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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin gegenüber dem Beklagten (dem Finanzamt --FA--) einen Anspruch insbesondere auf Vorlage von erhobenen und weiterverarbeiteten Daten nach Art. 15 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung --DSGVO--, ABl. L 119, S. 1) hat.
3Die Klägerin, eine ..., wurde durch B. am x.x.2013 gegründet. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Betrieb eines italienischen Restaurants in Form einer Pizzeria namens „X.“. ... . Die Pizzeria hatte B. von ihrem Vater, Herrn C., zum x.xx.2013 übernommen, der die Pizzeria zuvor als Einzelunternehmer betrieben hatte. Die Klägerin führte das Restaurant an derselben Stelle, unter demselben Namen und mit demselben Speiseangebot weiter.
4Die Geschäftsräume der Klägerin befanden sich im Eigentum der B.; diese vermietete die Räumlichkeiten mit einer Nutzfläche von ca.... qm an die Klägerin. Hierdurch wurde eine (ertragsteuerliche) Betriebsaufspaltung und eine (umsatzsteuerliche) Organschaft mit B. als Organträgerin begründet.
5Aufgrund der Prüfungsanordnung vom xx.xx.2017 fand hinsichtlich der Jahre 2013 bis 2015 bei der Klägerin eine Außenprüfung statt. Diese begann am xx.x.2018. Während der laufenden Außenprüfung wechselte die Klägerin von ihrem bisherigen Steuerberater zu der jetzigen Prozessbevollmächtigten als Steuerberaterin. Dieser meldete sich erstmals unter dem 11.1.2019 beim FA.
6Mit diesem Schreiben stellte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Antrag auf Akteneinsicht in alle bestehenden Steuerakten, da diese allesamt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage erheblich seien. Zu den vorzulegenden Akten gehörten auch die angefertigten digitalen Dateien und die Prüferhandakten.
7Das FA erläuterte in seinem Schreiben vom 19.1.2019, dass es sich vorliegend um ein laufendes Besteuerungsverfahren (laufende Betriebsprüfung) handele. Grundsätzlich hätten die Beteiligten und deren Bevollmächtigte im Besteuerungsverfahren und im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren keinen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht. Der Steuerpflichtige habe nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Das FA könne das Interesse des Steuerberaters zwar nachvollziehen, die Akten einzusehen, um sich hierdurch in den Steuerfall einzuarbeiten. Es möge daher mitgeteilt werden, für welche Veranlagungszeiträume noch eventuell vorhandener Schriftwechsel bzw. Steuererklärungen und Bescheide zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage benötigt würden. Das FA vermutete, dass das wichtigste Anliegen die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der aktuell laufenden Betriebsprüfung sein werde. Inwieweit der Steuerberater sämtliche Inhalte der Prüferhandakte benötige und die digitalen Daten erheblich sein sollten, erschließe sich dem FA jedoch nicht.
8In Prüfungsfällen, in denen kein Beraterwechsel stattfinde, müsse und könne eine Beurteilung durch den Steuerberater auch ohne Einsicht in die komplette Prüferhandakte und die digitalen Daten erfolgen. Das FA erkenne jedoch an, dass ein Beraterwechsel im Rahmen einer laufenden Betriebsprüfung Schwierigkeiten für den neuen Berater mit sich bringe, da er denklogisch nicht auf demselben Wissensstand sein könne, wie der bisherige Berater. Insoweit bedürfe es sicherlich einer Überlassung des Schriftverkehrs zwischen dem FA und dem alten Berater. Warum eine Einsicht in die digitalen Unterlagen dem Steuerberater helfen können solle, sei hingegen nicht erkennbar. Die Ergebnisse von Berechnungen o.ä., die möglicherweise mittels digital zur Verfügung stehender Daten durchgeführt worden seien, seien dem bisherigen Steuerberater übersandt worden und würden selbstverständlich auch dem neuen Steuerberater zur Verfügung gestellt. Die Daten ergäben sich entweder aus der Buchführung, die der Klägerin selbst vorliege, oder seien erläutert worden bzw. würden erläutert werden. Insoweit sei eine Einsichtnahme in die digitalen Daten nicht erforderlich.
9Um den weiteren Prüfungsverlauf nicht unnötig zu verzögern, seien in den Anlagen die o.g. Unterlagen chronologisch zusammengestellt worden. Das FA ging davon aus, dass dies ausreichend sei, den Prozessbevollmächtigten auf den Wissensstand des bisherigen Steuerberaters zu bringen. Für weitere Nachfragen stehe das FA aber zur Verfügung.
10Der Antrag auf Akteneinsicht im laufenden Verfahren werde abgelehnt.
11Am 29.1.2019 legte die Klägerin gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Ergänzend stellte die Klägerin im selben Schriftsatz einen Antrag nach Art. 15 DSGVO auf Überlassung der Daten in einem auswertbaren Format.
12Unter dem 28.2.2019 übersandte das FA der Klägerin gemäß § 199 Abs. 2 AO und Art. 15 Abs. 1 DSGVO einen USB-Stick mit verschiedenen Excel-Tabellen: „EK Mehl“, „EK Nudeln“, „Nudelkalkulation“, „EK Getränke“, „Getränkekalkulation“ und „Kalkulation PZ“.
13Durch Einspruchsentscheidung vom 12.3.2019 wies das FA den Einspruch gegen die Ablehnung einer Akteneinsicht als unbegründet zurück.
14Am 13.3.2019 telefonierte der Prozessbevollmächtigte --Steuerberater D.-- mit ... E., dem zuständigen Bearbeiter des Beklagten. Gegenstand des Telefonats war Art. 15 DSGVO und die Ablehnung der Akteneinsicht. In dem Vermerk führte E. aus, der Prozessbevollmächtigte wolle die Dateien haben, mit denen der Prüfer gerechnet habe. Die Tabelle Einkauf Getränke enthalte nicht die Summe z.B. von 730 l Pils; die Addition fehle. Mit dieser Zahl sei jedoch in der Getränkekalkulation gerechnet worden. Es fehle auch eine Verknüpfung zwischen den beiden Tabellen. Bei Änderung des Wertes von 730 l ändere sich bspw. das Kalkulationsergebnis nicht. E. führte aus, die Auskunft erteilt zu haben, dass die für die Besteuerung erforderlichen Informationen sämtlich gegeben worden seien, sei es in Papierform oder digital.
15Der Prozessbevollmächtigte, so führte E. weiter aus, habe die Auffassung vertreten, dass ihm bei einem Steuerberaterwechsel ein Akteneinsichtsrecht zustehe, um eine „Waffengleichheit“ zu gewährleisten. Er wolle daher gegen die Einspruchsentscheidung Klage erheben. Den Antrag nach Art. 15 DSGVO wolle er ggf. zurückstellen. Zum Antrag bzw. zur Übersendung der CD folge jedoch noch eine Stellungnahme.
16Mit Schreiben vom 26.3.2019 gab die Klägerin den USB-Stick zurück und bat --wie bereits telefonisch erörtert-- um die Vorlage sämtlicher gespeicherter Daten i.S. des Art. 15 DSGVO. Bei der vorgelegten Datei handele es sich um eine manipulierte Datei und nicht die Originaldatei des Prüfers. Davon sei insbesondere deshalb auszugehen, weil zum einen nicht alle Verknüpfungen enthalten seien und zum anderen die Datei am 27.2.2019 erstellt worden sei. Es werde erneut um Vorlage der ursprünglichen, nicht veränderten Fassung gebeten. Nicht auszudenken sei es, wie die Finanzverwaltung bei Vorlage einer solchen Datei durch den Steuerpflichtigen reagiert hätte.
17Am 9.4.2019 telefonierten der Prozessbevollmächtigte und E. erneut hinsichtlich der digitalen Daten und des Antrags nach Art. 15 DSGVO. Vorrangig, so der Vermerk von E., gehe es dem Prozessbevollmächtigten darum, dass aus der Excel-Tabelle Getränkeeinkauf keine Summen dargestellt seien und diese auch nicht einfach zu ermitteln seien. E. sagte eine Rückmeldung innerhalb dieser Woche zu, weil der Prozessbevollmächtigte anderenfalls Klage gegen die Ablehnung der Akteneinsicht einlegen wolle. Grundsätzlich wolle er aber auch wissen, ob er sämtliche Daten nach Art. 15 DSGVO erhalten könne, z.B. auch alle Steuerbescheide etc.
18In einem weiteren Telefonat vom 11.4.2019 wollte der Prozessbevollmächtigte den Umfang der Daten, die aufgrund Art. 15 DSGVO verlangt würden, nicht einschränken.
19Daraufhin bat das FA mit Schreiben vom selben Tag --auch im Hinblick auf die bereits unter dem 18.1.2019 und dem 28.2.2019 überlassenen Daten--, die Art der personenbezogenen Daten, über die zusätzlich Auskunft erteilt werden solle, näher zu bezeichnen (§ 32c Abs. 2 der Abgabenordnung --AO--).
20Daraufhin bekräftigte die Klägerin mit Schreiben vom 29.4.2019, dass sich der Antrag gemäß Art. 15 DSGVO auf alle gespeicherten Daten beziehe. Auf eine weitergehende Spezifizierung der Daten werde verzichtet. Die Einschränkung des § 32c Abs. 2 AO sei eine Sollvorschrift. Auch ein Auskunftsanspruch ins Blaue hinein sei ausdrücklich zulässig.
21Unter dem 23.5.2019 lehnte das FA die Auskunftserteilung ab. Die DSGVO enthalte Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen (Art. 1 Abs. 1 DSGVO) und schütze die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen (Art. 1 Abs. 2 DSGVO). Die Verordnung gelte mithin nicht für die personenbezogenen Daten juristischer Personen, wie der Klägerin. Diese falle nicht unter den Anwendungsbereich der Verordnung und habe folglich keinen Anspruch gemäß Art. 15 DSGVO.
22Per Mail erneuerte/wiederholte die Klägerin am 22.1.2020 ihren Antrag nach Art. 15 DSGVO. Die vorherige Ablehnung vom 23.5.2019 sei ebenso falsch wie rechtswidrig.
23Mit Schreiben vom 20.2.2020 lehnte das FA den Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO ab. Bereits mit Schreiben vom 18.1.2019 habe die Betriebsprüfungsstelle den Schriftverkehr mit dem vorherigen Steuerberater F. bezüglich der Betriebsprüfung übersandt. Am 28.2.2019 habe das FA ferner einen Datenstick mit Excel-Dateien über Mehleinkäufe, Nudeleinkäufe, Getränkeeinkäufe und die von der Betriebsprüfung vorgenommene Nudel- und Getränkekalkulation sowie eine Gesamtkalkulation übersandt, und zwar jeweils für den Prüfungszeitraum 2013 bis 2015. Mit Schreiben vom 26.3.2019 sei die Vorlage der Originaldateien gefordert worden; Art. 15 DSGVO begründe indes allein ein Recht auf Information über personenbezogene Daten, nicht jedoch auf Vorlage der Software, mit der die personenbezogenen Daten verarbeitet worden seien. Die Daten seien so übersandt worden, dass z.B. durch Eingabe der Summenfunktion Summen gebildet werden könnten.
24Einer weitergehenden Auskunft stehe das Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 32c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 32a Abs. 2 AO entgegen. Die Offenlegung der Verarbeitungsregeln würde den Steuerpflichtigen in die Lage versetzen, die Aufdeckung steuerlich bedeutsamer Sachverhalte wesentlich zu erschweren.
25Darüber hinaus erläuterte das FA, dass die Klägerin der Aufforderung gemäß § 32c Abs. 2 Satz 1 AO, die vorzulegenden Daten näher zu bezeichnen, nicht nachgekommen sei. Die Klägerin habe vielmehr Auskunft über sämtliche gespeicherten Daten beantragt. Daher sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. Nach § 32c Abs. 3 AO sei zwischen dem Interesse auf Information einerseits und dem für die Erteilung der Informationen erforderlichen Aufwand andererseits abzuwägen. Da der Umfang der Datenauskunft nicht weiter eingeschränkt worden sei, sei der Aufwand für das FA unverhältnismäßig.
26Einer Auskunftserteilung stehe ferner § 32b Abs. 1 Satz 1 AO entgegen, nach dem eine Information in den Fällen des Art. 14 Abs. 5 DSGVO nicht zu erteilen sei, wenn und soweit die betroffene Person über sie bereits verfüge. Das sei aufgrund der Auskunftserteilungen vom 18.1.2019 und 28.2.2019 der Fall.
27Außerdem beziehe sich der Auskunftsanspruch nicht auf sämtliche internen Vermerke. Rechtliche Bewertungen und Analysen stellten keine personenbezogenen Daten dar.
28Hiergegen hat die Klägerin unmittelbar Klage erhoben.
29Eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit sei auch nach der im Klageverfahren erfolgten Akteneinsicht keinesfalls möglich. Es sei weiterhin nicht erkennbar, so die Klägerin, wie die einzelnen kalkulierten Beträge rechnerisch ermittelt worden seien bzw. mit welchen Formeln gearbeitet worden sei. Es werde um vollständige Akteneinsicht auch in sämtliche Verwaltungsvorgänge in digitaler Form, die zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit notwendig seien, gebeten.
30Im Rahmen dieses Verfahrens seien Anträge auf Akteneinsicht sowie Anträge nach Art. 15 DSGVO gestellt worden, die allesamt abgelehnt worden seien. Bis heute sei daher nicht klar, welche Daten konkret beim FA erhoben und verarbeitet worden seien. Daran änderten auch die teilweise und bruchstückhaft auf einem USB-Stick vorgelegten Daten nichts. Es bleibe ein Geheimnis des FA, welche Daten in elektronischer Form dort vorhanden seien.
31Insbesondere weise die Notiz zu dem Testkauf aus dem Jahre 2018 darauf hin, dass durch das FA noch weitere Daten gesammelt und gespeichert worden seien. Im Hinblick auf die Fotos müssten zudem digitale Daten beim FA vorhanden sein. Hinsichtlich der Ortsbesichtigung sei der Vermerk ihr, der Klägerin, bislang nicht bekannt gewesen. Es sei auch unklar, ob und welche Daten insoweit festgehalten worden seien.
32Unter dem Begriff der personenbezogenen Daten sei alles zu verstehen, was zu einem Vorgang in Papier oder auch elektronisch gespeichert sei. Anders könne der Begriff auch gar nicht ausgelegt werden; sicherlich dürfe die Finanzverwaltung keine Filterfunktion ausüben. Erfasst würden nicht nur die erhobenen Daten, sondern auch deren Verarbeitung.
33Art. 15 DSGVO wolle sicherstellen, dass die betroffene Person sich darüber bewusst werde, ob überhaupt Daten, die sie beträfen, verarbeitet würden. Die Kenntnis darüber bilde die Grundlage, um prüfen zu können, ob die Verarbeitung rechtmäßig sei. Ferner müssten die Rechte auf Berichtigung, Löschung, Sperrung sowie das Recht auf Widerspruch geltend gemacht werden können. Folgerichtig könne also ein (erneutes) Akteneinsichtsbegehren gemäß Art. 15 DSGVO gar nicht abgelehnt werden, da eine Überprüfung sonst nicht möglich sei.
34Nur in Ausnahmefällen dürfe die Auskunftserteilung verweigert werden. In den Grenzen des Art. 23 DSGVO seien Ausnahmen zulässig. Das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 32a ff. AO sei im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Insbesondere sei nicht erkennbar, wie Belange Dritter betroffen sein könnten. Das FA sei zur Nennung eines konkreten Sachverhalts verpflichtet, anhand dessen geprüft werden könne, ob durch die Auskunftserteilung tatsächlich die Rechte und Freiheiten Dritter beschränkt werden würden. Es bleibe nach dem Vortrag des FA unklar, auf welche personenbezogenen Daten sich die behaupteten schützenswerten Interessen beziehen sollten. Das FA trage hier insoweit die Darlegungs- und Feststellungslast, da es kraft Sachnähe in der Lage sei, vorzutragen, welche konkreten personenbezogenen Daten nicht herausgegeben werden könnten, ohne dass schützenswerte Interessen tangiert würden.
35Die hier allein in Frage kommende Vorschrift des § 32c Abs.1 Nr. 1 i.V.m. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sei entgegen der Auffassung des Beklagten nicht einschlägig. Die Klägerin meint, sie verlange Akteneinsicht lediglich in eigener Sache. § 30 AO betreffe insbesondere solche Konstellationen in denen die Offenbarung der Daten einem Dritten gegenüber und nicht gegenüber dem betroffenen Steuerpflichtigen erforderlich sei. Zweck der §§ 30 ff. AO sei unter anderem der Schutz des Steuerpflichtigen selbst. Verlange der Steuerpflichtige nun selbst Auskunft, sei dieser Schutz keinesfalls gefährdet.
36Die Klägerin betont, den weiten Auskunftsanspruch aufrechterhalten zu wollen. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass später wesentliche Daten fehlten. Beispielsweise bestehe im Hinblick auf den Ausdruck von ihrer Homepage ein berechtigtes Interesse zu erfahren, ob bspw. auch die Speisekarte aufgerufen und ggf. abgespeichert worden sei. Aus den Akten ergebe sich zudem, dass auch Daten Dritter eingeholt worden seien. Das zeige sich etwa an dem Rezept für Pizzabrötchen. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die ihr überlassenen digitalen Unterlagen nachträglich offenbar verändert worden seien. Aus den Datenbezeichnungen könne geschlossen werden, dass es weitere Dateien geben müsse, die ihr allerdings nicht vorgelegt worden seien. Nicht bekannt sei ihr auch der interne Mailverkehr innerhalb des FA.
37Die Klägerin beantragt,
38unter Aufhebung der Ablehnung vom 20.2.2020 den Beklagten zu verpflichten, eine Bestätigung darüber zu geben, ob die Klägerin betreffende personenbezogene Daten verarbeitet worden sind, und falls dies der Fall sein sollte, die Beklagte zu verpflichten, Auskunft über folgende Daten zu geben (und zwar in elektronischer Form im Sinne des Art. 15 Abs. 3 Satz 3 DSGVO), die
391. im Rahmen des steuerlichen Verfahrens, insbesondere hinsichtlich der Umsatzsteuer, erhoben wurden,
402. die infolge Weiterverarbeitung entstanden und in elektronischer Form bei der Finanzverwaltung vorhanden sind,
413. inklusive der Datentabellen, mit Hilfe derer die Verarbeitung erfolgt unter Offenlegung der Verarbeitungsschritte unter hinterlegten Formeln, Abfragen und Arbeitsanweisungen, mithilfe derer die Verarbeitung durchgeführt wurde,
42hilfsweise, die Revision zuzulassen.
43Das FA beantragt,
44die Klage abzuweisen.
45Das FA meint, die Klage sei schon deshalb abzuweisen, weil der Anspruch bereits erfüllt worden sei. Der neue Berater sei umfassend eingebunden worden; ihm seien die Prüfungsfeststellungen ausführlich erläutert worden.
46Eine Kalkulation, die auf eine computergestützte mathematisch-statistische Methode mit umfangreichen Datenmengen beruhe, sei dabei nicht vorgenommen worden. Stattdessen handele es sich bei der von der Betriebsprüfung vorgenommenen Berechnung um eine einfache Verprobung der erklärten Erlöse durch eine Mehl- und Nudelkalkulation. Im Laufe der Prüfung sei diese Kalkulation auf Anregung der Klägerin um eine Getränkekalkulation erweitert worden. Die Prüfungsfeststellungen basierten dabei auf Daten und Auskünften, die die Klägerin selbst der Finanzverwaltung übergeben hätten.
47Das FA vertritt des Weiteren die Ansicht, nicht dazu verpflichtet zu sein, seine internen Arbeitsmittel, soweit sie nur der Arbeitsvereinfachung dienten, Dritten zur Verfügung zu stellen.
48Jedenfalls sei der Auskunftsanspruch insoweit zumindest teilweise bzw. ausnahmsweise ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei es in jeder Außenprüfung konkret möglich, dass der Steuerpflichtige steuerlich bedeutsame Sachverhalte verschleiere oder steuerlich bedeutsame Spuren verwische. Gerade die Außenprüfung sei ein anschaulicher Anwendungsfall für §§ 32a ff. AO. Die Finanzverwaltung verfüge über diverse standardisierte Prüfungsschritte, Schlüssigkeitsprüfungen und Tools, in denen einzelne Antworten und Prüfungsergebnisse zusammengefasst werden könnten und die dann die möglichen Auswirkungen auf den Gewinn aufzeigten. Hieraus ergäben sich ggf. weitere Prüfungsanfragen, die dann von der Finanzverwaltung gestellt werden könnten. Häufig bestätigten sich auch durch Kontrollfragen bzw. -prüfungsschritte die Angaben des Steuerpflichtigen, so dass nichts weiter zu veranlassen sei.
49Durch die Zurverfügungstellung aller o.g. Dateien der Finanzverwaltung bestünde die konkrete Möglichkeit, dass der Steuerpflichtige im Rahmen der Außenprüfung bestimmte Dateien lösche oder nicht zur Verfügung stelle. Regelmäßig stünden der Finanzverwaltung nicht bereits von vornherein alle Daten des Steuerpflichtigen zur Verfügung und eine Veränderung oder Löschung bzw. Vorenthalten dieser Dateien durch den Steuerpflichtigen wäre grundsätzlich möglich. In Kenntnis aller möglichen Verprobungsmethoden und Schnittstellenüberprüfungen sei es auch denkbar, dass dem Steuerpflichtigen ermöglicht würde, durch eigene Auswertung von Daten der Finanzverwaltung die konkreten Ermittlungs- und Überprüfungsmethoden der Außenprüfung zu erfahren und die Art und Weise seiner Buchführung in Zukunft hieran zu orientieren.
50Die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der Finanzbehörde liegenden Aufgaben werde nach § 32a Abs. 2 Nr. 2 AO insbesondere auch dann gefährdet, wenn die Erteilung der Information Rückschlüsse auf geplante Kontroll- oder Prüfungsmaßnahmen zuließen und damit die Aufdeckung steuerlich bedeutsamer Sachverhalte wesentlich erschwerten. Es solle verhindert werden, dass der Steuerpflichtige und seine Berater die strukturellen (RMS – Risikomanagementsysteme) oder individuellen (geplante Kontroll- oder Prüfungsmaßnahmen) Ermittlungsmaßnahmen der Finanzbehörde „ausrechnen" oder vorhersehen könnten und dadurch in die Lage versetzt würden, relevante Informationen zurückzuhalten.
51Schließlich sei der Antrag auf Akteneinsicht hinsichtlich der bereits mitgeteilten und übermittelten Daten unbegründet. Die Form der Auskunft bestimme die Finanzverwaltung nach pflichtgemäßem Ermessen.
52In dem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung 9 V 65/21 E,L,K,G,U hat der Prozessbevollmächtigte am 12.2.2021 in die Steuerakten betreffend die Klägerin und ihrer Gesellschafter-Geschäftsführerin, B., Einsicht genommen.
53Darüber hinaus hat Steuerberater D. am 29.4.2022 beim Amtsgericht G. nochmals in die seitens des FA übersandten verfahrensrelevanten Papierakten der Verfahren 9 K 554/22 K,G, 9 K 555/22 AO, 9 K 683/22 L und 9 K 684/22 E,U Einsicht genommen: zwei Bände Vertragsakten, zwei Bände Umsatzsteuerakten, zwei Bände Gewerbesteuerakten, zwei Bände Bilanzakten, vier Bände Betriebsprüfungsakten (lila), zwei Bände Betriebsprüfungsakten (grau), ein Band Körperschaftsteuerakten, ein Band GruBo-Akten, ein Band Lohnsteuer-Außenprüfungsakten, zwei Bände Lohnsteuerakten, eine Akte Ortsbesichtigung und ein Hefter Einspruchsentscheidung zu den Zinsen zur Körperschaftsteuer 2014/15, Körperschaftsteuer 2013-15 und zum Gewerbesteuermessbescheid 2013-15.
54Auf Anfrage des Berichterstatters hat das FA unter dem 19.1.2022 mitgeteilt, dass während der Betriebsprüfung bei der Klägerin keine Daten über die Klägerin bei Dritten erhoben worden seien. In der mündlichen Verhandlung am 11.5.2022 hat die Vertreterin des FA nochmals bestätigt, es seien weder in der Betriebsprüfung noch im Anschluss daran, Daten seitens Dritter eingeholt oder Vermerke angefertigt worden.
55Entscheidungsgründe
56I. Soweit die Klägerin beantragt, das FA zu einer Bestätigung zu verpflichten, ob dem Grunde nach persönliche Daten erhoben worden sind, ist die Klage unzulässig.
57Das gilt unabhängig von der Frage, ob statthafte Klageart insoweit eine Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 Alt. 2 FGO) oder die allgemeine Leistungsklage (§ 40 Abs. 1 Alt. 3 FGO) kombiniert mit einer Anfechtungsklage ist, weil eine Auskunftserteilung stets als Realakt anzusehen wäre (vgl. hierzu Urteile des Finanzgerichts Hamburg vom 29.4.2021 – 6 K 206/19, juris, sowie des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 27.10.2021 – 16 K 11306/19, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2022, 828 und vom 27.10.2021 – 16 K 5148/20, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2022, 586, Rev. BFH-Az. II R 47/21). Wäre bereits die Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 1 DSGVO als Verwaltungsakt zu qualifizieren, so fehlte es im vorliegenden Fall bereits an der notwendigen Ablehnung durch das FA. Ungeachtet der statthaften Klageart mangelt es für eine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 1 DSGVO aber jedenfalls an einem Rechtsschutzbedürfnis, da die Klägerin über die begehrte Information bereits verfügt. Sie weiß positiv, dass das FA dem Grunde nach persönliche Daten über sie erhoben hat. Das hat das FA nicht nur verschiedentlich eingeräumt und der Klägerin Daten zugänglich gemacht. Dies war ihr auch aufgrund der jährlich wiederkehrenden Steuerschuldverhältnisse und der Durchführung einer Betriebsprüfung bekannt. Zudem hat Steuerberater D. wiederholt in finanzgerichtlichen Verfahren die Klägerin betreffend Akteneinsicht genommen.
58II. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet.
591. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass die Klägerin unmittelbar Klage erhoben hat, nachdem das FA ihren Auskunftsantrag abgelehnt hat. Eines Vorverfahrens nach § 44 FGO bedarf es nicht bei einer Klage, in der ein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO geltend gemacht wird. Abweichend von § 44 FGO findet ein Vorverfahren ausnahmsweise nicht statt (§ 32i Abs. 9 Satz 1 AO).
602. Die Klage ist insoweit aber unbegründet. Der Ablehnungsbescheid des FA ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat nach der DSGVO gegenüber dem FA keinen Anspruch auf Vorlage sämtlicher Daten in elektronischer Form, die vom FA über sie erhoben oder verarbeitet worden sind. Gleiches gilt für (etwaige) sonstige Tabellen oder Hilfsmittel, die zum Zwecke der Verarbeitung herangezogen worden sind.
61a) Entgegen der ursprünglich vom FA vertretenen Auffassung kann sich die Klägerin allerdings sehr wohl auf die Normen der DSGVO berufen. Die DSGVO selbst schützt unionsrechtlich zwar nur natürliche Personen (allgemeine Meinung; so Buchner in Kühling/Buchner, DSGVO, 3. Aufl. 2020, Art. 1 Rz. 8; Ernst in Paal/Pauly, DSGVO BDSG, 3. Aufl. 2021, Art. 1 Rz. 4; Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 1 Rz. 9; Wargowske in Gosch, § 2a AO Rz. 14; Zedick in Ehmann/Selmayr, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 1 Rz. 8). § 2a Abs. 5 AO erweitert den persönlichen Anwendungsbereich aber nach nationalem Recht auf juristische Personen wie die Klägerin.
62b) Ein Anspruch nach Art. 15 DSGVO auf Auskunft in elektronischer Form scheidet zunächst hinsichtlich der Daten aus, die während der Betriebsprüfung bei der Klägerin erhoben worden sind.
63aa) Die betroffene Person hat nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:
64a) die Verarbeitungszwecke;
65b) die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;
66c) die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;
67d) falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;
68e) das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung;
69f) das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;
70g) wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten;
71h) das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Art. 22 Abs. 1 und 4 DSGVO und --zumindest in diesen Fällen-- aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person.
72Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung (Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO). Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt (Art. 15 Abs. 3 Satz 3 DSGVO).
73bb) Ihrer Natur nach betreffen diese Ansprüche Daten, von denen der Betroffene nicht weiß, dass der Verantwortliche sie erhoben bzw. gespeichert und verarbeitet hat. Soweit der Betroffene über die Informationen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO bereits verfügt, ist der Anspruch erledigt (Erwägungsgrund 62 der DSGVO; ebenso ausdrücklich Myßen/Kraus, Finanz-Rundschau --FR-- 2019, 58, 63; a.A. Schmidt/Wudy in Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, Art. 15 DSGVO Rz. 52.2). Denn der Auskunftsanspruch soll dem Zweck dienen, die Verarbeitung von persönlichen Daten dem Betroffenen bewusst zu machen und ihm die Möglichkeit zu eröffnen, die Rechtmäßigkeit des Verarbeitungsvorgangs zu prüfen (Erwägungsgrund 63 der DSGVO; s. auch Schmidt-Wudy in Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, Art. 15 DSGVO Rz. 2; Specht in Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 15 Rz. 1). Ferner dient der Informationsanspruch dem Zweck, dem Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, seine Rechte auf Berichtigung, Löschung und Sperrung geltend zu machen (Ehmann in Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 15 Rz. 1; Paal in Paal/Pauly, DSG-VO BDSG, 3. Aufl. 2021, Art. 15 Rz. 3; Specht in Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, Art. 15 Rz. 1). Zur effektiven Durchsetzung dieser Rechte bedarf es eines Auskunftsanspruchs dann nicht, wenn dem Betroffenen klar ist, welche Daten der Verantwortliche über ihn hat, namentlich, weil er sie ihm selbst überlassen hat. Davon ist zumindest in Bezug auf solche Daten auszugehen, welche der Betroffene einer Behörde für ein bestimmtes Verfahren, insbesondere für Zwecke einer Betriebsprüfung und das sich daraus ergebende weitere Besteuerungsverfahren für die Prüfungsjahre, in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zur Geltendmachung des Auskunftsanspruchs zur Verfügung gestellt hat, und solange dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Ob in Ausnahmefällen, wie etwa dem Verlust der Daten beim Steuerpflichtigen etwas anderes gelten könnte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
74cc) Des Weiteren schließt sich der erkennende Senat der restriktiven Auslegung zu Art. 15 Abs. 3 DSGVO an, nach der die Pflicht zur Vorlage an die Auskunftspflicht anknüpft und nicht weiter geht als diese (so auch Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg in EFG 2022, 586, Rev. BFH-Az. II R 47/21; Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 9.6.2020 – 9 Sa 608/19, Zeitschrift für Datenschutz --ZD-- 2021, 107; Dausend, ZD 2019, 103, 106 f.; Paal in Paal/Pauly, DSGVO BDSG, 3. Aufl. 2021, Art. 15 Rz. 33 ff.; Wybitul/Neu/Strauch ZD 2018, 202, 203; wohl ebenso Franzen in Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2020, Art. 15 Rz. 4; a.A. OLG Köln, Urteil vom 27.6.2019 20 U 75/18, ZD 2019, 462; Schmidt-Wudy in Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, Art. 15 DSGVO Rz. 85; Bäcker in Kühling/Buchner, DSGVO BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 15 Rz. 41; unentschieden Korch/Chatard, Computer und Recht 2020, 438, 439). Dass die Vorlagepflicht des Art. 15 Abs. 3 DSGVO weiter gehen soll als die Auskunftspflicht des Art. 15 Abs. 1 DSGVO und auch Daten erfassen soll, die dem Betroffenen bereits vorliegen (so ausdrücklich Bäcker in Kühling/Buchner, DSGVO BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 15 Rz. 41), überzeugt den Senat nicht. Die Vorlagepflicht ist vielmehr eines der Mittel, mit denen der Verpflichtete seine Auskunftspflicht erfüllt (vgl. Franzen in Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2020, Art. 15 Rz. 4). Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des Art. 15 Abs. 3 DSGVO und der der DSGVO zugrunde liegenden EuGH-Rechtsprechung. So hat der EuGH zur früheren Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995, ABl. L 281, S. 31), deren Grundsätze insoweit auf den Anspruch nach Art. 15 DSGVO übertragen werden können (so auch Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg in EFG 2022, 586, Rev. BFH-Az. II R 47/21), noch 2014 ein Recht auf Akteneinsicht und –kopie abgelehnt, solange die betroffene Person das mit dem Auskunftsrecht erstrebte Ziel durch eine andere Form der Mitteilung erreichen kann (EuGH-Urteil vom 17.7.2014 – C-141/12 und C-372/12, ZD 2014, 515 Rz. 58 - Y. S. u. M. u. S./Minister voor Immigratie). Grundsätzlich sah der EuGH es in Auslegung der Grundrechtscharta als ausreichend an, dass der betroffenen Person eine vollständige Übersicht über alle sie betreffenden personenbezogenen Daten in verständlicher Form übermittelt würde. Der europäische Gesetzgeber will mit der DSGVO an die Ziele und Grundsätze der Datenschutzrichtlinie anknüpfen und künftig ein unionsweit gleichmäßiges hohes Datenschutzniveau für natürliche Personen gewährleisten (Erwägungsgründe 9, 10). Daher bietet die in der EuGH-Rechtsprechung vorgenommene Charakterisierung des Auskunftsanspruchs aus Art. 12 Buchst. a Datenschutzrichtlinie und der Verweis auf den instrumentellen Charakter des Auskunftsrechts für das Begehren der betroffenen Person, von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen die Berichtigung, Löschung oder Sperrung ihrer Daten zu verlangen, auch Hinweise auf das Verständnis des Auskunfts- und Vorlageanspruchs aus Art. 15 Abs. 1, 3 DSGVO (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 16.9.2020 – 6 C 10/19, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2021, 419, Rz. 20; Dausend, ZD 2019, 103, 106). Danach dient das Auskunftsrecht nicht der Schaffung eines Zugangs zu Verwaltungsdokumenten, weil dies nicht die Zielrichtung des europäischen Datenschutzrechts ist (BVerwG-Urteil vom 16.9.2020 – 6 C 10/19, HFR 2021, 419, Rz. 20, unter Verweis auf EuGH-Urteil vom 17.7.2014 – C-141/12 und C-372/12, Rz. 46 - Y. S. u. M. u. S./Minister voor Immigratie). Hierfür spricht auch der allgemein gehaltene Erwägungsgrund 62 der DSGVO: Die Pflicht, Informationen zur Verfügung zu stellen, erübrigt sich, wenn die betroffene Person die Information bereits hat. Das steht auch im Übrigen mit dem Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs in Einklang. Das gilt insbesondere im Hinblick auf Erwägungsgrund 63 Satz 1: Eine betroffene Person soll hiernach ein Auskunftsrecht hinsichtlich der sie betreffenden personenbezogenen Daten, die erhoben worden sind, besitzen und dieses Recht problemlos und in angemessenen Abständen wahrnehmen können, um sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Dementsprechend bedarf es eines Informations- und Vorlagerechts nicht, wenn der Betroffene genau weiß, welche Daten über ihn erhoben worden sind und vom Verantwortlichen vorgehalten werden. Dem Betroffenen gleichwohl diese Daten in Kopie (sei es in Papierform oder in einem gängigen elektronischen Format i.S. des Art. 15 Abs. 3 Satz 3 DSGVO) vorzulegen bzw. zur Verfügung zu stellen, würde nach Auffassung des erkennenden Senats eine sinnentleerte und den Verantwortlichen unnötig beschwerende Maßnahme darstellen, an der der Betroffene kein anerkennenswertes Interesse haben kann.
75dd) Ausgehend von den vorstehend dargelegten Grundsätzen kann die Klägerin die Vorlage der bei ihr im Rahmen der Betriebsprüfung erhobenen Daten nicht verlangen. Diese sind ihr sämtlich bekannt. Sie sind in aller Regel von der Klägerin selbst im Rahmen der Betriebsprüfung zur Auswertung überlassen worden, insbesondere, um der Betriebsprüfung eine Nachkalkulation zu ermöglichen. Auf ausdrückliche Nachfrage hat das FA zudem erklärt, dass Daten seitens Dritter nicht erhoben worden sind. Hinzu kommt, dass der Klägerin die Feststellungen der Betriebsprüfung nicht nur eingehend erläutert worden sind, sondern sie auch wiederholt Akteneinsicht genommen und das FA ihr einen USB-Stick mit Daten zur Verfügung gestellt hat, die sie für die Nachkalkulation verwandt hat. Angesichts dessen ist nicht erkennbar, dass es persönliche Daten geben könnte, die während der Betriebsprüfung erhoben worden sind und der Klägerin dem Grunde oder dem Umfang nach nicht bekannt wären.
76Nichts anderes folgt aus der Tatsache, dass die Betriebsprüfung im Internet die Homepage der Klägerin besucht hat, der interne Mailverkehr des FA nicht von der Klägerin stammt, auch Pizzabrötchenrezepte eingeholt worden sind und ein Aktenvermerk über eine unangekündigte Ortsbesichtigung gefertigt worden ist. Ungeachtet der Tatsache, dass das Pizzabrötchenrezept bereits kein personenbezogenes Datum darstellt, kennt die Klägerin diese Daten sämtlich. Sie hat insbesondere Kopien dieser Daten in der mündlichen Verhandlung übergeben.
77Dass es daneben noch weitere von der Betriebsprüfung erhobene Daten gibt, die der Klägerin nicht bekannt sind, ist nicht ersichtlich. Dem steht insbesondere die Aussage der Vertreterin des FA entgegen, von Dritten erhobene Daten gebe es nicht. Lediglich die Vermutung, es könne daneben noch weitere persönliche Daten geben, die der Klägerin nicht bekannt seien, kann einen Auskunftsanspruch aber nicht in weitergehendem Umfang begründen. Wesentlich für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist die --gegebenenfalls konkludente-- Erklärung des Auskunftsschuldners, dass die Auskunft vollständig ist (Urteile des Bundesgerichtshofs vom 3.9.2020 – III ZR 136/18, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2021, 765, und vom 15.6.2021 – VI ZR 576/19, NJW 2021, 2726).
78c) Soweit die Klägerin ferner unabhängig von der Betriebsprüfung Auskunft auch über alle anderen personenbezogenen Daten verlangt, die das FA über sie hat, ist die Klage ebenfalls unbegründet.
79Da die steuerlich erheblichen personenbezogenen Daten der Jahre 2013 bis 2015 bereits Gegenstand der Betriebsprüfung waren und davon auszugehen ist, dass die Klägerin diese kennt (s. zuvor unter b, dd), kann es sich hierbei nur um die für die Jahre ab 2016 beim FA gespeicherten Daten handeln, weil die Klägerin erst im Jahr 2013 gegründet worden ist. Soweit das FA hinsichtlich der Jahre 2016 bis 2018 Daten bezogen auf die Klägerin erhoben hat, stammen diese aus den Steuererklärungen und zusammen mit diesen eingereichten Belegen. Dass die steuerlich beratene Klägerin insoweit nicht im Bilde sein könnte, welche Daten sie selbst dem FA bezogen auf diese Zeiträume übermittelt hat, ist nicht anzunehmen. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Zeitnähe der Besteuerungszeiträume und den Umstand, dass die Klägerin selbst nicht vorgetragen hat, nicht darüber im Bilde zu sein, welche persönlichen Daten seitens ihres alten Beraters dem FA mitgeteilt worden sind. Im Übrigen hat die Vertreterin des FA in der mündlichen Verhandlung nochmals erklärt, dass auch in der Folgezeit nach der Betriebsprüfung keine Auskünfte Dritter eingeholt worden seien oder anderweitige Datenübermittlungen durch Dritte erfolgt seien und es auch keine Telefonvermerke gegeben habe. Insoweit ist deshalb wiederum von einer Erfüllung des Auskunftsanspruchs auszugehen (vgl. zuvor unter b, dd).
80d) Aus Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO lässt sich ferner zumindest dann kein Anspruch auf Vorlage sämtlicher der durch Weiterverarbeitung entstandenen Daten ableiten, wenn die Entscheidungsfindung nicht automatisiert ist, der Verantwortliche die Konsequenzen, die er aus der durch die Weiterverarbeitung entstandenen Daten ziehen will, dem Betreffenden mitgeteilt und dieser aufgrund dessen die entsprechenden Rechtsschutzmöglichkeiten wahrnehmen kann.
81aa) Art. 15 Abs. 1 DSGVO gewährt seinem Wortlaut nach nur einen Anspruch auf Mitteilung, ob personenbezogene Daten verarbeitet werden und gibt darauf bezogen weitere Informationsansprüche. Das beinhaltet zunächst nur eine Information über die erhobenen personenbezogenen Daten sowie auf den Prozess der Verarbeitung betreffende Informationsansprüche, nicht aber Vorlagepflichten der FÄ.
82bb) Eine Vorlagepflicht des Verarbeitungsergebnisses folgt auch nicht aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Hiernach hat der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen. Daraus folgt, dass der Betroffene nur die Vorlage der Ursprungsdaten verlangen kann (soweit diese ihm nicht bereits bekannt sind), nicht aber sämtliche von im Rahmen einer Betriebsprüfung durch den Prüfer generierten Daten (im Ergebnis auch Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 8.5.2019 – 5 K 337/19, EFG 2020, 661 mit Anm. Lutter; a.A. Beschluss des Finanzgerichts des Saarlandes vom 3.4.2019 – 2 K 1002/16, EFG 2019, 1217; möglicherweise a.A. auch Bleschick, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2018, 1050, 1054). Insoweit gilt nichts anderes als für Folgerungen, Bewertungen und Beurteilungen, die manuell anhand der vorliegenden Daten vorgenommen und in einer Papierakte festgehalten werden.
83Dem kann nicht entgegen gehalten werden, auch generierte Daten seien personenbezogene Daten; daher seien sie gleichermaßen vorzulegen (in diesem Sinne Haupt, DStR 2019, 2115, 2117). Es geht im vorliegenden Fall weniger darum, dass generierte Daten ggf. ebenfalls personenbezogene Daten sein können. Die weite Legaldefinition des Art. 4 Buchst. a DSGVO, nach der alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen, personenbezogene Daten sind, mag auch durch eine verwaltungsseitig erfolgte Verarbeitung generierte neue Daten zu personenbezogenen Daten machen. Entscheidend ist vielmehr, dass Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 DSGVO nach Auffassung des Senats einen Vorlageanspruch expressis verbis auf die Daten bezieht, die Gegenstand der Verarbeitung --und eben nicht deren Resultat-- sind (siehe zu den insoweit bestehenden unterschiedliche Auffassungen auch die Vorlage an den EuGH durch das Bundesverwaltungsgericht der Republik Österreich vom 9.8.2021 – W211 2222613 – 2/12 E, EuGH-Rs. C-487/21, ABl. EU C 431, 25.10.2021, S. 8; vgl. auch Hansen, GRUR-Prax 2022, 241 unter Hinweis auf Rz. 23 der „Guidelines 01/2022 on data subject rights – Right of access“ des European Data Protection Board, doch haben derartige Leitlinien dieses Europäischen Datenschutzausschusses i.S. der Art. 68, 70 DSGVO keine eigene rechtliche Bindungswirkung; s. zu Letzterem Dix in Kühling/Buchner, DSGVO BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 70 Rz. 8).
84cc) Gegen ein umfassendes Auskunfts- und Vorlagerecht spricht auch die DSGVO im Übrigen. Die weiteren Rechte der DSGVO beziehen sich ebenfalls nur auf die Integrität der erhobenen Daten, nicht aber auf eine zutreffende Verarbeitung (Schober, FR 2020, 558, 560; pauschaler gegen ein allgemeines Informationsrecht Erkis, DStR 2018, 161, 163) und sprechen daher dafür, dass keine Vorlage von Verarbeitungsergebnissen erfolgen muss, soweit nicht ein anderweit gewonnenes Verarbeitungsergebnis einer anderen Stelle als personenbezogenes Datum erhoben worden ist (vgl. auch Erwägungsgrund 63 Satz 2 DSGVO). So ermöglicht Art. 16 DSGVO die Berichtigung und Vervollständigung der erhobenen Daten; Art. 17 DSGVO gewährt ein Recht auf Löschung und Art. 18 Abs. 1 Buchst. a DSGVO schränkt die zukünftige Verarbeitung ein.
85dd) Es ist schließlich keinesfalls so, dass Art. 15 Abs. 3 DSGVO das Ergebnis des Verarbeitungsvorgangs aus teleologischen Gründen stets mitumfassen müsste. Ausgehend von dem Erwägungsgrund 63 Satz 1 der DSGVO soll dem Betroffenen bewusst gemacht werden, welche Daten der Verantwortliche über ihn vorhält, dass diese verarbeitet werden und ob diese Verarbeitung rechtmäßig ist. Dies erfordert auch in Bezug auf Verarbeitungsvorgänge eine differenzierte Beurteilung der Informationspflichten, wie sie etwa in Art. 15 Abs. 1 Buchst. h, Art. 22 DSGVO i.V.m. den Erwägungsgründen 64 Satz 3 und 71 der DSGVO zum Ausdruck kommt, wonach bei einer automatisierten Entscheidungsfindung unter Umständen ein Anrecht u.a. auf nähere Informationen dazu bestehen sollte, nach welcher Logik die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgt. Weitere Differenzierungen werden im Erwägungsgrund 68 angesprochen, der unterscheidet zwischen Verarbeitungen aufgrund einer Einwilligung oder eines Vertrages und der Verarbeitung personenbezogener Daten in Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Im hier in Rede stehenden Bereich des Steuerrechts geht es nicht um eine automatisierte Entscheidungsfindung oder um die Weiterverarbeitung von Daten, deren negative Auswirkungen für den Betroffenen nicht erkennbar wären. Insbesondere bei einer erhöhten Steuerfestsetzung im Anschluss an eine Betriebsprüfung ist offenkundig, dass der „Verarbeitungsvorgang“ betreffend die personenbezogenen Daten oder rechtliche Fragen sich punktuell zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgewirkt haben. Ob das Verarbeitungsergebnis zutreffend ist, ist aber namentlich im Steuerrecht ein Umstand, der durch Anfechtung der Steuerbescheide überprüft werden kann, in denen das Verarbeitungsergebnis einfließt. Wenn sich die FÄ mit anderen Worten zur Darlegung steuererhöhender Tatsachen auf bestimmte Verarbeitungsergebnisse stützen, sind sie entweder gezwungen, diese offen zu legen und damit dem Finanzgericht zur Prüfung zu geben oder andererseits zu riskieren, dass das Finanzgericht die steuerliche Würdigung des FA nicht nachvollziehen kann und daher den angefochtenen Steuerbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen ändert.
86e) Soweit die Klägerin auch die Vorlage von Datentabellen, mit Hilfe derer die Verarbeitung erfolgt ist unter Offenlegung der Verarbeitungsschritte beantragt, lässt sich ebenfalls kein Anspruch aus Art. 15 DSGVO ableiten. Hierbei handelt es sich bereits nicht um personenbezogene Daten, hinsichtlich derer eine Auskunft oder die Vorlage von Kopien verlangt werden kann. Unter den Begriff der personenbezogenen Daten sind nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO alle Informationen zu fassen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Darunter fallen die Tabellen und Verarbeitungsschritte nicht. Sie sind vielmehr allein ein von individuellen Personen losgelöstes Hilfsmittel und Maßstab für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die der Erzeugung der generierten Daten zugrunde liegen, und deren Vorlage im Streitfall aus den bereits dargelegten Gründen nicht verlangt werden kann. Diese Verarbeitungshilfsmittel sind in einem Rechtsstreit gegen einen konkreten Bescheid allenfalls notwendig, um die Schlussfolgerungen des FA nachvollziehen zu können. In diesem Fall wird das Finanzgericht sie bereits nach nationalem Recht zur Plausibilisierung anfordern müssen, soweit sie streitentscheidend sind.
87III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
88IV. Die Revisionszulassung folgt aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO.
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