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Unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 05.04.2018 wird die Ein-kommensteuer 2004 mit der Maßgabe herabgesetzt, dass die Einkünfte aus Ka-pitalvermögen um 73.518 € vermindert und die sonstigen Einkünfte um 52.122 € erhöht werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung).
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 60 % und der Beklagte zu 40 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Rechtsvorgängerin der Kläger als Destinatärin einer Familienstiftung im Sinne des § 15 des Außensteuergesetzes – AStG – oder als wirtschaftliche Eigentümerin dieser Stiftung im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO – anzusehen und ihr deshalb das Einkommen der Stiftung unmittelbar zuzurechnen war bzw. in welcher Höhe die von ihr bezogenen Ausschüttungen anderenfalls einkommensteuerlich zu erfassen sind.
3Nach dem Beistatut der von Herrn W gegründeten G Stiftung mit Sitz in N/Liechtenstein vom ...19... war deren Erstbegünstigter auf Lebenszeit der Stifter selbst (Abschnitt III), während nach dessen Ableben neben 2 Schwestern des Stifters (Frau T, wohnhaft in Südamerika, und Frau Q, wohnhaft in K/Deutschland) und der mit dessen Nichte Z2 verheiratete Z3 zu je einem Viertel der – mit 5 % der Erträgnisse des Stiftungsvermögens berechneten – Erträgnisse als Begünstigte auf Lebenszeit eingesetzt wurden (Abschnitt V). Nach dem Ableben des Z3 sollte wiederum dessen Ehefrau Z2 auf Lebenszeit in dessen Rechte eintreten (Abschnitt VI). Sofern und sobald eine gemäß Abschnitt V begünstigte Person bzw. deren Rechtsnachfolger gemäß Abschnitt VI verstorben war, sollte deren Anteil in der Stiftung zurückbehalten und zum Kapital geschlagen werden, bis eine Ausschüttung zum Zwecke der Vergabe jährlicher Literaturpreise gemäß Abschnitt X durch die sodann in „W Stiftung“ umbenannte Stiftung werde erfolgen können (Abschnitt VII). 6 Monate nach dem Ableben des Stifters sollten zusätzlich einmalige Zuwendungen an die unter Abschnitt V genannten Begünstigten i.H.v. 100.000 SFR sowie an Herrn H i.H.v. 25.000 SFR erfolgen. Im Falle des Vorversterbens des Herrn Z3 sollte Frau Z2 an seine Stelle treten, im Übrigen aber die Zuwendung verfallen, wenn die begünstigte Person im Zeitpunkt der Ausrichtung verstorben sein sollte (Abschnitt VIII). Wenn sowohl 15 Jahre nach dem Ableben des Stifters verstrichen als auch die beiden begünstigten Schwestern verstorben waren, sollte der Name der Stiftung auf „W Stiftung“ abgeändert und auch die Verwendung der Erträgnisse des Stiftungsvermögens – abgesehen von der Erfüllung der Verpflichtung gegenüber Z3 bzw. dessen Ehefrau Z2 – neu ausgerichtet werden (Abschnitte IX, X). Das Beistatut war nach dem Ableben des Stifters unwiderruflich, wobei eine Abänderung für den Fall, dass dessen Durchführung unmöglich sein sollte, vorbehalten blieb. Der Stiftungsrat konnte den Sitz der Stiftung verlegen oder das Stiftungsvermögen in eine andere Stiftung oder analoge Rechtsform mit ähnlichen Satzungen überführen, sofern dies infolge von Krieg oder anderen Notständen oder infolge der Entwicklung der politischen oder steuerrechtlichen Gegebenheiten als geboten erscheint (Abschnitt XIII).
4Nachdem der Stifter am ...19... verstorben war, wurde am ...1997 durch die O Anstalt mit Sitz in N, die V Stiftung mit Sitz in N/Liechtenstein errichtet. Nach dem Beistatut der V Stiftung (in der von dem Bevollmächtigten der Kläger allein vorgelegten Fassung vom 23.10.2006) bestehen die Vermögenswerte der Stiftung u.a. aus dem Depot A bei der F-Bank in P (Schweiz), dessen Erträge allein der Frau Z2 auf Lebenszeit zustehen sollten (Abschnitt I). Aus den Vermögenswerten der V Stiftung im Depot B sollte demgegenüber monatlich ein Betrag von 1030 € an die in Südamerika wohnhafte Frau T1 ausgeschüttet werden (Abschnitt II). Nach dem Ableben der Frau Z2 sollten die Vermögenswerte aus dem Depot A zu Gunsten der W-Stiftung transferiert werden (Abschnitt III). Nach dem Ableben der Frau T1 sollte überdies ein Betrag von 232.000 SFR abzüglich der erfolgten Ausschüttungen an die Begünstigte an Herrn D gezahlt werden. Ausweislich des Registerauszugs des Fürstentums Liechtenstein vom ....2011 wurde am ...1997 weiterhin die W Stiftung mit Sitz in N/Liechtenstein errichtet.
5Frau Z2 wurde mit Bescheid vom 11.08.2005 erklärungsgemäß mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (11.190 €) und Leibrenten (5044 €) für das Jahr 2004 zur Einkommensteuer veranlagt.
6Mit Schreiben vom 29.10.2013 legten die Bevollmächtigten der Frau Z2 eine Nachdeklaration der von ihr erzielten Einkünfte aus Kapitalvermögen für die Jahre 2002-2011 vor. Hierzu trugen sie vor, dass Frau Z2 seit dem Tod ihres Ehemannes (....1993) Begünstigte der im Jahr 1997 gelöschten G Stiftung und später der V Stiftung gewesen sei, deren Vermögen von der G Stiftung stamme. Im Rahmen dieser Begünstigung habe Frau Z2 jedes Jahr Ausschüttungen der V Stiftung im Umfang der laufenden Erträge aus dem Depot A bei der F-Bank erhalten, die sie bislang nicht in ihrer Einkommensteuererklärung als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes – EStG – deklariert habe. Die Höhe dieser Ausschüttungen betrage im Jahr 2004 52.122 €. Die V Stiftung selbst habe im Jahr 2004 aus dem Depot A bei der F-Bank Zinsen (inklusive Zinsen aus Investmentfonds) i.H.v. 74.939,11 € vereinnahmt. Indessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass Frau Z2 die Vermögenswerte der V Stiftung nach § 39 AO bzw. § 15 AStG unmittelbar zuzurechnen seien, weil sie nicht gleich einem Eigentümer über das Stiftungsvermögen habe verfügen können bzw. es sich bei ihr weder um den Stifter noch um eine Angehörige des Stifters handele.
7Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 18.11.2014 und 22.09.2017 ergänzende Unterlagen zu den streitbefangenen Stiftungen – u.a. sämtliche Beistatuten seit Stiftungsgründung – angefordert hatte, die sodann teilweise mit Schreiben vom 20.02.2015 und 26.10.2017 vorgelegt wurden (Statuten der W Stiftung vom 12.03.2010 nebst Registerauszug des Fürstentums Liechtenstein vom ....2011, Beistatut der G Stiftung vom ....10.19..., Statuten der V Stiftung vom ...1997 nebst Registerauszug des Fürstentums Liechtenstein vom ....2012, Beistatut der V Stiftung vom 23.10.2006, Verwaltungsaufträge der V Stiftung an die B-Bank, Feststellung der Frau Z2 als wirtschaftlich Berechtigte des Depots A der V Stiftung, Konto-Nr. 1, durch die B-Bank vom 11.12.2014, Depotauszüge und Erträgnisaufstellungen der B-Bank für das Depot A der V Stiftung, Konto-Nr. 1, im Zeitraum 01.01. bis 31.12.2004) erfasste der Beklagte mit dem nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2004 vom 22.12.2015 Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 73.518 € (Einnahmen: 74.939 € abzüglich Werbungskosten-Pauschbetrag i.H.v. 51 € und Sparer-Freibetrag i.H.v. 1370 €). Der Bescheid erging nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufig im Hinblick auf die Einkunftsart und Höhe der nacherklärten Einkünfte sowie hinsichtlich einer ggf. noch durchzuführenden Besteuerung der Einzahlungen (Kapitalstamm).
8Im Rahmen des hiergegen geführten Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung 2004 mit Bescheid vom 06.12.2016 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO in der Weise, dass er die bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigten Einnahmen um die Ausschüttungen i.H.v. 52.122 € auf insgesamt 127.061 € erhöhte.
9Der Einspruch wurde seitens des Prozessbevollmächtigten der Kläger, der zuvor auch als Bevollmächtigter der Frau Z2 agierte, damit begründet, dass eine Zurechnung der Vermögenswerte der V Stiftung weder nach § 39 AO noch nach § 15 AStG in Betracht komme. Hinsichtlich der Zurechnung nach § 39 AO sei auf die Kriterien in den ergänzenden Informationen des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) zum Strafbefreiungserklärungsgesetzes (StraBEG) vom 16.09.2004 (BMF IV A 4-S 1928-120/04) zur Abgrenzung transparenter und intransparenter Stiftungen zu verweisen, deren Prüfung hier zeige, dass Frau Z2 gerade nicht gleich einem Eigentümer über das Stiftungsvermögen habe verfügen können. Eine Zurechnung nach § 15 AStG scheide demgegenüber deshalb aus, weil der Onkel der Frau Z2, Herr W, nicht als Stifter der V Stiftung angesehen werden könne. Vielmehr sei diese Stiftung im Jahr 1997, also mehr als 15 Jahre nach dem Tod von Herrn W, durch die O Anstalt als Stifter errichtet worden. Folglich liege keine Familienstiftung im Sinne des § 15 AStG vor. Keinesfalls könne im Übrigen eine kumulative Zurechnung der Erträge nach § 15 AStG und der – in diesem Fall nicht der Besteuerung unterliegenden – tatsächlichen Ausschüttungen i.H.v. 52.122 € erfolgen. Gehe man hingegen davon aus, dass keine Familienstiftung vorliege, so könnten die tatsächlichen Ausschüttungen auch nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG der Besteuerung unterworfen werden. Denn wie der BFH mit Urteil vom 03.11.2010 – I R 98/09 – entschieden habe, setze die Anwendung dieser Norm voraus, dass die Destinatäre unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen könnten. Daran fehle es jedoch im Streitfall. Denkbar sei daher nur eine Erfassung der Ausschüttungen als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG. In diesem Fall wäre aber auch die hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. i EStG zu berücksichtigen.
10Nachdem Frau Z2 im Dezember 2017 verstorben war, minderte der Beklagte mit der gegenüber den Klägern als Gesamtrechtsnachfolgern ergangenen Einspruchsentscheidung vom 05.04.2018 die in der Einkommensteuerfestsetzung 2004 angesetzten Einkünfte aus Kapitalvermögen wiederum auf 73.518 € und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Dazu führte er aus, dass Frau Z2 – und damit nunmehr den Klägern als deren Rechtsnachfolger – die Einnahmen des Depots A bei der B-Bank i.H.v. 74.939 € AG als wirtschaftlich Berechtigte gemäß § 15 Abs. 1 AStG unmittelbar zuzurechnen seien.
11Zunächst sei als Stifter der V Stiftung nicht die auftragsgemäß mit deren Gründung befasste O Anstalt, sondern der Onkel der Frau Z2, Herr W, anzusehen.
12Aus den Gesamtumständen ergebe sich, dass die ursprüngliche G Stiftung im Jahr 1997 in der V Stiftung aufgegangen sei. So stamme das Vermögen der V Stiftung von der G Stiftung, die im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Gründung der V Stiftung gelöscht worden sei. Die Mitglieder des Stiftungsrats der G Stiftung und der V Stiftung seien personenidentisch. Weiterhin sei Frau Z2 sowohl Letztbegünstigte der G Stiftung als auch der V Stiftung gewesen. Schließlich ergebe sich aus der Unwiderruflichkeitsklausel in Abschnitt XIII des Beistatuts der G Stiftung vom ....10.19..., dass das Stiftungsvermögen nach dem Ableben von Herrn W nur dem ursprünglichen Beistatut entsprechend verwendet werden durfte.
13Wie mittlerweile aufgrund der Mitteilung des Bevollmächtigten der Frau Z2 vom 24.06.2017 unstreitig feststehe, sei sie die Tochter der Schwester W1 des Herrn W, verheiratete U. Frau Z2 sei daher Angehörige des Stifters im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 5 AO.
14Frau Z2 sei nach Abschnitt I des Beistatuts der V Stiftung vom 23.10.2006 alleinige Begünstigte am Ertrag aus den Vermögenswerten der V Stiftung im Depot A auf Lebenszeit gewesen. Weiterhin sei sie auch im Sinne des § 15 Abs. 2 AStG zu mehr als der Hälfte an den Erträgen der V Stiftung bezugsberechtigt. Denn unabhängig von der Angehörigeneigenschaft der Frau T1 (Ausschüttungsanteil: 12.360 €) habe Frau Z2 mit 52.122 € deutlich mehr als die Hälfte der Gesamtausschüttung der V Stiftung erhalten. Im Übrigen spreche die Tatsache, dass die V Stiftung die aufgrund der Nacherklärung der Kapitaleinkünfte gegenüber Frau Z2 festgesetzten Steuerbeträge unmittelbar gezahlt habe (insbesondere Zahlungen vom 09.04.2015 und 30.12.2016) dafür, dass Frau Z2 nicht nur im Hinblick auf die Erträge bezugsberechtigt sei, sondern teilweise auch Substanzausschüttungen aus dem Depot A erhalte. Denn die Zahlungen könnten aufgrund der Höhe der Werte im Depot A und der Ertragssituation nicht aus den laufenden Erträgen entrichtet werden.
15Schließlich lägen auch die Voraussetzungen für eine Zurechnung der Erträge des Depots A an Frau Z2 gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO vor. Denn sie sei in der Bescheinigung der B-Bank vom 11.12.2014 als dessen wirtschaftlich Berechtigte ausgewiesen worden, während entsprechende Bescheinigungen für die Vorjahre (u.a. für das Streitjahr) von der Klägerseite nicht vorgelegt worden seien. Auch die fortlaufende Einsetzung der Frau Z2 als Begünstigte in den Statuten der G Stiftung und der V Stiftung bestätige diese Zurechnung.
16Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger geltend, dass die V Stiftung nicht als Familienstiftung im Sinne des § 15 Abs. 2 AStG zu klassifizieren sei und deshalb ihrer Rechtsvorgängerin nicht die Vermögenswerte dieser Stiftung zugerechnet werden könnten. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen seien daher ersatzlos aus dem Einkommensteuerbescheid zu streichen. Es seien ausschließlich die Ausschüttungen i.H.v. 52.122 € als Bezüge i.S.d. § 22 Nr. 1 EStG anzusetzen. Da Frau Z2 regelmäßig und wiederkehrend Zahlungen von der V Stiftung erhalten habe, könne die Besteuerung der Ausschüttungen nach § 22 EStG nur mit dem Ertragsanteil erfolgen. So habe auch das Finanzgericht Düsseldorf in dem Verfahren 14 K 1840/17 E unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 27.06.2006 sowie auf eine Arbeitshilfe der Oberfinanzdirektion NRW zur Stiftung aus steuerlicher Sicht vom 30.04.2019 (Tz. 8.2) die Rechtslage in einem Fall beurteilt, in dem der Destinatär weder Angehöriger des Stifters noch ein Abkömmling von Angehörigen gewesen sei und nach der Satzung feststehende wiederkehrende Bezüge an diesen zu leisten waren. Hierzu werde auf das Protokoll der Verhandlung vor dem Finanzgericht Düsseldorf vom 13.08.2020 hingewiesen.
17Der Beklagte unterliege einem Tatbildirrtum, wenn er Herrn W als Stifter der V Stiftung ansehe. Stifter der V Stiftung sei vielmehr die G Stiftung, somit also eine juristische Person. Eine juristische Person könne aber keine Angehörigen haben, so dass § 15 Abs. 2 AStG nicht zur Anwendung kommen könne. Auch die handelnden Stiftungsräte stünden nicht mit einer der bezugsberechtigten Personen der V Stiftung in einem verwandtschaftlichen Verhältnis.
18Im Zusammenhang mit der in den Beistatuten der G Stiftung verordneten und – nach dem Tode der beiden begünstigten Schwestern – am ....1997 erfolgten Umbenennung der G Stiftung in W Stiftung habe der Stiftungsrat der G Stiftung nach freiem Ermessen das Stiftungsvermögen, an dem die Angehörigen des Stifters und somit auch Frau Z2 eine Berechtigung gehabt hätten, in eine neue Stiftung übertragen. Der Stiftungsrat habe als Organ der G Stiftung der O Anstalt den Auftrag zur Gründung der V Stiftung gegeben. Diese Entscheidung habe der Stiftungsrat von sich aus ohne konkrete Weisung des verstorbenen Stifters getroffen. Wie Abschnitt XIII der Beistatuten der G Stiftung eindeutig belege, könne der Stiftungsrat eine solche Überführung des Stiftungsvermögens durchführen, sei aber nicht beauftragt bzw. verpflichtet gewesen, die Stiftungen zu separieren. Es habe nicht einmal ein konkludenter Auftrag geschweige denn eine Weisung des Stifters dazu bestanden, den Teil des Stiftungsvermögens, an dem die Angehörigen des Stifters Bezugsrechte hatten, herauszunehmen und einer neuen Stiftung zu widmen. Die Übertragung dieses Vermögens sei auch nicht auf Wunsch einer der Begünstigten erfolgt. In dem Beistatut der V Stiftung habe deren Stiftungsrat überdies die Frau Z2 zustehenden Ausschüttungen auf die tatsächlichen Erträge begrenzt und damit eine von der Festsetzung der Ausschüttungen auf 5 % des Stiftungsvermögens pro Jahr im Beistatut der G Stiftung abweichende Regelung getroffen. Dies zeige, dass die Begünstigungsregelung im Beistatut der V Stiftung nicht als bloße Fortsetzung der Begünstigungsregelung im Beistatut der G Stiftung angesehen werden könne. Bei der Neugründung der V Stiftung habe es sich nicht um eine Art geplanter Umgehung des § 15 Abs. 2 AStG gehandelt, da sich weder der Stiftungsrat noch Frau Z2 der steuerlichen Konsequenzen einer Familienstiftung in Deutschland bewusst gewesen seien. Die Ausgründung der V Stiftung sei allein deshalb erforderlich geworden, weil die in W Stiftung umbenannte G Stiftung nach dem liechtensteinischen Recht nur die Gemeinnützigkeit habe erlangen können, wenn ihre Mittel ausschließlich zu gemeinnützigen Zwecken verwendet würden. § 15 Abs. 2 AStG könne ohne die Unterstellung eines geplanten Missbrauchs nicht dahingehend ausgelegt werden, dass durch juristische Personen hindurchgesehen werden könne.
19Im Übrigen werde der mit Schreiben des Berichterstatters vom 03.12.2020 mitgeteilten Auffassung zugestimmt, dass Frau Z2 bereits deshalb nicht im Sinne des § 15 Abs. 2 AStG a.F. zu mehr als der Hälfte der ausschüttungsfähigen Bezüge der V Stiftung bezugsberechtigt gewesen sein könne, weil sich nach dem für den Stifterwillen maßgeblichen Beistatut der G Stiftung vom ....10.19..., in dem sie als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes Z3 nur zu einem Viertel der – mit 5 % der Erträgnisse des Stiftungsvermögens berechneten – Erträgnisse als Begünstigte auf Lebenszeit eingesetzt worden sei, keine Bezugsberechtigung der Destinatärin Z2 zu mehr als der Hälfte ergebe. Selbst wenn also der Stiftungsrat der Frau Z2 bei der Ausgründung der V Stiftung einen ihre bisherige Bezugsberechtigung übersteigenden Ausschüttungsanspruch zugewiesen hätte, so wäre diese Begünstigungsregelung nicht mehr von dem ursprünglichen Stifterwillen gedeckt, so dass in diesem Umfang auch nicht mehr von einer wirtschaftlichen Identität des Stifters der G Stiftung und des Stifters der V Stiftung ausgegangen werden könnte.
20Der Ausweis der Frau Z2 als wirtschaftlich berechtigte Person des Depots A der V Stiftung bei der B-Bank könne nicht mit der Qualifikation als wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO gleichgesetzt werden. Denn nach Art. 3 der liechtensteinischen Sorgfaltspflichtverordnung (SPV) und der Wegleitung für den automatischen Informationsaustausch der eidgenössischen Steuerverwaltung zur Umsetzung des von der OECD erarbeiteten Standards (AIA) gälten als wirtschaftlich berechtigte Personen auch die Begünstigten einer Stiftung, und zwar unabhängig davon, ob sie die Kontrolle über diese Stiftung ausübten. Weiterhin gelte auch der Stiftungsrat als wirtschaftlich berechtigte Person, ohne dass ihm die Einkünfte deshalb zugerechnet würden. Aufgrund des AIA werde faktisch jede Person, die im Zusammenhang mit einer solchen Stiftung stehe, zur wirtschaftlich berechtigten Person definiert. Frau Z2 habe noch nicht einmal eine Zeichnungsbefugnis über die Konten der V Stiftung und auch sonst keine Rechte gehabt, die ein wirtschaftliches Eigentum an dem Stiftungsvermögen begründen könnten. Sie könne weder Einfluss auf den Stiftungsrat nehmen noch das Ausschüttungsverhalten auf irgendeine Weise beeinflussen. Dies werde durch das Schreiben des Stiftungsrats M vom 20.02.2019 belegt. Eine Zurechnung der Einkünfte der V Stiftung könne nicht allein deshalb erfolgen, weil die Selbstanzeige für die Jahre 2002-2011 zeitlich mit dem Inkrafttreten der erweiterten Meldepflichten der Finanzinstitute zusammenfalle. Denn dieser Einreichungszeitpunkt habe nichts mit der steuerlichen Einstufung der Stiftung als transparent oder intransparent zu tun.
21Bei der Zahlung auf die Steuerforderungen gegenüber Frau Z2 durch die V Stiftung handele es sich um ein Darlehen, das nach erfolgreichem Abschluss des Rechtsmittels an die Stiftung zurückgezahlt werden müsse. Anlass für diese Darlehensgewährung sei gewesen, dass Frau Z2 für die Jahre 2004-2011 insgesamt mit einer unberechtigten Steuerforderung von über 350.000 € konfrontiert worden sei, die sie aus ihren eigenen Mitteln keinesfalls hätte begleichen können.
22Aus ihrem zu dem Kontostamm 2 bestehenden eigenen Depot 2a bei der B-Bank habe Frau Z2 keine Erträge erzielt. Das Vermögen der V Stiftung aus dem Depot A sei gemäß Abschnitt III der Beistatuten nach dem Tode der Frau Z2 am 17.01.2018 zu Gunsten der Stiftung W transferiert worden. Hierzu werde auf den Schriftsatz vom 05.10.2018 nebst Anlagen verwiesen.
23Die Kläger beantragen,
241. die Einkünfte aus Kapitalvermögen (in Zusammenhang mit der V Stiftung) aus dem Einkommensteuerbescheid 2004 komplett zu streichen und stattdessen die tatsächlichen Ausschüttungen nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG der Besteuerung zu unterwerfen,
2. für den Fall der vollständigen oder teilweisen Klageabweisung die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Nach seiner Auffassung ist auch die V Stiftung als Familienstiftung zu qualifizieren. Der Umstand, dass es zwar eine Berechtigung, nicht aber auch eine explizite Weisung von Seiten des Stifters der G Stiftung zur Übertragung von Stiftungsvermögen auf die V Stiftung gegeben hatte, ändere nichts an der Qualifizierung der V Stiftung als Familienstiftung. Insbesondere werde die G Stiftung nicht dadurch selbst zum Stifter, dass sie den von dem Stifter W gemäß Art. XIII der Beistatuten vorgegebenen Gestaltungsspielraum genutzt habe. Die G Stiftung sei im Jahr 1997 in der V Stiftung aufgegangen und im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Gründung der V Stiftung gelöscht worden. Daher sei der ursprüngliche Stifter W aufgrund der bereits in der Einspruchsentscheidung dargelegten Gesamtumstände auch als Stifter der V Stiftung anzusehen. Dass Frau Z2 niemals Eigentümerin der Wertpapiere im Depot A der V Stiftung war, sei unstreitig. Indessen komme es bezüglich der Zuordnung von Einkünften nach § 15 AStG nicht darauf an, dass sie die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers gehabt habe, sondern auf die Bezugsberechtigung.
30Bei den im Schreiben des Berichterstatters vom 03.12.2020 gezogenen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Höhe des Frau Z2 nach dem Stifterwillen zustehenden Anteils der ausschüttungsfähigen Bezüge der V Stiftung blieben insbesondere die maßgebenden wirtschaftlichen Gesichtspunkte zum Teil unberücksichtigt. Der Stifter W habe nach dem Beistatut der G Stiftung vom ....10.19... zu seinen Lebzeiten eine eigene finanzielle Absicherung schaffen wollen, die nach dessen Ableben auf seine familiären Nachfahren übergehen sollte. Dies sei im Ergebnis auch so bis zum Ableben der Frau Z2 als letzte unmittelbar benannte Begünstigte des seinerzeitigen Stifters geschehen. Die zwischenzeitlichen Anpassungen im Rahmen der Aufspaltung auf die W-Stiftung und die V Stiftung spiegelten genau diesen Grundgedanken des Stifters wieder. Unter Berücksichtigung der ursprünglich nicht geregelten Ausschüttungen an die Nichte des Stifters, T1, i.H.v. 12.360 € und der Frau Z2 im Streitjahr zuzurechnenden Einnahmen i.H.v. 74.939,11 € einerseits und der Auslobung eines jährlichen Preisgeldes durch die W‑Stiftung seit dem Jahr 1998, das im Jahr 2004 50.000 € betrage, andererseits, liege die tatsächliche wirtschaftliche Begünstigung von Angehörigen bezogen auf die ursprüngliche G Stiftung bei über 50 % (87.299 € 50.000 €). Folglich läge weiterhin eine dominierende Begünstigung von Angehörigen vor.
31Weiterhin seien Frau Z2 die Einkünfte der V Stiftung auch gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zuzurechnen, da sie ausweislich der Bescheinigung der B-Bank vom 11.12.2014 als wirtschaftlich Berechtigte dieser Stiftung festgestellt worden sei. Denn eine Einschränkung für die Vergangenheit enthalte diese Bescheinigung nicht. Das Datum der Bescheinigung sei nur dadurch erklärlich, dass in der Vergangenheit offenbar der Versuch unternommen worden sei, die tatsächliche wirtschaftliche Berechtigung der Frau Z2 zu verdecken, was gewiss auch im Lichte der sich ändernden gesetzlichen ausländischen Regelungen zu sehen sei. So sei beispielsweise im zeitlichen Zusammenhang mit der Umwandlung der G Stiftung in die V Stiftung gemäß Statut vom 09.09.1997 in der Schweiz am 10.10.1997 das mit verbindlichen Sorgfaltspflichten verbundene Geldwäschereigesetz (GwG) in Kraft getreten. Sodann habe die schweizerische Bundesversammlung unter dem Datum 12.12.2014 durch das „Bundesgesetz zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d´action financiere“ das GwG verschärft. Einen Tag vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuerungen habe die B-Bank die Bescheinigung vom 11.12.2014 erstellt. Bei der Beurteilung des Inhalts der wirtschaftlichen Berechtigung der Frau Z2 sei weiterhin zu berücksichtigen, dass
32- am 29.10.2013 Selbstanzeigen für die Jahre 2002-2011 eingereicht wurden,
33- für die Jahre 2002, 2003 und 2011 die Einkünftezurechnung in den in Bestandskraft erwachsenen Einkommensteuerbescheiden nicht beanstandet worden sei,
34- unstreitig tatsächlich Gelder an Frau Z2 geflossen seien,
35- das Konstrukt, Familienmitglieder zu begünstigen, zwischen fremden Dritten eher undenkbar sei.
36Es sei daher insgesamt nicht glaubhaft, dass Frau Z2 nicht auch zuvor über Einwirkungsmöglichkeiten bezüglich der Erträge des ihr zuzurechnenden Depots verfügt haben solle. Jedenfalls seien von der Klägerseite keine nachvollziehbaren Ausführungen dazu gemacht oder aussagekräftige Unterlagen darüber vorgelegt worden, dass und weshalb die Situation in der Zeit von 2004 bis zum 11.12.2014 anders gewesen sein solle.
37Wenn die Kläger anführten, dass die Situation in Bezug auf die Qualifikation der V Stiftung als Familienstiftung noch nicht zur Gänze geklärt sei, ließen sie unberücksichtigt, dass ihnen gemäß § 90 Abs. 2 AO eine erhöhte Darlegungs- und Mitwirkungspflicht bezüglich der zu Grunde liegenden Sachverhalte, die sich in der Schweiz bzw. in Liechtenstein abgespielt hätten, obliege. Basierend auf den zwischenstaatlichen Regelungen sei dem Beklagten in einem das Jahr 2004 betreffenden Steuerfestsetzungsverfahren eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung nicht möglich. Es lägen insoweit systembedingt intransparente Sachverhalte vor.
38Den Ausführungen des Finanzgerichts Düsseldorf in dem Protokoll vom 13.08.2020 zur Besteuerung der Ausschüttungen einer Stiftung mit dem Ertragsanteil liege offenbar ein anderer Sachverhalt zugrunde. Frau Z2 habe gerade keine regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen von der V Stiftung erhalten und es habe auch keine entsprechende Abrede oder Verpflichtung vorgelegen. Folglich handele es sich nicht um Einkünfte im Sinne von § 22 EStG, sondern um Einkünfte gemäß § 20 EStG, wie sie die Begünstigte selbst im Rahmen der Selbstanzeige erklärt habe.
39Den Ausführungen der Kläger bezüglich der Wertentwicklung des eigenen Depots 2a der Frau Z2 bei der B-Bank und zur Transferierung des Vermögens der V Stiftung aus dem Depot A an die Stiftung W nach dem Tode der Frau Z2 könne gefolgt werden.
40Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage ist teilweise begründet.
43Der angegriffene Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –), soweit auf der Stellung der Rechtsvorgängerin der Kläger als Destinatärin der V Stiftung beruhende Einkünfte in einer die Ausschüttung übersteigenden Höhe erfasst worden sind.
441. Die im Jahr 2004 erzielten Zinseinkünfte aus dem Depot A der V Stiftung i.H.v. 73.518 € (74.939 € abzüglich Werbungskosten-Pauschbetrag und Sparer-Freibetrag) können der Rechtsvorgängerin der Kläger, Frau Z2, nicht als wirtschaftliche Eigentümerin gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zugerechnet werden.
45Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, das Wirtschaftsgut dem Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft zuzurechnen.
46Die Annahme eines besitzlosen wirtschaftlichen Eigentums setzt voraus, dass der Inhaber des zivilrechtlichen Eigentums in Bezug auf das Wirtschaftsgut allein den Weisungen des anderen zu folgen verpflichtet ist und dieser jederzeit die Herausgabe des Wirtschaftsguts verlangen kann und insofern befugt ist, über die Substanz des Wirtschaftsguts für eigene Rechnung zu verfügen (Fischer in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 260. Lieferung 10.2020, § 39 AO Rn. 93, m.w.N. der BFH-Rechtsprechung). Der Ausschluss des Eigentümers für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut erfordert dabei, dass der Entzug der Nutzungsmöglichkeit ohne zeitliche Begrenzung nur von der Entscheidung des Nichteigentümers abhängig ist (Fischer, a.a.O., Rn. 102, m.w.N.). Die eigentumsmäßige Zurechnung wechselt nur dann auf einen alternativ in Betracht kommenden Rechtsträger, wenn in dessen Person die Voraussetzungen des wirtschaftlichen Eigentums - Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers aufgrund Innehabung von Substanz und Ertrag - erfüllt sind; anderenfalls verbleibt es bei der Zurechnung auf den zivilrechtlichen Eigentümer (Fischer, a.a.O Rn. 142). Die tatsächlichen Voraussetzungen wirtschaftlichen Eigentums hat derjenige darzutun und zu beweisen, der sich auf das wirtschaftliche Eigentum beruft (Fischer, a.a.O., Rn. 88, m.w.N.).
47Das wirtschaftliche Eigentum an den von einer wirksam begründeten und rechtlich selbstständigen Stiftung gehaltenen Wirtschaftsgütern und die daraus folgende Zurechnung der von ihr erzielten Einkünfte hängt im Verhältnis zu ihrem Gründer davon ab, ob dieser nach Statuten und Beistatuten der Stiftung - ggf. per Weisungsbefugnis gegenüber den Stiftungsorganen - noch die Verfügungsmacht über das Stiftungsvermögen inne hatte (BFH-Urteil vom 22. Dezember 2010 I R 84/09, BFHE 232, 352, BStBl II 2014, 361). Diese Verfügungsmacht endet indessen, wenn die Statuten mit dem Tod des Gründers unwiderruflich werden. Sind die Statuten einer Stiftung damit nicht mehr abänderbar, so ist sie selbst Zuordnungssubjekt der von ihr erzielten Einkünfte (vgl. dazu für den Fall einer sog. kontrollierten Stiftung liechtensteinischen Rechts: Wassermeyer in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff u.a., Außensteuerrecht, 95. Lieferung 10.2020, § 15 AStG Rn. 29, und allgemein zu den Voraussetzungen einer unechten Treuhandschaft: BMF-Schreiben vom 16.09.2004, IV A 4-S 1928-120/04, Frage 19).
48Im Streitfall kann eine wie auch immer geartete Verfügungsmacht der Destinatärin Z2 über das Stiftungsvermögen der V Stiftung nicht festgestellt werden.
49Aus dem Statut der aus der G Stiftung ausgegründeten V Stiftung vom ...1997 ergibt sich keine Verfügungsmacht der Frau Z2 über das Stiftungsvermögen. Nach Art. 6 und 7 dieses Statuts ist vertretungsberechtigtes Organ der Stiftung der Stiftungsrat. Dieser regelt nach Art. 11 des Statuts die Bestimmung der Begünstigten und die Art und Weise ihrer Begünstigung. Der Stiftungsrat ist schließlich nach Art. 13 des Statuts allein befugt, Änderungen der statutarischen Vorschriften vorzunehmen. Auf Anfrage des Beklagten hat das Mitglied des Stiftungsrats der V Stiftung Herr M mit Schreiben vom 20.02.2019 bestätigt, dass seit der Gründung der V Stiftung von Frau Z2 keine tatsächliche Einflussnahme und Kontrolle auf das Stiftungsgeschehen im Sinne eines satzungsmäßigen oder vertraglichen Weisungsrechtes erfolgt sei und kein schriftlicher Mandatsvertrag zwischen ihr und dem Stiftungsrat betreffend die laufende Verwaltung der Stiftung bestanden habe. Sie habe auch keine Zeichnungsbefugnis über Konten und Depots der Stiftung besessen. Soweit von der V Stiftung Zahlungen auf die gegenüber der Frau Z2 festgesetzten Steuerforderungen vorgenommen worden sind, belegt auch dies nicht ihre Verfügungsmacht über das Stiftungsvermögen, da diese Zahlungen – wie die Kläger vortragen – auch auf ein der Frau Z2 aus Anlass der ihr gegenüber erhobenen Steuerforderungen gewährtes Darlehen der Stiftung zurückzuführen sein können.
50Schließlich kann eine Verfügungsmacht der Frau Z2 über das Vermögen der V Stiftung auch nicht daraus abgeleitet werden, dass sie ausweislich der Bescheinigung der B‑Bank vom 11.12.2014 als wirtschaftlich berechtigte Person des Depots A der V Stiftung bei dieser Bank festgestellt worden ist. Denn der Ausweis der Frau Z2 als wirtschaftlich berechtigte Person dieses Bankdepots kann nicht mit der Qualifikation als wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO gleichgesetzt werden. Als wirtschaftlich berechtigte Personen gelten nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b Nr. 1 der liechtensteinischen Sorgfaltspflichtverordnung vom 17.12.2009 in der zum Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung geltenden Fassung (SPV) auch die zu einem Anteil von mindestens 25 % Begünstigten einer Stiftung sowie zusätzlich diejenigen natürlichen Personen, die letztlich direkt oder indirekt die Kontrolle über das Vermögen eines solchen Rechtsträgers ausüben. Erfüllt aber bereits der Status als zu 25 % begünstigte Destinatärin einer Stiftung die Voraussetzungen der wirtschaftlichen Berechtigung, so kann sich daraus noch keine dem Stiftungsrat als Organ des zivilrechtlichen Eigentümers ausschließende Verfügungsmacht im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ergeben. Denn die Rechtsmacht des Stiftungsrats, einen Destinatär einzusetzen oder eine solche Einsetzung zu ändern, wird dadurch nicht berührt.
512. Die im Jahr 2004 erzielten Zinseinkünfte aus dem Depot A der V Stiftung i.H.v. 73.518 € können der Rechtsvorgängerin der Kläger auch nicht gemäß § 15 Abs. 1 AStG i.d.F. des AußensteuerreformG v. 8.9.1972 – AStG a.F. – i.V.m. §§ 15 Abs. 7, 21 Abs. 18 Satz 2 AStG i.d.F. des JStG 2009 – AStG 2009 –unmittelbar zugerechnet werden.
52a. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 AStG a.F. werden Vermögen und Einkommen einer Familienstiftung, die Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hat, dem Stifter, wenn er unbeschränkt steuerpflichtig ist, sonst den unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, die bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind, entsprechend ihrem Anteil zugerechnet. Nach § 15 Abs. 2 AStG a.F. sind Familienstiftungen Stiftungen, bei denen der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind. Nach § 15 Abs. 7 AStG 2009, der nach § 21 Abs. 18 Satz 2 AStG 2009 in allen Fällen anzuwenden ist, in denen die Einkommen- und Körperschaftsteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist, ist das nach § 15 Abs. 1 AStG a.F. zuzurechnende Einkommen in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln.
53b. Bei der V Stiftung mit Sitz in N/Liechtenstein handelt es sich um eine Stiftung, die ihre Geschäftsleitung und ihren Sitz außerhalb des Geltungsbereichs des AStG hat.
54c. Der Beklagte dürfte auch zutreffend davon ausgehen, dass Herr W aufgrund des im Beistatut der G Stiftung niedergelegten und sodann von der V Stiftung fortgeführten unwiderruflichen Stifterwillens als Stifter der V Stiftung anzusehen ist.
55Das Vermögen der V Stiftung ist ihr bei deren Errichtung am ...1997 von der sodann gelöschten bzw. umbenannten G Stiftung übertragen worden. Frau Z2 ist sowohl Letztbegünstigte der G Stiftung auf Lebenszeit als auch Begünstigte der V Stiftung auf Lebenszeit gewesen. Auch nach Umwandlung des Stiftungsnamens in „W Stiftung“ gemäß Abschnitt IX des Beistatuts der G Stiftung sollte die Neuausrichtung der Verwendung des Stiftungsvermögens nach Abschnitt X des Beistatuts der G Stiftung die Erfüllung der Verpflichtung gegenüber Frau Z2 als Letztbegünstigte auf Lebenszeit nicht berühren. Dieses Beistatut der G Stiftung war nach dessen Abschnitt XIII unwiderruflich, soweit es nicht die Möglichkeit einer Sitzverlegung der Stiftung oder der Überführung des Stiftungsvermögens in eine andere Stiftung oder analoge Rechtsform betraf.
56Daraus folgt, dass das Stiftungsvermögen der G Stiftung auch nach dem Ableben von Herrn W und der teilweisen Überführung dieses Vermögens in eine andere Stiftung dem ursprünglichen Beistatut entsprechend verwendet werden musste, das die Letztbegünstigung der Frau Z2 auf Lebenszeit im Umfang eines Viertels der mit 5 % berechneten Erträgnisse (Abschnitt V des Beistatuts) vorsah. Dieser unwiderrufliche Stiftungszweck ist sodann durch die Mitglieder des Stiftungsrats der G Stiftung mit der Gründung der V Stiftung, der teilweisen Übertragung des Vermögens der G Stiftung auf die V Stiftung und der Einsetzung der Frau Z2 als Hauptbegünstigte des Vermögens dieser Stiftung auf Lebenszeit weiter verfolgt worden. Die teilweise Übertragung des Vermögens der G Stiftung auf die V Stiftung und die Einsetzung der Frau Z2 als Hauptbegünstigte des Vermögens dieser Stiftung auf Lebenszeit stellen sich damit als Ausführung des Stiftungszwecks der G Stiftung dar, so dass für die Errichtung der V Stiftung in dieser Form der Wille des Stifters W allein bestimmend war. Konnte aber die V Stiftung nach dem Willen des Stifters der G Stiftung nur in dieser Weise mit dem Stiftungszweck der Einsetzung der Frau Z2 als Begünstigte errichtet werden, so dürfte daraus zu folgern sein, dass der Stifter der G Stiftung – in gleicher Weise wie bei einer aufschiebend auf einen Zeitpunkt nach dem Tode des Stifters errichteten Stiftung – auch der Stifter der V Stiftung ist. Dem Umstand, dass die V Stiftung in Ausführung des Willens des Stiftungsrats der G Stiftung durch die O Anstalt in N als Treuhänderin errichtet worden ist, kann demgegenüber für die Bestimmung der Person des Stifters wohl keine Bedeutung zukommen.
57d. Indessen fehlt es für eine Qualifikation der V Stiftung als Familienstiftung im Sinne des § 15 Abs. 2 AStG a.F. nach dem maßgebenden Willen des Stifters der G Stiftung als deren Rechtsvorgängerin an der weiteren Voraussetzung einer mehr als hälftigen Bezugs- oder Anfallsberechtigung von Angehörigen des Stifters oder deren Abkömmlingen.
58Ein Stifterwillen des Inhalts, dass Frau Z2 mehr als die Hälfte der ausschüttungsfähigen Bezüge der G Stiftung bzw. der sie fortführenden beiden Stiftungen zugewiesen werden sollte, ist nicht feststellbar. Im Ergebnis kann sich damit ein solcher Stifterwille auch nicht mit der Ausgründung der V Stiftung fortgesetzt haben.
59Frau Z2 ist die Tochter der Schwester W1 des Herrn W, verheiratete U, und damit Angehörige des Stifters im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 5 AO. Nach dem für den Stifterwillen maßgeblichen Beistatut der G Stiftung vom ....10.19... war Frau Z2 als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes Z3 nur zu einem Viertel der – mit 5 % der Erträgnisse des Stiftungsvermögens berechneten – Erträgnisse als Begünstigte auf Lebenszeit eingesetzt worden. Die Fortführung dieser Begünstigungsregelung nach der Ausgründung der V Stiftung konnte daher nur eine Bezugsberechtigung der Frau Z2 von 25 % und damit von weniger als der Hälfte der ausschüttungsfähigen Bezüge der den Willen des Stifters fortführenden beiden Stiftungen begründen. Eine Begünstigung der Frau Z2 zu mehr als der Hälfte der ausschüttungsfähigen Bezüge kann sich auch nicht unter additiver Berücksichtigung der in Abschnitt VIII geregelten einmaligen Zuwendungsberechtigung als potenzielle Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes ergeben, da diese Zuwendung ein halbes Jahr nach dem Tod des Stifters am ....05.19... bereits ihrem – ausweislich des aktenkundigen Protokolls der Testamentseröffnung frühestens nach dem 10.10.1993 verstorbenen – Ehemann anfallen sollte und eine Zuwendung in dieser Höhe im Übrigen ohnehin nicht geeignet gewesen wäre, zu ihren Gunsten eine dauerhafte Bezugsberechtigung von mehr als 50 % zu begründen.
60Auch wenn man berücksichtigt, dass das Beistatut der V Stiftung vom 23.10.2006 die alleinige Begünstigung der Frau Z2 am Ertrag aus den Vermögenswerten im Depot A vorsah und der Stiftungsrat damit – jedenfalls zu diesem Zeitpunkt – eine von der Festsetzung der Ausschüttungen auf ein Viertel der mit 5 % berechneten Erträge des Stiftungsvermögens pro Jahr im Beistatut der G Stiftung abweichende Regelung getroffen hatte, ergibt sich dadurch keine auf den Stifter W zurückzuführende Bezugsberechtigung von mehr als der Hälfte der ausschüttungsfähigen Erträge der seinen Willen fortführenden beiden Stiftungen. Denn selbst wenn der Stiftungsrat der Frau Z2 bei der Ausgründung der V Stiftung einen ihre bisherige Bezugsberechtigung übersteigenden Ausschüttungsanspruch zugewiesen hätte, so wäre diese Begünstigungsregelung nicht mehr von dem ursprünglichen Stifterwillen gedeckt, so dass in diesem Umfang auch nicht mehr von einer wirtschaftlichen Identität des Stifters der G Stiftung und des Stifters der V Stiftung ausgegangen werden könnte.
61Weitere begünstigte Angehörige oder Abkömmlinge von Angehörigen, deren Ausschüttungsanspruch bei der Berechnung einer 50 % übersteigenden Begünstigungsgrenze hinzuzurechnen wäre, existieren mit Ausnahme der Frau T1, der nach Abschnitt II des Beistatuts der V Stiftung eine jährliche Ausschüttung i.H.v. 12.360 € zustand, seit dem ...1997 nicht mehr. Abgesehen davon, dass dieser Festbetrag bereits der Höhe nach nicht geeignet erscheint, den Umfang der Begünstigung von Angehörigen des Stifters auf über 50 % zu erhöhen, handelte es sich bei Frau T1 auch nicht um eine nach Tz. V und VI des Beistatuts der G Stiftung als Ausschüttungsberechtigte eingesetzte Rechtsnachfolgerin. Denn eine solche Rechtsnachfolgeregelung bestand nur für Frau Z2. Demzufolge ist auch die Einsetzung der Frau T1 als Destinatärin der V Stiftung nicht vom ursprünglichen Stifterwillen gedeckt. Gleiches gilt für die Einsetzung des Herrn D als Anfallberechtigten in Höhe eines Betrages von 232.000 SFR abzüglich der Ausschüttungen an Frau T1 in Abschnitt IV des Beistatuts der V Stiftung. Die als Erstbegünstigte eingesetzten beiden Schwestern des Stifters, Frau T und Frau Q, waren demgegenüber bereits bei der Ausgründung der V Stiftung im Jahr 1997 verstorben. Dies kann zuverlässig daraus gefolgert werden, dass deren Ableben nach Tz. IX des Beistatuts der G Stiftung Voraussetzung für deren Umbenennung in W Stiftung war. Der weiterhin als Erstbegünstigter eingesetzte Ehemann der Frau Z2 war ausweislich der aktenkundigen Testamentseröffnung spätestens am 22.03.1995 verstorben und als Ehegatte der Nichte des Stifters im Übrigen ohnehin kein Angehöriger im Sinne des § 15 Abs. 1 AO.
62Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die G Stiftung nach ihrem Beistatut vom ....10.19... – jedenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung der in Abschnitt VIII geregelten einmaligen Zuwendungsberechtigungen – auf eine Bezugsberechtigung von Angehörigen des Stifters zu mehr als der Hälfte ausgerichtet war. Damit ist aber noch nicht die maßgebliche Frage beantwortet, in welchem Umfang sich diese Bezugsberechtigung auf der Grundlage des maßgeblichen Stifterwillens in der neu errichteten V Stiftung und der W Stiftung fortgesetzt hat und deshalb von einer auf den ursprünglichen Stifter zurückgehenden Bezugsberechtigung von Angehörigen an deren ausschüttungsfähigen Erträgen ausgegangen werden kann. Wie vorstehend ausgeführt, konnte diese auf dem Stifterwillen beruhende Bezugsberechtigung von Angehörigen indessen nach der Ausgründung der V Stiftung am ...1997 nur noch einen Anteil von 25 % der ausschüttungsfähigen Bezüge der aus der G Stiftung hervorgegangenen W-Stiftung und der V Stiftung betreffen, da seiner insoweit allein noch begünstigten Nichte Z2 auch nach dem Beistatut der G Stiftung als deren Rechtsvorgängerin kein höherer Anteil zustand. Dass die – wie der Beklagte vorträgt – Frau Z2 zustehenden Erträge aus dem Depot A der V Stiftung im Streitjahr mit insgesamt 74.939,11 € das aus den ausschüttungsfähigen Erträgen der W-Stiftung gespeiste jährliche Preisgeld von 50.000 € überstiegen, kann deshalb auch bei einer Gesamtbetrachtung beider Stiftungen keinesfalls eine auf dem maßgebenden Stifterwillen beruhende Bezugsberechtigung von Angehörigen zu mehr als der Hälfte begründen.
633. Die von Frau Z2 als Rechtsvorgängerin der Kläger vereinnahmten Ausschüttungen i.H.v. 52.122 € sind hingegen als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG 2004 bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2004 zu erfassen.
64a. Sonstige Einkünfte sind nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG 2004 Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Absatz 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehören. Wiederkehrende Bezüge i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 3 Buchst. b EStG 2004 setzen zunächst voraus, dass der Empfänger Zahlungen (oder sonstige Vorteile) erhält, die aufgrund eines einheitlichen Entschlusses oder eines einheitlichen Rechtsgrunds mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch nicht immer in gleicher Höhe – wiederholend erbracht werden. Weiterhin erfordert die Steuerbarkeit derartiger wiederkehrende Bezüge einen hieraus erzielten Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 08. Juli 2020 X R 6/19, BFH/NV 2021, 244, m.w.N.). Zu der damit umschriebenen Fallgruppe gehören auch Destinatärsleistungen, die eine natürliche Person von einer Stiftung bezieht (BFH-Urteil vom 15.07.2014 X R 41/12, BFHE 246, 442, BFH/NV 2014, 1945, m.w.N.).
65Eine Erfassung der tatsächlichen Ausschüttungen der V Stiftung als Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG 2004 kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der V Stiftung nicht um eine unbeschränkt steuerpflichtige Vermögensmasse handelt. Aus dem gleichen Grund können die Ausschüttungen auch nicht nach § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG 2004 der ausschüttenden Stiftung anstelle der Empfängerin zugerechnet werden. § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2010, wonach § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG auf Leistungen von vergleichbaren Vermögensmassen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, entsprechend anzuwenden ist, findet nach § 52 Abs. 37 EStG i.d.F. des JStG 2010 – unter weiteren Voraussetzungen – erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009 Anwendung. Die hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. i EStG 2004 ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil sie nur den Fall der Zurechnung an eine unbeschränkt steuerpflichtige ausschüttende Vermögensmasse gemäß § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG 2004 betrifft.
66b. Eine Besteuerung der Ausschüttungen mit dem Ertragsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG 2004 können die Kläger nicht beanspruchen, weil es sich bei diesen Zahlungen nicht um Leibrenten handelt.
67Es entspricht gefestigten Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die steuerrechtliche Qualifizierung wiederkehrender Bezüge als Leibrenten gleichmäßige Leistungen an den Berechtigten voraussetzt. Zwar führen nicht jede Veränderbarkeit und Schwankung der Leistungen dazu, eine Leibrente abzulehnen. Allerdings verlangt der Begriff der Leibrente, dass die vom Berechtigten zu erwartenden Leistungen zahlen- oder wertmäßig einigermaßen zuverlässig bestimmbar sind. Demzufolge liegen keine gleichmäßigen, sondern – die Ertragsanteilsbesteuerung ausschließende – ungleichmäßige Leistungen vor, wenn diese von einer variablen Bemessungsgrundlage abhängig sind, so dass eine Vorausbestimmbarkeit der Leistungshöhe nicht zuverlässig möglich erscheint. Knüpft die Höhe der Leistungen an das Einkommen des Zahlungsverpflichteten und damit an eine typischerweise nicht nur unerheblichen Schwankungen unterliegende Größe an, liegen die Voraussetzungen einer Leibrente nicht vor (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2020 X B 153/19, BFH/NV 2020, 1257, m.w.N.; Urteil des Hessischen FG vom 21. Oktober 2019 – 11 K 1534/18 –, juris).
68Im Streitfall hat Frau Z2 aufgrund ihrer Stellung als Begünstigte am Ertrag aus den Vermögenswerten der V Stiftung im Depot A Ausschüttungen erhalten, die nach dem Vortrag in der Selbstanzeige vom ....2013 dem laufenden Ertrag aus diesen Vermögenswerten entsprachen und daher in Abhängigkeit zu dem Einkommen der Stiftung aus dem im Depot A erzielten Erträgen standen. Die entsprechenden Ausschüttungen schwankten demgemäß ausweislich des mit der Selbstanzeige vorgelegten Zahlenwerks in den Jahren 2002-2011 zwischen 8.597 € (2010) und 52.122 € (2004). Die Anspruchshöhe war somit von einer schwankenden Bezugsgröße abhängig, die den wiederkehrenden Leistungen die notwendige Vorausbestimmbarkeit nahm.
694. Für die Zulassung der von den Klägern hilfsweise beantragten Revision sieht der Senat keinen Anlass, da rechtsgrundsätzliche Fragen, die dieses Begehren rechtfertigen könnten, nicht erkennbar sind.
705. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung.