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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist für das Streitjahr 2013, ob eine ermäßigt zu besteuernde Lieferung oder eine dem Regelsteuersatz unterliegende einheitliche Leistung besonderer Art vorliegt.
3Der Kläger ist Landwirt. Für die Jahre 2001 bis 2017 optierte er zur umsatzsteuerrechtlichen Regelbesteuerung. Er errichtete 1999 einen ca. 2 km von seiner Hofstelle (A-Straße 86, 00000 N) entfernt liegenden freistehenden Schweinemaststall (B-Str. 30, 00000 N) und erweiterte diesen in 2001 um 1.260 Mastplätze auf insgesamt 1.980 Mastplätze. Der durch eine Brandschutzmauer erweiterte, räumlich abgegrenzte Teil war vorgesehen für eine Verpachtung an einen anderen Unternehmer und ist letztlich im Umfang von 840 Mastplätzen an die Ehefrau des Klägers verpachtet worden. Die gesamte Mastanlage, also alle 1.980 Mastplätze, wurden versorgt durch eine gemeinsame computergesteuerte Flüssigfutteranlage. Diese besteht neben dem Fütterungscomputer im Wesentlichen aus Vorratssilos, Anmischbehälter und Leitungen und befindet sich in einem gesonderten Gebäude auf dem Grundstück B-Str. 30, N, und versorgt die einzelnen Mastplätze über ein Rohrleitungssystem mit Flüssigfutter. Der Kläger hatte zwei Anträge auf verbindliche Auskunft vom 07.12.1999 und vom 05.07.2002 zur beabsichtigten Betriebsteilung gestellt, auf die wegen des Inhalts Bezug genommen wird (Akte „verbindliche Auskünfte“, Bl. 1ff und 15ff). Der Beklagte erteilte mit Bescheid vom 18.07.2002 die verbindliche Auskunft, dass es sich bei den landwirtschaftlichen Betrieben des Klägers und seiner Ehefrau um zwei selbstständige Betriebe handelt.
4Das Flüssigfutter wird in einem einzigen Anmischbehälter für beide Mastställe zusammengemischt und über einen Fütterungscomputer verteilt. Der Computer regelt individuell nach den Vorgaben des jeweiligen Betriebsinhabers die Futtermittelrezepturen, die sodann über die Misch- und Verteilanlage verteilt wird. Die Erfassung nach Quantität und Qualität für jeden Maststall erfolgt mit entsprechenden Messinstrumenten. Es werden bis zu 25-mal am Tag kleinere Mengen Futter an die Schweine gegeben. Dabei wird sensorisch kontrolliert, ob noch Futter im jeweiligen Trog ist; bei leerem Trog wird automatisch nachgeliefert. Zu Beginn der Mastperiode wird vom jeweiligen Betriebsinhaber eine Futterkurve festgelegt. Diese kann in den beiden Mastbereichen unterschiedlich sein. Eine gleichzeitige Fütterung beider Mastbereiche ist aber nicht möglich. Die Eingabe der jeweiligen Futterkurve in den Fütterungscomputer und weiterer Daten kann in der Fütterungsanlage B-Str. 30 und der Haupthofstelle A-Straße 86 erfolgen.
5Mit Wirkung vom 01.10.2002 (Pachtvertrag vom 27.09.2002) verpachtete der Kläger 840 Mastplätze einschließlich Betriebsvorrichtungen, Anlagen und Einrichtungen im Stall, einem Güllelagerbehälter außerhalb des Stalls und die notwendigen Verkehrsflächen des Maststalls B-Str. an seine Ehefrau. Die Fütterungsanlage oder Teile davon wurden nicht mitverpachtet. Gemäß § 5 des Vertrags, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Vertragsakte Bl. 1ff), verpflichtete sich der Kläger, das Pachtobjekt während der Pachtzeit mittels seiner am Pachtstandort eingerichteten Fütterungszentrale mit Flüssigfutter in einem qualitativ und quantitativ erstklassigen Zustand zu versorgen. Die Pächterin verpflichtete sich zur Abnahme. Dazu sollte eine gesonderte Vereinbarung getroffen werden, die die Vertragsparteien mit Vertrag vom 28.09.2002, auf den wegen des Inhalts verwiesen wird (Gerichtsakte Bl. 54), auch getroffen haben. Die übrigen Plätze des Maststalls B-Str. nutzte der Kläger selbst zu Mastzwecken.
6Die Ehefrau des Klägers ist pauschalierende Landwirtin und lieferte ihre Getreide- und Maisernte mit Umsatzsteuerausweis i.H.v. 10,7 % an den Kläger. Dieser mischte die von seiner Ehefrau erworbene und gegebenenfalls seine eigene Ernte unter Beifügung von zugekauften Ergänzungsstoffen zu Flüssigfutter, welches nach Bedarf von der Ehefrau über die Fütterungsanlage abgenommen wurde.
7Im Streitjahr 2013 berechnete der Kläger seiner Ehefrau Fütterungskosten, die er dem ermäßigten Steuersatz zu 7 % unterwarf. In seiner am 24.02.2015 abgegebenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Streitjahr 2013 erklärte der Kläger eine Umsatzsteuer i. H. v. xxx €. Diese Erklärung stand einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
8Am 13.09.2017 begann eine Betriebsprüfung (Bp) für die Jahre 2013 - 2015 durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung M (im Folgenden: Groß-Bp) beim Kläger. Der Prüfer war der Auffassung, die Versorgung der an die Ehefrau des Klägers verpachteten Mastplätze mit Flüssigfutter unterliege dem Regelsteuersatz. Es läge keine begünstigte Futterlieferung, sondern eine aus mehreren Komponenten bestehende Fütterungsleistung vor, die dem Regelsteuersatz unterliege. Der Prüfer verminderte den Umsatz des Klägers aus der Flüssigfütterung der Schweine der Ehefrau um netto xxx € (Umsatzsteuer 7 %: xxx €) und erhöhte den Umsatz zu 19 % um netto xxx € (Umsatzsteuer 19 %: xxx €), sodass er insoweit eine Mehr-Umsatzsteuer i.H.v. xxx € errechnete. Es wird wegen der Einzelheiten auf Tz 2.3.1.10 i.V.m. Anl. 2, 13 des Bp-Berichts vom 17.11.2017 verwiesen.
9Der Beklagte änderte nach Maßgabe des Bp-Berichts unter anderem die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 2013 und setzte die Umsatzsteuer mit Bescheid vom 01.03.2018 auf xxx € fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Der dagegen vom Kläger fristgemäß eingelegte Einspruch war erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 09.10.2018).
10Dagegen richtet sich die Klage.
11Der Kläger trägt vor, bei seinem Antrag auf verbindliche Auskunft vom 05.07.2002 sei bereits vorgetragen worden, dass die vom Kläger eingekauften Futtermittel zum Selbstkostenpreis an die Ehefrau abgegeben würden. Für das Mahlen und Mischen sei ein Gewinnaufschlag von 10 % in Ansatz gebracht worden. Dieser Prozentsatz sei damals in Abstimmung mit der Landwirtschaftskammer gewählt und von der Finanzverwaltung akzeptiert worden. Die Betriebsteilung sei von zwei Außenprüfungen der Finanzverwaltung bestätigt worden. Die hier streitbefangenen Lieferungen unterlägen dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) i.V.m. Anl. 2 lfd. Nr. 37. Dazu gehöre auch flüssiges Futtermittel, das nach eigenen Rezepturen zubereitet werde. Die Ausführungen des Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung setzten sich teilweise über die Sachverhaltsfeststellungen der Groß-Bp, die diese unter Hinzuziehung des amtlich landwirtschaftlichen Sachverständigen getroffen habe, hinweg. Die Ehefrau des Klägers habe maßgebliche Tätigkeiten in ihrem Schweinemastbetrieb selbst durchgeführt. Die Vermutung des Beklagten, dass die Ehefrau des Klägers wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung die eigenständige Bedienung der Fütterungsanlage nicht durchgeführt habe, sei absurd. Viele landwirtschaftliche Betriebe würden im Nebenjob betrieben. Die auf Seite 6 der Einspruchsentscheidung aufgeführten Leistungselemente würden tatsächlich wie folgt realisiert:
12 Abrufung der Sensorstände an den einzelnen Trögen durch die Technik der Fütterungsanlage; Auswertung durch die Ehefrau;
13 Ermittlung des Fressverhaltens durch Verarbeitung der Sensorsignale durch die Technik der Fütterungsanlage; Auswertung durch die Ehefrau;
14 Aufzeichnung der Daten erfolge grundsätzlich nicht, nur Mengenaufzeichnung der einzelnen Komponenten;
15 Auswertung der Daten durch die Ehefrau;
16 Erstellung von Futter- und Mastkurven durch die Ehefrau, ggf. nach Rücksprache mit dem Futtermittelberater;
17 Weitergabe der Daten an die Misch- und Verteilanlage durch die Ehefrau;
18 Steuerung der Futtermenge und -zusammensetzung durch die Ehefrau;
19 Anmischung und Bereitstellung des benötigten Futters durch die Technik der Fütterungsanlage;
20 Bedarfsgerechte Verteilung über ein Rohrleitungssystem durch die Technik der Fütterungsanlage;
21 Lieferung des Futters durch die Technik der Fütterungsanlage;
22Die Ehefrau habe auch stets den Tierbestand aktualisiert durch Ein-, Ausstallen und Beseitigung der verendeten Tiere. In diesem Zusammenhang sei ein versicherungs-rechtlich bestätigter Arbeitsunfall der Ehefrau am 12.05.2013 im Maststall zu erwähnen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Ehefrau das Futtermanagement des Masttierbestandes eigenständig ausführe, werde die Futterlieferung betriebswirtschaftlich nach den Selbstkosten des Komponentenzukaufes zzgl. eines Aufschlages von 10 % berechnet. Dieser Aufschlag berücksichtige die vom Futterlieferanten notwendigerweise bereitgestellte Technik (Flüssigfütterungsanlage nebst Rohrleitungssystem und Vorratssilos). Dementsprechend führe die Betriebsprüfung bei der ertragsteuerlichen Abgrenzung Landwirtschaft und Gewerbe - im Hinblick auf die Flüssigfutterlieferung - aus, dass durch den Gewinnaufschlag in Höhe von nur 10 % auf die zum Selbstkostenpreis weitergegebenen Futtermittel keine wesentlichen Gewinne zu erwarten seien. Die Betriebsprüfung habe daher auf eine getrennte ertragsteuerliche Erfassung der gewerblichen Tätigkeit verzichtet. Hätte der Kläger die vom beklagten Finanzamt behaupteten Dienstleistungen erbracht, hätte er - bereits unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung sowie des Risikozuschlages und der damit einhergehenden Haftung - einen deutlich höheren Gewinnaufschlag realisieren können und müssen. Im Ergebnis habe der Kläger im Zusammenhang mit der Futtermittellieferung nur die Lieferung des zubereiteten Futters und die Bereitstellung der Technik für die Herstellung des Futterbreis nebst Vorlage frei Trog des Maststalles der Ehefrau erbracht. Die jüngere Judikatur des Europäischen Gerichtshofes verneine die Aufteilung in eine Hauptleistung und eine Nebenleistung. Nach dem EuGH-Urteil vom 18.01.2018 (C-463/16, Stadion Amsterdam, DStR 2810, Seite 246) liege eine einheitliche Leistung (Haupt- und Nebenleistung) dann vor, wenn zwei oder mehr Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden seien, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Der Bundesfinanzhof habe im Urteil vom 13.06.2018 (XI R 2/16 — DStR 2018, Seite 1919) geurteilt, dass eine Dinner-Show als einheitliche, komplexe Leistung dem Regelsteuersatz unterliege. Die Frage, ob eine Haupt- und eine Nebenleistung vorliege oder eine einheitliche untrennbare wirtschaftliche Leistung, solle nach der Rechtsprechung des EuGH aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers getroffen werden (EuGH vom 08.05.2003 — C-384/01-Kommission Frankreich, UR 2003, 408). In der Entscheidung vom 13.06.2018 werde weiter ausgeführt, dass — sofern nach Gesamtabwägung eine einheitliche Leistung vorliegt – die Hauptleistung die weitere umsatzsteuerrechtliche Behandlung (Umsatzsteuersatz, Leistungsort, etc.) bestimme. Voraussetzung für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sei, dass der begünstigte Teil den Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung darstelle (vgl. BFH vom 28.10.2014 — V B 92 114, BFH/NV 2015, 244). Dementsprechend habe auch das Schleswig Holsteinische Finanzgericht mit Urteil vom 17.05.2018 (4 K 15 117 — EFG 2018, Seite 1221) entschieden, dass eine einheitliche Leistung bei der Vermietung und Belieferung mit Wärme aus einer eigenen Hackschnitzelheizung des Vermieters vorliege. In dem Urteil vom 03.08.2017 des Bundesfinanzhofes (V R 61/16) sei für die Bestimmung des Steuersatzes für Leistungen einer Krankenhauscafeteria die Bereitstellung von Mobiliar als nicht bedeutsames Dienstleistungselement gewertet, wenn das Mobiliar nicht ausschließlich dazu bestimmt sei, den Verzehr von Lebensmitteln zu erleichtern, sondern möblierte Bereiche zugleich auch als Warteraum und Treffpunkt dienten. Im vorliegenden Fall gebe die Lieferung des verarbeiteten Futters der Gesamtleistung das Gepräge. Die Technikbereitstellung gehe darin auf. Der Kläger habe somit zubereitetes Futter geliefert, das dem ermäßigten Steuersatz unterliege.
23Die vom Beklagten eingeholte Stellungnahme der Groß-Bp vom 17.01.2019 (Gerichtsakte Bl. 23f) bestätige den in der Klagebegründung auf S. 3 dargestellten Sachverhalt, der dem Bp-Bericht entnommen worden sei, insbesondere zu den folgenden Punkten:
244. Das Flüssigfutter werde - individuell nach den Vorgaben der einzelnen Betriebsinhaber und den einzelnen Mastphasen entsprechend - zubereitet. Insoweit würden verschiedenste Futtermittelrezepturen verabreicht.
257. Die Bedienung des Fütterungscomputers erfolge durch den Kläger und durch die Ehefrau des Klägers. Jeder entscheide für seinen jeweiligen Tierbestand über den Zeitpunkt, die Menge und den genauen Inhalt des Futters.
268. Der Komponenteneinkauf erfolge durch den Kläger und dessen Ehefrau gemeinsam.
279. Die Ehefrau habe einen unmittelbaren Zugriff auf die am Standort B-Str. befindliche Fütterungsanlage, und zwar sowohl vom Büro auf der Hofstelle A-Straße 86 als auch unmittelbar bei der Anlage.
28Die vorgenannten Tatbestände würden in der Stellungnahme vom 17.01.2019 nunmehr von der Bp unterstellend dahingehend gewürdigt, dass der Ehemann vor Ort nach Kontrolle der Schweinebestände die notwendigen Fütterungsentscheidungen getroffen habe, ohne sich nochmals mit der Ehefrau darüber abzustimmen. Der tatsächliche Sachverhalt sei während der Außenprüfung ermittelt und im Bericht niedergelegt worden. Ohne weitere Ausführungen werde sodann unter Bezugnahme auf die Verfügung der OFD NRW, Az. S 7417-2015/0001-St 445 vom 14.07.2015 der Dienstleistungsanteil als maßgeblicher Erfolgsfaktor angesehen und damit der Umsatzsteuersatz von 19 % als begründet herangezogen.
29Die höchstrichterliche Rechtsprechung zu der hier zu beurteilenden Rechtsproblematik der Einheitlichkeit der Leistung, verbunden mit der weiteren Frage, welche Leistungselemente der Gesamtleistung das Gepräge geben, habe sich zwischenzeitlich fortentwickelt. Mit Urteil vom 14.02.2019 (V R 22/17) habe der BFH entschieden, dass die Lieferung von Pflanzen mit den damit im Zusammenhang stehenden Gartenbauarbeiten eine einheitliche komplexe Leistung bilde, wenn auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts etwas selbstständiges Drittes (Gartenanlage) geschaffen werde. Für die Abgrenzung von einer einheitlichen Leistung zu getrennten Leistungen komme es nach dieser Entscheidung nicht (entscheidend) darauf an, ob die zu beurteilenden Leistungen (formal) in einem einheitlichen oder in mehreren getrennten Verträgen vereinbart wurden, sondern darauf, ob sich die jeweiligen Leistungen aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt als Haupt- und Nebenleistung oder als komplexe Leistung darstellen (vgl. Nieskens in Rau/Dürrwächter, Kommentar zum UStG, § 1 Rn. 720). Die Lieferung der Pflanzen habe im Urteilsfall nicht den Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung gebildet, da diese wesentlich durch die Verbindung von Pflanzenlieferung und Gartenbauarbeiten bestimmt werde und sich beide Leistungsbestandteile rechtlich gleichwertig gegenüberstehen würden. Im Urteil vom 25.09.2019 (V R 36/18) habe der Bundesfinanzhof es revisionsrechtlich nicht beanstandet, im Mahlen von Getreide einerseits und der Zugabe von Zusatzstoffen andererseits umsatzsteuerrechtlich eigenständige Leistungen zu sehen. Im Urteilsfall mahlte der Kläger mit einer mobilen Mahl- und Mischanlage auf Bauernhöfen bereitgestelltes Getreide und habe nach individuellen Vorgaben der Bauern Futteröl, Mineralfutter sowie andere Zusatzstoffe hinzugegeben. Der BFH habe die Entscheidung des Finanzgerichtes bestätigt, dass von zwei eigenständigen Leistungen auszugehen sei, da die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung zu einer Leistung nicht vorlägen. Das Mahlen von Getreide einerseits und die Zugabe der Zusatzstoffe andererseits habe nicht in einem Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung gestanden. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes sei auf die Abgabe der Zusatzstoffe der für sie geltende ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Die Rechtsauffassung des Beklagten stütze sich auf die Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen vom 14.07.2015 (a.a.O.). Nach dieser Verfügung handele es sich bei der Belieferung der Mastbetriebe mit Flüssigfuttermittel um eine mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu besteuernde sonstige Leistung. Die "allumfassende Versorgung der Tiere" stehe im Vordergrund und überlagere das Element der begünstigten Lieferung nach § 12 Abs. 2 UStG. Die Finanzverwaltung führe weiter aus, Basis dieser Überlegung sei, dass der Zugriff des einzelnen Mastbetriebes (hier Ehefrau) auf den Fütterungscomputer als solchen faktisch ausgeschlossen sei und weitergehend das Interesse des einzelnen Mastbetriebes an einer individuell abgestimmten Futtermittellieferung hinter dem allgemeinen Zweck der Futtermitteloptimierung für die beiden aufgeführten Betriebe trete. Diese von der OFD aufgestellten Sachverhaltsvoraussetzungen stimmten mit den tatsächlich vom Betriebsprüfer ermittelten Sachverhalten nicht überein. § 12 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Anlage 2 Nr. 37 UStG begünstige unter Berücksichtigung von Art. 98 Abs. 3 MwStSystRL die Lieferung von zubereitetem Futter. Futtermittel fielen in den Anwendungsbereich dieser Rechtsnorm (Bunjes/Heidner, UStG § 12 Rn. 36). Nach dem Schreiben des BMF vom 05.08.2004 (BStBI I 2004, 638) werde nicht nur die reine Lieferung der Futtermittel, sondern auch deren Zubereitung explizit erfasst. In diesem BMF-Schreiben seien zu "Zubereitungen von der zur Fütterung verwendeten Art (Position 2309)" unter "b) andere Zubereitungen" Futter aufgeführt, "die dem Tier alle Nährstoffe liefern sollen, die täglich für eine mengenmäßig abgestimmte und ausgewogene Fütterung erforderlich sind". Aus dem BMF-Schreiben gehe also explizit hervor, dass die Zubereitung des Futters, d. h. das Anmischen, und zwar entsprechend den Vorgaben des Mastbetriebs (hier der Ehefrau), unter den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Anlage 2 Nr. 37 UStG falle. Die Flüssigfuttermittelherstellung komme somit der standardisierten Herstellung einer Speise gleich (z. B. BFH vom 26.10.2006 - V R 58/04). Bei einer einheitlichen Leistung, die sowohl Lieferungselemente als auch Elemente einer sonstigen Leistung enthalte, richte sich die Einstufung als Lieferung oder sonstige Leistung danach, welche Leistungselemente aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers und unter Berücksichtigung des Willens der Parteien den wirtschaftlichen Gehalt der Leistungen bestimmten. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeute dies, dass der Ehemann die Futtermittel produziere und liefere, die die abnehmende Ehefrau - als Durchschnittsverbraucher - bestellt habe und mittels (siehe § 5 des Pachtvertrages vom 27.09.2002) Sensortechnik abrufen lasse. Die Lieferung des Flüssigfutters durch die Rohrleitungen als standardisiertes Verfahren erfordere im Übrigen keinen großen finanziellen und personellen Aufwand. Die inventarisierten Anlagewirtschaftsgüter wiesen aus:
30- 10.02.1999: Sensorfütterung mit Fütterungscomputer; AK: xxx €
31- 14.03.2000: Anschlussrechnung Fütterung ; AK: xxx €.
32Weitere Investitionen bzw. Ersatzinvestitionen seien zwischenzeitlich unterblieben. Aus dem BFH-Urteil vom 21.06.2001 (V R 80/99, BStBI ll 2003, 810) zur Besteuerung von Grabpflegeleistungen gegen eine Zahlung lasse sich herleiten, dass es für die Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistungen darauf ankomme, was der Durchschnittsverbraucher von dem Unternehmer "erwarte". Für den Besteller habe der Dienstleistungsgedanke im Vordergrund gestanden, da keine Vorgaben hinsichtlich der Pflanzenauswahl gemacht worden seien, sondern lediglich das "Endergebnis" eines gepflegten Grabes interessierte. Im vorliegenden Fall der Flüssigfuttermittellieferung formuliere die Ehefrau dagegen sehr wohl eine explizite Anfrage, zu welchem festgelegten Zeitpunkt eine festgesetzte Futterzusammensetzung und eine festgelegte Futtermenge geliefert werden solle. Das Anmischen der Futtermittel durch ein standardisiertes Verfahren sei mit dem Zubereiten "einfacher Nahrungsmittel" zur Abgabe an einem Imbissstand vergleichbar (BFH vom 08.06.2011 – Xl R 37/08 BStBI II 2013, 238). Das Einpumpen der Flüssigfuttermittel in das Rohrleitungssystem stelle nichts anderes dar als der Transport in besonderen Behältnissen durch den Lieferer (siehe BMF-Schreiben vom 20.03.2013 IV G2-S 7100/07/10050-06, BStBI I 2013, 444). Die Dienstleistungskomponenten des Ehemannes bestünden ausschließlich in der Herstellung der Futtermittel und deren Verteilung. Bei einem Umsatz, der verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfasst, sei eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Leistungen vorlägen oder eine einheitliche Leistung und ob im letztgenannten Fall diese einheitliche Leistung als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung einzustufen sei. Bei der Beurteilung, ob eine Lieferung von Gegenständen oder eine Dienstleistung vorliege, sei auf die Sechste Richtlinie des Mehrwertsteuersystems zurückzugreifen. Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie bestimme, dass eine Lieferung von Gegenständen in der Übertragung der Befähigung gelte, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen. Der Begriff "Dienstleistungen" erfasse nach Art. 6 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands i. S. d. Art. 5 dieser Richtlinie sei. Da die Vermarktung eines Gegenstands stets mit einer minimalen Dienstleistung wie dem Darbieten der Waren in Regalen oder dem Ausstellen einer Rechnung verbunden sei, könnten bei der Beurteilung des Anteils der Dienstleistung an der Gesamtheit eines komplexen Geschäfts, zu dem auch die Lieferung eines Gegenstands gehöre, nur diejenigen Dienstleistungen berücksichtigt werden, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung eines Gegenstands verbunden sind (EuGH vom 10.03.2005 - Rs. C-491 103). Auch die Rechtsprechung des EuGH untermauere die Ansicht des Klägers, dass die Flüssigfuttermittellieferung als "Lieferung" das Merkmal des Dienstleistungscharakters überlagere. Der Kläger treffe lediglich Entscheidungen über die Herstellung des bestellten Futters im Sinne eines nachfrageorientierten Produktionsbetriebes mit Verteilerfunktion. Die Ehefrau bestelle und der Kläger führe aus. Der Kläger sorge nur für eine einheitliche, kontinuierliche Herstellung des flüssigen Futters, vergleichbar mit standardisierten Produkten einer Fast-Food-Kette in Deutschland, da die Futtermengen so angeliefert würden, wie sie bestellt würden. Die Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen vom 14.07.2015 (AAO) werde in der Literatur kritisiert. Professor Dr. Hans Nieskens beurteile die Lieferung der Futtermittelkomponenten und das sogenannte Futtermanagement als eine einheitliche Leistung, und zwar eine Lieferung von zubereitetem Futtermittel. Begründet werde dies damit, dass der Mischvorgang im Anmischbehälter zu einer Funktionsänderung der Futtermittelkomponenten führe, jedoch nicht zu einer anderen Marktgängigkeit. Es bleibe Futter, die Anmischung sei vielmehr der Herstellung einer Speise vergleichbar. Weiterhin führe der Verfasser aus, dass die Finanzverwaltung nur eine andere Auffassung habe, um eine fiskalisch wünschenswerte Lösung zu erzielen. So sei keine Zwischenschaltung selbständiger gewerblicher Futtermittelbetriebe erwünscht; zumindest sollten sie nicht zu weiteren Vergünstigungen führen (Nieskens, UR 2016, 49).
33Der Kläger beantragt,
34den Beklagten zu verurteilen, den Umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 01.03.2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.10.2018 unter Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2013 auf xxx Euro zu ändern,
35hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
36Der Beklagte beantragt,
37die Klage abzuweisen,
38hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
39Er trägt vor, er zweifele eine selbstständige Betriebsführung der Ehefrau des Klägers nicht an. Der Vorwurf des Klägers, der Beklagte habe sich in seiner Einspruchsentscheidung über die Feststellungen der Betriebsprüfung und des amtlichen landwirtschaftlichen Sachverständigen hinweggesetzt, weise der Beklagte von sich. Zwar sei richtig, dass der Beklagte ausführe, dass nicht nachvollziehbar sei, wer tatsächlich die Fütterungsanlage bediene. Jedoch sei diese Frage für die umsatzsteuerliche Beurteilung des Vorgangs der Flüssigfütterung nicht entscheidend. Laut Pachtvertrag habe der Kläger mithilfe seiner Fütterungsanlage dafür zu sorgen, dass sämtliche Tiere der Ehefrau mit ausreichendem, qualitativ hochwertigem Futter versorgt würden. Der Kläger liefere das Futter dabei frei Trog. Da die gesamten technischen Anlagen im Eigentum des Klägers stünden, sei diesem dann auch der gesamte Vorgang des Herstellens und Verteilens des Futterbreis zuzurechnen, unabhängig davon, wer die Anlage bediene oder gegebenenfalls mit Daten speise. Die vom Kläger vorgetragenen Tätigkeiten seiner Ehefrau im Hinblick auf das Futtermanagement ihres Masttierbestandes würden vom Beklagten nicht angezweifelt. Aus Sicht des Beklagten bedeute dies nichts anderes, als dass die Ehefrau des Klägers auf die Daten der Fütterungsanlage in Kombination mit der jeweiligen Mastphase oder dem Gesundheitszustand der Tiere reagiere und mit dem Inhaber der Fütterungsanlage, dem Kläger, abspreche, welche Futtermittelkomponenten und Mengen aktuell in die Anlage eingespeist werden sollten. Zu Beginn der Mastphase werde eine Futterkurve angelegt. Diese könne bei den jeweiligen landwirtschaftlichen Betrieben unterschiedlich sein. Bei der Erstellung der Futterkurve werde vorgegeben, welche Mengen in welcher Zusammensetzung (Energie, Stärke, Eiweiß usw.) in Abhängigkeit vom Alter und Gewicht der Tiere gefüttert werden sollten. Zusätzlich müsse auch die Anzahl der Tiere je Stallabteil angegeben werden. Dabei habe die Ehefrau als Betriebsinhaberin das Ziel, den Produktionsprozess (Schweinemast) für ihren Betrieb zu optimieren. Nach „Beauftragung“ mittels Eingabe in den Fütterungscomputer werde der weitere Fütterungsprozess durch die sensorgesteuerte Fütterungsanlage übernommen. Dabei würden bis zu 25-mal am Tag kleinere Mengen Futter geliefert, es werde daher auch bis zu 25-mal am Tag automatisch kontrolliert, ob noch Futter im Trog sei. Bei leerem Trog werde automatisch nachgeliefert. Bei einer Sensorfütterung werde daher während der Fütterungen (häufig zwischen 15 und 20 Stunden am Tag) immer „ad libitum“ gefüttert. Den Tieren stehe daher während dieser Zeit immer genügend Futter zur Verfügung. Sollte aufgrund der Mengenaufzeichnung durch die Anlage auffallen, dass z. B. ein Trog nicht mehr geleert werde, würde dies wiederum Rückschlüsse auf einen eventuellen Krankheitsfall zulassen, der dann wieder eine Reaktion des Betriebsinhabers erfordere, wie z. B. das Ausstallen oder die Anpassung der Futtermenge an diesem Trog. Nach Änderung der Eingabe an der Anlage (ob diese Eingaben von der Ehefrau selbst oder durch den Kläger oder einen Mitarbeiter getätigt worden sei, sei, wie bereits beschrieben, nicht von Bedeutung) werde der weitere Fütterungsprozess wieder automatisch von der Anlage übernommen. Trotz des Umstandes, dass die Ehefrau an dem Futtermanagement im beschriebenen Umfang beteiligt sei, bleibe die Frage, welche von der Anlage – und somit vom Kläger – ausgeführten Leistungselemente im Fütterungsprozess überwögen, weiterhin streitig. Der Beklagte ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Dienstleistungselemente überwiegen mit der Folge der Anwendung des Regelsteuersatzes und verweist im Übrigen auf seine Einspruchsentscheidung.
40Die Sache ist am 25.02.2021 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Es wird auf das Protokoll verwiesen.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung –FGO).
43I. Die an die Ehefrau des Klägers ausgeführten Fütterungsleistungen unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG).
441) Die deutsche Steuerermäßigungsvorschrift beruht auf Art. 98 i. V. m. Anh. III Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden: MwStSystRL). Die in Anh. III MwStSystRL genannten Kategorien stellen Berechtigungen und Grenzen für die Mitgliedstaaten zur Einführung von ermäßigten Steuersätzen dar. Die Mitgliedstaaten sind daher nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, für alle dort genannten Kategorien ermäßigte Steuersätze anzuwenden. Für die Mitgliedstaaten besteht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) im Hinblick auf den Ausnahmecharakter des ermäßigten Steuersatzes zudem die Befugnis, die in Anhang III zur MwStSystRL aufgeführten Ermächtigungen auch nur selektiv auszuüben und auf einzelne konkrete und spezifische Aspekte der jeweiligen Kategorie von Dienstleistungen zu beschränken, sofern dabei der Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachtet wird (EuGH-Urteil vom 06.05.2010 C-94/09, Kommission/ Frankreich, juris, Rn. 28ff). Daher können Steuerpflichtige sich insoweit auch nicht direkt auf die MwStSystRL berufen und die Kategorien können auch nicht als Auslegungshilfe dienen (BFH, Urteil vom 16.01.2014, V R 26/13, BStBl II 2014, 350; Nieskens, UR 2016, 49ff, jeweils m. w. Nachw.). Die hier streitbefangene Frage, ob der Kläger umsatzsteuerermäßigte Leistungen erbracht hat, kann daher nur anhand der deutschen Vorschriften beurteilt werden.
452) Der Kläger hat keine Lieferung von zubereitetem Futter gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Anl. 2 Nr. 37 UStG ausgeführt, denn es liegt keine „Lieferung“ i. S. der vorgenannten Vorschrift, sondern ein Leistungsbündel mit überwiegendem Dienstleistungsanteil vor. Bei der Abgrenzung zwischen Lieferung und Dienstleistung ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist "die qualitative und nicht nur quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Gegenständen zu bestimmen" (EuGH, Urteil vom 10.03.2011, C-497/09, C-499/09, C-501/09, C-502/09, C-497/09, C-499/09, C-501/09, C-502/09, -Bog u. a.-, BStBl II 2013, 256; BFH, Urteil vom 30.06.2011, V R 18/10, BStBl II 2013, 246 m. w. Nachw.).
46Im Streitfall liegt eine einheitliche Leistung des Klägers vor, die Lieferungs- und Dienstleistungselemente enthält, wobei nach Auffassung des erkennenden Senats die Dienstleistungselemente überwiegen.
47a) Die Fütterungsleistung des Klägers an die Mastschweine seiner Ehefrau ist nicht aufteilbar in eine Futterlieferung einerseits und eine sog. Futtermanagement-Dienstleistung andererseits. Nach der Rechtsprechung des EuGH (sh. zuletzt: Urteil vom 18.01.2018, C-463/16, juris, zur 6. EGRL, mit w. Nachw.) ist bei einem Umsatz, der verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfasst, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob dieser Umsatz für Zwecke der Mehrwertsteuer zwei oder mehr getrennte Leistungen oder eine einheitliche Leistung umfasst. Der EuGH hat außerdem festgestellt, dass sich zum einen aus Art. 2 der 6. EGRL (jetzt: Art. 2 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL) ergibt, dass jeder Umsatz in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten ist, und dass zum anderen ein Umsatz, der eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellt, im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden darf. Eine einheitliche Leistung liegt dann vor, wenn zwei oder mehr Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Eine einheitliche Leistung liegt auch dann vor, wenn ein oder mehrere Teile als die Hauptleistung, andere Teile aber als Nebenleistungen anzusehen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (EuGH, Urteile vom 10.03.2011, C-497/09, C-499/09, C-501/09, C-502/09, C-497/09, C-499/09, C-501/09, C-502/09, Bog u. a., BStBl II 2013, 256 m. w. Nachw., sowie vom 10.11. 2016, Baštová, C-432/15, juris, Rn. 70ff m. w. Nachw.).
48Nach den vorgenannten Grundsätzen liegt eine einheitliche Leistung vor. Die Herstellung des Futters und automatische Verfütterung an die Mastschweine der Ehefrau des Klägers mit Flüssigfutter sind weder nach der Interessenlage der am Leistungsverhältnis Beteiligten noch technisch aufteilbar. Der Kläger liefert nicht erst Futter an seine Ehefrau durch Verschaffung der Verfügungsmacht hieran. Das eigens hergestellte Futter wird unmittelbar in die computergesteuerte Fütterungsanlage gegeben. Die anschließende Fütterung der Schweine der Ehefrau des Klägers wird mit den im Eigentum des Klägers stehenden Anlagen durchgeführt, die außerdem auch die eigenen Schweine des Klägers versorgen. Die Futterbestandteile für beide Mastställe werden in einem einzigen Anmischbehälter verarbeitet. Das Flüssigfutter für die Schweine der Ehefrau des Klägers wird nach deren Vorgaben gemischt und automatisch verfüttert. Das Futterverhalten der Schweine wird mittels der Anlage kontrolliert und überwacht.
49Die danach einheitliche Leistung des Klägers ist auch nicht wegen seiner Preiskalkulation, die einen 10 %igen Aufschlag für Mahlen und Mischen vorsah, nach ihren einzelnen Leistungselementen aufteilbar. Aus der Sicht der Leistungsempfängerin (Ehefrau des Klägers) erbringt der Kläger –wie gemäß § 5 des Pachtvertrags vom 27.09.2002 und des gesonderten Vertrags vom 28.09.2002 geschuldet– eine einheitliche Versorgung der Tiere mit „Flüssigfutter in einem qualitativ und quantitativ erstklassigen Zustand“. Der Umstand, dass die Fütterungsleistungen eine einheitliche, nicht aufteilbare Leistung darstellen, ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
50b) Die einheitliche Fütterungsleistung des Klägers ist als Dienstleistung und nicht als Lieferung zu qualifizieren.
51Bei einer Verfütterung von aufbereitetem Futter können im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung die Grundsätze zur Abgrenzung von Lebensmittellieferungen zu Restaurationsleistungen herangezogen werden. Die Aufbereitung von Lebensmitteln in einen zu einem bestimmten Zeitpunkt verzehrfähigen Gegenstand ist nicht notwendig mit ihrer Vermarktung verbunden und deshalb bei der Gesamtbetrachtung dem Dienstleistungsbereich zuzurechnen (BFH, Urteil vom 18.12.2008, V R 55/06, -DStR 2009, 527). Soweit der BFH im Urteil vom 26.10.2006, V R 58, 59/04, BFHE 215, 360, BStBl II 2007, 487 die Zubereitung einer Speise als notwendige Vorstufe ihrer Vermarktung beurteilt und nicht als Dienstleistungselement in der Gesamtbetrachtung berücksichtigt hat, bezieht sich dies auf die Zubereitung im zolltariflichen Sinn (BFH-Urteil in DStR 2009, 527; zur Zubereitung im zolltariflichen Sinn vgl. BFH, Urteile vom 05.10.1999, VII R 42/98, BFHE 190, 501, BFH/NV 2000, 404; vom 03.02.2004, VII R 33/03, BFH/NV 2004, 849; vom 01.03.2001, VII R 90/99, BFH/NV 2002, 229). Die Feststellung eines qualitativen Überwiegens der Dienstleistungen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 214, 474, BStBl II 2007, 480; in BFHE 214, 480, BStBl II 2007, 482; in BFHE 215, 360, BStBl II 2007, 487, und in BFHE 215, 356, BStBl II 2007, 485) setzt zumindest zwei Dienstleistungselemente voraus (BFH, Urteil v. 18.02.2009, V R 90/07, BFH/NV 2009, 1551).
52Im Streitfall liegen neben dem bedarfsgerechten Mischen des Flüssigfutters weitere vom Kläger –durch die in seinem Eigentum stehende Fütterungsanlage– ausgeführte Dienstleistungen vor, nämlich die automatische Prüfung, ob die Tröge leer sind, die automatische Wiederbefüllung der Tröge, die automatische Überwachung des Fressverhaltens der Tiere und die automatische Fütterung nach Maßgabe einer von der Ehefrau vorgegebenen „Fütterungskurve“. Der Senat teilt daher die teilweise in der Literatur (Herbort/Menke, NWB 2015, 1076; a. A. Nieskens, UR 2016, 49) und von der Finanzverwaltung (OFD NRW v. 14.07.2015, S 7417-2015/0001-St 445, juris) vertretene Auffassung, dass Flüssigfutterleistungen über eine einheitliche Futtermittelzentrale an andere Unternehmer keine Lieferungen, sondern dem Regelsteuersatz unterliegende Futtermanagementleistungen darstellen.
53Das vom Kläger und von Nieskens, UR 2016, 49, herangezogene Urteil des FG Baden-Württemberg vom 20.11.2013, 14 K 98/12, EFG 2015, 168 (Nichtzulassungsbeschwerde wurde als unbegründet zurückgewiesen, BFH-Beschluss vom 25.2.2015, XI B 7/14) steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Der vorgenannte Urteilsfall betraf einen anderen Sachverhalt, denn die Leistung des Futterlieferanten beinhaltete neben der Trockenfutterlieferung nur ein einziges weiteres Dienstleistungselement, nämlich das Mischen und Mahlen. Im Streitfall sind –wie oben ausgeführt– neben der Futterlieferung und dem Mischen zusätzlich weitere Dienstleistungselemente enthalten, die nicht mit der bloßen Vermarktung einhergehen.
543) Die Leistungen des Klägers fallen auch nicht unter die Steuerermäßigungsregelung des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG (Aufzucht und Halten von Vieh). Begünstigt ist die Unterbringung, Fütterung und Pflege von Vieh für Dritte, also die Pensionsviehhaltung (Waza in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG § 12 Abs. 2 Nr. 3, Rn. 13). Die Fütterung allein stellt nur einen Teilbereich der Aufzucht und des Haltens dar und fällt nicht unter die Ermäßigungsregelung (Nieskens, UR 2016, 49 m. w. Nachw.).
554) Es greift auch nicht die Ermäßigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG. Die dort genannten Tätigkeiten müssen „unmittelbar“ der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen. Wie der BFH mehrfach entschieden hat (BFH, Urteil vom 16.01.2014, V R 26/13, BFHE 244, 122, BStBl II 2014, 350 m. Rechtsprechungsnachweisen), bezieht § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG die Voraussetzung "unmittelbar ... dienen" auf alle Tatbestände dieser Vorschrift. Die Unmittelbarkeit setzt dabei voraus, dass die von der Vorschrift begünstigten Zwecke durch die jeweilige Leistung selbst gefördert oder begünstigt werden. Leistungen, die demgegenüber nicht selbst den begünstigten Zweck erreichen, sondern eine hierauf gerichtete Leistung erst vorbereiten oder lediglich begünstigen, reichen nicht aus, da sie nicht zwingend zur Erfüllung des begünstigten Zwecks erforderlich sind und den begünstigten Zweck nur indirekt und mittelbar fördern. Entscheidend ist, dass derartige Leistungen zwar dem Förderungszweck zugutekommen, aber der Förderungszweck gleichwohl nicht im Vordergrund steht. Die Ernährung der Tiere steht nur mittelbar im Zusammenhang mit den begünstigten Zwecken (so auch Nieskens, UR 2015, 49; Waza in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG § 12 Abs. 2 Nr. 4, Rn. 10).
565) Der Kläger kann sich nicht unmittelbar auf Art. 98 i. V. m. Anh. III Nr. 11 MwStSystRL berufen. Zwar sieht diese Regelung eine Steuerermäßigung auch für Dienstleistungen, die in der Regel für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt sind, vor. Wie oben ausgeführt wurde, stellen die Futtermanagementleistungen des Klägers Dienstleistungen dar. Diese waren auch für den Einsatz in der landwirtschaftlichen Erzeugung bestimmt, so dass der Wortlaut der vorgenannten Regelung erfüllt ist. Deutschland hat diese Vorschrift aber nicht in nationales Recht umgesetzt und war dazu auch nicht verpflichtet. Es wird auf die obigen Ausführungen unter I. 1) verwiesen.
57II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO (grundsätzliche Bedeutung).