Käufern entstehenden (potentiellen) Reparaturkosten bzw. – soweit die Kfz-Käufer den Kfz-Händler im Rahmen der Gewährleistungsansprüche in Anspruch nehmen – für die bei den Kfz-Händlern anfallenden Ersatzzahlungen an die Kfz-Käufer einsteht und nach Maßgabe der Garantiebedingungen Geldersatz hierfür leistet, d.h. für die Kfz-Händler bzw. die Kfz-Käufer das finanzielle Risiko von Reparaturleistungen übernimmt. Als Gegenleistung hierfür hat die Klägerin die von den Kfz-Händlern gezahlten Entgelte für die von den Kfz-Käufern jeweils gewählten Produktgarantien erhalten. Mit dieser entgeltlichen Wagnisübernahme hat die Klägerin Leistungen erbracht, die der Versicherungsteuerpflicht unterliegen.
53a) Hierbei kann es im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob – wie die Klägerin meint – allein Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und den Kfz-Händlern bestehen, ob – wie der Beklagte argumentiert – die Klägerin statt dessen in vertraglichen Beziehungen direkt zu den Kfz-Käufern/Kunden steht, oder ob es sich um ein Versicherungsverhältnisse unter Einbeziehung aller drei Personen, d.h. der Klägerin, des Kfz-Händlers und des Kfz-Käufers handelt. Im Ergebnis würden in allen drei Konstellationen die von der Klägerin übernommenen Garantieleistungen und die dafür von ihr vereinnahmten Entgelte aufgrund eines Versicherungsverhältnisses gezahlt werden und der Versicherungsteuer unterliegen.
54aa) Soweit man mit der Klägerin ein Versicherungsverhältnis zwischen der Klägerin und den Kfz-Händlern bejaht, steht die Klägerin entsprechend den von ihr ausgegebenen Garantiebedingungen für entstehende Reparaturkosten ein und übernimmt die Klägerin gegen Zahlung des von den Kfz-Händlern an sie, die Klägerin, entrichteten Entgelts für die Produktgarantie das Wagnis der Kfz-Händler bezüglich der diesen drohenden Inanspruchnahme aus der erteilten Garantie.
55bb) Soweit man mit dem Beklagten ein Versicherungsverhältnis zwischen der Klägerin und den Kfz-Käufern annimmt, liegt auch insoweit eine Wagnisübernahme durch die Klägerin vor, als sie die Kfz-Käufer/Kunden mit Abschluss der Produktgarantie von dem Risiko, im Falle von Funktionsausfällen der versicherten Aggregate ihrer Fahrzeuge mit Reparaturkosten belastet zu werden, freistellt. Für die übernommene Produktgarantie hat die Klägerin das Entgelt von den Kfz-Händlern, d.h. von einem anderen als dem Versicherungsnehmer (Kfz-Käufer), erhalten. Dieser Zahlungsweg steht jedoch der Annahme eines Versicherungsverhältnisses nicht entgegen, denn dieses Entgelt wird seitens der Kfz-Händler gerade zu dem Zweck gezahlt, dass die Klägerin den Kfz-Kunden Versicherungsschutz gewährt. Ob und inwieweit die Kfz-Händler das Versicherungsentgelt gegenüber ihren Kunden weiterberechnen bzw. in den Fahrzeugpreis einkalkulieren, ist insoweit ohne Bedeutung.
56cc) Unabhängig davon dürfte es jedoch bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation naheliegender sein, Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin, den Kfz-Händlern und den Kfz-Käufern und ein aufgrund dessen begründetes Versicherungsverhältnis unter Beteiligung dieser drei Personen anzunehmen. Denn das von der Klägerin übernommene Wagnis rührt sowohl aus der Sphäre der Kfz-Händler als auch der Sphäre der Kfz-Käufer her. Beide Personengruppen sind vom Schutz der erteilten Gebrauchtwagengarantie umfasst. Zum einen wird der Kfz-Händler – soweit die Garantiebedingungen eine Ersatzpflicht der Klägerin begründen – insoweit aufgrund der Garantiebedingungen von dem Risiko freigestellt, gegenüber dem Kfz-Käufer als seinem Kunden wegen anfallender Reparaturkosten in Anspruch genommen zu werden; er kann seine Kunden darauf verweisen, die Garantie der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Zum anderen wälzen die Kfz-Käufer das Risiko, im Falle von Funktionsausfällen der versicherten Aggregate ihrer Fahrzeuge mit Reparaturkosten belastet zu werden, mit Annahme der Produktgarantie der Klägerin auf diese ab.
57(1) Die Kfz-Käufer wurden über die Kfz-Händler im Zusammenhang mit den zwischen Händler und Käufer abgeschlossenen Fahrzeugkaufvertrag mit in ein aufgrund der zuvor getroffenen Rahmenvereinbarung zwischen Klägerin und Kfz-Händlern begründetes Versicherungsverhältnis als versicherte Person einbezogen. Dies ergibt sich daraus, dass die Kfz-Käufer ausweislich der Garantiebedingungen einen unmittelbaren Anspruch auf die Garantieleistungen gegenüber der Klägerin haben und diese ihr gegenüber unmittelbar geltend machen konnten (und sich insoweit gemäß Garantiebedingungen sogar unverzüglich nach Schadenseintritt an die Klägerin wenden mussten). Diese Einbeziehung der Kfz-Käufer erfolgte in Kenntnis und mit Zustimmung der Klägerin, da diese die Antragsformulare mit den Garantiebedingungen den Kfz-Händlern gerade zur Verfügung gestellt hatte, damit diese die Produktgarantien im Zusammenhang mit Fahrzeugverkäufen anbieten konnten.
58(2) Insoweit liegt hier ein Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und den Kfz-Händlern mit Schutzwirkung zu Gunsten der Kfz-Käufer als dritte (versicherte) Personen vor. Bei den abgeschlossenen Gebrauchtwagengarantien handelt es sich um Verträge zugunsten der Kfz-Käufer als Dritte gemäß §§ 43 ff. des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Rechtsbeziehungen bestehen zwischen allen drei Beteiligten. Die Kfz-Händler als Versicherungsnehmer schulden der Klägerin als Versicherer die Garantieprämie als Versicherungsentgelt. Die Kfz-Käufer selbst können direkt gegen die Klägerin die Ansprüche aus der Garantiezusage geltend machen. Aufgrund der Gestaltung der Antragsbroschüre und der ausgehändigten Garantiebedingungen wussten die Kfz-Käufer auch, dass es sich nicht um ein eigenes Garantieprodukt der Kfz-Händler, sondern um ein solches der Klägerin handelte.
59Nach den Garantiebedingungen war die Klägerin verpflichtet, im Schadensfall bestimmte Ersatzleistungen für Reparaturkosten zu erbringen. Dabei wurde abweichend zu den Bestimmungen über die Versicherung für fremde Rechnung (§ 44 Abs. 2 VVG) den Kfz‑Käufern ein eigenes Recht eingeräumt, Ansprüche aus der Garantievereinbarung ohne Zustimmung der Kfz-Händler als Versicherungsnehmer gegen die Klägerin auch dann geltend zu machen, wenn sie, die Kfz-Käufer, nicht im Besitz eines Versicherungsscheins waren. Vorliegend wurde den Kfz-Käufern kein personalisierter Versicherungsschein ausgehändigt, der u.a. die Bezeichnung des Versicherungsnehmers enthält, sondern nur das Antragsformular auf Abschluss der Gebrauchtwagengarantie bzw. die Antragsbroschüre, welche die Garantiebedingungen enthielt (für eine vergleichbare Fallgestaltung vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 2016 – II R 1/15, BStBl. II 2017, 230: Reiseversicherungsverträge zwischen einem Versicherer und Reiseveranstaltern als Versicherungsnehmer zu Gunsten der Reisekunden als Dritte/versicherte Personen).
60b) Bei dieser Ausgestaltung einer Wagnisübernahme durch die Klägerin handelt es sich – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch nicht um eine (nachrangige bzw. unselbständige) Nebenleistung entweder im Verhältnis der Klägerin zu den Kfz-Händlern im Zusammenhang mit der Lieferung von Verschleißschutzprodukten oder im Verhältnis der Kfz-Händler zu den Kfz-Käufern im Zusammenhang mit dem Fahrzeugverkauf.
61aa) Zwar kann eine Leistung auch dann, wenn sie für sich betrachtet die Merkmale einer Versicherung aufweist, als eine nicht als „Versicherung“ zu beurteilende Leistung zu behandeln sein, wenn die Wagnisübernahme unselbständiger Bestandteil eines anderen Vertrages ist, wie z. B. die Garantie- oder Instandhaltungszusage im Zusammenhang mit einem Kauf- oder Werkvertrag (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1977 II R 36/76, BStBl. II 1977, 688). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, denn die übernommene Produktgarantie bzw. die Garantie der Übernahme von Reparaturkosten stellt eine selbständige, von sonstigen Leistungen sowohl der Klägerin als auch der Kfz-Händler getrennt zu beurteilende Hauptleistung dar.
62bb) Zum einen besteht kein hinreichender Zusammenhang mit einer Lieferverpflichtung bezüglich der Verschleißschutzprodukte. Zwar trägt die Klägerin vor, dass die Garantien nur im Zusammenhang mit der Lieferung/Überlassung derartiger Produkte an die Kfz-Händler gewährt wurden. Tatsächlich findet sich in den Garantiebedingungen der Klägerin auch der Hinweis, dass Grundlage der Garantie die Verwendung der Verschleißschutzprodukte der Klägerin ist. Die Klägerin räumte jedoch gleichwohl ein, dass im Streitzeitraum eine derartige Konnexität tatsächlich nicht bzw. nicht ausreichend bestanden hatte, jedenfalls hat die Klägerin nach eigenem Bekunden nicht nachhalten bzw. nachprüfen können, ob die Kfz-Händler tatsächlich die Verschleißschutzprodukte der Klägerin verwandt haben. Darüber hinaus wären nach eigenem Bekunden der Klägerin die Produkte, wenn denn ein Kfz-Händler diese verlangt hätte, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden. Insoweit ist nicht ersichtlich, inwieweit die Verschleißschutzprodukte maßgeblichen Einfluss auf die Kalkulation des Entgelts für die Gewährung der Garantieleistungen gehabt haben.
63In diesem Zusammenhang unbeachtlich ist die von der Klägerin angestellte Berechnung, wonach neben die Garantiegewährung fiktive Verkaufspreise für die Verschleißschutzprodukte zu berücksichtigen seien. Unabhängig davon ist die von der Klägerin angestellte fiktive Kalkulation auch nicht überzeugend, wenn zur Begründung der Behauptung, dass die Überlassung von Verschleißschutzprodukten mehr als die Hälfte der Gesamtleistung von Produktlieferungen und Garantiegewährung ausmache, darauf verwiesen wird, dass etwa für das Jahr 2009 – ausweislich der in der Gewinn- und Verlustrechnung der Klägerin enthaltenen Beträgen – den Erlösen aus der Garantiegewährung in Höhe von rund XXX € ein kalkulierter (fiktiver) Verkaufspreis für die Verschleißschutzprodukte in Höhe von insgesamt rund XXX € gegenüberstehen soll. Ausweislich des ebenfalls aus der Gewinn- und Verlustrechnung der Klägerin für 2009 ersichtlichen Wareneinsatzes („Wareneingang steuerfrei“, „Wareneingang A.“) in Höhe von ca. XXX € würde ein derartiger fiktiver Verkaufspreis für die Verschleißschutzprodukte in Höhe von insgesamt rund XXX € fast das Zehnfache des Wareneingangs bedeuten. Eine derartige theoretische Kalkulation ist für den erkennenden Senat realitätsfern.
64Im Übrigen hat die Klägerin keine tatsächlichen Umstände dafür vorgetragen, dass ihre Kalkulation ansatzweise den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechen könnte. Zu tatsächlichen Verkäufen oder überhaupt zur tatsächlichen Überlassung von Verschleißschutzprodukten an die Kfz-Händler hat die Klägerin nichts vorgetragen. Ausgehend von einem Wareneinsatz in Höhe von ca. XXX € im Jahre 2009 und Gesamterlösen aus der Garantiegewährung in Höhe von rund XXX € ebenfalls für 2009 ist vielmehr davon auszugehen, dass die Verschleißschutzprodukte, wenn sie an die Kfz-Händler überlassen worden sind, allenfalls Beigaben zur Garantiegewährung sind (und nicht umgekehrt).
65cc) Zum anderen besteht kein hinreichender Zusammenhang der gewährten Produktgarantie mit dem Verkauf der Gebrauchtwagen durch die Kfz-Händler, um die Produktgarantie als bloße Nebenleistung zum Gebrauchtwagenkauf ansehen zu können.
66(1) Gegen einen derartigen Zusammenhang spricht bereits, dass die Kfz-Händler gegenüber ihren Kunden selbst keine Garantie übernommen haben. Garantieträger ist ausschließlich die Klägerin. Daher ist die vorliegende Fallgestaltung auch nicht mit dem vom BVerwG (Urteil vom 12. Mai 1992, 1 A 126/89) entschiedenen Fall vergleichbar, wonach die Übernahme einer Langzeitgarantie durch einen Verkäufer eines technischen Gerätes gegen eine verhältnismäßig geringe Erhöhung des Kaufpreises kein Versicherungsverhältnis darstelle, da darin lediglich eine Ausgestaltung der gesetzlichen Gewährleistungsansprüche zu sehen sei.
67(2) Unabhängig davon ist nicht ersichtlich und wird auch von der Klägerin nicht behauptet, dass die Klägerin die Garantiegewährung zu dem Zwecke übernommen hat, um den Verkauf der Gebrauchtwagen für die Kfz-Händler zu unterstützen.
68(3) Ebenso wenig überzeugt der Hinweis der Klägerin darauf, dass es sich bei der von der Klägerin gewährten Produktgarantie um eine von dritter Seite übernommene Garantiezusage im Sinne von § 443 Abs. 1 BGB handele. Zwar stellt diese gesetzliche Regelung ausdrücklich klar, dass eine Garantie zivilrechtlich auch durch einen Dritten übernommen werden kann. Dies besagt jedoch nicht, dass auch dann ausschließlich vertragliche Beziehungen zwischen dem Verkäufer und dem Käufer bestehen. Eine Garantiezusage ist zwar regelmäßig im Fall einer seitens des Verkäufers erteilten Garantie Bestandteil des Kaufvertrages. Im Falle der Garantie eines Dritten ist jedoch ein gesonderter Vertrag zwischen Käufer und Drittem erforderlich (vgl. Matusche-Beckmann in Staudinger, BGB, § 443 Rn. 10). Dies ist im vorliegenden Fall auch erfolgt, denn die Garantieübernahme seitens der Klägerin basiert auf einer separaten, im Vorhinein und unabhängig von einzelnen Fahrzeugverkäufen getroffenen Vereinbarung zwischen der Klägerin und den Kfz-Händlern dahingehend, dass die Klägerin für (zukünftige) Kunden der Kfz-Händler nach Wahl der Kunden die Produktgarantien gewährt.
69Darüber hinaus wäre auch zweifelhaft, ob die Klägerin überhaupt als Dritter im Sinne von § 443 Abs. 1 BGB anzusehen ist. Denn als garantierender Dritter im Sinne dieser Vorschrift kommt typischerweise der Hersteller des Verkaufsgegenstandes in Betracht, darüber hinaus etwa ein Importeur, ein Vertriebsunternehmen oder ein in sonstiger Weise am Vertrieb der Sache interessierter oder beteiligter Dritter (vgl. Matusche-Beckmann in Staudinger, BGB, § 443 Rn. 10). Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin ein derartiges Näheverhältnis zum Verkaufsgegenstand aufweist und damit ein eigenes Interesse am Erfolg des Gebrauchtwagenverkaufs verfolgt und aus diesem Grunde die Garantiezusage erteilt.
70(4) Entgegen der Ansicht der Klägerin führt auch der Umstand, dass die Garantieverträge zum einen ausschließlich durch die Kfz-Händler und die Kfz-Käufer/Kunden unterzeichnet wurden, zum anderen in den Garantiebedingungen explizit beschrieben ist, dass der Garantievertrag seitens der Fahrzeughalter „im Zuge des Fahrzeugkaufes als festen Bestandteil des Kaufvertrages“ geschlossen wird, zu keinem anderen Ergebnis. Denn daraus folgt – entgegen der Ansicht der Klägerin – mitnichten, dass auch der Garantievertrag zwischen Kfz-Händler und Kunde zustande kommt. Gegen eine eigene Verpflichtung des Kfz-Händlers aus dem Garantievertrag spricht bereits, dass er auf dem Deckblatt zum Garantievertrag lediglich als „Fahrzeughändler“ bezeichnet wird und mit seiner Unterschrift lediglich die Richtigkeit der Angaben auf diesem Vorblatt sowie die Mängelfreiheit des Fahrzeugs bestätigt. Der Kfz-Händler wird gerade nicht als „Garantiegeber“ bezeichnet, obwohl diese Bezeichnung, wenn er hinsichtlich des Garantievertrages unmittelbarer Vertragspartner des Kunden, der explizit als „Garantienehmer“ bezeichnet wird, hätte werden sollen, nahegelegen hätte. Nichts anderes ergibt sich aus der Passage der Garantiebedingungen, dass der Kfz-Käufer bzw. der Halter des Fahrzeugs den Garantievertrag als festen Bestandteil des Kaufvertrags abschließt. Dies stellt allenfalls klar, dass der Fahrzeugkäufer die Produktgarantie quasi im Paket mit dem Fahrzeugkauf erwirbt. Daraus ergibt sich aber nicht, wer hinsichtlich der Gebrauchtwagengarantie Vertragspartner des Fahrzeugkäufers und damit Garantiegeber/Versicherer ist. Die Funktion des Garantiegebers bzw. Versicherers übt allein die Klägerin aus, wie dies auch in den Garantiebedingungen an anderer Stelle klargestellt ist. Unter Punkt A. der Garantiebedingungen ist explizit geregelt, dass „die A. (..) eine Verschleißschutzgarantie (gewährt)“. Die hier streitgegenständliche Verschleißschutzgarantie wird demnach auch nach dem klaren Wortlaut der Garantiebedingungen durch die Klägerin und nicht etwa durch die Kfz-Händler gewährt.
71dd) Schließlich hatte der BFH (Urteil vom 9. Oktober 2002, V R 67/01, BB 2003, 1884) sogar für den Fall, dass ein Fahrzeugkäufer gegen Zahlung eines über den Kaufpreis hinausgehenden Entgelts Ansprüche, die über die Gewährleistungsansprüche hinausgingen, erworben hatte, die Verschaffung eines derartigen Versicherungsschutzes als eigenen, neben der Fahrzeuglieferung verfolgten Zweck betrachtet und die Ansicht, dass es sich hierbei lediglich um ein Mittel handelt, um die Hauptleistung (Fahrzeuglieferung) unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, abgelehnt. In dem entschiedenen Fall erfolgten – anders als vorliegend – sowohl die Fahrzeuglieferung als auch die Gewährung von Versicherungsschutz durch ein und dieselbe Person. Für diesen Fall entschied der BFH, dass die Verschaffung des Versicherungsschutzes neben der Fahrzeuglieferung einen eigenen Zweck hat; sie hat ähnlich wie eine Kaskoversicherung den Zweck, das erworbene Fahrzeug gegen Schäden zu versichern, und stellt nicht lediglich das Mittel dar, um die Hauptleistung (die Fahrzeuglieferung) unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Dies wurde jüngst durch den BFH (vgl. Urteil vom 14. November 2018 – XI R 16/17, DStR 2019, 324) bestätigt, wonach eine Garantiezusage, durch die ein Kfz-Verkäufer als Garantiegeber im Garantiefall eine Geldleistung verspricht, eine Leistung aufgrund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des VersStG darstellt, die gemäß § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei ist.
72c) Diese Auslegung entspricht zudem der Rechtsprechung des EuGH bezüglich der Steuerbarkeit von Versicherungsumsätzen im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Richtlinie. Danach besteht das Wesen eines Versicherungsumsatzes nach allgemeinem Verständnis darin, dass der Versicherer sich verpflichtet, dem Versicherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie im Fall der Verwirklichung des abgedeckten Risikos die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu erbringen (vgl. EuGH-Urteil vom 16. Juli 2015, C-584/13 – Mapfre warranty, ABl. EU 2015, Nr. C 311, 3; HFR 2015, 898 bzgl. einer gegen ein Pauschalentgelt übernommenen Garantie für den Fall des Defektes eines Gebrauchtfahrzeugs). Wie der EuGH hierzu ausführt, erfasst der Begriff „Versicherungsumsatz“ im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. a der Sechsten Richtlinie Konstellationen wie in dem hier zu entscheidenden Fall unabhängig davon, ob der Käufer des Gebrauchtfahrzeugs einen Vertrag mit dem Versicherer abschließt und der Verkäufer lediglich als Vermittler auftritt oder ob der Verkäufer den Vertrag im eigenen Namen, aber für den Käufer abschließt oder ob der Verkäufer die Rechte aus dem Vertrag, den er im eigenen Namen und auf eigene Rechnung mit dem Versicherer abgeschlossen hat, auf den Käufer überträgt (vgl. EuGH-Urteil vom 16. Juli 2015, C-584/13 – Mapfre warranty, ABl. EU 2015, Nr. C 311, 3; HFR 2015, 898, Rn. 38 m.w.N.).
73Der EuGH hat für den Fall einer Gebrauchtwagengarantie wie der hier im Streitfall vorliegenden des Weiteren darauf abgestellt, dass Versicherer ein vom Gebrauchtwagenverkäufer unabhängiger Wirtschaftsteilnehmer und Versicherter der Käufer des Fahrzeugs ist. Das abgesicherte Risiko besteht in den dem Käufer im Fall eines von der Garantie erfassten Defekts entstehenden Reparaturkosten, zu deren Übernahme sich der Versicherer verpflichtet hat (vgl. EuGH-Urteil vom 16. Juli 2015, C-584/13 – Mapfre warranty, ABl. EU 2015, Nr. C 311, 3; HFR 2015, 898, Rn. 39 m.w.N.).
74Schließlich hat der EuGH es für unbeachtlich gehalten, ob der Versicherungsbeitrag entweder als Teil des Kaufpreises des Fahrzeugs durch den Fahrzeugkäufer oder zusätzlich entrichtet wird (vgl. EuGH-Urteil vom 16. Juli 2015, C-584/13 – Mapfre warranty, ABl. EU 2015, Nr. C 311, 3; HFR 2015, 898, Rn. 39).
753. Eine Aufhebung der streitgegenständlichen Steuerfestsetzungen im Billigkeitswege kommt im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagte über einen entsprechenden Billigkeitsantrag der Klägerin bereits bestandskräftig entschieden hat.
764. Der Hilfsantrag der Klägerin führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Es ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang, ob die Garantiezusage und die dadurch begründete Ersatzpflicht der Klägerin sich auf Ansprüche bezieht, für die (an sich) der Kfz-Händler im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung einzutreten hätte, oder ob es sich um eine darüber hinausgehende Gewährleistung/Garantie handelt. In beiden Fällen übernimmt die Klägerin – wie ausgeführt – entsprechend den Garantiebedingungen die Verpflichtung, für die entstandenen Reparaturkosten aufzukommen, und übernimmt damit das Risiko, dass sich der Kfz-Käufer mit der Geltendmachung der gesetzlichen Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Kfz-Händler begnügen muss bzw. dass der Kfz‑Händler hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche des Kunden in Anspruch genommen wird.
775. Die Berechnung der vom Beklagten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 VersStG festgesetzten Versicherungsteuer lässt keine Fehler erkennen. Einwände hiergegen hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht.
78II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
79III. Die Revision wird nicht zugelassen, da der im vorliegenden Einzelfall zu beantwortenden Frage, ob es sich bei den von der Klägerin gewährten Garantien um versicherungsteuerpflichtige Leistungen handelt, angesichts der angeführten Rechtsprechung des BFH und des EuGH keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zukommt und eine Entscheidung des BFH auch nicht zur Fortbildung des Rechts (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) erforderlich ist.
80IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.