Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist, ob die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielgeräten steuerbar und steuerpflichtig sind bzw. die Besteuerung der Umsätze gegen das Unionsrecht verstößt.
3Die Klägerin ist Geldspielautomatenaufstellerin. Sie erzielte im Streitjahr 2012 Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten. In Ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung erklärte die Klägerin steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug in Höhe von 437.123 €.
4Der Beklagte behandelte die Umsätze im USt-Bescheid 2012 vom 05.12.2014 als steuerpflichtige Lieferungen und Leistungen zu 19% (Bemessungsgrundlage 367.330 €, USt. 69.792,70 €). Unter Berücksichtigung von Vorsteuern in Höhe von 25.154,15 € setzte er Umsatzsteuer in Höhe von 44.638,55 € fest. Gleichzeitig wurden Zinsen zur Umsatzsteuer in Höhe von 638,00 € festgesetzt.
5Gegen den Umsatzsteuerbescheid legte die Klägerin am 09.12.2014 Einspruch ein. Zur Begründung machte die Klägerin geltend, dass ihre Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten entgegen der Auffassung des Beklagten von der USt befreit seien.
6Mit Einspruchsentscheidung vom 14.01.2015, die nur die Umsatzsteuer, nicht die Zinsen betraf, wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der deutsche Gesetzgeber habe innerhalb des ihm aufgrund Art. 135 Abs. 1 i) MwStSystRL eingeräumten Ermessens gehandelt, als er die Umsätze gewerblicher Spielhallenbetreiber aus Geldspielgeräten nicht in die Umsatzsteuerbefreiung einbezogen habe. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
7Daraufhin hat die Klägerin am 11.02.2015 die vorliegende Klage erhoben.
8Zur Begründung beruft sie sich auf § 6 der Verordnung über öffentliche Spielbanken (SpielbkV) vom 27.07.1938, wonach der Spielbankunternehmer für den Betrieb der Spielbank von den laufenden Steuern des Reichs, die vom Einkommen, vom Vermögen und vom Umsatz erhoben werden, sowie von der Lotteriesteuer und von der Gesellschaftssteuer befreit ist. Unter Hinweis auf die EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache Linneweber/Akritidis (Urt. vom 17.02.2005, Az: C 453/02 und C 462/02) vertritt die Klägerin die Auffassung, dass sich auch private Geldspielgeräteunternehmer auf die Steuerbefreiung des § 6 SpielbkV berufen könnten. Die Vorschrift gelte bis heute und sei nach Art. 125 Grundgesetz (GG) Teil des Bundesrechts geworden. Die Rechtsverordnung habe somit den Charakter eines Bundesgesetzes erhalten, das nur durch ein Bundesgesetz wieder geändert werden könne. Durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen (StEindämmG) vom 28.04.2006 sei § 4 Nr. 9b) UStG lediglich dahingehend geändert worden, dass die Umsatzsteuerfreiheit von Spielbanken entfallen sei, § 6 der SpielbkV von 1938 sei jedoch nicht aufgehoben worden. Auch das BVerfG sei im Jahr 2000 (1 BvR 539/96) und der BFH sogar noch im Jahr 2014 (Urt. vom 30.10.2014 – IV R 2/11) von der Wirksamkeit des § 6 Abs. 1 SpielbkV ausgegangen.
9Selbst wenn die Umsatzsteuerfreiheit nach § 6 der SpielbkV entfallen sein sollte, so sei die Besteuerung der Spielbanken europarechtswidrig. Die Tatsache, dass bei Spielbanken nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache „Town and County Factors“ sämtliche von den Spielern gesetzten Spielbeträge und nicht nur die dem Betreiber nach Abzug der Spielgewinne verbleibenden Beträge der Umsatzsteuer unterlägen, führe dazu, dass ab einer Spielgewinnquote von etwa 84% die Kasse der Spielbanken nicht mehr ausreiche, um die Umsatzsteuer zu zahlen. Spielbanken aber hätten in der Regel Ausschüttungsquoten von 90-97%, so dass von der Umsatzsteuerlast bei Spielbanken eine erdrosselnde Wirkung ausgehe. Zudem seien bei Spielbanken – anders als in der Regel bei Spielautomaten außerhalb von Spielbanken – die Spieleinsätze technisch und gegenständlich nicht von den Einsätzen getrennt, die der Betreiber tatsächlich für sich verbuchen könne. Wenn aber Spielbanken nicht besteuert werden dürften, so könnten sich hierauf aufgrund der EuGH-Rechtsprechung, insbesondere nach dem Urteil in der Rechtssache „Linneweber/Akritidis“, auch die Aufsteller von Geldspielautomaten berufen. Auch in diesem Verfahren seien die Spielbanken nicht beteiligt gewesen, dennoch sei die Frage ihrer Steuerfreiheit am Ende entscheidend gewesen.
10Darüber hinaus sei bereits unklar, worin die Dienstleistung beim Glücksspiel liege. Eine umsatzsteuerbare Leistung setze zudem nach der Rechtsprechung des BFH (Urt. vom 30.08.2017 XI R 37/14, BFH/NV 2017, 1689 zur Steuerbarkeit der Leistungen eines Berufspokerspielers) und des EuGH (EuGH, Urt. vom 10.11.2016 C-432/15 „Bastova“ zur Überlassung eines Pferdes an einen Veranstalter von Pferderennen) und „Tolsma“ EuGH, Urt. vom 03.03.1994, C-16/93) einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt voraus. Hieran mangele es auch im Streitfall, da der Leistungsaustausch (Gewinn oder Verlust des Spielers) vor jedem Spiel ungewiss sei. Der Preis, den die Spieler für die Dienstleistung bezahlen, sei, unabhängig davon, ob die Spieler einen Gewinn erspielten oder nicht, immer derselbe, während der Betrag, den der Spielhallenbetreiber erhalte, jedes Mal unterschiedlich sei und mitunter auch negativ ausfalle. Ein Spielhallenbetreiber erhalte - ebenso wie ein Pokerspieler oder ein Teilnehmer am Pferderennen - nur im Erfolgsfall nach dem Zufallsprinzip einen Gewinn, der unabhängig von einer wie auch immer gearteten Dienstleistung sei, so dass keine Leistungsbeziehung verwirklicht werde. Vorgänge, bei denen dem Betreiber ein Gewinn verbleibe seien nach dem Verständnis der deutschen Rechtsprechung steuerpflichtig, während der gleiche Vorgang im Falle eines Verlustes einen nicht steuerpflichtigen Leistungsaustausch begründen würde.
11Ferner unterlägen die Spielbankbetreiber regelmäßig einer niedrigeren Gesamtsteuerbelastung als die Betreiber von Spielhallen. Dies beruhe darauf, dass die Spielbanken zusätzlich der Spielbankabgabe unterlägen, die betragsgenaue Anrechnung der Umsatzsteuer auf eine nationale, nicht harmonisierte Abgabe stelle eine Umgehung des steuerlichen Neutralitätsgrundsatzes dar.
12Im Einzelnen wird ergänzend auf die Schriftsätze der Klägerin vom 19.01.2018 und vom 29.01.2018 Bezug genommen.
13Die Klägerin beantragt,
14die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2012 vom 05.12.2014 in Höhe von insgesamt 44.638,55 € zzgl. Zinsen in Höhe von 638,00 € in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.01.2015 aufzuheben und abzuändern, als hierin bislang nicht steuerbare bzw. steuerbefreite Umsätze der Klägerin aus der Aufstellung von Geldspielgeräten erfasst worden sind,
15hilfsweise, die Revision zuzulassen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung.
19In der Sache hat am 30.01.2018 eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden, auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21I. Die Klage wegen der Zinsen ist unzulässig, weil es insoweit an dem nach § 44 FGO erforderlichen Vorverfahren fehlt.
22II. Die zulässige Klage wegen Umsatzsteuer ist unbegründet. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
23Durch den Betrieb von „Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit“ hat die Klägerin umsatzsteuerbare Leistungen gegenüber den Spielern erbracht (1.), die nicht von der Umsatzsteuer befreit und damit umsatzsteuerpflichtig sind (2.). Die Umsatzsteuerpflicht dieser Umsätze steht auch im Einklang mit Unions- und Verfassungsrecht (3.).
241. Die Klägerin hat als Automatenaufstellerin durch den Betrieb von Geldspielautomaten in den Streitjahren sonstige Leistungen gegenüber den Spielern im Inland gegen Entgelt ausgeführt, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umsatzsteuerbar sind.
25Soweit die Klägerin sich auf die Rechtsprechung des BFH beruft, wonach Berufspokerspieler keine steuerbaren Leistungen gegen Entgelt erbringen, so ist diese Rechtsprechung nicht auf den Streitfall übertragbar.
26Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH setzt ein Umsatz gegen Entgelt voraus, dass zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen muss, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (BFH, Urt. vom 30.08.2017 XI R 37/14, BFH/NV 2017, 1689 m.w.N.). Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt liegt im Streitfall vor.
27Der EuGH hat in der Rechtssache „Bastova“ entschieden, dass die Teilnahme an einem Pferderennen keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung sei, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer (im Fall die Eigentümer der Pferde) mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten. Zur Begründung hat der EuGH darauf abgestellt, die Unsicherheit einer Zahlung sei geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben (EuGH, Urt. vom 10.11.2016 C-432/15, UR 2016, 913).
28Dieser Auffassung hat sich der BFH für Berufspokerspieler angeschlossen und entschieden, dass diese keine Leistung im Rahmen eines Leistungsaustauschs „gegen Entgelt“ im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erbringen, wenn sie an Spielen fremder Veranstalter teilnehmen und ausschließlich im Falle der erfolgreichen Teilnahme Preisgelder und Spielgewinne erhalten. Zwischen der bloßen Teilnahme am Kartenspiel und dem im Erfolgsfall erhaltenen Preisgeld fehle es an dem für einen Leistungsaustausch erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang (BFH, Urt. vom 30.08.2017 XI R 37/14, BFH/NV 2017, 1689 m.w.N.).
29In der Rechtssache Tolsma hat der EuGH die Zahlungen, die ein Straßenmusiker von Passanten erhalten hat, nicht als Gegenleistung für eine den Passanten erbrachte Dienstleistung angesehen. Dies hat der EuGH zum einen mit der Freiwilligkeit der Zahlungen begründet und zum anderen damit, dass zwischen der musikalischen Darbietung und den dadurch veranlassten Zahlungen kein notwendiger Zusammenhang bestehe. Die Passanten hätten nicht darum gebeten, dass ihnen Musik zu Gehör gebracht werde. Außerdem zahlten sie die Beträge nicht aufgrund der musikalischen Darbietung, sondern aus persönlichen Motiven, wobei gefühlmäßige Erwägungen eine Rolle spielen könnten. So legten manche Personen zum Teil erhebliche Beträge in eine Sammelbüchse des Musikanten, ohne zu verweilen, während sich andere die Musik für geraume Zeit anhörten, ohne irgendeine Vergütung zu leisten (EuGH, Urt. vom 03.03.1994, C-16/93, HFR 1994, 357 „Tolsma“).
30Die vorgenannte Rechtsprechung steht der Besteuerung der Aufsteller von Geldspielautomaten nicht entgegen. Die sonstige Leistung der Veranstalter (nicht der Teilnehmer) besteht in der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance (BFH, Urt. vom 30.08.2017 XI R 37/14, BFH/NV 2017, 1689 m.w.N.). Die entgeltliche Gegenleistung der Teilnehmer ist der Spieleinsatz. Insoweit besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung des Einsatzes und der Durchführung des Spiels. Ohne Geldeinwurf findet kein Spiel statt. Anders als in der Rechtssache „Tolsma“ und in der Rechtssache „Bastova“ ist die Gegenleistung damit weder freiwillig noch ungewiss.
31Soweit bei Geldspielautomaten nach der EuGH-Rechtsprechung – im Falle der Erfüllung bestimmter eng umgrenzter Voraussetzungen abweichend von den allgemeinen Grundsätzen – als Bemessungsgrundlage im Sinne des § 10 EStG nur der Teil der Einsätze angesehen wird, über den der Automatenaufsteller nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums effektiv selbst verfügen kann (EuGH, Urt. vom 05.05.1994 C-38/93, BStBl II 1994, 548 „Glawe“; EuGH, Urt. vom 19.07.2012, C-377/11, HFR 2012, 1011 „International Bingo Technology“; EuGH, Urt. vom 24.10.2013 C-440/12, HFR 2013, 1166 „Metropol“; Klenk, in Rau Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 9 Rdn. 134.3), so ergibt sich hieraus nichts anderes. Auch bei einer solchen spiel- und spielerübergreifenden Bestimmung des Entgelts bzw. der Bemessungsgrundlage besteht keine Ungewissheit hinsichtlich der Entgeltlichkeit der Leistung, da sicher feststeht, dass nur ein Teil der von den Spielern eingesetzten Beträge an diese als Gewinne zurückfließt, während nach Ablauf des maßgeblichen Zeitraums der übrige Teil der eingesetzten Beträge sicher beim Geldspielautomatenaufsteller verbleibt. Vielmehr setzt der EuGH in seinen Entscheidungen zur Höhe der Bemessungsgrundlage die vorgelagerte Frage der Steuerbarkeit der Umsätze in ständiger Rechtsprechung voraus.
322. Diese steuerbaren Umsätze sind nach nationalem Steuerrecht auch steuerpflichtig. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 b) UStG ist nicht einschlägig, weil nach dieser Bestimmung nur solche Umsätze steuerbefreit sind, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Davon unstreitig nicht erfasst werden Umsätze aus sonstigen Glücksspielen mit Geldeinsatz, zu denen auch die vorliegend strittigen Umsätze der Klägerin gehören.
333. Die nach nationalem Recht vorliegend gegebene Umsatzsteuerpflicht der Umsätze ist auch unionsrechtskonform.
34a) Die auf den Streitfall anwendbare Regelung des § 4 Nr. 9 b) UStG in der Fassung vom 06.05.2006, nach der die Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten nicht von der USt befreit sind, verstößt nicht gegen Art. 135 Abs. 1 i) der MwStSystRL. Die Klägerin kann sich auch nicht unmittelbar auf die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 i) der MwStSystRL berufen.
35Anders als die bis zum 06.05.2004 geltende Fassung des § 4 Nr. 9 b) UStG a.F., die ausdrücklich eine Steuerbefreiung für Umsätze der öffentlichen Spielbanken – und damit auch für die Umsätze aus dem Betrieb von Glücksspielgeräten in zugelassenen öffentlichen Spielbanken – vorsah, unterliegen nach der im Streitfall anwendbaren Neufassung Glücksspielumsätze aller Art – mit Ausnahme der Umsätze nach dem RennwLottG – unabhängig von der Identität des Veranstalters der Umsatzsteuer. Diese Regelung ist nach dem Willen des Gesetzgebers geschaffen worden, um auch die bislang steuerfreien Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken der Umsatzsteuer zu unterwerfen und damit den im EuGH-Urteil „Linneweber/Akritidis“ (EuGH, Urt. vom 17.02.2005 C-453/02 und C-462/02) festgestellten Unionsrechtsverstoß zu beseitigen (vgl. BT-Drucks 16/634, S. 11 f).
36Der EuGH und ihm nachfolgend der BFH haben entschieden, dass die Neufassung des § 4 Nr. 9 b) UStG nicht gegen das Unionsrecht verstößt (BFH, Urt. vom 10.11.2010 XI R, BStBl. II 2011, 311; EuGH, Urt. vom 10.06.2010 (C 58/09, Leo Libera, BFH/NV 2010, 1590).
37b) Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung folgt eine Unionsrechtswidrigkeit auch nicht aufgrund einer unzulässigen Ungleichbehandlung von Geldspielautomaten gegenüber Spielbanken. Eine solche Ungleichbehandlung im Sinne der EuGH-Rechtsprechung ergibt sich nicht aus § 6 Abs. 1 der Verordnung über öffentliche Spielbanken vom 27.07.1938 (RGBl I 955), in der Fassung vom 31.01.1944 (RGBl I 60, nachfolgend SpielbkV 1938/44).
38Nach dieser Vorschrift ist der Spielbankunternehmer für den Betrieb der Spielbank von den laufenden Steuern des Reichs, die vom Einkommen, vom Vermögen und vom Umsatz erhoben werden, sowie von der Lotteriesteuer und der Gesellschaftssteuer befreit.
39Diese Vorschrift wirkte – soweit sie die USt betrifft – zwar zunächst nachkonstitutionell fort, ist aber bereits durch das UStG 1967 unwirksam geworden, ohne dass es deren ausdrücklicher Aufhebung bedurfte.
40§ 6 Abs. 1 SpielbkV 1938/44 galt am 07.09.1949 (Tag des Zusammentritts des Ersten Deutschen Bundestages; vgl. Beschluss des BVerfG vom 15.03.1960 2 BvL 12/59, BVerfGE 11, 23, 28) einheitlich in allen Besatzungszonen und ist nach Art.123 Abs. 1, Art. 125 Nr. 1 Bundesrecht geworden, weil die Befreiung von der USt zum Steuerrecht gehört und damit nach Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 3 GG der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes unterliegt (BFH, Gutachten vom 21.01.1954 V D 1/53 S, BStBl. III 1954, 122; FG Münster, Urt. vom 16.06.2016 5 K 998/14, EFG 2016, 1558).
41Trotz der Tatsache, dass § 6 Abs. 1 SpielbkV 1938/44 zum Bundesrecht gehört, ist diese Steuerbefreiung aber bereits durch § 4 Nr. 9 a) Satz 1 UStG 1967, der eine Steuerfreiheit für „die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind“ anordnete als späteres Gesetz („lex posterior derogat legi priori“) verdrängt worden (BFH, Beschluss vom 14.07.2016 V B 17/16, BFH/NV 2016, 1593; Beschluss vom 22.02.2017 V B 122/16; FG Münster, Urt. vom 16.06.2016 5 K 998/14 U, EFG 2016, 1558 mit Anm. Büchter-Hole). Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BFH vom 22.02.2017 nach §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss vom 07.11.2017, 1 BvR 1006/17).
42c) Der Einwand der Klägerin, dass sich für Spielbanken aus der Belastung mit der Umsatzsteuer eine erdrosselnde Wirkung ergebe und deshalb auch die Besteuerung der Klägerin nach der EuGH-Rechtsprechung unzulässig sei, führt nach Auffassung des Senates ebenfalls nicht zur (Unions-)Rechtswidrigkeit des angefochtenen USt-Bescheides 2012.
43Eine erdrosselnde Besteuerung, die gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen würde (vgl. BFH, Urt. vom 19.10.2011 XI R 20/09, BStBl II 2012, 374), ist im Streitfall für die Klägerin nicht gegeben, da der Beklagte nur die der Klägerin nach Abzug der Spielgewinne verbleibenden Umsätze der Besteuerung unterworfen hat.
44Soweit die Klägerin vorträgt, dass bei Spielbanken eine Besteuerung nach den gesetzten Spielbeträgen (ohne Abzug ausgeschütteter Gewinne) erfolge, dies eine erdrosselnde Wirkung habe und daher im Wege der Gleichbehandlung auch die Klägerin als Geldspielautomatenaufstellerin nicht besteuert werden dürfe, folgt der Senat dem nicht.
45Nach Auffassung des Senates wäre es Sache der Spielbanken, sofern diese nach den eingesetzten Spielbeträgen ohne Abzug der ausgeschütteten Gewinne besteuert werden, eine etwaige erdrosselnde Wirkung durch entsprechendes Daten- und Zahlenmaterial zu belegen bzw. eine unionsrechtswidrige Ungleichbehandlung gegenüber den Geldspielautomatenbetreibern durch Zugrundelegung einer abweichenden Bemessungsgrundlage gerichtlich geltend zu machen. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass die Frage der Besteuerung der Spielbanken auch in der Rechtssache „Linneweber/Akritidis entscheidend gewesen sei, obgleich diese dort ebenfalls nicht beteiligt waren, so überzeugt diese Argumentation nicht. In der Sache „Linneweber/Akritidis“ ging es um den umgekehrten Fall, nämlich um die Frage, ob wegen der Nichtbesteuerung der Spielbanken ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität vorliegt. Im Streitfall werden die Spielbanken jedoch (jedenfalls nach Auffassung der Klägerin) tatsächlich höher als die Klägerin besteuert.
46d) Die Besteuerung der Aufsteller von Geldspielautomaten verstößt auch nicht gegen den umsatzsteuerrechtlichen Neutralitätsgrundsatz. Dieser Grundsatz gewährleistet Gleichbehandlung und Neutralität nur im Rahmen des harmonisierten Mehrwertsteuersystems. Da die geschuldete Umsatzsteuer im Fall der Spielbanken auf die nicht harmonisierte Spielbankenabgabe angerechnet wird und nicht – wie von der Klägerin vorgetragen – umgekehrt, ist die Gleichbehandlung der Umsätze aus Geldspielgeräten innerhalb des Mehrwertsteuersystems gewahrt (EuGH, Urt. vom 24.10.2013 C-440/12, UR 2013, 866 „Metropol Spielstätten“; BFH, Beschluss vom 26.02.2014 V B 1/13, juris; FG Hamburg, Urt. vom 15.07.2014 – 3 K 207/13, EFG 2015, 1315).
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO
48Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Der Senat weicht in seinem Urteil nicht von der Rechtsprechung des BFH und des EuGH ab. Vielmehr sind die streitigen Fragen, insbesondere die Steuerbarkeit der Glücksspielumsätze, nach Auffassung des Senates hinreichend durch den BFH und den EuGH geklärt, so dass der Senat auch die von der Klägerin angeregte Vorlage an den EuGH für nicht erforderlich hält (Art. 267 Abs. 1, 2 AEUV).
49… … …