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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kosten für die Erstellung eines Konzernabschlusses nach § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur teilweise abzugsfähig sind.
3Die Klägerin, deren einzig persönlich haftender Gesellschafter die N-Verwaltungs-GmbH ist, ist Alleingesellschafterin der E-GmbH. Weitere Tätigkeiten übt sie nicht aus.
4Im Streitjahr 2017 wurde die Klägerin vom Bundesanzeiger aufgefordert, Konzernabschlüsse für die Jahre ab 2012 offenzulegen. Der Klägerin entstanden durch die Konzernabschlüsse im Streitjahr Kosten in Höhe von 102.408,87 EUR. Die Klägerin setzte diese Kosten in der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sowie in der Gewerbesteuererklärung in voller Höhe als Betriebsausgaben an und wurde zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt (Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2017 vom 20.06.2018 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2017 vom 02.08.2018).
5Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, diese Kosten stellten Betriebsausgaben dar, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stünden, nämlich den Dividenden der E-GmbH oder einer etwaigen Veräußerung der Anteile. Auf den Betriebsprüfungsbericht vom 24.01.2019 wird für weitere Einzelheiten Bezug genommen.
6Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ am 22.03.2019 geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2017 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2017.
7Mit am 05.04.2019 beim Beklagten eingegangenen Einsprüchen machte die Klägerin geltend:
8Die Verpflichtung der Klägerin zur Aufstellung eines Konzernabschlusses beruhe auf §§ 290 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1, 325 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Die Pflicht treffe die Klägerin aufgrund der ihr zustehenden Mehrheit der Stimmrechte. Somit stünden die Aufwendungen für die Aufstellung des Konzernabschlusses allein im Zusammenhang mit dieser Pflicht, nicht mit der Erzielung von Einnahmen.
9Mit Einspruchsentscheidungen vom 13.06.2019 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Ursächlich für die Pflicht zur Aufstellung des Konzernabschlusses sei gerade die Kapitalbeteiligung. Die Klägerin übernehme Offenlegungspflichten der Tochtergesellschaft. Diese könne nach § 264 Abs. 3 HGB von der Verpflichtung zur Offenlegung ihres Jahresabschluss befreit werden. Zudem könne sie auf die Ergebnisse des Konzernabschlusses zurückgreifen und müsse diesbezügliche Aufwendungen daher nicht selbst tätigen; dadurch steige das Ausschüttungspotential. Die Abzugsbeschränkung sei auch nicht ausgeschlossen, weil es sich bei den Konzernabschlusskosten um Verwaltungskosten handele. Dies ergebe sich aus dem Urteil des BFH vom 15.06.2016 (I R 64/14), wonach ein Zusammenhang zu anderen Einnahmen bei reinen Beteiligungsholdinggesellschaften ausgeschlossen sei.
10Mit dagegen erhoben Klagen verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Verfahren sind zunächst unter dem Aktenzeichen 8 K 1990/19 F wegen gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und unter dem Aktenzeichen dieses Verfahrens wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG für 2017 geführt worden. Der Senat hat die Verfahren durch Beschluss vom 27.11.2019 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
11Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen aus den Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor:
12Es könne allenfalls in Betracht kommen, die Aufwendungen für den Konzernabschluss aufzuteilen in (eigene) Verwaltungskosten und mit den Dividenden der Tochtergesellschaft in Zusammenhang stehende Betriebsausgaben. Dies sei aber von der Betriebsprüfung abgelehnt worden.
13Zu den Einspruchsentscheidungen führt die Klägerin aus:
14Sie übernehme keine Offenlegungspflichten der Tochtergesellschaft. Wenn dies der Fall wäre, könnte sie, die Klägerin, die Kosten umlegen; die Tochtergesellschaft könne diese dann in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehen. Eine Befreiung der Tochtergesellschaft von ihrer Offenlegungspflicht sei nur unter der unrealistischen Voraussetzung möglich, dass die Klägerin sich bereit erklärt hätte, für die von dem Tochterunternehmen bis zum Abschlussstichtag eingegangenen Verpflichtungen im folgenden Geschäftsjahr einzustehen (§ 264 Abs. 3 Nr. 2 HGB). Der Wirtschaftsprüfer habe zudem mitgeteilt, die Tochtergesellschaft erspare sich auch keine Aufwendungen.
15Es dürfe keinen Unterschied machen, auf welcher Ebene des Konzerns die Kosten angefallen seien. Dass die Kosten, wenn sie auf Ebene der Tochtergesellschaft anfielen, voll abzugsfähig seien, zeige, dass § 3c Abs. 2 EStG nicht anwendbar sei. Denn dieser solle nur die Doppelbegünstigung von Aufwendungen vermeiden.
16Da die streitige Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden sei, sei es aus ihrer Sicht geboten, die Revision zuzulassen.
17Die Klägerin beantragt sinngemäß,
18die Bescheide vom 22.03.2019 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2017 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2017 in Gestalt der jeweiligen Einspruchsentscheidung vom 13.06.2019 aufzuheben;
19hilfsweise, die Revision zuzulassen;
20die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte stützt sich auf seine Ausführungen im Einspruchsverfahren.
24Die Sache ist am 06.02.2020 vor dem Berichterstatter erörtert worden. Die Beteiligten haben im Rahmen des Erörterungstermins auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben darüber hinaus im Hinblick auf die Ankündigung des Gerichts, (wegen der Corona-Pandemie ohne die Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern) durch Gerichtbescheid entscheiden zu wollen, keine Einwände erhoben.
25Entscheidungsgründe
26Die zulässige Klage, über die der Senat gemäß § 90a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Gerichtsbescheid entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidungen sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
27Wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sind die im Streitjahr angefallenen Aufwendungen für die Aufstellung und Offenlegung der Konzernabschlüsse in Höhe von 102.408,87 EUR Betriebsausgaben der Klägerin. Die Aufwendungen stehen jedoch im wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus der Beteiligung an der E-GmbH und sind daher nur zu 60 % abzugsfähig.
28Nach § 3c Abs. 2 EStG dürfen Betriebsausgaben, die mit den dem § 3 Nr. 40 zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60 % abgezogen werden. Wie der Vergleich mit § 3c Abs. 1 EStG zeigt, setzt die Abzugsbeschränkung in Abs. 2 keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang voraus. Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist in § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des BFH, der der Senat sich anschließt, folgt aus dem Wortlaut, dass ein rechtlicher Zusammenhang nicht erforderlich ist. Aus dem Normzweck, eine inkongruente Begünstigung durch die Zulassung des vollen Betriebsausgabenabzugs im Zusammenhang mit der Erzielung zu 40 % steuerfreier Einnahmen auszuschließen, ergibt sich, dass alle Ausgaben, die mit diesen Einnahmen in Zusammenhang stehen, ebenfalls zu 40 % abzugsbeschränkt sein müssen (BFH, Urteil vom 28.02.2013, IV R 4/11, BFH/NV 2013, 1081; BFH, Urteil vom 18.04.2012, X R 5/10, BFHE 237, 106, BStBl II 2013, 785). Entscheidend ist, aus welchem Grund der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätigt. Dieser Grund ist nach der wertenden Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments zu bestimmen (vgl. BFH, Urteil vom 06.04.2016, I R 61/14, BFHE 253, 348, BStBl. II 2017, 48).
29Nach diesem Maßstab besteht ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Kosten für den Konzernabschluss mit Einnahmen aus Dividenden oder einer etwaigen Veräußerung der Anteile an der Tochtergesellschaft. Insbesondere lassen sich die Aufwendungen keiner anderen Einkunftsquelle der Klägerin zuordnen, weil deren Tätigkeit allein im Halten der Beteiligung besteht. Insofern stehen sämtliche Aufwendungen der Klägerin in Zusammenhang mit teilweise steuerfreien Einnahmen oder Vermögensmehrungen. Allein dies entspricht bei einer Gesellschaft, die ausschließlich Dividenden oder Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen erzielt, dem Zweck des § 3c Abs. 2 EStG, eine inkongruente Begünstigung zu vermeiden.
30An dem erforderlichen Zusammenhang fehlt es auch nicht etwa deshalb, weil es sich bei den Ausgaben der Klägerin um Aufwendungen zur Erfüllung einer Rechtspflicht nach §§ 290 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2‚ Nr. 1, 325 Abs. 1 i.V.m. § 264a Abs. 1 HGB handelt. Denn diese Verpflichtung zur Aufstellung und Offenlegung eines Konzernabschlusses beruht ihrerseits auf dem beherrschenden Einfluss der Klägerin auf die E-GmbH, sodass die Einnahmen aus dieser Beteiligung das auslösende Moment der Kosten darstellen. Zwar wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, ein rein rechtlicher Zusammenhang genüge für die Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 EStG nicht (von Beckerath in: Kirchhof, EStG, § 3c Rn. 10; Desens in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 3c EStG Rn. 58; Schmitt in: Bott/Walter, KStG, § 3c EStG Rn. 87). Aus diesem Grund wurde daher im Rahmen der (vor Inkrafttreten des Abzugsverbots des § 4 Abs. 5b EStG) geführten Diskussion über die Abzugsfähigkeit des Teils des Gewerbeertrags, der durch gewerbesteuerliche Hinzurechnungen auf Streubesitzdividenden verursacht wurde (§ 8 Nr. 5 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG), vertreten, dass dieser Teilbetrag der Gewerbesteuer nur rechtlich mit den Dividenden zusammenhänge und als bloße Folgewirkung nicht von der Abzugsbeschränkung erfasst sei (Schmitt in: Bott/Walter, KStG, § 3c EStG Rn. 87; Desens in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 3c EStG Rn. 58 m.w.N. auch zur Gegenansicht). Ebenso wird vertreten, dass IHK-Beiträge nicht abzugsbeschränkt seien, weil diese durch das Bestehen des Unternehmens als solches und unabhängig davon, ob das Unternehmen Halbeinkünfte (heute: Teileinkünfte) erziele oder nicht, anfielen (Bäuml, DStZ 2008, 107, 111).
31Der Senat ist jedoch jedenfalls für eine Konstellation wie im Streitfall, in dem die Geschäftstätigkeit der Klägerin nur im Halten und Verwalten einer GmbH-Beteiligung besteht, der Auffassung, dass es für einen wirtschaftlichen Zusammenhang ausreicht, wenn die Aufwendungen zur Erfüllung einer mit Blick auf die Beteiligung bestehenden rechtlichen Verpflichtung getätigt werden. Dies gilt umso mehr für die streitgegenständlichen Kosten der Aufstellung und Offenlegung des Konzernabschlusses, die einen direkten wirtschaftlichen Bezug zur Geschäftstätigkeit der Klägerin haben, indem sie zumindest auch der Teilnahme der Klägerin am Wirtschaftsleben dienen (vgl. Zetzsche in: Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht, Vor § 325 HGB Rn. 2: „Korrelat der Marktteilnahme“). Auch die bisherige finanzgerichtliche Rechtsprechung geht nicht davon aus, dass ein rechtlicher Zusammenhang ein aliud zu einem wirtschaftlichen Zusammenhang darstellt oder dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang nicht durch eine gesetzliche Verpflichtung hergestellt werden kann. In einem Verfahren vor dem Hessischen Finanzgericht hatte die dortige Klägerin – ähnlich dem Vortrag der Klägerin im hiesigen Verfahren – vorgetragen, Verwaltungskosten einer Holdinggesellschaft wie Jahresabschlusskosten, Steuerberaterkosten oder die IHK-Grundgebühr stünden als „originäre Verwaltungsaufwendungen“ nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den (nach damaliger Rechtslage gemäß § 8b des Körperschaftsteuergesetzes a.F.) steuerfreien Dividenden. Weder das Hessische Finanzgericht (Urteil vom 10.12.2002, 4 K 1044/99, EFG 2003, 1120) noch der BFH im nachfolgenden Revisionsverfahren (Beschluss über die Vorlage an den EuGH vom 14.07.2004, I R 17/03, BFHE 207, 152, BStBl. II 2005, 53) sind dieser Auffassung gefolgt.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Revisionszulassung auf § 115 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 Alternative 1 FGO.