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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 67 Prozent und der Beklagte zu 33 Prozent.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Der Streitwert wird auf ...EUR festgesetzt.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Prämienzahlungen für Versicherungen betreffend ein Schiff, das unter ausländischer Flagge fährt, in Deutschland der Versicherungsteuer unterliegen.
3Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts Z unter HRA 1 eingetragene Schiffsgesellschaft. Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Klägerin ist der Betrieb des Seeschiffs „Y“ mit der ihm zugeteilten IMO-Nummer 2. Dieses Schiff ist das einzige aktivierte Anlagevermögen der Klägerin. Das Seeschiff ist im deutschen Seeschiffsregister eingetragen, aufgrund der Regelung zur sog. Ausflaggung nach § 7 Flaggenrechtsgesetz allerdings – zeitweise – berechtigt, die Flagge Maltas, in dessen Schiffsregister das Schiff ebenfalls eingetragen ist, zu führen. Gleichzeitig ist es der Klägerin während der Ausflaggung untersagt, für das Seeschiff die deutsche Flagge zu führen.
4Die Klägerin schloss mit der in Z ansässigen X GmbH & Co. KG (später: W (Germany) GmbH & Co. KG) am ... 2007 einen Bereederungsvertrag (vgl. Bl. 507 ff. der Gerichtsakte -GA-). Für beide Vertragsparteien trat Herr V als jeweiliger Geschäftsführer auf. Gemäß § 2 des Bereederungsvertrags übernimmt die X GmbH & Co. KG (nachfolgend kurz „Vertragsreeder“ bzw. X) die technische, personelle und kommerzielle Betreuung des Schiffes „Y“. Der Vertragsreeder ist berechtigt und verpflichtet, alle Geschäfts- und Rechtshandlungen vorzunehmen, die üblicherweise zum Betrieb, zum Einsatz, zur Instandhaltung und Befrachtung eines Schiffes gehören (§ 2 Nr. 1 des Bereederungsvertrags). Gemäß § 2 Nr. 2 des Bereederungsvertrags hat der Vertragsreeder
5„auch alle ... Angelegenheiten, wie ... Versicherung ... des Schiffes durchzuführen ... .“.
6Gemäß § 2 Nr. 3 des Bereederungsvertrags vertritt der Vertragsreeder die Reederei gerichtlich und außergerichtlich.
7Zu den wesentlichen Aufgaben des Vertragsreeders gehören gemäß § 2 Nr. 4 Buchst. e) des Bereederungsvertrags
8„die Vorbereitung, Empfehlung sowie die Überwachung ausreichenden Versicherungsschutzes des Schiffes und des Schiffsbetriebes gegen alle Risiken und Gefahren, gegen die Schiffe und Schiffbetriebe üblicherweise versichert sind“.
9Gemäß § 3 des Bereederungsvertrags hat der Vertragsreeder, soweit er weitere Schiffe bereedert, in dem Zusammenhang alle Vorteile, auch diejenigen, die sich aus bestehenden Verträgen der von dem Vertragsreeder im Übrigen betreuten Flotte ergeben, zu nutzen, und dem Schiff der Reederei insbesondere die Vorteile aus Schmieröl-, Bunkerlieferungs-, Versicherungs- und anderen Verträgen seiner Flotte einzuräumen.
10Gemäß § 4 Nr. 1 des Bereederungsvertrags ist der Vertragsreeder berechtigt,
11„alle im Rahmen seiner vertraglichen Betreuungsfunktion notwendigen Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen in seinem eigenen Namen und auf Rechnung der Reederei vorzunehmen.“
12Gemäß § 4 Nr. 2 des Bereederungsvertrags hat der Vertragsreeder für Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Reederei hinausgehen, die vorherige schriftliche Zustimmung der Reederei einzuholen.
13Zur Behandlung von Versicherungsschäden findet sich in § 5 des Bereederungsvertrags folgende Regelung:
14„Zu den Aufgaben des Vertragsreeders gehört auch die Bearbeitung von Schadens- und Versicherungsfällen entsprechend der nachfolgenden Festlegungen. Der Vertragsreeder übernimmt die Abwicklung von Versicherungsfällen (Havarie bei Kasko sowie Protection & Indemnity), erstellt die Versicherungsabrechnungen und reicht diese nach Genehmigung durch die Reederei im Auftrage der Reederei den Versicherern ein. Der Vertragsreeder führt auch die Verhandlungen mit den Versicherern. Vergleichsabschlüsse o.ä. bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Reederei.“
15In § 7 des Bereederungsvertrags ist zudem geregelt:
16„1. Der Vertragsreeder verwaltet die mit dem Schiff eingefahrenen Erträge und führt die Zahlung der Betriebsaufwendungen und Kapitalkosten durch. Der Vertragsreeder richtet für die Verwaltung des Schiffes ein separates Bankkonto ein.
172. Der Vertragsreeder hat über seine das Schiff MT "Y" betreffende Geschäftsführung gesondert Buch zu führen und die dazugehörigen Belege gesondert und geordnet aufzubewahren.
183. Der Vertragsreeder hat der Reederei oder deren Beauftragten jede erforderliche Auskunft zu erteilen und ihnen die Einsichtnahme in die Bücher und Korrespondenz zu gestatten.
194. Der Vortragsreeder ist verpflichtet, sämtliche Rabatte und Rückgaben aufgrund der von ihm geschlossenen Verträge, insbesondere Bunkerverträge mit Schiffsausrüstern, Werften und sonstigen Schiffszulieferanten (auch für Farben und sonstige Stores) sowie alle übrigen Rückgaben, z.B. von Schleppern, Festmachern, Lotsen, Keilbetrieben, Werften, Stauern und Tallyleuten etc., die wirtschaftlich das Schiff betreffen, an die Reederei zu vergüten und derartige Rabatte und Rückgaben als durchlaufende Posten zu behandeln.“
20Als Vergütung für die laufende Bereederung und die Erfüllung aller damit im Zusammenhang stehenden Verpflichtungen und zur Abgeltung aller Aufwendungen erhält der Vertragsreeder gemäß § 8 Nr. 1 des Bereederungsvertrags 4,00 % der eingegangenen, periodengerecht abgegrenzten Erträge. Die Vergütung des Vertragsreeders wird erst fällig, wenn die entsprechenden Erträge liquiditätsmäßig oder im Verrechnungswege der Reederei zugeflossen sind (vgl. § 8 Nr. 1 a.E.). Mit der Vergütung sind alle Nebenkosten des Vertragsreeders wie Aufwendungen für Verwaltung, Reisen und Spesen abgedeckt (vgl. § 8 Nr. 2 des Bereederungsvertrags). Wegen der weiteren vertraglichen Einzelheiten wird auf den Bereederungsvertrag vom ... 2007 (Bl. 507 ff. der GA) Bezug genommen.
21Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 9. Januar 2014 führte der Beklagte bei der Klägerin gemäß § 193 Abs. 1 AO i.V.m. § 10 VersStG eine Versicherungsteueraußenprüfung für den Zeitraum Januar 2010 bis Dezember 2012 durch. Gegenstand der Prüfung waren die für den Betrieb des Schiffes und der Absicherung der Reederei über Broker (Makler) abgeschlossenen Versicherungsverhältnisse, insbesondere bezüglich Kaskoversicherung, Loss-of-Hire-Versicherung, Marine-Interest-Versicherung und Kriegsversicherung. Es handelt sich hierbei um im Wesentlichen über Broker abgeschlossene sog. offene Mitversicherungen, bei denen eine Vielzahl von Versicherern, insbesondere am Londoner Versicherungsmarkt Lloyd’s agierende sog. Syndicates (Zusammenschlüsse von Versicherern) zur Absicherung der Risiken gruppiert wurden und mitwirkten. Für die Klägerin wurden über die Makler
22- U Ltd., England (U)
23- T Limited, England (T) und
24- S, England,
25Versicherungsverhältnisse bei den Versicherern (Risikoträgern)
26- Gard P& I (Bermuda),
27- Q Company Ltd. (Bermuda) und
28- P Company Ltd. (Japan)
29abgeschlossen, wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, ob die Klägerin in die Versicherungsverhältnisse lediglich als versicherte (dritte) Person oder als Versicherungsnehmerin eingebunden ist.
30Die Schlussbesprechung zur Außenprüfung fand am 15. Mai 2014 statt. Der Prüfungsbericht datiert vom 17. Oktober 2014.
31Sodann ordnete der Beklagte mit „ergänzenden Prüfungsanordnungen“ vom 6. November 2014 und vom 9. Januar 2015 eine Versicherungsteueraußenprüfung auch für die Jahre 2007 bis 2009 sowie 2013 und 2014 an. Nach dem Wortlaut der Prüfungsanordnung und der – seinerzeitigen – Ansicht des Beklagten habe es sich um eine Erweiterung der ursprünglich für den Zeitraum 2010 bis 2012 angeordneten Außenprüfung gehandelt. Für die Jahre 2007 bis 2009 sowie 2013 und 2014 erließ der Beklagte mit Datum 6. Mai 2015 einen Betriebsprüfungsbericht.
32Nach den Prüfungsfeststellungen wurden für die Klägerin die Protection & Indemnity (P&I)-Risiken beim Gard Club P&I abgesichert. Bis zum 20. Februar 2010 wurden die Versicherungsverträge mit dem F P&I/ O (Norwegen) abgeschlossen und über eine Zusatzklausel an den Versicherer F (Bermuda) abgetreten. Ab dem 20. Februar 2010 wurden die Versicherungsverträge ausweislich der Certificates of Entry (CoEs) direkt von dem F P&I (Bermuda) gezeichnet (vgl. Bl. 105 der GA). Die Kaskoversicherungen wurde über U Ltd. (U), sowie T Ltd., England, abgeschlossen. Die Marine-Interest-Versicherung wurde bis zum 31. Juni 2012 ausschließlich über U abgeschlossen. Die Prämienrechnungen wurden teilweise an die Klägerin, teilweise an die in Z (Deutschland) ansässige Managergesellschaft (G Z GmbH & Co. KG) gerichtet. Die Rechnungen wurden von der Klägerin bezahlt (vgl. Bl. 105, 107 der GA).
33Die Marine-Interest-Versicherung und Kriegsversicherung wurden ab dem ... 2012 bei dem Versicherer Q, Bermuda, abgeschlossen (vgl. Bl. 108, 109 der GA). Die Loss-of-Hire-Versicherung wurde bis zum ...2012 über S und ab dem ...2012 bei Q , Bermuda, abgeschlossen. In den Cover notes ist unter anderem die Klägerin als „Assured“ aufgeführt. Die Prämienrechnungen wurden an die Klägerin (c/o G Z GmbH & Co. KG) gerichtet und von der Klägerin bezahlt (vgl. Bl. 110 der GA).
34Aufgrund der beiden Betriebsprüfungsberichte erließ der Beklagte sodann am 28. September 2015 einen Versicherungsteuerbescheid für Dezember 2014, mit dem die sich nach den Feststellungen der Außenprüfung ergebende Versicherungsteuernachforderung für die Jahre 2007 bis 2014 in Höhe von ... EUR festgesetzt wurde (vgl. Bl. 7 der GA). Die Steuernachforderung begründete der Beklagte damit, dass die Klägerin als Steuerschuldner im Sinne von § 7 Abs. 1 VersStG i.V.m. § 7 Abs. 6 VersStG hinsichtlich der bei im Drittland, d.h. außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ansässigen Versicherern gedeckten Versicherungsrisiken in Anspruch genommen werde.
35Nach hiergegen eingelegtem Einspruch und Hinweis des Beklagten auf eine in Betracht kommende Verböserung wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2016 (Bl. 10 der GA) den Einspruch als unbegründet zurück und setzte unter Änderung des Versicherungsteuerbescheides vom 28. September 2015 die Versicherungsteuer für Dezember 2014 auf ... EUR fest. Die insoweit um ... EUR erhöhte Festsetzung von Versicherungsteuer stützte der Beklagte darauf, dass nunmehr auch die Versicherungsteuer hinsichtlich der mit Versicherern innerhalb der EU bzw. des EWR abgeschlossenen Versicherungsverhältnissen die in diesem Zusammenhang von der Klägerin gezahlten Versicherungsprämien festgesetzt und die Klägerin diesbezüglich im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung nach § 7 Abs. 8 VersStG in Anspruch genommen werde, da seitens der Versicherer insoweit keine Versicherungsteuer abgeführt worden sei. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass eine Inanspruchnahme der Versicherer wegen teilweise bereits eingetretener Festsetzungsverjährung nicht möglich sei. Zum anderen seien erhebliche Maßnahmen erforderlich, um die einzelnen Versicherer, mit denen die Klägerin über die in Großbritannien ansässigen Broker U und T Limited Versicherungsverhältnisse eingegangen sei, überhaupt zu ermitteln. Selbst nach Mitteilung der Klägerin sei die Ermittlung der – auch der Klägerin im Einzelnen nicht bekannten – Versicherer nur mit erheblichem Aufwand möglich.
36Gegen den Versicherungsteuerbescheid vom 28. September 2015 in Gestalt der verbösernden Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2016 wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.
37Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens und im Nachgang zu einem gerichtlichen Erörterungstermin erließ der Beklagte mit Datum 2. März 2017 einen geänderten Versicherungsteuerbescheid und änderte die streitgegenständliche Steuerfestsetzung dahingehend, dass für Dezember 2014 lediglich die sich nach Ansicht des Beklagten für den Prüfungszeitraum 2007 bis 2009 sowie 2013 und 2014 ergebenden Steuernachforderungen in Höhe von ... EUR festgesetzt wurden (vgl. Bl. 201 der GA). Hinsichtlich der sich nach den Prüfungsfeststellungen für den Zeitraum 2010 bis 2012 ergebenden Steuernachforderungen in Höhe von ... EUR erließ der Beklagte mit Datum ebenfalls vom 2. März 2017 einen (erstmaligen) Versicherungsteuerbescheid für Dezember 2012 (vgl. Bl. 204 der GA). Hiergegen legte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Einspruch ein (vgl. Bl. 212 der GA).
38Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Steuerfestsetzung sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die vom Beklagten mit den ergänzenden Prüfungsanordnungen erfolgte Erweiterung der Versicherungsteueraußenprüfung auf die Jahre 2007 bis 2009 sowie 2013 und 2014 unzulässig sei. Es habe sich nicht um einen einheitlichen Prüfungszeitraum für die Jahre 2007 bis 2014, sondern vielmehr um zwei separate Prüfungen und damit zwei Prüfungszeiträume (2010 bis 2012 einerseits; 2007 bis 2009 sowie 2013 und 2014 andererseits) gehandelt. Die Prüfung für die Jahre 2010 bis 2012 sei mit dem Prüfungsbericht vom 17. Oktober 2014 bereits beendet worden, ehe die weiteren Prüfungsanordnungen vom 6. November 2014 und vom 9. Januar 2015 ergingen. Da eine einmal abgeschlossene Betriebsprüfung nicht erweitert werden könne, habe es sich um keine Ausdehnung des Prüfungszeitraums 2010 bis 2012 gehandelt, sondern allenfalls um – formunwirksame – Anordnungen neuer Außenprüfungen. In der weiteren Folge könnten die sich nach Ansicht des Beklagten aufgrund der Prüfungsfeststellungen ergebenden Steuernachforderungen nicht allein nach Maßgabe von § 10 Abs. 4 VersStG in der seit 2012 geltenden Fassung (VersStG n.F.) für Dezember 2014 festgesetzt werden. Vielmehr könne eine Steuerfestsetzung für die Jahre 2010 bis 2012 allenfalls nach der vorhergehenden Fassung von § 10 Abs. 4 VersStG ergehen. Jedenfalls müsse sich die Steuerfestsetzung auf den letzten Anmeldungszeitraum des Prüfungszeitraums beziehen; dies sei nicht der Dezember 2014. Lediglich für die Jahre 2013 und 2014 sei § 10 Abs. 4 VersStG n.F. maßgeblich und eine Steuerfestsetzung grundsätzlich für Dezember 2014 möglich.
39Gemäß § 10 Abs. 4 VersStG sei es nicht möglich, die Steuer auf der Grundlage mehrerer Außenprüfungen verschiedener Prüfungszeiträume festzusetzen, da die Steuer nur für den jeweils letzten Anmeldezeitraum des Prüfungszeitraums festzusetzen sei. Der Steuerbescheid sei daher rechtswidrig. Soweit der Steuerbescheid Steuern nach § 10 Abs. 4 VersStG für die Jahre 2007 bis 2009 und 2013 bis 2014 festsetze, mangele es an der erforderlichen Rechtsgrundlage einer Feststellung durch eine rechtswirksam angeordnete Außenprüfung. Selbst eine Verwertung der Erkenntnisse aus den Prüfungshandlungen sei nach § 10 Abs. 4 VersStG nicht möglich. Eine Verwertung dieser Erkenntnisse könne nach § 8 VersStG nur Kalendermonatsbezogen, d.h. durch 60 periodengerechte Festsetzungen erfolgen. Damit leide der Steuerbescheid auch insoweit an den schwerwiegenden und offenkundigen Mängeln, der fehlenden Rechtsgrundlage und des falschen Festsetzungszeitraums Dezember 2014, an dessen Stelle die 60 monatlichen Festsetzungszeiträume der Jahre 2007 bis 2009 und 2013 bis 2014 treten müssten. Dagegen spreche auch nicht die Entscheidung des BFH vom 17. Dezember 2014 (II R 18/12), wonach für die jeweiligen Anmeldeperioden keine gesonderten Nachforderungsbescheide erlassen werden müssten, wenn die Steuernachforderungen periodengerecht im Rahmen einer Außenprüfung ermittelt wurden. Grund sei der Haftungscharakter des gegenüber dem Entrichtungsschuldner ergangenen Nachforderungsbescheids. Vorliegend sei aber der Nachforderungsbescheid an den Versicherungsnehmer als Steuerschuldner nach § 7 Abs. 1 VersStG und nicht an den Versicherer ergangen. Da ein Steuerschuldner nicht für seine eigenen Steuerschulden haften könne, seien ihm gegenüber Nachforderungsbescheide periodengerecht zu erlassen. Im Übrigen fehle es an einer rechtswirksam angeordneten Außenprüfung.
40Hieran ändere auch eine Abänderung des Steuerbescheids vom 28. September 2015 mit der Verböserung im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2016 nichts. Der Bescheid beziehe sich unzulässigerweise auf eine Außenprüfung mit einem Prüfungszeitraum 2007 bis 2014, die rechtswirksam nicht durchgeführt worden sei. Damit sei die in § 10 Abs. 4 VersStG geforderte Rechtsgrundlage einer Außenprüfung nicht gegeben. Der Bescheid sei auch einer Berichtigung nach § 129 AO nicht zugänglich, da hierfür ein neues Festsetzungsverfahren nach Durchführung einer neu anzuordnenden Außenprüfung der Jahre 2007 bis 2014 notwendig wäre. Der Bescheid sei auch keiner Aufteilung auf zwei Außenprüfungen zugänglich, da dann für die Außenprüfung 2010 bis 2012 der Festsetzungszeitraum Dezember 2014 falsch sei und rechtswirksame Prüfungsanordnungen für eine gesonderte Außenprüfung 2007 bis 2009 und 2013 bis 2014 nicht ergangen seien, die mangels eines zusammenhängenden Prüfungszeitraums nach § 4 Abs. 3 BpO nicht hätten angeordnet werden dürfen und es deshalb an der Rechtsgrundlage einer rechtskräftigen Außenprüfung für die Anwendung des § 10 Abs. 4 VersStG fehle.
41Die ergänzenden Prüfungsanordnungen vom 6. November 2014 und 19. Januar 2015 hätten die bereits abgeschlossene Prüfung 2010 bis 2012 um die Jahre 2007 bis 2009 sowie 2013 und 2014 erweitern wollen. Dies sei unzulässig, da eine Außenprüfung nach der BpO nur zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen könne. Eine andere Auslegung dahingehend, dass eine Außenprüfung nicht zusammenhängender Besteuerungszeiträume aus mehreren Prüfungen bestehe, sei nicht möglich, da Bescheide nur auf den letzten Anmeldezeitraum der jeweiligen Außenprüfung hätten erlassen werden können. Die Prüfungshandlungen seien im Übrigen nicht verwertbar.
42Darüber hinaus trägt die Klägerin vor, sie habe entgegen dem Vortrag des Beklagten ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Zum einen seien weder die Klägerin noch die frühere Bevollmächtigte (N GmbH & Co. KG) der Klägerin im Rahmen der Außenprüfung aufgefordert worden, die Namen der Versicherer zu benennen. Die Klägerin habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei den Gesellschaften „U“ und „T“ um Broker, d.h. Versicherungsmakler, handele. Anhand der von der Klägerin vorgelegten Cover Notes wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, weitere Ermittlungen anzustellen, um die Versicherer zu ermitteln, bzw. der Klägerin konkret mitzuteilen, welche Unterlagen zur weiteren Sachverhaltsaufklärung noch benötigt würden. Es sei Aufgabe der Finanzverwaltung, sich zur weiteren Aufklärung der Versicherungsverhältnisse und zur Beantwortung der aus Sicht des Beklagten noch offenen Fragen an die Versicherer zu wenden und nicht an die Versicherungsnehmer. Nach dem deutschen Versicherungsrecht sei primär der Versicherer für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten verantwortlich und nicht der Versicherungsnehmer. Dieser verfüge vielfach selbst gar nicht über die Kenntnisse, um die gestellten Fragen zu beantworten, geschweige denn die Möglichkeit, Unterlagen vorzulegen. Unabhängig davon seien die von der Klägerin übermittelten Angaben ausreichend, um die Versicherer zu ermitteln.
43Die erweiterte Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 AO greife zudem bereits deshalb nicht ein, weil wegen der aktuellen Gesetzesfassung des VersStG bzw. der VersStDV der Anwendungsbereich des Gesetzes auf EU/-EWR-Sachverhalte ausgedehnt worden sei und damit bereits kein Auslandssachverhalt im Sinne von § 90 Abs. 2 AO vorliege. Ein Auslandssachverhalt sei nur gegeben, wenn die Klägerin in einer vertraglichen Leistungsbeziehung zu einem ausländischen Vertragspartner stehe. Im Fall eines im EWR-Raum ansässigen Versicherers sei aber zu beachten, dass dieser nach der seit 1990 geltenden Fassung von § 7 Abs. 1 Satz 3 VersStG für Zwecke der Versicherungsteuer einem im Inland ansässigen Versicherer gleichgestellt sei.
44Wenn hiernach für einen Versicherer mit Sitz im EU/EWR-Gebiet die gleichen Regeln wie für einen inländischen Versicherer gelten und dieser somit wie ein inländischer Versicherer die Steuer zu entrichten habe, sei nicht nachvollziehbar, dass dann andererseits dem Versicherungsnehmer die Mitwirkungspflichten gemäß § 90 Abs. 2 AO obliegen sollten, wenn er bei einem ausländischen EWR-Versicherer versichert sei. Mittlerweile sei zudem in § 1 VersStDV klargestellt worden, dass nur Versicherer mit Sitz im EWR-Raum als im EWR niedergelassen gelten und eine bloße Geschäftsabwicklung durch Vertreter, Bevollmächtigte u.Ä. im EWR nicht mehr maßgebend sei. Insoweit habe die deutsche Finanzverwaltung Zugriff auf alle im EU/EWR-Raum ansässigen Versicherer und sei insoweit selbst von Amts wegen zur Sachverhaltsaufklärung verpflichtet bzw. gehalten, die Versicherer als Steuerentrichtungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Ergänzend wird auf die „1. Grundsatzerklärung“ der Klägerin (Bl. 379 ff. der GA) Bezug genommen.
45Hinsichtlich der Ansässigkeit der Versicherer trug die Klägerin zunächst vor, dass aus den seitens der Klägerin vorgelegten Cover Notes ersichtlich sei, dass die Versicherer im EU-/EWR-Raum niedergelassen seien, es sich somit nicht um Drittlandsversicherer handele. Darüber hinaus sei es üblich, dass mündliche Vertragsabreden getroffen würden, die dann allerdings durch die Angaben in den Cover Notes bestätigt würden. Insoweit sei der Beklagte verpflichtet, weitere Ermittlungen dazu anzustellen, wer die einzelnen Versicherer seien.
46In einem anlässlich von in parallelen Streitigkeiten andere Seeschiffsgesellschaften betreffenden Aussetzungsverfahren vor dem erkennenden Senat (führendes Aktenzeichen 2 V 391/16) durchgeführten gerichtlichen Erörterungstermin am 10. Januar 2017 hatte die Klägerin vorgetragen, dass die für den Streitfall relevanten Versicherer vielfach zwar in Drittlandstaaten (vor allem Bermuda) ihren Sitz hätten, es sich dort allerdings jeweils um Briefkastengesellschaften handele. Die tatsächliche Geschäftsabwicklung erfolge durch Niederlassungen in der EU, vor allem in Großbritannien. Der mutmaßliche Hintergrund hierfür sei, dass mangels statutarischen Sitzes innerhalb der EU die aufsichtsrechtlichen bzw. zulassungsrechtlichen Vorschriften der EU nicht eingreifen sollten. Vor allem aufgrund des Tätigwerdens der eingeschalteten Versicherungsmakler „U“ und „T“, die eine ständige Präsenz der Versicherer und damit eine Niederlassung im Sinne des Versicherungsteuerrechts begründen würden, wäre aber die Ansässigkeit der Versicherer in der EU bzw. im EWR gegeben.
47Die Klägerin trägt weiter vor, die Entrichtungsschuld sei vorrangig gegenüber dem gesetzlich bestimmten Entrichtungsschuldner, dem Versicherer, festzustellen. Es sei jegliches Ermessen des Beklagten, gegenüber wem es die Steuer festsetzen will, d.h. dem Versicherungsnehmer als Steuerschuldner oder dem Versicherer als Entrichtungsschuldner, ausgeschlossen. Die gesetzliche Koppelung der Anmeldepflicht an die Entrichtungspflicht in § 8 VerStG unterstreiche die Absicht des Gesetzgebers, den Versicherungsnehmer von steuerlichen Pflichten zumindest bei den inländischen Verhältnissen gleichgestellten EWR-Verhältnissen zu entlasten. Dieses Ziel könne nur dann erreicht werden, wenn die Steuerfestsetzung ausschließlich gegenüber dem Entrichtungspflichtigen erfolge.
48Nach nochmaliger Sachverhaltsprüfung habe sich zudem herausgestellt, dass Versicherer, die ihren Sitz im Drittland (auf den Bermudas) haben, die Abwicklung des Versicherungsgeschäfts von einer eigenen oder fremden „Management"-Gesellschaften oder Bevollmächtigten in EU/EWR abgewickelt hätten, die häufig zudem bei der nationalen Aufsichtsbehörde registriert seien. Bei der Überprüfung der Versicherungsverhältnisse der Klägerin habe sich herausgestellt, dass in den Fällen, in denen das Risiko nicht durch einen Einzelversicherer gedeckt sei, eine Gruppe von Mitversicherern das Risiko decke. In diesen Fällen sei von dem durch das Schiffsmanagementunternehmen beauftragten Makler ein Broker (U, T, S) beauftragt worden, die Gruppe der Mitversicherer zusammenzustellen. Diese Broker seien dann von der Gruppe der Mitversicherer als Bevollmächtigte beauftragt, während der Vertragslaufzeit einschließlich der Verlängerungen die Mitversicherer zu vertreten, die Cover Notes auszustellen, die Prämien einzuziehen und auf die Mitversicherer zu verteilen und die Schadensabwicklung mit den Mitversicherern zu regeln. Hiernach sei der Broker eine Person, die aufgrund einer ständigen Beauftragung für einen Versicherer tätig werde und als Bevollmächtigter (vgl. § 7 Abs. 2, 3 VersStG) anstelle des Versicherers Entrichtungsschuldner sei.
49Konkret sei durch F Haftpflichtversicherung (F P&I) das Haftpflichtrisiko jährlich bis zum 19. Februar 2010 durch den F P&I Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit in H, Norwegen, mit Abtretungsvereinbarung zugunsten von F P&I (Bermuda) Ltd. und ab 20. Februar 2010 durch F P&I (Bermuda) Ltd., einer Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit, gedeckt worden. Für F P&I Bermuda sei F O, H, Norwegen als Agent und als Bevollmächtigter zur Entgegennahme des Versicherungsentgeltes aufgetreten. Bei Q Limited, Bermuda, seien die weiteren Versicherungen (Hull and Machinery, Interest, War und Loss of Hire) ohne Zwischenschaltung eines Brokers auf dem Direktweg in Form einer Korrespondentversicherung abgesichert worden, d.h., X habe den Versicherungsvertrag direkt mit dem Versicherer Q abgeschlossen. Zur Sicherung der versicherten Risiken hätten die Broker U und/oder T im Auftrag des Erstversicherers Q die Rückversicherer gruppiert, die zusammen 90% oder 100% der Risiken als Rückversicherer abdeckten. Die Tätigkeit der Q bestehe im Wesentlichen aus der Organisation der Rückversicherung. Diese Tätigkeit werde auftragsgemäß von den Brokern U und/oder T (beide England, UK) als Bevollmächtige des Versicherers durchgeführt. Die Tätigkeit umfasse die Gruppierung der Rückversicherer und die Abschlüsse der Rückversicherungsverträge und während der Vertragslaufzeit die Verteilung der Prämien auf die Rückversicherer sowie die Abwicklung der Schadensfälle mit den Rückversicherern und dem Erstversicherer Q Limited. Infolge der dauerhaften Beauftragung dieser Broker seien diese als Bevollmächtigte im Sinne von § 7 Abs. 2, 3 VersStG und damit anstelle des Versicherers als Entrichtungsschuldner anzusehen.
50Auch der weitere Versicherer P Limited, Japan, habe einen im EWR-Raum ansässigen Bevollmächtigten. Der Broker U habe mit dem japanischen Versicherer D als Mitversicherer zu Q Ltd (90%) eine Absicherung von 10% des H&M Risikos vereinbart. Damit organisiere U nicht nur für Q Limited und deren Rückversicherer, sondern auch für D die gesamte H&M-Versicherung während der Vertragslaufzeit und deren Verlängerungen einschließlich der Weiterleitung der Prämien an D.
51Gegenüber den Versicherern sei für die Klägerin vorliegend die in Zypern ansässige G Ltd., später X Ltd. (X Cy) als Muttergesellschaft der deutschen in der G Germany GmbH & Co. KG als Bereeder (Schiffsmanager; lt. Vertrag „Vertragsreeder“) aufgetreten. Diese habe die Schiffe ihrer Kunden unter ihrer eigenen Mitgliedschaft als Flotte (fleet) bei den Versicherern angemeldet. Dies sei dann eine echte Gruppenversicherung, bei der die jeweiligen Schiffseigentümer (hier die Klägerin) dem Schiffsmanager (Bereeder) die Kosten der Versicherung, d.h. die Beiträge an F P&I ersetzten. So sei das Schiff „Y“ der Klägerin als Teil der E Fleet bei F P&I Bermuda angemeldet worden. Die „E Fleet“ umfasse die einzelnen Schiffe der von X in Deutschland bereederten Schiffe der deutschen Einschiffs-KGs und Schiffe internationaler Schiffseigentümer, die von X Zypern bereedert würden.
52Grundlage des Auftretens des Bereeders für die Klägerin (als „Reederei“) und für die versicherungsteuerrechtliche Beurteilung maßgeblich sei der Bereederungsvertrag vom ... 2007 (vgl. Bl. 507 ff. der GA). Aufgrund der Regelung in § 2 Abs. 4 des Bereederungsvertrags sei der Bereeder bzw. Vertragsreeder verpflichtet, für eine ausreichende Versicherung des Schiffs und der mit dem Schiffsbetrieb verbundenen Risiken und Gefahren verpflichtet. Diese Versicherungen schließe der Vertragsreeder im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, d.h. für Rechnung der Klägerin, ab. Die Klägerin habe den Vertragsreeder von den im Zusammenhang mit dem Abschluss von Versicherungen entstehenden Kosten, d.h. hinsichtlich der Versicherungsprämien, freizustellen. Dies ändere jedoch nichts daran, dass Vertragspartner des Versicherungsvertrags und damit Versicherungsnehmer allein der Vertragsreeder sei, nicht jedoch die Klägerin. Die Klägerin sei lediglich versicherte Person neben dem Versicherungsnehmer. Allein durch eine Kostenübernahmepflicht werde die Klägerin nicht zum Vertragspartner des Versicherungsvertrags und damit zum Versicherungsnehmer.
53Der Vertragsreeder habe sodann aus Kostengründen das Schiff der Klägerin und die damit verbundenen Interessen durch die in Zypern ansässige Muttergesellschaft des Vertragsreeders, die X Ltd, und zwar als Teil der von dieser Versicherten Schiffsflotte, als (Fremd-)Versicherte versichert.
54Sowohl aus den durch U als auch T an das Bereeder-Mutterunternehmen X Ltd, Zypern (X Cy), ausgestellten Versicherungsbestätigungen (Cover Notes) für die Jahre 2007 bis 2014 sei ersichtlich, dass das Schiff der Klägerin Teil der von X Gruppe (Mutter- und Tochterunternehmen) bereederten und über U von X Zypern versicherten „...“ von ... Schiffen sei. Die Klägerin sei neben anderen „Assured", d.h. Versicherte, gewesen.
55Versicherungsnehmer, d.h. „Member“ bei F P&I (Bermuda) sei allerdings allein der Bereeder, die X Cy. Diese habe als Versicherungsnehmer mit F P&I ein Versicherungsverhältnis für fremde Rechnung der benannten „Assureds“, d.h. für Rechnung des Schiffseigentümers, der Klägerin, und der mit dem Betrieb des Schiffes Beauftragten, dem Vertragsreederer/Bereederer, abgeschlossen.
56Im Certificate of Entry (CoE) sei das Schiff Y unter „Owner’s Entry“ und – neben der Charterer-Gesellschaft und der Manager-Gesellschaft – als „Assured“ aufgeführt. Zum CoE werde in den Rules des P&I ... ausgeführt:
57„...."
58Das CoE enthalte die auf das Schiff bezogenen Bedingungen, nicht aber Angaben über die Mitgliedschaft in der Vereinigung (F P&I). Die Bezeichnung Owner's Entry könne nicht so ausgelegt werden, dass der Schiffseigentümer (Owner) Mitglied in der Vereinigung sei. Dies belege die Beschreibung in den Rules (Anlage):
59„...“.
60Tatsächlich handele es sich um die Aufnahme des Schiffes Y unter die Versicherung bei der Vereinigung F P&I Ltd Bermuda, die entweder durch den Eigentümer, den – bareboat oder demise – Charterer, oder aber den Bereeder des Schiffes erfolgt sein könne. Die CoE stellten lediglich eine Zusammenfassung der wesentlich gedeckten Risiken dar und könnten keinesfalls selbst als Versicherungsvertrag angesehen werden (vgl. Bl. 390 der GA).
61Auch die Angabe der Klägerin unter „Registered Owners Name and Address“ im CoE beschreibe lediglich den im Schiffsregister registrierten Eigentümer als wesentliches Kriterium bei der Haftpflichtversicherung von Seeschiffen und spreche nicht für eine Mitgliedschaft bzw. Versicherungsnehmereigenschaft der Klägerin. Von wesentlicher Bedeutung sei auch die Aussage:
62„The ship named herein is entered in R (Bermuda) Ltd (the „Association") for the account of the named Assured(s).“
63Das benannte Schiff sei für fremde Rechnung, d.h. für Rechnung der benannten Assureds in die Versicherung durch F P&I aufgenommen worden. Dies bestätige, dass X Ltd (Cy) als Mitglied in der F P&I Vereinigung eine Versicherung für fremde Rechnung im Sinne von § 43 VVG abgeschlossen habe, bei der die genannten Versicherten nicht als Versicherungsnehmer und damit nicht als Steuerschuldner nach § 7 Abs. 1 VersStG angesehen werden könnten.
64Weiter laute es im CoE:
65„....
66In 79 der Rules laute es:
67„...“
68Es falle hierbei auf, dass der Begriff „Assured(s)“ weder in der Rules noch in den By-laws vorkomme. Dies bedeute, dass die im CoE genannten Assureds keine Mitglieder („member“) seien, da Rule 79.1 Satz 1 nicht für Member gelte. Die Assureds seien auch keine „Joint-Members“. Nur wenn mehrere Eigentümer desselben Seeschiffes dieses Schiff in der Vereinigung anmelden, gelten diese Personen gemeinsam als Joint-Members. Wenn aber ein Mitglied, z.B. X Ltd (Cy), Schiffe der Kunden der deutschen Tochtergesellschaft (Bereeder) bei der Vereinigung anmelde, entstehe die Formulierung „for the account of the named assureds“, d.h. es bestehe eine Versicherung für fremde Rechnung, bei der nur das Mitglied als Versicherungsnehmer gelte.
69Die „Joint and several liability“ sei eine gesamtschuldnerische Haftung für Forderungen der Vereinigung in Bezug auf die Aufnahme eines Schiffes in die Vereinigung. Diese Haftung setze eine Schuld aus dem Versicherungsverhältnis voraus. Schuldner könne nur das Mitglied der Versicherungsvereinigung F P&I (Bermuda) Ltd sein, nicht dagegen Fremdversicherte, hier die Assureds. Hier seien die Assureds als Fremdversicherte keine Mitglieder der Vereinigung und damit auch keine Schuldner als Vertragspartner aus dem Versicherungsvertrag.
70Die Prämie an das Konsortium sei von U/T auf die versicherten Schiffe und deren Eigentümer als Versicherte aufgeteilt und von X im Rahmen der Bereederung an U/T bezahlt und an die einzelnen Versicherer im Konsortium anteilig weitergeleitet worden. Danach seien U/T nicht nur Broker, sondern auch Inkasso-Bevollmächtigte. Aus dem Kontext der an X gerichteten Versicherungsbestätigung ergebe sich, dass der Adressat X Ltd. Vertragspartner des Konsortiums, d.h. Versicherungsnehmer der einzelnen Versicherer des Konsortiums sei, und gerade nicht die Klägerin.
71Ohne Bedeutung sei, dass F die Prämienrechnung an die deutsche Tochtergesellschaft des Bereederers, die X (Germany), als weitere „Assured“ ausgestellt habe. Diese werde als Rechnungsempfänger nicht Versicherungsnehmer. Es handele sich lediglich um eine Verkürzung des Zahlungswegs. Im Übrigen gelte, dass der Ersatz von Kosten der Versicherung durch einen Fremdversicherten – hier der Schiffseigentümer als „Assured“ – den Fremdversicherten nicht zum Versicherungsnehmer mache, da das VerStG als Verkehrsteuer einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zugänglich sei.
72Die Klägerin verweist ergänzend auf die Entscheidung des BFH vom 5. Februar 1992 (II R 93/88), wonach im Zweifel unter Hinweis auf § 783 HGB – ersetzt durch § 52 ADS – der Vertragsreeder die Versicherung im eigenen Namen auf fremde Rechnung (des Versicherten) abgeschlossen habe.
73Für die Versicherer der über U/T zusammengestellten Konsortien gelte ausdrücklich deutsches Recht (ADS/DTV). Da in diesen internationalen Versicherungsbestätigungen aufgrund der Verwendung der englischen Sprache nicht zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem unterschieden werde, werde der Begriff „insured“ oft synonym verwendet. Maßgeblich sei jedoch die Regelung nach § 52 ADS, wonach im Zweifel der Bereeder – vorliegend das Bereeder-Mutterunternehmen X Zypern – als Versicherungsnehmer gelte, das auch die Versicherung der ganzen Flotte über die Broker mit dem Konsortium vereinbart habe.
74Im Übrigen gelte auch bei einem Drittlands-Versicherer, dass selbst bei angenommener Eigenschaft der Klägerin als Versicherungsnehmer eine Entrichtungspflicht nach § 7 Abs. 3 VersStG a.F. bzw. § 7 Abs. 6 VersStG n.F. der Klägerin nicht bestanden habe, da die Broker als EWR-Inkassobevollmächtigter anmelde- und entrichtungspflichtig gewesen seien und der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, nach freiem (Auswahl-) Ermessen die Steuer gegenüber der Klägerin anstelle gegenüber den Brokern festzustellen.
75Hinzu komme, dass der Beklagte die Inanspruchnahme der Klägerin als Versicherungsnehmer auf § 7 Abs. 6 VersStG gestützt habe, obwohl diese Norm erst ab dem Jahre 2013 gelte und damit für die Besteuerungszeiträume 2010 bis 2012 nicht anwendbar sei.
76Darüber hinaus sei nach Ansicht der Klägerin bei Versicherungsverhältnissen mit Versicherern, die innerhalb der EU oder des EWR niedergelassen seien, bereits keine Versicherungsteuerpflicht hinsichtlich der abgedeckten, mit dem Betrieb des Seeschiffs verbundenen Risiken gegeben. Eine Versicherungsteuerpflicht knüpfe an die Belegenheit des Risikos an. Nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben stehe das Besteuerungsrecht bei Fahrzeugen aller Art demjenigen Mitgliedstaat zu, in dem das Fahrzeug die Verkehrszulassung erhalten habe. Bei Seeschiffen werde die Verkehrszulassung durch den Staat erteilt, dessen Flagge das Schiff führe. Es sei nicht allein maßgeblich und ausreichend für die Annahme einer Steuerpflicht, wenn das Schiff über eine Eintragung in einem Schiffsregister eines Mitgliedstaats verfüge. Insoweit sei § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VersStG, wonach darauf abgestellt werde, dass ein Fahrzeug in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragen oder eingetragen ist, nicht das deutsche Seeschiffsregister, sondern die Eintragung im Schiffsregister des Flaggenstaates maßgeblich. Gleichzeitig sei die weitere Tatbestandsvoraussetzung von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VersStG, wonach das Fahrzeug mit einem Unterscheidungskennzeichen versehen sein müsse, derart auszulegen, dass insoweit nicht die einem jedem Schiff zugewiesene, mit der Fahrgestellnummer bei Kraftfahrzeugen vergleichbare IMO-Nummer, sondern das bei Eintragung in einem Schiffsregister vergebene Unterscheidungskennzeichen maßgeblich sei. Dieses Unterscheidungskennzeichen sei das bei Eintragung im Flaggenstaat (neu) vergebene Rufzeichen, nicht aber das bei Eintragung im deutschen Seeschiffsregister vergebene Kennzeichen, denn dieses sei im Falle der Ausflaggung des Schiffes kein maßgebliches Unterscheidungskennzeichen mehr.
77Für die Beurteilung des „Zulassungsmitgliedstaats“ (vgl. Art. 2 Buchst. d Richtlinie 88/357/EWG, Art. 46 Abs. 2 Richtlinie 92/49/EWG und Art. 157 Richtlinie 2009/138/EG) sei die Frage entscheidend, welche Rechtsordnung im Zusammenhang mit dem Betreiben des Schiffes maßgeblich sei. Dies richte sich nach dem Recht des Flaggenstaats, mithin danach, wessen Staatsflagge das Schiff zu führen berechtigt sei. Demnach könne es bei der Anknüpfung der Versicherungsteuerpflicht nur auf eine Registrierung im Sinne einer Zulassung, d.h. Bestimmung der maßgeblichen Rechtsnormen bei Betreiben des Schiffes, ankommen, und nicht auf eine Registrierung im Zusammenhang mit einer Dokumentation der Eigentumsverhältnisse, wie sie die Eintragung im deutschen Seeschiffsregister darstelle. Nach einer erfolgten Ausflaggung beschränke sich die fortbestehende Eintragung im deutschen Seeschiffsregister auf den letztgenannten Aspekt. Dies folge auch aus den EU-rechtlichen Vorgaben zur „Belegenheit des Risikos“ (vgl. Art. 157 Richtlinie 2009/138/EG), wofür an den „Zulassungsmitgliedstaat“ und damit an das im Flaggenstaat vergebene Unterscheidungskennzeichen („call sign“) angeknüpft werde. Das Recht der Flaggenführung entspreche der Zulassung im Verkehr. Insoweit müssten die europarechtlichen Vorgaben und Kriterien auch für das deutsche Versicherungsteuerrecht maßgeblich sein.
78Zwar habe der EuGH mit Urteil 15. April 2021 (C-786/19) entschieden, dass bei der Frage der Besteuerung von Beiträgen zu Versicherungen bzgl. verschiedener Risiken, die mit dem Betrieb von Seeschiffen verbunden sind, als „Zulassungsmitgliedstaat" auf den Mitgliedstaat abzustellen sei, der das Schiffsregister führt, in dem das jeweilige Schiff vor allem zum Zweck des Eigentumsnachweises eingetragen ist, und nicht auf den Staat einer weiteren Eintragung in einem Flaggenregister. Der vom EuGH entschiedene Vorrang der deutschen Registrierung eines Seeschiffes bei Ausflaggung in ein ausländisches Register unter Aufrechterhaltung der doppelten Eintragung bedeute hingegen nicht, dass die an EWR-Versicherer gezahlten Prämien steuerpflichtig seien. Die Aufrechterhaltung der Registrierung im deutschen Register sei erzwungen durch deutsche Regulierungen, die gegen EU-Recht verstoßen würden. Die Klägerin als deutsche Personengesellschaft sei nach § 1 des FlaggRG verpflichtet, das Schiff im deutschen Seeschiffsregister einzutragen. Eine Registrierung in einem ausländischen und selbst in einem EWR-Register sei einem deutschen Schiffseigentümer verboten. Erlaubt sei lediglich eine temporäre Ausflaggung mit Genehmigung des deutschen Registers in ein ausländisches Register unter Beibehaltung der Eintragung im deutschen Register. Das Verbot der Registrierung in einem EWR-Register sei ein klarer Verstoß gegen die EU-Freizügigkeit. Die Europarechtswidrigkeit der deutschen Regelung sei offensichtlich, wenn man bedenke, dass das FlaggRG das Register zur Registrierung von Seeschiffen ausländischer EWR-Schiffseigentümer geöffnet habe, umgekehrt aber nicht. Die Klägerin sei damit rechtswidrig gezwungen, neben der Registrierung im Malta-Register die Registrierung im deutschen Register aufrecht zu erhalten und dadurch Nachteile in Kauf zu nehmen.
79Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass die Klägerin die deutsche Tonnagebesteuerung gemäß § 5a EStG in Anspruch nehmen wolle und § 5a EStG die Eintragung des Seeschiffes im deutschen Register verlange. Diese Bedingung verstoße gegen EU-Recht (Dienstleistungsfreiheit bei Eintragung in einem EWR-Register, Kapitalverkehrsfreiheit bei Eintragung über eine Betriebsstätte im Drittland). Leider sei dem EuGH nur die Frage vorgelegt worden, welches Register bei Beachtung der EU-Richtlinie betreffend Versicherungen bei einer Doppeleintragung des Seeschiffes Vorrang habe. Die Frage der EU-Rechtsmäßigkeit des Verbots in § 1 FlaggRG, das Schiff nur in einem ausländischen Register eintragen zu lassen, sei nicht vorgelegt worden. Dies sei nachzuholen.
80Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die klägerischen Schriftsätze nebst Anlagen vom 11. Mai 2016 (Bl. 24 der GA), 10. April 2017 (Bl. 208 der GA), 28. Dezember 2017 (Bl. 224 der GA), 22. Januar 2018 (Bl. 237 der GA), 8. August 2018 (Bl. 260 der GA), 4. September 2018 (Bl. 268 der GA), 22. Oktober 2018 (Bl. 289 der GA), 14. November 2018 (Bl. 293 der GA), 2. Dezember 2021 (Bl. 376 der GA), 28. Dezember 2021 (Bl. 424 der GA) und vom 12. Mai 2022 (Bl. 452 der GA) sowie die sechs von der Klägerin eingereichten sog. Grundsatzerklärungen (Bl. 379 ff., 410 ff. der GA).
81Die Klägerin beantragt,
82den Steuerbescheid vom 28. September 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2016 aufzuheben,
83hilfsweise, die Revision zuzulassen.
84Der Beklagte beantragt,
85die Klage abzuweisen,
86hilfsweise, die Revision zuzulassen.
87Hinsichtlich der Streitfrage, ob sich die streitgegenständliche Steuerfestsetzung – nach Erweiterung der Prüfung – auf den gesamten Prüfungszeitraum (2007 bis 2014) beziehe, trug der Beklagte zunächst vor, der Klägerin und ihrer damaligen Bevollmächtigten sei bereits vor Fertigung des Betriebsprüfungsberichts vom 17. Oktober 2014 mitgeteilt worden, dass die Prüfung auf die Folgejahre ausgedehnt werden solle, so dass aus Empfängersicht klar gewesen sein müsse, dass die Außenprüfung gerade noch nicht abgeschlossen werden sollte. In der Praxis sei es üblich, dass ein Betriebsprüfungsbericht im Anhörungswege entsprechend § 202 Abs. 2 AO vorab an den geprüften Steuerpflichtigen übersandt werde, ohne dass der Bericht als vorläufig gekennzeichnet werde. Der Beklagte hielt hieran jedoch nach dem gerichtlichen Erörterungstermin am 10. Januar 2017 (Verfahren 2 V 391/16) nicht mehr fest und schränkte die hier streitgegenständliche Steuerfestsetzung mit geändertem Versicherungsteuerbescheid vom 2. März 2017 auf die Steuernachforderungen für den Zeitraum 2007 bis 2009 sowie 2013 und 2014 ein. Diesbezüglich hält der Beklagte die Klage für unbegründet und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor:
88Nach dem vorliegenden Bereederungsvertrags sei die Klägerin Vertragspartner der Versicherungsverhältnisse, d.h. Versicherungsnehmerin geworden. Der Bereeder habe bei Abschluss der Versicherungsverträge für die Klägerin gehandelt. Die Klägerin sei unabhängig von ihrer Bezeichnung (als „member“, „assured“, „insured“ und „co-assured“) Vertragspartei und damit Versicherungsnehmerin geworden. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass die CoEs und die Rules festlegten, dass die Prämien gemeinschaftlich von allen in den Rules Genannten geschuldet würden. In den CoEs werde hierzu ausgeführt: „...". Vorliegend seien die Versicherungsprämien nachweislich von der Klägerin gezahlt worden. Die Pflicht zur Zahlung der Prämie (Prämienschuldnerschaft) sei die Hauptpflicht des Versicherungsnehmers (Verweis auf BFH vom 9. Februar 1992, II R 93/88).
89Darüber hinaus sei auch die Inanspruchnahme der Klägerin als für die Versicherungsteuer Haftende rechtmäßig. Dies folge bereits daraus, dass für den Beklagten nicht hinreichend ersichtlich sei, wer überhaupt Versicherer sei und damit neben der Klägerin als Schuldner der Versicherungsteuer grundsätzlich in Betracht gekommen wäre. Trotz entsprechender Aufforderung habe die Klägerin im Rahmen der Außenprüfung die Versicherer der im Prüfungszeitraum abgeschlossenen Versicherungen nicht benannt. Die Klägerin habe keine Tatsachen oder Beweismittel vorgelegt, wonach es sich bei dem P&I-Versicherer F ausschließlich um einen EU-/EWR-Versicherer handele. Seitens der Klägerin seien hier nur hypothetische Ausführungen zu Zusammenhängen zwischen den einzelnen „F-Gruppen" gegeben worden. Dies reiche nicht zur Annahme aus, dass es sich um einen EU-/EWR-Versicherer handele. Ausreichend sei nur eine direkte Bestätigung des P&I ..., wer tatsächlich in den streitgegenständlichen Zeiträumen das Risiko getragen habe.
90Allein die zum Teil erfolgte Vorlage der Cover Notes genüge hierfür nicht, denn hieraus seien weder die genauen Bezeichnungen der einzelnen Versicherer noch Angaben zu den Versicherungsnehmern erkennbar. Teilweise sei allenfalls eine Aufstellung dazu ersichtlich, zu wie viel Prozent ein Versicherer mitwirke. Die aufgeführten Versicherer seien aber teilweise durch Abkürzungen und/oder durch nicht weiter zuordenbare Ziffern/Nummer gekennzeichnet. Dies erlaube keine Zuordnung zu einem bestimmten Versicherer. Zudem stünden hinter einigen der in den Cover Notes aufgeführten Namen bzw. Abkürzungen wiederum Zusammenschlüsse mehrerer Versicherer. Auch darüber hinaus habe die Klägerin weder die einzelnen an den offenen Mitversicherungen über die Broker mitwirkenden Versicherer genannt noch erläutert, wie die Lloyd’s Syndicates behandelt werden sollten. Ein Nachweis, ob die beteiligten Makler von den Versicherern zur Abführung der Versicherungsteuer bevollmächtigt worden seien, sei ebenfalls nicht erbracht worden. Aufgrund dessen sei für den Beklagten nicht überprüfbar, wo die Versicherer ihren Sitz hätten und inwieweit die aus den Versicherungsverhältnissen folgenden versicherungsteuerrechtlichen Konsequenzen erfüllt worden wären. Die erkennbaren Anhaltspunkte und die zuletzt im Verfahren ergänzten Schilderungen der Klägerin sprächen für eine Ansässigkeit der Versicherer außerhalb der EU und des EWR.
91Der Aussagegehalt der Cover Notes sei vielfach sehr eingeschränkt. Dies erkläre sich aus den besonderen branchentypischen Verhältnissen und üblichen Geschäftsabwicklungen. So beauftrage regelmäßig der Reeder einen Versicherungsmakler damit, für das jeweilige Schiff Versicherungsschutz zu beschaffen. Sodann sichte der Makler den Versicherungsmarkt und trete an Versicherungsunternehmen heran. Üblicherweise würde das Versicherungsrisiko aufgesplittet abgedeckt, beispielsweise zu 50 % über den englischen Versicherungsmarkt und zu weiteren 50 % über weltweit agierende Versicherer. Den beschafften Versicherungsschutz bestätige sodann vielfach der Makler selbst, und zwar in von ihm selbst ausgestellten Cover Notes. Oft habe der Makler jedoch selbst keine Erkenntnisse, die über die Angaben in den Cover Notes hinausgingen. Hinzu komme, dass es in der Schiffsversicherungsbranche kein einheitliches Zuordnungskriterium gebe um eindeutig festzustellen, wer Makler, Versicherer oder Versicherungsnehmer sei. Typischerweise trete der Versicherer nicht allein, sondern im Zusammenschluss mit mehreren Versicherern, noch dazu nicht selbst am Markt auf, sondern – gegebenenfalls noch unter Zwischenschaltung eines Assekuradeurs – über Makler mit Versicherungsnehmern in Kontakt.
92Soweit die Klägerin vortrage, dass die Broker U und T von den beteiligten Schiffsmanagementunternehmen beauftragt worden seien, die Gruppe der Mitversicherer zusammenzustellen, werde diese Rechtsauffassung vom Beklagten geteilt. Allerdings folge daraus nicht, dass auf Grund dieses Sachverhaltes der Makler ein ständiger Beauftragter des Versicherers sei. In Fällen der Beauftragung eines Maklers werde dieser von Seiten des Versicherungsnehmers beauftragt, Versicherungsschutz zu verschaffen und erlange dadurch keineswegs den Status eines ständigen Beauftragten des Versicherers. Der Makler vertrete ausschließlich die Interessen des Versicherungsnehmers und sei nicht an einen Versicherer gebunden.
93Der auf Bermuda ansässige Versicherer Q Limited versichere die Risiken „Hull & Machinery", „Interest" sowie „War" unstreitig im Rahmen einer Erstversicherung. Der Vortrag der Klägerin, wonach die Broker U und/oder T im Auftrag des Erstversicherers die Rückversicherung organisierten und durch diese Tätigkeit der Versicherer eine Niederlassung in der EU/dem EWR begründeten, ändere hieran nichts. Zum Vortrag, dass es sich um einen Korrespondenzversicherer handele, würden keine Belege beigebracht. Allerdings sei auch für die Beurteilung der Frage, ob das Versicherungsverhältnis mit einem im EWR-Raum niedergelassenen Versicherer bestehe, maßgebend auf die Vertragsbeziehung zwischen dem (Erst-)Versicherer und dem Versicherungsnehmer abzustellen. Diese bestehe auch nach dem Vortrag der Klägerin mit dem außerhalb der EU/des EWR ansässigen Erstversicherer Q, Bermuda. Bei welchen Rückversicherern und über welche Broker etc. der Erstversicherer sein Risiko absichere, sei für die Frage der Niederlassung im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 VersStG nicht relevant.
94Soweit daher der Beklagte nicht eindeutig feststellen könne, welches Versicherungsunternehmen das jeweilige Risiko übernommen habe, müsse die Klägerin infolge der nicht erfüllten Mitwirkungspflichten, die aufgrund des vorliegenden Auslandssachverhalts nach § 90 Abs. 2 AO nochmals erhöht seien, die versicherungsrechtlichen Konsequenzen in Kauf nehmen. Aufgrund der vertraglichen Beziehungen zu den in Großbritannien ansässigen Brokern hätte die Klägerin dafür Sorge tragen müssen, dass sie Angaben zu den einzelnen Versicherern hätte machen können. Angesichts dieser Umstände könne die Klägerin nicht auf den Amtsermittlungsgrundsatz verweisen.
95Hiernach sei die Annahme, dass hinsichtlich der hier streitgegenständlichen (im Rahmen der Verböserung vorgenommenen) Festsetzung von Versicherungsteuerbeträgen Versicherungsverhältnisse mit im Drittland ansässigen Versicherern vorlägen und demnach die hierauf von der Klägerin gezahlten Versicherungsprämien der Versicherungsteuerpflicht im Inland unterlägen, gerechtfertigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Steuerpflicht durch den Versicherer oder einem Bevollmächtigten erfüllt worden wäre, seien ebenfalls nicht ersichtlich.
96Unabhängig davon sei die Klägerin Versicherungsnehmerin der streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisse. Aus den Regelungen der CoEs könne, auch wenn keine „Members“ aufgeführt würden und die Klägerin als „Assureds“ bezeichnet werde, entnommen werden, dass die „Assureds" (gleich einem „Member") Parteien des Versicherungsvertrages geworden seien. Dafür spreche, dass sämtliche „Assureds" Gesamtschuldner der Versicherungsprämie seien. Dies werde durch folgenden Passus in den CoEs klargestellt:
97„...."
98Die Steuerbarkeit der hier streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisse folge aus § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VersStG und sei trotz Ausflaggung nach § 7 Flaggenrechtsgesetz gegeben, auch soweit es sich um Versicherer mit Sitz in der EU oder im EWR handele. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut sei es unerheblich, dass ein Schiff neben der Eintragung im deutschen Seeschiffsregister noch in einem weiteren (ausländischen) Schiffsregister eingetragen sei und dort auch eine Zulassung erhalten habe. Der deutsche Gesetzgeber habe die europarechtlichen Vorgaben und Kriterien, wonach für die Versicherungsteuerpflicht an die Begriffe „Zulassungsmitgliedstaat“ und „Belegenheit des Risikos“ angeknüpft werde, in zulässiger Weise umgesetzt. Mit dem Ziel einer eindeutigen Abgrenzung knüpfe das deutsche Gesetz nicht an die Zulassung, sondern an die Registereintragung und ein dem jeweiligen Fahrzeug zugeschriebenes Unterscheidungskennzeichen an. Diese Umsetzung der Richtlinie sei rechtmäßig und richtlinienkonform, zumal diese Gesetzesfassung seinerzeit mit der EU-Kommission abgestimmt worden sei.
99Zudem handele es sich bei dem Flaggenregister in Malta (Gleiches gelte auch für Zypern) um ein „offenes Register“. Die Eintragungen in den ausländischen Registern würden aber unmissverständlich auf die primären und damit weiterhin auch für versicherungsrechtliche Belange maßgeblichen Eintragungen der deutschen Seeschiffsregister Bezug nehmen. Beispielhaft weist der Beklagte auf eine entsprechende Registerbescheinigung aus Malta hin. Zudem sei für die streitgegenständlichen Schiffe lediglich die sog. kleine Ausflaggung beantragt und genehmigt worden mit der Folge, dass Heimathäfen dieser Schiffe weiterhin die Häfen in Deutschland seien. Die Schiffe seien daher trotz Ausflaggung weiter an die deutsche Rechtsordnung gebunden. Dies zeige sich nicht zuletzt auch dadurch, dass all diese Schiffe zwar unter ausländischer Flagge führen, jedoch weiterhin die deutsche Tonnagebesteuerung in Anspruch nehmen würden.
100Die Klägerin sei ermessensgerecht als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen worden, da sie neben dem Versicherer und gegebenenfalls einem Bevollmächtigten die Versicherungsteuer jeweils als Gesamtleistung schulde. Mangels bestehender Möglichkeiten für den Beklagten, die Versicherer oder etwaige Bevollmächtigte zu ermitteln, habe sich der Beklagte effektiv nur an die Klägerin als Steuerschuldnerin wenden können.
101Soweit die Klägerin zuletzt vortrug, die hier beteiligten Versicherer seien alle als innerhalb der EU bzw. des EWR ansässig anzusehen, da sie zumindest aufgrund des Tätigwerdens der eingeschalteten Versicherungsmakler „U“ und „T“ über eine ständige Präsenz, die eine Niederlassung im Sinne des Versicherungsteuerrechts begründen würde, verfügten, hält dies der Beklagte für nicht überzeugend. Bei Verschaffung von Versicherungsschutz für die im Zusammenhang mit einem Schiffsbetrieb stehenden Risiken im Rahmen der sog. offenen Mitversicherungen würden die Versicherungsmakler stets im Auftrag der Versicherungsnehmer, nicht aber für die Versicherer tätig, um für die Schiffsgesellschaft bzw. die Reederei Versicherungsschutz zu besorgen. Die Makler würden sodann an verschiedene Versicherer, die das Risiko teilweise mit abdeckten, herantreten, häufig auch mit sog. Assekuradeuren, die wiederum den Versicherungsschutz bei verschiedenen Versicherern deckten, zusammenarbeiten. In den vorliegenden Fallkonstellationen erfolge die Risikoabsicherung häufig in einem Versicherungsvertrag bzw. zur Abdeckung eines Versicherungsrisikos unter Einbindung von bis zu 300 verschiedenen Versicherern als Mitversicherer, so dass nicht von einer Beauftragtenstellung eines Maklers für diese Versicherer ausgegangen werden könne. Darüber hinaus könnten die Versicherungsmakler auch deshalb keine Zweigniederlassung eines Versicherers begründen, weil sie nicht von einem bestimmten Versicherer beauftragt seien, auf Dauer für dieses Versicherungsunternehmen wie eine Agentur zu handeln. Zudem handelten die Makler nicht als Beauftragte für die Versicherer, sondern seien der Sphäre der Versicherungsnehmer, somit der Klägerin zuzuordnen. Des Weiteren würden die Makler nicht in einer exklusiven Bindung zu einem oder wenigen Versicherern stehen und dies auch gar nicht wollen. Die Makler seien insoweit gerade vom Assekuradeur, der vom Versicherer eingeschaltet werde bzw. in dessen Sphäre agiere, zu unterscheiden. Nach Erkenntnissen des Beklagten würden typischerweise und auch in den vorliegenden Fällen die Makler von den Versicherungsnehmern beauftragt, um mit Versicherern in Kontakt zu treten und die gewünschten Versicherungen auszuwählen.
102Soweit die Klägerin darüber hinaus zuletzt vortrug, im Falle der P&I-Versicherung verfüge der Versicherer über eine ständige Präsenz in der EU, weist der Beklagte darauf hin, dass vorliegend die Versicherungsbestätigungen und die Prämienrechnungen mit der Anschrift des Versicherers auf den Bermudas ausgestellt worden seien. Vertragspartner sei daher ausschließlich der auf den Bermudas ansässige Versicherer.
103Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Schriftsätze des Beklagten nebst Anlagen vom 2. August 2016 (Bl. 56 der GA), 9. Januar 2018 (Bl. 243 der GA), 17. Oktober 2018 (Bl. 285 der GA), 22. Juni 2021 (Bl. 349 der GA), 28. Februar 2022 (Bl. 445 der GA) und vom 13. Mai 2022 (Bl. 487 der GA).
104Das Verfahren war zeitweise ausgesetzt bis zum Ergehen der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-786/19 (vgl. Bl. 307 der GA).
105Entscheidungsgründe
106A. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist die mit dem Versicherungsteuerbescheid vom 2. März 2017 (Bl. 201 der GA) erfolgte Steuerfestsetzung betreffend die Nachforderung von Versicherungsteuer für die Jahre 2007 bis 2009, 2013 und 2014 in Höhe von ... EUR. Das ursprünglich auch gegen die Steuerfestsetzung hinsichtlich der in den Jahren 2010 bis 2012 an die Versicherer gezahlten Versicherungsprämien gerichtete Klagebegehren hat sich im vorliegenden Verfahren erledigt, nachdem der Beklagte mit geändertem Versicherungsteuerbescheid vom 2. März 2017 (Bl. 204 der GA) die streitgegenständliche Steuerfestsetzung insoweit (von ... EUR auf ... EUR) korrigiert und bezüglich des darüberhinausgehenden Betrages einen eigenständigen neuen Versicherungsteuerbescheid für Dezember 2012 erlassen hat, der jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Streitverfahrens ist. Insoweit ist beim Beklagten ein separates Einspruchsverfahren anhängig.
107Dementsprechend legt der Senat das Rechtsschutzbegehren der Klägerin dahingehend aus, dass sie die Aufhebung des Steuerbescheids vom 28. September 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2016 und des Änderungsbescheids vom 2. März 2017 betreffend die Steuernachforderung für die Jahre 2007 bis 2009 sowie 2013 und 2014 in Höhe von ... EUR begehrt.
108Einer gerichtlichen Entscheidung dazu, ob die Festsetzung von Versicherungsteuer hinsichtlich der in den Jahren 2010 bis 2012 von der Klägerin gezahlten Versicherungsprämien rechtmäßig ist, weil die für die Jahre 2010 bis 2012 angesetzte Außenprüfung im Zeitpunkt der ergänzenden Prüfungsanordnungen (bezogen auf die Jahre 2007 bis 2009, 2013 und 2014) bereits abgeschlossen war und demnach nach Maßgabe von § 10 Abs. 4 VersStG die Steuerfestsetzung nicht für Dezember 2014, sondern für Dezember 2012 hätte erfolgen müssen, bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht. Nicht entschieden werden muss demgemäß die Frage, ob unter Berücksichtigung von § 202 Abs. 1 AO, wonach über das Ergebnis der Außenprüfung ein schriftlicher Bericht ergeht, und der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH vom 8. Juli 2009 XI R 64/07, BStBl. II 2010, 4) eine Außenprüfung in der Regel mit Zusendung des Prüfungsberichtes abgeschlossen ist, wenn sich nicht ausnahmsweise aus den Umständen des Einzelfalls und für den Steuerpflichtigen ersichtlich ergibt, dass die Prüfung noch nicht abgeschlossen werden sollte. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts und angesichts des vorliegend maßgeblichen Betriebsprüfungsberichtes vom 7. Oktober 2014, der keine einschränkende Formulierung dahingehend enthält, dass es sich nicht um einen endgültigen Bericht für Jahre 2010 bis 2012, sondern lediglich um einen vorläufigen Bericht bzw. einen Zwischenbericht handeln soll, die Steuerfestsetzung entsprechend korrigiert. Insoweit hat der Beklagte dem Klagebegehren bereits stattgegeben und hat die Klägerin obsiegt, ohne dass es noch einer Entscheidung des Senats bedarf.
109B. Die insoweit noch aufrechterhaltene Klage gegen die Steuerfestsetzung betreffend die Nachforderung von Versicherungsteuer für die Jahre 2007 bis 2009, 2013 und 2014 in Höhe von ... EUR ist zulässig, aber unbegründet.
110Die vom Beklagten zuletzt mit geänderten Versicherungsteuerbescheid für Dezember 2014 vom 2. März 2017 vorgenommene Steuerfestsetzung bezüglich der im Rahmen der durchgeführten Versicherungsteuer-Außenprüfung festgestellten, von der Klägerin in den Jahren 2007 bis 2009, 2013 und 2014 gezahlten Versicherungsprämien ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die von der Klägerin in den Streitjahren gezahlten Versicherungsprämien für Schiffsversicherungen zu Recht der Versicherungsteuer unterworfen. Hierbei ist die Steuerfestsetzung zutreffend für den Zeitraum Dezember 2014 erfolgt (dazu nachfolgend unter B. I.). Die Versicherungsprämien unterliegen zudem im Inland der Versicherungsteuerpflicht. Die Klägerin ist insbesondere zutreffend als Versicherungsnehmerin der streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisse angesehen worden (dazu nachfolgend unter B. II. 2.). Die Versicherungsteuerpflicht besteht unabhängig davon, ob es sich um Versicherer im EU/EWR-Raum oder im Drittlandsgebiet handelt (dazu nachfolgend unter B. II. 3.). Auch sonst ist die Inanspruchnahme der Klägerin als Steuerschuldnerin rechtmäßig (dazu nachfolgend unter B. III.).
111I. Der Beklagte hat die streitgegenständliche Steuerfestsetzung gemäß § 10 Abs. 4 VersStG zutreffend für den Zeitraum Dezember 2014 vorgenommen.
1121. Gemäß § 10 Abs. 4 VersStG in der seit dem 12. Dezember 2012 geltenden, durch das Verkehrsteueränderungsgesetz vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I 2012, 2431) geschaffenen Fassung sind die Steuerbeträge, die auf Grund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den letzten Monat, das letzte Quartal oder das letzte Kalenderjahr des Prüfungszeitraums festzusetzen. Diese Gesetzesfassung findet auf alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung laufenden Prüfungen Anwendung. Gemäß Art. 4 Nr. 1 des Verkehrsteueränderungsgesetzes ist diese Gesetzesfassung am Tag nach der Verkündung des Gesetzes, d.h. am 12. Dezember 2012, in Kraft getreten, ohne dass eine besondere zeitliche Anwendbarkeit von § 10 Abs. 4 VersStG geregelt wurde. Im Übrigen kommt es für die Anwendbarkeit von Verfahrensvorschriften – wie § 10 Abs. 4 VersStG – nicht auf die Besteuerungszeiträume an, auf die sich die Prüfung bezieht, sondern grundsätzlich auf das während der Durchführung der Außenprüfung bzw. bei Auswertung der Prüfungsfeststellungen geltende Recht.
1132. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund hat der Beklagte die Versicherungsteuer-Nachforderungen vorliegend mit dem Versicherungsteuerbescheid vom 28. September 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 2016 und des Änderungsbescheides vom 2. März 2017 zutreffend für den Anmeldungszeitraum Dezember 2014 festgesetzt, denn hierbei handelt es sich entsprechend § 10 Abs. 4 Satz 1 VersStG um den letzten Monat des Prüfungszeitraums. Aufgrund der mit Übersendung des Betriebsprüfungsberichts vom 17. Oktober 2014 bereits abgeschlossenen – wie im Zuge der Erledigung des ursprünglich auch hinsichtlich der Steuerfestsetzungen bezüglich der Jahre 2010 bis 2012 bestehenden Streits mittlerweile auch der Beklagte zugestanden hat – Prüfung für die Jahre 2010 bis 2012 konnte der Beklagte – entgegen seiner ursprünglichen Intention – keine einheitliche Prüfung den gesamten Zeitraum 2007 bis 2014 umfassend abschließen. Vielmehr verblieb ein geteilter Prüfungszeitraum für die Jahre 2007 bis 2009 sowie 2013 und 2014 aufgrund der Prüfungsanordnung vom 6. November 2014 und der erweiternden Anordnung vom 9. Januar 2015. Insoweit handelt es sich jedoch gleichwohl um einen einheitlichen Prüfungszeitraum 2007 bis 2009, 2013 und 2014. Der letzte Monat dieses Prüfungszeitraums ist Dezember 2014.
114Dem steht nicht entgegen, dass gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 BpO der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen soll. Wie diese Soll-Regelung bestimmt, handelt es sich hierbei um einen regelmäßen Prüfungszeitraum. Die Regelung lässt hingegen Ausnahmen zu. Zudem bestimmt § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO explizit die Ausnahme, dass der Prüfungszeitraum insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen kann, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht. Insoweit sind weitere Ausnahmen zulässig, soweit sie den betroffenen Steuerpflichtigen nicht unverhältnismäßig belasten, längere Prüfungszeiträume nicht willkürlich angeordnet werden bzw. die Anordnung ermessensgerecht ergeht. Vorliegend bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Ausweitung der Prüfung auf die nunmehr noch streitigen Zeiträume, um die Frage der Steuerbarkeit der Versicherungsprämien im gesamten Zeitraum prüfen und einheitlich beurteilen zu können.
115II. Die streitgegenständlichen Prämienzahlungen für Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Betrieb des Seeschiffs der Klägerin unterliegen im Inland der Versicherungsteuer.
1161. a) Gemäß § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt der Versicherungsteuer die Zahlung eines Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.
117Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VersStG in der ab dem 12. Dezember 2012 geltenden Fassung ist die Steuerpflicht bei der Versicherung betreffend Risiken mit Bezug auf im Geltungsbereich dieses Gesetzes in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragende oder eingetragene und mit einem Unterscheidungskennzeichen versehene Fahrzeuge aller Art – wie vorliegend Seeschiffe – gegeben, wenn das Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassen ist, besteht.
118Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 VersStG in der ab dem 12. Dezember 2012 geltenden Fassung besteht die Steuerpflicht bei einem Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der außerhalb des Gebietes der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums niedergelassen ist, wenn der Versicherungsnehmer bei der Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.
119Entsprechendes gilt auch für die bis zum 11. Dezember 2012 geltende, für den Streitfall im Wesentlichen inhaltgleiche vorhergehende Fassung von § 1 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 VersStG bzw. § 1 Abs. 3 VersStG.
120Gemäß § 7 Abs. 1 VersStG ist Steuerschuldner der Versicherungsnehmer. Zur Steuerentrichtung sind gemäß § 7 Abs. 2 bis 5 VersStG in der ab dem 12. Dezember 2012 geltenden Fassung bzw. § 7 Abs. 2 VersStG in der bis zum 11. Dezember 2012 geltenden Fassung grundsätzlich Versicherer bzw. ein zur Entgegennahme des Versicherungsentgelts Bevollmächtigter. Jedoch kann auch der Versicherungsnehmer hinsichtlich der Steuerentrichtung in Anspruch genommen werden. Gemäß § 7 Abs. 6 VersStG in der ab dem 12. Dezember 2012 geltenden Fassung bzw. § 7 Abs. 3 VersStG in der bis zum 11. Dezember 2012 geltenden Fassung hat der Versicherungsnehmer die Steuer zu entrichten, wenn weder der Versicherer noch ein zur Entgegennahme des Versicherungsentgelts Bevollmächtigter seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder seine Betriebsstätte in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum hat.
121b) Gegenstand der Versicherungsteuer ist nicht das Versicherungsverhältnis als solches, sondern die Zahlung des Versicherungsentgelts durch den Versicherungsnehmer, d.h. durch den zur Zahlung Verpflichteten. Die Versicherungsteuer ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes. Entscheidend ist, dass eine geschuldete Leistung an den Gläubiger so bewirkt wird, dass die Schuld durch Zahlung des Versicherungsentgelts erlischt (vgl. BFH vom 30. August 1961, II 234/58 U, BStBl. III 1961, 494; vom 20. April 1977, II R 36/76, BStBl. II 1977, 688; vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68).
122Versicherungsnehmer ist die Person, die nach der Versicherungspolice Versicherungsnehmer ist, denn diese hat die für die Versicherungsteuerpflicht maßgebenden Prämienzahlungen zu leisten (vgl. § 35 Satz 1 VVG, § 812 Satz 2 HGB; BFH vom 30. August 1961, II 234/58 U, BStBl. III 1961, 494). Die Person des Versicherungsnehmers ergibt sich aus den Regelungen im Versicherungsvertrag bzw. dem Text des Versicherungsausweises. Anhand dessen ist zu prüfen, zwischen welchen Personen das Versicherungsverhältnis i.S. des § 1 Nr. 1 VersStG, d.h. das Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, zustande gekommen ist (vgl. BFH vom 30. August 1961, II 234/58 U, BStBl. III 1961, 494; vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68).
1232. Vor diesem Hintergrund ist die Klägerin als Versicherungsnehmerin der streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisse anzusehen.
124Eine Inanspruchnahme der Klägerin wegen der streitgegenständlichen Versicherungsteuer kommt gemäß § 7 Abs. 6 VersStG bzw. § 7 Abs. 3 VersStG nur in Betracht, wenn diese als Versicherungsnehmerin, d.h. als Vertragspartnerin des streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisses bezogen auf die mit dem Betrieb des Seeschiffs verbundenen Risiken, angesehen werden kann. Dies ist zur Überzeugung des Senats zu bejahen. Wie ausgeführt ist die Person des Versicherungsnehmers vor allem anhand der Regelungen im Versicherungsvertrag bzw. des Textes des Versicherungsausweises zu bestimmen.
125a) Die Regelungen im Bereederungsvertrags (Bl. 507 der GA) enthalten keine explizite Aussage zu der Frage, wer Vertragspartner der im Hinblick auf das Schiff der Klägerin abgeschlossenen Versicherungsverhältnisse sein soll und damit als Versicherungsnehmer angesehen werden kann.
126Einerseits ist der Vertragsreeder (vorliegend X als Schiffsmanager) gemäß § 2 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 e) des Bereederungsvertrags berechtigt, die Klägerin zu vertreten und alle Geschäfts- und Rechtshandlungen, die üblicherweise mit dem Betrieb eines Schiffes zusammenhängen, einschließlich der Beschaffung von Versicherungsschutz, vorzunehmen. Hierbei kann der Vertragsreeder das Schiff auch im Rahmen einer Flotte mit anderen Schiffen versichern. Die vertragliche Regelung entspricht der typischerweise in Bereederungsverträgen enthaltenen Bestimmung, dass der Vertragsreeder (bzw. Schiffsmanager) vom Reeder (bzw. Eigentümer des Schiffs) beauftragt wird, für die Versicherung des Schiffes gegen alle Risiken und Gefahren, gegen die ein Schiff üblicherweise versichert ist, Sorge zu tragen. Diese generalklauselartige Beauftragung des Vertragsreeders ist daher hinsichtlich Umfang und Reichweite regelmäßig orientiert an einer objektiven Betrachtung, wie sie von verständigen und redlichen Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise vorgenommen wird, auszulegen (ausführlich dazu Guth, Der Versicherungsschutz des Ship Managers, 2011, S. 96).
127Soweit der Vertragsreeder hiernach grundsätzlich berechtigt ist, die Vereinbarungen hinsichtlich Versicherungsschutz mit den Versicherern im Namen der Klägerin abzuschließen, ist vorliegend mangels entsprechender Versicherungsverträge nicht ersichtlich, ob der Vertragsreeder die Verträge tatsächlich als Vertreter der Klägerin abgeschlossen hat mit der Folge, dass die Klägerin unmittelbare Vertragspartnerin der Versicherer, d.h. Versicherungsnehmerin, geworden ist.
128Andererseits folgt aus § 4 Nr. 1 des Bereederungsvertrags, dass der Vertragsreeder die Rechtsgeschäfte in eigenem Namen und auf Rechnung der Reederei, d.h. der Klägerin, vornehmen kann. Nur bei über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Rechtsgeschäften ist die vorherige schriftliche Zustimmung der Klägerin einzuholen. Auch nach dem Versicherungsvertragsrecht ist ausdrücklich der Abschluss von Versicherungen im eigenen Namen und für fremde Rechnung (vgl. § 43 VVG) vorgesehen. Hierbei muss der Begünstigte, d.h. die versicherte Person, namentlich nicht benannt werden.
129Allein der Bereederungsvertrag erlaubt daher keine sichere Aussage dazu, wer Vertragspartei und damit Versicherungsnehmer der durch den Vertragsreeder abgeschlossenen Versicherungsverhältnisse zu Gunsten der Klägerin geworden ist.
130b) Die vorliegenden sog. Cover Notes bzw. Certificates of Entry (CoE) geben ebenfalls nicht zweifelsfrei wieder, wer Versicherungsnehmer und wer (lediglich) versicherte Person sein soll, denn die von den Versicherungsverhältnissen begünstigten (im weitesten Sinne) Personen werden ohne genauere Differenzierung als „Assured“ bzw. „Co-Assured“ bezeichnet. Auch hieraus allein lässt sich nicht sicher erkennen, ob die Klägerin Versicherungsnehmerin oder (lediglich) versicherte Person ist.
131c) Für die Ansicht der Klägerin, dass vorliegend nicht sie, sondern allein der Vertragsreeder bzw. Schiffsmanager Versicherungsnehmer geworden sei, könnte zudem § 52 Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen 1919 (ADS) bzw. Ziffer 4 Allgemeine Seeschiffsversicherungsbedingungen 2009 (DTV-ADS 2009) sprechen. Gemäß § 52 Abs. 1 ADS bzw. Ziffer 4.1 DTV-ADS 2009 gilt die Versicherung als für Rechnung des Versicherungsnehmers genommen (Versicherung für eigene Rechnung), wenn sich aus den Umständen nicht ergibt, dass der Versicherungsnehmer die Versicherung im eigenen Namen für einen anderen nehmen will (Versicherung für fremde Rechnung). Gemäß § 52 Abs. 2 ADS bzw. Ziffer 4.2 DTV-ADS 2009 ist bei einer Versicherung, die für einen anderen genommen wird, auch wenn der andere genannt wird, anzunehmen, dass der Vertragsschließende nicht als Vertreter, sondern im eigenen Namen für fremde Rechnung handelt.
132d) Aufgrund einer Gesamtbetrachtung der vertraglichen Regelungen sowie der tatsächlichen Durchführung der Versicherungsverhältnisse gelangt der Senat allerdings zu der Überzeugung, dass – ggf. neben dem Vertragsreeder – die Klägerin Vertragspartnerin der Versicherer und damit Versicherungsnehmerin der streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisse geworden ist. Insoweit kann offenbleiben, ob der Vertragsreeder/ Schiffsmanager vorliegend als Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler oder in vergleichbarer Funktion tätig geworden ist. Jedenfalls ergeben die Gesamtumstände mit hinreichender Sicherheit, dass jedenfalls die Klägerin Versicherungsnehmer geworden ist.
133(1) Zunächst ergibt sich bereits – und damit unabhängig von dem Streit um die Auslegung der in den Cover Notes/CoE enthaltenen Bezeichnung „assured“ – aus der Betrachtung des Bereederungsvertrags insgesamt, dass es nicht nur nach den vertraglichen Regelungen zulässig ist, sondern auch der Intention der beteiligten Personen, d.h. der Klägerin und des Vertragsreeders, entspricht, dass die Klägerin selbst Vertragspartei des durch den Vertragsreeder abzuschließenden Versicherungsvertrags werden sollte und nicht (lediglich) versicherte Person. Denn ob der Vertragsreeder die Verträge im eigenen Namen abschließt und damit selbst unmittelbar Vertragspartei des Versicherungsvertrages wird, dürfte für die Regelung in § 5 Sätze 1 und 2 des Bereederungsvertrags regelmäßig ohne Bedeutung sein. Nach dieser Vertragsbestimmung gehört zu den Aufgaben des Vertragsreeders auch die Bearbeitung von Schadens- und Versicherungsfällen und die Abwicklung der Versicherungsfälle. Zudem wird explizit erwähnt, dass der Vertragsreeder die Verhandlungen mit den Versicherungen führt und (nur) Vergleichsabschlüsse oder ähnliches der vorherigen Zustimmung der Klägerin bedürfen. Wenn jedoch der Vertragsreeder unmittelbar und alleinige Vertragspartei/Versicherungsnehmer geworden sein sollte, wäre diese Regelung obsolet, denn die Wahrnehmung der Rechte gegenüber den Versicherern stünde ohnehin (allein) ihm als Vertragspartei zu. Soweit nicht aufgrund gesetzlicher Regelungen oder expliziter vertraglicher Bestimmungen der Klägerin als (lediglich) versicherte Person unmittelbar Rechte gegenüber den Versicherern eingeräumt würden, wäre es der Klägerin in der Regel verwehrt, Schadensfälle gegenüber den Versicherungen geltend zu machen. Soweit gemäß § 5 Bereederungsvertrag diese Berechtigung dem Vertragsreeder zusteht, könnte dies dafür sprechen, dass nach dem Willen der Parteien dieses Vertrags der Klägerin als Reederei sehr wohl unmittelbar Rechte gegenüber den Versicherern zustehen sollten, d.h. sie selbst Vertragspartnerin bzw. Versicherungsnehmerin geworden sein sollte, wenngleich die praktische Abwicklung dem Vertragsreeder/Schiffsmanager (ggf. als ebenfalls unmittelbare Vertragspartei/weiterer Versicherungsnehmer) obliegen sollte.
134(2) Auch die Regelung in § 2 Nr. 3 des Bereederungsvertrags mit der darin enthaltenen Vertretungsmacht, dass der Vertragsreeder die Klägerin gerichtlich und außergerichtlich vertreten kann, wäre obsolet und ohne praktische Relevanz, wenn der Vertragsreeder die Versicherungsverträge ausschließlich im eigenen Namen abschließt und alleiniger Versicherungsnehmer werden sollte, jedenfalls die Klägerin nicht auch zur Versicherungsnehmerin werden sollte. Im Übrigen wäre eine solche Vollmacht an sich für den Abschluss eines Versicherungsvertrags zu Gunsten eines Dritten, der nicht selbst Versicherungsnehmer sein soll, gar nicht erforderlich. Denn aus § 781 Abs.1 HGB a.F. (ebenso § 74 Abs.1 VVG) ergibt sich, dass die Versicherung des Interesses eines Dritten (Versicherung für fremde Rechnung) eine derartige Vollmacht gerade nicht erfordert (vgl. BFH vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68).
135(3) Berücksichtigt man des Weiteren, dass – insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig – die Versicherungsprämien unmittelbar durch die Klägerin gezahlt wurden (und teilweise sogar eine unmittelbare Rechnungslegung gegenüber der Klägerin erfolgt ist), die Prämienzahlungspflicht die maßgebliche Pflicht eines Versicherungsnehmers ist und die Zahlung des Versicherungsentgelts Anknüpfungspunkt der Besteuerung nach dem VersStG ist, spricht auch dies dafür, dass die Klägerin Versicherungsnehmerin geworden ist. Gerade diese praktische Abwicklung der Vertragsverhältnisse bzgl. der elementaren Vertragspflicht der Zahlung des Versicherungsentgelts spricht dagegen, dass die Versicherungsverhältnisse allein auf Basis eines Vertrags zu Gunsten Dritter abgeschlossen worden sind mit der Folge, dass die Klägerin lediglich versicherte Person und nicht auch Versicherungsnehmerin geworden ist. Die Zahlungen der Versicherungsentgelte sind unmittelbar durch die Klägerin erfolgt. Die Rechnungen sind teilweise von den Versicherern, teilweise von den Brokern/Maklern unmittelbar an die Klägerin, teilweise unmittelbar an den Vertragsreeder (X), dann jedoch mit der Erwähnung der Klägerin in einem c/o-Vermerk erteilt worden. Es erscheint dem Senat nicht plausibel, dass Rechnungen vielfach direkt an die Klägerin gestellt und durch diese gezahlt worden sind, ohne dass diese selbst als Vertragspartnerin der Versicherungsverhältnisse die Versicherungsprämie unmittelbar schuldet.
136(4) Entgegen der Ansicht der Klägerin folgt auch daraus, dass die Klägerin in den Cover Notes/CoE zumeist als „Assured/Co-Assured“ erwähnt bzw. in der dazugehörigen Aufzählung aufgeführt wird, im Umkehrschluss nicht etwa, wie die Klägerin meint, dass sie selbst kein „Member/Joint-Member“ und aus diesem Grund keine Vertragspartnerin der Versicherer geworden sei.
137Zutreffend ist, dass es soweit ersichtlich keine allgemeingültige Definition dieser Begrifflichkeiten gibt. Daraus folgt jedoch nicht, dass eine in den Versicherungsunterlagen als „Assured“ aufgeführte Person nicht Versicherungsnehmerin ist. Begrifflich stehen die Bezeichnungen „Assured/Co-Assured“ bzw. „Insurance /Co-Insurance“ im englischen Recht für die Fälle der Mitversicherung. Unter diesem Oberbegriff wird typischerweise zwischen „Joint-Insurance“, wenn die Versicherten gleichgerichtete Interessen haben, und „Composite-Insurance“, wenn die Versicherten verschiedene Interessen verfolgen, differenziert (so Guth, a.a.O., S. 199 f.).
138Vorliegend geht es jedoch nicht um die Frage, ob Schiffseigentümer und Schiffsmanager gleichgerichtete oder verschiedene Interessen verfolgen, sondern darum, wer die vertragliche Stellung des Versicherungsnehmers einnimmt. Ausweislich der Cover Notes/CoE wird hierbei die Klägerin unter „Assured/Co-Assured“ als gleichrangig mit, teilweise sogar in der Aufzählung vor dem Bereederer bzw. Schiffsmanager aufgezählt. Insoweit wird beispielhaft Bezug genommen auf Certificate of Entry Nr. ... (P&I F; Bl. 169 der GA) und Cover Note Star (Bl. 184 der GA).
139Teilweise ist die Klägerin zwar nicht unter Nennung der Firma aufgeführt, jedoch sind neben der Erwähnung der Schiffsflotte, zu der auch das Schiff der Klägerin gehört, in der weiteren Aufzählung unter „Assured“ u.a. „Owning Companies“, mithin auch die Klägerin als Schiffseigentümerin, benannt. Insoweit wird beispielhaft Bezug genommen auf Cover Note Nr. ... (...; Bl. 170 der GA), Cover Note Nr. ... (...; Bl. 173 der GA), Cover Note Nr. ... (...; Bl. 176 der GA), Evidence of Cover Nr. ...) (...; Bl. 179 der GA), Cover Note Nr. ... (...; Bl. 182 der GA), Certificate of Insurance Nr. ... (S; Bl. 187 der GA).
140Auch dies spricht im Gesamtkontext dafür, dass die Klägerin jedenfalls auch, ggf. neben dem Schiffsmanager, in den streitgegenständlichen Versicherungsverhältnissen die Stellung einer Versicherungsnehmerin innehat.
141Dies wird dadurch verstärkt, dass die Cover Notes bzw. CoE sehr wohl auch Anhaltspunkte dafür liefern, welche Vertragsposition die darin aufgeführten Personen innehaben. Zwar ist durchaus umstritten, ob ein sog. Certificate of Entry einer Versicherungspolice nach deutschem Rechtsverständnis gleichgestellt werden kann. Ausgehend davon, dass ein Certificate of Entry auch nach den Regeln der Versicherer (P&I ...) regelmäßig den Beweis für einen abgeschlossenen Versicherungsvertrag erbringt und diese Beweisfunktion nach deutschem Recht wesentliche Funktion einer Police ist, kann allerdings auch ein Certificate of Entry oder eine Cover Note als Beweismittel angesehen werden. Die Erwähnung in einem solchen Vertragsdokument lässt isoliert betrachtet zwar die Frage, ob die aufgeführten Personen Versicherungsnehmer oder lediglich Versicherte sind, offen. Soweit sich jedoch aus dem Dokument keine weiteren Differenzierungen ergeben und auch sonst keine entgegenstehenden Umstände vorliegen, dürften die aufgeführten Personen regelmäßig eine vergleichbare vertragliche Position innehaben, so dass – wenn denn, wie die Klägerin vorträgt, der Schiffsmanager Versicherungsnehmer ist – auch die Klägerin selbst Versicherungsnehmerin ist.
142(5) Soweit die Klägerin behauptet, der Vertragsreeder habe die Versicherungsverträge in eigenem Namen, allerdings für Rechnung der Klägerin abgeschlossen und hierbei die Klägerin unter Inanspruchnahme der Vertragsverhältnisse seiner Muttergesellschaft in Zypern (X Cy) mit den Versicherern in die Schiffsflotte eingebunden und insoweit für den nach dem Bereederungsvertrag geschuldeten Versicherungsschutz gesorgt, ist sie entsprechende Nachweise schuldig geblieben.
143In diesem Zusammenhang trifft die Klägerin, die für im Inland registrierte Seeschiffe Versicherungen bei ausländischen Versicherern abgeschlossen hat, hinsichtlich des Inhalts und der Abwicklung der Versicherungsverträge aufgrund des Auslandsbezugs gemäß § 90 Abs. 2 AO eine gesteigerte Mitwirkungspflicht einschließlich der Obliegenheit zur Beweisvorsorge gemäß § 90 Abs. 2 Satz 3 AO. Kommt der Steuerpflichtige dieser Mitwirkungspflicht nicht nach und ist der Sachverhalt anderweitig nicht aufklärbar, kann zum Nachteil des Steuerpflichtigen von einem Sachverhalt ausgegangen werden, für den unter Berücksichtigung der Beweisnähe des Steuerpflichtigen und seiner Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhaltes (lediglich) eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. BFH vom 18. November 2021, V R 24/20, BFH/NV 2022, 624; vom 9. Mai 2017, VIII R 51/14, BFH/NV 2018, 5).
144Angesichts dessen genügt allein der Verweis auf die vertraglichen Regelungen im Bereederungsvertrag oder die Angaben in den Cover Notes/CoE nicht, um nachzuweisen, dass lediglich die Schiffsmanagementgesellschaft Versicherungsnehmer geworden ist, da sich hieraus – wie ausgeführt – isoliert betrachtet gerade nicht eindeutig ergibt, wer in wessen Namen die Versicherungsverträge abgeschlossen hat. Im Gegenteil spricht eine Gesamtbetrachtung dieser Unterlagen sowie des Bereederungsvertrages und unter Einbeziehung der praktischen Abwicklung vor allem des Zahlungsverkehrs gerade dafür, dass die Klägerin selbst Vertragspartnerin und damit Versicherungsnehmerin geworden ist.
145(6) Der Annahme einer Versicherungsnehmereigenschaft der Klägerin steht nicht entgegen, dass möglicherweise auch der Vertragsreeder/Schiffsmanager selbst – wie die Klägerin argumentiert – Versicherungsnehmer/Vertragspartner der Versicherer geworden ist. Insoweit ist der Klägerin zuzustimmen, da es schlüssig und nachvollziehbar erscheint, dass auch der Vertragsreeder im Zusammenhang mit dem Betreiben des Schiffs der Klägerin in den Versicherungsschutz einbezogen worden ist. Es entspricht der Interessenlage der Klägerin und des Bereederers, dass beide in den Versicherungsschutz einbezogen sind, den der Bereeder auftragsgemäß zu Gunsten des Schiffs und des Schiffseigentümers verschafft hat. Die Intention, die Rechte des Schiffsmanagers dadurch zu stärken, dass er als Mitversicherter gilt und damit im Bedarfsfalle eigenständig seine Rechte gegenüber dem Versicherer wahrnehmen kann, liegt nahe. Wäre der Schiffsmanager etwa nicht mitversichert, könnte er ggf. Regressansprüchen ausgesetzt sein.
146Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, weshalb der Schiffsmanager möglicherweise nicht von der ihm vertraglich eingeräumten Vertretungsmacht (vgl. § 2 Nr. 3 des Bereederungsvertrags) Gebrauch macht, denn, wenn er ausdrücklich als Stellvertreter des Auftraggebers/Schiffseigentümers einen Versicherungsvertrag abschließt, besteht kein Zweifel daran, dass der Schiffsmanager nicht selbst Vertragspartei und damit Versicherungsnehmer wird. Um dem Schiffsmanager dennoch Versicherungsschutz zu gewähren, muss sich der Versicherungsschutz ausdrücklich auf ihn als versicherte Person erstrecken. Es mag sogar geboten sein, die vertragliche Position des Schiffsmanagers nicht nur als (lediglich) Mitversicherter, sondern sogar als Versicherungsnehmer auszugestalten mit der Konsequenz, dass er dann auch gegenüber dem Versicherer zur Prämienzahlung verpflichtet ist und allenfalls im Innenverhältnis gegenüber dem Schiffseigentümer/Auftraggeber einen Freistellungsanspruch hat (dazu Guth, a.a.O., S. 207 f.).
147Allerdings ist für den Senat nicht ersichtlich, dass dieses nachvollziehbare Interesse, auch den Schiffsmanager in den Versicherungsschutz einzubeziehen, erfordert, dass der Schiffsmanager und nicht auch der Schiffseigentümer Versicherungsnehmer wird. Hierfür sind weder rechtliche Gründe ersichtlich noch legen die Intention der Vertragsbeteiligten oder praktische Erwägungen es nahe, dass der Bereeder als Schiffsmanager alleiniger Versicherungsnehmer sein soll. Dagegen spricht zudem, dass er zumindest im Verhältnis zum Versicherer dann auch allein das Haftungsrisiko für die Zahlung der Versicherungsprämien tragen müsste. Dies ist weder nach den vertraglichen Regelungen noch der Intention der Beteiligten naheliegend.
148(7) Im Übrigen dürfte die in der Schiffsversicherungsbranche übliche Praxis, den Schiffsmanager im Rahmen einer Mitversicherung als Vertragspartei/Versicherungsnehmer anzusehen, sich dadurch erklären, dass nach dem für führende Versicherer maßgeblichen englischen Recht – anders als nach deutschem Recht – eine Mitversicherung nicht allein aufgrund ergänzender Vertragsauslegung möglich ist, sondern statt dessen jeweils getrennte Versicherungsverträge abgeschlossen werden, um auch den Schiffsmanager zu versichern (vgl. dazu Guth, a.a.O., S. 181, 200 f., 253).
149Schließlich hat auch der BFH (Urteil vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68) in einem Fall, in dem es – insoweit umgekehrt zum vorliegenden Streitfall – um die Versicherungsteuerpflicht eines Vertragsreeders für Versicherungsprämien von Schiffen ging, zur Frage Stellung genommen, ob und inwieweit mehrere Versicherungsnehmer als Vertragspartei auftreten können. In dem vom BFH entschiedenen Fall betrieb ein Vertragsreeder Schiffe im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung der jeweiligen Schiffseignergesellschaften, schloss für die Schiffe Versicherungen ab und zahlte die Versicherungsprämien. In den Versicherungspolicen waren sowohl die Eignergesellschaften als auch der Vertragsreeder als Versicherungsnehmer angeführt. Bei dieser Konstellation verwarf der BFH den Einwand des Vertragsreeders, nur der jeweilige Schiffseigner sei Versicherungsnehmer, weil die Versicherungen für Rechnung der Schiffseignergesellschaften abgeschlossen worden seien. Hierbei stellte der BFH klar, dass der Benennung von zwei Personen als Versicherungsnehmer nichts im Wege stehe und diese gemäß § 421 BGB Gesamtschuldner der Prämie und gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG (a.F.) i.V.m. § 44 Abs. 1 AO Gesamtschuldner der Versicherungsteuer seien.
150(8) Etwas Anderes folgt auch nicht aus § 52 Abs. ADS bzw. Ziffer 4 DTV-ADS 2009. Die Vermutung gemäß § 52 Abs. 1 ADS bzw. Ziffer 4.1 DTV-ADS 2009 für eine Versicherung im eigenen Namen des Schiffsmanagers ist regelmäßig bereits deshalb widerlegt, da bekannt ist, dass ein Schiff nicht dem Schiffsmanager, sondern den Eigentümer (Reeder) zivilrechtlich zuzurechnen ist (so auch Guth, a.a.O., S. 189). Soweit der Manager daher typischerweise fremde Sachen versichert, ist dies eine Eigenversicherung. Eingreifen könnte zwar die Auslegungsregel in § 52 Abs. 2 ADS bzw. Ziffer 4.2 DTV-ADS 2009, wonach im Zweifel eine Versicherung im eigenen Namen und für fremde Rechnung, d.h. gerade kein Fall einer Stellvertretung vorliegt. Vorrangig ist jedoch auf die Umstände des konkreten Einzelfalls und der hierbei maßgeblichen vertraglichen Regelungen bzw. Durchführung der Vertragsverhältnisse abzustellen, ehe die allgemeine Auslegungsregel herangezogen werden muss. Im Übrigen ist die Aussage in § 52 Abs. 2 ADS bzw. Ziffer 4.2 DTV-ADS 2009, dass es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung handelt, zumindest unpräzise, wenn nicht gar unrichtig, denn die Prämienzahlungspflicht trifft denjenigen, der im eigenen Namen den Versicherungsvertrag abschließt und damit Versicherungsnehmer wird. Ein Versicherungsnehmer handelt aber gerade nicht für Rechnung des Dritten, dessen Interesse versichert ist, sondern gerade für eigene Rechnung (ebenso Schwampe, Seeschiffsversicherung, 2017 Ziff. 4 Rn. 7). Wie bereits dargelegt erscheint es aber untypisch und nicht der Intention der vorliegend beteiligten Schiffsmanagementgesellschaft und der Klägerin entsprechend, dass allein der Schiffsmanager Prämienschuldner gegenüber den Versicherern ist.
1513. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Versicherungsteuerpflicht sind gegeben, und zwar unabhängig davon, ob die Versicherer im EU/EWR-Raum oder im Drittland ansässig sind. Die Versicherungsteuerpflicht besteht sowohl für den Vertragsschluss mit Versicherern im EU/EWR-Raum als auch mit Versicherern im Drittlandsgebiet, damit insgesamt für die vorliegend streitgegenständlichen Prämienzahlungen der Klägerin.
152a) Sowohl nach dem Vortrag der Beteiligten als auch nach Aktenlage ist nach wie vor im Wesentlichen unklar, wer die mit der Klägerin in Geschäftsbeziehung stehenden Versicherer der streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisse sind bzw. ob diese – wie von der Klägerin behauptet – innerhalb der EU oder des EWR ansässig sind. Aus von der Klägerin vorgelegten Rechnungsunterlagen und Versicherungsbestätigungen, insbesondere den Cover Notes/CoE, sind vielmehr gerade Anschriften der Versicherer außerhalb der EU und des EWR ersichtlich. Daraus lässt sich nicht vollständig und zweifelsfrei ersehen, mit welchen Versicherern im Einzelnen die Klägerin Verträge geschlossen hat, ob diese Versicherer in der EU bzw. im EWR ansässig sind sowie wer überhaupt die jeweiligen Vertragspartner und damit Versicherer, Versicherungsnehmer, Makler usw. sind. Die von der Klägerin vorgelegten Cover Notes/CoE lassen vielfach nicht die konkreten Vertragsbeziehungen, die genauen Bezeichnungen der Versicherer und die Ansässigkeit innerhalb der EU bzw. des EWR erkennen.
153Zudem hat die Klägerin ihren Vortrag zur Ansässigkeit der Versicherer im Verfahren korrigiert und zuletzt im Hinblick auf Versicherer im Drittlandsgebiet vorgetragen, dass diese außerhalb des EU/EWR-Gebiets ansässig seien, zumindest dort ihren statutarischen Sitz unterhielten, ihre tatsächlichen Geschäfte jedoch innerhalb der EU/des EWR abwickelten. Für den Senat bestehen sowohl nach Aktenlage als auch nach dem Vortrag der Beteiligten keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Versicherungsentgelte letztendlich an nicht innerhalb der EU oder des EWR ansässige Versicherer gezahlt hat. Jedenfalls hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht hinreichend dargelegt, dass ihr Vortrag, es handele sich um EU‑Versicherer, als zutreffend erscheinen kann und insoweit zumindest Unklarheiten hinsichtlich des eingreifenden Besteuerungstatbestandes bestehen. Trotz der der Klägerin, obliegenden Mitwirkungspflicht, die angesichts der begründeten Geschäftsbeziehungen zu jedenfalls im Ausland ansässigen Versicherungsmaklern bzw. Versicherern nochmals erhöht ist (vgl. § 90 Abs. 2 AO), hat die Klägerin zumindest die ernsthafte Möglichkeit dafür, dass die Versicherer innerhalb der EU oder des EWR ansässig seien oder zumindest dort über eine Niederlassung, Repräsentanz oder Ähnliches verfügten, nicht dargelegt. Insoweit ist der Vortrag der Klägerin, gerade auch angesichts der vom Beklagten vorgetragenen Umstände, wonach zum einen bereits die konkreten Versicherer, zum anderen deren Ansässigkeit nicht zweifelsfrei feststellbar seien, nicht substantiiert genug.
154Die Klägerin trifft als Versicherungsnehmerin und im Inland ansässige Steuerpflichtige im Sinne von § 33 AO die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach der Abgabenordnung, so dass sie auch zur Auskunft über die Versicherer, mit denen sie (direkt oder über Makler) Verträge geschlossen hat, verpflichtet ist. Die Regelungen im VersStG lassen keine Einschränkung oder gar einen Ausschluss der allgemeinen steuerlichen Pflichten erkennen. Insoweit umfasst die Pflicht auch, dass sich die Klägerin – unter Berufung auf die aufgrund der vertraglichen Beziehungen mit den Maklern bzw. Versicherern bestehenden zivilrechtlichen Informationsansprüche – die ihr gegebenenfalls nicht vorliegenden Erkenntnisse, wer ihre Vertragspartner, d.h. die Versicherer sind, zu verschaffen, um sodann der Finanzbehörde Auskunft hierüber geben und so ihren steuerlichen Pflichten (vgl. auch § 10 Abs. 1 Satz 1 VersStG) nachkommen zu können. Eine vergleichbare Handhabe wie die Geltendmachung der zivilrechtlichen (vertraglichen) Ansprüche durch die Klägerin gegenüber ihren Vertragspartnern steht dem Beklagten im Verhältnis zu den im Ausland ansässigen Versicherern und Maklern nicht zu. Hinzu kommt, dass es sich vorliegend aufgrund der jedenfalls im Ausland ansässigen Makler und Versicherer um Sachverhalte mit Auslandsbezug handelt, für die nach § 90 Abs. 2 AO erhöhte Mitwirkungspflichten und unter Umständen auch Beweisvorsorgepflichten eingreifen. Diesen Anforderungen konnte die Klägerin im vorliegenden Fall nicht genügen.
155b) Letztendlich aber kann der Senat die Frage, inwieweit Prämienzahlungen an in der EU/im EWR-Gebiet ansässige Versicherer gezahlt worden sind, dahinstehen lassen, denn auch bei Bejahung dieser Frage liegen die Voraussetzungen für eine Versicherungsteuerpflicht vor.
156Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob § 1 Abs. 3 Nr. 1 VersStG nicht anwendbar ist, weil für die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 1 Abs. 2 VersStG grundsätzlich eine Niederlassung eines Versicherers in der EU oder im EWR ausreichen kann, die ggf. auch durch Tätigwerden eines Maklers begründet werden könnte.
157Im Übrigen bestehen nach dem Sachvortrag der Beteiligten Zweifel, ob die Versicherungsmakler tatsächlich – wie die Klägerin vorträgt – derart in der Sphäre der Versicherer anzusiedeln sind, dass die Makler gleichzeitig eine Niederlassung, Repräsentanz oder Ähnliches für die Versicherer in EU/EWR-Raum vermitteln. Insoweit müssten – vor allem unter Berücksichtigung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, insbesondere Art. 3 der Zweiten Richtlinie des Rates vom 22. Juni 1988 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG (Richtlinie 88/357/EWG, ABl. EG Nr. L 172/1, S. 1) – Anhaltspunkte dafür ersichtlich sein, dass die Makler als „ständig Beauftragter“ angesehen werden könnten und insoweit als hinreichende Vertreter für die Versicherer auftreten, um damit gleichzeitig eine Niederlassung/Betriebsstätte der Versicherer begründen zu können.
158c) Soweit die Prämienzahlungen an Drittlandsversicherer erfolgt sind, genügt es gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 VersStG für die Besteuerung in Deutschland grundsätzlich, dass der Versicherungsnehmer – wie vorliegend die Klägerin – bei der Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Sitz im Inland hat.
159d) Selbst bei Vorliegen einer Ansässigkeit der Versicherer und des Auftretens der Makler in der EU und damit der Annahme von Versicherungsverhältnissen mit der EU oder im EWR ansässigen Versicherern ergibt sich die Steuerbarkeit der streitgegenständlichen Versicherungen aus § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VersStG, weil die maßgebliche Flaggenführung bzw. die Belegenheit des Risikos trotz Ausflaggung im Inland liegt.
160Hierzu hat der EuGH (Urteil vom 15. April 2021, C-786/19, ABl. EU 2021, C 217, 11) nach Vorlage durch den erkennenden Senat entschieden, dass gemäß Art. 46 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 92/49/EWG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. d zweiter Gedankenstrich der Zweiten Richtlinie 88/357/EWG bei der Frage der Besteuerung von Beiträgen zu Versicherungen bzgl. verschiedener Risiken, die mit dem Betrieb von Seeschiffen verbunden sind, als „Zulassungsmitgliedstaat" bzw. als „Mitgliedstaat, in dem das Risiko belegen ist", auf den Mitgliedstaat abzustellen ist, der das Schiffsregister führt, in dem das jeweilige Schiff vor allem zum Zweck des Eigentumsnachweises eingetragen ist. Hiernach ist für die Frage der Besteuerung von im Rahmen solcher Versicherungsverträge gezahlten Prämien demgegenüber insbesondere nicht maßgeblich, dass das Schiff aufgrund einer befristet genehmigten Ausflaggung in einem Flaggenregister eines anderen Staates eingetragen ist. Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung bestehen entgegen der Ansicht der Klägerin keine Zweifel an der Vereinbarkeit des Besteuerungstatbestands mit Unionsrecht.
161Hiernach ist auch bei Eintragung eines Schiffes in einem weiteren – ausländischen – (Flaggen-)Register, wie es vorliegend beim Schiff der Klägerin der Fall ist, für die Anknüpfung der Versicherungsteuerbarkeit im Inland weiterhin die Eintragung des Schiffs im inländischen Seeschiffsregister maßgeblich. Demgemäß liegt die Voraussetzung, dass es sich um die Versicherung eines Risikos mit Bezug auf im Geltungsbereich dieses Gesetzes in ein amtliches oder amtlich anerkanntes Register einzutragende oder eingetragene Fahrzeuge aller Art handelt, mit dem vorliegend im inländischen Seeschiffsregister eingetragenen Schiff der Klägerin gegeben. Diesem Schiff ist mit seiner international geltenden IMO-Nummer auch ein Unterscheidungskennzeichen im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VersStG zugeteilt worden.
162III. Auch im Übrigen ist die Inanspruchnahme der Klägerin als Steuerschuldnerin nicht zu beanstanden und damit rechtmäßig.
1631. Die Klägerin wird rechtmäßig als Versicherungsnehmerin hinsichtlich der Steuernachforderungen als Steuerentrichtungsschuldnerin in Anspruch genommen.
164a) Die Inanspruchnahme der Klägerin stützt sich auf § 7 Abs. 6 VersStG in der ebenfalls durch das Verkehrsteueränderungsgesetz vom 5. Dezember 2012 mit Wirkung zum 12. Dezember 2012 in Kraft getretenen Fassung. Danach hat der Versicherungsnehmer die Steuer zu entrichten in Fällen, in denen weder der Versicherer noch ein zur Entgegennahme des Versicherungsentgelts Bevollmächtigter seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder seine Betriebsstätte in der EU oder im EWR hat. Diese seit Dezember 2012 geltende Gesetzesfassung ist auf den Streitfall jedenfalls insoweit anwendbar, als es die versicherungsrechtliche Behandlung von Prämienzahlungen in den Jahren 2013 und 2014 betrifft.
165b) Offengelassen werden kann, ob diese Fassung von § 7 Abs. 6 VersStG auch insoweit im Streitfall anwendbar ist, als es um die Besteuerung von Prämienzahlungen in den Jahren 2007 bis 2009 geht, oder aber stattdessen die Vorgängerregelung in § 7 Abs. 3 VersStG a.F. maßgeblich ist.
166Die Inanspruchnahme der Klägerin als Steuerschuldnerin ist jedenfalls auch nach der bis zum Dezember 2012 geltenden Gesetzesfassung von § 7 Abs. 3 VersStG a.F. gerechtfertigt, da § 7 Abs. 3 VersStG a.F. zwar keine wortlautgleichen, jedoch eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung enthielt.
167c) Hiernach ist die Inanspruchnahme der Klägerin als Versicherungsnehmerin, die unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 6 VersStG n.F. bzw. § 7 Abs. 3 VersStG a.F. zur Entrichtung der Steuer verpflichtet ist, zulässig, wenn es sich um der Versicherungsteuerpflicht unterliegende Zahlungen von Versicherungsentgelt im Zusammenhang mit Versicherungsverhältnissen mit sog. Drittlandversicherern handelt, die weder selbst über einen Sitz/eine Niederlassung noch über einen Bevollmächtigten innerhalb der EU/des EWR verfügen. Davon ist hier – wie bereits dargelegt – auszugehen, da jedenfalls die Klägerin keinen substantiierten Nachweis dafür erbracht hat, dass die Versicherer innerhalb der EU bzw. des EWR-Gebiets ansässig sind. Angesichts der jedenfalls nicht ausreichend erfolgten Vorlage aussagekräftiger Unterlagen, anhand derer es möglich gewesen wäre, umfassend und vollständig Kenntnis von den Namen und Kontaktadressen aller Versicherer, mit denen die Klägerin im Streitzeitraum Versicherungsverhältnisse abgeschlossen hat, zu erlangen und zu prüfen, ob die Versicherer nicht doch in der EU oder dem EWR ansässig sind, und angesichts des Vorliegens von Auslandssachverhalten (vgl. § 90 Abs. 2 AO) ist die Ermittlungspflicht sowohl des Beklagten als auch des Gerichts abgemildert. Die verbleibenden Zweifel, ob es sich um EU/EWR-Versicherer oder Drittlandversicherer handelt, gehen zu Lasten der Klägerin.
168d) Schließlich käme eine Inanspruchnahme der Klägerin hinsichtlich der streitgegenständlichen Versicherungsteuer auch gemäß § 7 Abs. 7 Nr. 1 VersStG in Betracht, da die Klägerin, falls sie nicht selbst Steuerentrichtungsschuldnerin ist, als versicherte Person grundsätzlich für die Steuerentrichtung haftet.
1692. Es bestehen keine Einwände dahingehend, dass die Klägerin als Gesamtschuldnerin in Anspruch genommen wird, wenngleich grundsätzlich noch weitere Gesamtschuldner existieren würden.
170Die Möglichkeit einer Inanspruchnahme als Gesamtschuldner ist grundsätzlich sowohl nach der jetzigen gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 8 VersStG als auch für Besteuerungszeiträume vor 2013 nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung möglich. Zwar ist ein Versicherer als Entrichtungsschuldner „vorrangig“ in Anspruch zu nehmen (vgl. BFH vom 12. Dezember 1973, II R 88/66, BStBl. II 1974, 310), doch kann dies vor allem bei pflichtgemäßer Ermessensausübung allenfalls eine Inanspruchnahme der Versicherungsnehmer im Wege der Gesamtschuld einschränken.
171Insoweit ist die Inanspruchnahme der Klägerin gerechtfertigt, da insbesondere keine durchgreifenden Bedenken gegen die Ermessenserwägungen des Beklagten zum Auswahlermessen nach § 5 AO ersichtlich sind. Soweit insbesondere darauf abgestellt wird, dass die Versicherer in zahlreichen Fällen überhaupt nicht feststehen, teilweise bereits den Versicherern gegenüber Festsetzungsverjährung eingetreten sein dürfte und vor allem auch nicht erkennbar ist, dass aus Sicht der Finanzverwaltung die Steueransprüche gegenüber Versicherern etwa – im Vergleich zur Inanspruchnahme der Klägerin – schneller und sicherer realisierbar sein könnten, ist die Steuerfestsetzung gegenüber der Klägerin auch insoweit rechtmäßig (vgl. allgemein zur Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers als Steuerschuldner zuletzt BFH vom 18. November 2021, V R 24/20, BFH/NV 2022, 624).
1723. Schließlich bestehen keine Bedenken gegen die Ermittlung der Höhe der Versicherungsteuer, die sich aufgrund der durch den Beklagten festgestellten, durch die Klägerin in den Jahren 2007 bis 2009, 2013 und 2014 gezahlten Versicherungsprämien ergeben. Insoweit hat auch die Klägerin keine Einwände vorgetragen.
173IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
174V. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, insbesondere da es im Streitfall entscheidend auf die Auslegung vertraglicher Regelungen im Einzelfall und die tatsächliche Würdigung der Aussagekraft von Dokumenten ankommt.
175VI. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
176VII. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.