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1. Das Landgericht ist als Beschwerdegericht nach § 335 Abs. 4 HGB auch für die Entscheidung über einen Einspruch gegen die frühere Androhungsverfügung (und einen damit verbundenen Wiedereinsetzungsantrag) zuständig, der erst nach Erlass der mit der sofortigen Beschwerde angefochtenen Ordnungsgeldentscheidung eingelegt worden ist.
2. Mit der Möglichkeit nach § 335 Abs. 1 Satz 2 HGB, das Ordnungsgeldverfahren gegen die Kapitalgesellschaft selbst zu führen (statt gegen die Mitglieder ihres vertretungsberechtigten Organs), soll sichergestellt werden, dass die Zustellung stets am Geschäftssitz erfolgen kann; das Bundesamt für Justiz muss die Inanspruchnahme der Kapitalgesellschaft nicht ausdrücklich mit diesem offenkundigen Zustellungsvorteil begründen.
Der Wiedereinsetzungsantrag, der Einspruch und die sofortige Beschwerde vom 23.03.2009 werden zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 Euro wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 03.03.2008, zugestellt am 07.03.2008, angedroht. Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 09.03.2009 das bezeichnete Ordnungsgeld festgesetzt.
2Gegen die ihr am 11.03.2009 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 23.03.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig hat die Beschwerdeführerin Einspruch gegen die Androhungsverfügung vom 03.03.2008 eingelegt und Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist beantragt. Zur Begründung ihrer Rechtsmittel trägt sie vor, die Androhungsverfügung habe ihr inzwischen abberufener Geschäftsführer erhalten, der weder die Androhungsverfügung an die später bestellten Geschäftsführer weitergeleitet noch die Jahresabschlussunterlagen eingereicht habe. Das Bundesamt für Justiz habe das Ordnungsgeldverfahren ermessens- und verfahrensfehlerhaft nicht gegen den ehemaligen Geschäftsführer, sondern gegen die Gesellschaft geführt.
3II.
41.
5Der nach § 335 Abs. 2 Satz 1 HGB, §§ 22 Abs. 2, 137 FGG statthafte und auch im übrigen zulässige Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen die Androhungsverfügung vom 03.03.2008 ist unbegründet.
6a)
7Das Landgericht ist als Beschwerdegericht nach § 335 Abs. 4 HGB auch für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag betreffend die versäumte Einspruchsfrist zuständig. Das Bundesamt für Justiz ist zur Änderung einer Ordnungsgeldentscheidung nach § 335 Abs. 3 Satz 4 HGB wegen § 335 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 FGG regelmäßig nicht befugt (vgl. LG Bonn, Beschluss vom 24.03.2009, 30 T 658/08, nrwe.de). Mit Erlass der Ordnungsgeldentscheidung und Einlegung der sofortigen Beschwerde hiergegen geht das Verfahren als Ganzes nach § 335 Abs. 4 HGB auf das Landgericht über. Damit ist dem Bundesamt für Justiz auch die Befugnis für die Entscheidungen entzogen, die vor oder gleichzeitig mit der Festsetzung des Ordnungsgeldes zu treffen sind, obwohl diese bis zur Ordnungsgeldentscheidung nach § 335 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 4 HGB, §§ 135, 137 FGG dem Bundesamt für Justiz obliegen. Bliebe das Bundesamt für Justiz für die Entscheidung über einen nach Erlass der Ordnungsgeldentscheidung eingelegten Einspruch oder gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist zuständig, würde das Verfahren insgesamt auseinander gezogen. Denn gegen die Verwerfung des Einspruchs oder des Wiedereinsetzungsantrags wäre die sofortige Beschwerde nach § 335 Abs. 4 HGB statthaft, wobei die Gesellschaft durch weitere Einsprüche oder Wiedereinsetzungsanträge betreffend die zugrunde liegende Androhungsverfügung das Verfahren theoretisch unendlich verlängern könnte. Diese Verzögerung wird vermieden, wenn das Landgericht im Beschwerdeverfahren betreffend eine Ordnungsgeldentscheidung für alle Entscheidungen aus dem Katalog des § 335 Abs. 4 HGB auch insoweit zuständig ist, als über einen nach Erlass der Ordnungsgeldentscheidung eingelegten Einspruch oder gestellten Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden ist. Dass der Gesellschaft durch diese Entscheidungskonzentration beim Landgericht eine Entscheidungsinstanz genommen wird, ist auch im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Rechtsweggarantie hinnehmbar, weil der Gesellschaft jedenfalls eine richterliche Zuständigkeit bleibt.
8b)
9Die Beschwerdeführerin hat die nach Zustellung der Androhungsverfügung am 07.03.2008 nach § 335 Abs. 3 Satz 1 HGB am 18.04.2008 ablaufende Einspruchsfrist nicht schuldlos nach § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG versäumt. Ihr ist nach § 22 Abs. 2 Satz 2 FGG das Verschulden ihres ehemaligen Geschäftsführers zuzurechnen, der nach Erhalt der Androhungsverfügung ohne Weiteres Einspruch einlegen konnte.
102.
11Der nach § 335 Abs. 3 Satz 1 und 4 HGB statthafte Einspruch gegen die Androhungsverfügung vom 03.03.2008 ist verfristet und damit nach § 335 Abs. 2 Satz 1 HGB, 135 Abs. 2 Satz 1 FGG zu verwerfen, weil er entgegen § 335 Abs. 3 Satz 1 HGB nicht innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung der Androhungsverfügung am 07.03.2008 bis 18.04.2008, sondern erst am 23.03.2009 eingelegt worden ist. Das Landgericht ist für die Entscheidung über den Einspruch nach den vorstehenden Ausführungen auch zuständig.
123.
13Die gemäß § 335 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 und 2 HGB statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Ordnungsgeldentscheidung ist rechtmäßig und beruht auf § 335 Abs. 3 Satz 4 HGB. Die Beschwerdeführerin hat die Pflicht zur Offenlegung der Jahresabschlussunterlagen nach §§ 325 ff. HGB schuldhaft verletzt. Das Ordnungsgeldverfahren ist rechtmäßig nach § 335 HGB durchgeführt worden. Zur Begründung wird auf die angefochtene Ordnungsgeldentscheidung verwiesen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
14a)
15Das Bundesamt für Justiz hat das Ordnungsgeldverfahren nach § 335 Abs. 1 Satz 2 HGB zu Recht gegen die Kapitalgesellschaft geführt, für die die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs die Offenlegungspflicht zu erfüllen haben. Mit der Möglichkeit, das Ordnungsgeldverfahren gegen die Kapitalgesellschaft selbst zu führen, soll sichergestellt werden, dass die Zustellung stets am Geschäftssitz erfolgen kann (vgl. BT-Drs. 16/2781, Seite 82). Von dieser Möglichkeit hat das Bundesamt für Justiz ermessens- und verfahrensfehlerfrei Gebrauch gemacht. Der Zustellungsvorteil ist offenkundig und brauchte daher zur Begründung der Inanspruchnahme der Kapitalgesellschaft in der Androhungsverfügung nicht ausdrücklich erwähnt zu werden. Eine Anhörung der Gesellschaft und/oder der Mitglieder ihres vertretungsberechtigten Organs vor der Einleitung des Ordnungsgeldverfahrens ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen und auch zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht erforderlich, da sich der Adressat der Androhungsverfügung im Rahmen des Einspruchs hinreichend äußern kann.
16b)
17Die Beschwerdeführerin hat die Jahresabschlussunterlagen auch schuldhaft nicht innerhalb der am 18.04.2008 ablaufenden Nachfrist offengelegt. Insoweit ist ihr entsprechend § 31 BGB das Verschulden ihres damaligen Geschäftsführers zuzurechnen, das die Beschwerdeführerin selbst einräumt.
18Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 7 HGB).
19Eine weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss ist nicht zulässig (§ 335 Abs. 5 S. 6 HGB).
20Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 Euro.