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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Kindergeldaufhebungs- und –rückforderungsbescheid für den Zeitraum Januar 2014 bis Februar 2017 rechtswidrig ist.
3Der Kläger ist Vater der Kinder O Q (geb. am 28.05.2005), S Q (geb. 24.11.2006) und Q Q (geb. am 10.10.2010). Die Kinder lebten im Streitzeitraum bei der Kindesmutter in Polen unter der Adresse XXX.
4Mit Schreiben vom 04.02.2016 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er in Deutschland bis Ende Dezember 2015 gearbeitet habe. Er habe aber lediglich bis September 2015 das Kindergeld für seine drei Kinder erhalten. Dieses Schreiben wies als Absenderadresse „XYZ, Polen“ aus (Bl. 125 der Kindergeldakte).
5Mit Bescheid vom 04.01.2017 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für die o.g. Kinder rückwirkend ab dem Monat Januar 2014 auf und forderte das überzahlte Kindergeld vom Kläger zurück. Die Bescheide sandte die Beklagte an die im Schreiben vom 04.02.2016 genannte Adresse in Polen ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger der Aufforderung, die Steuerbescheide für die Jahre 2014 und 2015 einzureichen, nicht nachgekommen sei.
6Mit Schreiben vom 07.03.2017, bei der Beklagten eingegangen am 08.03.2017, übersandte der Kläger in Beantwortung des Schreibens vom 04.01.2017 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 und teilte mit, dass er den Steuerbescheid 2015 nach Erhalt ebenfalls an die Beklagte übermitteln werde. Er forderte die Beklagte auf, das ihm zustehende Kindergeld ab August 2015 an ihn auszuzahlen (Bl. 142 der Kindergeldakte).
7Mit Einspruchsentscheidung vom 11.01.2018 (Bl. 250 der Kindergeldakte) wies die Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie darauf, dass der Einspruch wegen Nichteinhaltung der Einspruchsfrist bereits unzulässig sei. Der angefochtene Bescheid datiere vom 04.01.2017 und sei am 05.01.2017 zur Post ins Ausland (Polen) aufgegeben worden. Damit gelte er am 06.02.2017 als bekannt gegeben. Die Einspruchsfrist habe folglich am 07.02.2017 begonnen und am 06.03.2017 geendet. Der Einspruch sei jedoch erst am 08.03.2019 und damit nach Fristablauf bei der Beklagten eingegangen. Wiedereinsetzungsgründe lägen nicht vor.
8Mit seiner am 09.02.2018 hiergegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren gerichtlich weiter. Er bestreitet, dass der Aufhebungsbescheid vom 04.01.2017 sofort am folgenden Tag, mithin am 05.01.2017 zur Post aufgegeben worden sei. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei anzunehmen, dass gerade an den ersten Diensttagen des Jahres eine große Anzahl an Mitarbeitern des Amtes der Beklagten ortsabwesend gewesen sei und sich somit Behördenabläufe – wie die Aufgabe von Briefpost – verzögert hätten. Zudem sei anzunehmen, dass durch den zwischenzeitlich freien Markt für Postdienstleistungsunternehmen sich ganz andere Abläufe zur Postaufgabe, Versendung und Zustellung ergeben hätten, als dies ursprünglich noch unter dem „Postmonopol“ der Fall gewesen sei. Es sei anzunehmen, dass die Postaufgabe erst am 09.01.2017 erfolgt sei, so dass die Einspruchsfrist erst am 11.02.2017 begonnen und am 13.03.2017 (Montag) geendet habe. Die klägerische Mitwirkung sei inzwischen erfolgt. Es lägen die Steuerbescheide des Klägers für die Jahre 2014 und 2015 vor. Einwände gegen die Kindergeldfestsetzung lägen der Sache nach nicht vor.
9Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
10den Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 04.01.2017 und die Einspruchsentscheidung vom 11.01.2018 aufzuheben und die Beklagte zur verpflichten, gegenüber dem Kläger für seine Kinder O Q, S Q und Q Q für den Zeitraum Januar 2014 bis Februar 2017 Kindergeld festzusetzen.
11Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Der angefochtene Aufhebungsbescheid vom 04.01.2017 sei am Folgetag nach Polen abgesandt worden. Die Post werde von den Mitarbeitern in den Postausgang gegeben und dort entsprechend von der Poststelle der Beklagten zweimal täglich abgeholt und anschließend unverzüglich bearbeitet und versandt. Die von den Boten abgeholte Post werde noch am gleichen Tag kuvertiert und dem Postdienstleister übergeben. Am Ende des Tages befinde sich keine Post mehr in der Poststelle.
14Mit Bescheid vom 04.06.2018 hat die Beklagte Differenzkindergeld gegenüber dem Kläger für seine drei Kinder ab März 2017 festgesetzt (Bl. 275 f. der Kindergeldakte). Eine Kindergeldfestsetzung ab einem früheren Zeitpunkt sei nicht möglich, da der Aufhebungsbescheid vom 04.01.2017 bestandskräftig geworden sei und die Festsetzung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erst ab dem Folgemonat nach Bekanntgabe des bestandskräftigen Bescheides erfolgen dürfe.
15Der Einzelrichter hat die Beklagte während des Klageverfahrens aufgefordert, ergänzend zur Postaufgabe ins Ausland am Standort C, der den Versand des Aufhebungsbescheides veranlasst hat, vorzutragen (Schreiben vom 11.06.2019, Bl. 81 der Gerichtsakte). Hieraufhin hat die Beklagte mit Schreiben vom 27.06.2019 (Bl. 97 der Gerichtsakte) mitgeteilt, dass in der Poststelle C die Postabholung an den Postdienstleister QN von Montag bis Donnerstag gegen 15 Uhr und am Freitag gegen 14 Uhr erfolge. Danach werde die Post in das Sortierzentrum von QN nach E gefahren. Der weitere Werdegang, insbesondere hinsichtlich der Versendung von Post in das Ausland, sei dem internen Service nicht bekannt. Die Beklagte hat zudem den Vertrag mit dem Postdiensleister übersandt (Bl. 98 ff. der Gerichtsakte).
16Der Einzelrichter hat den Kläger mit Schreiben vom 07.05.2019 (Bl. 73 der Gerichtsakte) darauf hingewiesen, dass nach der Aktenlage Zweifel an der Anspruchsberechtigung des Klägers bestünden. Es sei zweifelhaft, ob die Kinder in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger gelebt hätten, da die Adresse, die der Kläger bei seinem kurzzeitigen Wegzug nach Polen Ende des Jahres 2015 angegeben habe (XYZ), nicht mit der Meldeadresse der Ehefrau und der Kinder übereinstimme.
17Der Kläger hat hierzu innerhalb der bis zum 15.06.2019 gesetzten Frist keine Stellungnahme abgegeben.
18Die Beklagte hat zu diesem Hinweis mit Schreiben vom 14.06.2019 (Bl. 88 ff. der Gerichtsakte) Stellung genommen und nunmehr vorgetragen, dass aus ihrer Sicht bereits das Vorliegen eines Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland im Zeitraum Januar 2014 bis Juli 2015 zweifelhaft sei. Allein auf der Basis der vorliegenden Gewerbeanmeldung aus dem Jahr 2007 und der Abmeldebestätigung aus dem Jahr 2015 sowie der Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 lasse sich ein Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt nicht nachweisen. Als Nachweise kämen Mietverträge, Nebenkosten und belegte Mietzahlungen in Betracht. Allein die melderechtliche Anmeldebestätigung genüge nicht für die Annahme eines Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthaltes. Zum Nachweis einer selbständigen Erwerbstätigkeit genüge nicht allein die Gewerbeanmeldung, denn diese gebe weder an, in welchen Monaten Einkünfte erzielt worden seien, noch wann die Arbeitsleistung durch den Kläger tatsächlich erbracht worden sei. Der Kläger habe in den Jahren 2014 und 2015 Einkünfte aus der Beteiligung an einer GbR erzielt. Es sei unklar, ob dieser selbst auf einzelnen Baustellen tätig gewesen oder lediglich am Gewinn der GbR beteiligt gewesen sei. Auch sei keine Anspruchsberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 b) EStG nachgewiesen worden. Zudem sei die Aufnahme der Kinder in den Haushalt des Klägers nicht substantiiert nachgewiesen worden. Der Beklagten liege insbesondere keine schriftliche Erklärung der Kindesmutter vor, in dem diese das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes in Polen bestätige und sich mit der Auszahlung des Kindergeldes an den Kläger einverstanden erklärt habe.
19Hieraufhin hat der Einzelrichter dem Kläger mit Schreiben vom 19.06.2019 (Bl. 92 f. der Gerichtsakte) eine Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 2 FGO bis zum 30.07.2019 (zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 27.06.2019, Bl. 121 f. der Gerichtsakte) gesetzt, mit der er den Kläger aufgefordert hat:
201. anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen, dass der Kläger seinen Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt im Streitzeitraum im Inland gehabt hat (§ 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) bzw. alternativ im Streitzeitraum die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorgelegen haben und
212. darzulegen und nachzuweisen, dass die Kinder des Klägers, für die Kindergeld begehrt wird, im Streitzeitraum in den Haushalt des Klägers aufgenommen waren. Insbesondere wird der Kläger in diesem Zusammenhang aufgefordert darzulegen, warum die Adresse des Klägers bei seinem (kurzzeitigen) Wegzug nach Polen Ende 2015 (XYZ) nicht mit der Meldeadresse der Ehefrau und der Kinder übereinstimme (XXX).
22Nachdem die Postzustellungsurkunde zunächst nicht zurückgekommen war, hat der Einzelrichter die identische Ausschlussfrist mit Schreiben vom 12.08.2019 unter Fristsetzung bis zum 30.09.2019 erneut gesetzt (Bl. 115 f. der Gerichtsakte; zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 15.08.2019, Bl. 124 f. der Gerichtsakte). Ergänzend hat der Einzelrichter mit der gesetzten Frist wörtlich folgenden rechtlichen Hinweis erteilt:
23„Der Einzelrichter weist darauf hin, dass bei einem Auslandssachverhalt ein im Ausland ansässiger Zeuge nicht vom Gericht zu laden ist, sondern von dem Beteiligten, der die Vernehmung beantragt, zu stellen ist (BFH, Beschluss vom 18.04.2017 – III B 76/16, BFH/NV 2017, 1050). Die Haushaltsaufnahme der Kinder in einen gemeinsamen Haushalt in Polen stellt nach Auffassung des Einzelrichters einen Auslandssachverhalt im Sinne der BFH-Rechtsprechung dar.“
24Der Kläger hat auf die gesetzte Ausschlussfrist nicht reagiert.
25Bereits mit Beschluss vom 11.05.2018 hatte der Senat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (Bl. 30 f. der Gerichtsakte).
26E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
27Die Klage hat keinen Erfolg.
281. Die Klage ist bereits deshalb unbegründet, weil der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 04.01.2017 wegen Nichteinhaltung der Einspruchsfrist bestandskräftig geworden ist.
29Gem. § 355 Abs. 1 AO ist der Einspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes einzulegen. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 122 Abs. 2 Nr. 2 AO). Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 122 Abs. 2 2. Hs. AO).
30Bestreitet der Empfänger nicht den Zugang überhaupt, sondern – wie im Streitfall – nur den fristgerechten Zugang so muss er (nach Maßgabe des ihm Möglichen) substantiiert Umstände vortragen, die den Schluss zulassen, dass ein anderer als der typische Geschehensablauf ernsthaft in Betracht kommt (Güroff, in: Gosch, AO, § 122 Rdn. 38). Der Empfänger kann insbesondere darlegen, dass der Verwaltungsakt keinen Absendevermerk trägt oder in der Behörde angesichts des Absendeverfahrens (z.B. Zwischenschaltung weiterer Personen nach Anbringung des Absendevermerks) keine Kontrolle darüber stattfindet, dass der Aufgabevermerk die tatsächliche Aufgabe zur Post wiedergibt (Güroff, in: Gosch, AO, § 122 Rdn. 38.1). Fehlt es an einem Absendevermerk, so muss das Finanzgericht aufgrund des Sachvortrages des Finanzamts klären, ob dessen Maßnahmen die Gewähr für die Übereinstimmung von Bescheiddatum und tatsächlicher Aufgabe zur Post bieten und so die zeitgerechte Absendung (bezogen auf das Bescheiddatum) nachgewiesen ist (Güroff, in: Gosch, AO, § 122 Rdn. 38.2). Zeitpunkt der Aufgabe zur Post ist der Zeitpunkt der Übergabe an das beauftragte Beförderungsunternehmen, also die Einlieferung in der Post bzw. des Einwurfs in den Briefkasten, aber auch die Einlieferung bei einem privaten Zustelldienst (Güroff, in Gosch, AO, § 122 Rdn. 38.2.). Der BFH hat jedoch entschieden, dass die Einschaltung eines privaten Postdienstleisters sowie die weitere Einschaltung eines Subunternehmers für die Zugangsvermutung innerhalb der Dreitagesfrist von Bedeutung sein kann, weil hierdurch möglicherweise ein längerer Postlauf gegeben ist (BFH, Urt. vom 14.06.2018 – III R 27/17, BStBl. II 2019, 16).
31Im Streitfall weist der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 04.01.2017 (Bl. 134 der Kindergeldakte) keinen Absendevermerk auf. Die Vortrag der Beklagten, dass der Bescheid am 05.01.2017 zur Post aufgegeben worden sei, basiert offenbar darauf, dass die Post am Standort C jeden Tag zweimal abgetragen und jeden Tag um 15 Uhr bzw. am Freitag um 14 Uhr von der Poststelle an den Postdienstleister QN übergeben wird. Zugunsten des Klägers hat die Beklagte dabei unterstellt, dass am Tag der Ausfertigung des Bescheides am 04.01.2017 keine interne Abtragung der Post mehr erfolgt ist bzw. zwar noch eine Abtragung erfolgt ist, die Tagespost zu diesem Zeitpunkt aber bereits von der Poststelle an den Postdienstleiter übergeben worden war.
32Der Einzelrichter hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Beklagten geschilderten internen Abläufe nicht der tatsächlichen Praxis entsprechen. Selbst wenn die Übergabe an den Postdienstleister nicht am 05.01.2017, sondern tatsächlich erst am Freitag (06.01.2017) erfolgt wäre, so wäre die Bekanntgabe gem. § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO ebenfalls am 06.02.2017 (Montag) erfolgt und die Monatsfrist hätte gem. § 108 Abs. 1, 2 AO, § 187 Abs. 1 BGB ebenfalls am 07.02.2017 um 0 Uhr (Dienstag) zu laufen begonnen. Das Fristende wäre auch dann gem. § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB der 06.03.2017 um 24 Uhr (Montag) gewesen. Der erst am 08.03.2019 bei der Beklagten eingegangene Einspruch wäre damit auch in diesem Fall verfristet. Für eine noch spätere Aufgabe zur Post, wie sie vom Kläger ohne nähere Begründung wegen Personalknappheit innerhalb der Ferienzeit vermutet wird, bestehen im Streitfall aufgrund der von der Beklagten glaubhaft und detailliert geschilderten Abläufe keine Anhaltspunkte.
33Auch für einen tatsächlichen Zugang des Aufhebungs- und -rückforderungsbescheids erst nach Ablauf der Monatsfiktion bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte. Insbesondere hat der Kläger auch nicht vorgetragen, dass ihm der Bescheid tatsächlich erst außerhalb der Monatsfrist/Zugangsfiktion zugegangen ist.
34Auch eine Widerlegung der Zugangsfiktion wegen Einschaltung eines Subunternehmers kommt im Streitfall nicht in Betracht.
35Für die Zwischenschaltung eines Subunternehmers bestehen im Streitfall schon keine Anhaltspunkte, da eine solche der Zustimmung der Beklagten bedurft hätte (§ 9 des Vertrages zwischen der Beklagten und der N GmbH, Bl. 98 ff der Gerichtsakte) und die Beklagte diesbezüglich aber keine Kenntnisse hatte.
36Im Übrigen berücksichtigt die großzügig bemessene 1-Monats-Fiktion bei der Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Ausland bereits den Umstand, dass bei einer Beförderung in das Ausland wegen der notwendigen Mitwirkung ausländischer Zustellungsunternehmen zwangsläufig mehr als ein Zustellungsunternehmen an der Beförderung beteiligt ist. Die oben genannte zur 3-Tages-Fiktion ergangene BFH-Rechtsprechung ist damit nach Auffassung des Einzelrichters schon nicht auf die Monatsfiktion übertragbar.
372. Ungeachtet der eingetretenen Bestandskraft ist der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 04.01.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.01.2018 auch nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung.
38Die Beklagte hat die Kindergeldfestsetzung für die Kinder O Q, S Q und Q Q für den Zeitraum Januar 2014 bis Februar 2017 zu Recht aufgehoben und das für den besagten Zeitraum gezahlte Kindergeld zu Recht nach § 37 Abs. 2 AO vom Kläger zurückgefordert.
39a) Nach § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG ist, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.
40Die Regelung betrifft den Fall, dass eine ursprünglich rechtmäßige Festsetzung durch Änderung der für den Bestand des Kindergeldanspruchs maßgeblichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes nachträglich unrichtig wird (BFH-Urt. vom 20. November 2008 - III R 53/05, BFH/NV 2009, 564 m.w.N.).
41Eine Änderung der Verhältnisse i. S. des § 70 Abs. 2 EStG ist die Änderung der tat-sächlichen oder auch rechtlichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes. § 70 Abs. 2 EStG lässt dabei die rückwirkende Aufhebung oder Änderung der Festsetzung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse nicht nur zu, sondern er-zwingt sie bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen, denn die Entscheidung über die Aufhebung oder Änderung ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut eine gebun-dene Entscheidung und räumt der Behörde keinen Ermessensspielraum ein (BFH-Urteil vom 25. Juli 2001 - VI R 18/99, BStBl. II 2002, 81).
42Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 EStG sind im Streitfall erfüllt.
43Der Kläger hat die Aufnahme der Kinder in seinen Haushalt während des gesamten Anspruchszeitraums nicht nachgewiesen.
44Gem. § 64 Abs. 2 EStG wird bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Ist das Kind in einen gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.
45Auch bei im EU-Ausland lebenden Elternteilen besteht ein Vorrang des dort lebenden Elternteils, wenn das Kind in den dortigen Haushalt aufgenommen ist (BFH, Urt. vom 21.07.2016 – V R 46/11, BFH7NV 2016, 1564; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, § 64 Rdn. 3 m.w.N. zur Rechtsprechung).
46Im Streitfall hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass er die Kinder in seinen Haushalt aufgenommen hat. Die Kinder haben ausweislich des Kindergeldantrags vom 09.04.2015 (Bl. 99 der Kindergeldakte) vielmehr bei der Mutter in Polen (XXX) gelebt. Der Kläger selbst hat jedoch bei Stellung dieses Kindergeldantrages und auch im Schreiben vom 04.02.2016 (Bl. 125 der Gerichtsakte) als Adresse die Anschrift „XYZ, Polen“ angegeben. Diese Adresse ist auch auf dem polnischen Personalausweis des Klägers vermerkt (Bl. 216 der Kindergeldakte).
47Der Einzelrichter hatte den Kläger auf diesen Widerspruch mehrfach hingewiesen und zuletzt mit Ausschlussfrist gem. § 79b Abs. 2 FGO zur Stellungnahme und Aufklärung aufgefordert. Der Kläger hat jedoch keine Stellungnahme abgegeben.
48Nach der Aktenlage geht der Einzelrichter deshalb davon aus, dass der Kläger, der für die Haushaltsaufnahme die Feststellungslast trägt, im gesamten Streitzeitraum keinen gemeinsamen Haushalt mehr mit seiner Ehefrau und den Kindern geführt hat zumal dieser vor dem Wegzug nach Polen lange in Deutschland gelebt und gearbeitet hatte.
49b) Der Kläger ist auch nach § 37 Abs. 2 AO zur Erstattung des für den Zeitraum Januar 2014 bis Februar 2017 zu Unrecht gezahlten Kindergeldes verpflichtet.
50Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Neben-leistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückge-zahlten Betrages. Dies gilt nach § 37 Abs. 2 Satz 2 AO auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt.
51Wegen der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ist der rechtliche Grund für die Zah-lung des Kindergeldes im Streitfall entfallen.
523. Der Einzelrichter hat es aufgrund der fehlenden Mitwirkung und des Ablaufs der Ausschlussfristen für angezeigt erachtet, über den Klageanspruch durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
53Der Einzelrichter weist darauf hin, dass eine Klagerücknahme nach Ergehen eines Gerichtsbescheides nur mit Einwilligung der Beklagten möglich ist (§ 71 Abs. 1 Satz 2 FGO) und eine Zurücknahme der Klage mit der Folge der Kostenreduktion von 4,0 auf 2,0 Gebühren nach Ergehen eines Gerichtsbescheides nicht mehr möglich ist (siehe Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, KV-Nr. 6111).
544. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
55…