Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist die grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung der Einbringung eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks – insbesondere, ob auf Ebene der Grunderwerbsteuerfestsetzung von dem nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) als Bemessungsgrundlage gesondert festgestellten Grundbesitzwert eine Kürzung um den kapitalisierten Wert des erworbenen Erbbauzinsanspruchs vorzunehmen ist.
3Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung […]. Gesellschafter der Klägerin waren die W. […] mit einer Stammeinlage von xxx EUR (Geschäftsanteil Nr. 1) und die Stadt S. mit einer Stammeinlage von xxx EUR (Geschäftsanteil Nr. 2).
4Mit Vertrag vom 00.00.2008 des Notars Z. (UR-Nr. […]) bestellte die W., […], der (sich zu diesem Zeitpunkt noch im Gründungsstatus befindlichen) Klägerin Erbbaurechte an den Grundstücken (wirtschaftliche Einheit, nachfolgend auch als Erbbaugrundstück 1 bezeichnet)
5 G01, und
6 G02.
7[…]. Das Erbbaurecht wurde auf 99 Jahre bestellt, der dingliche Erbbauzins betrug jährlich 200.000 EUR. Schuldrechtlich vereinbarten die Parteien einen Erbbauzins i. H. v. 50% des Jahresüberschusses der Klägerin nach Steuern, jedoch mindestens 200.000 EUR und höchstens 350.000 EUR. Wegen der näheren Einzelheiten zum Erbbaurecht – bspw. der vereinbarten Erbbauzinsanpassungsklausel – wird auf den notariellen Vertrag vom 00.00.2008 Bezug genommen.
8Zudem erwarb die Klägerin mit Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts X. vom 00.00.2009 […] im Wege der Zwangsversteigerung das Erbbaurecht an dem Erbbaugrundstück 2. Grundstückseigentümerin war die W.. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den der Erbbaurechtsbestellung zugrundeliegenden Vertrag vom 00.00.1999 des Notars Dr. U. (UR-Nr. […]) Bezug genommen.
9Mit Vertrag vom 00.00.2017 des Notars J. (UR-Nr. […]) teilte die W. ihren Geschäftsanteil zu xxx EUR (Geschäftsanteil Nr. 1) in zwei Geschäftsanteile im Nennbetrag von xxx EUR (Geschäftsanteil Nr. 1 Rest) und von xxx EUR (Geschäftsanteil Nr. 3) auf und veräußerte und trat den Teilgeschäftsanteil von xxx EUR (Geschäftsanteil Nr. 3) an die Stadt S. ab. Zugleich beschlossen die W. und die Stadt S. im Rahmen einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin die Erhöhung des Stammkapitals der Klägerin von xxx EUR um xxx EUR auf xxx EUR durch Ausgabe von zwei neuen Geschäftsanteilen im Nennwert von xxx EUR (Geschäftsanteil Nr. 4) und xxx EUR (Geschäftsanteil Nr. 5), die sogleich von der W. (Geschäftsanteil Nr. 4) und der Stadt S. (Geschäftsanteil Nr. 5) übernommen wurden. Ihrer Einlageverpflichtung kam die W. dabei im Wege einer Sacheinlage durch die Einbringung der Erbbaugrundstücke 1 und 2 sowie die Abtretung fälliger Erbbauzinsansprüche gegenüber der Klägerin i. H. v. xxx EUR nach. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 00.00.2017 Bezug genommen.
10Mit Bescheid vom 10.07.2017 setzte der Beklagte für den Sachverhalt „Einbringungsvertrag vom 00.00.2017, UR-Nr. […], Notar J., B.-straße, S.“ Grunderwerbsteuer i. H. v. 261.430 EUR fest. Hierbei berücksichtigte der Beklagte im Wege der Schätzung entsprechend den vertraglichen Angaben einen Grundstückswert i. H. v. 4.022.000 EUR. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
11Im Rahmen des hiergegen gerichteten Einspruchsverfahrens führte die Klägerin aus, dass bei der Berechnung des Wertes der Gegenleistung der Wert des kapitalisierten Erbbauzinsanspruchs nicht in Abzug gebracht und die Grunderwerbsteuer dadurch zu hoch festgesetzt worden sei. Bei dem Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks erhalte der Erwerber zum einen das (wertgeminderte) Grundstück und zum anderen den Erbbauzinsanspruch. Letzteres stelle nach dem Sinn und Zweck des GrEStG keinen Grundstücksumsatz dar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG). Der Beklagte habe jedoch ausschließlich auf den im Vertrag genannten Grundstückswert abgestellt, ohne den kapitalisierten Wert des Erbbauzinsanspruchs in Abzug zu bringen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) unterliege bei dem Kauf eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks durch den Erbbauberechtigten oder einen Dritten lediglich der nach Abzug des Kapitalwerts des Erbbauzinsanspruchs vom Kaufpreis verbleibende Unterschiedsbetrag der Grunderwerbsteuer. Der BFH führe hierzu aus, dass § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG auch in dem Fall, dass der Erbbauberechtigte selbst das erbbaurechtsbelastete Grundstück kaufe, dazu führe, dass der auf den Erwerb des Erbbauzinsanspruchs entfallende Teil des Kaufpreises nicht der Grunderwerbsteuer unterliege, und zwar unabhängig davon, ob der Erbbauberechtigte beabsichtige, das Erbbaurecht aufzuheben oder nicht. Der Erwerb des Erbbauzinsanspruchs habe in beiden Fällen für den Käufer deshalb einen Wert, weil dem Anspruch die Verpflichtung des Erbbauberechtigten zur Zahlung des vereinbarten Erbbauzinses gegenüberstehe und sich Anspruch und Verpflichtung wertmäßig ausglichen. Weiter habe der BFH ausgeführt, dass sich aus der Gesetzesbegründung zur Aufhebung des § 1 Abs. 7 GrEStG a.F. ergebe, dass mit der Aufhebung nicht erreicht werden sollte, dass der Erbbauberechtigte, der das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück kaufe, die Grunderwerbsteuer für den vollen Kaufpreis zahlen müsse und somit eine Doppelbelastung eintrete. Vielmehr sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass der auf den Erbbauzinsanspruch entfallende Teil der Gegenleistung auch dann nicht zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehöre, wenn nicht ein Dritter, sondern der Erbbauberechtigte das erbbaurechtsbelastete Grundstück kaufe, und es deshalb auch in diesem Fall nicht zu einer Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer komme (jeweils unter Verweis auf BFH, Urt. v. 06.05.2015, II R 8/14, BFHE 250, 234, BStBl. II 2015, 853). Diese Grundsätze seien – auch wenn die Klägerin die Erbbaugrundstücke nicht wie im Urteilsfall im Rahmen eines Kaufvertrages gegen Zahlung eines bestimmten Kaufpreises erworben habe – entsprechend anzuwenden. Zudem sei im Streitfall eine Gegenleistung i. S. d. § 8 Abs. 1 GrEStG anzunehmen, da die Klägerin die Erbbaugrundstücke im Rahmen einer Kapitalerhöhung im Gegenzug für die Gewährung von Gesellschaftsanteilen erworben habe (unter Verweis auf Viskorf in Viskorf, GrEStG, § 8 Rn. 22). Dass der Wert der Gegenleistung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG zu ermitteln sei, sei unerheblich. Denn diese Norm diene in erster Linie der Vereinfachung des Gesetzesvollzugs und ändere nichts an der Qualifikation als Gegenleistung i. S. d. § 8 Abs. 1 GrEStG.
12Mit Schreiben vom 16.05.2018 wies der Beklagte (Grunderwerbsteuerstelle) darauf hin, dass das BFH-Urteil II R 8/14 auf die nach § 8 Abs. 2 GrEStG zu ermittelnde Bemessungsgrundlage nicht anzuwenden sei. Insofern sei die Grunderwerbsteuer nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ausschließlich nach den bewertungsrechtlichen Grundbesitzwerten zu bemessen. Zudem handele es sich bei dem angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid um einen Folgebescheid; der im Rahmen des Feststellungsverfahrens noch zu ermittelnde Grundbesitzwert würde zukünftig als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt werden. Die Klägerin nahm daraufhin ihren Einspruch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid vom 10.07.2017 zurück.
13Am 10.07.2020 erließ der Beklagte (Bewertungsstelle) zwei Bescheide über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 00.00.2017 für Zwecke der Grunderwerbsteuer, gegen die die Klägerin Einspruch einlegte. Inhaltlich begehrte die Klägerin unter anderem unter Wiederholung ihrer früheren Ausführungen im Einspruchsverfahren betreffend den Grunderwerbsteuerbescheid, bei der Berechnung des Wertes der Gegenleistung den Wert des kapitalisierten Erbbauzinsanspruchs abzuziehen. Der Grundsatz, dass der auf den Erbbauzinsanspruch entfallende Teil der Gegenleistung nicht zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehöre, gelte für alle Gegenleistungen i. S. d. § 8 GrEStG, sodass bei einer gesetzeskonformen Anwendung bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage stets eine Aufteilung der Gegenleistung auf den Wert des Erbbaugrundstücks und des Erbbauzinsanspruchs vorzunehmen sei. Der Beklagte habe im Rahmen der Feststellungsbescheide die Erbbauzinsen jedoch nicht mindernd, sondern werterhöhend als Bestandteil der Wertermittlung der Erbbaugrundstücke berücksichtigt.
14Bezugnehmend darauf führte der Beklagte (Bewertungsstelle) aus, dass er dem Einspruch – soweit der Ansatz eines niedrigeren gemeinen Wertes begehrt werde – folgen könne, nicht jedoch hinsichtlich eines Abzugs des kapitalisierten Erbbauzinsanspruchs. Eine entsprechende Anrechnung auf den typisiert ermittelten Grundbesitzwert sei im Bewertungsgesetz (BewG) nicht vorgesehen. Die Rechtsfrage, ob sich die Bemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 GrEStG richte bzw. ob der kapitalisierte Erbbauzinsanspruch abzuziehen sei, könne verfahrensrechtlich nicht im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Feststellung der Grundbesitzwerte, sondern nur im Rahmen eines Einspruchs gegen den Grunderwerbsteuerbescheid entschieden werden. Zwar habe die Klägerin den dortigen Einspruch zurückgenommen; der Grunderwerbsteuerbescheid stehe jedoch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die Klägerin nahm daraufhin ihren Einspruch gegen die Feststellungsbescheide zurück.
15Am 15.09.2021 erging ein geänderter Feststellungsbescheid für das Erbbaugrundstück 1, in welchem der Beklagte hinsichtlich der Wertermittlung im Sachwertverfahren einen kapitalisierten Erbbauzins i. H. v. 5.369.000 EUR ermittelte und den Grundbesitzwert – entsprechend dem von der Klägerin vorgelegten Verkehrswertgutachten der A. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 18.04.2016 auf den Wertermittlungsstichtag 14.03.2016 – mit dem nachgewiesenen gemeinen Wert i. H. v. 3.740.000 EUR feststellte. Ausweislich des Gutachtens belief sich der Bodenwert auf 7.239,60 EUR und der Barwert des jährlichen Erbbauzinses auf 3.412.785,65 EUR. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Feststellungsbescheid vom 15.09.2021 sowie auf das Gutachten vom 18.04.2016 (jeweils hinsichtlich des Erbbaugrundstücks 1) sowie den Feststellungsbescheid vom 10.07.2020 (hinsichtlich des Erbbaugrundstücks 2) Bezug genommen.
16Am 19.11.2021 erließ der Beklagte für den Sachverhalt „Kaufvertrag vom 00.00.2017, UR-Nr. […], Notar J., B.-straße, S.“ unter Hinweis auf die Feststellungsbescheide vom 10.07.2020 und 15.09.2021 gem. § 164 der Abgabenordnung (AO) einen Grunderwerbsteueränderungsbescheid, in welchem er die Grunderwerbsteuer auf 247.729 EUR herabsetzte. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob er auf.
17Mit Schreiben vom 06.12.2021 legte die Klägerin gegen diesen Bescheid Einspruch ein und wiederholte ihre Ausführungen aus dem Einspruchsverfahren gegen den ursprünglichen Grunderwerbsteuerbescheid vom 10.07.2017.
18Diesen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26.07.2022 als unbegründet zurück. Zum Sachverhalt führte er aus, dass die Klägerin mit „Kaufvertrag vom 00.00.2017“ Grundstücke erworben habe. Inhaltlich betreffe die Einspruchsbegründung ausschließlich Besteuerungsgrundlagen, die in den Grundlagenbescheiden verbindlich festgestellt worden seien. Bei dem Grunderwerbsteuerbescheid als Folgebescheid seien Einwendungen gegen die Grundlagenbescheide ausgeschlossen.
19Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin ergänzend aus, dass bereits kein Erwerbstatbestand verwirklicht worden sei. Zwar könne die Einbringung von Immobilien grundsätzlich einen Erwerbstatbestand i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG auslösen, Gegenstand der Übertragung müsse jedoch ein inländisches Grundstück sein. Die Übertragung des Erbbauzinsanspruchs sei nicht steuerbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG). Sie, die Klägerin, habe neben dem Eigentum an den Erbbaugrundstücken auch die Erbbaurechte (als dann fortbestehende Eigentümererbbaurechte) erworben. Zwar habe sich der BFH im Urteil vom 06.05.2015 (II R 8/14) nicht mit § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG auseinandergesetzt. Insbesondere aus den Urteilsgründen unter II. 1. a) und c) gehe jedoch hervor, dass es bei dem Wert des Erbbaurechts in Gestalt des Erbbauzinses nicht um die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 8 GrEStG gegangen sei, sondern um die Frage, ob überhaupt ein Grundstück i. S. d. § 2 GrEStG anzunehmen sei. Zumindest dann, wenn der Wert des kapitalisierten Erbbauzinses den gemeinen Wert bzw. den Verkehrswert nicht nur unwesentlich überschreite, könne kein relevantes Grundstück vorliegen – unabhängig davon, ob der Erwerb durch Kauf oder durch Einbringung erfolge. Vorliegend übersteige der im Feststellungsbescheid vom 15.09.2021 ausgewiesene „kapitalisierte Erbbauzins“ des Erbbaugrundstücks 1 i. H. v. 5.369.000 EUR den „Grundbesitzwert“ i.H. v. 3.740.000 EUR um 43,56%, während nach der Rechtsprechung des BFH (nur) bei Wertdifferenzen von bis zu ca. 10 % nicht gegen das Übermaßverbot verstoßen und die Unschärfen aus der steuerlichen Wertermittlung hinzunehmen seien (unter Verweis auf BFH, Urt. v. 11.12.2013, II R 22/11, BFH/NV 2014, 1086). Zwar führe die Wertermittlung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG i. V. m. den Vorschriften des BewG zu den gesetzlich vorgesehenen Rechenergebnissen. Allerdings werde im angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid nicht die zutreffende Konsequenz aus den Wertermittlungen gezogen, nämlich das kein Erwerbstatbestand erfüllt sei, da aufgrund der Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG kein relevantes inländisches Grundstück vorliege.
20In verfahrensrechtlicher Sicht sei zudem zu beachten, dass der Beklagte im Rahmen des Einspruchsverfahrens betreffend die Feststellungsbescheide zunächst mitgeteilt habe, dass die Einwendungen der Klägerin gegen den Grunderwerbsteuerbescheid zu richten seien, und im anschließenden Einspruchsverfahren betreffend den Grunderwerbsteuerbescheid darauf abstelle, dass die Einwendungen ausschließlich die Feststellungsbescheide betreffen würden. Nach ihrer, der Klägerin, Auffassung gehe es im Streitfall aber nicht darum, ob die Bewertungsregelungen zutreffend angewendet worden seien, sondern darum, dass (erst) aus dem Inhalt der Feststellungsbescheide abgeleitet werden könne, dass der Wert des Erbbaurechts in Gestalt des abgezinsten Erbbauzinsanspruchs den gemeinen Wert der Immobilie wesentlich übersteige. Zusammenfassend komme eine Grunderwerbsteuerfestsetzung für Einbringungsfälle von Erbbaugrundstücken daher nicht in Betracht, wenn aus dem Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwertes objektiv ablesbar sei, dass der kapitalisierte Wert des Erbbauzinses den durch Gutachten nachgewiesenen gemeinen Wert wesentlich überschreite. Da der BFH über die Rechtsfrage weder mit Urteil vom 06.05.2015 (II R 8/14) noch vom 11.12.2013 (II R 22/11) entschieden habe, sei dies zudem von grundsätzlicher Bedeutung.
21Die Klägerin beantragt,
22die Grunderwerbsteuerbescheide vom 10.07.2017 und vom 19.11.2021 sowie die Einspruchsentscheidung vom 26.07.2022 aufzuheben,
23hilfsweise, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 19.11.2021 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.07.2022 dahingehend zu ändern, dass die Steuer auf 0 EUR festgesetzt wird,
24hilfsweise, die Revision zuzulassen sowie
25die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
26Der Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Bei den Erbbaugrundstücken 1 und 2 handelt es sich nach Auffassung des Beklagten um inländische Grundstücke i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG. Trotz der Belastung mit den Erbbaurechten und der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG unterliege das „übrige“ Grundstück der Grunderwerbsteuer, sodass ein Erwerbstatbestand nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllt sei. Zudem sei das BFH-Urteil II R 8/14 im Streitfall nicht einschlägig, da es dort um die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 1 GrEStG gegangen sei. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage des Verhältnisses zwischen § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG i. V. m. § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG zu der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG sei ausschließlich in einem die Feststellungsbescheide betreffenden Rechtsbehelfsverfahren zu klären (unter Verweis auf BFH, Beschl. v. 07.09.2007, II B 5/07, BFH/NV 2007, 2531).
29Der Senat hat die Sache am 15.02.2024 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe
31Die zulässige Klage ist unbegründet.
32I. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.07.2022, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die mit notarieller Urkunde vom 00.00.2017 vereinbarte Einbringung der Erbbaugrundstücke 1 und 2 stellt einen steuerbaren Erwerbsvorgang dar, den der Beklagte zutreffend anhand der gesondert festgestellten Grundbesitzwerte ohne Berücksichtigung eines Abzugs der kapitalisierten Erbbauzinsansprüche besteuert hat. Zudem ist der Grunderwerbsteuerbescheid auch hinreichend bestimmt.
331. Der Einbringungsvertrag vom 00.00.2017 erfüllt die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, wonach ein auf ein inländisches Grundstück bezogener Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, der Grunderwerbsteuer unterliegt; denn er begründet einen Anspruch der Klägerin gegen die W. auf Übereignung der Erbbaugrundstücke 1 und 2 (vgl. BFH, Urt. v. 25.09.2013, II R 2/12, BFHE 243, 398, BStBl. II 2014, 329, Rn. 10).
34Der Einbringungsvertrag bezieht sich mit den Erbbaugrundstücken 1 und 2 auch auf inländische Grundstücke i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG. Unerheblich ist, dass die von der Klägerin ebenfalls erworbenen Erbbauzinsansprüche gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG grunderwerbsteuerrechtlich nicht Teil der Grundstücke waren. Diese Regelung entspricht der früheren Rechtsprechung des BFH (BFH, Urt. v. 30.01.1991, II R 89/87, BFHE 163, 251, BStBl. II 1991, 271; Beschl. v. 12.04.2000, II B 133/99, BFHE 191, 423, BStBl. II 2000, 433; vgl. auch BT-Drs. 14/6877, 31), wonach es sich bei dem Erbbauzinsanspruch, obgleich er bürgerlich-rechtlich (vgl. § 96 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB –) Bestandteil des Grundstücks ist, um eine bloße Geldforderung handelt. Der Erwerb des Erbbauzinsanspruchs stellt daher keinen Grundstücksumsatz dar und unterliegt nach dem Sinn und Zweck des Grunderwerbsteuergesetzes nicht der Grunderwerbsteuer (BFH, Urt. v. 11.06.2013, II R 30/11, BFH/NV 2013, 1632; Urt. v. 06.05.2015, II R 8/14, BFHE 250, 234, BStBl. II 2015, 853). § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG führt jedoch nicht dazu, dass der Erwerb der Erbbaugrundstücke selbst nicht mehr der Grunderwerbsteuer unterliegt. Unabhängig davon, ob – wie nach Auffassung der Klägerin – der Wert des jeweiligen Erbbauzinsanspruchs den Wert des jeweiligen Erbbaugrundstücks wesentlich übersteigen sollte, handelt es sich bei den Erbbaugrundstücken um Steuerobjekte i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG. Der Anspruch des Grundstückseigentümers auf den Erbbauzins ist untrennbar mit dem Eigentum an dem Grundstück verbunden (§ 9 Abs. 2 Erbbaurechtsgesetz). Der Anspruch auf Übereignung des Grundstücks unterfällt § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.
352. Der Beklagte hat die Bemessungsgrundlage auch zutreffend anhand der mit Bescheid vom 15.09.2021 (Erbbaugrundstück 1) bzw. 10.07.2020 (Erbbaugrundstück 2) gesondert festgestellten Grundbesitzwerte berücksichtigt, ohne dabei eine Kürzung um die kapitalisierten Erbbauzinsansprüche vorzunehmen.
36a) Gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG wird die Steuer bei Umwandlungen auf Grund eines Bundes- oder Landesgesetzes, bei Einbringungen sowie bei anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nach den Grundbesitzwerten i. S. d. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG bemessen. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Grundbesitzwerte entfaltet dabei gem. § 182 Abs. 1 AO für den Grunderwerbsteuerbescheid Bindungswirkung, soweit sein notwendiger Inhalt reicht. Über materiell-rechtliche Einwände gegen die Festsetzung der Grunderwerbsteuer – einschließlich der Frage, ob der Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG) oder die Werte i. S. d. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG (§ 8 Abs. 2 GrEStG) als Bemessungsgrundlage anzusetzen sind – kann hingegen nur im Rahmen der Anfechtung des Grunderwerbsteuerbescheides (Folgebescheid) entschieden werden (u.a. BFH, Beschl. v. 16.06.2005, II B 155/03, BFH/NV 2005, 2053).
37Eine Einbringung i. S. d. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG liegt vor, wenn ein Gesellschafter ein Grundstück zur Erfüllung einer Sacheinlageverpflichtung (z.B. nach § 27 des Aktiengesetzes oder nach § 5 Abs. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) im Rahmen der Übernahme von Aktien oder Stammeinlagen oder zur Erfüllung von Beitragspflichten (§ 706 BGB) auf eine (Kapital- oder Personen-) Gesellschaft überträgt (BFH, Beschl. v. 26.02.2003, II B 54/02, BFHE 201, 326, BStBl. II 2003, 483 m.w.N.). Dies ist im Streitfall – insofern zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig – aufgrund der Einbringung der Erbbaugrundstücke durch die W. in die Klägerin im Zusammenhang mit der beschlossenen Stammkapitalerhöhung der Fall.
38b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Bemessungsgrundlage bei der Einbringung von Erbbaugrundstücken auch nicht abweichend von § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG zu ermitteln.
39aa) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 GrEStG („wird…bemessen“), der keine andere Auslegung als den exakten Ansatz der gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen zulässt. Im Kern begehrt die Klägerin eine Gesetzesauslegung, die eine Korrektur der mit Bindungswirkung festgestellten Grundbesitzwerte auf Ebene der Grunderwerbsteuerfestsetzung ermöglicht. Mit der von der Rechtsprechung bei der Gesetzesauslegung zu beachtenden Wortlautgrenze ist dies unvereinbar. Ob der Gesetzgeber eine derartige Regelung in Bezug auf Erbbauzinsansprüche im GrEStG treffen oder eine Anpassung auf Ebene des BewG vornehmen könnte und sollte, hat der erkennende Senat nicht zu entscheiden.
40bb) Darüber hinaus rechtfertigt auch die Gesetzessystematik keine abweichende Ermittlung der Bemessungsgrundlage.
41(1) Nach der Rechtsprechung des BFH ist in den Fällen, in denen ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück erworben wird und sich die Steuer gem. § 8 Abs.1 i. V. m. § 9 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung berechnet, der Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs von der vereinbarten Gesamtgegenleistung abzuziehen und nur der verbleibende Betrag der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Ist der Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs dabei höher als der vereinbarte Kaufpreis, entfällt der gesamte Kaufpreis auf den nicht der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerb des Erbbauzinsanspruchs; die Grunderwerbsteuer ist auf 0 EUR festzusetzen (BFH, Urt. v. 06.05.2015, II R 8/14, BFHE 250, 234, BStBl. II 2015, 853). Diese Rechtsprechung basiert darauf, dass bei einem Grundstückskauf und dem Vorliegen einer Gesamtgegenleistung, die Entgelt sowohl für das Grundstück als auch für nicht der Grunderwerbsteuer unterliegende Gegenstände ist, die Aufteilung im Regelfall nach der sog. Boruttau´schen Formel vorzunehmen ist. Dieser Verhältnisrechnung bedarf es aber ausnahmsweise dann nicht, wenn Gegenstand eines Erwerbsvorgangs unter Vereinbarung einer Gesamtgegenleistung ein Grundstück und – wie bei dem Anspruch auf den Erbbauzins – eine Geldforderung ist. In diesen Fällen reicht es grundsätzlich aus, in Höhe der erworbenen Geldforderung einen Abzug von der vereinbarten Gesamtgegenleistung vorzunehmen, weil Kapitalforderungen im Regelfall mit dem Nennwert anzusetzen sind (BFH, Urt. v. 06.05.2015, II R 8/14, BFHE 250, 234, BStBl. II 2015, 853 Rn. 22 ff.).
42(2) Diese zu § 8 Abs. 1 GrEStG ergangene Rechtsprechung ist nicht auf die Bestimmung der Bemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 2 GrEStG übertragbar. Denn anders als in den Fällen des § 8 Abs. 1 GrEStG ist bei § 8 Abs. 2 GrEStG keine Aufteilung einer Gesamtgegenleistung auf der Grunderwerbsteuer unterliegende und der Grunderwerbsteuer nicht unterliegende Gegenstände vorzunehmen. § 8 Abs. 2 GrEStG bemisst die Steuer nach den gesondert festgestellten Grundbesitzwerten, sodass einzig das Grundstück als Steuerobjekt i. S. d. § 2 GrEStG bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage herangezogen wird. Für die Fälle des § 8 Abs. 2 GrEStG ist gerade keine Aufteilung einer Gesamtgegenleistung auf die Objekte „Erbbaugrundstück“ und „Erbbauzinsanspruch“ erforderlich. Daraus folgt, dass der Erbbauzinsanspruch von der Systematik des Gesetzes bereits nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen wird.
43Dies steht auch nicht im Widerspruch dazu, dass der Erbbauzinsanspruch auf Ebene der gesonderten Feststellung als Berechnungsgrundlage zur Ermittlung der maßgeblichen Grundbesitzwerte herangezogen wurde (für das Erbbaugrundstück 2 durch Einbeziehung der kapitalisierten Erbbauzinsen nach § 194 Abs. 3 Satz 1 BewG i. d. F. des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts vom 24.12.2008.; für das Erbbaugrundstück 1 durch Einbeziehung des Barwertes des jährlichen Erbbauzinses nach dem Verkehrswertgutachten vom 18.04.2016). Dadurch wird der Erbbauzinsanspruch nämlich nur Teil der Ermittlung der maßgeblichen Grundbesitzwerte der Erbbaugrundstücke auf Ebene des BewG, aber kein Steuerobjekt bzw. eigenständiger Bestandteil der Bemessungsgrundlage auf Ebene des GrEStG.
44Im Übrigen entspricht es auch der Rechtsprechung des BFH (zu § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG), dass der Umstand, dass die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG für Erwerbsvorgänge, bei denen sich die Bemessungsgrundlage gem. § 8 Abs. 1 GrEStG nach der Gegenleistung bemisst, zu einer Kürzung der für den Erwerb des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks erbrachten Gegenleistung um den kapitalisierten Wert des erworbenen Erbbauzinsanspruchs führt, für die Feststellung des Grundbesitzwerts erbbaurechtsbelasteter Grundstücke unerheblich ist. Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot kann demnach bei der Feststellung des Grundbesitzwertes für ein erbbaurechtsbelastetes Grundstück für Zwecke der Grunderwerbsteuer aus diesem Umstand nicht abgeleitet werden. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG rechtfertigt nicht die Feststellung eines von den gesetzlichen Grundlagen abweichenden Grundbesitzwerts (BFH, Urt. v. 11.12.2013, II R 22/11, BFH/NV 2014, 1086 Rn. 19 f.; vgl. auch Viskorf in Viskorf, GrEStG, § 2 Rn. 65, der ausführt, dass durch dieses Urteil das Verhältnis zwischen § 2 Abs 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG und § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG i. V. m. § 148 Abs. 1 Satz 1 BewG geklärt sei). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat für die Bemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 2 GrEStG i. V. m. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG dahingehend an, dass auch auf Ebene der Grunderwerbsteuerfestsetzung kein von den gesetzlichen Grundlagen abweichender Ansatz zulässig ist. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BFH, wonach die Frage des Verhältnisses des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG zum bewertungsrechtlichen Feststellungsverfahren nur in einem die Feststellungsbescheide betreffenden Rechtsbehelfsverfahren und nicht in einem Verfahren betreffend die Grunderwerbsteuerfestsetzung geklärt werden kann. Denn aufgrund der in § 351 Abs. 2 AO angeordneten Bindungswirkung ist das Finanzamt – und damit nach § 42 FGO auch das Finanzgericht – an einer eigenständigen steuerrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts, der Gegenstand des Feststellungsbescheides ist, und insbesondere auch an einer abweichenden Entscheidung gehindert (BFH, Beschl. v. 07.09.2007, II B 5/07, BFH/NV 2007, 2351 Rn. 12 ff.).
45cc) Aus Sicht des Senats ist der Ansatz der gesondert festgestellten Grundbesitzwerte ohne Abzug des kapitalisierten Erbbauzinsanspruchs auch nicht verfassungswidrig – unabhängig davon, dass diese Bedenken ebenfalls (nur) auf Ebene des Feststellungsbescheides relevant sein dürften (vgl. BFH, Beschl. v. 07.09.2007, II B 5/07, BFH/NV 2007, 2351 Rn. 12 16).
46(1) Zwar hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 23.06.2015 die Regelung in § 8 Abs. 2 GrEStG i. V. m. § 138 ff. BewG für verfassungswidrig erklärt und eine Weiteranwendung dieser Vorschriften über den 31.12.2008 untersagt (1 BvL 13/11, BStBl. II 2015, 871, BVerfGE 139, 285). Der Gesetzgeber hat darauf jedoch reagiert und wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert rückwirkend die Bewertungsregelungen der §§ 138 ff. BewG außer Kraft gesetzt und die bislang schon für die Erbschaftsteuerzwecke maßgeblichen Bewertungsvorschriften nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG auf Ebene der Grunderwerbsteuer übernommen.
47(2) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Besteuerung im konkreten Streitfall den Anforderungen, die das BVerfG mit Beschluss vom 23.06.2015 aufgestellt hat, nicht gerecht wird.
48(a) Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands). Demgemäß bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit dem Umfang und dem Ausmaß der Abweichung (BVerfG, 1 BvL 13/11, BStBl. II 2015, 871, BVerfGE 139, 285 Rn. 72, m.w.N.).
49Die Gleichmäßigkeit der Belastung der Steuerpflichtigen hängt davon ab, dass für die einzelnen von einer Steuer erfassten Wirtschaftsgüter Bemessungsgrundlagen gefunden werden, die deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden. Zur Wahrung des im Gleichheitssatz enthaltenen Grundsatzes der lastengleichen Besteuerung ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht auf die Wahl eines (Haupt-)Maßstabs zur Bemessung der Steuer beschränkt. Sofern er es für sachgerecht oder gar geboten hält, kann er daneben einen Ersatzmaßstab zur Anwendung bringen. Insoweit verfügt der Gesetzgeber über eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Wählt er einen Ersatzmaßstab, muss dieser allerdings, um unzulässige Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung zu vermeiden, Ergebnisse erzielen, die denen der Regelbemessungsgrundlage weitgehend angenähert sind. Nur so kann der Ersatzmaßstab dem in aller Regel im (Haupt-)Maßstab zum Ausdruck kommenden Belastungsgrund der Steuer gerecht werden. Weicht der Ersatzmaßstab in seinen Ergebnissen vom Hauptmaßstab ab, bedarf dies eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes. Der Rechtfertigungsbedarf für den gewählten Ersatzmaßstab wird dabei umso höher, je weiter sich der im Einzelfall gewählte Ersatzmaßstab von den Ergebnissen des Hauptmaßstabs und damit regelmäßig vom eigentlichen Belastungsgrund entfernt (BVerfG, 1 BvL 13/11, BStBl. II 2015, 871, BVerfGE 139, 285 Rn. 73, jeweils m.w.N.).
50Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung darf der Steuergesetzgeber typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen, wenn die daraus erwachsenden Vorteile im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen, er sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiert und ein vernünftiger, einleuchtender Grund vorhanden ist (BVerfG, 1 BvL 13/11, BStBl. II 2015, 871, BVerfGE 139, 285 Rn. 77 m.w.N.).
51(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet die vom Gesetzgeber in § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG n.F. angeordnete Typisierung auch für Erbbaugrundstücke keinen Bedenken.
52§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG dient in erster Linie einer Vereinfachung des Gesetzesvollzugs, weil die Ermittlung der Gegenleistung in Einbringungsfällen – die Bewertung der für das eingebrachte Grundstück gewährten Gesellschaftsrechte – nicht unerhebliche Schwierigkeiten bereitete (Viskorf in Viskorf, GrEStG, § 8 Rn. 71) und zu Anteilswerten führte, die weit unter dem gemeinen Wert lagen und dem Gesetzgeber als Bemessungsgrundlage nicht mehr geeignet erschienen (vgl. BT-Drs. 13/4839, 74 zur Einbeziehung der Einbringung in die Ersatzbemessungsgrundlage durch Anpassung des § 8 Abs. 2 GrEStG durch das Jahressteuergesetz 1997). Die damit verbundene Typisierung wird angesichts der komplexen Fragestellungen zur Bestimmung der Gegenleistung und dem unzweifelhaften Vereinfachungseffekt grundsätzlich als gerechtfertigt angesehen (Pahlke in Pahlke, GrEStG, § 8 Rn. 70 und 78).
53Doch auch im konkreten Einzelfall ist eine durch diesen Typisierungszweck abweichende, nicht mehr zu rechtfertigende Ungleichbehandlung nicht ersichtlich. Sofern die Klägerin meint, dass diese daraus resultiere, dass der kapitalisierte Erbbauzins den jeweiligen Grundbesitzwert übersteige und deshalb die Anwendung des § 8 Abs. 1 GrEStG zu einer Steuerfestsetzung i. H. v. 0 EUR geführt hätte, trifft dies nicht zu. Denn die konkrete Position, von dem der kapitalisierte Erbbauzins (hypothetisch) abzuziehen wäre, wäre im Falle des § 8 Abs. 1 GrEStG nicht der gesondert festgestellte Grundbesitzwert, sondern die Gesamtgegenleistung – bei der Einbringung also die der W. gewährten Gesellschaftsrechte. Doch gerade das hierfür erforderliche komplexe Bewertungsverfahren, dass nach Auffassung des Gesetzgebers in der Vergangenheit zu zu niedrigen und nicht hinnehmbaren Ergebnissen geführt hat, wollte der Gesetzgeber durch die Einführung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG vermeiden.
543. Als an dem Einbringungsvorgang beteiligte Person ist die Klägerin die zutreffende Steuerschuldnerin, § 13 Nr. 1 GrEStG (vgl. u.a. Viskorf in Viskorf, GrEStG, § 13 Rn. 12).
554. Darüber hinaus ist der Bescheid auch hinreichend bestimmt.
56a) Nach § 119 Abs. 1 AO muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein und nach § 157 Abs. 1 Satz 2 AO müssen schriftliche Steuerbescheide die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen. Der Regelungsinhalt muss aus dem Verwaltungsakt eindeutig und exakt hervorgehen. Dies dient unter anderem dazu, dass für den Betroffenen erkennbar ist, welcher Sachverhalt besteuert wird (BFH, Urt. v. 13.09.1995, II R 80/92, BFHE 178, 468, BStBl. II 1995, 903).
57Reicht der vom Grunderwerbsteuerbescheid erfasste Lebenssachverhalt nicht aus, um den Tatbestand, an den das Grunderwerbsteuergesetz die Steuerpflicht knüpft, zu erfüllen, ist der Bescheid rechtswidrig. Der im Bescheid bezeichnete – nicht steuerbare – Lebenssachverhalt kann nicht durch einen anderen – steuerbaren – ersetzt werden. Dies gilt insbesondere für Erwerbsvorgänge, bei denen mangels Vereinbarung einer Gegenleistung eine Bewertung des Grundstücks gem. § 8 Abs. 2 GrEStG vorzunehmen ist, denn die Bewertung hat auf den zutreffenden Zeitpunkt zu erfolgen (BFH, Urt. v. 12.02.2014, II R 46/12, BStBl. II 2014, 536).
58Auf welchen Lebenssachverhalt ein Bescheid Bezug nimmt und diesen damit zum Regelungsgegenstand macht, ist durch Auslegung unter Berücksichtigung der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB festzustellen. Entscheidend sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus ergebende objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Dabei ist nicht allein auf den Tenor des Bescheides abzustellen, sondern auch auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der für den Bescheid gegebenen Begründung (BFH, Urt. v. 17.12.2014, II R 2/13, BStBl. II 2015, 557 m.w.N.).
59b) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist der Grunderwerbsteueränderungsbescheid vom 19.11.2021 hinreichend bestimmt. Zwar wird im Bescheid auf einen Rechtsvorgang „Kaufvertrag vom 00.00.2017, UR-Nr. […], Notar –J., B.-straße, S.“ abgestellt, obwohl der Beklagte mit dem Grunderwerbsteueränderungsbescheid gerade nicht die in der notariellen Urkunde enthaltene – nicht steuerbaren – Anteilsveräußerung des Geschäftsanteils Nr. 3 von der W. an die Stadt S. besteuern wollte. Aus Sicht der Klägerin ergab sich jedoch zweifelsfrei, dass sich der Bescheid vom 19.11.2021 auf den ebenfalls in der notariellen Urkunde vereinbarten Einbringungsvorgang hinsichtlich der Erbbaugrundstücke 1 und 2 bezog und der Beklagte mit dem Begriff „Kaufvertrag“ den in der notariellen Urkunde enthaltenen Einbringungsvorgang bezeichnen wollte. Dies ergibt sich aus Folgendem:
60 Im Rahmen des Ausgangsbescheides vom 10.07.2017, der bereits Gegenstand des ersten Einspruchsverfahrens zur Besteuerung des Einbringungsvertrags vom 00.00.2017 und der Frage der maßgeblichen Bemessungsgrundlage war, hat der Beklagte den Rechtsvorgang zutreffend als „Einbringungsvertrag“ bezeichnet.
61 Im Bescheid vom 19.11.2021 heißt es, dass dieser nach § 164 Abs. 2 AO geändert sei. Hätte der Beklagte die Anteilsveräußerung besteuern wollen, hätte es sich um eine erstmalige Steuerfestsetzung ohne Angabe einer Änderungsnorm gehandelt.
62 Im Bescheid vom 19.11.2021 wird der Betrag der mit Bescheid vom 10.07.2017 festgesetzten Grunderwerbsteuer i. H. v. 261.430 EUR als „bisher festgesetzt“ angegeben.
63 In den Erläuterungen zur Steuerfestsetzung wird auf die Feststellungsbescheide vom 10.07.2020 und 15.09.2021 hingewiesen.
64II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
65III. Die Revision ist nicht zuzulassen. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG sowie der Gesetzessystematik hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).
66[…] […] […]