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Die Körperschaftsteuerbescheide 2009, 2010 und 2012 vom 18.12.2005, die Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010 vom 06.01.2016 sowie der Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 22.12.2015, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.01.2017 werden nach Maßgabe der Entscheidungsgründe abgeändert.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berechnung der geänderten Steuerfestsetzungen wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über Hinzuschätzungen des Beklagten nach einer Betriebsprüfung.
3Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der GmbH. Diese wurde mit Wirkung zum 31.12.2015 aufgelöst und befindet sich seitdem in der Liquidation. Alleiniger Gesellschafter der Klägerin war seit dem Kalenderjahr 2010 Herr A (A), der gleichzeitig auch einziger Geschäftsführer war. Nach der Auflösung der Gesellschaft war A als Liquidator der Klägerin tätig.
4Die Klägerin betrieb in den Streitjahren einen Großhandel und ermittelte ihren Gewinn durch Bestandsvergleich gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Mit notariellem Kaufvertrag vom 30.5.2012 wurden sämtliche immateriellen Wirtschaftsgüter sowie sämtliche technischen Anlagen und Maschinen und die Betriebs- und Geschäftsausstattung der Klägerin rückwirkend zum 1.5.2012 an die E GmbH & Co. KG (KG) veräußert. Der von der Klägerin gepachtete Grund und Boden wurde zusammen mit den nicht übertragenen Gebäuden an die KG verpachtet. In der Folgezeit war A neben seiner Geschäftsführertätigkeit bei der Klägerin auch als Berater für die KG tätig.
5Auf der Grundlage der von der Klägerin eingereichten Steuererklärungen führte der Beklagte (FA) die Veranlagungen für die Streitjahre erklärungsgemäß durch und setzte die Körperschaft- und Umsatzsteuern entsprechend fest. Die festgesetzte Körperschaftsteuer (KSt) beruhte auf folgenden Werten (in €):
6Werte lt. KSt-Erkl. |
2009 |
2010 |
2011 |
2012 (bis April) |
Umsatz |
X |
X |
X |
X |
Gewinn |
X |
X |
X |
./. X |
Ab Dezember 2013 führte das FA eine Betriebsprüfung (Bp) für die Jahre 2008 bis 2012 bei der Klägerin durch. Dabei kam die Bp zu dem Ergebnis, dass die Kassenführung der Klägerin zum Teil erhebliche Mängel aufwies. Die Klägerin habe in den Streitjahren Bargeschäfte in erheblichem Umfang getätigt und eine sog. offene Ladenkasse geführt. Ein manuelles Kassenbuch sei seit rd. 15 Jahren nicht mehr geführt worden. Während der Prüfung seien der Prüferin lediglich die Ausdrucke des Datev-Kontos 1000(Kasse) vorgelegt worden. Die Kasseneinnahmen und -ausgaben seien in der Buchführung in Form von Einzelbuchungen erfasst worden, anhand der Auswertung der digitalen Unterlagen habe aber festgestellt werden können, dass die Erfassung der einzelnen Geschäftsvorgänge nicht am selben Tag, sondern mit einer bis zu dreiwöchigen Verzögerung erfolgt sei. Auch die entsprechenden Ursprungsbelege (sog. „Blöcke“) hätten während der Prüfung nicht vorgelegt werden können, sondern seien von der Ehefrau des A (nachfolgend B), die für die Buchführung zuständig gewesen sei, nach Ablauf eines Jahres entsorgt worden. B sei nach eigenen Angaben davon ausgegangen, dass diese Ursprungsaufzeichnungen nicht aufbewahrt werden müssten. Zudem seien nach Auskunft der B sowohl Stornierungen falscher Buchungen als auch Korrekturbuchungen jederzeit möglich gewesen, ohne dass diese Vorgänge im Einzelnen aus der Buchführung ersichtlich gewesen seien. Die B habe nach eigener Aussage auch von beiden Korrekturmöglichkeiten Gebrauch gemacht. Die Prüferin sah daher die Kassensturzfähigkeit als nicht gegeben an und versagte der Buchführung die Ordnungsmäßigkeit.
8Weiterhin kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass in erheblichem Umfang Barentnahmen und Bareinlagen aus bzw. in die Kasse erfolgt waren, zu denen es keine bzw. lediglich Eigenbelege gab. Die Gegenbuchungen erfolgten in der Buchführung auf den Buchführungskonten mit der Bezeichnung 0731 und 1705 (u.a. mit der Bezeichnung „Darlehn A“). Die Endbestände dieser Konten hatten sich im Laufe des Prüfungszeitraums von X € (Stand 31.12.2008) auf den Betrag von X € (Stand 31.12.2012) erhöht. Der A habe hierzu auf Nachfrage der Bp mitgeteilt, dass die eingelegten Barmittel aus Darlehen stammten, die ihm von verschiedenen Darlehensgebern gewährt und im Kalenderjahr 2012 von ihm an diese zurückgezahlt worden seien. Entsprechende Darlehensverträge hierzu konnten nicht vorgelegt werden.
9Die Ermittlungen der Bp ergaben zudem, dass die Finanzierung von zwei im Kalenderjahr 2010 erworbenen und im Privatvermögen des A befindlichen Reihenhäusern in Höhe einer Teilfinanzierung von rd. X € nicht geklärt werden konnte. Der A wurde daraufhin aufgefordert, einen lückenlosen Nachweis über die Herkunft sämtlicher Zahlungen zu führen, die als private Barzahlungen in das Darlehen an die Klägerin eingeflossen seien, sowie die Hausfinanzierung belegmäßig aufzuklären.
10In der Folgezeit wurde eine von A erstellte Aufstellung über die einzelnen Zahlungsflüsse in den Streitjahren vorgelegt. Wegen Einzelheiten hierzu wird auf die dem Schriftsatz der Klägerin vom 4.6.2014 beigefügte Berechnung (Prüferhandakte, Bd. 1, Pkt. 7 (Darlehen A)) Bezug genommen. Zudem legte die Klägerin Bestätigungen der vier Darlehensgeber über die Gewährung zinsloser Darlehen über Beträge zwischen X € und X € an A vor. Wegen weiterer Einzelheiten hierzu wird auf die Betriebsprüfungshandakte des FA (Bd. 1, Pkt. 7) Bezug genommen.
11Im Verlauf der Prüfung teilte die Klägerin mit, dass L bereits vor der Währungsumstellung auf das Zahlungsmittel „Euro“ von privater Hand umfangreiche - nicht versteuerte - Geschäfte mit Silberverkäufen getätigt habe. So habe A neben dem ……Ankauf im Betrieb privat von Elektroinstallateuren sog. Kontaktsilber erworben. Dieses sei in geringen Dosierungen in Elektro-Schaltungen verarbeitet. Es habe sich um Dosierungen von wenigen 100 g bis maximal 1 oder 2 kg gehandelt. Diese angekauften Silberreste seien zunächst von A in seinem Tresor im Privathaus gesammelt worden. Wenn eine gewisse Menge zusammen gekommen sei, habe A dieses Silber über einen privaten Mittelsmann an eine Silberanstalt in den Niederlanden verkauft. Die aus diesem Verkauf vereinnahmten Entgelte seien ebenfalls in dem privaten Tresor verwahrt worden. In den neunziger Jahren hätten diese Geschäfte zu Einnahmen geführt, deren Umfang nicht voraussehbar gewesen sei. Ende der neunziger Jahre sei das Silbergeschäft rückläufig gewesen und mit der Einführung der Eurowährung zum Erliegen gekommen. Zu diesem Zeitpunkt habe A über erhebliche DM-Beträge verfügt. Sukzessive seien diese DM-Beträge in kleinen Tranchen in Eurobeträge umgetauscht worden. Gelegentlich seien diese Gelder der Klägerin darlehensweise zur Verfügung gestellt worden, beispielsweise wenn größere Ankäufe angestanden hätten und die Klägerin nicht über ausreichend eigene finanzielle Mittel verfügt habe.
12Auch zur Immobilienfinanzierung seien die Erträge aus den Silbergeschäften verwandt worden. Schriftliche Aufzeichnungen aus diesen Geschäften seien nicht vorhanden. Die Ehefrau des A habe von den Silbergeschäften ihres Ehemannes keine Kenntnis gehabt.
13Die Bp leitete daraufhin im Mai 2014 ein Steuerstrafverfahren gegen den A ein, das nach dem Kenntnisstand des Gerichts bisher nicht abgeschlossen ist.
14Im weiteren Verlauf ließ die Bp sowohl sämtliche Konten der Klägerin als auch die Privatkonten des A und seiner Ehefrau feststellen und führte auf der Grundlage der vorliegenden Kontenauszüge für jedes einzelne Kalenderjahr eine eigene Bargeldverkehrsrechnung durch, um zu ermitteln, welche Bargeldbestände dem A für die von ihm getätigten Bareinlagen zur Verfügung gestanden hätten. Dabei kam die Bp zu Höchstfehlbeträgen von X € (31.12.2009), X € (31.7.2010), X € (30.11.2011) und X € (30.03.2012). Wegen der Einzelheiten zur Berechnung wird auf die Bargeldverkehrsrechnungen in den Steuerakten des FA Bezug genommen. Im Zusammenhang mit der Finanzierung der Reihenhäuser verblieb nach den Ermittlungen der Bp zudem ein ungeklärter Finanzierungsbedarf von X €. Die Bp vertrat daher die Auffassung, dass bei der Klägerin in den Streitjahren bisher nicht versteuerte umsatzpflichtige Mehreinnahmen in Höhe von insgesamt X € (X € zzgl. X €) zusätzlich zu erfassen seien. Gleichzeitig seien die Mehrerlöse (netto) als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an den A zu qualifizieren. Dies führte bei der Klägerin zu folgenden steuerlichen Änderungen (in €):
152009 |
2010 |
2011 |
2012 |
|
Mindg. Gewinn |
./. X |
./. X |
./. X |
./. X |
Erhöhung Umsatzsteuer |
X |
X |
X |
X |
vGA an L |
X |
X |
X |
X |
Das FA folgte den Feststellungen der Bp und erließ gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) entsprechend geänderte Körperschaftsteuer– und Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 2009 bis 2012. Gegen diese Änderungsbescheide legte die Klägerin Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 4.1.2017 als unbegründet zurückwies.
17Die Klägerin hat daraufhin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie sich weiterhin gegen die Hinzuschätzungen wehrt. Entgegen der Auffassung des FA sei die Kassenbuchführung ordnungsgemäß ausgeübt worden. Sämtliche Geschäftsvorfälle in Zusammenhang mit der Kasse seien – entgegen der Auffassung des FA - täglich und nicht mit einer Verzögerung von bis zu drei Wochen in der Buchhaltung erfasst worden; die Kassensturzfähigkeit sei daher zu jeder Zeit gewährleistet gewesen.
18In den Streitjahren sei eine Barkasse geführt worden. Daneben seien jeweils gesonderte, durchnummerierte Blöcke vorhanden gewesen, in denen die einzelnen Bargeschäfte von den Mitarbeiterinnen der Klägerin eingetragen werden mussten. Die Eintragung in die Blöcke sei von diesen unmittelbar vorgenommen und den jeweiligen Kunden deckungsgleiche Gutschriften ausgehändigt worden. Im Kalenderjahr 2009 seien diese Gutschriften noch handschriftlich, ab dem Kalenderjahr 2010 am Computer erstellt worden. Auf diese Weise hätte jeden Abend ein Kassensturz gemacht werden können, der tatsächlich auch durchgeführt worden sei.
19Die Barkasse mit den dazugehörigen Unterlagen habe unter der Oberaufsicht von B gestanden, die zwar nicht täglich, sondern nur alle 2 bis 3 Tage in den Betrieb gekommen sei, dann aber die jeweiligen Bargeschäfte anhand der Blöcke und der dazugehörigen Belege in der EDV erfasst habe. Diese Blöcke habe B gutgläubig nach Ablauf eines Geschäftsjahres entsorgt. Bezüglich dieser Handhabung könne sich die Klägerin auf Vertrauensschutz berufen. Denn B habe diese Handhabung der Kassen- und Buchführung - im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb ihres Ehemannes - von ihrer Vorgängerin übernommen. Diese Handhabung sei auch nie seitens des FA beanstandet worden. Selbst in der vorangegangenen Außenprüfung bei der Klägerin hätte die Bp diese Form der Kassenführung nicht beanstandet, sondern ausweislich des Prüfungsberichts vom 15.7.2009 lediglich die Tatsache bemängelt, dass sich die Daten mit der Software der Finanzverwaltung nicht maschinell hätten auslesen lassen können. Abgesehen davon sei die Buchführung ausdrücklich als ordnungsgemäß beurteilt worden.
20Die von der Bp vorgenommenen Bargeldverkehrsrechnungen seien unzutreffend. So habe die Prüferin die dem A gewährten Darlehen in ihrer Berechnung vollständig unberücksichtigt gelassen. Der frühere Steuerberater der Klägerin habe im Verlauf der Bp die Entwicklung des Darlehenskontos aufgeschlüsselt und ungeklärte Einlagen in einem Größenumfang von rund X,- € ermittelt. Diese Einlagen seien durch die Silbergeschäfte des A nachvollziehbar und schlüssig belegt worden.
21Am 3.5.2021 hat ein Erörterungstermin vor der Berichterstatterin stattgefunden. Wegen Einzelheiten hierzu wird auf das Protokoll vom 3.5.2021 in der Gerichtsakte (GA) Bezug genommen.
22In der Folgezeit hat die Klägerin ihren Sachvortrag wie folgt ergänzt: Sämtliche Bargeldgeschäfte, einschließlich der Bareinlagen und Barentnahmen von A, seien einzeln in das elektronische Kassenbuch übernommen worden. Hierzu sei als Software ein handelsübliches Programm der Firma Lexware (Anmerkung des Gerichts: tatsächlich dürfte es sich um das Softwareprodukt „GS-Buchhalter 3.10“ (BH31)“ der Firma Sage Software GmbH & Co. KG handeln) verwendet worden. Dabei sei jeder Vorgang, insbesondere jeder Bargeldvorgang, einzeln erfasst worden. Soweit sich bei der Abstimmung der Kasse Differenzen ergeben hätten, seien diese durch die Mitarbeiterinnen, namentlich Frau T und Frau O, ermittelt worden. Die Abstimmung der Bargeldbestände mit der Buchführung sei täglich erfolgt. Nur in Ausnahmefällen, beispielsweise bei Krankheit oder Urlaub der mit der Kasse betrauten Mitarbeiterinnen, sei es in Einzelfällen nicht zu einer täglichen Abstimmung gekommen. Diese sei dann aber am nächsten Tag, spätestens am übernächsten Tag, nachgeholt worden. Zur Veranschaulichung sei ein Auszug des Kontoblatts des Kontos 1000 (Kasse) vom 27.7.2010 beigefügt, aus dem sämtliche notwendigen Angaben, insbesondere sämtliche Ein- und Auszahlungen der Kasse an diesem Tag, der Kassenstand zu Beginn des Tages als auch der Endbestand des Geschäftstages, ersichtlich seien. Zudem seien sämtliche Auszahlungen mit dem Namen und der Anschrift des Bargeldempfängers vermerkt sei. Zu jeder auf dem Kontoblatt des Kontos 1000 (Kasse) vom 27.7.2010 vermerkten Barzahlung gebe es auch einen Beleg, auf welchem der Bargeldempfänger den Erhalt der Barzahlung mit seiner Unterschrift bestätige. Eine lückenlose Kassenbuchführung sei somit gegeben.
23Soweit das FA Datensätze vorgelegt habe, aus denen ersichtlich sein solle, dass zwischen dem Tag des Geschäftsvorfalls und der Erfassung dieses Geschäftsvorfalls in der Buchführung eine erhebliche Anzahl von Tagen gelegen hätte, seien diese Datensätze unbrauchbar. Das FA habe sich hierbei auf das Druckdatums des Kontoauszugs des Kontos „1000 Kasse“ gestützt. Dieses Druckdatum sei aber nicht mit dem Erfassungsdatum gleichzusetzen.
24Mit richterlicher Verfügung vom 15.3.2022 ist die Klägerin gemäß § 79b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufgefordert worden, bis zum 27.4.2022 anhand der bei ihr vorhandenen elektronischen Buchführungsdaten nachvollziehbar darzulegen und entsprechend nachzuweisen, an welchem konkreten Tag die buchhalterische Eingabe der jeweiligen Bargeld-Geschäftsvorfälle im elektronischen Kassenbuch der Klägerin erfolgt ist. Zudem ist die Klägerin aufgefordert worden, nachvollziehbar darzulegen und nachzuweisen, an welchen Daten die einzelnen Eingabewerte in dem Buchhaltungssystem festgeschrieben worden sind (d. h. im Buchführungsprogramm nicht mehr verändert oder gelöscht werden konnten).
25Mit Schriftsatz vom 27.4.2022 hat die Klägerin dem Gericht ihre Buchführungsdaten der Streitjahre 2009 bis 2012 im WinIDEA-Format übersandt und hierzu wie folgt ausgeführt:
26Aus den übersandten Buchführungsunterlagen ergebe sich bei einem Vergleich des Belegdatums mit dem Erfassungsdatum, dass die Buchungen regelmäßig innerhalb der ersten zehn Tage erfolgt seien. Es werde allerdings dringend gebeten, zur Frage der zeitnahen Erfassung der Geschäftsvorfälle die angebotenen Zeugen zu vernehmen, da Zweifel an der korrekten Erfassung der Beleg- und Erfassungsdaten durch das Programm bestünden. So werde beispielsweise sehr häufig als Erfassungsdatum der „30.12.1899“ ausgewiesen, so u.a. für insgesamt 2.306 Buchungen im Kalenderjahr 2009. Darüber hinaus sei festzustellen, dass das erste Erfassungsdatum mit einer großen Anzahl von Buchungen erst drei bis fünf Wochen nach Beginn des Kalenderjahres liege, bspw. sei danach die erste Buchung im Geschäftsjahr 2012 am 8.2.2012 für den Zeitraum vom Jahresbeginn bis zum 27.1.2012 erfolgt; erst nach diesem angeblichen „Ersterfassungsdatum“ normalisierten sich die Zeitabstände zwischen Beleg- und Erfassungsdatum. Tatsächlich dürfte es sich bei diesem Datum um das Abschlussdatum des Vorjahresdatums handeln, weil das System nicht in der Lage gewesen sei, gleichzeitig Erfassungen in zwei Wirtschaftsjahren vorzunehmen. Zudem seien an einzelnen Tagen mehr Buchungen in dem System erfasst worden, als an einem Arbeitstag hätten händisch eingegeben werden können. So seien bspw. am 27.1.2011 insgesamt 685 Buchungen verzeichnet. Für die Zweifel an der korrekten Erfassung durch das von der Klägerin genutzte Softwareprogramm werde Beweis angeboten durch Einholung eines durch einen durch das Gericht zu benennenden Sachverständigen oder eines Programmierers des Herstellers der Software.
27Ergänzend werde nochmals darauf hingewiesen, dass die zwingende „tägliche“ Erfassung von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben erst mit Wirkung zum 29.12.2016 in die Vorschrift des § 146 AO aufgenommen worden sei. Davor sei die tägliche Pflicht zur Erfassung nur als „soll“-Vorschrift, nicht aber als „muss“-Vorschrift ausgestattet gewesen.
28Im Übrigen finde der Grundsatz, wonach ein ungeklärter Vermögenszuwachs bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer die Annahme rechtfertige, dass es sich hierbei um noch nicht erfasste Betriebseinnahmen des Gewerbebetriebs handele, auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. So habe es bei dem A zu keinem Zeitpunkt einen ungeklärten Vermögenszuwachs gegeben, sondern dessen Vermögensentwicklung sei lückenlos dargelegt worden. Bei der Aufklärung der Vermögensverhältnisse des A hätten sowohl sie, die Klägerin, als auch der A selbst umfangreich mitgewirkt, so dass insoweit auch nicht von einer Verletzung der Mitwirkungspflichten gesprochen werden könne. Darüber hinaus sei der vermeintliche Vermögenszuwachs nicht bei der Klägerin, sondern bei dem Geschäftsführer A festgestellt worden, so dass hieraus nicht zwangsläufig die Schlussfolgerung gezogen werden könne, dass es sich um nicht erfasste Einnahmen der Gesellschaft handele. Es sei plausibel dargelegt worden, dass A im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Silberverkäufe getätigt habe. Die steuerlichen Sphären des A und der Klägerin seien insoweit strikt voneinander zu trennen. Der Umstand, dass dieser Geldeinlagen in das Betriebsvermögen getätigt habe, ändere hieran nichts. Anders als bei Personengesellschaften sei im vorliegenden Fall das Trennungsprinzip vorrangig zu berücksichtigen. Dieses werde jedoch vollständig ausgehebelt, wenn die Verantwortungssphären von Gesellschaft und Gesellschafter-Geschäftsführer vermischt würden.
29Die Klägerin beantragt,
30die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2012 vom 18.12.2015 sowie die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 vom 06.1.2016 und den Umsatzsteuerbescheid 2012 vom 22.12.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4.1.2017 dahingehend zu ändern, dass die verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe von X € (2009), X € (2010), X € (2011) und X € (2012) nicht mehr gewinnerhöhend sowie die gegenläufigen Gewinnminderungen für Umsatzsteuer in Höhe von ./. X € (2009), ./. X € (2010), ./. X € (2011) und ./. X € (2012) nicht mehr berücksichtigt und die Umsatzsteuer in Höhe von X € (2009), X € (2010), X (2011) und X € (2012) vermindert festgesetzt wird.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Nach seiner Auffassung ist die Buchführung der Klägerin in den Streitjahren nicht ordnungsgemäß. Nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung sei die Klägerin sowohl zur manuellen täglichen Aufzeichnung der Kasse sowie zur Dokumentation der täglichen Zählung des Barbestandes verpflichtet gewesen. Derartige Aufzeichnungen hätten von der Klägerin nicht vorgelegt werden können. Die von der Klägerin angebotenen Zeugenaussagen der mit diesen Aufgaben betrauten Mitarbeiterinnen könnten diesen Mangel nicht beheben, denn es komme insoweit auf den objektiven Zustand der Buchführung im Zeitpunkt der Bp an. Zudem seien die sog. „Blöcke“ als Ursprungsaufzeichnungen von der B entsorgt worden. Hinzu komme, dass in erheblichem Maße Fehlbestände im Bargeldverkehr (sog. ungeklärte Einlagen) festgestellt worden seien, so dass das FA berechtigt gewesen sei, eine Hinzuschätzung von betrieblichen Umsätzen vorzunehmen. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne sie sich aus dem Umstand, dass für vorhergehende Veranlagungszeiträume keine Mängel bei der Kassenführung festgestellt worden seien, für die hier streitigen Jahre nicht auf einen Vertrauensschutz berufen. Zum einen sei unklar, ob die Kasse in der Vorprüfung Prüfungsgegenstand gewesen sei, zum anderen könne aus einer möglicherweise steuerlichen Falschbeurteilung der Vorbetriebsprüfung nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung kein Vertrauensschutz für zukünftige Veranlagungszeiträume hergeleitet werden.
34Dass die Buchführung der Klägerin nicht ordnungsgemäß sei, werde im Übrigen auch durch die von der Bp im Wege der Bargeldverkehrsrechnung ermittelten Fehlbeträge gestützt. Die Klägerin habe nicht nachvollziehbar die Herkunft der im erheblichen Umfang erfolgten Bareinlagen nachweisen können. Für die Darlehen seien keine Darlehensverträge, sondern lediglich vom Wortlaut gleichlautende, am Computer vorformulierte Bestätigungen über die Hingabe zinsloser Privatdarlehen an A ohne genaue Benennung der Zahlungsart und des Zahltages vorgelegt worden. Ein Nachweis über das Vorhandensein der Geldbeträge von X,- € bzw. X,- € bei den Darlehensgebern sowie von den Geldgebern bestätigte Rückzahlungen im Kalenderjahr 2013 konnten ebenfalls nicht erbracht werden.
35Der A als Gesellschafter-Geschäftsführer habe durch die Zuführung erheblicher Barmittel in das Betriebsvermögen der Klägerin selbst dazu beigetragen, seinen Privatbereich mit dem betrieblichen Bereich der von ihm beherrschten Gesellschaft zu vermischen. Er habe in großem Umfang entsprechende Barmittel dem Betriebsvermögen zugeführt, um die Liquidität der Klägerin zu steigern. Grundsätzlich stehe es dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zwar frei, in dem Geschäftsbereich der Gesellschaft eigene Geschäfte zu tätigen, ohne dass diese Einnahmen bei einer Nichtberücksichtigung in den privaten Steuererklärungen „automatisch“ auf eine Kapitalgesellschaft überspringen und dort zu vGA führten. Dies gelte allerdings nur dann, soweit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Vermögenszuwächse für die Kapitalgesellschaft erzielt worden seien. Aus Sicht des FA seien entsprechende Anhaltspunkte, dass es sich bei den ungeklärten Vermögenszuwächsen im Privatbereich des A um Einnahmen der Klägerin handele, hinreichend begründet und umfassend dargestellt worden. Dies gelte umso mehr, als der Vermögenszuwachs bei der Klägerin über Bareinlagen in die offene Ladenkasse nahezu ausschließlich im Prüfungszeitraum erfolgt sei und die „Erklärungsversuche“ über die angebliche Mittelherkunft ihre Grundlagen in der „tiefen Vergangenheit“ des Gesellschafter-Geschäftsführers hatten. Hinzu komme, dass sich der Vortrag der Klägerin zu den von A getätigten Silbergeschäften widerspreche und in vielen Punkten nicht schlüssig sei.
36Der Einwand der Klägerin, bei der Bargeldverkehrsrechnung sei von einem Anfangsbestand von X,- € auszugehen, sei bisher nicht substantiiert belegt worden. Die von der Klägerin vorgelegte Bargeldverkehrsrechnung könne nicht zugrunde gelegt werden, da in dieser Berechnung in erheblichem Umfang Beträge berücksichtigt worden seien, die unbar und gerade nicht bar geflossen seien.
37Mit richterlicher Verfügung vom 12.1.2018 ist der Gerichtsprüfer des Finanzgerichts beauftragt worden, u.a. die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zu prüfen. Wegen Einzelheiten zu den Feststellungen des Gerichtsprüfers wird auf den Vermerk vom 11.5.2022 (Bl. 65 ff., Band II der Gerichtsakte) Bezug genommen.
38Der Senat hat mit den Beteiligten über die Streitsache mündlich verhandelt und zu der Handhabung der Kassenführung der Klägerin in den Streitjahren 2009 bis 2012 die Ehefrau des A, Frau B, als Zeugin gehört. Hinsichtlich des Ablaufs der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2022 sowie zum Inhalt der Zeugenaussage wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
39Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die wechselseitig ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen, sowie die beigezogenen Steuerakten Bezug genommen.
40Entscheidungsgründe
41Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet und im Übrigen unbegründet.
42I. Die angefochtenen Bescheide für 2009, 2010 und 2012 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Zwar hat das FA dem Grunde nach zu Recht von seiner Schätzungsbefugnis Gebrauch gemacht (dazu unter 1.). Zu Unrecht hat es aber über die Beträge von X,- € (2009), X,- € (2010) und X,- € (2012) hinausgehend zusätzliche unversteuerte Einnahmen hinzugeschätzt. Dagegen bestehen an der Schätzung der Mehreinnahmen von X,- € für das Streitjahr 2011 keine Bedenken.
431. Entgegen der Auffassung der Klägerin war das FA berechtigt, Mehrerlöse bei dieser nach § 162 AO zu schätzen (Eröffnung der Schätzungsbefugnis).
44a. Nach § 162 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können, weil sie insbesondere den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO nicht entsprechen, oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen, § 162 Abs. 2 AO.
45aa. Entgegen der Auffassung des FA eröffnen die von der Bp durchgeführten Geldverkehrsrechnungen keine Schätzungsbefugnis. Zwar stellt die Bargeldverkehrsrechnung im Grundsatz eine geeignete Verprobungsmethode dar, um die sachliche Richtigkeit auch einer formell ordnungsgemäßen Buchführung zu prüfen und ggf. ungeklärte Einnahmen aufzudecken. Es handelt sich hierbei um eine Ausgaben-Deckungsrechnung, in der die Barausgaben des Steuerpflichtigen seinen bekannten Barmittel gegenübergestellt werden, die ihm zur Verfügung standen, um seine Lebenshaltungskosten (private Geldanlage, privater Konsum) zu bestreiten. Soweit der Steuerpflichtige höhere Barausgaben tätigt, als ihm aus den bekannten und vorhandenen Mitteln möglich ist, muss er den Unterdeckungsbetrag zwangsläufig aus anderen Quellen bezogen haben. Dem Steuerpflichtigen obliegt es dann im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten, darzulegen und nachzuweisen, dass diese ungeklärten weiteren Geldmittel nicht aus bislang nicht erfassten Betriebseinnahmen, sondern aus anderen steuerlich nicht relevanten Quellen stammen. Andernfalls ist der Schluss auf solche bislang nicht erfassten Betriebseinnahmen gerechtfertigt (vgl. etwa Bundesfinanzhof -BFH-, Urteile vom 28.1.2009 X R 20/05, BFH/N 2009, 912; vom 25.7.1991 XI R 27/89, BFH/NV 1991, 796; Brinkmann, Schätzungen um Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, unter 3.9.8).
46Diese Grundsätze sind aber auf Fälle, bei denen nicht bei der Kapitalgesellschaft selbst, sondern beim Gesellschafter-Geschäftsführer – etwa aufgrund einer bei diesem durchgeführten Bargeldverkehrsrechnung – ungeklärte Vermögenszuwächse festgestellt werden, nicht ohne weiteres übertragbar. Nach der Rechtsprechung des BFH kann in dieser Konstellation alleine aufgrund der beim Gesellschafter-Geschäftsführer festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächse nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Kapitalgesellschaft entsprechende bislang nicht erfasste Betriebseinnahmen erzielt hat (vgl. BFH, Urteil vom 26.2.2003 I R 52/02, BFH/NV 2003, 1221; Beschluss vom 18.6.2003 I B 178/02, BFH/NV 2003, 1450). Selbst wenn man unterstellt, dass die ungeklärten Vermögenszuwächse durch betriebliche Aktivitäten erzielt wurden, würde die vorgenannte Schlussfolgerung nämlich voraussetzen, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die entsprechenden Beträge im Namen und auf Rechnung der Kapitalgesellschaft vereinnahmt hat. Das ist aber regelmäßig nicht die einzig denkbare Sachverhaltsverwirklichung. Vielmehr ist es regelmäßig ebenso gut möglich, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die Einnahmen im Rahmen von Eigengeschäften erzielt hat, an denen er durch sein Amt als Geschäftsführer nicht gehindert ist. Insbesondere wenn er bereits zuvor in derselben Branche tätig war (etwa in einer Vorgängerfirma in Form eines Einzelunternehmens), ist es nicht von vornherein unwahrscheinlich, dass er auch in eigener Person über die erforderlichen einschlägigen Geschäftskontakte und Erfahrungen verfügt hat, um ihm persönlich angetragene Geschäfte in eigenem Namen und für eigene Rechnung zu ergreifen und durchzuführen. Hinzu kommt, dass daraus, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die Herkunft der bei ihm festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächse nicht aufklärt und dadurch seine steuerlichen Mitwirkungspflichten verletzt, regelmäßig keine nachteiligen Schlüsse zu Lasten der Kapitalgesellschaft gezogen werden können. Die Mitwirkungspflichtverletzung ist dem Gesellschafter-Geschäftsführer vielmehr regelmäßig (nur) in seiner Person anzulasten. Das ist nach der Rechtsprechung des BFH eine Folge der prinzipiellen Trennung der Besteuerung der Kapitalgesellschaft von jener ihrer Gesellschafter. Aus einer fehlenden Aufklärung bezüglich der Mittelherkunft kann daher regelmäßig (nur) die für ihn selbst nachteilige Schlussfolgerung gezogen werden, dass er persönlich entsprechende bislang steuerlich nicht erfasste Einnahmen aus Eigengeschäften erzielt hat (vgl. zum Vorstehenden BFH, Urteil in BFH/NV 2013, 1221; BFH, Beschluss in BFH/NV 2003, 1450; Gosch, 4. Aufl. 2020, § 8 KStG Rz 509).
47Dem folgend können die von der Bp vorgenommenen Bargeldverkehrsrechnungen bei der Klägerin im Streitfall keinen eigenständigen Schätzungsgrund begründen. Daher kann dahinstehen, ob die Bargeldverkehrsrechnungen im Ergebnis Bestand haben und wie die von der Klägerin gegen sie erhobenen Einwendungen bzw. ihre eigenen im Rahmen der Bp eingereichten Berechnungen zu beurteilen sind bzw. ob die Klägerin durch ihren Geschäftsführer einer eventuell bestehenden Mitwirkungspflicht ausreichend nachgekommen ist.
48Denn vorliegend handelt es sich um Bargeldverkehrsrechnungen, welche die Bp nicht bei der Klägerin selbst, sondern beim Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, dem A durchgeführt hat. Die Bp hat die Bargeldbewegungen auf den Bankkonten des A und seiner Ehefrau, die von ihnen verausgabten Barzahlungen und ihren geschätzten in bar verausgabten Lebensbedarf ausgewertet. Die hierbei von der Bp festgestellten Unterdeckungen könnten – soweit die Bargeldverkehrsrechnung bei einer Überprüfung und angesichts der Einwendungen der Klägerin Bestand hat – möglicherweise die Schlussfolgerung zulassen, dass der A selbst durch eine gewerbliche Tätigkeit bislang nicht erfasste Betriebseinnahmen erzielt hat, soweit er die Unterdeckungen bzw. die Herkunft der ungeklärten entsprechenden Barmittel nicht hinreichend aufgeklärt hat. Sie rechtfertigen jedoch nicht den von dem FA gezogenen Schluss darauf, dass die Klägerin durch ihre Tätigkeit bislang nicht erfasste Betriebseinnahmen erzielt hat. Eine fehlende Aufklärung der Unterdeckungen ist nach der o.g. Rechtsprechung des BFH allenfalls dem A selbst in seiner Person, nicht aber der Klägerin anzulasten. Entgegen der Auffassung des FA ist es auch nicht zwingend, dass möglicherweise nicht erfasste Betriebseinnahmen ausschließlich durch die Klägerin erzielt worden sein können. Auch wenn der A gegenüber dem FA nicht offen mit einer eigenen gewerblichen Tätigkeit in Erscheinung getreten ist, erscheint es doch möglich, dass er neben seiner Tätigkeit für die Klägerin selbst in eigener Person „schwarze“ Einkünfte aus von ihm getätigten ähnlichen oder auch anderweitigen Geschäften erzielt hat. Dies erscheint insbesondere auch angesichts des eigenen Vorbringens der Klägerin zu früheren nicht versteuerten Geschäften des A mit sog. Kontaktsilber im Streitfall nicht als völlig ungewöhnlicher bzw. nicht als von vornherein unwahrscheinlicher Sachverhalt.
49Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des FA auch nicht aus dem Umstand, dass A als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin erhebliche Barbeträge in Form von verdeckten Einlagen zugewandt hat. In der Rechtsprechung ist noch nicht geklärt, ob die o.g. Grundsätze dann nicht gelten, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer eine Verbindung zwischen den Verantwortungssphären der Kapitalgesellschaft und ihm selbst dadurch hergestellt hat, dass er aus seinem Privatbereich herrührende Geldmittel im Wege von verdeckten Einlagen in die Kapitalgesellschaft geleistet hat und die Herkunft der Geldmittel bei ihm – dem Gesellschafter-Geschäftsführer – nicht aufklärbar ist. In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde diese Frage aufgeworfen und hierzu auf die Rechtsprechung des BFH zu ungeklärten Einlagen auf betrieblichen Bankkonten Bezug genommen. Im Ergebnis wurde die Frage dort dann offen gelassen (vgl. FG Köln, Urteil vom 26.7.2002 13 K 2889/02, EFG 2003, 6, mit Verweis auf BFH, Urteil vom 15.2.1989 X R 16/86, BStBl. II 1989, 462; BFH, Beschluss vom 4.12.2001 III B 76/01, BFH/NV 2002, 476; siehe hierzu auch Neu, EFG 2003, 6 ff.). Der Senat hält jedoch auch in dieser Frage die o.g. Grundsätze für anwendbar. Er ist der Auffassung, dass daraus, dass nicht aufgeklärt wird, woher der Gesellschafter-Geschäftsführer die von ihm aus seinem Privatbereich der Kapitalgesellschaft im Wege von verdeckten Einlagen zugewandten Mittel erhalten hat, regelmäßig nicht gefolgert werden kann, dass die Kapitalgesellschaft zusätzliche Betriebseinnahmen in Höhe der verdeckten Einlagen erzielt hat. Vielmehr erscheint regelmäßig auch hier möglich, dass statt der Kapitalgesellschaft der Gesellschafter-Geschäftsführer selbst bislang nicht erklärte Betriebseinnahmen erzielt hat. Des Weiteren würde andernfalls auch hier die Mitwirkungspflicht der Kapitalgesellschaft auf den Vermögensbereich des Gesellschafter-Geschäftsführers erstreckt. Die fehlende Aufklärung der Herkunft von beim Gesellschafter-Geschäftsführer festgestellter ungeklärter Vermögenszuwächse kann nach Auffassung des Senats vielmehr regelmäßig nur diesem in seiner Person angelastet werden und bei ihm zu entsprechenden Schlussfolgerungen führen. Es ist daher nach der Auffassung des Senats im Streitfall nicht möglich, aus den bei A vorhandenen ungeklärten Vermögenszuwächsen, welche er im Wege von verdeckten Einlagen der Klägerin zugewandt hat, auf zusätzliche Betriebseinnahmen zu schließen, welche auf eine Tätigkeit des A„für“ die Klägerin zurückzuführen sind.
50bb. Es bestand aber dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 AO. Denn die Gewinnermittlungen der Klägerin sind nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen.
51Grundsätzlich sind die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Für die Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ist das Gesamtbild aller Umstände des Einzelfalls maßgebend (BFH, Urteil vom 14.12.2011, XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921). Formelle Buchführungsmängel berechtigen nur zur Schätzung, soweit sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (vgl. BFH, Urteile vom 17.11.1981, VIII R 174/77, BStBl. II 1982, 430; vom 26.10.1994, X R 114/92, BFH/NV 1995, 373; vom 7.6.2000, III R 82/97, BFH/NV 2000, 1462; vom 14.12.2011, XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921; BFH, Beschluss vom 14.8.2018, XI B 2/18, BFH/NV 2019, 1). Ob im Einzelfall nur unwesentliche formelle Buchführungsmängel vorliegen, unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung. Jedenfalls dann, wenn vorwiegend Bargeschäfte getätigt werden, können Mängel der Kassenführung der gesamten Buchführung die Ordnungsmäßigkeit nehmen (BFH, Urteile vom 25.3.2015, X R 20/13, BStBl. II 2015, 743; vom 14.12.2011, XI R 5/10, BFH/NV 2012, 1921; BFH, Beschluss vom 12.7.2017, X B 16/17, BFH/NV 2017, 1204).
52Ausgehend von diesen Maßstäben entspricht die Buchführung der Klägerin nicht den Vorgaben der §§ 140 ff. AO.
53Nach ständiger Rechtsprechung erfordert eine ordnungsgemäße Buchführung, dass sämtliche Geschäftsvorfälle nach der zeitlichen Reihenfolge und mit ihrem richtigen und erkennbaren Inhalt festgehalten werden. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO in der für die Streitjahre geltenden Fassung). Für die Bargeschäfte werden dabei an den Begriff „zeitgerecht“ höhere Anforderungen gestellt als für die übrige Buchführung. Hierdurch wird versucht, im sensiblen Bereich der Abwicklung von Vorgängen, die Bewegungen von Bargeld einschließen, ein dichtes Kontrollgefüge einzurichten (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 146 AO Rz 27, m.w.N.).
54Das danach täglich zu führende Kassenbuch gehört zu den wesentlichen Grundbüchern eines Unternehmens. Die Vorgänge im Zusammenhang mit der Bewegung von Bargeld bedürfen aufgrund der erheblichen Manipulationsgefahren eines dichten Kontrollgefüges. Die Anforderungen an ein solches Kontrollgefüge sind dabei an die Art und Weise der Kassenführung anzupassen (BFH, Urteil vom 20.3.2017, X R 11/16, BStBl. II 2017, 992, Rz. 37).
55Werden die Bareinnahmen in einer sog. offenen Ladenkasse erfasst, erfordert dies einen täglichen Kassenbericht, über den die tatsächlich in bar getätigten Einnahmen und Ausgaben dokumentiert werden und der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens der Bareinnahmen erstellt worden ist. Durch den Kassenbericht werden danach die baren Tageseinnahmen (sog. Tageslosung) unter Rückrechnung des ausgezählten Kassenendbestandes ermittelt (sog. retrograde Berechnung). Dabei ist kein „Zählprotokoll“ erforderlich. Erforderlich aber auch ausreichend ist ein Kassenbericht, der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens erstellt worden ist (BFH, Beschluss vom 16.12.2016, X B 41/16, BFH/NV 2017, 310, Rz. 25 f., m. w. N.). Dieser muss im Fall einer offenen Ladenkasse so beschaffen sein, dass es einem Buchsachverständigen zumindest am Beginn und am Ende jedes Geschäftstages möglich ist, den durch Kassensturz festgestellten Ist-Bestand anhand der Kassenaufzeichnungen zu überprüfen (BFH, Urteil vom 31.7.1974, I R 216/72, BStBl. II 1975, 96, unter 1.). Ermöglichen die Kassenaufzeichnungen einen solchen Vergleich des Soll-Bestands laut Aufzeichnungen mit dem Ist-Bestand der Kasse nicht, fehlt es jedenfalls insoweit an der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung (BFH, Urteil vom 20.3.2017, X R 11/16, BStBl. II 2017, 992, Rz. 41).
56Diese Grundsätze galten trotz der Ausgestaltung des § 146 Abs. 1 Satz 2 AO als Soll-Vorschrift auch für die Streitjahre. Denn auch wenn hierdurch zum Ausdruck kommt, dass eine tägliche Aufzeichnung nicht in jedem Falle zwingend erforderlich ist (BTDrucks 7/4292, 30), muss die Entwicklung des Kassenbestandes zweifelsfrei rekonstruierbar sein (so auch Görke in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 146 AO Rz 29), um so die Kassensturzfähigkeit zu gewährleisten.
57Darüber hinaus verlangt § 147 Abs. 1 AO (in der in den Streitjahren geltenden Fassung) die geordnete Aufbewahrung von Unterlagen. Diese Aufbewahrungspflicht ist akzessorisch und setzt eine Aufzeichnungspflicht voraus (vgl. Tipke/Kruse § 147 AO Tz. 1). Die Aufbewahrung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen ist nicht erforderlich, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse in das in Form aneinandergereihter Tageskassenberichte geführte Kassenbuch übertragen wird (BFH, Urteile vom 26.02.2004 XI R 25/02, BStBl II 2004, 599; vom 13.07.1971 VIII R 1/65, BStBl II 1971, 729; Beschluss vom 23.12.2004 III B 14/04, BFH/NV 2005, 667). Das Fehlen täglicher Protokolle über das Auszählen einer offenen Ladenkasse steht in seinen Auswirkungen auf die Beurteilung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und der Eröffnung der Schätzungsbefugnis dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei einer Registrierkasse bzw. dem Fehlen der Programmierprotokolle sowie weiterer Organisationsunterlagen der Registrierkasse gleich. In allen drei Fällen lässt der formelle Mangel zwar keinen sicheren Schluss auf die Verkürzung von Einnahmen zu. Gleichwohl gibt es systembedingt keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen, ohne dass eine nachträgliche Ergänzung der Dokumentation bzw. eine anderweitige Heilung des Mangels möglich wäre (BFH, Urteil vom 25.03.2015, X R 20/13, BStBl. II 2015, 743). Maßgeblich für eine Hinzuschätzung ist somit, dass die Verletzung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung dazu führt, dass keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen geboten wird (BFH, Beschluss vom 14.08.2018, XI B 2/18, BFH/NV 2019, 1). Eine zusätzliche Feststellung materieller Buchführungsmängel ist in solchen Fällen für die Begründung einer Schätzungsbefugnis nicht erforderlich (BFH, Urteil vom 25.03.2015, X R 20/13, BStBl. II 2015, 743).
58Unter Anwendung dieser Grundsätze weist die (Kassen-)Buchführung der Klägerin so erhebliche Mängel aus, dass der Anschein der Richtigkeit und die Vollständigkeit der ermittelten Werte nach Ansicht des Senats maßgeblich erschüttert ist und das FA zu einer Schätzung befugt war.
59(1) Die Klägerin hat für die von ihr in den Streitjahren geführte offene Ladenkasse keine Kassenberichte vorlegen können.
60Vom Senat kann insoweit unentschieden bleiben, ob die von der Klägerin behaupteten Aufzeichnungen in den sog. Blöcken den Anforderungen an einen formellen Kassenbericht genügt hätten, denn diese Blöcke sind nach übereinstimmender Aussage der Klägerin und der Zeugin B entsorgt worden und konnten bereits im Rahmen der Bp nicht mehr vorgelegt werden.
61Soweit von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auszugsweise sog. „Quittungsblöcke“ vorgelegt worden sind, handelt es sich hierbei ebenfalls nicht um Kassenberichte im formellen Sinne. Denn in diesen Quittungsblöcken sind zwar die einzelnen Barausgaben eines Geschäftstages dokumentiert worden. Allerdings enthielten diese keine Aufzeichnungen über die Bareinnahmen, Bareinlagen sowie die Barentnahmen des jeweiligen Geschäftstages. Auch ist darin nicht der tatsächlich ausgezählte Kassenendbestand bei Geschäftsschluss dokumentiert worden. Ein Abgleich des täglichen Kassenend- mit dem Anfangsbestand unter Abzug der in die Kasse geleisteten Bareinlagen und unter Hinzurechnung der aus der Kasse entnommenen Barmittel war auf der Grundlage dieser Aufzeichnungen nicht möglich.
62Ebenso wenig erfüllt der von der Klägerin im vorliegenden Verfahren auszugsweise vorgelegte Auszug des Datev-Kontos 1000 (Kasse) vom 27.1.2010 die Anforderungen an den täglichen Kassenbericht. Denn auch wenn sich aus diesem Auszug sowohl der tägliche Anfangs- und Endbestand des Kassenkontos sowie die Ein- und Ausgänge in bzw. aus der Kasse ergeben, handelt es sich insoweit lediglich um rein buchhalterische Bestandsermittlung des Kassenkontos, ohne dass der ausgewiesene Kassenendbestand aufgrund einer tatsächlichen Auszählung am Ende des Geschäftstages ermittelt worden ist.
63(2) Die Klägerin hat für die Streitjahre auch kein ordnungsgemäßes Kassenbuch geführt.
64Grundsätzlich ist es dem Buchführungspflichtigen frei gestellt, ob er ein Kassenbuch manuell oder mit Hilfe eines PCs erstellt. In beiden Fällen hat er die Grundsätze der zeitgerechten und geordneten Erfassung von Bareinnahmen zu beachten. Auch bei der Kassenführung mit Hilfe des PCs müssen daher die notwendigen Eingaben zeitgerecht i.S.d. § 146 Abs. 1 S. 2 AO erfolgen. Zudem ist bei der Erfassung mittels EDV-Systems eine tägliche Festschreibung der eingegebenen Daten erforderlich, d.h., eine Buchung oder Aufzeichnung darf nicht so verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist (§ 146 Abs. 4 AO).
65Entgegen der Auffassung der Klägerin erfüllt im Streitfall die Buchführung der Klägerin in Form des Datev-Kontos 1000 (Kasse) nicht die Anforderungen an ein (elektronisch geführtes) Kassenbuch. Die vorgenannte Buchführung der Klägerin ist bereits nicht hinreichend zeitgerecht geführt worden. Die Auswertung der dem Gericht übersandten Buchführungsunterlagen haben insoweit die Feststellungen der Bp bestätigt. Danach stimmen das Beleg-/Buchungsdatum der einzelnen Geschäftsvorfälle und das Erfassungsdatum in der Buchführung überwiegend nicht überein, sondern die Buchungen auf dem Kassenkonto sind von der Klägerin mit zum Teil erheblichen Verzögerungen vorgenommen worden. Dass die Buchungen der Barbewegungen auf das o.g. Datev-Konto 1000 (Kasse) nicht täglich erfolgten, ergibt sich zudem aus der Aussage der Zeugin B. Diese hat bekundet, sie habe die Buchungen in der Regel dreimal in der Woche anhand der im Kassenbüro befindlichen Unterlagen vorgenommen. Der Senat hält die Aussage der Zeugin für glaubhaft und legt sie so zugrunde.
66Des Weiteren geht der Senat davon aus, dass es an der Unveränderbarkeit der auf dem o.g. Datev-Konto 1000 (Kasse) vorgenommenen Buchungen gefehlt hat, welche aber für ein elektronisch geführtes Kassenbuch erforderlich gewesen wären. Bei einer elektronischen Buchführung muss diese bzw. müssen die Datenträger gegen nachträgliche Einschiebungen, Veränderungen oder Löschungen gesichert werden und das Buchführungsprogramm Sicherungen und Sperren enthalten, die verhindern, dass einmal eingegebene Daten unsichtbar geändert werden können (sog. Festschreibung). Eine solche Festschreibung wäre auch die Voraussetzung, dass das Datev-Konto 1000 (Kasse) überhaupt als etwaiges elektronisches Kassenbuch in Frage kommen könnte. Auf der Grundlage der eingereichten Buchführungsunterlagen kann der Senat jedoch nicht feststellen, dass die von der B in der Buchführung eingegebenen Werte zu irgendeinem Zeitpunkt tatsächlich festgeschrieben worden sind. So enthält die Spalte „Festschreibung“ in den vorliegenden Unterlagen über die Buchführung der Klägerin keine (Datums-)Angaben. Auch die Zeugin B hat bekundet, sie kenne zwar den Begriff der Festschreibung nicht. Jedoch sei es so gewesen, dass sie im laufenden Monat und bis zur Übergabe der Daten an den Steuerberater die von ihr eingegebenen Buchungen noch habe verändern oder löschen können. Der Senat hält auch diese Aussage der Zeugin für glaubhaft und legt sie so zugrunde. Er geht angesichts dessen davon aus, dass es jedenfalls im laufenden Monat nicht zu einer Festschreibung der auf dem Datev-Konto 1000 (Kasse) vorgenommenen Buchungen gekommen ist.
67Auch die Klägerin selbst hat in ihrem Schriftsatz vom 27.4.2022 ausgeführt, dass aus den vorhandenen Buchführungsdaten hervorgeht, dass das dort für die Buchungen auf dem Datev-Konto 1000 (Kasse) gespeicherte bzw. angezeigte Erfassungsdatum nur zu einem Teil innerhalb der ersten drei Tage nach dem jeweiligen Bargeldgeschäft und zu erheblichen Teilen innerhalb eines Zeitraums von vier bis zehn Tagen bzw. mehr als zehn Tagen nach dem Bargeldgeschäft lag. Zwar hat die Klägerin zugleich ausgeführt, sie habe Zweifel an der korrekten Erfassung der Beleg- und Erfassungsdaten durch das verwendete Buchführungsprogramm. Diese Zweifel hat sie in ihrem vorgenannten Schriftsatz auch näher ausgeführt. Hierzu hat sie Beweis angeboten durch Einholung eines durch das Gericht zu benennenden Sachverständigen. Der Senat sieht jedoch keine Veranlassung, diesem Beweisangebot bzw. Beweisantrag nachzukommen. Es kommt nämlich für die Entscheidung des vorliegenden Verfahrens nicht auf die von der Klägerin unter Beweis gestellte Tatsache an. Auch wenn das von der Klägerin verwendete Buchführungsprogramm die Beleg- und Erfassungsdaten tatsächlich – wie die Klägerin unter Anführung der vorgenannten Zweifel geltend macht – nicht korrekt erfasst hat, liegt weiterhin kein ordnungsgemäßes Kassenbuch vor. Die Buchführungsdaten des Datev-Kontos 1000 (Kasse) könnten gerade auch bzw. erst recht in dem Fall, dass das Buchführungsprogramm die Beleg- und Erfassungsdaten nicht korrekt erfasst hat, kein solches Kassenbuch darstellen. Ein ordnungsgemäßes Kassenbuch kann allenfalls eine solche Buchführung eines Kassenkontos darstellen, auf dem die Bargeldbewegungen hinreichend zeitgerecht erfasst und jeweils ebenfalls hinreichend zeitgerecht festgeschrieben worden sind und bei dem das Buchführungsprogramm die Beleg- und Erfassungsdaten korrekt erfasst hat. Ein Buchführungsprogramm, welches die Beleg- und Erfassungsdaten nicht korrekt erfasst, kann demgegenüber von vornherein nicht zu einem ordnungsgemäßen Kassenbuch führen.
68(3) Angesichts der Ausführungen der Zeugin B zur Frage der Festschreibung der von ihr vorgenommenen Buchungen kommt in Frage, dass es möglicherweise weder durch sie im Buchführungsprogramm noch später beim Steuerberater zu einer Festschreibung der gesamten Buchführung der Klägerin gekommen ist.
69Das würde dazu passen, dass in den vom Gerichtsprüfer ausgewerteten Unterlagen über die Buchführung der Klägerin die Spalte „Festschreibung“ keine (Datums-)Angaben enthält. Die EDV-gestützte Buchführung der Klägerin würde dann insgesamt nicht die Anforderungen des § 146 Abs. 4 AO erfüllen. Letztlich kann der Senat das jedoch nach dem ihm vorliegenden Erkenntnissen nicht mit der hinreichenden Sicherheit feststellen. Angesichts der im Streitfall jedenfalls nicht ordnungsgemäßen Kassenführung kann dies nach seiner Auffassung auch dahinstehen.
70(4) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann diese für sich im Hinblick auf die Handhabung ihrer Buchführung keinen Vertrauensschutz beanspruchen. Insbesondere kann sie sich nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben darauf berufen, dass in der vorhergehenden Bp die Handhabung der Buchführung, insbesondere die Entsorgung der sog. Blöcke durch die Zeugin B, nicht beanstandet worden sei.
71Die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben setzt eine besondere Vertrauenssituation zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Finanzamt voraus. Ein solcher Vertrauenstatbestand besteht in einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen kann, jener werde an seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten. Diese Vertrauenssituation kann grundsätzlich nur durch die Erteilung einer verbindlichen Zusage oder Auskunft geschaffen werden (st. Rspr. vgl. u. a. BFH, Urteil vom 11.10.1988 VIII R 419/83, BStBl II 1989, 284). Allein aus einer früheren, aufgrund von Außenprüfungen vorgenommenen (irrigen) Beurteilung bzw. rechtswidrigen Sachbehandlung, die in mehreren Bps nicht beanstandet worden ist, kann unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung daher keine Bindung des FA für die Zukunft hergeleitet werden (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 7.10.2010 V R 17/09, zitiert in juris).
72Im Streitfall sieht der Senat keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass zu Gunsten der Klägerin ein entsprechender Vertrauenstatbestand seitens des FA gesetzt worden ist. Insbesondere lässt sich hierfür aus dem in der Bp-Akte befindlichen Prüfungsbericht für die Jahre 2005 bis 2007 nichts herleiten. Zwar ist im Rahmen der vorhergehenden Bp die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung ausdrücklich festgestellt worden. Allein diese Feststellung für die Jahre 2005 bis 2007 vermochte aber nach dem o.g. Grundsatz des Abschnittsbesteuerung zugunsten der Klägerin keinen Vertrauenstatbestand auch für die Streitjahre zu begründen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es sich hierbei um mehr als um eine bloße Nichtbeanstandung der seinerzeitigen Kassenführung durch die seinerzeitige Betriebsprüfung handelte. Auch wenn diese möglicherweise rechtsirrig gewesen ist, begründete dies keinen Vertrauenstatbestand für eine etwaige zukünftige Sachbehandlung des Sachverhalts. Zudem sind aus dem Prüfungsbericht die vorliegend für die Streitjahre in Rede stehenden Einzelheiten der Kassenführung durch die Klägerin nicht ersichtlich. Insbesondere kommt es für die vorliegend zu treffende Beurteilung für die Streitjahre nach den o.g. Ausführungen nicht darauf an, dass die sog. Blöcke bei der Klägerin weggeworfen wurden, sondern vielmehr darauf, dass diese für ihre offene Ladenkasse kein ordnungsgemäßes Kassenbuch und keine ordnungsgemäßen Kassenberichte geführt bzw. vorgelegt hat.
732. Die Schätzungen des FA für die Streitjahre 2009, 2010 und 2012 sind der Höhe nach rechtswidrig. Dagegen ist das Ergebnis der Schätzung des FA für das Streitjahr 2011 nicht zu beanstanden.
74Ziel einer jeden Schätzung gem. § 162 AO ist der Ansatz derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (vgl. BFH, Urteile vom 31.8.1967 – V 241/64, BStBl. III 1967, 686: vom 18.12.1984 – VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226). Daher sind im Rahmen einer Schätzung gem. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Schätzungsergebnisse müssen insgesamt schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (BFH, Urteil vom 19.1.1993 – VIII R 128/84, BStBl. II 1993, 594). Das Schätzungsergebnis muss insgesamt plausibel sein (BFH, Beschluss vom 26.10.199 – I B 20/95, BFH/NV 1996, 378). Deshalb sind alle möglichen Anhaltspunkte, u.a. auch das Vorbringen des Steuerpflichtigen oder eine an sich fehlerhafte Buchführung, zu beachten und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um im Rahmen des der Finanzbehörde (bzw. dem Gericht) Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise zu ermitteln. Auf der anderen Seite ist aber auch das Maß der Verletzung der dem Steuerpflichtigen obliegenden Mitwirkungspflichten zu berücksichtigen. Deshalb ist es gerechtfertigt, bei einer Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen, insbesondere bei einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung, einen Sicherheitszuschlag vorzunehmen. Der Sicherheitszuschlag lässt sich dabei als eine griffweise Schätzung, die in einem vernünftigen Verhältnis zu den erklärten oder nicht erklärten Einnahmen stehen muss, charakterisieren (BFH, Urteil vom 15.04.2015 VIII R 49/12, StuB 2015, 604 m.w.N.).
75Der Schätzungsrahmen ist umso größer, je ungesicherter das Tatsachenmaterial ist, auf dem die Schätzung beruht. Die Vernachlässigung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bei der Sachaufklärung darf – wie die Rechtsprechung wiederholt betont hat – nicht dazu führen, dass der Nachlässige einen Vorteil gegenüber demjenigen erzielt, der seine steuerlichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt. Es gilt das Verbot der Prämierung von Mitwirkungspflichtverletzungen. Die Schätzungsungewissheit darf nicht dazu führen, nur den Betrag anzunehmen, der auch im ungünstigsten Fall als sicher vereinnahmt angesehen werden kann. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss ein Steuerpflichtiger, der Anlass zur Schätzung gibt, es vielmehr hinnehmen, dass die im Wesen jeder Schätzung liegende Unsicherheit oder Fehlertoleranz gegen ihn ausschlägt und das Finanzamt bzw. das Finanzgericht im Rahmen seines Schätzungsspielraums je nach Einzelfall bei steuererhöhenden Besteuerungsgrundlagen an der oberen, bei steuermindernden Besteuerungsgrundlagen an der unteren Grenze bleibt (Seer, in Tipke/Kruse AO/FGO Kommentar, § 162 AO Rz. 44, 45 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Anders als bei der Überprüfung von Ermessensentscheidungen (§ 102 FGO) ist die Schätzung des Finanzamts im Klageverfahren in vollem Umfang nachprüfbar (vgl. BFH, Urteil vom 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl II 2004, 171).
76Im Streitfall sieht der Senat den (Un-)Sicherheitszuschlag als geeignete Hinzuschätzungsmethode an. Eine Möglichkeit der Hinzuschätzung mittels anderer Hinzuschätzungsmethoden als der des griffweisen/pauschalen (Un-)Sicherheitszuschlags ist nicht ersichtlich. Insbesondere scheidet im Streitfall eine Hinzuschätzung mittels Richtsatzsammlung mangels geeigneter Vergleichsdaten für das Gewerbe der Klägerin aus. In Wahrnehmung seiner eigenen Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)) sieht der Senat bei der gebotenen Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls im Streitfall grundsätzlich einen (Un-)Sicherheitszuschlag in Höhe von 1,5 % (abgerundet auf volle tausend Euro) der von der Klägerin getätigten Gesamtumsätze in den Jahren 2009 bis 2012 für gerechtfertigt an. Unter Anwendung dieses Sicherheitszuschlags sind daher bei der der Klägerin zusätzliche Einnahmen X,- € (2009), X,- € (2010) und X,- € (2012) zu berücksichtigen. Für das Streitjahr 2011 ergäben sich bei Anwendung dieses Sicherheitszuschlags zusätzliche unversteuerte Betriebseinnahmen bei der Klägerin in Höhe von X € und diese lägen damit in der Summe über dem bisher vom FA geschätzten Betrag von X,- €. Da eine Verböserung im Klageverfahren aber nicht möglich ist, verbleibt es insoweit bei den bisher vom FA berücksichtigten zusätzlichen Einnahmen von X €.
77Der Senat verkennt im Rahmen seiner Schätzungskompetenz nicht, dass es, im Gegensatz zu den bisher - soweit ersichtlich - von der Rechtsprechung in Zusammenhang mit (Un-)Sicherheitszuschlägen entschiedenen Fällen, im vorliegenden Verfahren insoweit um einen abweichenden Sachverhalt handelt, als die Klägerin ausweislich der vorliegenden Gewinnermittlungen in allen vier Streitjahren nur in geringfügigem Umfang Bareinnahmen erzielt hat und die Ladenkasse überwiegend dazu diente, die Ankaufspreise für den von Privatkunden abgegebenen „Waren“ in bar zu bezahlen. Dennoch sieht der Senat es gerade auch im Hinblick darauf, dass die vorliegende Art der Kassenführung als anfällig für Schwarzeinnahmen anzusehen ist, als gerechtfertigt an, als Bemessungsgrundlage für den Sicherheitszuschlag die gesamten (baren und unbaren) von der Klägerin in ihren Gewinnermittlungen erklärten Betriebseinnahmen heranzuziehen. Dabei hat der Senat auch die erheblichen Mängel in der Kassenbuchführung miteinbezogen. Ebenfalls hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer A im erheblichen Umfang Bareinlagen in die Gesellschaft geleistet hat. Auch wenn diese im Zusammenhang mit der Bargeldverkehrsrechnung beim Gesellschafter-Geschäftsführer im vorliegenden Fall keine Bedeutung haben (s. dazu bereits oben unter I. 1. a. aa.), stellen diese Bareinlagen im Zusammenhang mit der Bemessung der vorliegenden (Un-)Sicherheitszuschläge nach Ansicht des Senats einen Anhaltspunkt dafür dar, dass eine Einnahmeverkürzung bei der Klägerin durchaus möglich erscheint.
78Die Hinzuschätzungen von (Un-)Sicherheitszuschlägen in der vorgenannten Höhe sieht der Senat auch der Höhe nach als angemessen an. Dabei ist zwar einerseits zu berücksichtigen, dass die Klägerin in den Streitjahren ursprünglich deutlich niedrigere Gewinne als die nach der Bp ermittelten Beträge erklärt hat. Jedoch ist im Rahmen der Bestimmung eines angemessenen und zutreffenden Sicherheitszuschlags nach Auffassung des Senats zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen, dass im Streitfall wegen der gravierenden formellen Mängeln, insbesondere im Hinblick auf die fehlenden Kassenberichte in allen Streitjahren bzw. des nicht ordnungsgemäß geführten Kassenbuchs, keine Feststellung dahingehend möglich ist, dass die ursprünglich erklärten niedrigeren Gewinne der Klägerin tatsächlich richtig sind. Weiterhin hat der Senat miteinbezogen, dass die in den ursprünglichen Gewinnermittlungen erklärten Betriebsausgaben im wesentlichen sog. Fixkosten sind, die im Veranlassungszusammenhang mit den durch die Klägerin bereits erklärten Umsatzerlösen entstanden sein dürften und die sich deshalb durch die tatsächliche Erzielung weiterer, bisher nicht erklärter Umsatzerlöse nicht exponentiell erhöht haben dürften.
79Anhaltspunkte dafür, dass die vom Gericht zugrunde gelegten Einnahmen von der Klägerin wirtschaftlich nicht erzielbar gewesen sein könnten, kann der Senat nicht erkennen.
803. Im Übrigen konnte der Senat es dahinstehen lassen, ob die die als (Un-)Sicherheitszuschläge zu beurteilenden Hinzuschätzungen für die Körperschaftsteuer möglicherweise nicht zu einer vGA, sondern (lediglich) zu nicht abziehbaren Betriebsausgaben i.S.v. § 160 AO führen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 9.8.2000 I R 82/99, GmbHR 2001, 208; Beschluss vom 2.6.2006 I B 41/05, BFH/NV 2006, 1687, jeweils zu (Un-)Sicherheitszuschlägen aufgrund von Mängeln der Kassenführung). Denn diese rechtliche Einordnung ist für das vorliegende Klageverfahren unerheblich. Für die Ebene der Klägerin ist es ohne Bedeutung, ob eine entsprechende Gewinnerhöhung auf vGA oder nicht abziehbaren Betriebsausgaben beruht.
814. Zusammenfassend ergeben sich unter Berücksichtigung der gegenläufigen Gewinnauswirkung in Zusammenhang mit der Umsatzsteuer für die Streitjahre daher folgende Beträge (in €):
822009 |
2010 |
2011 |
2012 |
|
Zusätzl. Einnahmen bei der KSt |
X,- |
X,- |
X,- (keine Änderung) |
X,- |
Umsatzsteuer |
X,- |
X,- |
X |
X,- |
II. Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuern auf das FA beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
84III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
85IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 710 der Zivilprozessordnung.
86V. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Der Senat hat den Streitfall auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung entschieden, dass die in der Rechtsprechung des BFH (BFH, Urteil in BFH/NV 2003, 1221; BFH, Beschluss in BFH/NV 2003, 1450) aufgestellten Grundsätze auch dann gelten, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft aus seinem Privatbereich herrührende Geldmittel im Wege von verdeckten Einlagen in die Kapitalgesellschaft geleistet hat und die Herkunft der Geldmittel bei ihm – dem Gesellschafter-Geschäftsführer – nicht aufklärbar ist. Der Senat geht für diesen Fall davon aus, dass daraus, dass nicht aufgeklärt wird, woher der Gesellschafter-Geschäftsführer die Mittel erhalten hat, regelmäßig nicht gefolgert werden kann, dass die Kapitalgesellschaft zusätzliche Betriebseinnahmen in Höhe der verdeckten Einlagen erzielt hat. Vielmehr sind regelmäßig nur Schlussfolgerungen betreffend den Gesellschafter-Geschäftsführer selbst und die von ihm erzielten Einkünfte möglich (s. hierzu oben unter I.1. a aa). Diese Frage ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt, ist jedoch nach Auffassung des Senats klärungsbedürftig.