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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte einen zu Unrecht ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag an den Insolvenzverwalter der Rechnungsausstellerin zu erstatten hat, ohne dass dieser zuvor die Umsatzsteuer an die Rechnungsempfängerin zurückgezahlt hat.
3Über das Vermögen der N GmbH i.L. (Insolvenzschuldnerin) wurde am 30.03.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet (Az. …) und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
4Die Insolvenzschuldnerin erbrachte in den Jahren 2004 und 2005 Bauleistungen für die Firma D GmbH und Co. KG (D KG), eine als Generalunternehmerin (Bebauung von fremden Grundstücken) tätige Bauprojektentwicklungsfirma, und stellte diese einschließlich ausgewiesener Umsatzsteuer gegenüber der D KG in Rechnung. Die D KG zahlte die Rechnungen einschließlich der ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge und machte diese anschließend als Vorsteuer geltend.
5Das für die D KG zuständige Finanzamt M beanstandete dieses Vorgehen mit der Begründung, dass die D KG als Leistungsempfängerin gem. § 13b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 Umsatzsteuergesetz (UStG) die Umsatzsteuer schulde und erließ gegenüber der D KG geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2005. Die D KG überwies die Umsatzsteuerzahllast aus den von der Insolvenzschuldnerin erbrachten Bauleistungen im Jahr 2013 an das Finanzamt M.
6Der Kläger übermittelte am 01.08.2014 die Umsatzsteuererklärung 2013 für die Insolvenzschuldnerin an den Beklagten, in der Erklärung wurden weder Umsätze erklärt noch Vorsteuerbeträge geltend gemacht.
7Am 09.10.2014 beantragte der Kläger die Berichtigung (Erstattung) eines Umsatzsteuerbetrages in Höhe von 213.411,06 € gem. § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG. Zur Begründung führte er aus, er habe die ursprünglich gegenüber der D KG ausgestellten Rechnungen im Original zurückgefordert und ihr korrigierte Rechnungen, die nur noch Nettobeträge enthielten, übermittelt. Die Berichtigung sei im Jahr 2013 durchzuführen, da mit der Zahlung der Umsatzsteuer durch die D KG die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden sei.
8Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 05.12.2014 den Antrag auf Berichtigung des geschuldeten USt-Betrages gem. § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG ab. Zur Begründung führte er aus, der offene USt-Ausweis in den Ausgangsrechnungen stelle einen unrichtigen Steuerausweis gem. § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG dar. Die Berichtigungsmöglichkeit bestehe daher nach § 14c Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG. Die Berichtigung sei danach für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem dem Leistungsempfänger die berichtigten Rechnungen erteilt worden seien. Die korrigierten Rechnungen seien am 18.01.2008 erstellt und im Anschluss daran an die D KG übersandt worden, so dass eine Berichtigung grundsätzlich im Rahmen der USt-Festsetzung 2008 zu erfolgen habe. Insoweit sei aber die Festsetzungsfrist bereits am 31.12.2013 abgelaufen.
9Gegen den Ablehnungsbescheid legte der Kläger am 05.01.2015 Einspruch ein. Zur Begründung trägt er vor, dass ein Fall des § 14c Abs. 2 UStG und nicht ein Fall des § 14c Abs. 1 UStG vorliege. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein Fall des § 14c Abs. 1 UStG vorliege, so könne noch eine entsprechende Berichtigung erfolgen, da Festsetzungsverjährung erst mit Ablauf des Jahres 2017 eingetreten sei. Der Kläger habe bereits im Jahr 2009 die Berichtigung der Umsatzsteuer beantragt. Diesen Antrag habe der Beklagte mit Schreiben vom 05.10.2010 mit der Begründung abgelehnt, dass eine Berichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG i.V.m. § 17 UStG erst erfolgen könne, wenn und soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden sei. Aufgrund dieses gesetzten Rechtsscheins sei es zu einer Ablaufhemmung der vierjährigen Festsetzungsfrist gekommen. Die Festsetzungsfrist habe erst mit der Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens, der Zahlung durch die D KG am 20.06.2013, begonnen. Zudem erfordere der bestehende sachliche Zusammenhang zwischen der geltend gemachten Umsatzsteuerforderung des Finanzamts gegenüber der D KG und den Umsatzsteuererstattungsansprüchen der Insolvenzschuldnerin eine einheitliche Entscheidung beider Sachverhalte.
10Mit Einspruchsentscheidung vom 28.11.2016 lehnte der Beklagte den Einspruch des Klägers ab. Zur Begründung führte er aus, dass die D KG als Leistungsempfängerin gem. § 13b Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG die Umsatzsteuer für die in den Jahren 2004 und 2005 erbrachten Bauleistungen geschuldet habe. Die Insolvenzschuldnerin schulde deshalb nach § 14c Abs. 1 UStG den in den Rechnungen ausgewiesenen Mehrbetrag, denn sie habe als leistende Unternehmerin in einer Rechnung einen höheren Betrag ausgewiesen, als sie nach dem Gesetz schulde (unrichtiger Steuerausweis). Voraussetzung für eine Berichtigung sei, dass der Mehrbetrag an den Leistungsempfänger, also die D KG, ausgezahlt worden sei. Hieran fehle es jedoch im Streitfall. Weder die Berichtigung der Rechnungen noch die Zahlung der Umsatzsteuer durch die D KG führe zu einem Erstattungsanspruch der Schuldnerin. Es könne daher dahinstehen, ob eine Festsetzungsverjährung für das Jahr 2008 eingetreten sei. Ein Fall des § 14c Abs. 2 UStG liege nicht vor, da die Insolvenzschuldnerin als Unternehmerin sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht zum offenen Ausweis der USt berechtigt gewesen sei.
11Auch wenn die vom Leistungserbringer geschuldete Steuer und die beim Empfänger des Umsatzes abziehbare Vorsteuer deckungsgleich seien, so seien diese nicht materiell im Sinne einer gegenseitigen Abhängigkeit dergestalt miteinander verknüpft, dass über sie nur eine einheitliche Entscheidung getroffen werden könne.
12Mit seiner am 02.01.2017 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren gerichtlich weiter. Der Beklagte verkenne, dass eine Erstattung des Umsatzsteuerbetrages an die D KG nicht mit den insolvenzrechtlichen Vorschriften vereinbar sei, vielmehr würde ein Ausgleich der Forderung sogar zu einer Strafbarkeit des Klägers führen. Denn der Erstattungsanspruch der D KG sei vor Insolvenzeröffnung entstanden und stelle deshalb eine bloße Insolvenzforderung dar, die nur quotal befriedigt werden könne. Die D KG müsse den entsprechenden Betrag zur Insolvenztabelle anmelden, der Kläger könne eine quotale Befriedigung erst dann vornehmen, wenn das Insolvenzverfahren abgeschlossen sei und zuvor sämtliche Gegenstände der Insolvenzmasse vereinnahmt worden seien. Vor diesem Hintergrund müsse die Regelung des § 14c Abs. 1 UStG innerhalb des Insolvenzverfahrens dahingehend modifiziert werden, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer durch das Finanzamt auch dann erfolgen könne, wenn und soweit die Steuer nicht zuvor an die Leistungsempfängerin, die D KG, erstattet worden sei. Nach der Rechtsprechung des BFH sei der Anspruch auf Erstattung der zuvor unrichtig oder unberechtigt ausgewiesenen und an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuer der Insolvenzmasse zugehörig. Das Verhalten des Beklagten laufe dem Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer zuwider, weil er die für ein- und dieselbe Leistung entstandene Umsatzsteuer sowohl von der Insolvenzschuldnerin als auch von der D KG jeweils einbehalte. Das Verhältnis zwischen der D KG und der Insolvenzmasse sei allein nach den insolvenzrechtlichen Regelungen zu beurteilen. Auch der Geschäftsführer der D KG habe den Beklagten aufgefordert, die Umsatzsteuer an die Insolvenzmasse des Klägers auszukehren. Der Kläger verweist auf das BFH-Urteil vom 30.06.2015, VII R 30/14, DStRE 2015, 1318. Danach habe der Leistungsempfänger keinen eigenen Anspruch gegenüber dem Finanzamt auf Auszahlung der Umsatzsteuer, sondern müsse sich an den Insolvenzverwalter des Rechnungsausstellers halten.
13Der Kläger beantragt,
14die Umsatzsteuerfestsetzung 2013 dahingehend zu ändern, dass ein Umsatzsteuererstattungsanspruch des Klägers in Höhe von 213.441,06 € festgesetzt wird,
15hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen,
18hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
19Zur Begründung führt er aus, die Vorschrift des § 17 UStG unterliege als materielle Norm nicht den Regeln des Insolvenzrechts. Das Insolvenzrecht gehe nicht schlechthin dem Steuerrecht vor, sondern trete lediglich an die Stelle des Verwaltungsverfahrensrechts. Der Argumentation, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer auch dann erfolgen könne, wenn und soweit die Steuer nicht zuvor an den Leistungsempfänger erstattet worden sei, könne nicht gefolgt werden, weil auf diese Weise ohne rechtliche Grundlage das Insolvenzrisiko vollständig auf das Land und damit die Allgemeinheit abgewälzt werde. Das vom Kläger zitierte BFH-Urteil vom 30.06.2015, VII R 30/14 sei nicht einschlägig, da es in dem Urteilsfall um den Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers und nicht des Rechnungsausstellers gehe. Auch im Falle einer Klagestattgabe könne die vom Kläger angestrebte Neutralität der Umsatzsteuer nur dann erreicht werden, wenn der Kläger zugleich den Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung verletzen würde. Denn hätte der Beklagte bereits aufgrund der berichtigten Rechnungen Umsatzsteuer an den Kläger zu erstatten, so wäre die zuvor entrichtete Umsatzsteuer in die Insolvenzmasse zu zahlen. Der D KG stünde hiervon jedoch nur eine Quote zu, so dass letztendlich das Ziel – Neutralität der wirtschaftlichen Belastung des Rechnungsempfängers – verfehlt würde.
20Mit Schreiben vom 22.06.2020 (Bl. 65 der Gerichtsakte) hat der Berichterstatter bei den Beteiligten angefragt, ob zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass es sich bei der D GmbH und Co. KG um einen fremde Grundstücke bebauenden Generalunternehmer und nicht um einen (eigene Grundstücke bebauenden) Bauträger handelt, so dass diese bauwerksbezogene Werklieferungen gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG a.F. (nunmehr § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG) erbracht hat.
21Sowohl der Beklagte als auch der Kläger haben hieraufhin mitgeteilt, dass es sich bei der D GmbH und Co. KG um einen Generalunternehmer handelt.
22In der Sache hat am 08.10.2020 eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden, auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24Die Klage hat keinen Erfolg.
25Der Ablehnungsbescheid hinsichtlich des Antrags auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung vom 05.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.11.2016 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Beklagte hat zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Berichtigung des Steuerbetrages nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG i.Vm. § 17 Abs. 1 UStG verneint.
261. Es liegt im Streitfall ein unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG vor.
27Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er gem. § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG die Vorschrift des § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden.
28Weist der leistende Unternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer offen aus, obwohl der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, schuldet der leistende Unternehmer diese Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG (BFH, Urt. vom 12.10.2016 XI R 43/14, BFHE 255, 474).
29Im Streitfall hatte die Insolvenzschuldnerin als Rechnungsausstellerin und Leistende zu Unrecht die Umsatzsteuer in ihren Rechnungen ausgewiesen, obwohl tatsächlich die Leistungsempfängerin, die D KG, nach § 13b Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 4 UStG in der in den Jahren 2004 und 2005 geltenden Fassung (a.F.) Steuerschuldnerin war. Bei der D KG handelt es sich auch um einen fremde Grundstücke bebauenden Generalunternehmer und nicht um einen Bauträger, so dass diese bauwerksbezogene Werklieferungen gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG a.F. erbracht hat (BFH, Urt. vom 22.08.2013 – V R 37/10, BStBl. II 2014, 128). Insofern besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
302. Es fehlt jedoch im Streitfall an den Berichtigungsvoraussetzungen gem. § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG.
31a) Hat der leistende Unternehmer das Geld bereits vereinnahmt, kommt es zur Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG nicht bereits durch eine Änderung der Entgeltvereinbarung, sondern erst durch eine zusätzliche Entgeltrückgewähr und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt (EUGH, Urt. vom 29.5.2001 - C-86/99 „Freemans“, BFH/NV 2001, 185; BFH, Urt. vom 18.09.2008 - V R 56/06, BStBl. II 2009, 250; UStAE 17.1 Abs. 2 Satz 2; Wäger, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 17 Rdn. 40).
32b) Auch die Berichtigung beim unrichtigen Steuerausweis gem. § 14c Abs. 1 UStG setzt nach der Rechtsprechung die Rückzahlung der Umsatzsteuer an den Rechnungsempfänger voraus (BFH, Urt. vom 16.05.2018 – XI R 28/16, BFH/NV 2018, 1048; Leipold, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 14c Rdn. 122; UStAE 14c.1 Abs. 5 Satz 4). Denn da der Leistende den berichtigten Steuerbetrag vom Leistungsempfänger bereits vereinnahmt hat, würde eine Erstattung durch das Finanzamt allein aufgrund der Rechnungsberichtigung ohne Rückzahlung der Steuer den Leistenden ungerechtfertigt bereichern. Dieser würde doppelt begünstigt; denn einerseits hat er das Entgelt zzgl. Umsatzsteuer regelmäßig bereits vereinnahmt und andererseits könnte er im Fall einer bedingungslosen Erstattung den berichtigten Steuerbetrag vom Finanzamt nochmals verlangen. Dies ginge allein zu Lasten des Leistungsempfängers. Gleichzeitig müsste der Fiskus befürchten, vom Leistungsempfänger auf Erstattung der Umsatzsteuer an ihn in Anspruch genommen zu werden (BFH, Urt. vom 16.05.2018 – XI R 28/16, BFH/NV 2018, 1048, Rdn. 52). Dagegen wird der leistende Unternehmer, der den unrichtigen Steuerausweis in einer Rechnung gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigt und diesem den vereinnahmten Steuerbetrag zurückzahlt, nicht belastet; denn die grundsätzlich erforderliche Rückzahlung an den Leistungsempfänger kann, um eine Vorfinanzierung des berichtigten Steuerbetrags durch den Rechnungsaussteller bis zur Erstattung zu vermeiden, auch im Wege der Abtretung und Verrechnung erfolgen. Nur die Rückzahlung des berichtigten Steuerbetrags an den Leistungsempfänger führt in der Regel zu einem gerechten Interessenausgleich im Dreiecksverhältnis zwischen Finanzamt und Leistendem bzw. Leistungsempfänger und gewährleistet so letztlich auch die Neutralität der Mehrwertsteuer. Außerdem verhindert eine in diesem Sinne bedingte Berichtigung des Steuerbetrags, dass das Finanzamt z.B. in Fällen der Insolvenz des Rechnungsausstellers oder nicht erkannter Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers doppelt erstatten oder auf Steuer verzichten muss (BFH, Urt. vom 16.05.2018 – XI R 28/16, BFH/NV 2018, 1048, Rdn. 53).
33c) Die Verpflichtung zur Rückzahlung des Mehrbetrages an den Leistungsempfänger besteht nach Ansicht des Senates auch in den Fällen, in denen über das Vermögen des Rechnungsausstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (so auch Lippross, MwStR 2013, 756 (767); a.A. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.12.2017 – 9 K 2646/16, EFG 2018, 513 und Marchal MwStR 2018, 835, 842 unter Hinweis darauf, dass es dem Insolvenzverwalter rechtlich untersagt sei, den vereinnahmten Mehrbetrag aus der Insolvenzmasse zu erstatten).
34Denn würde in den Fällen der Insolvenz des Rechnungsausstellers das Rückzahlungserfordernis nicht gelten, dann wären der Rechnungsaussteller bzw. dessen Gläubiger auf Kosten des Leistungsempfängers dadurch (doppelt) begünstigt, dass zum einen der Mehrbetrag an ihn erstattet würde und zum anderen er den Mehrbetrag aber nicht an den Leistungsempfänger zurückzahlen müsste, weil der Anspruch des Leistungsempfängers gegen den Insolvenzschuldner nur eine quotal zu erfüllende Insolvenzforderung darstellen würde (Leipold, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 14c Rdn. 122; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 14c Rdn. 212). Ein Umsatzsteuererstattungsanspruch des Rechnungsausstellers besteht daher nur bzw. insoweit, wie der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat (Leipold, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 14c Rdn. 122, 149; BFH, Urteil vom 02.09.2010 – V R 34/09 –BStBl II 2011, 991).
35d) Es kann im Streitfall dahinstehen, ob in den Fällen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechnungsausstellers zur Gewährleistung/Herstellung der Neutralität der Umsatzsteuer (im Wege der richtlinienkonformen Auslegung) ein Direktanspruch des Leistungsempfängers gegen den Fiskus auf Erstattung der Mehrwertsteuer nach § 37 Abs. 2 AO besteht (so wohl Leipold, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 14c Rdn. 122, 149; Meyer-Burow/Connemann, UStB 2015, 318, 324; vgl. EuGH, Urt. vom 15.03.2007 – C-35/05, HFR 2007, 515 „Reemtsma“ Rdn. 36) oder aber die Neutralität durch Gewährung des Vorsteuerabzugs im Wege einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO bzw. § 227 AO hergestellt werden kann bzw. muss (so wohl BFH, Urt. vom 30.06.2015 – VII R 30/14, BFHE 250, 34) bzw. über einen Direktanspruch im Billigkeitsverfahren nach § 163 AO zu entscheiden ist (BFH, Urt. vom 22.08.2019 – V R 50/16, BFHE 266, 395). Denn über derartige Ansprüche des Leistungsempfängers, der D KG , ist in diesem Verfahren nicht zu befinden.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
37Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Zu der Frage des Erfordernisses der Rückzahlung des Mehrbetrages an den Leistungsempfänger in den Fällen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechnungsausstellers gibt es keine aktuelle höchstrichterliche Entscheidung und in der Literatur sowie der finanzgerichtlichen Rechtsprechung werden insoweit unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten.