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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten, in welcher Höhe der nicht entnommene Gewinn i. S. d. § 34a Einkommensteuergesetz (EStG) für das Streitjahr 2010 festzustellen ist.
3Die Kläger sind zu jeweils 50 % als Kommanditisten an der E GmbH & Co. KG (KG) in T beteiligt. Die KG ist ein international tätiges Familienunternehmen im Bereich…….- und ……….technik und Konzernspitze der E-Gruppe, zu der zahlreiche inländische Tochter- und ausländische Enkelgesellschaften gehören.
4In 2007 erwarb die KG sämtliche Anteile an der O GmbH, deren 100 %ige Tochter unter anderen die A GmbH war. Mit Vertrag vom 29.12.2009 wurde der Teilbetrieb „H“ der A GmbH auf die AH GmbH zur Aufnahme abgespalten. Die Abspaltung erfolgte zu Buchwerten auf den steuerlichen Übertragungsstichtag 31.12.2009. Im Anschluss veräußerte die O GmbH ihre 100 %ige Beteiligung an der AH GmbH mit dinglicher und wirtschaftlicher Wirkung zum 01.01.2010 an die KG und im Übrigen sämtliche Anteile an der A GmbH mit Vertrag vom 30.04.2010.
5Die AH GmbH wurde durch Vertrag vom 04.01.2010 rückwirkend zum steuerlichen Übertragungsstichtag 01.01.2010 gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) unter Aufdeckung der stillen Reserven auf die KG verschmolzen.
6Infolge der Veräußerung der Anteile an den an der Spaltung beteiligten Körperschaften kam es rückwirkend zu einer Aufdeckung der stillen Reserven im übertragenen Vermögen auf der Ebene der O GmbH gemäß § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG, wobei der gemeine Wert des übertragenen Teilbetriebs „H“ zum 31.12.2009 in der Steuerbilanz der A GmbH mit X Euro angesetzt wurde.
7In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2010 erklärte die KG aus diesen Vorgängen einen Korrekturbetrag zum handelsrechtlichen Verschmelzungsergebnis in Höhe von X Euro, einen Verschmelzungsverlust gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG in Höhe von X Euro und Bezüge nach § 7 UmwStG in Höhe von X Euro, die auf die Kläger jeweils hälftig entfielen. Der Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 / § 5 EStG wurde mit X Euro angegeben. Dazu und zu den Angaben zur Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns der Kläger als Mitunternehmer wird auf die Feststellungserklärung 2010, insbesondere Seite 2 der Anlage zur Anlage FE 1 und die Anlage FE 4 in der Feststellungsakte 2010 Bezug genommen.
8Im Rahmen einer Prüfung der KG durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung G berücksichtigte der Prüfer für die Ermittlung des Verschmelzungsergebnisses i. S. d. § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG und der Bezüge i. S. d. § 7 UmwStG einen um X Euro höheren Wert der Wirtschaftsgüter der AH GmbH. Er erfasste in dieser Höhe im Anlagevermögen der KG einen Firmenwert und erhöhte entsprechend das Kapital. Für die Ermittlung des begünstigten Gewinns gemäß § 34a EStG setzte er diesen Erhöhungsbetrag dagegen nicht an (zu den Einzelheiten vgl. Betriebsprüfungsbericht vom 02.07.2013, Tz. 2.22 und 2.33 sowie die Anlagen 22 und 23 in der Betriebsprüfungsakte).
9Der Beklagte setzte die Feststellungen der Betriebsprüfung durch geänderten Bescheid vom 31.07.2013, nochmals aus hier nicht streitigen Gründen geändert durch Bescheid vom 30.12.2014, um und stellte den Gewinn der KG einheitlich und gesondert und die Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Anwendung des § 34a EStG für jeden der Kläger gesondert fest. Zu den Einzelheiten wird auf die Änderungsbescheide in der Feststellungsakte 2010 hingewiesen.
10Den dagegen erhobenen Einspruch, mit dem die Kläger im Rahmen der gesonderten Feststellung für Zwecke der Anwendung des § 34a EStG die Erhöhung des jeweils anteiligen Steuerbilanzgewinns nach § 4 Abs. 1 Satz 1 oder § 5 EStG um den jeweils hälftigen Anteil des Erhöhungsbetrages von X Euro begehrten, wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidungen vom 17.03.2015 als unbegründet zurück. Der für die Thesaurierungsbegünstigung maßgebliche Gewinn sei gemäß § 34a Abs. 2 EStG der Gewinn nach §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 EStG vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen. Auf diesen Gewinn habe sich die Erhöhung der Bezüge gemäß § 7 UmwStG jedoch nicht ausgewirkt. Es handele sich vielmehr um eine außerbilanzielle Hinzurechnung in Form einer „fiktiven Gewinnausschüttung“ zur Ermittlung des steuerlichen Gewinns. Es sei aber kein Gewinn entstanden, der für eine Thesaurierungsbegünstigung zur Verfügung stehe, da keine Betriebsvermögensmehrung aufgrund eines von der KG erwirtschafteten Gewinns entstanden sei. Auch bei einer für möglich gehaltenen Einbeziehung der Bezüge i. S. d. § 7 UmwStG in den gemäß § 34a EStG zu begünstigenden Gewinn könne dies nur für den steuerpflichtigen Teil dieser Bezüge gelten. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen in der Akte Rb-Verfahren 08/10 hingewiesen.
11Mit der Klage vom 20.04.2015 verfolgen die Kläger ihr Begehren auf eine anderweitige gesonderte Feststellung für Zwecke der Anwendung des § 34a EStG weiter.
12Zwar seien weder der Übernahmegewinn i. S. d. § 4 Abs. 4 UmwStG noch die Bezüge i. S. d. § 7 UmwStG vom Wortlaut des § 34 Abs. 2 EStG als begünstigungsfähiger Gewinn erfasst, weil sie nicht in die Gewinnermittlung gemäß §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 EStG eingingen. Jedoch werde der Übernahmegewinn nach § 4 Abs. 4 UmwStG durch das bilanzielle Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft repräsentiert und sei Teil ihres laufenden Gewinns. Die Bezüge i. S. d. § 7 UmwStG seien als betriebliche Einkünfte der übernehmenden Gesellschaft anzusetzen. Demgemäß seien sie richtigerweise auch in den gemäß § 34a EStG begünstigungsfähigen Gewinn einzubeziehen. Der Wortlaut des § 34 Abs. 2 EStG sei planwidrig lückenhaft und deshalb teleologisch zu ergänzen. Außerdem habe sich das Betriebsvermögen der KG um die weitere Zuführung offener Rücklagen in Höhe von X Euro – abgebildet durch den seitens der Betriebsprüfung erfassten Firmenwert – erhöht. Stille Reserven der Beteiligung der KG an der AH GmbH seien so steuerwirksam realisiert worden.
13Da nach der gemäß BMF-Schreiben vom 11.08.2008 festgelegten Verwendungsreihenfolge zur Ermittlung des nicht entnommenen Gewinns die steuerfreien Gewinnanteile als vorrangig entnommen gälten, sei hier eine Kürzung des für die Anwendung des § 34a EStG maßgeblichen Gewinns um steuerfreie Gewinnanteile nicht vorzunehmen, da der positive Saldo aus Entnahmen und Einlagen die steuerfreien Gewinnanteile um ein Vielfaches übersteige.
14Die Kläger beantragen sinngemäß,
15den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und die gesonderte Feststellung der für die Tarifbegünstigung nach § 34a EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen vom 30.12.2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.03.2015 dahingehend zu ändern, und den jeweils anteiligen Steuerbilanzgewinn nach § 5 EStG einschließlich des jeweiligen Gewinns aus den Sonderbilanzen für Zwecke der Anwendung des § 34a EStG für den Kläger zu 1. in Höhe von X Euro und für den Kläger zu 2. in Höhe von X Euro festzustellen.
16Der Beklagte beantragt sinngemäß,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidungen.
19Der Senat entscheidet durch Gerichtsbescheid (§ 90a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO).
20Entscheidungsgründe
21Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
22Der Beklagte hat die Besteuerungsgrundlagen, nämlich den jeweiligen Anteil der Kläger am Gewinn der KG i. S. d. §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 EStG sowie die Entnahmen und Einlagen, die für die Ermittlung des Tarifs nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlich sind, in zutreffender Höhe gemäß § 34a Abs. 10 EStG festgestellt. Die Erhöhung der Einkünfte der KG gemäß § 7 UmwStG wegen eines höheren Ansatz des Wertes der im Wege der Verschmelzung von der AH auf die KG übergegangenen Wirtschaftsgüter bleibt ohne Einfluss auf den gemäß § 34a EStG auf Antrag begünstigt zu besteuernden nicht entnommenen Gewinn i. S. d. § 34a Abs. 2 EStG.
23Gemäß § 34a Abs. 2 EStG ist der nicht entnommene Gewinn des Betriebs oder Mitunternehmeranteils der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG oder § 5 EStG ermittelte Gewinn vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres.
24Ausgangspunkt für die Ermittlung des begünstigt zu besteuernden Gewinns ist der nach §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 EStG ermittelte Gewinn, also der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Aus dem Verweis von § 34a Abs. 2 EStG auf die §§ 4 Abs. 1, 5 EStG folgt nach überwiegender Auffassung, dass der Begünstigungsbetrag nicht die außerbilanzielle Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben umfasst (vgl. FG Münster, Urteil vom 19.02.2014 9 K 511/14 F, EFG 2014, 1201 mit weiteren Nachweisen; Ratschow in Blümich EStG KStG GewStG Kommentar, Rz. 34 zu § 34a EStG; BMF vom 11.08.2008 IV C6-S 2290-a/07/10001).
25Auch die hier streitigen Ergebnisse aus der Verschmelzung der AH GmbH auf die KG gemäß §§ 4 und 7 UmwStG erhöhen den der Besteuerung unterliegenden Gewinn aus diesem Vorgang nicht im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 EStG, sondern werden außerbilanziell hinzugerechnet. Sie gehören daher nach dem Wortlaut des § 34a Abs. 2 EStG nicht zum nicht entnommenen Gewinn.
26Die Kläger stützen sich für ihre Auffassung, dass die Beträge gemäß §§ 4, 7 UmwStG gleichwohl zum nicht entnommenen Gewinn i. S. d. § 34a Abs. 2 EStG gehören, auf diverse Literaturstimmen (teleologische Extension, vgl. Wacker, FR 2008, 605; ders. in Schmidt Einkommensteuergesetz Kommentar 35. Auflage 2016, Rz. 25 zu § 34a; Ley, Ubg 2008, 1317; Widmann in Widmann/Mayer Umwandlungsrecht Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Kommentar, Rz. 607 zu § 4 UmwStG; Stein in Herrmann/Heuer/Raupach Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz Rz. 46 zu § 34a EStG ). Auch eine Besteuerung der Gewinnrücklagen gemäß § 7 UmwStG wird in Verschmelzungsfällen nicht mehr für erforderlich gehalten, da über die Nachversteuerungstatbestände des § 34a EStG eine Nachbelastung der Gewinnrücklagen möglich erscheine (Bindl, DB 2008, 949 (956); Niehus/Wilke, DStZ 2009, 14 unter IV. 2.).
27Dieser Auffassung folgt der Senat für den vorliegend zu entscheidenden Fall nicht. Er sieht – auch unter Einbeziehung des vom Gesetzgeber intendierten Zwecks der Vorschrift – keinen Anlass, § 34a Abs. 2 EStG extensiv auszulegen.
28Ziel der Regelung ist es, Einzel- und Mitunternehmer mit ihren Gewinneinkünften „in vergleichbarer Weise“ wie das Einkommen einer Kapitalgesellschaft tariflich zu belasten; die Vergünstigung wird demjenigen Steuerpflichtigen gewährt, der seinem Betrieb unter Verzicht auf Entnahmen erwirtschaftetes Kapital weiterhin zur Verfügung stellt und damit die Eigenkapitalbasis seines Unternehmens nachhaltig stärkt (BT Drs. 16/4841, Seite 62). Dabei ist keine generelle Begünstigung der Verstärkung der Eigenkapitalbasis vorgesehen. Die Begünstigung erfolgt nur insoweit, dass eine durch (zu versteuernden) Gewinn des Wirtschaftsjahres eingetretene Betriebsvermögensmehrung ermäßigt besteuert werden soll, soweit sie nicht entnommen wurde (vgl. Reiß in Kirchhof, Einkommensteuergesetz Kommentar, 16. Auflage 2017, Rz. 50 i. V. m. Rz. 49 zu § 34a EStG).
29In Fällen der §§ 4 und 7 UmwStG tritt eine Betriebsvermögensmehrung durch die Erwirtschaftung von Gewinn bei der aufnehmenden Personengesellschaft allerdings nicht ein. Die Regelungen tragen vielmehr dem Umstand Rechnung, dass infolge der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft ein Rechtsträger und damit ein der Körperschaftsteuer unterliegendes Besteuerungssubjekt entfällt. Die Erfassung der bei dem untergegangenen Besteuerungssubjekt noch zu besteuernden Gewinne erfolgt dabei im Wege der außerbilanziellen Gewinnzurechnung einer fiktiven Vollausschüttung der Kapitalgesellschaft beim aufnehmenden Rechtsträger, der Personengesellschaft. Ein entnahmefähiger Gewinn der Personengesellschaft selbst fällt dabei nicht an.
30Für die Frage der Thesaurierungsbegünstigung hätte der Gesetzgeber die Anwendung des § 34a EStG beim Wechsel des Besteuerungsregimes von einer Kapitalgesellschaft zu einer Personengesellschaft vielmehr ausdrücklich regeln müssen (so im Ergebnis auch Bindl, DB 2008, 949 (956); Niehus/Wilke, DStZ 2009, 14 unter IV. 2.), wie er es in § 34a Abs. 6 Nr. 2 EStG für den umgekehrten Fall getan hat. Gerade die Regelung in § 34a Abs. 6 Nr. 2 EStG macht deutlich, dass der Gesetzgeber bei Wegfall des Besteuerungssubjekts Einzel- bzw. Mitunternehmer infolge von Umwandlungsvorgängen die Belastung von Gewinnen mit dem vollen Steuersatz genauso sicherstellen wollte wie beim Wegfall des Besteuerungssubjekts Kapitalgesellschaft durch die §§ 4 und 7 UmwStG. Die Übertragung von begünstigt besteuerten, thesaurierten Gewinnen beim Rechtsträgerwechsel ist vom Gesetzgeber in den Regelungen der §§ 4, 7 UmwStG und § 34a Abs. 6 Nr. 2 EStG nicht angelegt.
31Die Frage, wie steuerfreie Gewinne bzw. Gewinnanteile für Zwecke des § 34a EStG zu berücksichtigen sind, kann der Senat wegen der grundsätzlichen Ablehnung einer Begünstigung nach § 34a EStG für Gewinne i. S. d. §§ 4 und 7 UmwStG offen lassen.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
33Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).