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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Der Kläger macht gegenüber der Beklagten, einem Unternehmen, welches Dienstleistungen auf dem Gebiet der Fassadenreinigung, des Fassadenschutzes und des Schutzes von Oberflächen anbietet, Ansprüche aus der Rückabwicklung des zwischen den Parteien am 22. Mai 2007 abgeschlossenen Franchise-Vertrages und Ansprüche auf Zahlung von Vergütungen für von ihm unstreitig ausgeführte Aufträge geltend.
3Der Franchise-Vertrag vom 22. Mai 2007, wegen dessen weiteren Einzelheiten auf die als Anlage K 1 zur Gerichtsakte gereichte Kopie (Bl. 12 ff. GA) verwiesen wird, enthält unter anderem die folgenden Regelungen:
4„§ 12
5Pflichten des Franchisegebers
6…
72. In Erfüllung dieser Pflichten erbringt der Franchisegeber folgende Leistungen:
8…
9Beim Vertrieb/Marketing
10- Bereitstellung von Planungsordnern zur Vorlage bei Architekten u.a.
11- bundesweiter Verein Graffitifreie Stadt e.V.
12- Referenzordner
13- bestehende Großkundenverträge
14- …
15§ 19
16Fristlose Kündigung des Franchise-Vertrages
171.
18Unbeschadet der gem. § 5 Ziffer 1 vereinbarten vertraglichen Festlaufzeit ist jeder der Vertragspartner berechtigt, den Franchise-Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist fristlos aus wichtigem Grund gem. § 314 BGB zu kündigen.
19…
20§ 21
21Mediation
221. Die Vertragsparteien verpflichten sich, Streitigkeiten zunächst außergerichtlich, mit Hilfe eines von der Industrie- und Handelskammer verbindlich benannten Mediators beizulegen.
231.1 Die Anrufung des ordentlichen Gerichts ist erst dann zulässig, wenn die Mediation gescheitert ist. Dabei hat der Mediator das Scheitern der Mediation festzustellen. …
24§ 24
25Gerichtsstand/Erfüllungsort
261.
27Erfüllungsort ist Halle/Saale.
282.
29Gerichtsstand ist, soweit gesetzlich zulässig, Halle/Saale.“
30In einem von der Beklagten erstellten Ordner „Businesskonzept“ heißt es unter dem Unterpunkt „Franchise-Mappe“ unter anderem wie folgt:
31„Ihre Großkunden
32B betreut seit über 10 Jahren erfolgreich Großkunden aus ganz Deutschland. Wir bieten Ihnen bundesweit unsere Dienstleistungen und Graffiti-Clean-Concepte an.
33Profitieren Sie von den langjährigen Beziehungen zu Großkunden und sichern Sie sich die Vorteile als B Partner. Durch unsere langfristigen Großkunden-Beziehungen haben Sie die Möglichkeit erste Umsätze zu erzielen.“
34Unmittelbar unter dem vorgenannten Text sind die Firmenlogos von N, E, U, G, F, A, A1, E2 und A2 farbig abgedruckt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird sowohl auf die als Anlage K 3 (Bl. 45 f. GA) zur Gerichtsakte gereichte Kopie als auch auf den als Anlage K 18 überreichten Ordner verwiesen.
35In einer weiteren Informationsbroschüre der Beklagten, wegen deren Einzelheiten auf die als Anlage K 4 zur Gerichtsakte gereichte Kopie (Bl. 47 GA) verwiesen wird, heißt es darüber hinaus:
36„Ihre zentrale Kundengewinnung
37Nur bei B: Automatischer Umsatz für Sie durch die bundesweiten Kontakte der B Zentrale
38Durch die guten Kontakte der Systemzentrale zu vielen kleinen und großen Bauunternehmen erhalten wir regelmäßig Anforderungen zur Abgabe von Angeboten, um deren zügige und termingerechte Abarbeitung wir stets bemüht sind. Als eines der größten deutschen Unternehmen reinigen und schützen wir jedes Jahr Flächen, die über 100 Fußballfeldern entsprechen. Im Jahr bearbeiten wir Ausschreibungen mit einem Volumen von mehr als 22,5 Mio. €. Was haben Sie davon: Sicherheit
39Einzelne Aufträge (...) werden mittels unserer speziellen Technologie von unseren Franchise-Partnern professionell und mit einem optimalen Preis-/Leistungsverhältnis abgewickelt. Diese Aufträge erhalten Sie für Ihr Vertragsgebiet automatisch und ohne weitere Kosten. Das ist einzigartig. Das ist B.
40Wir arbeiten für Ihren Umsatz, für Ihren Erfolg.
41Als B-Partner erhalten Sie automatisch Umsatz. Die B-Zentrale akquiriert kontinuierlich für Sie Kunden, die die Dienstleistung von B auch in Ihrem Gebiet in Anspruch nehmen möchten. Das verstehen wir unter einem erfolgreichen und professionellen Franchise-System. …
42Diese Aufträge, aus der sogenannten Großkundenakquise, erhalten unsere B Franchise-Partner automatisch für Ihr Vertragsgebiet. B betreut bereits seit 10 Jahren erfolgreich Großkunden aus ganz Deutschland. Wir bieten ihnen bundesweit unsere Dienstleistungen und Facility-Clean-Concepte an. Unser Ziel ist es, möglichst viele weitere Großkunden zu gewinnen, um so zu einen unsere Position als Marktführer zu stärken, und zum anderen die Anzahl der Aufträge für Sie weiter zu steigern.
43Hier geht es um überregionale Discounter, um bundesweite Versicherungsgesellschaften, Einzelhandelsketten, bundesweite Immobilienkonzerne, aber auch um die potentiellen Kunden, die mit uns Rahmenverträge abschließen, um uns anschließend - ohne Ausschreibungen - Aufträge zu fest vereinbarten Konditionen zu erteilen. …
44Die automatische Zur-Verfügung-Stellung von Aufträgen in Kombination mit unseren Unterstützungsleistungen ist das Erfolgsprinzip von B.“
45Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Dezember 2007 (Anlage K 2, Bl. 43 f. GA) erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung seiner auf den Abschluss des Franchise-Vertrages gerichteten Willenserklärungen wegen arglistiger Täuschung. Zudem erklärte er den Widerruf seiner auf den Abschluss des Franchise-Vertrages gerichteten Willenserklärungen und hilfsweise die außerordentliche fristlose Kündigung.
46Die Beklagte erklärte ihrerseits mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Januar 2008 (Anlage B 5) die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund des zwischen ihr und dem Kläger abgeschlossenen Franchise-Vertrages.
47Die Klageforderung setzt sich zum einen zusammen aus der vom Kläger gezahlten Einstiegsgebühr in Höhe von 26.120,00 € brutto und des gezahlten Betrages für Fahrzeugausstattung in Höhe von 14.665,56 € (vgl. Rechnungen vom 31. Mai 2007, Anlagen K 7 und K 8, Bl. 57 f. GA). Zum anderen macht der Kläger eine Entgeltforderung in Höhe von insgesamt 1.171,09 € brutto geltend, die sich drei aus vom Kläger unstreitig im Juli, Oktober und November 2007 ausgeführten Aufträgen zusammensetzt (vgl. Anlagen K 9 bis K 11, Bl. 59 ff. GA).
48Der Kläger behauptet:
49Die Beklagte habe ihn im Rahmen der überreichten schriftlichen Informationsunterlagen arglistig über das Bestehen von Großkunden-Rahmenverträgen bzw. Großkundenverträgen, von denen er als Franchisenehmer durch automatische Umsätze in seinem Vertragsgebiet habe profitieren sollen, getäuscht.
50Derartige von der Beklagten in den schriftlichen Informationsunterlagen behauptete Großkunden-Rahmenverträge bzw. Großkundenverträge zwischen ihr und den in der Informationsmappe genannten Unternehmen, wie N, E, U, A1, E2 und A2, existierten - entgegen der in den streitgegenständlichen Informationsunterlagen enthaltenen diesbezüglich eindeutigen Aussagen - in Wirklichkeit nicht.
51Ihm sei aber von der Beklagten bewusst der Eindruck vermittelt worden, er könne ohne das Risiko eines anfänglichen Verlustes mit einem erheblichen Grundumsatz (mehr als 38.000 €) rechnen, den er aufgrund der bestehenden Großkunden- Rahmenverträge ohne Weiteres generieren könne. Nach der beiderseitigen Vorstellung der Parteien habe sich der automatische Umsatz dadurch einstellen sollen, dass die genannten Großkunden sich gegenüber der Beklagten im Vorhinein dazu verpflichtet hätten, bundesweit etwaige Graffitischmierereien an ihren Objekten durch die Beklagte und deren Franchisenehmer entfernen zu lassen. Dies ergebe sich auch aus einem Interview des damaligen Vorstandssprechers der Beklagten V, welches auf einer CD (Anlage K 17) enthalten sei, die er im Rahmen der Vertragsverhandlungen erhalten habe.
52Seine diesbezügliche Erwartung sei schwer enttäuscht worden. Er habe wider erwarten nicht bzw. kaum von den behaupteten Verträgen mit Großkunden profitiert. Die Beklagte habe von der Unrichtigkeit ihrer falschen Angaben gewusst. Angesichts der grob wahrheitswidrigen vorvertraglichen Informationen sei Arglist auf Seiten der Beklagten zu unterstellen.
53Der Kläger beantragt,
54die Beklagte zu verurteilen, an ihn 43.144,85 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von 1.171,09 € und in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus dem Teilbetrag 40.785,56 € jeweils seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
55Die Beklagte beantragt,
56die Klage abzuweisen.
57Sie behauptet:
58Die Aufträge von Großkunden seien für sie die wesentliche Einnahmequelle aus dem Franchise-System. Sie könne dabei an der Marge zwischen dem Großkundenauftrag und dem Unterauftrag verdienen. Allein mit der geringen laufenden Franchise-Gebühr könne sie keine personell gut ausgestattete Systemzentrale unterhalten, die notwendig sei, um Großkunden zu akquirieren und zu pflegen. Sie unterhalte Geschäftsbeziehungen und Kontakte unter anderem zu den folgenden Unternehmen, die auch in der von ihr als Anlage B 1 vorgelegten Großkundenliste aufgeführt seien: N, E, Deutsche U, HypoVereinsbank, Deutsche Bahn, A1, A, E2 und A2. Diese Firmen hätten wiederholt Aufträge zur Entfernung von Graffitis, Reinigung sowie Schutz von Fassaden und zur Oberflächenbehandlung erteilt.
59Die in der Informationsmappe (Anlage K 3), die dem Kläger vor dem Abschluss des streitgegenständlichen Franchise-Vertrag nicht vorgelegen habe, genannten Großkunden hätten sowohl zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Vertragsabschlusses als auch heute in einer Geschäftsbeziehung zu dem B Franchise-System gestanden. Die dort aufgeführten Großkunden hätten wiederholt oder kontinuierlich Aufträge an sie und ihre Franchisenehmer erteilt. Die andere vom Kläger herangezogene Informationsbroschüre (Anlage K 4) sowie die sonstigen vom Kläger herangezogenen und von ihr erstellten schriftlichen Informationsunterlagen würden ebenfalls keine unrichtigen Angaben enthalten.
60Ihr sei durch das Verhalten des Klägers bei seinem „Ausstiegsversuch“ und durch die letztlich daraus resultierende (von ihr ausgesprochenen) fristlose Kündigung des Franchise-Vertrages ein erheblicher Schaden entstanden (Vertragsaufhebungsschaden). Durch die Marge an Aufträgen von Großkunden, welche sie dem Kläger bis zum regulären Ende des Franchise-Vertrages vermittelt hätte, hätte sie einen Betrag in Höhe von rund 8.191,43 € verdienen können. Außerdem würden ihr durch die vom Kläger verursachte und verschuldete Kündigung monatliche Franchise-Gebühren in Höhe von 175,00 € zzgl. MwSt. entgehen. Im Zeitraum Januar 2008 bis Juli 2008 seien ihr somit Einnahmen in Höhe von 1.225,00 € zzgl. MwSt. entgangen. Mit diesem Teil-Schadensersatzanspruch erkläre sie die Aufrechnung gegenüber den drei vom Kläger geltend gemachten Vergütungsforderungen.
61Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 15. September 2009 (Bl. 181 ff. GA) in Verbindung mit Beschluss vom 5. November 2009 (Bl. 191 GA), Ergänzungsbeweisbeschluss vom 11. April 2011 (Bl. 292 GA) und gemäß den ergänzenden Beweisbeschlüssen vom 28. August 2012 (Bl. 376 und Bl. 378 GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll des Amtsgerichts Recklinghausen vom 24. August 2010 (Bl. 212 ff. GA), des Amtsgerichts München vom 12. Oktober 2010 (Bl. 222 ff. GA), des Amtsgerichts Frankfurt vom 21. Januar 2011 (Bl. 252 ff. GA), des Amtsgerichts Schöneberg vom 6. Juni 2011 (Bl. 302 GA), des Amtsgerichts Diez vom 12. Oktober 2011 (Bl. 323 ff. GA) und das Sitzungsprotokoll der Kammer vom 28. August 2012 (Bl. 374 ff. GA) Bezug genommen.
62Die Parteien haben jeweils ihr Einverständnis gem. § 349 Abs. 3 ZPO mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden erklärt.
63Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
64Entscheidungsgründe
65Die zulässige Klage ist in vollem Umfang unbegründet.
66I.
67Die Klage ist zulässig.
681.
69Das Landgericht Düsseldorf ist örtlich zuständig. Auf den Hinweisbeschluss der Kammer vom 13. Oktober 2008 (Bl. 139 f. GA) hin, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. November 2008 erklärt, die Parteien eine neue Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne von § 38 ZPO abgeschlossen und sich auf die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf geeinigt haben. Sie halte daher die Rüge der örtlichen Zuständigkeit nicht mehr aufrecht. Dementsprechend ergibt sich die örtliche Zuständigkeit jedenfalls aus § 39 ZPO.
702.
71Soweit die Parteien unter § 21 Ziffer 1.1 des Franchise-Vertrages vereinbart haben, dass die Anrufung des ordentlichen Gerichts erst dann zulässig ist, wenn die Mediation eines von der Industrie- und Handelskammer verbindlich benannten und von ihnen außergerichtlich angerufenen Mediators gescheitert ist, handelt es sich um eine wirksame sogenannte Mediationsklausel (vgl. allgemein hierzu nur Unberath, Mediationsklauseln in der Vertragsgestaltung - Prozessuale Wirkungen und Wirksamkeit -, NJW 2011, 1320 ff.).
72Bei einer Mediationsklausel handelt sich um eine Klausel, durch welche die Durchführung der Mediation zur Prozessvoraussetzung erhoben wird, die bereits bei der Erhebung der Klage vorliegen muss. Wurde insoweit keine Mediation durchgeführt ist die Klage - dem Willen der Parteien gemäß - als zurzeit unzulässig abzuweisen (vgl. Unberath, NJW 2011, 1320 <1321> mit weiteren Nachweisen). Ein Ermessensspielraum des Gerichts besteht hier ebenso wenig wie bei einer Schieds- oder Schlichtungsklausel. Der Beklagte muss sich jedoch auf die Mediationsklausel vor der Einlassung zur Sache im Prozess berufen (Einrede). Die erhobene Einrede schließt sodann die Klagbarkeit vorübergehend aus (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 2008 – XII ZR 165/06 -, NJW-RR 2009, 637 <637>; Greger, in: Zöller, ZPO, 29. Auflage 2012, Vor § 253 Rdnr. 19a; Unberath, NJW 2011, 1320 <1321>).
73Die Beklagte hat vorliegend jedoch keine Einrede der fehlenden Durchführung einer vorgerichtlichen Mediation erhoben, so dass insoweit keine Bedenken hinsichtlich der Klagbarkeit der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche bestehen.
74II.
75Die Klage ist unbegründet.
76Dem Kläger steht weder ein Anspruch gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB auf Rückerstattung der von ihm an die Beklagten gezahlten Einstiegsgebühr in Höhe von 26.120,00 € und des Betrag für die Fahrzeugausstattung in Höhe von 14.665,56 € (1) noch ein Anspruch auf Schadensersatz in dieser Höhe wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung gem. §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BGB, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB (2) zu. Der darüber hinaus vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Entgelte in Höhe von 1.171,09 € brutto gem. § 631 Abs. 1 BGB ist durch die von der Beklagten insofern erklärte Aufrechnung mit einem ihr aufgrund der vom Kläger unberechtigt erklärten Kündigung des Franchise-Vertrages zustehenden Schadensersatzanspruchs gem. § 389 BGB erloschen (3).
771.
78Soweit der Kläger einen Anspruch auf Rückerstattung von erbrachten Zahlungen an die Beklagte gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB geltend macht, besteht ein Rechtsgrund für die von ihm erbrachten Zahlungen, da die vertragliche Grundlage nicht durch die von ihm erklärte Anfechtung gem. §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB rückwirkend entfallen ist. Es fehlt zum einen bereits an einem Anfechtungsgrund (a) und zum anderen hat der Kläger den ihm obliegenden Nachweis einer von der Beklagten begangenen arglistigen Täuschung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB nicht erbracht (b).
79a)
80Die Kammer hat in der Sitzung vom 28. August 2012 den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie - nach erfolgtem Wechsel des Vorsitzenden - bereits anhand der von ihm vorgelegten schriftlichen Unterlagen nicht feststellen kann, dass die Beklagte insoweit im Rahmen ihrer schriftlichen Informationen über das Bestehen von Großkunden-Rahmenverträgen bzw. Großkundenverträgen arglistig getäuscht hat.
81aa)
82Zunächst ist zu berücksichtigen, dass unter einer Täuschung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB die positive Erregung eines Irrtums durch Vorspiegelung oder Entstellung falscher oder irreführender (insbesondere: bewusst unvollständiger) Angaben verstanden wird. Bloße subjektive Werturteile oder marktschreierische Anpreisungen oder Werbegags begründen dabei kein Anfechtungsrecht (vgl. nur BGH, Urteil vom 9. November 2011 - IV ZR 40/09 -, juris; BGH, Urteil vom 19. September 2006 - XI ZR 204/04 -, juris; Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 123 Rdnr. 28 ff.; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 123 Rdnr. 3; jeweils mit weiteren Nachweisen).
83Bei den vom Kläger in den von ihm herangezogenen Informationsbroschüren enthaltenen Angaben der Beklagten und der in diesem Zusammenhang verwendeten unbestimmten Formulierungen wie etwa „langjährigen Beziehungen zu Großkunden“, „langfristige Großkunden-Beziehungen“ oder „automatischer Umsatz für Sie durch die bundesweiten Kontakte der B Zentrale“ handelt es sich um unverbindliche Anpreisungen, nicht aber um eine Täuschung durch unrichtige Angaben zum abzuschließenden Franchise-Vertrag. Die Informationsbroschüren und die darin enthaltenen Formulierungen haben ersichtlich werbenden Charakter. Der werbende Charakter ergibt sich dabei sowohl aus der äußeren und graphischen Aufmachung als auch aus den einem Werbetext entsprechenden Formulierungen und unverbindlichen Anpreisungen („Wir arbeiten für Ihren Umsatz, für Ihren Erfolg“; „Und: Es ist der Grund, warum B-Partner so erfolgreich sind“; „Willkommen zum Erfolg“).
84bb)
85Darüber hinaus kann die Kammer weder aufgrund einzelner in den Informationsbroschüren und dem Franchise-Vertrag enthaltener Angaben noch in einer diesbezüglichen Gesamtschau feststellen, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger das Bestehen von Großkunden-Rahmenverträgen bzw. Großkundenverträgen behauptet und insofern eine Täuschung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB begangen hat.
86(1)
87Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 58/09 -, NJW 2010, 2422 <2425>; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2009 – VII ZR 172/08 -, NJW 2010, 1592 <1594>; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 133 Rdnr. 57 ff.; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 133 Rdnr. 14) und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Wille der Parteien zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 58/09 -, NJW 2010, 2422 <2425> mit weiteren Nachweisen). Sodann sind der mit der Absprache verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2007 - V ZR 208/06 -, NJW-RR 2008, 683 <684> mit weiteren Nachweisen). Für die Auslegung sind dabei nur solche Umstände heranzuziehen, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar waren (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 - III ZR 166/05 -, juris; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 133 Rdnr. 55 mit weiteren Nachweisen).
88(2)
89Nach dem Wortlaut der als Anlage K 3 vorgelegten Informationsbroschüre ist von „langjährigen Beziehungen zu Großkunden“ bzw. „langfristigen Großkunden- Beziehungen“ die Rede. Vertragliche Beziehungen werden insoweit nicht erwähnt. Auch legt der von der Beklagten insofern verwendete Begriff „Beziehung“ von seinem Wortsinn her nicht das Bestehen einer Vertragsbeziehung nahe. Aus dem Gesamtzusammenhang ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine derartige Deutung.
90Der Einwand des Klägers, dass durch die Verwendung der Zusätze „langjährig“ bzw. „langfristig“ nicht nur das Bestehen einer Geschäftsbeziehung zu Großkunden von der Beklagten behauptet werde, sondern hierdurch unmissverständlich eine vertragliche Bindung zum Ausdruck gebracht werde, geht insoweit fehl. Die beiden vom Kläger herangezogenen Zusätze beziehen sich lediglich auf den zeitlichen Umfang und die Dauer des Bestehens der Beziehungen der Beklagten zu ihren Großkunden; eine qualitative bzw. inhaltliche Bestimmung der Beziehungen (in Form einer vertraglichen Bindung) enthalten sie hingegen nicht. Hierauf hat die Kammer in der Sitzung vom 28. August 2012 ebenfalls ausdrücklich hingewiesen.
91Auch aus dem im streitgegenständlichen Franchise-Vertrag in § 12 („Pflichten des Franchisegebers“) unter der Überschrift „Beim Vertrieb/Marketing“ verwendeten Begriff „bestehende Großkundenverträge“ folgert der Kläger zu Unrecht ohne eine nähere Erläuterung, dass sich hieraus das Bestehen von Großkunden-Rahmenverträgen ergebe. Eine Begründung für eine solche begriffliche Gleichsetzung erfolgt dabei nicht; der bloße Hinweis auf sprachliche Ungenauigkeiten genügt insoweit nicht. Darüber hinaus sind Anhaltspunkte dafür, dass dieser Hinweis im Zusammenhang mit den in der als Anlage K 3 vorgelegten Informationsbroschüre genannten Firmen steht, weder vom Kläger dargelegt worden noch anderweitig ersichtlich.
92Soweit der Kläger im Rahmen der Klageschrift zur Darlegung einer von der Beklagten begangenen arglistigen Täuschung auf die in der Anlage K 5 (Bl. 48 GA) vorgelegte Umsatzplanung abstellt und vorträgt, ihm sei ein „Grundumsatz Ausschreibung B AG in Höhe von 36.857,00 € im ersten Geschäftsjahr prognostiziert“ worden, verkennt er, dass eine derartige Begrifflichkeit in der vorgelegten Umsatzplanung nicht verwendet worden ist. Ein solcher Begriff wird vielmehr in der im vor der Kammer ebenfalls anhängigen Parallelverfahren 35 O 39/08 vorgelegten Umsatzplanung benutzt; vorliegend ist im Bezug zum Kläger von „Oberflächenreinigung/ Oberflächenschutz“ die Rede. Anhaltspunkte dafür, inwiefern sich aus der hiesigen Umsatzplanung und der darin enthaltenen Begrifflichkeiten sowie Zahlen eine arglistige Täuschung ergeben soll, sind darüber hinaus weder vom Kläger dargelegt worden noch sind solche anderweitig ersichtlich.
93Schließlich ergeben sich auch aus dem im Schriftsatz vom 24. September 2012 enthaltenen ergänzenden Vortrag im Hinblick auf ein vom damaligen Vorstand V getätigtes Interview (vgl. Anlage K 17) keine Anhaltspunkte für eine diesbezügliche Täuschung. Es fehlt insofern bereits an einem substantiierten Vortrag des Klägers, wann und in welchem Rahmen er die vorgelegte CD erhalten hat. Der bloße pauschale Hinweis auf Vertragsverhandlungen ist unzureichend.
94b)
95Die gemäß Beweisbeschluss vom 15. September 2009 durchgeführte Beweisaufnahme hat darüber hinaus zur Überzeugung der Kammer (§ 286 ZPO) keinen Nachweis für die klägerische Behauptung, dass die Beklagte mit den in der Anlage K 3 genannten Firmen keine Großkunden-Rahmenverträge bzw. Großkundenverträge abgeschlossen hat, ergeben. Der fehlende Nachweis des Bestehens eines Anfechtungsgrundes bzw. des Vorliegens einer arglistigen Täuschung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB geht zu Lasten des insofern darlegungs- und beweispflichtigen Klägers. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte insofern ihrer sekundären Darlegungslast insbesondere durch die Vorlage der als Anlage B1 vorgelegten Liste von Großkunden sowie der als Anlagenkonvolut B 2 vorgelegten Korrespondenz nachgekommen.
96Die Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen Dr. E1 (Bl. 222 ff. GA), Dengler (Bl. 252 ff. GA), Ihme (Bl. 302 GA) und Dorn (Bl. 323 ff. GA) sind im Hinblick auf die streitgegenständliche Beweisfrage des Nichtbestehens von Großkunden-Rahmenverträge bzw. Großkundenverträge zu den in der Anlage K 3 genannten Firmen unergiebig. Sämtliche Zeugen konnten aus eigenem Wissen jeweils keine Angaben dazu machen, ob ihr jeweiliger Arbeitgeber mit der Beklagten entsprechende Rahmenverträge abgeschlossen hat oder nicht.
97Aus der Aussage des Zeugen H (Bl. 212 ff. GA) ergibt sich vielmehr, dass es zumindest fünf Rahmenverträge zwischen der Beklagten und einzelnen Regionalverbänden der A1 Nord Gruppe gegeben hat.
98Auch der Zeuge L hat im Rahmen seiner Vernehmung vor der Kammer nicht ausschließen können, dass es einzelne vertragliche Beziehungen zu den genannten Firmen gegeben hat. Ab Januar 2007 sei es ihm „sehr gut gelungen“ ca. 50 bis 60 neue Großkunden für die Beklagte zu gewinnen. Diese Aussage hat der von der Beklagten benannte ZeugeV bestätigt. Nach dessen glaubhaften Bekundungen bestehen einzelne Rahmenverträge mit den genannten Firmen. Insofern seien dort Listungen vorhanden, aufgrund derer dann von den Franchisenehmern Aufträge ausgeführt werden könnten. Die Aussage des ZeugenV deckt sich zudem mit der Aussage der ebenfalls von der Beklagten benannten Zeugin T. Danach bestanden mit den in Rede stehenden Firmen in den Jahren 2007 und 2008 jeweils Listungen, auf deren Grundlage dann Bestellungen und Aufträge erteilt worden seien.
99Einer Vernehmung der von der Beklagten gegenbeweislich benannten Zeugin S bedurfte es insoweit nicht (mehr).
1002.
101Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung gem. §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BGB, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB (Bl. 115 ff. GA) scheidet aus den oben unter II. 1. dargelegten Gründen aus.
102Anhaltspunkte für eine insofern von der Beklagten begangenen Pflichtverletzung ergeben sich weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus der durchgeführten Beweisaufnahme. Es wird insofern auf die obigen Ausführungen unter II. 1. Bezug genommen.
1033.
104Der vom Kläger gleichfalls gem. § 631 Abs. 1 BGB geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Entgelte in Höhe von 1.171,09 € brutto ist durch die von der Beklagten insofern erklärte Aufrechnung mit einem ihr aufgrund der vom Kläger unberechtigt erklärten Kündigung des Franchise-Vertrages zustehenden Schadensersatzanspruchs gem. § 389 BGB erloschen.
105Aus den unter II. 1. dargelegten Gründen ergibt sich, dass die vom Kläger mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 erklärte außerordentliche fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt ist. Es fehlt an einem wichtigen Grund im Sinne von § 19 Ziffer 1 des Franchise-Vertrages in Verbindung mit § 314 BGB.
106Der Kläger, der mithin schuldhaft eine unberechtigte Kündigung ausgesprochen und die Erfüllung des Franchise-Vertrages verweigert hat, ist der Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 BGB zum Ersatz des daraus kausal entstandenen Schadens verpflichtet (vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 313/08 -, NJW 2010, 1068 ff.; Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2011 - 10 U 72/10 -, juris; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rdnr. 26). Die Beklagte ist als Geschädigte gemäß §§ 249 ff. BGB so zu stellen, wie sie gestanden hätte, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre (Differenzhypothese).
107Wenn der Kläger die unberechtigte Kündigung des Franchise-Vertrages nicht ausgesprochen hätte, wäre er weiterhin verpflichtet gewesen, die gem. § 9 Ziffer 2 des Franchise-Vertrages geschuldete monatliche Franchise-Gebühr in Höhe von 175,00 € netto an die Beklagte zu entrichten. Der Beklagten ist im Zeitraum zwischen Januar und Juli 2008 mithin insgesamt der zur Aufrechnung gestellte Betrag in Höhe von 1.225,00 € netto entgangen; der Kläger hat insofern keine Einwände gegen den von der Beklagten geltend gemachten Schaden erhoben.
1084.
109Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf Verzinsung und Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten.
110II.
111Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
112Streitwert: 43.144,85 Euro.
113Die Ausführungen des Klägers im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 26. Oktober 2012 haben zu keiner Änderung der Entscheidung geführt; sie gaben auch keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 156 ZPO).