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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
3Am 17.09.2018 übermittelte der Kläger dem Beklagten seine elektronisch erstellte Einkommensteuererklärung 2017. Mit der Übermittlung beantragte er die elektronische Bescheiddatenrückübermittlung über das Elster-Portal. Die Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids erfolgte in Papierform.
4Im Rahmen des elektronischen Formulars zur Anlage V nahm der Kläger Eintragungen unter der Kategorie „Absetzung für Abnutzung für Gebäude“ vor. Sämtliche Eintragungen dieser Kategorie sind mit der Ziffer 33 bezeichnet. Der Kläger setzte Kreuze für „linear" und „wie 2016". Die Absetzung für Abnutzung (AfA) betrug im Jahr 2016752,00 €. Weiter trug er im unteren Teil zur Ziffer 33 in den Feldern „Werbungskosten“ und „Summe abzugsfähige Werbungskosten" jeweils einen Betrag in Höhe von 2.286,00 € ein, ohne diesen näher zu erläutern. Über der Zeile der „Abzugsfähigen Werbungskosten“ enthält das elektronische Formular den Hinweis: „Immer ausfüllen, wenn Werbungskosten dieser Aufwandsgruppe beantragt werden“ (vgl. Bl. 12 d. Gerichtsakte). Darüber hinaus erklärte der Kläger unter der Ziffer 49 weitere Werbungskosten im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für Fahrtkosten in Höhe von 48,00 €.
5Ferner war in der Einkommensteuererklärung unter der Überschrift „Ermittlung und Zuordnung der Einkünfte“ im Feld zur Ziffer 23 („Überschuss“) ein Betrag in Höhe von 4.866,00 € eingetragen.
6Der Beklagte übernahm den Wert von 2.286,00 € in die Kennziffer 130 der elektronischen Steuererklärung. Unter dieser Kennziffer erfolgte im Datenverarbeitungsprogramm des Beklagten die Veranlagung der Gebäudeabschreibung. Das Datenverarbeitungsprogramm des Beklagten gab sodann den Prüfhinweis RHW 50295 aus, wonach die Höhe der Abschreibungen zu überprüfen sei. Der zuständige Sachbearbeiter importierte die im Dauertatbestand gespeicherten Werte der Abschreibung, die mit 752,00 € hinterlegt waren.
7Mit Bescheid vom 02.11.2018 setze der Beklagte die Einkommensteuer 2017 bei einem zu versteuernden Einkommen von 53.356,00 € auf 13.935,00 € fest. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte er eine Gebäudeabschreibung in Höhe von 752,00 € und setzte Einkünfte in Höhe von insgesamt 6.400,00 € an. Die Abweichung wurde im Bescheid wie folgt erläutert: „Die Absetzung für Abnutzung des Vermietungsobjektes wurde entsprechend der gespeicherten Daten mit 752 € berücksichtigt." Die Erläuterungen zum Bescheid enthielten weiterhin den Hinweis, dass die Ergebnisse der Bearbeitung antragsgemäß zur elektronischen Übermittlung bereitgestellt wurden.
8Der Bescheid vom 02.11.2018 wurde, wie vom Kläger im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung angegeben, dem Empfangsbevollmächtigten des Klägers, Herrn Steuerberater B, übersandt.
9Am 15.02.2019 ging beim Beklagten ein Schreiben des Klägers ein, in dem er darlegte, dass er von einem steuerlichen Berater vertreten werde, der zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2017 aufgefordert worden sei. Daraufhin habe der Kläger die Steuererklärung selbst erstellt und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die zu berücksichtigende AfA „wie 2016“ angekreuzt: Weiterhin habe er Werbungskosten in Höhe von 2.286,00 € eingetragen. Dabei habe es sich im Programm für ihn optisch so dargestellt, dass die Zeile „Abzugsfähige Werbungskosten“ von der AfA getrennt gewesen sei. Bei den 2.286,00 € habe es sich tatsächlich nicht um die AfA gehandelt, sondern um weitere Werbungskosten, die nunmehr unberücksichtigt geblieben seien. Der Bescheid habe zwar die Angabe enthalten, dass die AfA entsprechend der gespeicherten Daten mit 752,00 € berücksichtigt worden sei. Es sei aber kein Hinweis enthalten gewesen, dass die Werbungskosten um 2.286,00 € gekürzt worden seien. Aus den im Bescheid enthaltenen Positionen sei dies ebenfalls nicht ersichtlich gewesen. Erst am 08.02.2019 habe er im Elster-Portal die Vergleichsdaten heruntergeladen und erkannt, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine Differenz von 1.534,00 € bestanden habe.
10Vor dem Hintergrund seiner Ausführungen bat der Kläger den Beklagten um Prüfung, ob eine Änderung des Bescheids in Betracht komme.
11Mit Bescheid vom 18.02.2019, der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, lehnte der Beklagte den Änderungsantrag ab und führte aus, dass eine Korrektur nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a der Abgabenordnung (AO) nicht erfolgen könne, und dass die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2AO wegen grober Fahrlässigkeit nicht erfüllt seien. Einspruch gegen diesen Bescheid legte der Kläger nicht ein.
12Mit Schreiben vom 04.03.2019 legte der steuerliche Berater und Empfangsbevollmächtigte des Klägers Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 02.11.2018 ein und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
13Zur Begründung führte er aus, die Abweichung beim Ansatz der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei für den Steuerpflichtigen aus dem Einkommensteuerbescheid vom 02.11.2018 nicht zu erkennen gewesen. Der Kläger habe die Abweichung erst aus den Vergleichsdaten ersehen. Der steuerlich nicht beratene Kläger habe den Steuerbescheid nicht vollumfänglich geprüft, da die genaue Zusammensetzung der Einkünfte aus dem Bescheid nicht ersichtlich gewesen sei. Der Kläger habe insofern ohne Verschulden gehandelt.
14Der Beklagte verwarf den Einspruch mit Entscheidung vom 23.05.2019 als unzulässig und lehnte eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Er führte aus, dass die Einspruchsfrist nicht gewahrt worden sei. Den Kläger treffe ein Verschulden an der Versäumung der Einspruchsfrist. Er hätte bereits bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung an der gleichbleibenden Zeilenbezeichnung mit der Nummer „33“ erkennen können, dass sämtliche Eintragungen den Bereich der Absetzung für Abnutzung betreffen. Weiterhin habe der Kläger die Abweichung innerhalb der Einspruchsfrist erkennen können, sofern er rechtzeitig Einsicht in die elektronischen Bescheiddaten genommen hätte. Der Beklagte sei auch seiner Begründungspflicht i.S. des § 121 Abs. 1 AO nachgekommen, da er die Abweichung im Bescheid bezeichnet habe.
15Mit seiner am 23.06.2019 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt vor, bei der Erstellung der Erklärung nicht von einem steuerlichen Berater unterstützt worden zu sein. Er habe vielmehr das Elster-Programm verwendet, bei dem alle möglichen Eingabefelder nicht sofort ersichtlich gewesen seien. Er habe den Steuerbescheid nicht vollumfänglich geprüft, da dieser nur die Höhe der Einkünfte ausgewiesen habe, nicht aber deren Zusammensetzung. Auch aus der Erläuterung zum Bescheid sei die Kürzung der Werbungskosten nicht ersichtlich gewesen. Der Beklagte habe seine Begründungspflicht, insbesondere unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Klägers, nicht ausreichend erfüllt. Den Kläger treffe insoweit kein Verschulden an der verspäteten Einlegung des Einspruchs.
16Ergänzend trägt der Kläger vor, er habe zwar bei Abgabe der Steuererklärung die Übermittlung der elektronischen Bescheiddaten beantragt. Er sei jedoch davon ausgegangen, dass dies der elektronischen Bekanntgabe des Bescheids diene. Den Kläger habe keine Pflicht getroffen, die elektronisch übermittelten Daten überhaupt zu prüfen. Durch die Bereitschaft, die Daten elektronisch anzunehmen, könne der Beklagte nicht von seiner Pflicht entbunden werden, Abweichungen ausreichend zu begründen.
17Obwohl der Bescheid dem Empfangsbevollmächtigten zugestellt worden sei, habe im Innenverhältnis keine Verpflichtung des Empfangsbevollmächtigten bestanden, den Bescheid zu prüfen.
18Mit Gerichtsbescheid des 6. Senats vom 02.11.2020 ist die Klage als unbegründet abgewiesen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gerichtsbescheids Bezug genommen. Mit Schreiben vom 28.11.2020 hat der Kläger die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
19Der Kläger beantragt,
20den Einkommensteuerbescheid 2017 vom 02.11.2018 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 23.05.2019 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 13.193,00 € festgesetzt wird,
21hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen,
24hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
25Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung vom 23.05.2019 und trägt ergänzend vor, neben dem eigenen Verschulden des Klägers liege im Streitfall auch ein Verschulden des steuerlichen Beraters vor, welches sich der Kläger zurechnen lassen müsse. Der Steuerberater sei als Zustellungsbevollmächtigter benannt worden. Er habe den streitgegenständlichen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüfen müssen.
26Auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte wird Bezug genommen.
27Der Senat hat am 09.03.2021 in der Sache mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
29A. Die zulässige Klage ist unbegründet.
30Der Einkommensteuerbescheid 2017 vom 02.11.2018 und die Einspruchsentscheidung vom 23.05.2019 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
31Zutreffend hat der Beklagte den Einspruch des Klägers als unzulässig verworfen und keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
32I. Der Einspruch gegen einen Steuerbescheid ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 355 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 348 Abs. 1 Nr. 1, § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung- AO -).
33Demnach galt der per Post übermittelte schriftliche Steuerbescheid am 05.11.2018 als bekanntgegeben (vgl. § 122 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Die Bekanntgabe erfolgte gem.§ 122 Abs. 1 AO gegenüber dem steuerlichen Berater und Empfangsbevollmächtigten des Klägers. Durch die Übersendung an den Empfangsbevollmächtigten wurde die Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 1 AO in Gang gesetzt und endete am 05.12.2018. Einspruch legte der Kläger, vertreten durch seinen steuerlichen Berater, den Empfangsbevollmächtigten, jedoch erst mit Schreiben vom 04.03.2019 und damit außerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist ein. Auch das Schreiben des Klägers vom 15.02.2019 ging bereits außerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist beim Beklagten ein und kann somit nicht als fristgemäßer Einspruch ausgelegt werden.
34II. Dem Kläger ist keine Widereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
35Nach § 110 Abs. 1 AO kann auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsakts unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet (§ 126 Abs. 3 Satz 1 AO).
361. Die Voraussetzungen des § 126 Abs. 3 AO, unter denen die Versäumung einer Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet gilt, liegen im Streitfall nicht vor.
37Der Einkommensteuerbescheid 2017 vom 02.11.2018 ist vor dem Hintergrund der Erklärung des Klägers ausreichend begründet worden.
38Ein schriftlicher Verwaltungsakt (dazu gehört der Steuerbescheid nach § 157 Abs.1 Satz 1 AO) ist schriftlich zu begründen, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist (§ 121 Abs. 1 AO). Einer Begründung bedarf es nicht, soweit die Finanzbehörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift (§ 121 Abs. 2 Nr. 1 AO). Schriftliche Steuerbescheide müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet (§ 157 Abs.1 Satz 2 AO).
39Folgt die Finanzbehörde den tatsächlichen Angaben und den steuerrechtlichen Schlussfolgerungen in der Steuererklärung des Steuerpflichtigen, so ist für eine hinreichende Begründung nur erforderlich, dass die Besteuerungsgrundlagen in einer Form dargestellt werden, die dem Steuerpflichtigen eine Nachprüfung ermöglicht (Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 121 Rn. 60). Weicht das Finanzamt von einer Steuererklärung des Steuerpflichtigen ab, so muss es (zusätzlich) auf die Abweichung hinweisen (Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 121 Rn. 76). § 121 Abs. 1 AO verlangt dabei allerdings nur das zum Verständnis des Verwaltungsaktes Erforderliche; die Begründung muss danach lediglich die jeweilige Entscheidung verständlich erläutern. Dass die Begründung in sich lückenlos oder für den Betroffenen einleuchtend oder akzeptabel ist, wird nicht gefordert (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 17.07.1984 – VII S 9/84, BFH/NV 1986, 583).
40Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist den §§ 121, 157 AO im Streitfall in ausreichendem Umfang Rechnung getragen worden. Der Beklagte hat die Besteuerungsgrundlagen dem Kläger im Einkommensteuerbescheid vom 02.11.2018 mitgeteilt. Soweit er bei der Veranlagung von den Angaben in der Steuererklärung abgewichen ist, hat er die Abweichung erläutert. Der Hinweis „Die Absetzung für Abnutzung des Vermietungsobjektes wurde entsprechend der gespeicherten Daten mit 752 € berücksichtigt“, genügt, um die Abweichung gegenüber den Angaben des Klägers in seiner Steuererklärung zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hinreichend zu begründen. Anders als der Kläger meint, musste der Beklagte nicht ausführen, dass sonstige Werbungskosten gekürzt wurden. Denn der Kläger hat im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung objektiv die Berücksichtigung von AfA in Höhe von 2.286,00 € und nicht die Berücksichtigung sonstiger Werbungskosten - neben den gesondert erklärten Fahrtkosten in Höhe von 48,00 € - beantragt. Soweit der Beklagte die beantragte AfA gekürzt und den Vorjahreswert mit 752,00 € angesetzt hat, hat er dies im Einkommensteuerbescheid auch angegeben.
41Der Beklagte war dabei auch nicht zu einer weitergehenden Begründung oder Ermittlung verpflichtet, da ihm nicht ersichtlich war, dass der Eintrag des Betrages in Höhe von 2.286,00 € auf einem Irrtum des Klägers basierte, der tatsächlich weitere Werbungskosten neben der zu berücksichtigenden AfA geltend machen wollte. Die Erklärung erhielt für einen derartigen (erkennbaren) Irrtum keine Anhaltspunkte. Der Kläger erklärte unter Berücksichtigung eines objektiven Empfängerhorizontes AfA in Höhe von 2.286,00 € und fügte auch keine Unterlagen oder Erläuterungen bei, aus denen die Zusammensetzung des Betrages ersichtlich gewesen wäre. Der Kläger hat durch seine fehlerhafte Eintragung somit die Ursache für die Erläuterung des Beklagten gesetzt. Insofern kann er sich nun nicht darauf berufen, die erforderliche Begründung sei unterblieben bzw. unverständlich.
422. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO scheidet vorliegend aus, weil nicht festgestellt ist, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert war, die Einspruchsfrist einzuhalten.
43a. Nach der Rechtsprechung des BFH liegt ein Verschulden (schon) bei jeder Art von Fahrlässigkeit vor (vgl. BFH, Urteil vom 19.12.2000 - VII R 7/99, BFHE 193, 515,BStBl II 2001, 158). Schuldhaft handelt nach ständiger Rechtsprechung, wer die gebotene und ihm mögliche Sorgfalt bei der Fristwahrung außer Acht lässt und dadurch die Frist versäumt, vorausgesetzt, dass er die Versäumung voraussehen konnte und ihm ein anderes Verhalten zuzumuten war (z.B. BFH, Beschluss vom 15.06.2005 -VI B 184/04, BFH/NV 2005, 1623).
44Hat eine Fristversäumnis mehrere Ursachen, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur gewährt werden, falls den Beteiligten bei allen in Betracht kommenden Geschehensabläufen an der Fristversäumnis kein Verschulden trifft (Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 22.10.1981 - VII Z B 17/81, HFR 1982, 486; Söhn, inHübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 110 Rn. 52).
45Schuldmaßstab ist nicht die im Rechtsverkehr erforderliche (vgl. § 276 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -), sondern diejenige Sorgfalt, die dem Betroffenen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des einzelnen Falls und seiner persönlichen Verhältnisse zugemutet werden kann (subjektiv-individuelle Sicht) (Brandis, in Tipke/Kruse, AO, § 110 Rn. 10).
46b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert war, die Einspruchsfrist einzuhalten.
47Der Kläger hat keinerlei Umstände vorgetragen, die ihn daran gehindert haben könnten, den Einkommensteuerbescheid vor Ablauf der Einspruchsfrist zu überprüfen. Der Einwand des Klägers, er habe den Inhalt des Einkommensteuerbescheides auf seine Richtigkeit hin nicht überprüfen können, weil ihm die Abweichung von seiner Einkommensteuererklärung nicht bewusst gewesen sei, greift nicht durch.
48Nach Überzeugung des erkennenden Senats hätte der Kläger unter Anwendung der gebotenen und ihm möglichen Sorgfalt die Abweichung des Einkommensteuerbescheids von der Einkommensteuererklärung bei hinreichender Prüfung des Bescheids erkennen können (vgl. hierzu BFH, Beschluss vom 15.06.2005 - VI B 184/04, BFH/NV 2005, 1623).
49Denn vorliegend hatte der Kläger die Einkommensteuererklärung selbst ausgefüllt und übermittelt. Insoweit war dem Kläger bewusst, welche Einnahmen und welche Ausgaben im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angefallen waren. Es hätte daher seiner Sorgfaltspflicht entsprochen, nach Erhalt des Steuerbescheides diesen auch hinsichtlich der ausgewiesenen Summen kritisch zu überprüfen. Im Rahmen einer solchen Überprüfung wäre für den Kläger erkennbar gewesen, dass die von ihm geltend gemachten Aufwendungen gekürzt wurden, da die im Bescheid angesetzten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 6.400,00 € von dem in der Einkommensteuererklärung unter „Ermittlung und Zuordnung der Einkünfte“ erklärten Überschuss in Höhe von 4.866,00 € (vgl. Feld 23) deutlich zu Lasten des Klägers abwichen.
50Schließlich kann sich nach der Rechtsprechung des BFH auf die Möglichkeit der Nachsichtgewährung nicht berufen, wer die Rechtsmittelfrist kennt, aber von dem Rechtsmittel – wie im Streitfall – keinen Gebrauch gemacht hat, weil er den anzugreifenden Steuerbescheid irrtümlich für richtig gehalten hat (BFH, Urteil vom 22.01.1960 –VI 175/59 U, BFHE 70, 474, BStBl III 1960, 178).
51B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
52C. Die Revision wird nicht zugelassen. Revisionszulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.