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Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Waren in Fertigverpackungen gegenüber Letztverbrauchern mit Preis- und/oder Mengenangaben zu bewerben, ohne zugleich den Grundpreis gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 3 PangV dem beworbenen Produkt zugeordnet mit anzugeben, mithin den Preis je Mengeneinheit einschließlich Umsatzsteuer oder sonstiger Preisbestandteile, welcher umgerechnet für jeweils 1 l bzw. 100 ml oder 100 g bzw. 1 kg zu zahlen ist, wenn dies geschieht wie aus Anlage K1 ersichtlich.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von € 250.000, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft an ihren organschaftlichen Vertretern zu vollziehen ist.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger € 178,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Juli 2019 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 20.000 und im Übrigen nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
T a t b e s t a n d
2Die Beklagte betreibt die Internetpräsenz nature-love.de, über die sie Nahrungsergänzungsmittel an Endverbraucher vertreibt. Am 23. Mai 2019 bot sie mehrere Produkte lediglich unter Angabe eines Gesamtpreises an. Dabei handelte es sich um in Tablettenform angebotene Bio-Spirulina-Presslinge, um jeweils in einem Gebinde zu 250 ml angebotenes liposomales Coenzym Q10 und liposomalen Curcuma-Extrakt sowie um mehrere in Kapselform angebotene Produkte. Wegen der Einzelheiten wird auf die von dem Kläger als Anlagenkonvolut K1 vorgelegten Screenshots der Angebote Bezug genommen.
3Mit Schreiben vom 24. Mai 2019 mahnte der Kläger die Beklagte wegen fehlender Grundpreisangaben erfolglos auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.
4Der Kläger – dessen Satzungszweck es ist, unlauteren Wettbewerb im Interesse der Allgemeinheit, der Gewerbetreibenden und der freiberuflich Tätigen zu bekämpfen und auf die Einhaltung des Wettbewerbsrecht hinzuwirken – begehrt mit seiner Klage neben der Unterlassung die Erstattung einer Abmahnkostenpauschale nebst Rechtshängigkeitszinsen. Er beantragt,
5die Beklagte wie erkannt zu verurteilen.
6Die Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
9I.
10Die Klage ist zulässig. Die Berechtigung des Klägers zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlich begründeter Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und damit – neben seiner sachlich-rechtlichen Anspruchsberechtigung – seine prozessuale Klagebefugnis (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 – I ZR 158/14 – Der Zauber des Nordens [unter B I 1]) steht weder zwischen den Parteien im Streit noch ergeben sich sonst Anhaltspunkte an dieser zu zweifeln.
11II.
12Die Klage ist begründet. Die Beklagte war gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV verpflichtet, bei der Vorstellung der in dem Anlagenkonvolut K1 abgebildeten Produkte in ihrem Onlineshop neben dem Gesamtpreis einen auf eine Mengenheit von Gewicht bzw. Volumen bezogenen Grundpreis anzugeben (dazu unter 1). Der Kläger kann von der Beklagten beanspruchen, einen solchen Verstoß künftig zu unterlassen (dazu unter 2) und hat außerdem Anspruch auf Zahlung einer Abmahnkostenpauschale (dazu unter 3).
131. Die von der Beklagten auf ihrer Internetpräsenz bereitgehaltenen und in Anlage K1 dokumentierten Preisangaben waren fehlerhaft.
14a) Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV hat derjenige, der Verbrauchern gewerbsmäßig Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, neben dem Gesamtpreis den Preis je Mengeneinheit (Grundpreis) anzugeben, sofern nicht der Grundpreis mit dem Gesamtpreis identisch ist (§ 2 Abs. 1 S. 3 PangV). Diesen Anforderungen hat die Beklagte nicht entsprochen.
15b) Bei allen in Anlage K1 gezeigten Produkten handelt es sich um Waren in einer Fertigpackung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV. Insoweit ist auf die Legaldefinition in § 42 Abs. 1 MessEG zurückzugreifen (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2019 – I ZR 85/18 – Kaffeekapseln [unter II 3 a aa]). Danach sind Fertigpackungen Verpackungen beliebiger Art, in die in Abwesenheit des Käufers Erzeugnisse abgepackt und die in Abwesenheit des Käufers verschlossen werden, wobei die Menge des darin enthaltenen Erzeugnisses ohne Öffnen oder merkliche Änderung der Verpackung nicht verändert werden kann. Unter diese Begriffsbestimmung fallen die Gebinde mit den verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln.
16c) Die Nahrungsergänzungsmittel werden nach Gewicht bzw. Volumen angeboten.
17aa) Dieses Merkmal des § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV ist erfüllt, wenn Angaben zur Füllmenge der in einer Verkaufseinheit angebotenen Ware gesetzlich vorgeschrieben sind; ob dieser Kennzeichnungspflicht entsprochen und beispielsweise statt der Füllmenge die Stückzahl der in der Verkaufseinheit verpackten Waren genannt wird ist unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2019 – I ZR 85/18 – Kaffeekapseln [unter II 3 a bb (1)]).
18bb) Danach liegt im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV ein Angebot nach Gewicht bzw. Volumen vor. Das ergibt sich zwar nicht schon daraus, dass die Beklagte bei den von ihr vertriebenen Nahrungsergänzungsmitteln Füllmengen angegeben hat, entscheidend ist vielmehr, ob sie zu einer solchen Angabe gehalten war. Das ist zu bejahen.
19(1) Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel im Sinne von Art. 2 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EU) Nr. #####/#### des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (fortan LMIV) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (Lebensmittel-Basis-VO). Bei vorverpackten Lebensmitteln ist gemäß Artt. 12 Abs. 2, 9 Abs. 1 lit. e) LMIV die Nettofüllmenge des Lebensmittels anzugeben, und zwar gemäß Art. 23 Abs. 1 LMIV bei flüssigen Erzeugnissen in Volumeneinheiten und bei sonstigen Erzeugnissen in Masseeinheiten.
20(2) Die danach grundsätzlich gegebene Pflicht zur Angabe der Nettofüllmenge ist nicht gemäß Art. 23 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang IX Nr. 1 lit. c) LMIV entfallen.
21(a) Nach dieser Vorschrift ist die Angabe der Nettofüllmenge bei solchen Lebensmitteln nicht verpflichtend, die normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht werden, sofern die Stückzahl von außen leicht zu sehen und einfach zu zählen oder anderenfalls in der Kennzeichnung angegeben ist. Ob Lebensmittel „normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht“ wird, beurteilt sich dabei nach der Verkehrsauffassung aus Sicht eines verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2019 – I ZR 85/18 – Kaffeekapseln [unter II 3 a cc (3)]).
22(b) Dies beachtend bleibt es bei der Pflicht zur Angabe der Nettofüllmenge.
23Bezugspunkt der Ausnahmevorschrift ist das Lebensmittel (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2019 – I ZR 85/18 – Kaffeekapseln [unter II 3 a cc (3)] in Abgrenzung zur Verpackung). „Normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht“ werden „stückige“ Erzeugnisse wie Obst, Gemüse, Eier und Backwaren, also Produkte, bei denen aus Sicht der Verbraucher das Stück eine „natürliche“ Mengeneinheit bildet (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2019 – 15 U 55/19, BeckRS 2019, 25783 [unter II 3 b bb (1)]; Voit/Grube/Grube, Art. 23 LMIV Rn. 56).
24Auf Nahrungsergänzungsmittel trifft das nicht zu. Für das in flüssiger Form angebotene liposomale Coenzym Q10 und den liposomalen Curcuma-Extrakt macht die Beklagte das selbst ebensowenig geltend wie für die als Tabletten angebotene Bio-Spirulina-Presslinge. Aber auch für die übrigen in Anlage K1 enthaltenen, in Kapselform angebotenen Nahrungsergänzungsmittel gilt nichts anderes. Die von der Beklagten für richtig gehaltene, in Rechtsprechung und Literatur teilweise geteilte Sichtweise (vgl. OLG Celle, Urteil vom 9. Juli 2019 – 13 U 31/19, LMuR 2019, 212 [unter 2 c bb]; OLG Köln, Beschluss vom 26. März 2019 – 6 W 26/19, BeckRS 2019, 16260; Bruggmann, LMuR 2019, 141 [143 f.]) berücksichtigt nicht hinreichend, dass es für Nahrungsergänzungsmittel keine natürlichen Mengeneinheiten gibt, sondern sie in unterschiedlicher Form (neben den in Anlage K1 enthaltenen Darreichungsformen ist als vierte die Pulverform zu nennen) herstellt und vertrieben werden (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2019, a.a.O.). Hinzu kommt, dass eine auf die Kapseln abstellende Sichtweise den Begriff des Lebensmittels von vornherein auf eine bestimmte – vom Hersteller bei Nahrungsergänzungsmitteln frei wählbare und von der LMIV als Kriterium nicht genannte – Darreichungsform verengt, was das Prüfkriterium des „normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht“-Werdens vielfach leerlaufen ließe (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2019, a.a.O.).
25Die von der Beklagten genannte Vorschrift des § 4 NemV stellt keinen Ausnahmetatbestand dar, der eine Füllmengenangabe entbehrlich werden lassen könnte. Die nach § 4 Abs. 2 NemV vorgeschriebenen Kennzeichnungen sind ausdrücklich „zusätzlich zu den durch die [LMIV] vorgeschriebenen Angaben“ anzubringen.
26d) Liegen mithin die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 PAngV vor, so hatte die Beklagte den Grundpreis anzugeben. Ausnahmevorschriften (wie § 2 Abs. 4 oder § 9 PangV) sind nicht einschlägig.
272. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 8 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3a UWG beanspruchen, die beanstandete Produktpräsentation zu unterlassen.
28a) Der Kläger ist – wie bereits oben unter I erwähnt – gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigt.
29b) Die beanstandete Preisauszeichnung stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Diese geschäftliche Handlung hat die Beklagte entweder selbst vorgenommen (§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG) oder muss für sie jedenfalls gemäß § 8 Abs. 2 UWG einstehen.
30c) Der der Beklagten unterlaufene Verstoß gegen § 2 Abs. 1 S. 1 PangV kann als unlautere geschäftliche Handlung nach § 3a UWG verfolgt werden.
31aa) Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 S. 1 PangV ist – wie für die Annahme unlauteren Handelns nach § 3a UWG erforderlich – dazu bestimmt, im Interesse der Verbraucher das Marktverhalten zu regeln. Die Bestimmung dient der Umsetzung von Art. 3 Abs. 1 S. 1 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (PAngRL). Danach ist bei Erzeugnissen, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden, neben dem Verkaufspreis (Art. 2 lit. a PAngRL) der Preis je Maßeinheit (Art. 2 lit. b PAngRL) anzugeben. So soll ausweislich Art. 1 Halbssatz 2 und Erwägungsgrund 6 PAngRL für eine bessere Unterrichtung der Verbraucher gesorgt und diesen ein Preisvergleich erleichtert, mithin das Marktverhalten im Interesse der Verbraucher geregelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2019 – I ZR 85/18 – Kaffeekapseln [unter II 2]).
32bb) Der Umstand, dass die Richtlinie #####/####/EG (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken – UGP-Richtlinie), die in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 UGP-Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt hat (vgl. Art. 4 UGP-Richtlinie) und die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern abschließend regelt, keinen § 3a UWG entsprechenden Rechtsbruchtatbestand vorsieht, steht dessen Anwendung nicht von vorneherein entgegen, sondern führt (lediglich) dazu, dass ein Rechtsverstoß eine Unlauterkeit nach § 3a UWG nur noch begründen kann, wenn die betreffende Regelung eine Grundlage im Unionsrecht hat (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2012 – I ZR 45/11 – Missbräuchliche Vertragsstrafe [unter III 1 a]; Urteil vom 25. Februar 2016 – I ZR 238/14 – Mehrwertdienstenummer [unter II 1 b]), sie einen Bereich betrifft, der von der UGP-Richtlinie – etwa gemäß deren Art. 3 Abs. 2 bis Abs. 10 – unberührt bleibt (vgl. BGH, Urteil vom Urteil 29. März 2018 – I ZR 243/14 – Bio-Gewürze II [unter II 2 d]; vom 23. Juni 2016 – I ZR 71/15 – Arbeitnehmerüberlassung [unter B II]) oder – wie etwa allein das Verhältnis zwischen Mittbewerbern betreffende Regelungen – außerhalb ihres Anwendungsbereiches liegt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 – I ZR 3/16 – Uber Black II [unter B II 2]; Urteil vom 2. Dezember 2009 – I ZR 152/07 – Zweckbetrieb [unter II 2 a]). Ersteres ist hier, wie sich aus den Ausführungen vorstehend unter II 2 c aa ergibt, der Fall.
33cc) Der Verstoß ist geeignet, die Interessen von Verbrauchern Sinne von § 3 a UWG spürbar zu beeinträchtigen.
34(1) Das Relevanzkriterium der spürbaren Beeinträchtigung im Sinne von § 3a UWG – das ohne damit verbundene sachliche Änderung aus § 3 Abs. 1 UWG in der zwischen dem 30. Dezember 2008 und dem 9. Dezember 2015 geltenden Fassung übernommen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 – I ZR 61/14 – Wir helfen im Trauerfall [unter II 1]) und das dem der nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung im Sinne von § 3 UWG in der bis zum 29. Dezember 2008 geltenden Fassung entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – I ZR 54/11 – Solarinitiative [unter II 1 c ee]) – soll zum Ausdruck bringen, dass die Wettbewerbsmaßnahme von einem gewissen Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen des geschützten Personenkreises sein muss um die die Verfolgung von Bagatellfällen auszuschließen, weshalb die Schwelle nicht zu hoch anzusetzen ist; die Frage, ob es sich um einen Bagatellverstoß handelt oder die Grenze überschritten ist, ist unter umfassender Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, namentlich der Art und Schwere des Verstoßes, anhand der Zielsetzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – I ZR 153/04 – Telefonaktion [unter II 3 b aa]; Urteil vom 6. Dezember 2001 – I ZR 284/00 – „H.I.V. Positive“ II [unter III 4]).
35Besteht – wie hier der Fall – der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung darin, dass dem Verbraucher Informationen vorenthalten werden, kann auch bei der Vorenthaltung von Informationen, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, das Erfordernis der Spürbarkeit sei erfüllt, sondern es müssen die in § 5a Abs. 2 S. 1 UWG als zusätzliche und deshalb selbständig zu prüfende Merkmale des dort geregelten Unlauterkeitstatbestands umschriebenen Voraussetzungen vorliegen, dass nämlich der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information „je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen“ und „deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“ (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 – I ZR 206/17 – Brötchen-Gutschein [unter B II 6 b bb (4)]; Urteil vom 28. März 2019 – I ZR 85/18 – Kaffeekapseln [unter II 4 a]; Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 184/17 – Energieeffizienzklasse III [unter II 3 c bb (1)]; Urteil vom 31. Oktober 2018 – I ZR 73/17 – Jogginghosen [unter II 3 c cc (2)]; Urteil vom 13. September 2018 – I ZR 117/15 – YouTube-Werbekanal II [unter III 2 f aa]). Dabei wird der Verbraucher eine wesentliche Information schon im Allgemeinen für eine informierte Entscheidung benötigen und es wird – sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen – grundsätzlich davon auszugehen sein, dass das Vorenthalten einer solchen Information geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der geboten gewesenen Information nicht getroffen hätte; den Unternehmer, der abweichend vom Regelfall geltend macht, der Verbraucher benötige eine ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine geschäftliche Entscheidung nicht und ihr Vorenthalten könne ihn nicht zu einer anderen Entscheidung veranlassen, trifft eine sekundäre Darlegungslast (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2019 – I ZR 85/18 – Kaffeekapseln [unter II 4 b]; Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 184/17 – Energieeffizienzklasse III [unter II 3 c bb (2)]; Urteil vom 31. Oktober 2018 – I ZR 73/17 – Jogginghosen [unter II 3 c cc (3)]; s.a. Urteil vom 2. März 2017 – I ZR 41/16 – Komplettküchen [unter II 4 e cc]).
36Bei Prüfung der Frage, ob es abweichend vom Regelfall besondere Umstände gibt, die eine Information entbehrlich machen, ist auf den Informationserfolg abzustellen; ist dieser auf anderem Wege als durch die vorgeschriebene Information bereits erreicht worden, ist das Vorenthalten der Information nicht geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 184/17 – Energieeffizienzklasse III [unter II 3 c bb (5)]).
37(2) Dies beachtend kann die Erheblichkeit des Verstoßes der Beklagten nicht verneint werden.
38Die Pflicht zur Grundpreisangabe zählt zu den im Unionsrecht festgelegten Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung oder Marketing, die gemäß Art. 7 Abs. 5 UGP-Richtlinie als wesentlich gelten (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2019 – I ZR 85/18 – Kaffeekapseln [unter II 4 c]). Deshalb hätte die Beklagte darzulegen, dass der Verbraucher die bei ihrer Preisauszeichnung ihm vorenthaltene Information über den auf die Füllmenge bezogenen Grundpreis für seine Kaufentscheidung nicht benötigte und ihr Vorenthalten ihn nicht zu einer anderen Entscheidung veranlassen konnte. Daran fehlt es. Dass der Informationserfolg bereits auf anderem Wege als durch die vorgeschriebene Grundpreisangabe erreicht worden ist und letztere deshalb ausnahmsweise entbehrlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 – I ZR 184/17 – Energieeffizienzklasse III [unter II 3 c bb (5)]), ist nicht dargetan.
39Die Argumentation der Beklagten zielt demgegenüber darauf ab, dass der Verbraucher einer auf die Füllmenge bezogenen Grundpreisangabe bei Nahrungsergänzungsmitteln gar nicht bedürfe, weil es für ihn nur die als Tagesdosis empfohlene Wirkstoffmenge von Bedeutung sei. Damit stellt die Beklagte die Sinnhaftigkeit des geltenden Preisangabenrechts in Frage und zeigt letztlich auf, dass eine Ausnahmeregelung wie sie § 2 Abs. 4 PangV für Wasch- und Reinigungsmittel enthält für Nahrungsergänzungsmitteln ebenfalls sinnvoll sein könnte. Derartige Überlegungen ändern aber weder etwas daran, dass die beanstandete Praxis der Beklagten gegen geltendes Recht verstößt noch lassen sie es angezeigt erscheinen, den Verstoß als nicht spürbar zu qualifizieren. Vielmehr erschweren fehlende Grundpreisangaben dem Verbraucher einen Preisvergleich nicht unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2019 – I ZR 85/18 – Kaffeekapseln [unter II 4 d]). Auf andere Preisvergleichsmöglichkeiten muss sich der Verbraucher nicht verweisen lassen; er hat, soweit eine Pflicht zur Grundpreisangabe besteht, ein berechtigtes Interesse daran, bei einem Preisvergleich auf den Preis im Verhältnis der dem maßgeblichen Grundpreis (hier zur Füllmenge) abstellen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 2019 – I ZR 85/18 – Kaffeekapseln [unter II 4 d]). Das gilt – wie oben unter II 1 c aufgezeigt – auch für Nahrungsergänzungsmittel, wenn auch der Verbraucher bei diesen weitere Angaben (wie die empfohlene tägliche Verzehrmenge) für eine informierte geschäftliche Entscheidung benötigen mag. Das ist im Übrigen keine Besonderheit von Nahrungsergänzungsmitteln, sondern gilt allgemein für verarbeitete Lebensmittel, die sich etwa im Zucker-, Fett- oder Fruchtgehalt oder in der Zusammensetzung unterscheiden was dazu führen kann, dass der Verbraucher mit derselben Gewichtsmenge etwa eines Fertigmüslis länger auskommt als bei einem anderen Produkt. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, dass ein sinnvoller Preisvergleich bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht anhand eines auf die Füllmenge bezogenen Grundpreises möglich sein soll, soweit in ihrem Wirkstoffgehalt ähnliche Produkte verglichen werden. Letztlich kommt es darauf aber auch nicht entscheidend an, weil das Kriterium der „Spürbarkeit“ nicht dazu dient, eine nicht als sinnvoll empfundene gesetzliche Verpflichtung zu korrigieren (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2019 – 15 U 55/19, BeckRS 2019, 25783 [unter II 3 c bb]).
40d) Die nach alledem gemäß § 3a UWG unlautere geschäftliche Handlung ist gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig.
41e) Die nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Für ihr Vorliegen streitet eine durch den unterlaufenen Wettbewerbsverstoß begründete tatsächliche Vermutung (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2018 – I ZR 117/15 – YouTube-Werbekanal II [unter III 2 g]).
423. Der Zahlungsantrag ist in der Hauptsache aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG und hinsichtlich der Zinsen aus §§ 291 S. 1, 288 Abs. 1 S. 2 BGB gerechtfertigt.
43III.
44Die Androhung der Ordnungsmittel hat ihre Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.
45Streitwert: € 20.000