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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
T a t b e s t a n d:
2Die Beteiligten streiten vorrangig über die Höhe des (ausgleichsfähigen) Verlustes aus Gewerbebetrieb im Rahmen des Bescheides über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2017.
3Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft (KG). Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 00.00.2009 als A Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. KG gegründet.
4Beteiligt waren im Streitjahr die B Verwaltungs-Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Frau C als nicht am Gewinn beteiligte Komplementärinnen, sowie Herr D als Kommanditist. Die Einlage des Kommanditisten betrug zunächst … €.
5Im … 2016 wurde die Kommanditeinlage des Herrn D um … € erhöht, die Firmenbezeichnung wurde in A1 GmbH und Co. KG geändert. Am 00.00.2016 erfolgte eine Anmeldung zum Handelsregister; die entsprechende Eintragung wurde am 00.00.2016 vorgenommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anmeldung zum Handelsregister und den Handelsregisterauszug (Vertragsakten des Beklagten) Bezug genommen.
6Die Einlage i.H.v. … € wurde im Jahr 2016 erbracht. In diesem Jahr (2016) erzielte die Klägerin einen laufenden Verlust i.H.v. … €.
7Am 00.00.2017 ging die Feststellungserklärung für das Jahr 2016 bei dem Beklagten ein. Erklärt wurden ein laufender Verlust i.H.v. … €, Verluste aus Ergänzungsbilanzen i.H.v. … € und Vergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage i.H.v. … €. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Erklärung (Steuerakten des Beklagten, Trennblatt 2016) Bezug genommen.
8Am 00.00.2018 erließ der Beklagte Bescheide (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO) für den Veranlagungszeitraum 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15 a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG). Dabei verrechnete er im Rahmen des Feststellungsbescheides 2016 einen (Teil-) Betrag der Einlage (… €) in Höhe von … € als sofort ausgleichsfähig und stellte einen Verlust nach § 15 a Abs. 4 EStG zum Ende des Wirtschaftsjahres i.H.v. … € fest. Das Eigenkapital legte der Beklagte i.H.v. - … € zum Ende des Wirtschaftsjahres zugrunde. Bei dessen Ermittlung hatte er handelsrechtliche Einlagen im Jahr 2016 in Höhe von … € berücksichtigt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid (Steuerakten des Beklagten, Trennblatt 2016) Bezug genommen.
9Der damalige Bevollmächtigte der Klägerin stellte am 00.00.2018 einen Änderungsantrag und führte hierzu aus: „...Die Sonderbilanz, die ich heute elektronisch übertragen habe, beinhaltet eine Darlehensverbindlichkeit, die im Rahmen der Erhöhung des Kommanditanteils im Jahr 2016 entstanden ist...“ Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 00.00.2018 Bezug genommen. Am 00.00.2018 erging daraufhin ein Änderungsbescheid für das Jahr 2016 wegen des nachträglich geltend gemachten Verlustes aus Sonderbetriebsvermögens i.H.v. … €. Der Bescheid blieb im Übrigen unverändert; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid (Steuerakten des Beklagten, Trennblatt 2016) Bezug genommen.
10Im Streitjahr 2017 erzielte die Klägerin einen weiteren laufenden Verlust.
11Am 00.00.2018 ging die Feststellungserklärung für das Streitjahr 2017 bei dem Beklagten ein. Darin bezifferte die Klägerin ihren laufenden Verlust mit … €, außerdem erklärte sie Verluste aus Ergänzungsbilanzen i.H.v. … € und Vergütungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage i.H.v. … €, sowie einen Saldo aus Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben i.H.v. -… €. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Erklärung (Steuerakten des Beklagten, Trennblatt 2017) Bezug genommen.
12Am 00.00.2019 erließ der Beklagte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15 a Abs. 4 EStG für das Streitjahr 2017. Dabei stellte er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß und einen verrechenbaren Verlust nach § 15 a EStG i.H.v. … € fest.
13Den Verlust nach § 15 a EStG hatte er wie folgt berechnet:
14Verlust am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres |
… € |
Nicht ausgleichsfähiger Verlust des Wirtschaftsjahres |
… € |
… € |
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 00.00.2019 (Bl.20 ff. eGA) Bezug genommen.
16Am 00.00.2019 ging ein Schreiben des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin, Herrn Steuerberater E, bei dem Beklagten ein. Das Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:
17„...
18Feststellungsbescheid vom 00.00.2019
19...wie bereits telefonisch besprochen, ist in dem o.a. Bescheid ein Verlustverrechnungsvolumen aus einer Kapitalerhöhung in 2016 nicht berücksichtigt worden.
20Herr D hat das haftende Kapital im Jahr 2016 um … € erhöht. Mit diesem Betrag ist im Jahr 2016 eine Verlust in Höhe von … € verrechnet worden, so dass noch ein Betrag in Höhe von … € mit dem Verlust zur Verrechnung ansteht.
21Ich habe festgestellt, dass der Betrag zwar bei der Bearbeitung der Erklärung erfasst ist, dieser Wert aber nicht in ein Formular übernommen wird, also nur der Berechnung dient.
22Ich darf Sie bitten, den Bescheid entsprechend abzuändern...“
23Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 00.00.2019 (Steuerakten des Beklagten, Trennblatt 2017) Bezug genommen. Unter dem 00.00.2019 übersandte der jetzige Klägerbevollmächtige eine „Berechnungsgrundlage“.
24Mit Bescheid vom 18. März 2019 lehnte der Beklagte den Antrag auf Änderung ab. Durch § 15 a Abs. 1 a EStG werde sichergestellt, dass bei einem negativen Kapitalkonto Einlagen nur noch insoweit zu einem Verlustausgleichsvolumen führten, als es sich um Verluste des Wirtschaftsjahres der Einlage handele. Bei einem bestehenden negativen Kapitalkonto könne durch die Einlage kein Verlustausgleichsvolumen für zukünftige Wirtschaftsjahre geschaffen werden. Ein erweiterter Verlustausgleich gemäß § 15 a Abs.1 Satz 2 EStG komme für die Klägerin ebenfalls nicht in Betracht, da die im Handelsregister eingetragene Einlage der tatsächlich erbrachten Einlage entspreche.
25Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und beantragte „...den Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15 a Abs. 4 dergestalt zu ändern, dass ein Verlust i.H.v. … € als ausgleichsfähig behandelt wird...“ und „...den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung...dergestalt zu ändern, dass die nach Anwendung des § 15 a EStG im Folgebescheid anzusetzenden Einkünfte-… € betragen“. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens trug die Klägerin hierzu vor, im Jahr 2017 habe ein Verlustausgleichsvolumen von … € bestanden, da der Betrag der Einlage aus dem Jahr 2016 insoweit noch nicht durch den Verlust im Jahr 2016 „verbraucht“ worden sei.
26Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 25. Mai 2020 als unbegründet zurück. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Der Beklagte führte aus, der i.H.v. … € festgestellte Verlust i.S.d. § 15 a EStG sei nicht zu beanstanden. Die Ausführungen der Klägerin beträfen die „alte Rechtslage“. Mit dem Jahressteuergesetz 2009 sei § 15 a Abs. 1 a EStG eingeführt worden. Da die Erhöhung der Haftsumme und die Einlage i.H.v. … € nach dem maßgeblichen Stichtag erbracht worden seien und zu diesem Zeitpunkt ein negatives Kapitalkonto bestanden habe, sei eine Berücksichtigung ausgeschlossen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung (Bl. 15 ff. eGA) Bezug genommen.
27Hiergegen hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie ist – zusammengefasst - weiter der Auffassung, die im Jahr 2016 erbrachte Einlage des Kommanditisten sei – soweit nicht im Jahr 2016 als ausgleichsfähig erfasst - im Streitjahr als ausgleichsfähig zu berücksichtigen. § 15 a Abs. 1a EStG sei verfassungswidrig; es sei ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) gegeben. Unter Berufung auf Nachweise aus Rechtsprechung und Literatur führt sie aus, es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn einerseits die bloße Erhöhung der Hafteinlage zu einer Ausgleichsfähigkeit führe, nicht aber die tatsächliche Erfüllung einer Außenhaftung.
28Mit Beschluss vom 2. März 2023 hat das Gericht den Kommanditisten D beigeladen.
29Die Klägerin beantragt,
30den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 00.00.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 00.00.2020 gemäß dem Änderungsantrag vom 00.00.2019 für das Jahr 2017 einen ausgleichsfähigen Verlust i.H.v. … € festzustellen,
31hilfsweise
32das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die folgende Frage vorzulegen: „Ist § 15 a Abs. 1a EStG insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, als die Vorschrift nachträgliche Einlagen eines Kommanditisten bei der Bemessung eines Verlustausgleichsvolumens für den horizontalen Verlustausgleich in zukünftigen Veranlagungszeiträumen unberücksichtigt lässt?“
33Der Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Er ist der Auffassung, er habe das geltende Recht zutreffend zur Anwendung gebracht.
36Eine Verfassungswidrigkeit der angewandten Normen liege nicht vor. Der Gesetzgeber habe in nicht zu beanstandender Weise durch Schaffung des § 15 a Abs. 1 a EStG eine zuvor bestehende Gesetzeslücke geschlossen. Dem Beigeladenen habe es freigestanden, durch eine Verteilung der Einlage auf mehrere Veranlagungszeiträume eine sofortige Ausgleichsfähigkeit zu erzielen.
37Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
38E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
39I. Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
40Zu Recht hat der Beklagte eine Änderung des Bescheides über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2017 abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Änderung des Bescheides vom 00.00.2019. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus den hier allein in Betracht kommenden § 164 Abs. 2 und § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO. Der Bescheid vom 00.00.2019 ist materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
411. Die Klägerin hat im Veranlagungszeitraum 2017, dem Streitjahr, keine von den im Bescheid vom 00.00.2019 festgestellten Einkünften abweichenden Einkünften erzielt. Dies macht auch die Klägerin nicht geltend.
422. Auch aus der Tatsache, dass der Beigeladene in dem - dem Streitjahr vorangegangenen - Jahr 2016 eine Einlage i.H. von … € erbracht hat, ergibt sich keine Erhöhung des für das Streitjahr 2017 festzustellenden, sofort ausgleichsfähigen Verlustes.
43a) Eine Berücksichtigung der im Jahr 2016 erfolgten Einlage im Streitjahr 2017 ist gemäß § 15 a Abs. 1 a EStG nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Regelung ausgeschlossen.
44Nachträgliche Einlagen führen weder zu einer nachträglichen Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit eines vorhandenen verrechenbaren Verlustes noch zu einer Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit des dem Kommanditisten zuzurechnenden Anteils am Verlust eines zukünftigen Wirtschaftsjahres, soweit durch den Verlust ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Nachträgliche Einlagen im Sinne des Satzes 1 sind Einlagen, die nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres geleistet werden, in dem ein nicht ausgleichs- oder abzugsfähiger Verlust im Sinne des Absatzes 1 entstanden oder ein Gewinn im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 zugerechnet worden ist (§ 15a Abs. 1a EStG in der Fassung vom 8. Oktober 2009).
45Die Einlage des Beigeladenen aus dem Jahr 2016 ist unstreitig eine solche nachträgliche Einlage i.S.d. § 15 a Abs. 1 a EStG.
46b) Die (teilweise) Berücksichtigung der im Jahr 2016 erbrachten nachträglichen Einlage, die im Jahr 2016 (teilweise) ohne Auswirkung geblieben ist, kommt auch nicht im Wege der Bildung eines Korrekturpostens (zum 31.12.2016) und der anschließenden, gewinnmindernden Auflösung im Streitjahr in Betracht.
47aa) Nach älterer, im Jahr 2003 beginnender Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, die zu Streitjahren vor Einführung des § 15 a Abs. 1a EStG ergangen ist, enthielt in § 15a Abs. 1 EStG eine verdeckte Reglungslücke, die durch die Rechtsprechung auszufüllen war. (vgl. BFH, Urteile vom 14. Oktober 2003, VIII R 32/01, BStBl II 2004, 359, vom 26. Juni 2007, IV R 28/06, BFH/NV 2007,1982 und vom 20. September 2007, IV R 10/07, BFH/NV 2008, 271). Nach dieser Rechtsprechung erhöhten Einlagen, die im Einlagejahr nicht aufgezehrt wurden, auch die Ausgleichsfähigkeit der Verluste, die in den Wirtschaftsjahren nach der Einlage anfielen und (erneut) ein negatives Kapitalkonto entstehen ließen oder erhöhten. Der Bundesfinanzhof führt in der genannten Rechtsprechung aus, es sei wegen der bestehenden Regelungslücke eine Nebenrechnung durchzuführen. Es sei verfassungsrechtlich geboten, die bestehende Gesetzeslücke auszufüllen, da der Gesetzgeber den Fall der vorgezogenen Einlage nicht bedacht habe (BFH, Urteil vom 14. Oktober 2003, VIII R 32/01, BStBl II 2004, 359).
48bb) Da die ältere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu den Korrekturposten auf der Annahme einer bestehenden verdeckten Regelungslücke basierte (BFH, Urteil vom 14. Oktober 2003, VIII R 32/01, a.a.O.), die zwischenzeitlich durch § 15 a Abs.1a EStG geschlossen wurde, ist sie für die - das Jahr 2017 betreffende - Beurteilung des streitgegenständlichen Sachverhalts nicht (mehr) anwendbar. Eine Gesetzeslücke liegt nur dann vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig, ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. Davon zu unterscheiden ist ein sog. rechtspolitischer Fehler, der vorliegt, wenn sich eine gesetzliche Regelung zwar als rechtspolitisch verbesserungsbedürftig, aber – gemessen an dem mit ihr verfolgten Zweck – nicht als planwidrig unvollständig und ergänzungsbedürftig erweist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30.Juli 2020, III R 1/18, BFH/NV 2021, 597).
49Mit der Einfügung des § 15 a Abs.1a EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 hat der Gesetzgeber unmissverständlich deutlich gemacht, dass er der (früheren) Auffassung des BFH, die Regelung zur Beschränkung des Verlustausgleichs über ihren Wortlaut hinaus großzügig auszulegen, nicht folgt. Der früheren Rechtsprechung ist damit durch die Schaffung des § 15 a Abs. 1a EStG die Grundlage entzogen (vgl. Helde in Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co.KG, Verlustausgleichsbeschränkungen bei negativem Kapitalkonto (§ 15 a EStG), Rz 6.414); die Rechtsprechung wurde durch Einführung des § 15 a Abs. 1 a im JStG 2009 „überschrieben“ (Levedag in Blaurock, Handbuch Einkommensteuer, Die atypisch stille Gesellschaft, Rz. 22.82).
50Auch der Bundesfinanzhof selbst geht - soweit ersichtlich - davon aus, dass seine frühere Rechtsprechung insoweit nicht fortzuführen ist. In seinen neueren Entscheidungen führt er aus, die Grundsätze der o.g. Rechtsprechung gälten für Einlagen, die vor dem 25. Dezember 2008 getätigt worden seien. Später getätigte Einlagen führten nach dem mit dem Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 eingefügten § 15 a Abs. 1a i.V.m. § 52 Abs. 33 Satz 6 EStG nicht mehr zu einer Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit des dem Kommanditisten zuzurechnenden Anteils am Verlust eines zukünftigen Wirtschaftsjahres (vgl. BFH, Urteile vom 2. Februar 2017, IV R 47/13, BStBl II 2017, 391 und IV R 48/13, BFH/NV 2017, 577).
51II. Der erkennende Senat war nicht gehalten, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - einzuholen.
521. Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i. V. m. § 80 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) hat ein Gericht, das ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und des BFH besteht diese Vorlagepflicht jedoch nur dann, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserheblichen Gesetzesvorschrift überzeugt ist. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift vermögen das Gericht dagegen nicht von der Pflicht zur Anwendung des Gesetzes zu entbinden (st. Rspr. z.B. BVerfG, Beschluss vom 6. April 1989, 2 BvL 8/87, BVerfGE 80, 59, 65 und BFH, Urteil vom 22. Juli 1997, VI R 121/90, BStBl II 1997, 692).
532. Der erkennende Senat ist nicht von einer Verfassungswidrigkeit einer hier entscheidungserheblichen Norm, insbesondere eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG, überzeugt. Dies gilt sowohl bei isolierter Betrachtung des § 15 a Abs. 1a EStG und des § 15 a Abs. 1 EStG als auch für den gesamten für die Beurteilung maßgeblichen Regelungskomplex in seiner Zusammenschau.
54Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. z.B. BVerfGE 75, 108, 157). Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. z.B. BVerfGE 117, 1 , 30; 129, 49 , 68).
55Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, die der Senat für zutreffend hält und denen er folgt, bestehen bereits Zweifel daran, dass bei veranlagungszeitraumübergreifender Betrachtung eine Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG zwischen demjenigen, der als Kommanditist (tatsächlich) eine Einlage erbringt, und der Vergleichsgruppe solcher Kommanditisten, die (lediglich) die Hafteinlage erhöhen, vorliegt. Denn im Ergebnis erfolgt die Differenzierung nicht dem Grunde nach, sondern lediglich bezüglich des Zeitpunktes der steuerlichen Auswirkung.
56Die Frage, ob eine derartige Ungleichbehandlung anzunehmen ist, kann indes unentschieden bleiben. Selbst wenn sie vorläge, wäre das Gericht jedenfalls nicht davon überzeugt, dass eine solche Ungleichbehandlung nicht sachlich gerechtfertigt wäre.
57a) Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird im Bereich der direkten Steuern vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 99, 88, 95; 122, 210,231). Als besondere sachliche Gründe für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung neben außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszwecken Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse anerkannt, nicht jedoch den rein fiskalischen Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung. Dabei sind die Anforderungen an eine zulässige Typisierung durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 26. Oktober 2004, 2 BvR 246/98, HFR 2005, 56). So muss der Gesetzgeber realitätsgerecht typisieren und die Grenzen verhältnismäßiger, insbesondere zumutbarer Belastung der Betroffenen wahren. Für die gleichheitsrechtliche Abwägung fällt hierbei insbesondere auch ins Gewicht, wieweit dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet ist, zwischen verschiedenen Begünstigungs- oder Belastungsalternativen zu wählen (BVerfG-Beschluss vom 24. Oktober 2004, 2 BvR 246/98, a.a.O., m.w.N.).
58aa) Der Regelungskomplex des § 15 a Abs. 1 i.V.m. Abs. 1a EStG verstößt nicht gegen das objektive Nettoprinzip. Das Bundesverfassungsgericht hat sich bereits in mehreren Entscheidungen zu Einschränkungen des Verlustausgleichs bzw. der Verlustverrechnung geäußert. Nach der insoweit einschlägigen Rechtsprechung ist selbst ein uneingeschränkter Verlustvortrag verfassungsrechtlich nicht garantiert (z.B. BVerfG, Beschluss vom 22. Juli 1991, 1 BvR 313/88, juris). Auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH-Urteil vom 22. August 2012 I R 9/11, BStBl II 2013, 512) bestehen im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich insoweit keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Verlustausgleichsbeschränkung, als der Verlustausgleich nicht (endgültig) versagt, sondern lediglich zeitlich gestreckt wird. Eine Verlagerung des Verlustausgleichs auf spätere Veranlagungszeiträume ist im Hinblick darauf nicht zu beanstanden, dass das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG seine Wirkung grundsätzlich (nur) veranlagungszeitraumübergreifend entfaltet. Es genügt, wenn die Verluste überhaupt, sei es auch in einem anderen Veranlagungszeitraum, steuerlich berücksichtigt werden. Insbesondere erstarkt die bei ihrer Entstehung gegebene bloße Möglichkeit, die Verluste später tatsächlich ausgleichen zu können, nicht zu einer grundrechtlich geschützten Vermögensposition (Art.14 Abs.1 GG; vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Juli 1991 1 BvR 313/88, HFR 1992, 423). Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 29. April 2005 XI B 127/04 (BStBl II 2005, 609) eine Beschränkung des Verlustvortrags grundsätzlich gebilligt, wenn der Vortrag zeitlich über mehrere Veranlagungszeiträume gestreckt wird (BFH, Vorlagebeschluss vom 26. Februar 2014, I R 59/12, BStBl II 2014, 1016).
59So liegen die Dinge auch im Streitfall. Die im Jahr 2016 erbrachte Einlage wirkt sich, soweit nicht im Jahr 2016 geschehen, am Ende des Engagements des Kommanditisten (Veräußerung oder Aufgabe des Mitunternehmeranteils oder Betriebsveräußerung oder Aufgabe) aus. Es liegt keine (endgültige) Nichtberücksichtigung von Definitivverlusten vor, die gegebenenfalls einen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip und damit gegen die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit begründen könnte (vgl. z.B. Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 25. Januar 2022, 3 K 348/17, juris, m.w.N.).
60bb) Ob die entscheidungserheblichen Regelungen bei Anwendung der oben genannten Beurteilungskriterien das Prinzip der Folgerichtigkeit missachten, erscheint angesichts der Ausgestaltung der Systematik des § 15 a EStG und der Anknüpfung an § 171 Handelsgesetzbuch zweifelhaft; kann jedoch im Ergebnis dahingestellt bleiben, weil ein derartiger Verstoß - sein Vorliegen unterstellt - jedenfalls sachlich gerechtfertigt wäre.
61Die Regelung des § 15 a Abs. 1a EStG sollte ausweislich der Gesetzesbegründung der Einschränkung von Gestaltungsspielräumen in Form willkürlicher Einlagen zur Schaffung von Verlustausgleichsvolumina dienen. Nach der Begründung des Gesetzgebers sollte die Ergänzung des § 15 a EStG durch den neu geschaffenen Abs. 1 a sicherstellen, dass bei einem negativen Kapitalkonto Einlagen nur noch insoweit zu einem Verlustausgleichsvolumen führen, als es sich um Verluste des Wirtschaftsjahrs der Einlage handelt. Durch nachträgliche Einlagen sollten verrechenbare Verluste der Vorjahre nicht in ausgleichsfähige Verluste umqualifiziert werden können. Zudem sollte ausgeschlossen werden, dass bei einem negativen Kapitalkonto durch Einlagen Verlustausgleichsvolumen für zukünftige Wirtschaftsjahre geschaffen werden. (BT-Drucksache 16/10189 vom 2. September 2008).
62Zu berücksichtigen ist auch, dass Zeitpunkt und Höhe der Einlage - und damit Berücksichtigungsfähigkeit - durch den Kommanditisten bestimmt werden können, weswegen in der steuerlichen Beratungspraxis empfohlen wird, die voraussichtliche Verlusthöhe möglichst genau abzuschätzen und in dieser Höhe bei negativem Kapitalkonto eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen zu leisten (z.B. Korn/Strahl, Steuerliche Themen zum Jahreswechsel 2009/2010, KÖSDI 2010, 17193, 17194).
63III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Dem Beigeladenen können nach § 135 Abs. 3 FGO keine Kosten auferlegt werden, da er keinen Sachantrag gestellt hat.
64IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt (vgl. zum Ganzen: Ratschow in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 115 Rz. 25 ff). Insbesondere hat die Rechtssache weder - im allgemeinen Sinne - grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch dient sie - im engeren Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO – der Fortbildung des Rechts.