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Der Antrag wird abgelehnt.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
I.
2Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Inanspruchnahme der Antragstellerin durch einen Duldungsbescheid für Steuerverbindlichkeiten ihres Vaters.
3Der Antragsgegner nahm die Antragstellerin mit Duldungsbescheid vom 18.10.2021 für Steuerverbindlichkeiten ihres Vaters – A1 – über ... Euro in Anspruch. Die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Steuerverbindlichkeiten blieb beim Vater erfolglos. Hinsichtlich der Höhe und Zusammensetzung der Steuerverbindlichkeiten wird auf Anlage 1 sowie die Unteranlagen 1.1 und 1.2. Bezug genommen, die sich in den Steuerakten des Antragsgegners befinden.
4Zuvor hatte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin mit Datum vom 12.12.2019 einen Duldungsbescheid erlassen. Dieser Bescheid konnte ausweislich der Zustellungsurkunde unter der angegebenen Anschrift „B-Straße ..., ... C“ nicht zugestellt werden. Auf der Zustellungsurkunde war als neue Anschrift „D-Straße a, ... C“ vermerkt. Vor diesem Hintergrund erließ der Antragsgegner mit Datum vom 2.1.2020 erneut einen Duldungsbescheid gegenüber der Antragstellerin unter der Anschrift „D-Straße a, ... C“. Auf der Zustellungsurkunde war im Adressfeld folgendes vermerkt: „Frau A, D1-Straße b, ... C“. Eine Zustellung erfolgte ausweislich des Vermerks der Postbediensteten am 9.1.2020 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten.
5Die Antragstellerin hatte ihrem Vater ein von ihr am 22.3.2010 eröffnetes und auf sie eingerichtetes Girokonto bei der F-Bank mit der IBAN ... überlassen. Über dieses Konto war die Antragstellerin laut Auskunft der F-Bank vom 28.11.2019 alleine verfügungsberechtigt. Eine Kontovollmacht für eine weitere Person bestand nicht. Mangels Mitwirkung der Antragstellerin und ihres Vaters forderte der Antragsgegner bei der F-Bank für das Jahr 2019 unter anderem eine Übersicht über die Kontenbewegungen an. Die F-Bank legte dem Antragsgegner daraufhin die entsprechenden Kontobuchungen vor.
6Daraus ging hervor, dass das Girokonto von A1 unter anderem im Zeitraum vom 1.1.2019 bis zum 1.11.2019 als betriebliches Konto im Rahmen seines Betriebs genutzt wurde. In diesem Zusammenhang wurden auf dem Konto im vorgenannten Zeitraum unter anderem dem Gewerbebetrieb von A1 zuzuordnende Zahlungseingange von Auftraggebern des Betriebs in Höhe von rund ... Euro verbucht. Der Verwendungszweck der Buchungen weist diverse Rechnungsnummern und/oder den Namen „A1“ aus. Zudem ist aus den vorgelegten Kontoauszügen ersichtlich, dass Arbeitslöhne, Materialeinkäufe und Betriebssteuern (u.a. Umsatzsteuer) für den Betrieb von dem Konto beglichen wurden. Eine Aufstellung der Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge ist aus Anlage 2 des Duldungsbescheids vom 18.10.2021 zu entnehmen, die sich in den Akten des Antragsgegners befindet und auf die für weitere Einzelheiten Bezug genommen wird.
7Mit Schreiben vom 2.9.2021, auf das für weitere Einzelheiten Bezug genommen wird, hatte die Antragstellerin dem Antragsgegner in einem wegen gegen sie gerichteten Vollstreckungsmaßnahmen geführten Einspruchsverfahren ausdrücklich mitgeteilt, dass die „Einkünfte und Geschäfte“ nicht von ihr, sondern von ihrem Vater getätigt worden seien und ihr Vater das „Konto … für sein Geschäft zeitweilig benutzt“ habe.
8Der Antragsgegner stützte den Duldungsbescheid vom 18.10.2021 auf eine Anfechtung nach § 191 AO in Verbindung mit § 4 AnfG. Die zugrunde gelegten Steuerverbindlichkeiten betrafen die Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2018. Soweit Säumniszuschläge betroffen waren, wurden diese mit Blick auf ihren Zins- und Druckmittelcharakter nur hälftig berücksichtigt. Für nähere Einzelheiten wird auf den Duldungsbescheid vom 18.10.2021 nebst Anlagen Bezug genommen.
9Mit ihrem hiergegen erhobenen Einspruch machte die Antragstellerin geltend, dass die Voraussetzungen für ihre Inanspruchnahme durch einen Duldungsbescheid nicht vorlägen. Eine Anfechtung durch den Antragsgegner komme nicht in Betracht. Zur Begründung führte sie aus, dass ihr die finanziellen Verhältnisse ihres Vaters nicht bekannt seien. Dies sei aus Familiengesichtspunkten auch „verständlich und nachvollziehbar“, zumal ein Vater seine Tochter nur „ungern“ darüber aufkläre, dass er sich in einem Insolvenzverfahren befinde und er aus diesem Grund „ein Konto“ von ihr „zur Abwicklung seines Zahlungsverkehrs“ benötige. Sie – die Antragstellerin – habe nur als „Zahlstelle“ fungiert und zu keinem Zeitpunkt eine Verfügungsmacht über das alleine von ihrem Vater benutzte Konto erlangt. Ihr seien die Online-Zugangsdaten des Kontos nicht bekannt. Sie habe diese Daten vielmehr unmittelbar nach Erhalt an ihren Vater weitergeleitet. Daher habe lediglich ihr Vater diese Daten gekannt und genutzt. Er sei auch die einzige Person, die Einsicht in die Kontobewegungen gehabt habe und Überweisungen habe veranlassen können. Nur ihr Vater habe uneingeschränkt und alleine über das Konto verfügen können. Sie habe zu keinem Zeitpunkt „unentgeltliche Leistungen“ im Sinne des § 4 AnfG erlangt. Die Unentgeltlichkeit ergebe sich auch aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 30.6.2020 (VII R 63/18), die einen identischen Fall betroffen habe. Im Übrigen sei sie entreichert, da die auf dem Konto eingegangenen Gelder von ihrem Vater vollständig an Dritte überwiesen und damit ausgegeben worden seien. Eine Vorsatzanfechtung nach § 3 AnfG scheitere an der hierfür erforderlichen Kenntnis. Sie habe keine Kenntnis im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG gehabt, die zudem vom Antragsgegner nachzuweisen sei. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass ihr der Antragsgegner mit Schreiben vom 2.2.2021 (vgl. Bl. 31 d.A.) auf Nachfrage ausdrücklich bestätigt habe, dass gegen sie – die Antragstellerin – „keine offenen Forderungen … seitens des Finanzamts“ bestünden. Hierbei handele es sich um eine schriftliche „Zusicherung im Sinne von § 38 VwVfG“. Auch aus diesem Grund dürften gegen sie keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden. Der Antragsgegner habe die Zusicherung abgegeben, nachdem er zunächst – aufgrund fehlerhafter Zustellung erfolglos – versucht habe, sie – die Antragstellerin – durch einen Duldungsbescheid im Dezember 2019 in Anspruch zu nehmen. Vor diesem Hintergrund habe der Antragsgegner den ihm bekannten Duldungsbescheid bei Erteilung seiner Auskunft berücksichtigt.
10Der Antragsgegner wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 13.6.2022 zurück und führte zur Begründung aus, dass die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Antragstellerin durch einen Duldungsbescheid vorlägen. Neben den Voraussetzungen der §§ 1 und 2 AnfG sei auch der Tatbestand einer Vorsatzanfechtung nach § 3 Abs. 1 AnfG erfüllt. Das von der Antragstellerin ihrem Vater zur Verfügung gestellte Konto stelle ein bankrechtswidriges und gegen § 154 AO verstoßendes verdecktes Treuhand-Konto dar. Dass die Antragstellerin ihrem Vater die Zugangsdaten weitergeleitet und diesem die uneingeschränkte Nutzung des Kontos als Betriebskonto ermöglich habe, habe nur dazu gedient, Bestandteile seines Vermögens beiseite zu schaffen und hierdurch die Befriedigung seiner Gläubiger zu vereiteln. Andere Motivlagen für die Überlassung des Kontos seien nicht erkennbar. Die anfechtbare Rechtshandlung liege in der an seine Auftraggeber gerichteten Aufforderung des Vaters, die Rechnungsbeträge mit schuldbefreiender Wirkung auf das als Eigenkonto der Antragstellerin geführte Konto zu überweisen. Da die Überlassung der Zugangsdaten einzig der Gläubigerbenachteiligung gedient habe, komme es auf eine Kenntnis der Antragstellerin von einer Zahlungsunfähigkeit ihres Vaters (§ 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG) nicht mehr an. Unerheblich sei, dass der Duldungsbescheid zunächst nur auf § 4 AnfG gestützt worden sei. Die Anfechtungsfrist sei eingehalten. Der Rückgewähranspruch richte sich nach § 11 Abs. 1 AnfG. Auf eine etwaige Entreicherung komme es nicht an. Die Inanspruchnahme der Antragstellerin sei auch ermessensgerecht, da sie das Konto eingerichtet und ihrem Vater überlassen habe. Weitere Personen, die in Anspruch genommen werden könnten, seien nicht bekannt. Die Vollstreckung in das Vermögen von A1 sei fruchtlos verlaufen. Bei der Auskunft über Steuerverbindlichkeiten vom 2.2.2021 handele es sich nicht um eine Zusicherung, sondern nur um eine Mitteilung, dass eigene Steuerschulden der Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt nicht bestanden hätten. Diese habe sich zudem erkennbar nur auf die persönliche Einkommensteuer der Antragstellerin und nicht auf mögliche Ansprüche aus Duldungsbescheiden bezogen. Im Übrigen sei der Duldungsbescheid erst am 18.10.2021 – und damit nach dem 2.2.2021 – ergangen. Für nähere Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
11Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner am 16.9.2022 ab.
12Mit ihrer gegen den Duldungsbescheid vom 18.10.2021 und die dazugehörige Einspruchsentscheidung beim erkennenden Senat unter dem Az. 11 K erhobenen Klage – über die noch nicht entschieden ist – verfolgt die Antragstellerin ihr ursprüngliches Begehren weiter und begehrt mit ihrem bei Gericht am 4.11.2022 eingegangenen Antrag die Aussetzung der Vollziehung des Duldungsbescheids vom 18.10.2021.
13Zur Begründung führt sie aus, dass der Duldungsbescheid vom 18.10.2021 nichtig und rechtswidrig sei. Der Antragsgegner habe ihr im Februar 2021 eine rechtlich bindende Auskunft erteilt, wonach keine Steuerschulden bestünden. Daher sei es nicht zulässig, Ansprüche für „vor Februar 2021 liegende Vorgänge“ geltend zu machen. Die Rechtswidrigkeit ergebe sich daraus, dass ihr – der Antragstellerin – die finanziellen Verhältnisse ihres Vaters nicht bekannt gewesen seien. Dies sei aus Familiengesichtspunkten auch verständlich und nachvollziehbar. Denn ein Vater werde seine Tochter nur ungern darüber aufklären, dass er sich in einem Insolvenzverfahren befinde und er daher ein Konto von ihr zur Abwicklung seines Zahlungsverkehrs benötige. Eine Vorsatzanfechtung scheide daher aus. Darüber hinaus habe sie – die Antragstellerin – nur als Zahlstelle fungiert. Sie habe zu keinem Zeitpunkt Verfügungsgewalt über das von ihrem Vater benutzte Konto erlangt. Die Online-Zugangsdaten zu dem Konto seien ihr nicht bekannt. Diese Daten seien lediglich ihrem Vater bekannt. Er sei daher die einzige Person, die Einsicht in die Kontobewegung gehabt habe und Überweisungen von dem Konto habe veranlassen können. Daher seien zu keinem Zeitpunkt unentgeltliche Leistungen in ihr Vermögen aufgrund der Vorgehensweise ihres Vaters gelangt. Schließlich sei sie entreichert. Die auf dem Konto eingegangenen Geldbeträge seien vollumfänglich von ihrem Vater wieder an Dritte überwiesen und somit ausgegeben worden. Letztlich sehe das auch der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 30.6.2020 (VII R 63/18) so. Der vorliegende Fall sei mit dem entschiedenen Fall identisch. Denn ihr Vater habe die eingezahlten bzw. gutgeschriebenen Beträge ohne ihre – der Antragstellerin – Genehmigung oder Billigung sofort wieder abheben oder weiter überweisen können und dürfen. Ihrem Vater habe daher ein Herausgabeanspruch gegen sie – die Antragstellerin – schon bei Gutschrift der Beträge zugestanden. Dementsprechend habe sie – die Antragstellerin – keine Beträge unentgeltlich erworben, so dass eine Schenkungsanfechtung ebenfalls ausscheide.
14Zudem sei zu berücksichtigen, dass dem Duldungsbescheid eine „umfangreiche Korrespondenz“ mit dem Antragsgegner vorausgegangen sei. Sie – die Antragstellerin – habe erst durch eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Antragsgegners im Januar 2021 von möglichen Steuerschulden aus einem Duldungsbescheid erfahren. Der Beklagte habe wegen einer Forderung aus einem Duldungsbescheid vom 2.1.2020 mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 15.12.2020 eines ihrer Konten bei der G-Bank gepfändet und sie – die Antragstellerin – hierüber am 26.1.2021 in Kenntnis gesetzt. Sie – die Antragstellerin – sei kurz zuvor umgezogen. Die G-Bank habe sodann auf die Pfändungs- und Einziehungsverfügung eine Zahlung in Höhe von ... Euro geleistet. Sodann habe sie – die Antragstellerin – ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten beauftragt, beim Antragsgegner nachzufragen, ob weitere offene Posten ihr gegenüber aus Bescheiden bestünden, die sie wegen des Umzuges nicht erreicht hätten. Auf eine entsprechende Nachfrage ihres Prozessbevollmächtigten vom 29.1.2021 habe der Antragsgegner mit Schreiben vom 2.2.2021 mitgeteilt, dass keine offenen Forderungen und keine auszuzahlenden Guthaben gegenüber der Antragstellerin bestünden. Der Antragsgegner habe die „Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber dem Vater der Antragstellerin“ trotzdem nicht „für erledigt erklärt“ und weiterhin auf der Abgabe einer Drittschuldnererklärung bestanden. Der Prozessbevollmächtigte habe daraufhin den Antragsgegner im Juli 2021 erneut angeschrieben und um Einstellung der Vollstreckungsmaßnahmen gebeten, zumal nach der schriftlichen Auskunft vom 2.2.2021 ja keine Forderungen mehr gegen sie – die Antragstellerin – bestünden. Der Antragsgegner habe mit Schreiben vom 13.7.2021 mitgeteilt, dass es sich bei dem Schreiben vom 2.2.2021 um ein Versehen handele und tatsächlich noch Forderungen gegenüber der Antragstellerin aus einem Duldungsbescheid vom 2.1.2020 in Höhe von ... Euro bestünden. Dieser Duldungsbescheid sei ihr jedoch auf ihre Anfrage vom 29.1.2021 nicht übersandt worden. Die „angebliche Rest-Forderung“ in Höhe von ... Euro sei ihr auf ihre Anfrage ebenfalls nicht mitgeteilt worden. Der Antragsgegner habe sodann am 18.8.2021 zwei weitere Pfändungs- und Einziehungsverfügungen in Konten der Antragstellerin bei den Drittschuldnern „H-Bank“ und „I-Bank“ erlassen. Gegen diese Pfändungs- und Einziehungsverfügungen habe sie – die Antragstellerin – am 2.9.2021 Einspruch eingelegt und die Aussetzung der sofortigen Vollziehung beantragt. Über diese Einsprüche sei bislang nicht entschieden worden. In der Folgezeit habe der Antragsgegner behauptet, dass der Duldungsbescheid vom 2.1.2020 am 9.1.2021 an sie – die Antragstellerin – unter der Adresse „D-Straße a, ... C“ zugestellt worden und mangels fristgerechtem Einspruch zwischenzeitlich bestandskräftig geworden sei. Sie – die Antragstellerin – habe durch eine erweiterte Meldebescheinigung der Stadt C jedoch belegen können, dass sie zu keinem Zeitpunkt seit dem Jahr 1990 unter der Anschrift „D-Straße a in ... C“ wohnhaft gewesen sei. Sie sei im Januar 2020 vielmehr unter der Anschrift „B-Straße ... in ... C“ sowohl wohnhaft als auch gemeldet gewesen. In der Folgezeit habe der Antragsgegner dann den vorliegenden Duldungsbescheid über ... Euro anstelle ... Euro erlassen. Eine Begründung für die exorbitante Erhöhung der Forderung finde sich in dem angegriffenen Duldungsbescheid nicht. Der Duldungsbescheid beruhe auf dem Umstand, dass sie – die Antragstellerin – für ihren Vater ein Konto eröffnet habe, über das unstreitig ausschließlich ihr Vater „Verfügungsgewalt und Einsicht“ gehabt habe.
15Die Antragstellerin beantragt,
16die Vollziehung des Duldungsbescheids vom 18.10.2021 und der hierzu ergangene Einspruchsentscheidung bis zum erstinstanzlichen Abschluss des beim erkennenden Senat unter dem Az. 11 K geführten Klageverfahrens auszusetzen.
17Der Antragsgegner beantragt,
18den Antrag abzulehnen.
19Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung.
20II.
21Der Antrag ist unbegründet.
221.
23Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 FGO soll auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhaltes neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (ständige Rechtsprechung seit BFH-Beschluss vom 10.2.1967 – III B 9/66, BStBl. III 1967, 182; vgl. BFH-Beschluss vom 7.1.2015 – V B 102/14, BFH/NV 2015, 639). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Zur Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (vgl. nur BFH-Beschluss vom 7.1.2015 – V B 102/14, BFH/NV 2015, 639 m.w.N.).
242.
25Bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Überprüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit des Duldungsbescheids vom 18.10.2021 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung keine ernstlichen Zweifel.
26a)
27Die Voraussetzungen für den Erlass eines Duldungsbescheides lagen vor.
28Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden. Dabei erfolgt auch die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 AnfG geltend zu machen ist (vgl. § 191 Abs. 1 Satz 2 AO).
29aa)
30Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 AnfG sind erfüllt.
31Hiernach ist jeder Gläubiger zur Anfechtung berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde. Hat der Schuldner bereits eine eidesstattlichen Versicherung abgegeben, so ist grundsätzlich von einer erfolglosen Zwangsvollstreckung auszugehen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28.5.2003 – VII B 106/03, BFH/NV 2003, 1146).
32Die im Duldungsbescheid genannten Steuerschulden des Herrn A1 waren bei Erlass der Einspruchsentscheidung bestandskräftig festgesetzt, vollstreckbar und fällig. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Steuerfestsetzungen teilweise unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen.
33Die Vollstreckbarkeit ist hinsichtlich der Säumniszuschläge nicht nach § 251 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 AO i.V.m. § 79 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG ausgeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Höhe der Säumniszuschläge nach § 240 AO bislang nicht für verfassungswidrig erklärt. Der erkennende Senat hält die in § 240 AO angeordnete Höhe der Säumniszuschläge von 12 % p.a. nicht für verfassungswidrig (siehe auch BFH-Beschlüsse vom 28.10.2022 – VI B 15/22, VI B 27/22, VI B 31/22, VI B 35/22, VI B 38/22, VI B 48/22, juris). Die gegen die Höhe der Zinsen gemäß § 238 AO erhobenen verfassungsrechtlichen Zweifel lassen sich nicht auf Säumniszuschläge übertragen (so auch BFH-Beschlüsse vom 28.10.2022 – VI B 15/22, VI B 27/22, VI B 31/22, VI B 35/22, VI B 38/22, VI B 48/22, juris; FG Düsseldorf, Urteil vom 22.4.2021 – 12 K 1420/20 AO, juris; FG Münster, Urteil vom 04.2.2021 – 10 K 1672/19 U, EFG 2021, 728; FG Hamburg, Urteil vom 1.10.2020 – 2 K 11/18, EFG 2020, 1815; FG Münster, Beschluss vom 29.5.2020 – 12 V 901/20 AO, EFG 2020, 1053). Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinshöhe nach § 238 AO ergeben sich lediglich aus der Verfestigung des niedrigen Marktzinsniveaus. Ein Vergleich mit dem Marktzinsniveau ist bei Säumniszuschlägen jedoch – anders als bei Zinsen nach § 238 AO – nicht möglich, da Säumniszuschläge eine Mischung aus Druckmittel, Abgeltung von Verwaltungsaufwand und einer Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern darstellen. Vor diesem Hintergrund kann § 240 AO kein fester „Zinsanteil“ entnommen werden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28.10.2022 – VI B 15/22, VI B 27/22, VI B 31/22, VI B 35/22, VI B 38/22, VI B 48/22, juris; FG Münster Urteil vom 4.2.2021 – 10 K 1672/19 U, EFG 2021). Die Ermittlung des „Zinsanteils“ wird im Streitfall zudem dadurch erschwert, dass der Antragsgegner die Säumniszuschläge im Duldungsbescheid nur zur Hälfte angesetzt hat.
34Die Zwangsvollstreckung blieb erfolglos, da die Steuerschulden beim Vater der Antragstellerin als Steuerschuldner nicht beigetrieben werden konnten.
35bb)
36Es liegt eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne des § 1 AnfG vor.
37Eine Rechtshandlung im Sinne dieser Vorschrift ist jedes rechtliche oder tatsächliche Handeln oder Unterlassen, das rechtliche Folgen hat bzw. rechtliche Wirkungen auslöst. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes genügt es für die Annahme einer Rechtshandlung, dass das Gesetz an die konkrete Willensbetätigung eine Rechtswirkung knüpft. Rechtliche Folgen in diesem Sinn liegen auch dann vor, wenn das Handeln oder Unterlassen dem Erwerber nur eine formelle Rechtsstellung bzw. eine Buchposition verschafft. Auch die Übertragung einer formellen Rechtsposition durch Einzahlung auf ein als Eigen-, nicht als Anderkonto geführtes Bankkonto eines anderen sowie die Aufforderung an einen Drittschuldner, mit schuldbefreiender Wirkung auf ein derartiges Konto zu leisten, stellt eine Rechtshandlung im Sinne des § 1 AnfG dar (vgl. BFH-Urteile vom 30.6.2020 – VII R 63/18, BStBl II 2021, 191 und vom 24.4.2017 – VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297).
38Der Vater der Antragstellerin hat Rechtshandlungen in diesem Sinne vorgenommen. Denn er hat seine Auftraggeber (Kunden) angewiesen, die Rechnungsbeträge auf das Konto der Antragstellerin zu überweisen. Dadurch hat er dafür gesorgt, dass jedenfalls im Außenverhältnis Forderungen der Antragstellerin gegen die Bank entstanden sind.
39cc)
40Eine objektive Gläubigerbenachteiligung ist gegeben.
41Ob eine objektive Gläubigerbenachteiligung vorliegt, ist isoliert mit Bezug auf die Minderung des Aktivvermögens oder die Vermehrung der Passiva des Schuldners zu beurteilen. Eine Vorteilsausgleichung findet dabei grundsätzlich nicht statt. Zu berücksichtigen sind lediglich solche Folgen, die an die angefochtene Rechtshandlung selbst anknüpfen. Die Feststellung der gläubigerbenachteiligenden Wirkung unterscheidet sich insoweit von der Feststellung der (Un)Entgeltlichkeit; jedoch setzen beide keine dauerhafte Entreicherung des Schuldners oder dauerhafte Bereicherung des Anfechtungsgegners voraus (vgl. auch BFH-Urteil vom 10.11.2020 – VII R 55/18, BFH/NV 2021, 824). Wird eine pfändbare Forderung gegen einen Drittschuldner in ein formal einem Dritten zustehendes Kontoguthaben überführt, liegt regelmäßig eine Gläubigerbenachteiligung vor. Ob die Drittschuldner Kenntnis davon haben, auf wessen Namen das Konto geführt wird, ist nicht von Belang. Auch eine etwaige Rechtsgrundlosigkeit der an den Kontoinhaber bewirkten Zahlungen steht einer Gläubigerbenachteiligung nicht entgegen. Durch die anschließende Auszahlung an den Schuldner, d.h. den Umtausch des auf den Namen eines Dritten lautenden Kontoguthabens in einen für die Gläubiger nur schwer ausfindig zu machenden Bargeldbetrag oder durch die Weiterüberweisung an einen anderen Gläubiger wird die Gläubigerbenachteiligung nicht rückgängig gemacht (vgl. nur BFH-Urteil vom 30.6.2020 – VII R 63/18, BStBl II 2021, 191).
42Nach diesen Grundsätzen hatten die vom Vater der Antragstellerin veranlassten Überweisungen seiner Kunden auf das Konto der Antragstellerin eine objektive Gläubigerbenachteiligung zur Folge. Denn die Gläubiger des Vaters hätten das formal der Antragstellerin als Kontoinhaberin zustehende Guthaben nicht mehr ohne Weiteres aufgrund eines gegen den Vater gerichteten Vollstreckungstitels pfänden können. Jedenfalls im Außenverhältnis bestanden nur noch Forderungen der Antragstellerin gegen die F-Bank.
43dd)
44Die Überweisungen und Einzahlungen auf das Konto der Antragstellerin stellen eine nach § 3 Abs. 1 AnfG anfechtbare Rechtshandlung dar.
45aaa)
46Nach § 3 Abs. 1 AnfG ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG). Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG).
47bbb)
48Der Vater der Antragstellerin handelte mit Gläubigerbenachteiligungsabsicht. Die Antragstellerin hatte Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht ihres Vaters.
49Die Gläubigerbenachteiligung muss nicht das Ziel des Schuldners sein; es genügt für eine entsprechende Absicht, wenn der Schuldner, falls sein Handeln auf einen anderen Zweck gerichtet ist, eine Gläubigerbenachteiligung als mögliche Folge seines Vorgehens erkennt und billigend in Kauf nimmt (vgl. z.B. BGH-Urteil vom 17.12.1998 – IX ZR 196/97, NJW 1999, 1395).
50Die Darlegung der Kenntnis des Anfechtungsgegners wird durch anerkannte Beweisanzeichen bzw. Indiztatsachen und Erfahrungssätze erleichtert (vgl. BFH-Urteil vom 24.4.2017 – VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297 m.w.N.). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Gesamtumständen, dass der Vater der Antragstellerin seine Gläubiger im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG benachteiligen wollte und die Antragstellerin die Gläubigerbenachteiligungsabsicht ihres Vaters kannte.
51Dem Vater der Antragstellerin waren seine Steuerschulden und die aufgrund dessen vom Antragsgegner unternommenen Vollstreckungsversuche bewusst. Er hat – was die Antragstellerin ausdrücklich vorgetragen hat – das Konto der Antragstellerin aufgrund seines eigenen Insolvenzverfahrens genutzt. Damit hat der Vater der Antragstellerin zumindest billigend in Kauf genommen, dass die auf das Konto eingezahlten Beträge dem Zugriff des Antragsgegners entzogen werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 24.4.2017 – VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297 zu einem identischen Fall der Kontoüberlassung). Zudem konnte die bankvertragswidrige und gegen das Gebot der Kontenwahrheit (vgl. § 154 AO) verstoßende Einrichtung eines verdeckten Treuhand-Kontos unter Überlassung der Kontokarte bzw. Online-Daten und sonstiger Unterlagen zur alleinigen Führung des Kontos nur den Zweck haben, Bestandteile des Vermögens des Vaters beiseite zu schaffen und die Befriedigung seiner Gläubiger zu vereiteln, mithin die Gläubiger zu benachteiligen (vgl. BFH-Urteil vom 24.4.2017 – VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297). Es sind nicht einmal ansatzweise irgendwelche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer „anderen Motivlage“ erkennbar. Die Antragstellerin hat vielmehr ausdrücklich eingeräumt, dass sie lediglich als „Zahlstelle“ fungiert und sämtlich für die Kontoführung erforderlichen Daten und Unterlagen unmittelbar ihrem Vater zur alleinigen Nutzung überlassen habe. Ist der Tatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG – wie vorliegend – bereits aus anderen Gründen erfüllt und kommt es deshalb nicht auf die Vermutungsregel des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG an, ist es zudem unerheblich, ob die Antragstellerin wusste, dass ihrem Vater eine Zahlungsunfähigkeit drohte (vgl. insgesamt BFH-Urteil vom 24.4.2017 – VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297).
52ee)
53Die Einzahlungen auf das Konto fanden ausgehend von dem Duldungsbescheid vom 18.10.2021 innerhalb der Frist von zehn Jahren statt (vgl. § 3 Abs. 1 AnfG).
54ff)
55Ermessensfehler des Antragsgegners sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.
56gg)
57Der Rückgewähranspruch richtet sich nach § 11 Abs. 1 AnfG. Da es sich nicht um einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung handelt, kommt es nicht darauf an, ob die Antragstellerin (auf Dauer) bereichert ist (vgl. BFH-Urteil vom 24.4.2017 – VII R 31/15, BFH/NV 2017, 1297). Die Antragstellerin ist dementsprechend zum Wertersatz in Höhe von ... Euro verpflichtet. Die Zusammensetzung dieses Betrags ist aus den dem Duldungsbescheid beigefügten Anlagen ersichtlich.
58hh)
59Dem steht insgesamt nicht entgegen, dass der Antragsgegner der Antragstellerin mit Schreiben vom 2.2.2021 auf ausdrückliche Nachfrage mitgeteilt hatte, dass keine Steuerschulden bestünden. Unabhängig davon, dass es sich hierbei um eine bloße Wissensmitteilung mit unverbindlichem Charakter über Steuerverbindlichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt handelt, begründet eine solche Auskunft keinen Anspruch dahingehend, dass künftig keine Steueransprüche mehr gegen die Antragstellerin – auch für vor dem 2.2.2021 liegende Zeiträume – geltend gemacht werden könnten. Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass dem Antragsgegner Ansprüche aus einem vor Februar 2021 ergangenen Duldungsbescheid bekannt gewesen und in die Auskunft eingeflossen seien, übersieht sie bereits – ohne dass dies nach dem Vorgenannten allerdings relevant wäre –, dass ein solcher etwaiger Anspruch aus einem Duldungsbescheid vom 12.12.2019 mangels einer wirksamen Zustellung dieses Bescheids – was die Antragstellerin hiergegen mehrfach eingewandt hatte – überhaupt nicht existierte.
60ii)
61Auch die vom Antragsgegner zunächst mit Datum vom 12.12.2019 und 2.1.2020 erlassenen Duldungsbescheide stehen dem erstmaligen wirksam erlassenen Duldungsbescheid vom 18.10.2021 nicht entgegen. Denn die Bescheide vom 12.12.2019 und 2.1.2020 waren – unabhängig davon, ob der Antragsgegner zumindest dem Bescheid vom 2.1.2020 zunächst eine Wirksamkeit beimaß und ihn seinen Vollstreckungsmaßnahmen zugrunde legte – mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden, vgl. §§ 122, 124 AO.
62Der Bescheid vom 12.12.2019 wurde bereits ausweislich des Vermerks auf der Postzustellungsurkunde nicht zugestellt und konnte daher keine Wirksamkeit entfalten. Der Bescheid vom 2.1.2020 wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde in einen Briefkasten in der „D1-Straße b, ... C“ zugestellt. Die Antragstellerin hat bestritten, diesen Bescheid erhalten zu haben. Das einfache Bestreiten reicht vorliegend aus, da der Postzustellungsurkunde keine erhöhte Beweiskraft für den Zugang des Bescheids zukommt. Die erhöhte Beweiskraft der Postzustellungsurkunde setzt voraus, dass die Urkunde nicht mit Fehlern behaftet ist. Vorliegend war die Adressangabe – unabhängig davon, ob die Antragstellerin unter der Anschrift in der „D-Straße a, ... C“ zum Zeitpunkt der Zustellung überhaupt wohnte, was sie selbst bestreitet – bereits falsch („D1-Straße b, ... C“). Vor diesem Hintergrund kann die Postzustellungsurkunde keine erhöhte Beweiskraft für den Zugang eines Bescheids an der Adresse „D-Straße a, ... C“ entfalten. Zum Einen ist die Straßenbezeichnung bereits nicht klar und eindeutig, zum Anderen ist unklar, bei welcher Hausnummer („b“ oder „a“) die Zustellung erfolgt sein soll. Der beweisbelastete Antragsgegner hat nicht den Nachweis für den Zugang des Bescheids vom 2.1.2020 bei der Antragstellerin führen können und sich im Übrigen auch nicht mehr auf eine wirksame Bekanntgabe des Bescheids vom 2.1.2020 berufen. Vielmehr ging er bei Erlass des Duldungsbescheids vom 18.10.2021 selbst davon aus, dass zuvor kein wirksamer Duldungsbescheid gegenüber der Klägerin ergangen war.
63b)
64Mit Blick auf die Rechtmäßigkeit des Duldungsbescheids vom 18.10.2021 sind keine Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit dieses Bescheids erkennbar.
653.
66Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.