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Der Gewerbesteuermessbescheid vom 19.7.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.3.2019 wird in der Weise geändert, dass bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen die bislang erfassten Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Wirtschaftsgüter in Höhe von X € um einen Betrag von X € vermindert werden. Der Beklagte hat den festzusetzenden Betrag zu errechnen und mitzuteilen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für die Teilnahme an drei Fachmessen im Streitjahr 2016.
3Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom ...1976 gegründete und im Handelsregister des Amtsgerichts E unter HRB Nr. eingetragene GmbH. Unternehmensgegenstand ist die Herstellung und der Vertrieb von Kunststoff… aller Art. Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind Herr U und Herr R. Die Klägerin ist als Herstellerin und Zulieferin für Produkte der Industrie tätig.
4Im Streitzeitraum nahm die Klägerin als Ausstellerin an drei Messen teil, und zwar für zwei Tage an der Fachmesse „1“ in Z / EU-Ausland, für vier Tage an der Zulieferermesse „2“ in A und für vier Tage an der Fachmesse „3“ in O / EU-Ausland.
5Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn durch Bestandsvergleich gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Als Aufwand berücksichtigte sie Kosten für die Messestände i.H.v. insgesamt X € sowie weitere Kosten im Zusammenhang mit der Durchführung der Fachmessen i.H.v. X €. Der erstgenannte Betrag setzte sich wie folgt zusammen:
6Datum |
Gegenstand |
Betrag |
|
00.00.2016 |
Messebau |
X |
|
00.00.2016 |
Mietmessestand |
X |
|
00.00.2016 |
Mietmessestand |
X |
|
00.00.2016 |
Standgebühr |
X |
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Summe |
X |
Der zweite Betrag betraf eine Rechnung „L“ i.H.v. X € sowie Aufwendungen für die Messe „Fachmesse 3“ i.H.v. X €.
8Die Klägerin reichte für das Streitjahr eine Gewerbesteuererklärung ein und erklärte einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. X €. Bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen erklärte sie Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Betriebsanlagegüter (§ 8 Nr. 1 Buchst. e des Gewerbesteuergesetzes – GewStG –) i.H.v. X €. Diese setzen sich zusammen aus Mieten für externe Lager (X €), Mieten für Verwaltungsgebäude (X €) und Erbbauzinsen (X €). Die Aufwendungen für die Messestände waren nicht enthalten. Der Beklagte veranlagte die Klägerin erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –.
9Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (im Folgenden: „GKBP“) führte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2013 bis 2016 durch. Im Prüfungsbericht vom 26.2.2018 erklärte der Prüfer unter Tz. 2.8 des Berichts, die Klägerin habe in allen Jahren des Prüfungszeitraums an Messen teilgenommen. Ihr seien dabei für die Anmietung der Messeflächen und -stände erhebliche Kosten entstanden. Diese Beträge seien bei der Gewerbesteuer hinzuzurechnen, und zwar für das Jahr 2016 i.H.v. X €. Dieser Betrag setzte sich ausweislich der Anlage 4 zum Prüfungsbericht zusammen aus den Kosten für die Messestände i.H.v. X € sowie 70 % der übrigen Kosten im Zusammenhang mit der Durchführung der Fachmessen, also X €. Die Zuordnung der letztgenannten Kosten i.H.v. 70 % zu den Kosten für die Messeflächen und -stände ermittelte der Prüfer im Wege der Schätzung.
10Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ gemäß § 164 Abs. 2 AO am 19.7.2018 einen Änderungsbescheid. Den Gewerbesteuermessbetrag für 2016 setzte er auf X € fest. Dabei erfasste er Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Wirtschaftsgüter i.H.v. X €. Diesen Betrag berücksichtigte er zur Hälfte (X €) in der Summe der Finanzierungsanteile nach § 8 Nr. 1 GewStG. Von der Summe der Finanzierungsanteile (X €) zog er einen Freibetrag von X € ab und berücksichtigte die Zwischensumme (X €) zu einem Viertel (X €) als gewerbesteuerliche Hinzurechnung.
11Dagegen legte die Klägerin am 20.8.2018 Einspruch ein, der erfolglos blieb.
12Gegen die Einspruchsentscheidung vom 8.3.2019 hat die Klägerin am 10.4.2019 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die Aufwendungen für die Messeflächen und -stände dürften bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG nicht berücksichtigt werden.
13Zur Begründung ihrer Klage hat sie mit Schriftsatz vom 10.9.2019 zunächst vorgetragen, sie könne ihre gegenwärtige Marktbedeutung nur erhalten und ein angemessenes Wachstum sichern, wenn neben der qualitätsbetonten industriellen Fertigung dauerhaft ein marktorientiertes intensives Marketing erfolge. Dies lasse sich am besten durch den Besuch nationaler und internationaler Fachmessen erreichen. Hier stelle sie sich dem Wettbewerb, pflege mit ihren Kunden bestehende Kontakte und identifiziere potentielle zukünftige Kunden. Dabei könnten die Kosten für die Messestände allerdings nicht als Miete für die Stände im Sinne eines unbeweglichen Wirtschaftsguts angesehen werden, sondern als Entgelt für die gesamte Organisation der Messe. Für die Messegesellschaft sei nämlich der Aufwand der Messedurchführung sehr hoch. Die Messegesellschaft benötige hochqualifiziertes Personal, um Fachpublikum zu werben und zu bedienen. Als Maßstab für die Bemessung des Entgelts werde zwar die Standgröße herangezogen, tatsächlich werde mit dem Entgelt aber die Durchführung und Organisation der Messe abgegolten.
14Mit Schriftsatz vom 8.10.2020 hat die Klägerin sodann erklärt, sie sei keine Vertriebsgesellschaft, da sie sich nicht mit dem Handel nicht bearbeiteter Waren befasse. Sie sei vielmehr ein fertigendes Industrieunternehmen. Bei einem solchen Unternehmen sei es kaum vorstellbar, dass die wirtschaftliche Existenz von dem Besuch von Fachmessen abhänge. Ihr konkreter Geschäftsgegenstand erfordere jedenfalls keine dauerhaften und jederzeit verfügbaren Messestände. Dies zeige sich schon daran, dass sie auf Messen niemals ihr gesamtes Sortiment zeige. Vielmehr stelle sie in ihren Geschäftsräumen ihre angebotenen Waren in einem deutlich größeren Umfang aus.
15In einem am 17.2.2021 durchgeführten Termin hat die Klägerin erklärt, sie habe im Streitjahr lediglich Profimessen besucht. Die Profimessen würden vor allem von Produktmanagern besucht. Ein Absatz finde auf diesen Messen so gut wie nicht statt. Der Absatz erfolge erst im Nachgang zu der jeweiligen Messe. Es gehe auf den Messen vielmehr darum, Fertigungstechniken und den Stand der Technik zu präsentieren. Ihre Kunden seien überwiegend …produzierende Unternehmen. Endverbraucher gehörten nicht oder nur in sehr untergeordnetem Maße zu ihren Kunden.
16In der mündlichen Verhandlung vom 3.11.2021 hat die Klägerin schließlich erklärt, nach ihrer Einschätzung beträfen die Aufwendungen, die von Messebauunternehmen in Höhe von X € und zweimal X € in Rechnung gestellt worden seien, nicht die Miete für bewegliche Messestände, sondern Aufwendungen für den Auf- und Abbau der Messestände. Der eigentliche Messestand befinde sich nach ihrer Kenntnis ohnehin in ihrem Eigentum.
17Die Klägerin beantragt,
18den Gewerbesteuermessbescheid vom 19.7.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.3.2019 in der Weise zu ändern, dass bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen die bislang erfassten Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Wirtschaftsgüter in Höhe von X € um einen Betrag von X € vermindert werden.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen,
21hilfsweise,
22die Revision zuzulassen.
23Nach seiner Auffassung sind die streitigen Messekosten bei den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG zu berücksichtigen. Die jeweils mehrtägige Teilnahme an den drei Messen im Jahr 2016 habe für die Klägerin eine wesentliche Bedeutung gehabt. Die Klägerin habe in ihrer Klagebegründung selbst ausgeführt, dass die Fachmessen dafür erforderlich seien, mit ihren Kunden bestehende Kontakte zu pflegen, den Kundestamm auszubauen und sich dem Wettbewerb zu stellen. Insofern unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt von dem vom FG Münster am 9.6.2020 entschiedenen Fall (FG Münster, Urteil vom 9.6.2020 9 K 1816/18 G, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2020, 1689).
24Auf entsprechende Anfrage des Gerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.6.2021 einer Ruhendstellung des Verfahrens im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof – BFH – anhängige Revisionsverfahren III R 14/21 widersprochen.
25Der Senat hat am 3.11.2021 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
26Entscheidungsgründe:
27Die zulässige Klage ist begründet.
28I. Der Gewerbesteuermessbescheid vom 19.7.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.3.2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat bei der Berechnung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung die Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Wirtschaftsgüter um X € (vor Halbierung der Miet- und Pachtzinsen) zu hoch angesetzt.
29Gem. § 8 Nr. 1 GewStG in der im Streitjahr anwendbaren Fassung werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG) bestimmte Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind, und zwar ein Viertel der Summe aus diesen Beträgen, soweit die Summe den Betrag von X € übersteigt. Zu den vorgenannten Beträgen gehört gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG auch ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, und gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen.
301. Es kann offenbleiben, ob eine Berücksichtigung des Betrags von X € bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung bereits deshalb zu beanstanden ist, weil es sich bei diesem Betrag nur zu einem Teil um Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen oder unbeweglicher Wirtschaftsgüter handelte.
31Eine Berücksichtigung der Aufwendungen in Höhe von X € („Messebau“) erscheint bereits deshalb beanstandungswürdig, weil nicht feststellbar ist, dass es sich bei diesem Betrag um eine Gegenleistung für die Überlassung von beweglichen oder unbeweglichen Wirtschaftsgütern handelte. Es scheint sich eher um eine Leistung im Zusammenhang mit dem Auf- und Abbau des Messestands zu handeln, wobei der Messestand möglicherweise – wie die Klägerin vorträgt – in ihrem Eigentum stand.
32Bei den übrigen Kosten i.H.v. X €, welche die GKBP zu 100 % berücksichtigte, und i.H.v. X €, welche die GKBP zu 70 % berücksichtigte, könnte es sich zwar um Miet- und Pachtzinsen handeln. An einer Berücksichtigung bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung bestehen jedoch insofern Bedenken, als – worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat – unklar erscheint, ob es sich bei dem jeweiligen Zahlungsempfänger um den Messeveranstalter handelte und dieser bei seiner eigenen Kostenkalkulation auch den Wert seines eigenen Organisationsaufwands berücksichtigt und dem Messeaussteller weiterbelastet hat. Zwar ist es in einer solchen Konstellation denkbar, die Überlassung der Messestände als vertragliche Hauptleistung und die Zulassung zur Teilnahme an der Messeausstellung sowie die weiteren ergänzenden (z.B. technischen) Leistungen des Messeveranstalters als vertragliche Nebenleistungen anzusehen. In der Folge wäre das Entgelt insgesamt als Miet- und Pachtzins zu behandeln (BFH-Urteil vom 25.10.2016 I R 57/15, BFHE 255, 280, Rz. 14 bis 16, wonach die diesbezügliche Würdigung der Vorinstanz [FG München, Urteil vom 8.6.2015 7 K 3250/12] nicht beanstandet wurde). Ob sich der Senat einer solchen Sichtweise anschließen könnte oder ob der fragliche Betrag – ggf. im Wege der Schätzung – aufzuteilen wäre in einen Miet- und Pachtzins für die Überlassung der Messestände einerseits und ein Entgelt für die übrigen Leistungen des Messeveranstalters andererseits, kann aus den nachfolgenden Gründen allerdings dahinstehen.
332. Der streitige Betrag von X € ist nicht für Wirtschaftsgüter entstanden, die Anlagevermögen i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG darstellen würden, wenn sie im Eigentum der Klägerin stünden.
34a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist der Begriff des Anlagevermögens nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen (BFH-Urteil vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 21). Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs). Das sind die zum Gebrauch im Betrieb bestimmten Wirtschaftsgüter. Zum Umlaufvermögen gehören demgegenüber die zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter (BFH-Urteile vom 31.5.2001 IV R 73/00, BFHE 195, 551, BStBl II 2001, 673, Rz. 10, m.w.N.; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 21).
35Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden (BFH-Urteile vom 4.6.2014 I R 70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289, Rz. 12; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 22). Diese Fiktion ist auf den Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG zurückzuführen, durch die Hinzurechnung im Sinne einer Finanzierungsneutralität einen objektivierten Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln (BT-Drucks. 16/4841, Seite 78; BFH-Urteile vom 25.10.2016 I R 57/15, BFHE 255, 280, Rz. 18; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 22). Dabei ist zwar das Eingreifen der Fiktion, dass der Steuerpflichtige der (wirtschaftliche) Eigentümer der Wirtschaftsgüter ist, nicht an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft (BFH-Urteil vom 08.12.2016 IV R 24/11, BFHE 256, 526, Rz. 11 ff.). Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich aber maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (wie z.B. der Art des Wirtschaftsguts, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, der Art des Betriebs, ggf. auch der Art der Bilanzierung; BFH-Urteile vom 8.12.2016 IV R 24/11, BFHE 256, 526, Rz. 18; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 22). Gemeint ist, dass es sich bei dem überlassenen Wirtschaftsgut der Art nach um Anlagevermögen handelt, wobei es ausreicht, wenn das Wirtschaftsgut dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen (BFH-Urteil vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 22). Insoweit spricht insbesondere die Verwendung des Wirtschaftsguts als Produktionsmittel für die Zuordnung zum Anlagevermögen, während der Einsatz als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahe legt (BFH-Urteile vom 5.6.2008 IV R 67/05, BFHE 222, 265, BStBl II 2008, 960, Rz. 29; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 22).
36Die Prüfung muss den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen (BFH-Urteile vom 8.12.2016 IV R 24/11, BFHE 256, 526, Rz. 19; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 23) und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren (BFH-Urteile vom 25.10.2016 I R 57/15, BFHE 255, 280, Rz. 21, m.w.N.; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 23; FG Münster, Urteil vom 9.6.2020 9 K 1816/18 G, EFG 2020, 1689, Rz. 22). Insbesondere darf die Fiktion nicht weiter reichen, als es die Vorstellung eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet (BFH-Urteil vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 23). Es ist zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt (BFH-Urteil vom 8.12.2016 IV R 24/11, BFHE 256, 526, Rz. 19; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 23). Hierfür ist – im Sinne einer Kontrollfrage – darauf abzustellen, ob sich die betreffende Tätigkeit, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich sinnvoll nur ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird (BFH-Urteil vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 23).
37Ein Gegenstand kann zwar auch dann dem Anlagevermögen zuzuordnen sein, wenn er nur kurzfristig gemietet oder gepachtet wird; dies gilt selbst dann, wenn sich das Miet- oder Pachtverhältnis lediglich auf Tage oder Stunden erstreckt (vgl. BFH-Urteile vom 8.12.2016 IV R 24/11, BFHE 256, 526, Rz. 20, m.w.N.; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 24). Insoweit darf für die Einordnung als Anlagevermögen die Zeitkomponente „dauernd“ nicht als reiner Zeitbegriff im Sinne von „immer“ oder „für alle Zeiten“ verstanden werden (BFH-Urteile vom 5.6.2008 IV R 67/05, BFHE 222, 265, BStBl II 2008, 960, Rz. 29; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 24). Das setzt indessen voraus, dass der Steuerpflichtige derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb benötigt. Dies hat der BFH etwa bejaht, wenn der Steuerpflichtige wiederholt gleichartige Container zur Weitervermietung (BFH-Urteil vom 29.11.1972 I R 178/70, BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148) oder gleichartige Bestuhlungen und Beschallungsanlagen zur eigenen Nutzung in Sälen und Stadien (BFH-Urteil vom 30.3.1994 I R 123/93, BFHE 174, 554, BStBl II 1994, 810) angemietet hat. Aber eine Zuordnung zum Anlagevermögen scheidet danach aus, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen (BFH-Urteil vom 8.12.2016 IV R 24/11, BFHE 256, 526, Rz. 26) und sie deshalb nicht zu seinem dem Betrieb auf Dauer gewidmeten Betriebskapital gehören würden (BFH-Urteile vom 30.3.1994 I R 123/93, BFHE 174, 554, BStBl II 1994, 810; vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 24).
38Die Frage, welchem betrieblichen Zweck das Wirtschaftsgut gewidmet ist, beantwortet sich nach der Rechtsprechung des BFH nach den tatsächlichen betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen und unter Beachtung des tatsächlichen Geschäftsgegenstands des Unternehmens (BFH-Urteil vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 25; Hofmeister in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 8 GewStG Rz. 215). Dabei kann die Annahme von Umlaufvermögen nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil angemietete Wirtschaftsgüter – wegen der Pflicht zur Rückgabe an den Eigentümer (§ 546 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) – nie tatsächlich zum Verbrauch oder zum Verkauf bestimmt sein können. Denn die Art und Weise des Gebrauchs ist wegen des für die Dauer des Mietverhältnisses fingierten Eigentums gerade unter Außerachtlassung der Rückgabepflicht zu bestimmen (BFH-Urteil vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 25). Führt diese Prüfung zu dem Ergebnis, dass das Wirtschaftsgut im Falle der (fiktiven) Eigentümerstellung des Steuerpflichtigen nicht dem Anlagevermögen zuzuordnen wäre, ergibt sich daraus zugleich, dass das Wirtschaftsgut zum Umlaufvermögen gehören würde (BFH-Urteil vom 25.7.2019 III R 22/16, BFHE 265, 386, BStBl II 2020, 51, Rz. 25).
39b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, sind die streitigen Aufwendungen nicht für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens entstanden, wenn sie im Eigentum der Klägerin stünden.
40Soweit der streitige Betrag wie beschrieben nicht für die Überlassung von Messeständen aufgewandt wurde, kommt eine (fiktive) Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Anlagevermögen bereits aus diesem Grund nicht in Betracht. Soweit die Klägerin den streitigen Betrag hingegen als Gegenleistung für die Überlassung von Messeständen aufgewandt hat, handelt es sich bei diesen Messeständen, wenn sie im Eigentum der Klägerin stünden, nicht um ihr Anlagevermögen.
41aa) Eine Zuordnung zum Anlagevermögen scheidet bereits deshalb aus, weil die Klägerin die gemieteten bzw. gepachteten Messestände nicht ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb hätte vorhalten müssen und sie deshalb nicht zu ihrem dem Betrieb auf Dauer gewidmeten Betriebskapital gehört hätten.
42Der Senat leitet dies aus dem Umstand ab, dass die Klägerin im Streitjahr 2016 lediglich an zehn Tagen an Fachmessen teilgenommen hat, und zwar zwei Tage an der Fachmesse „1“ in Z / EU Ausland, vier Tage an der Zulieferermesse „2“ in A und vier Tage an der Fachmesse „3“ in O / EU Ausland. Die Kurzfristigkeit der Miete bzw. Pacht schließt unter Berücksichtigung der zitierten BFH-Rechtsprechung eine Zuordnung zum Anlagevermögen im Streitfall aus, weil die Klägerin die fraglichen Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb benötigte. Bei einer Nutzung von Wirtschaftsgütern an nur zehn von 365 Tagen des Jahres kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie die fraglichen Messestände ständig in ihrem Betrieb hätte vorhalten müssen. Es ist nicht erkennbar, dass der wirtschaftliche Erfolg der Tätigkeit der Klägerin gerade vom permanenten Vorhalten der Messestände abhing (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 29.1.2019 10 K 2717/17 G, Zerl, EFG 2019, 544, Rz. 31, nicht rkr., Az. des BFH: III R 15/19, wobei die dortige Klägerin nur einmal in drei Jahren an einer Messe teilnahm).
43Der Senat berücksichtigt hierbei auch, dass der BFH in einem Fall, in dem die dortige Klägerin als „Mittlerin“ für Messestände fungierte und hierzu Messestände von Messeveranstaltern anmietete und an Messeteilnehmer weitervermietete, nicht von fiktivem Anlagevermögen ausgegangen ist (BFH-Urteil vom 25.10.2016 I R 57/15, BFHE 255, 280, Rz. 21). Der BFH nahm in diesem Fall an, dass die entsprechenden Flächen nicht ständig für den Gebrauch im Betrieb der Klägerin vorgehalten werden mussten, obwohl die Klägerin regelmäßig entsprechende Messeflächen anmietete und weitervermittelte. Wenn es aber in einem solchen Fall nicht zur Annahme fiktiven Anlagevermögens kommt, muss dies erst recht gelten in einem Fall, in dem nur an zehn Tagen im Jahr Messestände angemietet wurden.
44bb) Darüber hinaus sind die im fiktiven Eigentum der Klägerin stehenden Messestände deshalb nicht zu ihrem Anlagevermögen zu zählen, weil sie nach ihrer Zweckbestimmung nicht dazu gewidmet wären, auf Dauer im Geschäftsbetrieb genutzt zu werden. Hierbei sind nach der zitierten BFH-Rechtsprechung der Geschäftsgegenstand des Unternehmens der Klägerin sowie ihre betrieblichen Verhältnisse zu berücksichtigen.
45Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Herstellung und der Vertrieb von Kunststoff… aller Art. Die Klägerin ist dabei als Herstellerin und Zulieferin für Produkte der Industrie tätig. Nach dem Geschäftszweck hätten Messestände bereits deshalb nicht dauerhaft im Geschäftsbetrieb genutzt werden müssen, weil sie nicht zu den Produktionsmitteln im Betrieb der Klägerin gehörten. Messestände werden nicht für die Produktion von … eingesetzt, sondern lediglich für ihren Vertrieb.
46Im Hinblick auf den Vertrieb setzt der Geschäftszweck der Klägerin jedoch ein dauerhaftes Vorhandensein von Messeständen im Betrieb der Klägerin nicht voraus. Die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin würde sich vielmehr auch dann sinnvoll ausüben lassen, wenn Messestände nicht langfristig in ihrem Eigentum stünden. Denn bei der Klägerin handelt es sich nicht um eine klassische Vertriebsgesellschaft, sondern um ein produzierendes Unternehmen. Für ihren Vertrieb haben die Messestände nur eine untergeordnete Bedeutung, da die Umsätze der Klägerin nach ihrer unbestrittenen Darstellung im Termin zur mündlichen Verhandlung zu ca. 50 % auf langfristigen Lieferverträgen im Bereich der Fertigung beruhen und sie im Übrigen vornehmlich Großbetriebe beliefert und nur in untergeordnetem Umfang Privat- bzw. Endkunden. Darüber hinaus verfügt sie entsprechend ihren Angaben über Ausstellungsflächen in ihren eigenen Betriebsräumen, so dass auch insofern das Vorhalten von Messeständen nicht erforderlich erscheint.
47cc) Aufgrund dieser Würdigung sind die Messestände im Falle einer fiktiven Eigentümerstellung der Klägerin entsprechend der zitierten BFH-Rechtsprechung dem Umlaufvermögen zuzuordnen (im Ergebnis ebenso: FG Münster, Urteil vom 9.6.2020 9 K 1816/18 G, EFG 2020, 1689, Rz. 24; im dortigen Fall handelte es sich bei der Klägerin um eine Produktionsgesellschaft ohne Direktvertrieb, die auf ein stehendes Händlernetz zurückgriff).
48Dagegen spricht nicht, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 10.9.2019 zunächst vorgetragen hatte, sie könne ihre gegenwärtige Marktbedeutung nur erhalten und ein angemessenes Wachstum sichern, wenn neben der qualitätsbetonten industriellen Fertigung dauerhaft ein marktorientiertes intensives Marketing erfolge. Bei den Fachmessen stelle sie sich dem Wettbewerb, pflege mit ihren Kunden bestehende Kontakte und identifiziere potentielle zukünftige Kunden, so die Klägerin im Schriftsatz vom 10.9.2019.
49Eine solche Darstellung würde zwar für die Notwendigkeit sprechen, dass Messestände dauerhaft im Betrieb der Klägerin vorgehalten werden müssten, sodass sie als fiktives Anlagevermögen angesehen werden könnten. Die Klägerin hat dann aber mit Schriftsatz vom 8.10.2020 erklärt, dass ihre wirtschaftliche Existenz nicht von dem Besuch von Fachmessen abhänge und ihr konkreter Geschäftsgegenstand keine dauerhaften und jederzeit verfügbaren Messestände erfordere, weil sie ein fertigendes Industrieunternehmen sei. Diese Darstellung hat die Klägerin im Termin vom 17.2.2021 bestätigt, in dem sie ausgeführt hat, ein Absatz finde auf den besuchten Profimessen so gut wie nicht statt. Der Senat hält die von der Klägerin mit dem Schriftsatz vom 8.10.2020 sowie im Termin vom 17.2.2021 dargelegte tatsächliche Ausgestaltung ihres im Handelsregister eingetragenen Unternehmensgegenstands für überzeugend. Auch in der mündlichen Verhandlung vom 3.11.2021 hat die Klägerin diese Darstellung bestätigt. Sie hat dabei u.a. auch auf die von ihr abgeschlossenen langfristigen Kundenverträge hingewiesen.
503. Im Übrigen begegnet die Berechnung des Beklagten, wonach die Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Wirtschaftsgüter zur Hälfte in der Summe der Finanzierungsanteile zu erfassen, um einen Freibetrag von X € zu kürzen und die Zwischensumme zu einem Viertel als gewerbesteuerliche Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 GewStG zu erfassen sind, keinen Bedenken.
51II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
52Die Entscheidung, dass der Beklagte die festzusetzenden Beträge zu errechnen und mitzuteilen habe, folgt aus § 100 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO.
53Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
54Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, weil der BFH die Beschwerde gegen das Urteil des FG Münster vom 9.6.2020 9 K 1816/18 G (EFG 2020, 1151) zugelassen hat (BFH-Beschluss vom 6.4.2021 III B 83/20, Az. des Revisionsverfahrens: III R 14/21).