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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf ... EUR festgesetzt.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Prämienzahlungen für Versicherungen betreffend ein Schiff, das unter ausländischer Flagge fährt, in Deutschland der Versicherungsteuer unterliegen.
3Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer im Handelsregister des Amtsgerichts Z unter HRA 3 eingetragenen Schiffsgesellschaft. Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Schiffsgesellschaft ist der Betrieb des Seeschiffs „Y“ mit der ihm zugeteilten IMO-Nummer 4. Dieses Schiff ist das einzige aktivierte Anlagevermögen. Das Seeschiff ist im deutschen Seeschiffsregister eingetragen, aufgrund der Regelung zur sog. Ausflaggung nach § 7 Flaggenrechtsgesetz allerdings zeitweise berechtigt, die Flagge der Marshallinseln, in dessen Schiffsregister das Schiff ebenfalls eingetragen ist, zu führen. Gleichzeitig ist es der Schiffsgesellschaft untersagt, für das Seeschiff die deutsche Flagge zu führen.
4Die Rechtsvorgängerin des Klägers schloss mit der in Z ansässigen X (Deutschland) GmbH am ...2007 einen Bereederungsvertrag (vgl. Bl. 459 ff. der GA). Gemäß § 1 Abs. 1 des Bereederungsvertrags wurde die X (Deutschland) GmbH (als „Bereederer“) zum Vertragsreeder für das Schiff „Y“ bestellt. Der Bereederer ist berechtigt und verpflichtet, alle Geschäfts- und Rechtshandlungen vorzunehmen, welche der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft gewöhnlich mit sich bringt und im Interesse der Gesellschaft erforderlich sind (§ 2 Abs. 1 des Bereederungsvertrags, Bl. 460 der GA).
5Gemäß § 2 Abs. 2 des Bereederungsvertrags vertritt der Bereederer die Gesellschaft (die Rechtsvorgängerin des Klägers) gerichtlich und außergerichtlich.
6Gemäß § 2 Abs. 4 Buchst. h) des Bereederungsvertrags zählt zu den Aufgaben des Bereederers
7„Versicherung des Schiffes und zugehöriger Interessen in ausreichendem Rahmen gegen die üblichen Risiken, einschließlich einer angemessenen Loss-of-Hire Versicherung, mit einer Franchise von 14 Tagen, wobei - soweit möglich - diese Versicherungen den Bereederer, sowie - je nach jeweiliger Versicherungsvereinbarung - Dritte, die vom Bereederer beauftragt wurden, als Mitversicherte mit vollem Versicherungsschutz nennen; in diesem Zusammenhang werden alle Kosten für solche Versicherungen dem Bereederer von der Gesellschaft zur Verfügung gestellt und die Gesellschaft hält den Bereederer sowie Dritte, die von diesem beauftragt wurden, von Zahlungsverpflichtungen bzgl. jeglicher Versicherungsprämien, die in Verbindung mit diesen Versicherungen stehen, frei;“
8sowie gemäß § 2 Abs. 4 Buchst. i) des Bereederungsvertrags
9„die Bearbeitung von Schadens- und Versicherungsfällen“.
10Gemäß § 4 Abs. 1 des Bereederungsvertrags hat der Bereederer für Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Schiffsgesellschaft (Rechtsvorgängerin des Klägers) hinausgehen, deren vorherige Zustimmung einzuholen.
11Gemäß § 5 Abs. 1 des Bereederungsvertrags ist der Bereederer
12„verpflichtet, die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns im Namen und für Rechnung der Gesellschaft zu führen.“
13Gemäß § 7 Abs. 1 des Bereederungsvertrags ist der Bereederer
14„verpflichtet, die Geldmittel der Gesellschaft auf Konten zu verwalten, die auf den Namen der Gesellschaft geführt werden.“
15Wegen der weiteren vertraglichen Einzelheiten wird auf den Bereederungsvertrag vom ...2007 (Bl. 459 ff. der GA) Bezug genommen.
16Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 24. Oktober 2011 führte der Beklagte bei der Rechtsvorgängerin des Klägers gemäß § 193 Abs. 1 AO i.V.m. § 10 VersStG eine Versicherungsteueraußenprüfung für den Zeitraum Januar 2004 bis Dezember 2010 durch. Gegenstand der Prüfung waren die für den Betrieb des Schiffes und der Absicherung der Reederei über Broker (Makler) abgeschlossenen Versicherungsverhältnisse, insbesondere bezüglich Haftpflichtversicherung (P&I), Kaskoversicherung, Verdienstausfallversicherung (Loss-of-Hire-Versicherung), Marine-Interest-Versicherung, Rechtsschutzversicherung und Kriegsversicherung. Es handelt sich hierbei um im Wesentlichen über Broker abgeschlossene sog. offene Mitversicherungen, bei denen eine Vielzahl von Versicherern, insbesondere in England am Versicherungsmarkt Lloyd’s agierende sog. Syndicates (Zusammenschlüsse von Versicherern) zur Absicherung der Risiken gruppiert wurden und mitwirkten. Die Rechtsvorgängerin des Klägers hat konkret
17Versicherungsverhältnisse bei den Versicherern (Risikoträgern)
18- A Association, Bermuda (G),
19- B Ltd., Bermuda, und
20- C Ltd., Japan,
21abgeschlossen.
22Die Schlussbesprechung zur Außenprüfung fand am 15. Mai 2014 statt. Der Prüfungsbericht datiert vom 15. August 2014.
23Im Nachgang hierzu erließ der Beklagte sodann am 18. November 2014 einen Versicherungsteuerbescheid für Dezember 2010, mit dem die sich nach den Feststellungen der Außenprüfung ergebende Versicherungsteuernachforderung für die Jahre 2004 bis 2010 in Höhe von ... EUR festgesetzt wurde (vgl. Bl. 7 der GA). Die Steuernachforderung begründete der Beklagte damit, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers als Steuerschuldner im Sinne von § 7 Abs. 1 VersStG i.V.m. § 7 Abs. 6 VersStG hinsichtlich der bei im Drittland, d.h. außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ansässigen Versicherern gedeckten Versicherungsrisiken in Anspruch genommen werde.
24Nach hiergegen seitens der Rechtsvorgängerin des Klägers eingelegtem Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2016 (Bl. 10 der GA) den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass der Steuerbescheid für den Monat Dezember 2010 gemäß § 10 Abs. 4 VersStG n. F., wonach die Steuerbeträge, die auf Grund einer Außenprüfung nachzuentrichten seien, zusammen mit der Steuer „für den letzten Monat des Prüfungszeitraums“ festzusetzen sind, hätte ergehen dürfen und nicht etwa § 10 Abs. 4 VersStG in der bis zum 11. Dezember 2012 geltenden Fassung, wonach die Steuerfestsetzung für den „laufenden Anmeldezeitraum“ hätte erfolgen müssen, anzuwenden sei. Insoweit liege keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung vor. Auch materiell-rechtlich sei die lnanspruchnahme der Rechtsvorgängerin des Klägers für Sachverhalte mit Versicherern außerhalb der EU/des EWR zu Recht erfolgt. Die Inanspruchnahme sei zu Recht auf § 7 Abs. 6 VersStG n.F. gestützt worden, die inhaltsgleich mit der vorhergehenden Fassung gemäß § 7 Abs. 3 VersStG a.F. sei. Auch nach dieser Vorgängervorschrift habe der Versicherungsnehmer die Steuer selbst zu entrichten gehabt, wenn weder der Versicherer noch ein Bevollmächtigter seinen Sitz innerhalb der EU/ des EWR gehabt habe.
25Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage.
26Mit Beschluss des Amtsgerichts Z vom ... März 2019 (Az. ...) wurde über das Vermögen der ursprünglichen Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet (vgl. Bl. 143 der GA). Nach der aufgrund dessen eingetretenen Unterbrechung des Klageverfahrens beantragte der jetzige Kläger am 21. Juli 2020 als bestellter Insolvenzverwalter die Wiederaufnahme des Verfahrens (vgl. Bl. 176 der GA).
27Sodann wurde das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das seinerzeit beim EuGH unter dem Az. C-786/19 anhängige Vorlageverfahren beschlossen (vgl. Bl. 178 der GA). Aufgrund des sodann ergangenen Urteils des EuGH vom 15. April 2021 wurden die Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 23. April 2021 (Bl. 196 der GA) zur Stellungnahme aufgefordert.
28Zur Klagebegründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Zunächst könnten die sich nach Ansicht des Beklagten aufgrund der Prüfungsfeststellungen ergebenden Steuernachforderungen nicht allein nach Maßgabe von § 10 Abs. 4 VersStG in der seit 2012 geltenden Fassung (VersStG n.F.) für Dezember 2010 festgesetzt werden. Vielmehr könne eine Steuerfestsetzung für die Jahre 2004 bis 2010 allenfalls nach der vorhergehenden Fassung von § 10 Abs. 4 VersStG ergehen.
29Grundsätzlich habe der Bereederer mit einer Rahmenvereinbarung im Jahre 2000 (seinerzeit noch unter seiner damaligen Firmierung als E GmbH) sowie im Jahre 2005 seine Muttergesellschaft, die X Ltd., Zypern, mit dem Abschluss der Versicherungen in eigenem Namen für fremde Rechnung, d.h. für Rechnung des Schiffeigentümers, beauftragt. Es handele sich daher bei allen streitgegenständlichen Versicherungsverhältnissen um solche, bei denen die Versicherer im Drittland ansässig seien, wenngleich deren Geschäftsabwicklung in England bzw. in Zypern erfolge und sie damit einen Bezug zum EWR-Raum aufwiesen, und die X Ltd., Zypern, Versicherungsnehmerin sei.
30Die X Ltd., Zypern, habe im Auftrag des Bereederers (X Deutschland) die jeweiligen Schiffseigentümer und die mit dem Betrieb der Schiffe befassten Personen – so auch den Bereederer – als Versicherte benannt. Versicherungsnehmer sei jedoch allein die X Ltd., Zypern (vgl. Bl. 111 der GA). Diese versichere die eigene Flotte bei dem Versicherer zu den jeweiligen (günstigen) Konditionen und sei alleiniger Schuldner der Versicherungsprämie (vgl. Bl. 112 der GA).
31Hierzu verweist der Kläger auf die zwischen X Ltd. und dem Bereederer geschlossene Rahmenvereinbarung aus dem Jahre 1995 bzw. 2005. Daraus ergebe sich, dass der Bereederer (X D) als Vertreter des Schiffseigentümers einen Dritten (X CY) beauftrage, als Vertragspartner die Risiken des Schiffseigentümers in einem Versicherungsvertrag für fremde Rechnung mit einem Versicherer zu versichern. Dieser Dritte (X CY) schließe als Auftragnehmer mit dem Versicherer als Vertragspartner gesonderte Versicherungsverträge im eigenen Namen für fremde Rechnung, in denen die Risiken der jeweiligen Schiffseigentümer als Teil einer ganzen X-Flotte von Schiffen. Prämienschuldner gegenüber dem Versicherer sei allein der Dritte (X CY) als Vertragspartner im Versicherungsvertrag für fremde Rechnung, in dem die Risiken des Schiffeigentümers und anderer als Versicherter abgesichert würden (vgl. Bl. 112 der GA).
32Dies finde auch in dem Bereederungsvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin des Klägers und dem Bereederer seinen Niederschlag. Im Rahmen der Bereederungsverträge habe der Bereederer für einen ausreichenden Versicherungsschutz zu sorgen. Wie dies zu geschehen habe, sei dem Bereederer überlassen (vgl. Bl. 114 der GA).
33Der Abschluss der Versicherungen bei A sei durch die Muttergesellschaft des Bereederers, der X Ltd., Zypern, als Vertreter des Schiffseigentümers erfolgt. Bis zum Versicherungsjahr 2009/2010 sei der Schiffseigentümer, die Rechtsvorgängerin des Klägers, als „Joint Member“ Versicherungsnehmer (vgl. Bl. 249 der GA).
34Benenne ein „Member“ (hier X CY) Dritte als Versicherte, würden diese als Joint-Member in die Gesellschaft aufgenommen. Member und Joint-Member hätten gemeinsam die Pflichten gegenüber der Gesellschaft zu erfüllen. lnsoweit sei der Joint-Member als Versicherungsnehmer anzusehen (vgl. Bl. 112 der GA).
35In Bezug auf die Aufnahme eines Schiffes seien alle Joint-Member wie ein Member zu behandeln. Mitgliedschaftsrechte der Joint-Member als Versicherte würden im Club ausschließlich durch das Senior Member wahrgenommen. Entschädigungen an Joint-Members seien auf die Entschädigung des Schiffseigentümers beschränkt und würden an dessen Stelle treten. Eigene Risiken der Nichteigentümer des Schiffes seien nicht versichert. Alle Joint-Member schuldeten dem Club die Beiträge (Prämien) für die Versicherung des Schiffs gesamtschuldnerisch (vgl. Bl. 252 der GA).
36Ab dem Versicherungsjahr 2010/2011 versichere sodann die X Ltd. als „Member“ den Schiffseigentümer als „Assured“ (vgl. Bl. 250 der GA) und damit als Fremdversicherten im Sinne von § 43 VVG. Versicherungsnehmer sei jedoch allein die X Ltd. (vgl. Bl. 246 der GA).
37Daneben seien die anderen „Beauftragten“, d.h. die weiteren in den Versicherungsbestätigungen als „Assured“ aufgeführten Personen, ebenfalls (lediglich) als Fremdversicherte im Sinne von § 43 VVG anzusehen und keine Versicherungsnehmer. Da das Versicherungsverhältnis ausschließlich das Risiko des Schiffseigentümers aus dem Betrieb des Schiffs decke, sei kein Risiko eines der anderen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Schiffes Beauftragten gegeben. Ohne versichertes Wagnis dieser Beauftragten bestehe gerade kein Versicherungsverhältnis zwischen diesen Beauftragten und G. Diese Beauftragten seien unabhängig von der Bezeichnung als „Assured“ keine Versicherungsnehmer. Alle Assured würden dem Club (G) für die Beiträge (Prämien) für die Versicherung des Schiffs gesamtschuldnerisch haften. Die Assureds hätten abgesehen von einer direkten Entschädigung anstelle des Schiffseigentümers keine Mitgliedschaftsrechte (vgl. Bl. 251 der GA).
38In den Certificate of Etry (CoEs; vgl. Bl. 249 der GA) werde die Versicherung durch den Versicherer A „for the account of“, d.h. auf Rechnung des Schiffseigentümers bestätigt und würden andere als Versicherte nach Kapitel 9 der Rules benannt, die zusammen mit dem Schiffseigentümer als „Joint-Members gelten“. Es sei davon auszugehen, dass die Bezeichnung „for the account of“ dem Vertragspartner als Member des Versicherungsverhältnisses bezeichne und nicht „für Rechnung“ im Sinne von § 43 VVG meine (vgl. Bl. 247 der GA).
39Des Weiteren sei auch bzgl. der Versicherungsverhältnisse bei B, Bermuda, aufgrund der bestehenden Vereinbarungen die in Zypern ansässige X Ltd. als Muttergesellschaft der deutschen Bereederergesellschaft alleiniger Vertragspartner des Versicherer und damit Versicherungsnehmer. Die X Ltd. gehe die Versicherung der Risiken immer in eigenem Namen als Vertragspartei im Vertrag mit dem Versicherer als Prämienschuldner unter Benennung der Versicherten ein (vgl. Bl. 270 der GA). Die Versicherten („Assureds“) würden als solche in den Cover Notes (Versicherungsbestätigungen) als solche bezeichnet (vgl. Bl. 271, 273 der GA). Alleiniger Versicherungsnehmer im Verhältnis zu B sei jedoch die X Ltd. (vgl. Bl. 275 der GA).
40Soweit der Beklagte diese Vereinbarungen, insbesondere den Contracts (Rights of The Third Parties) Act 1999, wonach auch nicht im Vertrag benannte Dritte, ohne Vertragspartner/Versicherungsnehmer zu sein, Rechte aus dem Vertrag ableiten könnten, für unanwendbar halte, habe der Kläger dargelegt, dass dies unzutreffend sei und die Rechtsvorgängerin des Klägers auch deshalb nicht Versicherungsnehmerin geworden sei (sein müsse).
41Entsprechendes gelte auch für die Versicherungen bei C, Japan.
42Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die klägerischen Schriftsätze nebst Anlagen vom 30. Dezember 2017 (Bl. 31 der GA), 4. September 2018 (Bl. 67 der GA), 14. November 2018 (Bl. 93 der GA), 20. November 2018 (Bl. 97 der GA), 26. Dezember 2018 (Bl. 129 der GA), 16. Februar 2020 (Bl. 142 der GA), 16. September 2021 (Bl. 244 der GA), 17. November 2021 (Bl. 305 der GA), 22. Dezember 2021 (Bl. 337 der GA), 27. Dezember 2021 (Bl. 376 der GA), 1. Januar 2022 (Bl. 413 der GA) und vom 18. Juli 2022 (Bl. 503 der GA).
43Der Kläger beantragt,
44den Steuerbescheid vom 18. November 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2016 aufzuheben,
45hilfsweise, die Revision zuzulassen.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen,
48hilfsweise, die Revision zuzulassen.
49Da es sich vorliegend ausschließlich um Versicherer (G, B und C) mit Sitz im Drittland handele, komme es nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 VersStG auf den Sitz des Versicherungsnehmers an. Entgegen der Auffassung des Klägers sei diese jedoch nicht bloß „Mitversicherte“, sondern Versicherungsnehmerin.
50Die Rechtsvorgängerin des Klägers werde in den CERTIFICATE OF ENTRY AND ACCEPTANCE (CoE) des P&l-Clubs A wechselnd als „Joint-Member“, „Member“ oder „Assured“ bezeichnet. Die Bezeichnung sei für die rechtliche Qualifikation als Vertragspartei des Versicherungsvertrages jedoch nicht relevant. Denn aus den CoEs ergebe sich, dass alle dort aufgeführten Beteiligten als „Member“ in das „register of members“ eingetragen worden seien. Dies decke sich mit den Rules des P&l-Clubs, worin festgelegt sei, dass lediglich die „Member“ in den CoEs aufgeführt werden sollten. Die Rechtsvorgängerin des Klägers sei unabhängig von ihrer Bezeichnung Vertragspartei geworden. Dies sei darin erkennbar, dass die CoEs und die Rules festlegten, dass die Prämien gemeinschaftlich von allen Genannten geschuldet würden.
51Die Prämienschuldnerschaft sei die Hauptpflicht des Versicherungsnehmers. Darüber hinaus sei den weiteren Rules nicht zu entnehmen, dass beispielsweise die Rechtsstellung der „Joint-Member“ soweit eingeschränkt sei, dass sie nicht als Versicherungsnehmer angesehen werden könnten. Solche Einschränkungen beträfen allenfalls die Mitgliedschaftsrechte in den P&l-Clubs, nicht jedoch die Stellung als Partei des Versicherungsvertrages. In den Zeiträumen, in denen die Rechtsvorgängerin des Klägers als „Member“ oder „Joint-Member“ bezeichnet werde, ergebe sich deren Stellung als Vertragspartei aus ihrer Mitgliedschaft im Club.
52Aus den vorliegenden Versicherungszertifikaten für Versicherungszeiträume ab dem 20. Februar 2010 sei die Rechtsvorgängerin des Klägers weiterhin Partei der Versicherungsverträge geworden, auch wenn sie ab diesem Zeitpunkt lediglich als „Assured“ bezeichnet werde. Zwar solle „Member“ seither lediglich die X Ltd. sein. Trotz dieses Austausches der Parteibezeichnungen sei jedoch auch bei diesen Verträgen die Rechtsvorgängerin des Klägers als Partei des Versicherungsvertrages anzusehen, da sie zur Prämienzahlung verpflichtet sei. Es bestehe kein Unterschied darin, ob die Rechtsvorgängerin des Klägers in den CoEs als „Member“ oder „Assured“ bezeichnet werde. Maßgeblich sei nicht die Bezeichnung, sondern die materielle Ausgestaltung, d.h. die rechtliche Stellung der Schiffsgesellschaft als Vertragspartei (vgl. Bl. 299 f. der GA).
53Auch bzgl. der für den Prüfungszeitraum bei den Versicherern B (90%) und C (10%) abgeschlossenen H&M-Versicherungen werde in den Cover Notes die Rechtsvorgängerin des Klägers sowie die X (Deutschland) GmbH, die X Ltd. und weitere Gesellschaften bis zum Jahr 2008 einheitlich als „Assured“ bezeichnet. Ab dem Jahr 2009 werde in den Cover Notes die X Ltd. als „Policy Holder“ ausgewiesen. Die übrigen Gesellschaften würden weiter als „Assured“ benannt. Trotz der teilweise in den Cover Notes enthaltenen Differenzierung zwischen „Policyholder“ und „Assureds“ ändere dies nichts an dieser Beurteilung. Entscheidend sei nicht die Bezeichnung einer Partei, sondern ihre materielle Rechtsstellung (vgl. Bl. 300 f. der GA). Vorliegend müssten alle Beteiligten – losgelöst von ihrer Bezeichnung – gesamtschuldnerisch für Prämienforderungen des Versicherers einstehen, was zugleich bedeute, dass jeder von ihnen Prämienschuldner sei. Dies sei nach der BFH-Rechtsprechung gerade ein entscheidendes Kriterium für die Versicherungsnehmereigenschaft.
54Zudem lege auch die Fakturierung und der Zahlungsverkehr eine Prämien(gesamt)schuldnerschaft der Rechtsvorgängerin des Klägers nahe. Zum Teil hätten die Versicherer ihre Prämienrechnungen direkt an sie ausgestellt, zum Teil würden sie sofort über die X (Deutschland) GmbH bzw. die X Ltd. an die Rechtsvorgängerin des Klägers weitergeleitet und dort kontiert. Die Überweisungen erfolgten bis 2010 stets von der Rechtsvorgängerin des Klägers direkt an den Versicherer, später über die X Ltd. (vgl. Bl. 302 der GA).
55Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf die Schriftsätze des Beklagten nebst Anlagen vom 30. April 2018 (Bl. 51 der GA), 24. Oktober 2018 (Bl. 85 der GA), 22. Juni 2021 (Bl. 225 der GA), 29. Oktober 2021 (Bl. 296 der GA), 20. Dezember 2021 (Bl. 334 der GA), 28. Februar 2022 (Bl. 430 der GA) und vom 6. Juli 2022 (Bl. 496 der GA).
56Entscheidungsgründe
57Die zulässige Klage ist unbegründet.
58Die vom Beklagten vorgenommene Steuerfestsetzung bezüglich der im Rahmen der durchgeführten Versicherungsteuer-Außenprüfung festgestellten, von der Rechtsvorgängerin des Klägers in den Jahren 2004 bis 2010 gezahlten Versicherungsprämien ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die in den Streitjahren gezahlten Versicherungsprämien für Schiffsversicherungen zu Recht der Versicherungsteuer unterworfen. Hierbei ist die Steuerfestsetzung zutreffend für den Zeitraum Dezember 2010 erfolgt. Die Versicherungsprämien unterliegen zudem im Inland der Versicherungsteuerpflicht. Die Rechtsvorgängerin des Klägers ist insbesondere zutreffend als Versicherungsnehmerin der streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisse angesehen worden. Auch sonst ist die Inanspruchnahme des Klägers als Steuerschuldner rechtmäßig.
59I. Der Beklagte hat die streitgegenständliche Steuerfestsetzung gemäß § 10 Abs. 4 VersStG zutreffend für den Zeitraum Dezember 2010 vorgenommen.
60Gemäß § 10 Abs. 4 VersStG in der seit dem 12. Dezember 2012 geltenden, durch das Verkehrsteueränderungsgesetz vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I 2012, 2431) geschaffenen Fassung sind die Steuerbeträge, die auf Grund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den letzten Monat, das letzte Quartal oder das letzte Kalenderjahr des Prüfungszeitraums festzusetzen. Diese Gesetzesfassung findet auf alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung laufende Prüfungen Anwendung. Nach Art. 4 Nr. 1 des Verkehrsteueränderungsgesetzes ist diese Gesetzesfassung am Tag nach der Verkündung des Gesetzes, d.h. am 12. Dezember 2012, in Kraft getreten, ohne dass eine besondere zeitliche Anwendbarkeit von § 10 Abs. 4 VersStG geregelt wurde. Zudem kommt es für die Anwendbarkeit der Verfahrensvorschriften nicht auf die Besteuerungszeiträume an, auf die sich die Prüfung bezieht, sondern grundsätzlich auf das während der Durchführung der Außenprüfung bzw. bei Auswertung der Prüfungsfeststellungen geltende Recht.
61Hiernach hat der Beklagte die Versicherungsteuer-Nachforderung vorliegend zutreffend für den Anmeldungszeitraum Dezember 2010 festgesetzt, denn hierbei handelt es sich entsprechend § 10 Abs. 4 Satz 1 VersStG in der ab dem 11. Dezember 2012 geltenden Fassung um den letzten Monat des Prüfungszeitraums. Diese Norm ist im Zeitpunkt der Beendigung der Außenprüfung (Fertigung des Betriebsprüfungsberichtes im August 2014) die maßgebliche Verfahrensregelung betreffend den Zeitpunkt, zu dem die Steuerfestsetzung nach einer Versicherungsteuer-Außenprüfung zu erfolgen hat.
62II. Die streitgegenständlichen Prämienzahlungen für Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Betrieb des Seeschiffs des Klägers unterliegen im Inland der Versicherungsteuer.
631. a) Gemäß § 1 Abs. 1 VersStG unterliegt der Versicherungsteuer die Zahlung eines Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.
64Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 VersStG besteht die Steuerpflicht bei einem Versicherungsverhältnis mit einem Versicherer, der außerhalb des Gebietes der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums niedergelassen ist, wenn der Versicherungsnehmer bei der Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.
65Gemäß § 7 Abs. 1 VersStG ist Steuerschuldner der Versicherungsnehmer. Zur Steuerentrichtung sind gemäß § 7 Abs. 2 bis 5 VersStG in der ab dem 12. Dezember 2012 geltenden Fassung bzw. § 7 Abs. 2 VersStG in der bis zum 11. Dezember 2012 geltenden Fassung grundsätzlich Versicherer bzw. ein zur Entgegennahme des Versicherungsentgelts Bevollmächtigter. Jedoch kann auch der Versicherungsnehmer hinsichtlich der Steuerentrichtung in Anspruch genommen werden. Gemäß § 7 Abs. 6 VersStG in der ab dem 12. Dezember 2012 geltenden Fassung bzw. § 7 Abs. 3 VersStG in der bis zum 11. Dezember 2012 geltenden Fassung hat der Versicherungsnehmer die Steuer zu entrichten, wenn weder der Versicherer noch ein zur Entgegennahme des Versicherungsentgelts Bevollmächtigter seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder seine Betriebsstätte in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum hat.
66b) Gegenstand der Versicherungsteuer ist nicht das Versicherungsverhältnis als solches, sondern die Zahlung des Versicherungsentgelts durch den Versicherungsnehmer, d.h. durch den zur Zahlung Verpflichteten. Die Versicherungsteuer ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes. Entscheidend ist, dass eine geschuldete Leistung an den Gläubiger so bewirkt wird, dass die Schuld durch Zahlung des Versicherungsentgelts erlischt (vgl. BFH vom 30. August 1961, II 234/58 U, BStBl. III 1961, 494; vom 20. April 1977, II R 36/76, BStBl. II 1977, 688; vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68).
67Versicherungsnehmer ist die Person, die nach der Versicherungspolice Versicherungsnehmer ist, denn dieser hat die für die Versicherungsteuerpflicht maßgebenden Prämienzahlungen zu leisten (vgl. § 35 Satz 1 VVG, § 812 Satz 2 HGB; BFH vom 30. August 1961, II 234/58 U, BStBl. III 1961, 494). Die Person des Versicherungsnehmers ergibt sich aus den Regelungen im Versicherungsvertrag bzw. dem Text des Versicherungsausweises. Anhand dessen ist zu prüfen, zwischen welchen Personen das Versicherungsverhältnis i.S. des § 1 Nr. 1 VersStG, d.h. das Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, zustande gekommen ist (vgl. BFH vom 30. August 1961, II 234/58 U, BStBl. III 1961, 494; vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68).
682. Vor diesem Hintergrund ist die Rechtsvorgängerin des Klägers als Versicherungsnehmerin der streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisse anzusehen.
69Eine Inanspruchnahme des Klägers wegen der streitgegenständlichen Versicherungsteuer kommt gemäß § 7 Abs. 6 VersStG bzw. § 7 Abs. 3 VersStG nur in Betracht, wenn die Rechtsvorgängerin des Klägers als Versicherungsnehmerin, d.h. als Vertragspartnerin des streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisses bezogen auf die mit dem Betrieb des Seeschiffs verbundenen Risiken, angesehen werden kann. Dies ist zur Überzeugung des Senats zu bejahen. Wie ausgeführt ist die Person des Versicherungsnehmers vor allem anhand der Regelungen im Versicherungsvertrag bzw. des Textes des Versicherungsausweises zu bestimmen.
70a) Die Regelungen im Bereederungsvertrag (Bl. 459 ff. der GA) enthalten keine explizite Aussage zu der Frage, wer Vertragspartner der im Hinblick auf das Schiff des Klägers abgeschlossenen Versicherungsverhältnisse sein soll und damit als Versicherungsnehmer angesehen werden kann.
71Gleichwohl ist der Vertragsreeder gemäß § 2 Abs. 2 des Bereederungsvertrags berechtigt, die Schiffsgesellschaft zu vertreten. Gemäß § 2 Abs. 4 Buchst. h) des Bereederungsvertrags hat der Vertragsreeder für eine ausreichende Versicherung des Schiffs zu sorgen. Die vertragliche Regelung entspricht der typischerweise in Bereederungsverträgen enthaltenen Bestimmung, dass der Vertragsreeder (bzw. Schiffsmanager) vom Reeder (bzw. Eigentümer des Schiffs) beauftragt wird, für die Versicherung des Schiffes gegen alle Risiken und Gefahren, gegen die ein Schiff üblicherweise versichert ist, Sorge zu tragen. Diese generalklauselartige Beauftragung des Vertragsreeders ist daher hinsichtlich Umfang und Reichweite regelmäßig orientiert an einer objektiven Betrachtung, wie sie von verständigen und redlichen Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise vorgenommen wird, auszulegen (ausführlich dazu Guth, Der Versicherungsschutz des Ship Managers, 2011, S. 96).
72Soweit der Vertragsreeder hiernach grundsätzlich berechtigt ist, die Vereinbarungen hinsichtlich Versicherungsschutz mit den Versicherern im Namen der Schiffseigentumsgesellschaft abzuschließen, ist vorliegend mangels entsprechender Versicherungsverträge nicht ersichtlich, ob der Vertragsreeder die Verträge tatsächlich als Vertreter der Rechtsvorgängerin des Klägers abgeschlossen hat mit der Folge, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers unmittelbare Vertragspartnerin der Versicherer, d.h. Versicherungsnehmerin, geworden ist.
73b) Die vorliegenden sog. Cover Notes bzw. Certificates of Entry (CoE) geben ebenfalls nicht zweifelsfrei wieder, wer Versicherungsnehmer und wer (lediglich) versicherte Person sein soll, denn die von den Versicherungsverhältnissen begünstigten (im weitesten Sinne) Personen werden ohne genauere Differenzierung als „Assured“ bzw. „Co-Assured“ bezeichnet. Auch hieraus allein lässt sich nicht sicher erkennen, ob die Rechtsvorgängerin des Klägers Versicherungsnehmerin oder (lediglich) versicherte Person ist.
74c) Allerdings enthält § 5 Abs. 1 des Bereederungsvertrags die Pflicht des Bereederers, die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns „im Namen und für Rechnung der Gesellschaft zu führen“. Dies gilt auch für Versicherungsverträge, die vom Bereederer abzuschließen sind. Schließlich regelt § 7 Abs. 1 des Bereederungsvertrags die Pflicht des Bereederers, die Bankkonten auf den Namen der Rechtsvorgängerin des Klägers zu führen und zu verwalten.
75d) Diese vertraglichen Regelungen sprechen bereits dafür, dass der Bereederer im Namen der Rechtsvorgängerin des Klägers gehandelt hat und damit für deren Versicherungsnehmereigenschaft.
76Zwar bedarf es an sich keiner expliziten Vollmacht, dass ein Bereederer Versicherungsverträge zu Gunsten eines Dritten, der nicht selbst Versicherungsnehmer sein soll, im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung (des Schiffseigners als versicherte dritte Person) abschließen kann (vgl. § 43 Abs. 1 VVG sowie BFH vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68). Allerdings kann die vorliegende vertragliche Regelung in § 5 Abs. 1 des Bereederungsvertrags gerade als Einschränkung der Rechte des Bereeders verstanden werden, die Verträge stets im Namen der Rechtsvorgängerin des Klägers abzuschließen, wenngleich dies etwas versteckt unter dem Titel „Sorgfaltspflicht“ geregelt ist.
77e) Im Bereederungsvertrag findet sich zwar keine Bestimmung etwa zur Regulierung von Versicherungsschäden. Dies ist jedoch deswegen nicht erforderlich, weil die vertraglichen Rechte und Pflichten der Rechtsvorgängerin des Klägers unmittelbar zustanden. Der Bereederer wiederum kann aufgrund der gemäß § 2 Abs. 2 des Bereederungsvertrags erteilten Vertretungsmacht Rechtshandlungen für und mit Wirkung gegen die Rechtsvorgängerin des Klägers vornehmen, ist dabei aber wiederum an § 5 Abs. 1 des Bereederungsvertrags gebunden.
78f) Für eine unmittelbare Stellung der Rechtsvorgängerin des Klägers als Vertragspartnerin der Versicherer und damit als Versicherungsnehmerin spricht des Weiteren, dass in § 2 Abs. 4 Buchst. h) des Bereederungsvertrags explizit geregelt ist, dass der Bereederer sich und von ihm beauftragte Dritte als Mitversicherte in – gemäß § 2 Abs. 1 in Vertretungsmacht für die Rechtsvorgängerin des Klägers abgeschlossene – Versicherungsverhältnisse einbeziehen kann.
79g) Die ebenfalls in § 2 Abs. 4 Buchst. h) des Bereederungsvertrags enthaltene Regelung, wonach die Rechtsvorgängerin des Klägers dem Bereederer alle Kosten für die Versicherungen zur Verfügung zu stellen und den Bereederer sowie Dritte von der Pflicht zur Zahlung der Versicherungsprämien freizustellen hat, unterstreicht nochmals die – für die versicherungsteuerrechtliche Betrachtung maßgebliche – Stellung der Rechtsvorgängerin des Klägers als Schuldner der Versicherungsprämien, und damit deren Eigenschaft als Versicherungsnehmerin.
80Aufgrund einer Gesamtbetrachtung der vertraglichen Regelungen sowie der tatsächlichen Durchführung der Versicherungsverhältnisse gelangt der Senat daher zu der Überzeugung, dass – ggf. neben dem Vertragsreeder – die Rechtsvorgängerin des Klägers Vertragspartnerin der Versicherer und damit Versicherungsnehmerin der streitgegenständlichen Versicherungverhältnisse geworden ist.
81h) An dieser Betrachtung ändert auch die Rahmenvereinbarung zwischen dem deutschen Bereederer und dessen zypriotischer Muttergesellschaft (F Ltd.), die in unmittelbarem Kontakt mit den Versicherern steht, nichts. Zwar wird darin die X Ltd. als „contractual partner to the insurers“ bezeichnet und beauftragt der Bereederer die X, Versicherungen abzuschließen als Vertragspartner der jeweiligen Vesicherungsgsellschaft. Jedoch kann X dabei alle Parteien als Versicherte/Mitversicherte benennen, die mit dem jeweiligen Schiff als Eigner, Charterer, Manager, Betreiber oder in sonstiger Weise verbunden ist (vgl. Bl. 269 der GA). Die dabei verwendete Bezeichnung „assureds/co-assureds“ ist allerdings genauso mehrdeutig, d.h. es lässt die Stellung der Rechtsvorgängerin des Klägers sowohl als Versicherungsnehmerin als auch als versicherte Person zu, wie die Formulierung in den Cover Notes bzw. Certificates of Entry im Übrigen.
82Vor dem Hintergrund dieser Vereinbarung mag sich nicht zwingend aus der Rahmenvereinbarung ergeben, dass die Schiffseigentumsgesellschaften selbst Vertragspartner der Versicherungsverhältnisse, d.h. Versicherungsnehmer, sind. Allerdings ist es nach der Rahmenvereinbarung gerade auch nicht ausgeschlossen, dass diese die Stellung als Versicherungsnehmerin erhält. Aus der Rahmenvereinbarung ergibt sich lediglich, dass jedenfalls die Muttergesellschaft in Zypern als Vertragspartnerin des deutschen Bereederes eine unmittelbare Stellung als Vertragspartei gegenüber den Versicherern erhält bzw. diese beibehält und im Auftrag des Bereederers gegenüber den Versicherern auftritt. Dies besagt noch nichts dazu, welche tatsächliche vertragliche Stellung der Rechtsvorgängerin des Klägers durch den Bereederer eingeräumt wird. Hierzu ist wiederum primär der Bereederungsvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin des Klägers und dem Bereederer maßgeblich. Hieraus folgt, dass der Bereederer die Verträge zur Erlangung von Versicherungsschutz im Namen der Rechtsvorgängerin des Klägers abzuschließen hat.
83i) Im Übrigen spricht für diese Betrachtung auch der eigene Vortrag des Klägers, wonach jedenfalls bis zum Jahre 2010 die zypriotische Schiffsmanagementgesellschaft (X CY, Muttergesellschaft des Bereederers) dafür gesorgt habe, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers zumindest als Joint-Member bei den Versicherern geführt werde und insoweit ein Joint-Member als Versicherungsnehmer anzusehen sei (vgl. Bl. 112, 249 der GA).
84Dieser Betrachtung entsprechen auch die vorliegenden CoE, die bis Anfang 2010 für die Rechtsvorgängerin des Klägers auf deren Rechnung ausgestellt wurden und die weiteren Beteiligten, v.a. der Bereederer und die X CY als „Joint Member“ ausgewiesen wurden (vgl. Bl. 249 der GA). Diese Bescheinigungen wurden sodann im Jahr 2010 lediglich insoweit abgeändert, als sodann die Bescheinigungen auf Rechnung der Schiffsmanagementgesellschaft X ausgestellt und die Rechtsvorgängerin des Klägers neben anderen Gesellschaften (Bereederer, Charterer) als „assured“ aufgezählt werden (vgl. Bl. 250 f. der GA). Daraus folgt aber nicht, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers seither selbst kein „Member/Joint-Member“ und aus diesem Grund keine Vertragspartnerin der Versicherer (mehr) ist.
85Zutreffend ist, dass es soweit ersichtlich keine allgemeingültige Definition dieser Begrifflichkeiten gibt. Daraus folgt jedoch nicht, dass eine in den Versicherungsunterlagen als „Assured“ aufgeführte Person nicht Versicherungsnehmerin ist. Begrifflich stehen die Bezeichnungen „Assured/Co-Assured“ bzw. „Insurance /Co-Insurance“ im englischen Recht für die Fälle der Mitversicherung. Unter diesem Oberbegriff wird typischerweise zwischen „Joint-Insurance“, wenn die Versicherten gleichgerichtete Interessen haben, und „Composite-Insurance“, wenn die Versicherten verschiedene Interessen verfolgen, differenziert (so Guth, a.a.O., S. 199 f.).
86Vorliegend geht es jedoch nicht um die Frage, ob Schiffseigentümer und Schiffsmanager gleichgerichtete oder verschiedene Interessen verfolgen, sondern darum, wer die vertragliche Stellung des Versicherungsnehmers einnimmt. Ausweislich der Cover Notes/CoE wird hierbei die Rechtsvorgängerin des Klägers unter „Assured/Co-Assured“ und als „Joint Member“ als gleichrangig mit, teilweise sogar in der Aufzählung vor dem Bereederer bzw. Schiffsmanager aufgezählt. Insoweit wird beispielhaft Bezug genommen auf Certificate of Entry and Acceptance der A (Bl. 249 ff. der GA), Cover Note der B (Bermuda) Limited zu Nr. ... (Bl. 144 Band 1 der BP-Akten zu VAB-Nr. ...), Cover Note der HSBC Insurance zu Nr. ... (Bl. 149 Band 1 der BP-Akten zu VAB-Nr. ...), Cover Note der B (Bermuda) Limited zu Nr. ... (Bl. 170 Band 1 der BP-Akten zu VAB-Nr. ...), Certificate of Entry and Acceptance Nr. ... (A; Bl. 325 Band 1 der BP-Akten zu VAB-Nr. ....), Certificate of Entry and Acceptance Nr. ... (A; Bl. 403 Band 1 der BP-Akten zu VAB-Nr. ...).
87Auch dies spricht im Gesamtkontext dafür, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers jedenfalls auch, ggf. neben dem Schiffsmanager, in den streitgegenständlichen Versicherungsverhältnissen die Stellung einer Versicherungsnehmerin innehat.
88Dies wird dadurch bestärkt, dass die Cover Notes bzw. CoE sehr wohl auch Anhaltspunkte dafür liefern, welche Vertragsposition die darin aufgeführten Personen innehaben. Zwar ist durchaus umstritten, ob ein sog. Certificate of Entry einer Versicherungspolice nach deutschem Rechtsverständnis gleichgestellt werden kann. Ausgehend davon, dass ein Certificate of Entry auch nach den Regeln der Versicherer (P&I‑Clubs) regelmäßig den Beweis für einen abgeschlossenen Versicherungsvertrag erbringt und diese Beweisfunktion nach deutschem Recht wesentliche Funktion einer Police ist, kann allerdings auch ein Certificate of Entry oder eine Cover Note als Beweismittel angesehen werden. Die Erwähnung in einem solchen Vertragsdokument lässt isoliert betrachtet zwar die Frage, ob die aufgeführten Personen Versicherungsnehmer oder lediglich Versicherte sind, offen. Soweit sich jedoch aus dem Dokument keine weiteren Differenzierungen ergeben und auch sonst keine entgegenstehenden Umstände vorliegen, dürften die aufgeführten Personen regelmäßig eine vergleichbare vertragliche Position innehaben, so dass – wenn denn, wie der Kläger vorträgt, der Schiffsmanager Versicherungsnehmer ist – auch die Rechtsvorgängerin des Klägers selbst Versicherungsnehmerin ist.
89j) Berücksichtigt man des Weiteren, dass – insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig – die Versicherungsprämien unmittelbar durch die Rechtsvorgängerin des Klägers gezahlt wurden (und teilweise sogar eine unmittelbare Rechnungslegung gegenüber der Rechtsvorgängerin des Klägers erfolgt ist), die Prämienzahlungspflicht die maßgebliche Pflicht eines Versicherungsnehmers ist und die Zahlung des Versicherungsentgelts Anknüpfungspunkt der Besteuerung nach dem VersStG ist, spricht auch dies dafür, dass die Schiffsgesellschaft Versicherungsnehmerin geworden ist. Gerade diese praktische Abwicklung der Vertragsverhältnisse bzgl. der elementaren Vertragspflicht der Zahlung des Versicherungsentgelts spricht dagegen, dass die Versicherungsverhältnisse allein auf Basis eines Vertrags zu Gunsten Dritter abgeschlossen worden sind mit der Folge, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers lediglich versicherte Person und nicht auch Versicherungsnehmerin geworden ist. Die Zahlungen der Versicherungsentgelte sind unmittelbar durch sie erfolgt. Die Rechnungen sind teilweise von den Versicherern, teilweise von den Brokern/Maklern unmittelbar an die Schiffsgesellschaft, teilweise unmittelbar an den Vertragsreeder, dann jedoch mit der Erwähnung der Schiffsgesellschaft in einem c/o-Vermerk erteilt worden. Insoweit wird beispielhaft Bezug genommen auf Rechnung Nr. ... der B (Bermuda) Limited vom 30. Oktober 2007 (Bl. 147 Band 1 der BP-Akten zu VAB-Nr. ...), Rechnung Nr. ... der B (Bermuda) Limited vom 19. Juni 2008 (Bl. 163 Band 1 der BP-Akten zu VAB-Nr. ...), Rechnung Nr. ... “Y“ der X Ltd. vom 26. Oktober 2010 (Bl. 305 Band 1 der BP-Akten zu VAB-Nr. ...), Rechnung Nr. ... “Y“ der X Ltd. vom 14. Mai 2010 (Bl. 374 Band 1 der BP-Akten zu VAB-Nr. ...). Es erscheint dem Senat nicht plausibel, dass Rechnungen vielfach direkt an die Rechtsvorgängerin des Klägers gestellt und durch diese gezahlt worden sind, ohne dass diese selbst als Vertragspartnerin der Versicherungsverhältnisse die Versicherungsprämie unmittelbar schuldet.
90k) Soweit der Kläger behauptet, der Vertragsreeder habe die Versicherungsverträge in eigenem Namen, allerdings für Rechnung der Rechtsvorgängerin des Klägers abgeschlossen und diese hierbei unter Inanspruchnahme der Vertragsverhältnisse seiner Muttergesellschaft in Zypern mit den Versicherern in die Schiffsflotte eingebunden und insoweit für den nach dem Bereederungsvertrag geschuldeten Versicherungsschutz gesorgt, ist sie entsprechende Nachweise schuldig geblieben.
91In diesem Zusammenhang trifft den Kläger bzw. die Rechtsvorgängerin des Klägers, die für im Inland registrierte Seeschiffe Versicherungen bei ausländischen Versicherern abgeschlossen hat, hinsichtlich des Inhalts und der Abwicklung der Versicherungsverträge aufgrund des Auslandsbezugs gemäß § 90 Abs. 2 AO eine gesteigerte Mitwirkungspflicht einschließlich der Obliegenheit zur Beweisvorsorge gemäß § 90 Abs. 2 Satz 3 AO. Kommt der Steuerpflichtige dieser Mitwirkungspflicht nicht nach und ist der Sachverhalt anderweitig nicht aufklärbar, kann zum Nachteil des Steuerpflichtigen von einem Sachverhalt ausgegangen werden, für den unter Berücksichtigung der Beweisnähe des Steuerpflichtigen und seiner Verantwortung für die Aufklärung des Sachverhaltes (lediglich) eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. BFH vom 18. November 2021, V R 24/20, BFH/NV 2022, 624; vom 9. Mai 2017, VIII R 51/14, BFH/NV 2018, 5).
92Angesichts dessen genügt allein der Verweis auf die vertraglichen Regelungen im Bereederungsvertrag oder die Angaben in den Cover Notes/CoE nicht, um nachzuweisen, dass lediglich die Schiffsmanagementgesellschaft Versicherungsnehmer geworden ist, da sich hieraus – wie ausgeführt – isoliert betrachtet gerade nicht eindeutig ergibt, wer in wessen Namen die Versicherungsverträge abgeschlossen hat. Im Gegenteil spricht eine Gesamtbetrachtung dieser Unterlagen sowie des Bereederungsvertrages und unter Einbeziehung der praktischen Abwicklung vor allem des Zahlungsverkehrs gerade dafür, dass die Rechtsvorgängerin des Klägers selbst Vertragspartnerin und damit Versicherungsnehmerin geworden ist.
93l) Der Annahme einer Versicherungsnehmereigenschaft der Rechtsvorgängerin des Klägers steht nicht entgegen, dass möglicherweise auch der Vertragsreeder/Schiffsmanager selbst – wie der Kläger argumentiert – Versicherungsnehmer/Vertragspartner der Versicherer geworden ist. Insoweit ist dem Kläger zuzustimmen, da es schlüssig und nachvollziehbar erscheint, dass auch der Vertragsreeder im Zusammenhang mit dem Betreiben des Schiffs in den Versicherungsschutz einbezogen worden ist. Es entspricht der Interessenlage der Rechtsvorgängerin des Klägers und des Bereederers, dass beide in den Versicherungsschutz einbezogen sind, den der Bereeder auftragsgemäß zu Gunsten des Schiffs und des Schiffseigentümers verschafft hat. Die Intention, die Rechte des Schiffsmanagers dadurch zu stärken, dass er als Mitversicherter gilt und damit im Bedarfsfalle eigenständig seine Rechte gegenüber dem Versicherer wahrnehmen kann, liegt nahe. Wäre der Schiffsmanager etwa nicht mitversichert, könnte er ggf. Regressansprüchen ausgesetzt sein.
94Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, weshalb der Schiffsmanager möglicherweise nicht von der ihm vertraglich eingeräumten Vertretungsmacht (vgl. § 2 Nr. 3 des Bereederungsvertrags) Gebrauch macht, denn, wenn er ausdrücklich als Stellvertreter des Auftraggebers/Schiffseigentümers einen Versicherungsvertrag abschließt, besteht kein Zweifel daran, dass der Schiffsmanager nicht selbst Vertragspartei und damit Versicherungsnehmer wird. Um dem Schiffsmanager dennoch Versicherungsschutz zu gewähren, muss sich der Versicherungsschutz ausdrücklich auf ihn als versicherte Person erstrecken. Es mag sogar geboten sein, die vertragliche Position des Schiffsmanagers nicht nur als (lediglich) Mitversicherter, sondern sogar als Versicherungsnehmer auszugestalten mit der Konsequenz, dass er dann auch gegenüber dem Versicherer zur Prämienzahlung verpflichtet ist und allenfalls im Innenverhältnis gegenüber dem Schiffseigentümer/Auftraggeber einen Freistellungsanspruch hat (dazu Guth, a.a.O., S. 207 f.).
95Allerdings ist für den Senat nicht ersichtlich, dass dieses nachvollziehbare Interesse, auch den Schiffsmanager in den Versicherungsschutz einzubeziehen, erfordert, dass der Schiffsmanager und nicht auch der Schiffseigentümer Versicherungsnehmer wird. Hierfür sind weder rechtliche Gründe ersichtlich noch legen die Intention der Vertragsbeteiligten oder praktische Erwägungen es nahe, dass der Bereeder als Schiffsmanager alleiniger Versicherungsnehmer sein soll. Dagegen spricht zudem, dass er zumindest im Verhältnis zum Versicherer dann auch allein das Haftungsrisiko für die Zahlung der Versicherungsprämien tragen müsste. Dies ist weder nach den vertraglichen Regelungen noch der Intention der Beteiligten naheliegend.
96m) Im Übrigen dürfte die in der Schiffsversicherungsbranche übliche Praxis, den Schiffsmanager im Rahmen einer Mitversicherung als Vertragspartei/Versicherungsnehmer anzusehen, sich dadurch erklären, dass nach dem für führende Versicherer maßgeblichen englischen Recht – anders als nach deutschem Recht – eine Mitversicherung nicht allein aufgrund ergänzender Vertragsauslegung möglich ist, sondern statt dessen jeweils getrennte Versicherungsverträge abgeschlossen werden, um auch den Schiffsmanager zu versichern (vgl. dazu Guth, a.a.O., S. 181, 200 f., 253).
97Schließlich hat auch der BFH (Urteil vom 5. Februar 1992, II R 93/88, BFH/NV 1993, 68) in einem Fall, in dem es – insoweit umgekehrt zum vorliegenden Streitfall – um die Versicherungsteuerpflicht eines Vertragsreeders für Versicherungsprämien von Schiffen ging, zur Frage Stellung genommen, ob und inwieweit mehrere Versicherungsnehmer als Vertragspartei auftreten können. In dem vom BFH entschiedenen Fall betrieb ein Vertragsreeder Schiffe im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung der jeweiligen Schiffseignergesellschaften, schloss für die Schiffe Versicherungen ab und zahlte die Versicherungsprämien. In den Versicherungspolicen waren sowohl die Eignergesellschaften als auch der Vertragsreeder als Versicherungsnehmer angeführt. Bei dieser Konstellation verwarf der BFH den Einwand des Vertragsreeders, nur der jeweilige Schiffseigner sei Versicherungsnehmer, weil die Versicherungen für Rechnung der Schiffseignergesellschaften abgeschlossen worden seien. Hierbei stellte der BFH klar, dass der Benennung von zwei Personen als Versicherungsnehmer nichts im Wege stehe und diese gemäß § 421 BGB Gesamtschuldner der Prämie und gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VersStG (a.F.) i.V.m. § 44 Abs. 1 AO Gesamtschuldner der Versicherungsteuer seien.
983. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Versicherungsteuerpflicht sind gegeben.
99Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Versicherer außerhalb des EU/EWR-Gebiets, d.h. im Drittlandsgebiet ansässig sind. Soweit die Prämienzahlungen an Drittlandsversicherer erfolgt sind, genügt es gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 VersStG für die Besteuerung in Deutschland grundsätzlich, dass der Versicherungsnehmer – wie vorliegend die Rechtsvorgängerin des Klägers – bei der Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Sitz im Inland hat.
1004. Auch im Übrigen ist die Inanspruchnahme des Klägers bzw. der Rechtsvorgängerin des Klägers als Steuerschuldnerin nicht zu beanstanden und damit rechtmäßig.
101a) Der Kläger wird als Rechtsnachfolger rechtmäßig als Versicherungsnehmerin hinsichtlich der Steuernachforderungen gemäß § 7 Abs. 3 VersStG in der bis zum 11. Dezember 2012 geltenden Fassung als Steuerentrichtungsschuldnerin in Anspruch genommen. Im Übrigen wäre die Inanspruchnahme auch gemäß § 7 Abs. 6 VersStG in der durch das Verkehrsteueränderungsgesetz vom 5. Dezember 2012 geänderten und zum 12. Dezember 2012 in Kraft getretenen Fassung rechtmäßig.
102Danach hat der Versicherungsnehmer die Steuer zu entrichten in Fällen, in denen weder der Versicherer noch ein zur Entgegennahme des Versicherungsentgelts Bevollmächtigter seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder seine Betriebsstätte in der EU oder im EWR hat.
103b) Hiernach ist die Inanspruchnahme des Klägers als Rechtsnachfolger der Schiffsgesellschaft als Versicherungsnehmerin, die unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 6 VersStG n.F. bzw. § 7 Abs. 3 VersStG a.F. zur Entrichtung der Steuer verpflichtet ist, zulässig, wenn es sich um der Versicherungsteuerpflicht unterliegende Zahlungen von Versicherungsentgelt im Zusammenhang mit Versicherungsverhältnissen mit sog. Drittlandversicherern handelt, die weder selbst über einen Sitz/eine Niederlassung noch über einen Bevollmächtigten innerhalb der EU/des EWR verfügen.
1045. Es bestehen keine Einwände dahingehend, dass die Schiffsgesellschaft als Gesamtschuldner in Anspruch genommen wird, wenngleich grundsätzlich noch weitere Gesamtschuldner existieren würden.
105Die Möglichkeit einer Inanspruchnahme als Gesamtschuldner ist grundsätzlich sowohl nach der jetzigen gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 8 VersStG als auch für Besteuerungszeiträume vor 2013 nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung möglich. Zwar ist ein Versicherer als Entrichtungsschuldner „vorrangig“ in Anspruch zu nehmen (vgl. BFH vom 12. Dezember 1973, II R 88/66, BStBl. II 1974, 310), doch kann dies vor allem bei pflichtgemäßer Ermessensausübung allenfalls eine Inanspruchnahme der Versicherungsnehmer im Wege der Gesamtschuld einschränken.
106Insoweit ist die Inanspruchnahme der Schiffsgesellschaft gerechtfertigt, da insbesondere keine durchgreifenden Bedenken gegen die Ermessenserwägungen des Beklagten zum Auswahlermessen nach § 5 AO ersichtlich sind. Soweit insbesondere darauf abgestellt wird, dass die Versicherer in zahlreichen Fällen überhaupt nicht feststehen, teilweise bereits den Versicherern gegenüber Festsetzungsverjährung eingetreten sein dürfte und vor allem auch nicht erkennbar ist, dass aus Sicht der Finanzverwaltung die Steueransprüche gegenüber Versicherern etwa – im Vergleich zur Inanspruchnahme des Kläger – schneller und sicherer realisierbar sein könnten, ist die Steuerfestsetzung gegenüber dem Kläger auch insoweit rechtmäßig (vgl. allgemein zur Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers als Steuerschuldner zuletzt BFH vom 18. November 2021, V R 24/20, BFH/NV 2022, 624).
1076. Schließlich bestehen keine Bedenken gegen die Ermittlung der Höhe der Versicherungsteuer, die sich aufgrund der durch den Beklagten festgestellten, durch die Rechtsvorgängerin des Klägers in den Jahren 2007 bis 2009, 2013 und 2014 gezahlten Versicherungsprämien ergeben. Insoweit hat auch der Kläger keine Einwände vorgetragen.
108II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
109III. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, insbesondere da es im Streitfall entscheidend auf die Auslegung vertraglicher Regelungen im Einzelfall und die tatsächliche Würdigung der Aussagekraft von Dokumenten ankommt.
110IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.