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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Der Kläger hatte am 26.07.2016 beim Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft und zum Sachverhalt dargestellt, dass die drei Flurstücke Gemarkung Z Flur ... Nr. 1, 2 und 3 zusammen das Eckhaus A-Straße .../B-Straße ... in Z bildeten. Die Flurstücke seien nach Wohnungseigentumsgesetz in diverse Wohnungs- und Teileigentümer aufgeteilt.
3Am Flurstück 1 (im Folgenden Wohnungseigentumsgemeinschaft - WEG - 1) seien der Kläger mit 400/1000 und die C-Bank in Z (im Folgenden C-Bank) mit 600/1000 beteiligt. Am Flurstück 2 und 3 (im folgenden WEG 2) seien der Kläger mit 837/1000 und die C‑Bank mit 163/1000 beteiligt. Nach Angaben des Klägers als Antragsteller sollten die WEG 1 und 2 in eine einheitliche WEG überführt werden. Wirtschaftlich sollte es zu keiner Änderung kommen, insbesondere sollten räumlich die jeweiligen Wohnungseigentumseinheiten im Eigentum des bisherigen Eigentümers verbleiben. Dem Antrag war ein Vertragsentwurf des Notars Y beigefügt, wonach an der neu zu gründenden einheitlichen Wohnungseigentümergemeinschaft der Kläger mit 600/1000 und die C-Bank mit 400/1000 beteiligt sein sollte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Antrag verwiesen. Der Kläger vertrat die Ansicht, dass auf den Vorgang keine Grunderwerbsteuer zu erheben sei.
4Mit verbindlicher Auskunft vom .2016 teilte der Beklagte mit, dass die Auflösung der beiden alten WEG 1 und 2 und die Überführung in eine neue Wohnungseigentümergemeinschaft entgegen der Auffassung des Antragstellers einen grunderwerbsteuerlichen Vorgang auslöse. Er führte zur Begründung wie folgt aus:
5Werde eine Gemeinschaft aufgehoben (§ 17 Wohnungseigentumsgesetz), trete hinsichtlich des gemeinsamen Eigentums keine Änderung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand ein. Dagegen erwerbe jeder beteiligte Miteigentümer Eigentum an den Sondereigentumseinheiten der übrigen Beteiligten. Für einen solchen Rechtsträgerwechsel gebe es keine Befreiungsvorschrift.
6In Teil B des Vertragsentwurfs des Notars Y (Seite ff.) werde die Aufhebung der bestehenden zwei Wohnungseigentümergemeinschaften und die Entstehung von Bruchteilseigentum in gleicher Höhe dargestellt.
7Für die in Teil E des Vertragsentwurfs vorgesehene Vereinigung des Grundbesitzes nebst anschließender Neuaufteilung sei es erforderlich, dass die Beteiligung an dem jeweiligen Grundbesitz identisch sei.
8Hierzu sei im Teil D des Vertragsentwurfs (Seite ) geregelt, dass dafür eine entsprechende Anpassung der Beteiligung aus rechtlichen Gründen zwingend erforderlich sei, auch wenn die Zuordnung der Wohnungseinheiten nach vollständiger Durchführung der Urkunde identisch bleiben würde.
9Laut Teil D II (Seiten ) solle dementsprechend die C-Bank einen Bruchteil von 200/1000 am Flurstück 1 an Herrn X übertragen. Herr X übertrage einen Bruchteil von 237/1000 an den Flurstücken 2 und 3 (ohne Teilfläche laut Vertrag Teil C) an die C‑Bank.
10Die Anteile vor und nach der geplanten Neuaufteilung änderten sich und es finde insoweit eine grunderwerbsteuerlich zu erfassende Wertverschiebung statt. Dem Wortlaut nach greife daher keine Vergünstigung.
11Am ....2016 schlossen der Kläger und die C-Bank unter UR.Nr. /2016 vor dem Notar Y einen entsprechenden Vertrag.
12Daraufhin erließ der Beklagte am .2017 unter den Steuernummern 5, 6 und 7 die hier streitigen Bescheide. Die gegen die Bescheide gerichteten Einsprüche wurden mit Entscheidung vom .2018 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte unter Bezugnahme auf sein Erörterungsschreiben vom .2018 wie folgt aus:
13a. Die Auflösung der jeweiligen Wohneinheiten und Umwandlung in Miteigentumsanteile gemäß Teil B des Vertrages (Steuernummern 8 und 9) habe zur Folge, dass jeder Alleineigentümer Miteigentümer an den Wohnungen des anderen vorherigen Alleineigentümers werde. Es liege daher ein Tausch von Miteigentumsanteilen im Sinne von § 1 Abs. 5 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vor. Gegenleistung sei der gemeine Wert des hingegebenen Miteigentumsanteils. Ausgehend vom Verkehrswert laut Notarvertrag i.H.v. € sei daher eine Grunderwerbsteuer von jeweils € angefallen. § 7 Abs. 1 GrEStG – in Anlehnung an § 5 Abs. 2 GrEStG – finde keine Anwendung, da nicht eine unmittelbare gleichartige Zurechnung entsprechend den Aufteilungen in Wohneigentum erfolgt sei. Der Erlass des Finanzministeriums NRW vom 21.09.2005, Grunderwerbssteuerkartei NRW, § 7 Karte 3, greife ebenfalls nicht, da echte Wertverschiebungen im grunderwerbsteuerlichen Sinn vorlägen.
14b. Die Angleichungen der Miteigentumsanteile an den einzelnen Wohnungen gemäß Teil D des Vertrages begründe ebenfalls einen steuerpflichtigen Vorgang im Sinne von § 1 Abs. 5 GrEStG (Steuernummern 6 und 10). Es handele sich hier um einen Tausch bzw. beim Erwerb durch die C-Bank um einen Tausch mit Baraufgabe.
15c. Die flächenmäßige Neuaufteilung gemäß Teil E des Vertrages in die dann entstehende Wohnungseigentümergemeinschaft sei gleichfalls wieder ein Tausch im Sinne des § 1 Abs. 5 GrEStG (Steuernummern 7 und 11). Hierauf sei jedoch § 7 Abs. 1 GrEStG anzuwenden, soweit die Wohnungseinheiten 1 und 2 eine betriebliche Einheit darstellten (Boruttau, 18. Aufl., § 7 GrEStG, Rz. 21). Die Entschädigung für den aufgehobenen Mietvertrag sei dabei Teil der Gegenleistung (Boruttau, Rz. 226).
16Seine hiergegen gerichtete Klage begründet der Kläger wie folgt:
17Der Kläger und die C-Bank hätten im Ursprungszustand gemeinsam Wohnungseigentum an dem Eckhaus in der A-Straße .../ B-Straße ... in Z. Der Kläger habe seine Eigentumsanteile durch Schenkung der Eltern im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge erworben. Das Eckhaus könne als einheitliche aufstehende Bebauung angesehen werden. Das Gebäude stehe allerdings aufgrund nicht mehr aufklärbarer historischer Gründe auf unterschiedlichen Flurstücken. Aus dem notariellen Vertrag vom ....2016 ergebe sich aus Seite 3 Ziffer 1, dass es sich einerseits um das Flurstück Nr. 1 (WEG 1 zwischen Kläger und der C-Bank) sowie andererseits um die Flurstücke 12-17 (aufgeteilt in die WEG 2) handele. Der ursprüngliche Zustand, der bei Vertragsabschluss vorgelegen habe, sei auf dem vom Fachvermessungsbüro W erstellten amtlichen Lageplan zu erkennen. Die im Urzustand bezeichneten Flurstücke 2 und 3 entsprächen den im notariellen Vertrag bezeichneten Flurstücken 12-17. In einem ersten Zwischenschritt sei die mittig im Lageplan ersichtliche Tiefgaragenzufahrt neu zugeordnet worden durch Unterteilung der beiden Flurstücke 2 und 3 in die neuen Flurstücke 12-17. Auf die entsprechende amtliche Mitteilung über die Fortführung des Liegenschaftskatasters vom V Kreis mit Datum vom 28.02.2018 werde verwiesen. Auf Seite 3 unter Randziffer 1 des streitigen Vertrages erwähne auch der Notar, dass es sich bei den Flurstücken 12-17 um „grundbuchlich wohl vereinigte bzw. zugeschriebene“ Flurstücke handele. Diese Vermutung sei richtig.
18Ziel und Beweggrund der Grundstücksvereinigung sei es gewesen, dass das einheitliche Gebäude zwecks Bereinigung der komplexen Eigentumsverhältnisse auf einem einzigen katastermäßigen Grundstück stehen sollte und an diesem Grundstück eine einzige WEG zwischen dem Kläger und der C-Bank begründet werden sollte. Da der komplexe Urzustand eine vernünftige Verwaltung der Eigentumsstruktur sowie Verfügungen über Eigentumsanteile schwierig oder rechtlich unmöglich gemacht habe, sei eine Bereinigung angebracht erschienen. Deren Grundlage sei der hier streitige notarielle Vertrag vom ....2016. Gemäß Seite 11 des Vertrages sei die Zielsetzung ausdrücklich gewesen, dass die beiden bestehenden WEGs in eine einheitliche WEG überführt werden. Dabei habe es insoweit zu keiner Änderung kommen sollen; insbesondere hätten die jeweiligen Wohnungseigentumseinheiten (gemeint sei wohl das jeweilige Sondereigentum) im Eigentum des bisherigen Eigentümers verbleiben sollen. Zunächst seien die beiden ursprünglichen WEGs in schlichte Miteigentümergemeinschaften umgewandelt worden (Schritt 1). Sodann seien die Miteigentumsverhältnisse in den beiden Rechtsgemeinschaften auf identische Beteiligungsverhältnisse angeglichen worden, sodass der Kläger jeweils 60 % und die C-Bank jeweils 40 % Miteigentumsanteil hatte (Schritt 2). Diese Vorgehensweise sei nach Ansicht des Notars notwendig gewesen, weil anderenfalls eine Zusammenführung der Flurstücke nicht möglich gewesen sei (vergleiche Seite 12 des Vertrages unten). Danach seien die Flurstücke vereinigt worden und es sei eine einzige Miteigentümergemeinschaft entstanden (Schritt 3). Zum Schluss sei schließlich eine Wohnungseigentümergemeinschaft begründet worden, bei der der Kläger und die C-Bank dieselben Sondereigentumsanteile erhielten, die sie im Ursprungszustand bereits gehabt hätten (Schritt 4). Insoweit werde auf eine PowerPoint- Präsentation verwiesen.
19Für Schritt 2 seien folgende Grunderwerbsteuerfestsetzungen vorgenommen worden:
20- € durch Bescheid vom .2017, Steuernummer 5 und
21- € mit Bescheid ebenfalls vom .2017, Steuernummer 6, jeweils für die Herstellung eines einheitlichen Beteiligungsverhältnisses von 60 % beim Kläger und 40 % bei der C-Bank.
22Für Schritt 4 sei nochmals Grunderwerbsteuer von € mit Bescheid vom .2017 unter der Steuernummer 7 festgesetzt worden. Alle drei Bescheide seien fälschlich ergangen und aufzuheben.
23Zwar entspreche es der Gesetzessystematik des GrEStG, dass die Auflösung der jeweiligen Wohnungseigentumseinheiten in eine Miteigentümergemeinschaft an den Ausgangsgrundstücken sich so darstelle, dass jeder vorherige Wohnungseigentümer Miteigentümer an den Wohnungen des jeweils zuvor anderen Wohnungseigentümers werde. Dies werde als Tausch im Sinne des § 1 Abs. 5 GrEStG behandelt. Nur handele es sich dabei um eine isolierte rechtliche Betrachtung, die den Vertrag vom ....2016 als Ganzes nicht hinreichend und adäquat rechtlich abbilde. Denn diese isolierte Betrachtung werde dem ausdrücklich geäußerten Gesamtplan der Vertragsbeteiligten gemäß Seite 11 des Vertrages in keiner Weise gerecht. Der Kläger und die C-Bank hätten wirtschaftlich lediglich die Vereinigung der Flurstücke gewollt, auf denen das Gebäude stehe, ohne dass eine der Vertragsparteien ein mehr oder etwas anderes an Eigentum gegenüber dem Ausgangszustand habe erhalten sollen.
24Der Beklagte berücksichtige diese Zielrichtung in den streitigen Steuerfestsetzungen rechtswidrig in keiner Weise. Somit sei es die originäre Aufgabe der Rechtsprechung, den vorliegenden atypischen Sonderfall zu würdigen und im Ergebnis von einer Grunderwerbsteuerfestsetzung Abstand zu nehmen. Der Beklagte habe sich selbst in einer verbindlichen Auskunft zuvor für einen voll grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang ausgesprochen und sei hieran gebunden. Diese Bindung bestehe jedoch für das Finanzgericht nicht.
25Da die gesetzlichen Regelungen den vorliegenden Sonderfall nicht abbildeten, enthalte das GrEStG eine überschießende Regelungssystematik, deren Folgen die Rechtsprechung durch angemessene Auslegung ohne Überschreitung ihrer verfassungsrechtlichen Kernkompetenzen beseitigen könne. Zwar stehe der Gesetzeswortlaut der Auslegung durch den Beklagten nicht unmittelbar entgegen. Allerdings müsse die Zielsetzung dieses besonderen Vertrages berücksichtigt werden, in welchem es nicht vorrangig um den Tausch von Grundstücken gegangen sei, sondern darum, die zuvor bestehenden Beteiligungsverhältnisse auch im Anschluss an die geänderte Grundstückszuordnung sicherzustellen. Dies rechtfertige es, die im Ertragssteuerrecht entwickelte Gesamtplan-Rechtsprechung auch im Bereich der Grunderwerbsteuerfestsetzung anzuwenden. Wirtschaftlich habe keiner der Beteiligten etwas anderes erhalten, als er hingegeben habe. Da die im Wege der Auslegung entwickelte Gesamtplanrechtsprechung des BFH auch auf andere Steuerrechtsgebiete übertragbar sei (hierzu Schmidtmann, FR 2015, 57), würde der vom Beklagten vorliegend angenommene Grundstückstausch im Sinne des § 1 Abs. 5 GrEStG vor dem Hintergrund eines erkennbar vorliegenden Gesamtplans der Vertragsparteien als Besteuerungsart ausscheiden.
26Hilfsweise komme eine analoge Anwendung der Regelung des § 7 Abs. 1 GrEStG in Betracht. Die Wertidentität vor und nach der Teilung des Grundstückes könne als Wesensmerkmal der Befreiungsnorm angesehen werden. (Pahlke/Franz, GrEStG, 6. Aufl. 2018, § 7 Rn. 10). So wie die flächenweise Aufteilung eines Grundstückes unter den Miteigentümern in mehreren Stufen durch notariellen Vertrag bei § 7 Abs. 1 GrEStG erfolge, so liege auch vorliegend ein Vertrag in mehreren Schritten vor. Wertmäßig habe der Kläger nichts anderes und auch nicht mehr erhalten als zuvor. Deshalb liege an dieser Stelle eine planwidrige Unvollständigkeit in § 7 Abs. 1 GrEStG vor, denn der Gesetzgeber habe unter keinen Umständen den hier vorliegenden Sondersachverhalt mitdenken und explizit regeln können.
27Möglicherweise komme auch § 2 Abs. 3 GrEStG in Betracht. Der streitige Vertrag habe sich von vornherein auf eine wirtschaftliche Einheit bezogen, die nur in bürgerlich-rechtlicher bzw. grundbuchrechtlicher Hinsicht bereinigt werden sollte, ohne dass Wertverschiebungen stattfinden sollten. Eine scharfe Trennung in unterschiedliche Gebäude, die auf jeweils anderen Grundstücken aufstehen, sei nicht möglich gewesen. Die Ausgangsgrundstücke seien baulich miteinander verbunden gewesen. Gerade diese Situation stelle den Beweggrund für den Abschluss des notariellen Vertrages vom ....2016 dar. Somit fehle es bereits an einem Erwerbstatbestand gemäß § 1 GrEStG.
28Zudem müsse im vorliegenden Ausnahefall der Gedanke der Leistungsfähigkeit auch im Grunderwerbsteuerrecht berücksichtigt werden, obwohl es sich um eine Verkehrsteuer handele. Der Bevollmächtigte verweist dazu auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Baulandumlegung, wo diesem Gedanken schon einmal nähergetreten worden sei. Letztlich habe niemand etwas zusätzlich bekommen, was er nicht schon vorher gehabt habe, sodass der Gedanke der Leistungsfähigkeit im Streitfall keine Besteuerung des Vorgangs rechtfertige.
29Der Kläger beantragt,
30die Grunderwerbsteuerbescheide vom .2017 zu den Steuer-Endnummern 5, 6 und 7 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom .2018 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Er verweist auf seine Ausführungen im Auskunftsverfahren und in der Einspruchsentscheidung.
34Entscheidungsgründe:
35Die Klage ist unbegründet. Die streitigen Grunderwerbsteuerbescheide sind rechtmäßig und nicht zu beanstanden.
361. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die streitigen Rechtsvorgänge als Tausch gemäß § 1 Abs. 5 GrEStG zu besteuern sind.
37Gemäß § 1 Abs. 5 GrEStG unterliegt bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils der Steuer.
38a. Die Auflösung der jeweiligen Wohneinheiten und Umwandlung in Miteigentumsanteile gemäß Teil B des Vertrages hat zur Folge, dass jeder Alleineigentümer Miteigentümer an den Wohnungen des anderen vorherigen Alleineigentümers wird (Steuernummer 5). Damit liegt ein Tausch von Miteigentumsanteilen im Sinne von § 1 Abs. 5 GrEStG vor. Gegenleistung ist der gemeine Wert des hingegebenen Miteigentumsanteils. Ausgehend von dem Verkehrswert laut Notarvertrag i.H.v. € hat der Beklagte zu Recht eine Grunderwerbsteuer in Höhe von € festgesetzt. 7 Abs. 1 GrEStG - in Anlehnung an § 5 Abs. 2 GrEStG- findet keine Anwendung, da nicht eine unmittelbare gleichartige Zurechnung entsprechend den Aufteilungen in Wohneigentum erfolgt.
39b. Die Angleichung der Miteigentumsanteile an den einzelnen Wohnungen gemäß Teil D des Vertrages begründet ebenfalls einen steuerpflichtigen Tauschvorhang im Sinne des § 1 Abs. 5 GrEStG (Steuernummer ).
40c. Die flächenmäßige Neuaufteilung in die dann entstehende Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß Teil E des Vertrages ist gleichfalls wieder ein Tausch im Sinne des § 1 Abs. 5 GrEStG (Steuernummer 7). Hierauf hat der Beklagte jedoch zu Recht § 7 Abs. 1 GrEStG angewandt, soweit die WE 1 und 2 eine wirtschaftliche Einheit darstellen, denn gemäß dieser Norm wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Wert des Teilgrundstücks, das der einzelne Erwerber erhält, dem Bruchteil entspricht, zu dem er am gesamten zu verteilenden Grundstück beteiligt ist.
41Dass der Beklagte die obigen Rechtsvorgänge unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelung und der Rechtssystematik dem Grunde und der Höhe nach grundsätzlich richtig beurteilt hat, ist zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitig.
422. Entgegen der Ansicht des Klägers kann vorliegend auch im Wege der Auslegung der Regelungen des Grunderwerbsteuergesetzes entgegen der an sich gesetzmäßigen Besteuerung keine andere Beurteilung erfolgen, die zur beantragten Aufhebung der streitigen Bescheide führen würde.
43Die Auslegung bzw. analoge Anwendung einer Rechtsnorm setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit eine Interessenvergleichbarkeit zwischen dem gesetzlich geregelten und dem vermeintlich nicht geregelten Tatbestand voraus. Eine Gesetzeslücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Davon zu unterscheiden ist ein sog. rechtspolitischer Fehler, der vorliegt, wenn sich eine gesetzliche Regelung zwar als rechtspolitisch verbesserungsbedürftig, aber --gemessen an dem mit ihr verfolgten Zweck-- nicht als planwidrig unvollständig und ergänzungsbedürftig erweist. Eine Auslegung gegen den Wortlaut kommt zudem nur unter sehr engen Voraussetzungen in Betracht, wenn nämlich die auf den Wortlaut abgestellte Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde (BFH-Urteile vom 02.06.2005 III R 15/04, BFHE 210, 141, BStBl II 2005, 828, m.w.N. und vom 26.01.2006 III R 51/05, BFHE 212, 236, BStBl II 2006, 515, Rn. 21; vgl. auch Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 AO Rdnr. 365 ff.).
44Der Besteuerung unterliegt jedoch allein der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt. Deshalb darf die Beurteilung nur an einen real verwirklichten, nicht aber an einen fiktiven Sachverhalt anknüpfen und die Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Vorschrift nicht über deren Zweck hinausführen (BFH-Urteil vom 25.08.2020 II R 30/18, BFHE 270, 553, BStBl II 2021, 322, Rn. 22 - 23).
45Die erforderliche planwidrige Gesetzeslücke liegt hier nicht vor. Dass keine mit der vollen Steuerfreiheit der Grundstücksübertragungen verbundene Vertragsgestaltung gewählt wurde, begründet allein keine Notwendigkeit für eine analoge Anwendung.
46Denn der Gesetzgeber hat den Tausch von Grundstücken und die insoweit anwendbaren Befreiungs- und Ausnahmevorschriften umfassend geregelt. Weder der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 GrEStG noch des § 2 Abs. 3 GrEStG kann deshalb im Sinne des Klägers erweitert werden.
47Aus dem gleichen Grunde kommt auch die Anwendung der Gesamtplanrechtsprechung nicht in Betracht. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1 Abs. 5 GrEStG unterliegt bei einem Tauschvertrag, der für beide Vertragsteile den Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks begründet, sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils für sich der Steuer. Der Tauschvertrag wird in zwei steuerbare Erwerbsvorgänge zerlegt. Die Befreiungsvorschriften des GrEStG sind stets auf jeden der beiden Erwerbsvorgänge getrennt anzuwenden (Behrens in: Behrens/Wachter, GrEStG, 1. Aufl. 2018, § 1 GRESTG, Rn. 795). Dies entspricht im Ergebnis der sich schon aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ergebenden Beurteilung, dass jedes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, für sich der Grunderwerbsteuer unterliegt. Im Grunderwerbsteuerrecht und somit im Falle eines Tausches wird grundsätzlich jeder Rechtsvorgang getrennt beurteilt und besteuert. Das Gericht sieht im vorliegenden Fall keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.
48Von Verfassungswegen war auch nicht, wie vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung angeregt, eine Steuerbefreiung für den Grundstückstausch geboten, da es an einer etwaigen Erhöhung der Leistungsfähigkeit fehle. Denn zum Einen tritt im Normalfall bei jedem Kauf oder Tausch grundsätzlich keine Erhöhung der Leistungsfähigkeit auf Seiten der Vertragspartner ein. Zum Anderen stellt die Grunderwerbsteuer als Verkehrssteuer nur auf den Rechtsvorgang als solchen ab, ohne das es auf eine etwaige Erhöhung der Leistungsfähigkeit ankommen würde.
49Dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz kommt im Bereich des GrEStG keine prägende Bedeutung zu, weil die Besteuerung dort an einen Rechtsvorgang anknüpft (vgl. BFH-Urteil vom 09.04.2008 II R 32/06, BFH/NV 2008, 1526). Entsprechend steht die Besteuerung von Umsatz-, Verkehrs- und Verbrauchsvorgängen, die die private Vermögensverwendung belasten, mit dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz grundsätzlich in Einklang (BVerfG-Beschluss vom 08.01.999 1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152; BFH-Urteil vom 07.09.2011 II R 68/09, Rn. 17, BFH/NV 2012, 62).
50Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
51Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen.