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1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, bei der Abwicklung von Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen von Verbrauchern
a. für eine Rücklastschrift einen Pauschalbetrag i.H.v. 4,50 EUR oder einen höheren Pauschalbetrag zu verlangen, insbesondere diesen in maschinell erzeugten Rechnungen auszuweisen,
es sei denn, die Beklagte hat mit dem betroffenen Verbraucher eine Individualabrede über eine pauschale Abgeltung des ihr durch eine Rücklastschrift anfallenden Schadens mindestens in Höhe der verlangten Pauschale getroffen,
b. für eine Mahnung einen Pauschalbetrag i.H.v. 2,80 EUR oder einen höheren Pauschalbetrag zu verlangen, insbesondere diese in maschinell erzeugten Rechnungen auszuweisen,
es sei denn, die Beklagte hat mit dem betroffenen Verbraucher eine Individualabrede über eine pauschale Abgeltung des ihr durch eine Mahnung anfallenden Schadens mindestens in Höhe der verlangten Pauschale getroffen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere Preislisten, zum Abschluss von Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen gegenüber Verbrauchern folgende oder diesen inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden oder sich bei der Abwicklung entsprechender Verträge auf solche Klauseln zu berufen:
Leistungen |
Preis |
Takt |
Je Rücklastschrift |
4,50 EUR |
Leistungen |
Preis |
Takt |
Mahngebühr 1. Mahnung |
2,80 EUR |
|
Mahngebühr 2. Mahnung |
2,80 EUR |
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 145,00 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 4 % p.a. ab 06.06.2018 bis 28.08.2018 und 5%punkten über dem Basiszinssatz ab 29.08.2018 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu geben, welche Gewinne die Beklagte
a. seit dem 29.01.2013 dadurch erzielt hat, dass sie von Verbrauchern bei der Abwicklung von Telekommunikationsverträgen für Rücklastschriften einen Pauschalbetrag von mindestens 13,00 EUR oder für Mahnungen einen Pauschalbetrag von mindestens 9,00 EUR und
b. seit dem 13.09.2013 dadurch erzielt hat, dass sie von Verbrauchern für Rücklastschriften einen Pauschalbetrag von 9,50 EUR oder für Mahnungen einen Pauschalbetrag von 6,50 EUR
vereinnahmt hat, ohne dass sie mit dem jeweils betroffenen Verbraucher eine Individualabrede über die pauschale Abgeltung des Rücklastschrift- bzw. Mahnschadens in mindestens der Höhe der vereinnahmten Pauschale getroffen hatte.
Dazu hat die Beklagte dem Kläger kaufmännisch Rechnung zu legen und ihm in monatlich geordneter Aufstellung einzeln mitzuteilen,
a) welche Einnahmen sie durch die Vereinnahmung der Rücklastschrift- und Mahnpauschalen bestimmter Höhe im Auskunftszeitraum jeweils erzielt hat,
b) welche Ausgabenpositionen in welcher Höhe sie im Zusammenhang mit der Inrechnungstellung und Vereinnahmung der Rücklastschriftpauschalen gewinnschmälernd in Abzug bringen will,
wobei die Beklagte
(i) wenn sie Rücklastschriftkosten in Abzug bringen will, auch die Rücklastschriftbankkosten und getrennt von anderen Positionen auszuweisen hat und
(ii) wenn sie Benachrichtigungskosten in Abzug bringen will, auch die Porto- und Materialkosten und getrennt voneinander und von anderen Positionen auszuweisen hat,
c) welche nach § 10 Abs. 2 S. 1 UWG abzugsfähigen Leistungen sie auf Grund der Zuwiderhandlung an Dritte oder an den Staat erbracht hat.
Die Beklagte kann die Rechnungslegung hinsichtlich der Identität der einzelnen Rücklastschriftfälle gegenüber einem vom Kläger zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer vornehmen, indem sie ihm eine – ggf. digitale – Auflistung der einzelnen Pauschalierungsfälle übergibt,
a) sofern sie die Kosten seiner Einschaltung trägt,
b) eine Bestätigung des Wirtschaftsprüfers vorlegt, dass die sich aus der Auflistung ergebenden Summen der Einnahmen mit den dem Kläger nach Satz 2 lit. a) mitgeteilten Einnahmen übereinstimmen und
c) den Wirtschaftsprüfer ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf Antrag mitzuteilen, ob in der Auflistung ein oder mehrere bestimmte Pauschalierungsfälle enthalten sind.
Soweit die Beklagte vom Wirtschaftsprüfervorbehalt Gebrauch macht, wird ihr zur Datenübergabe eine Frist von einem Monat ab Benennung des Wirtschaftsprüfers gewährt. Die verbleibende Verpflichtung zur Auskunftserteilung an den Kläger wird durch den Wirtschaftsprüfervorbehalt nicht hinausgeschoben.
5. Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Auskunftsanspruchs abgewiesen.
6. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
7. Das Urteil ist hinsichtlich des Unterlassungstenors zu Ziff. 1a, 1b, 2a und 2b jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 EUR, hinsichtlich des Auskunftsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung der Verwendung bestimmter Vertragsklauseln und Geschäftspraktiken. Klageerweiternd begehrt der Kläger von der Beklagten im Wege der Stufenklage Auskunft. Mit der Auskunft sollen bereits angekündigte Anträge auf Gewinnabschöpfung beziffert werden.
3Der Kläger ist ein 2007 gegründeter rechtsfähiger Verein. In der über die Webseite U. abrufbare Liste der qualifizierten Einrichtungen gem. § 4 UKlaG belegt der Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung die laufende Nummer 30. Der Satzungszweck des Klägers ist dort wie folgt angegeben:
4„Wahrnehmung der Interessen von Verbrauchern durch Aufklärung und Beratung; zur Führung von Verbandsklagen im Interesse der Verbraucher berechtigt (vgl. § 3 der Satzung).“
5Die zum Zeitpunkt der Entscheidung letzte Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Eintragung des Klägers in die Liste qualifizierter Einrichten wurde im Januar 2016 abgeschlossen.
6Die Beklagte bietet Telekommunikationsdienstleistungen (Mobilfunk- und Festnetztelefonie sowie DSL-Internetzugang) an. Sie hat etwa 32,3 Mio. Kunden allein im Mobilfunkbereich.
7Die Parteien streiten seit 2012 über die Praxis der Beklagten, ihren Kunden mit ihrem automatisierten Rechnungswesen Rücklastschrift- und Mahnpauschalen in bestimmter Höhe in Rechnung zu stellen, sowie über die Höhe dieser Pauschalen in Preislisten der Beklagten.
8Die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für F. D2-Dienstleistungen (AGB)“ (Stand: Juli 2012; Anlage K12) enthielten unter anderem folgende Klausel:
9„3. Vergütung
103.5
11Der Einzug von Rechnungsbeträgen im Lastschriftverfahren ist als Standard vorgesehen. F. ist berechtigt, im Fall der Nichtteilnahme am Lastschriftverfahren ein zusätzliches Bearbeitungsentgelt zu erheben.“
12Diese Klausel war auch in den nachfolgenden "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für F. D2-Dienstleistungen (AGB)“ (Stand Februar 2013; Anlage K13) enthalten.
13Die "Preisliste für F. Mobilfunk Dienstleistungen“ (InfoDok 100, Stand November 2012; Anlage K14) der Beklagten enthielt unter der Überschrift „Service & Sonstiges“ die Entgelte für verschiedene Leistungen der Beklagten. Preise für Rücklastschriften oder Mahnverfahren waren in der Preisliste nicht enthalten.
14Die nachfolgende "Preisliste für F. Mobilfunk-Dienstleistungen“ (InfoDok 100, Stand: Februar 2013; Anlage K15) enthielt ebenso wie die "Preisliste F. DSL & Festnetz Pakete inkl. Surf-Sofort und LTE Zuhause“ (InfoDok 120, Stand: Februar 2013; Anlage K16) keine Preise für Lastschriften oder Mahnungen.
15Die Beklagte stellte ihren Kunden seit dem Jahr 2012 für Rücklastschriften einen Betrag in Höhe von 13,00 EUR und für Mahnungen einen Betrag in Höhe von 9,00 EUR in Rechnung. Dazu hatte sie ihre Rechnungssoftware so eingerichtet, dass die entsprechenden Beträge im Rücklastschrift- bzw. Mahnfall automatisch als Sollbuchung
16"Rücklastschrift (inkl. Bankgebühr) […] 13,0000"
17bzw.
18"Erste Mahnung […] 9,0000"
19in das betreffende Kundenkonto eingestellt wurden. Beispielhaft wird insoweit auf eine Rechnung der Beklagten vom 15.01.2013 (Anlage K19) Bezug genommen.
20Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 04.12.2012 (Anlage K17) wegen der Erhebung der Rücklastschriftpauschale und der Mahnkostenpauschale in den Rechnungen der Beklagten ab. Er teilte in dem Schreiben seine Auffassung mit, die Beklagte könne für die Rücklastschrift allenfalls „die [ihr] für eine Rücklastschrift anfallenden Bankgebühren i.H.v. 3,00 EUR geltend machen“.
21Auf Antrag des Klägers erging am 07.01.2013 eine Unterlassungsverfügung der Kammer (Az.: 12 O 649/12), durch die der Beklagten untersagt wurde
22"bei der Abwicklung von Telefon- und DSL-Verträgen von Verbrauchern
23a) für eine Rücklastschrift einen Pauschalbetrag i. H. v. 13,00 € zu verlangen, sofern die Antragsgegnerin mit dem betreffenden Verbraucher keine vertragliche Vereinbarung über eine pauschale Abgeltung des ihr im Falle einer Rücklastschrift anfallenden Schadens getroffen hat,
24b) für eine Mahnung wegen eines Zahlungsrückstandes einen Pauschalbetrag i. H. v. 9,00 € zu verlangen, sofern die Antragsgegnerin mit dem betreffenden Verbraucher keine vertragliche Vereinbarung über eine pauschale Abgeltung des ihr für eine Mahnung anfallenden Schadens getroffen hat.“
25Der Beschluss der Kammer ist der Beklagten am 14.01.2013 zugestellt worden. Auf den Widerspruch der Beklagten gegen die einstweilige Verfügung bestätigte die Kammer ihre Entscheidung durch Urteil vom 05.06.2013. Die Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein, die durch Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13.02.2014 zu dem Aktenzeichen I-6 U 84/13 zurückgewiesen wurde. Die Beklagte gab mit Schreiben vom 07.03.2014 eine Abschlusserklärung ab.
26Wegen der Erhebung von Rücklastschriften in Höhe von mind. 13,00 EUR und Mahnpauschalen in Höhe von mind. 9,00 EUR nach dem 29.01.2013 machte der Kläger vor der Kammer unter dem Aktenzeichen 12 O 5/15 einen Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Gewinnabschöpfungsanspruches geltend. Sie ließ sich den Prozess durch einen gewerblichen Prozessfinanzierer finanzieren. Die Kammer gab dem Auskunftsantrag des Klägers durch Teilurteil vom 11.11.2015 (Az.: 12 O 5/15) überwiegend statt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht Düsseldorf durch Schlussurteil vom 07.02.2017 (Az.: I-20 U 139/15), berichtigt durch Beschluss vom 09.03.2017, zurück und fasste auf die Berufung des Klägers den Tenor hinsichtlich der Auskunftsverpflichtung teilweise neu. Das Oberlandesgericht ließ hinsichtlich der von ihm verneinten Frage, ob die Einschaltung eines gewerblichen Prozessfinanzierers rechtsmissbräuchlich sei, die Revision zu. Die von der Beklagten eingelegte Revision wurde bei dem Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen I ZR 26/17 geführt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Einschaltung eines gewerblichen Prozessfinanzierers als rechtsmissbräuchlich einzustufen sei und wies die Klage mit Urteil vom 13.09.2018 als unzulässig ab. Der Kläger erhob gegen die Entscheidung Verfassungsbeschwerde (Az.: 1 BvR 267/19), über die zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht entschieden ist.
27Seit Mitte August 2013 und bis April 2015 stellte die Beklagte, die ihr automatisiertes Rechnungswesen entsprechend eingestellt hatte, Rücklastschrift- und Mahnpauschalen nunmehr in Höhe von 9,50 EUR bzw. 6,50 EUR in Rechnung.
28Der Kläger mahnte sie mit Schreiben vom 02.10.2013 (Anlage K42) ab und verlangte erfolglos die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Durch Urteil der Kammer vom 25.02.2015 (Az.: 12 O 64/14) wurde der Beklagten die Erhebung der Pauschalen in Höhe von 9,50 EUR bzw. 6,50 EUR untersagt. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. I-6 U 52/15) nahm die Beklagte zurück.
29Die Berufung gegen ein Urteil der Kammer, mit dem der Beklagten auch die Erhebung von Pauschalen in Höhe von 5,00 EUR und 3,00 EUR untersagt wurde (Urteil vom 11.01.2017, Az.: 12 O 374/15), wies das Oberlandesgericht Düsseldorf zurück (Az.: I-20 U 39/17). Die Revision wurde nicht zugelassen.
30Unter dem Aktenzeichen 12 O 184/16 nahm der Kläger vor der Kammer die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Herausgabe des Gewinns wegen der Erhebung von Rücklastschriftgebühren in Höhe von mindestens 9,50 EUR und Mahnpauschalen in Höhe von mindestens 6,50 EUR seit dem 16.08.2013 in Anspruch. Durch Teilurteil vom 14.02.2018, berichtigt durch Beschluss vom 18.04.2018, entsprach die Kammer in der Auskunftsstufe dem zuletzt gestellten Hauptantrag des Klägers überwiegend.
31Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob das Urteil auf die Berufung der Beklagten auf und wies die Auskunftsklage unter Berücksichtigung der mittlerweile vorliegenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Prozessfinanzierung mit Urteil vom 04.07.2019 als unzulässig ab (Az.: I-2 U 46/18). Die angekündigte Leistungsklage nahm der Kläger zurück.
32Zu einem Zeitpunkt im Jahre 2015 reduzierte die Beklagte ihre Rücklastschrift- und Mahnpauschalen weiter auf 4,50 EUR bzw. 2,80 EUR.
33In den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für F.-Dienstleistungen (AGB)“ (Stand: 13.01.2018; Anlage K1) hieß es unter der Überschrift „Vergütung“:
34„3.5 1 Der Einzug von Rechnungsbeträgen im SEPA-Basis-Lastschriftverfahren ist als Standard vorgesehen. 2 F. informiert den Kunden spätesten zwei Tage vor der Abbuchung über die einzuziehende Beitragshöhe und den Zeitpunkt des Einzugs.“
35Die „Preisliste für F. Mobilfunk-Dienstleistungen“ (Stand: Juni 2018) und die „F.-Preisliste DSL- & Festnetz-Pakete inkl. Surf-Sofort und LTE Zuhause“ (Stand: Juni 2018) der Beklagten enthielten keine Beträge für Rücklastschriften oder Mahnungen.
36In Rechnungen vom April 2016, 15.11.2017 und 13.04.2018 an den Kunden der Beklagten Herrn B. wies die Beklagte Rücklastschrift- und Mahnpauschalen i.H.v. 4,50 EUR bzw. 2,80 EUR aus (Anlage K2-K4). Herr B. hatte mit der Beklagten keine Vereinbarung über eine pauschale Abgeltung des Rücklastschrift- und Mahnschadens getroffen.
37Die Beklagte wies die genannten Pauschalen zudem in Preislisten zu Dienstleistungen, die die Beklagte in Kooperation mit der C AG. (Anlage K6) und unter der Marke „O.“ (Anlage K8) erbringt, aus.
38Mit Schreiben vom 06.06.2018 mahnte der Kläger die Beklagte wegen der Rücklastschrift- und Mahnpauschalen in Höhe von 4,50 EUR bzw. 2,80 EUR ab (Anlage K9). Die Beklagte lehnte die Abgabe einer Unterlassungserklärung ab.
39Die Beklagte betrieb vor dem Bundesamt für Justiz (im Folgenden: BfJ) mehrere Auskunftsverfahren auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (im Folgenden: IFG), die sich auf den Kläger bezogen. Unter anderem ersuchte die Beklagte mit Schreiben vom 14.09.2020 (Anlage B26) das BfJ um Auskunft hinsichtlich einer von dem Kläger beantragten Kostenerstattung im Zusammenhang mit einem Gewinnabschöpfungsverfahren. Das BfJ teilte mit Bescheid vom 08.10.2020 (Anlage B25) mit, an den Kläger sei „zwischenzeitlich ein[…] Betrag in Höhe von 460.193,54 Euro […] erstattet“ worden. Mit weiterer Auskunft vom 26.03.2021 (Anlagenkonvolut B42) teilte das BfJ mit, dass es sich um Auszahlungen an den Prozessfinanzierer des Klägers und an dessen Prozessbevollmächtigten gehandelt habe. Aus der Auskunft geht auch hervor, dass der Kläger mit Schreiben vom 11.03.2019 Kostenerstattung in Höhe von 384.951,62 EUR durch Direktzahlung an seinen Prozessfinanzierer und Kostenerstattung in Höhe von 75.241,92 EUR durch Direktzahlung an seinen Prozessbevollmächtigten begehrt hatte.
40Der Kläger behauptet, er sei in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG eingetragen.
41Der vorliegende Rechtsstreit werde nicht durch einen Prozessfinanzierer finanziert. Soweit die geltend gemachten Gewinnabschöpfungsansprüche bereits in anderen Rechtsstreiten, hinsichtlich derer eine Finanzierung vorgelegen habe, gegenständlich gewesen seien, habe der Prozessfinanzierer K. AG diese Verträge gekündigt. Hinsichtlich des Rechtsstreits 12 O 5/15 sei dies durch Kündigungsschreiben vom 06.11.2018 (Anlage K12 – Bl. 351 d.A.) und hinsichtlich des Rechtsstreits 12 O 184/16 durch Kündigungsschreiben vom 14.12.2018 (Anlage K13 – Bl. 352 d.A.) geschehen. Die Verträge seien damit endgültig beendet. Die K. AG partizipiere nicht am Erfolg neuer Klagen. Unterlassungsklagen habe der Kläger nie durch einen Prozessfinanzierer unterstützen lassen. Der ehemalige Prozessfinanzierer des Klägers finanziere auch nicht dessen Verfassungsbeschwerden.
42Der Kläger sei klagebefugt. Insbesondere lägen die Voraussetzungen für die Eintragung gem. § 4 Abs. 1 UKlaG weiter vor. Der Kläger komme auch seiner nicht-gewerbsmäßigen Aufklärung und Beratung von Verbrauchern uneingeschränkt nach.
43Der Kläger ist der Auffassung, die Praxis der Erhebung der Pauschalen in den streitgegenständlichen Höhen sowie die Ausweisung der Beträge in Preislisten sei nach § 309 Nr. 5 a) und b) BGB unzulässig. Die Beklagte habe weder einen Schaden durch Rücklastschriften und Mahnungen in der berechneten Höhe, noch einen branchentypischen Durchschnittsschaden, dargetan. Die Pauschalierungspraxis sei auch wettbewerbswidrig.
44Der Kläger behauptet, tatsächlich würden sich die Kosten der Beklagten im Falle einer Rücklastschrift auf 2,90 EUR Rücklastschriftbankkosten und höchstens 0,05 EUR Benachrichtigungskosten per SMS belaufen. Die Beklagte benachrichtige ihre Kunden regelmäßig nicht per Postbrief, sondern per SMS.
45Die großen deutschen Telekommunikationsunternehmen würden zudem niedrigere Rücklastschriftpauschalen als 4,50 EUR verlangen. Die Q. AG verlange 4,00 EUR, die L. GmbH & Co. KG verlange 4,00 EUR und X. GmbH verlange lediglich 3,80 EUR. Die Entgelte der Gläubigerbanken beliefen sich auf durchschnittlich unter 0,50 EUR für große Telekommunikationsunternehmen. Auch für Standardpostbriefe, wenn man der Beklagten Postentgelte zugestehen sollte, könne diese als Großkunde Mengenrabatte in Anspruch nehmen. Das zu zahlende Porto liege dann zwischen 0,58 EUR und 0,47 EUR. Die Materialkosten könnten sich auf nicht mehr als 0,03 EUR belaufen. Diesen Vortrag bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen.
46Ein Tochterunternehmen der Beklagten hätte im Rechtsstreit LG Köln, 31 O 367/16 eingeräumt, dass Gläubigerbankentgelte in Höhe von 0,45 EUR entstünden.
47Das Entgelt, das die Schuldnerbank berechne, liege durchschnittlich bei unter 2,70 EUR.
48Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
491. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, bei der Abwicklung von Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen von Verbrauchern
50b. für eine Rücklastschrift einen Pauschalbetrag i.H.v. 4,50 EUR oder einen höheren Pauschalbetrag zu verlangen, insbesondere diesen in maschinell erzeugten Rechnungen auszuweisen,
51es sei denn, die Beklagte hat mit dem betroffenen Verbraucher eine Individualabrede über eine pauschale Abgeltung des ihr durch eine Rücklastschrift anfallenden Schadens mindestens in Höhe der verlangten Pauschale getroffen,
52c. für eine Mahnung einen Pauschalbetrag i.H.v. 2,80 EUR oder einen höheren Pauschalbetrag zu verlangen, insbesondere diese in maschinell erzeugten Rechnungen auszuweisen,
53es sei denn, die Beklagte hat mit dem betroffenen Verbraucher eine Individualabrede über eine pauschale Abgeltung des ihr durch eine Mahnung anfallenden Schadens mindestens in Höhe der verlangten Pauschale getroffen,
542. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere Preislisten, zum Abschluss von Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen gegenüber Verbrauchern folgende oder diesen inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden oder sich bei der Abwicklung entsprechender Verträge auf solche Klauseln zu berufen:
55Leistungen |
Preis |
Takt |
Je Rücklastschrift |
4,50 EUR |
b.
57Leistungen |
Preis |
Takt |
Mahngebühr 1. Mahnung |
2,80 EUR |
|
Mahngebühr 2. Mahnung |
2,80 EUR |
3. an den Kläger 145,00 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 4 % p.a. ab 06.06.2018 bis Rechtshängigkeit und 5%punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
59Klageerweiternd und nach teilweiser Änderung in der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2020 beantragt der Kläger mit Schriftsatz vom 08.03.2019, der Beklagten am 06.05.2019 zugestellt, und hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 4 b) mit Schriftsatz vom 19.12.2019, der Beklagten am 06.01.2020 zugestellt, im Wege der Stufenklage,
604. ihm Auskunft darüber zu geben, welche Gewinne die Beklagte
61a) seit dem 29.01.2013 dadurch erzielt hat, dass sie von Verbrauchern bei der Abwicklung von Telekommunikationsverträgen für Rücklastschriften einen Pauschalbetrag von mindestens 13,00 EUR oder für Mahnungen einen Pauschalbetrag von mindestens 9,00 EUR und
62b) seit dem 13.09.2013 dadurch erzielt hat, dass sie von Verbrauchern für Rücklastschriften einen Pauschalbetrag von 9,50 EUR oder für Mahnungen einen Pauschalbetrag von 6,50 EUR
63vereinnahmt hat, ohne dass sie mit dem jeweils betroffenen Verbraucher eine Individualabrede über die pauschale Abgeltung des Rücklastschrift- bzw. Mahnschadens in mindestens der Höhe der vereinnahmten Pauschale getroffen hatte.
64Dazu hat die Beklagte dem Kläger kaufmännisch Rechnung zu legen und ihm in monatlich geordneter Aufstellung einzeln mitzuteilen,
65a) welche Einnahmen sie durch die Vereinnahmung der Rücklastschrift- und Mahnpauschalen bestimmter Höhe im Auskunftszeitraum jeweils erzielt hat,
66b) welche Ausgabenpositionen in welcher Höhe sie im Zusammenhang mit der Inrechnungstellung und Vereinnahmung der Rücklastschriftpauschalen gewinnschmälernd in Abzug bringen will,
67wobei die Beklagte
68(iii) wenn sie Rücklastschriftkosten in Abzug bringen will, auch die Rücklastschriftbankkosten und getrennt von anderen Positionen auszuweisen hat und
69(iv) wenn sie Benachrichtigungskosten in Abzug bringen will, auch die Porto- und Materialkosten und getrennt voneinander und von anderen Positionen aufzuweisen hat,
70c) welche nach § 10 Abs. 2 S. 1 UWG abzugsfähigen Leistungen sie auf Grund der Zuwiderhandlung an Dritte oder an den Staat erbracht hat und
71d) welche Nutzungen sie aus den erzielten Gewinnen im Auskunftszeitraum gezogen hat, wobei sie im Falle der Finanzierung ihrer laufenden Geschäftstätigkeit auch über Kredite nur mitzuteilen hat, zu welchen Höchstzinssätzen sie Kredite in welchen Zeiträumen in Anspruch genommen hat bzw. nimmt.
72Die Beklagte kann die Rechnungslegung hinsichtlich der Identität der einzelnen Rücklastschriftfälle gegenüber einem vom Kläger zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer vornehmen, indem sie ihm eine – ggf. digitale – Auflistung der einzelnen Pauschalierungsfälle übergibt,
73a) sofern sie die Kosten seiner Einschaltung trägt,
74b) eine Bestätigung des Wirtschaftsprüfers vorlegt, dass die sich aus der Auflistung ergebenden Summen der Einnahmen mit den dem Kläger nach Satz 2 lit. a) mitgeteilten Einnahmen übereinstimmen und
75c) den Wirtschaftsprüfer ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf Antrag mitzuteilen, ob in der Auflistung ein oder mehrere bestimmte Pauschalierungsfälle enthalten sind.
76Soweit die Beklagte vom Wirtschaftsprüfervorbehalt Gebrauch macht, wird ihr zur Datenübergabe eine Frist von einem Monat ab Benennung des Wirtschaftsprüfers gewährt. Die verbleibende Verpflichtung zur Auskunftserteilung an den Kläger wird durch den Wirtschaftsprüfervorbehalt nicht hinausgeschoben.
77Die Beklagte beantragt,
78die Klage abzuweisen.
79Die Beklagte hat zudem beantragt, gemäß § 4 Abs. 4 UKlaG die Verhandlung auszusetzen und das Bundesamt der Justiz zur Überprüfung der Eintragung des Klägers aufzufordern.
80Die Beklagte hat weiter beantragt, gegenüber dem Kläger unter Fristsetzung gemäß der §§ 421ff. ZPO bzw. 142 ZPO,
811. sämtliche zwischen dem Kläger und einem und/oder mehreren Prozessfinanzierer(n) abgeschlossenen Vertrag/Verträge einschließlich aller Neben- und Ergänzungsvereinbarungen sowie aller etwaigen Kündigungsschreiben vorzulegen und der Beklagten vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung die Möglichkeit zur Kenntnisnahme und Stellungnahme zu gewähren
82sowie
832. den Schriftverkehr zwischen dem Kläger und dem Bundesamt für die Justiz, der die Erhebung und Weiterführung von auf § 10 UWG gestützten Gewinnabschöpfungsprozessen des Klägers nach der Entscheidung des BGH vom 13.09.2018, Az.: I ZR 26/17, betrifft, vorzulegen und der Beklagten vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung die Möglichkeit zur Kenntnisnahme und Stellungnahme zu gewähren.
84Die Beklagte behauptet, Rücklastschriftpauschalen in Höhe von 4,50 EUR entsprächen dem branchenüblichen Durchschnittsschaden und seien in der Branche verbreitet. Die Beklagte trägt insoweit zu den Entgelten verschiedener deutscher Banken vor (Bl. 615 d.A.). Selbst bei Zugrundelegung eines 50%igen Rabattes für Telekommunikationsunternehmen seien Entgelte der Gläubigerbank in Höhe von 2,25 EUR branchenüblich. Hinzu kämen Entgelte der Schuldnerbank, die sich durchschnittlich auf 2,71 EUR beliefen (Bl. 620 d.A.). Hinzu kämen Portokosten in Höhe von mittlerweile 0,80 EUR und Materialkosten in Höhe von 0,28 EUR. Es entstünden zusätzlich weitere Schäden, etwa Personalkosten. Die Zulässigkeit der Pauschalen hätten zudem sowohl das Landgericht Köln (LG Köln, Urteil vom 21.07.2020, Az.: 31 O 367/16) als auch das Oberlandesgericht Köln (Beschluss vom 24.11.2020, Az.: 6 U 97/20) als zulässig angesehen.
85Hinsichtlich der Mahnpauschale liege der branchenübliche Durchschnittsschaden bei mindestens 2,98 EUR (Bl. 629 d.A.). Dieser setze sich wie folgt zusammen:
86 Porto: 0,80 EUR
87 Papier und Druck für die schriftlichen Mahnungen: 0,28 EUR
88 Personalkosten (nur für das Mahnwesen): 0,67 EUR
89 Zinsverluste durch Zahlungsverzug der Kunden: 0,73 EUR
90 Subventionierungskosten: 0,50 EUR
91Soweit die Beklagte im Verfahren 12 O 184/16 durch Schreiben vom 16.04.2018 (Anlage K11) Auskunft erteilt habe und sich aus dieser nach der Auffassung des Klägers ergebe, dass der Beklagten im Einzelnen tatsächlich ein niedrigerer als der branchenübliche Schaden entstehe, sei dies unerheblich. Der Kläger habe die Auskunft auf Grundlage eines rechtsmissbräuchlich erlangten Titels erhalten und könne sie nicht benutzen.
92Der Kläger sei auch nicht aktivlegitimiert. Der Kläger sei nicht in die Liste qualifizierte Einrichtungen gemäß § 4 Abs. 1 UKlaG eingetragen. Selbst wenn er dies wäre, würden die Eintragungsvoraussetzungen gemäß § 4 Abs. 2 UKlaG nicht vorliegen. Die Tätigkeit des Klägers erschöpfe sich in Abmahnungen und der Kläger lobe Prämien für die Einreichung von Rechnungen aus. Nachbarn, die ihr Büro in dem Gebäude und auf der Etage des Klägers unterhielten, hätten bestätigt, dass die Geschäftsstelle des Klägers fast nie besetzt sei und dort auch kein Publikumsverkehr stattfinde; der Kläger sei daher nicht beratend tätig. Die Gründung des Klägers sei durch sechs Rechtsanwälte und die Frau des Prozessbevollmächtigten des Klägers erfolgt, die sich ausbedungen hätten, vor anderen Vereinsmitgliedern einen Anspruch auf einen Vorstandssitz zu haben. Durch die Veröffentlichungen des Klägers werde eine satzungsgemäße Tätigkeit lediglich vorgetäuscht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe aufgrund dessen Stellung nach wie vor einen entscheidenden Einfluss auf das Gebaren des Klägers; hierfür sprächen auch Anwaltsgebühren in Höhe von 362.792,68 EUR in dem Verfahren 12 O 5/15. Es sei zudem davon auszugehen, dass die Vorstände des Klägers an den Gebührenansprüchen des Prozessbevollmächtigten des Klägers beteiligt würden.
93Das Eintragungsverfahren vor dem BfJ sei bereits im Ausgangspunkt fehlerhaft erfolgt. Auch im Rahmen der Routineprüfung im Jahr 2016 habe das BfJ das weitere Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen nur oberflächlich geprüft. Diesbezüglich nimmt die Beklagte Bezug auf das Anlagenkonvolut B42. Im Einzelnen habe das BfJ insbesondere folgende Umstände entweder nicht oder nur unzureichend berücksichtigt:
94 Ständige Beauftragung des Gründungsvorstands als Prozessbevollmächtigter unter Entstehung erheblicher Kostenansprüche
95 keine Aufklärung und Beratung der Verbraucher
96 Erhebliches Missverhältnis der Prozessführung
97 Keine hinreichende Ausstattung des Klägers
98 Satzungsverstöße des Klägers
99 keine bestehenden Mitgliederrechte beim Kläger
100 Einnahmeerzielung durch Prozessfinanzierung
101Die Ausschüttung von Erlösbeteiligungen und Anwaltsgebühren sei zudem unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu der Rechtsmissbräuchlichkeit der Prozessfinanzierung rechtswidrig gewesen.
102Die Unterlassungsanträge seien unbestimmt. Die Anträge seien außerdem zu weit gefasst und würden auch zulässige Verhaltensweisen erfassen. Es sei zu weitgehend, sämtliche „Telekommunikationsdienstleistungsverträge“ in den Antrag mit einzubeziehen, wenn der Kläger sich lediglich auf Mobilfunkverträge stütze. Auch sei der Antrag zu weitgehend, als er nur solche Pauschalen ausnehme, die im Wege der Individualvereinbarung, und nicht auch solche, die im Wege zulässiger AGB-Regelung, vereinbart worden seien.
103Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe in der Sache nicht. Der Kläger habe bereits nicht ausreichend zu der konkreten Vertragssituation des Kunden B. vorgetragen.
104Den Auskunftsansprüchen stünden die Zulässigkeitshindernisse der „entgegenstehenden Rechtskraft“ und der „anderweitigen Rechtshängigkeit“ entgegen.
105Die Beklagte erhebt hinsichtlich der Klageerweiterung vom 08.03.2019 und der weiteren Klageerweiterung vom 19.12.2019 die Einrede der Verjährung. Der Kläger sei unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben daran gehindert, sich auf eine Hemmung der Verjährung zu berufen. Hinsichtlich des Auskunftsantrages zu Ziff. 4 d) scheide eine Verjährungshemmung bereits deswegen aus, weil der Kläger diesen in dem Vorprozess bereits nicht geltend gemacht habe. Auch die Anträge zu Ziff. 4 a) bis c) hätten sich gegenüber dem Vorprozess verändert.
106Der Kläger handle rechtsmissbräuchlich. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ließe nach zunächst niedriger Streitwertfestsetzung bei Obsiegen Streitwerte nachträglich im eigenen Namen heraufsetzen. Er sei Gründungsvorstand des Klägers im Jahr 2007 gewesen. Der Kläger habe in dem Verfahren 12 O 649/12 Vorgänge doppelt in das Vollstreckungsverfahren eingeführt. Der Kläger rufe auf seiner Internetseite dazu auf, ihm gegen eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 10,00 EUR Rechnungen der Beklagten zu übermitteln. Der Kläger habe bereits im Rahmen der Abmahnung vom 02.10.2013, in der er eine Unterlassungserklärung hinsichtlich Pauschalen, die höher als 4,00 EUR bzw. 1,50 EUR sei, gefordert hat, diesen Anspruch auch gerichtlich durchsetzen müssen und sich nicht auf die tatsächlich von der Beklagten geforderten Pauschalen beschränken dürfen. In Vergleichsgesprächen habe die Beklagte den Kläger so verstanden, dass er eine Rücklastschriftpauschale in Höhe von 5,00 EUR akzeptieren werde.
107Es lägen zudem Anhaltspunkte vor, dass der Kläger auch weiterhin durch einen Prozessfinanzierer unterstützt werde. Insbesondere trage der Kläger nicht zu dem Schicksal des Prozessfinanzierungsvertrages vor. Es sei davon auszugehen, dass die Verträge mit dem Prozessfinanzierer sich auf sämtliche Gewinnabschöpfungsverfahren bezogen hätten. In einem Parallelverfahren vor dem OLG Celle habe der Kläger eine Ergänzungsvereinbarung vorgelegt und damit zu erkennen gegeben, dass die Verträge weiterhin bestehen. Zudem sei der bereits durch den Bundesgerichtshof festgestellte Rechtsmissbrauch nicht heilbar.
108Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
109Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 07.06.2021 lag bei Abfassung der Entscheidung vor.
110Entscheidungsgründe:
111Die Klage ist zulässig und hinsichtlich der Unterlassungs- und Auskunfts- und Folgeanträge, die allein zur Entscheidung anstehen, überwiegend begründet.
112Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 07.06.2021 bot keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
113I.
114Die Klage ist zulässig.
1151.
116Der Kläger kann die streitgegenständlichen Ansprüche im Wege der Klagehäufung geltend machen, § 260 ZPO. Eine Veranlassung, insbesondere die Auskunftsansprüche gem. § 145 ZPO abzutrennen, wie es die Beklagte beantragt, besteht nicht.
1172.
118Dem Gewinnabschöpfungsverfahren stehen weder eine anderweitige Rechtshängigkeit noch eine anderweitige Rechtskraft entgegen. Die Klage in dem Verfahren 12 O 5/15 wurde durch den BGH insgesamt als unzulässig abgewiesen. Die Klage in dem Verfahren 12 O 184/18 wurde durch das OLG Düsseldorf in der Auskunftsstufe als unzulässig abgewiesen. Der Leistungsantrag wurde zurückgenommen.
119Bei beiden Entscheidungen handelte es sich um Prozessurteile, so dass mit ihnen rechtskraftfähig nur über die Prozessfrage, auf die das Urteil gestützt wurde, entschieden werden konnte (G. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 322 ZPO Rn. 2). Da diese Prozessfrage vorliegend nicht mehr relevant ist, besteht das Hindernis der entgegenstehenden Rechtskraft nicht.
120Auch sind die vorangegangenen Klagen nicht anderweitig rechtshängig. Die Rechtshängigkeit wurde durch rechtskräftiges Urteil des Bundesgerichtshofs beendet. Die anhängigen Verfassungsbeschwerden begründen keine neue Rechtshängigkeit (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.12.2019, I-20 W 90/10, nv).
1213.
122Die Klageanträge sind hinreichend bestimmt.
123Der Klageantrag bestimmt Art und Umfang des Rechtsschutzbegehrens. Er bindet das Gericht und bestimmt durch Erfolg oder Nichterfolg die Kostenfolge. Daher muss er, obwohl der Auslegung zugänglich, eindeutig sein. Grundsätzlich ist ein Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch durch Bezifferung oder gegenständliche Beschreibung so konkret bezeichnet, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis klar abgegrenzt ist, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennbar sind, das Risiko des Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt und eine etwaige Zwangsvollstreckung nicht mit einer Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren belastet wird (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 253 ZPO Rn. 13).
124Die seitens der Beklagtenseite gerügten Begrifflichkeiten stehen der Bestimmtheit des Antrags auf der Grundlage dieser Kriterien nicht entgegen. Die Begriffe „Pauschale“ und „Pauschalbetrag“ sind bereits unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs aus sich heraus verständlich (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2017 - 12 O 374/15, BeckRS 2017, 107652; LG Düsseldorf, Teilurteil vom 11.11.2015 - 12 O 5/15, BeckRS 2015, 126144). Darüber hinaus werden die Begriffe „Pauschalierung“ und „Pauschale“ im Wortlaut des hier streitgegenständlichen § 309 Nr. 5 BGB verwendet, so dass ohne Weiteres ersichtlich ist, wie sie in Bezug zu dem vorliegenden Sachverhalt zu verstehen sein sollen.
125Der Begriff der „Individualabrede“ umfasst alles, was nicht allgemeine Geschäftsbedingung ist. Dies ist gemäß § 305 Abs. 1 BGB definiert als alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Einer Erläuterung dieses Begriffes im Rahmen der Anträge bedurfte es nicht (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.02.2017 – I-20 U 139/15 –, juris).
126Auch die geltend gemachten Auskunftsanträge sind auf der Grundlage der obigen Erwägungen hinreichend bestimmt. Soweit die Beklagte beanstandet, die Begriffe „Gewinn“ und „gewinnschmälernd“ seien unklar, ergibt sich der konkrete Umfang der beantragten Auskunftsverpflichtung jedenfalls aus der im Antrag folgenden Spezifizierung. Die Verwendung der Wendung „kaufmännische Rechnungslegung“ ist jedenfalls unschädlich, denn der notwendige Umfang der Rechnungslegung ergibt sich aus § 259 Abs. 1 BGB (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). Der Begriff der „Nutzungen“ wird in § 100 BGB definiert, so dass auch diesbezüglich keine Unsicherheiten bestehen können.
1274.
128Es ist nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen eines Rechtsmissbrauchs im Sinne der §§ 8c UWG (nF), 2b UKlaG (nF) oder des § 242 BGB vorliegen.
129a)
130Nach § 2b S. 1 UKlaG ist die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs nach den §§ 1 bis 2a UKlaG unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Die Vorschrift ist nahezu wortgleich mit § 8c Abs. 1 Nr. 1 UWG und entsprechend auszulegen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UKlaG § 2b Rn. 1). Ein Fall des Kataloges des § 2b S. 2 UKlaG liegt nicht vor, so dass sich die Rechtsmissbräuchlichkeit des Vorgehens aus sonstigen Umständen ergeben müsste. Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs beschränken sich die seitens der Beklagten vorgebrachten Indizien, die für einen Rechtsmissbrauch sprechen sollen, auf Umstände, die weit überwiegend schon in sonstigen Rechtsstreiten der Parteien vorgebracht und als für einen Rechtsmissbrauch nicht ausreichend angesehen wurden. Die Beklagte hat trotz einer auch obergerichtlichen Auseinandersetzung mit diesen Einwänden und der Qualität des diesbezüglichen Vortrags diesen nicht angepasst.
131Dies betrifft zunächst den Vorwurf, der Prozessbevollmächtigte des Klägers lasse (vermeintlich systematisch) Streitwerte nach Obsiegen des Klägers heraufsetzen. Zur Untermauerung dieses Vortrags nimmt die Beklagte auf einen einzigen Fall im Verfahren OLG Düsseldorf, I-6 U 52/15 Bezug, so dass weiterhin Anhaltspunkte für ein systematisches Vorgehen nicht ersichtlich sind (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2018 – I-20 U 39/17 –, juris).
132Der Umstand, dass der im hiesigen Verfahren Prozessbevollmächtigte des Klägers ein Gründungsmitglied des Klägers war, ist unerheblich. Die Beklagte behauptet insbesondere nicht, der Prozessbevollmächtigte des Klägers könne auf dieser Grundlage in rechtlich bindender Weise Einfluss auf die Entscheidungen des Klägers nehmen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.02.2017 – I-20 U 139/15 –, juris).
133Wenn dem Kläger beim Betreiben eines Ordnungsmittelverfahrens Fehler bei der Einführung von Rechnungen unterlaufen sind, spricht das nicht für ein missbräuchliches Vorgehen (OLG Düsseldorf a.a.O.).
134Dass der Kläger auf seiner Internetseite eine Aufwandsentschädigung im Zusammenhang mit Rechnungen der Beklagten ausgelobt hat, ist jedenfalls im Grundsatz nicht zu beanstanden. Dem Kläger bleibt es unbenommen, sich über die Auslobung einer Aufwandsentschädigung die notwendige Mitwirkung von Verbrauchern an der Wahrnehmung seines Satzungszwecks zu sichern (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.).
135Es kann dem Kläger auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er die Beklagte nur auf Grundlage von ihr tatsächlich an den Tag gelegter Verhaltensweisen in Anspruch nimmt, denn nur hinsichtlich derartiger Verhaltensweisen besteht die für den Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr. Dass aufgrund dieser Verhaltensweise auch eine generelle Erstbegehungsgefahr für die Erhebung anderer überhöhter Pauschalbeträge besteht, ist jedenfalls zweifelhaft, so dass dem Kläger nicht zuzumuten ist, das Risiko einer solchen Rechtsverfolgung einzugehen. Dabei handelt es sich nicht um eine „Salamitaktik“ (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2018 – I-20 U 39/17 –, juris). Welche Schlüsse die Beklagte aus dem Schreiben des Klägers vom 07.02.2014 gezogen haben will, ist unerheblich. Eine irgendwie geartete Zusage der Billigung zukünftiger Verhaltensweisen der Beklagten lässt sich diesem Schreiben nicht entnehmen.
136Es ist zudem festzuhalten, dass die genannten Punkte für den Bundesgerichtshof in dessen diesbezüglichen Entscheidungen (BGH, Urteil vom 13.9.2018 – I ZR 26/17, NJW 2018, 3581 – Prozessfinanzierer; BGH, Urteil vom 9.5.2019 – I ZR 205/17, NJW 2019, 2691 - Prozessfinanzierer II) nicht, auch nicht in der Gesamtschau, Anlass für die Annahme des Rechtsmissbrauchs waren, sondern sich die Ausführungen des Bundesgerichtshofs auf das Vorliegen einer Prozessfinanzierung beschränkt haben.
137b)
138Soweit die Beklagte sich hinsichtlich der Gewinnabschöpfungsverfahren darauf beruft, die Rechtsmissbräuchlichkeit wegen der Einschaltung eines Prozessfinanzierers wirke fort, so dass der Kläger von der Geltendmachung dieser Ansprüche generell ausgeschlossen sei, kann sie damit nicht gehört werden.
139Im Rahmen der Gewinnabschöpfungsansprüche sind die §§ 8c UWG (nF), 2b UKlaG (nF) nicht, auch nicht analog, anwendbar. Diese unterliegen jedoch dem allgemeinen Verbot unzulässiger Rechtsausübung gem. § 242 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 9.5.2019 – I ZR 205/17, NJW 2019, 2691 – Prozessfinanzierer II). Bei der Prüfung des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB können Umstände, die nach den genannten spezielleren Vorschriften einen Rechtsmissbrauch begründen, herangezogen werden. Demnach liegt ein Missbrauch vor, wenn Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgen und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Die Ausübung von Befugnissen, die nicht den gesetzlich vorgesehenen, sondern anderen und rechtlich zu missbilligenden Zwecken dient, ist auch nach § 242 BGB missbräuchlich, ohne dass es auf ein schuldhaftes Verhalten ankommt (BGH a.a.O. mwN).
140Das Oberlandesgericht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.07.2019 – 2 U 46/18 –, juris) hat hinsichtlich des Rechtsmissbrauchs im Zusammenhang mit der Einschaltung eines Prozessfinanzierers Folgendes ausgeführt:
141„Wie sich aus den oben zitierten Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seiner im Vorprozess der Parteien ergangenen Revisionsentscheidung ergibt, kommt es für die Beurteilung des Rechtsmissbrauchs auf die Verfahrenseinleitung an. Ausgangspunkt der vom Bundesgerichtshof angestellten Erwägungen ist nämlich die Frage, ob der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der "Verfahrenseinleitung" erscheinen (BGH, GRUR 2018, 1166 Rn. 40 - Prozessfinanzierer), was hier nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu bejahen ist. Wie der Bundesgerichtshof in seinem im Vorprozess erlassenen Beschluss vom 29.11.2018 (Az. I ZR 26/17; BeckRS 2018, 33720 Rn. 7), mit dem er die Anhörungsrüge des Klägers gegen sein Revisionsurteil zurückgewiesen hat, nochmals zusammenfassend betont hat, folgt der - zur Unzulässigkeit der Klage führende - Rechtsmissbrauch aus dem Umstand, dass die Einschaltung des Prozessfinanzierers dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 10 UWG widersprach und der Anspruch damit aus dem nach der Gesetzesbegründung als sachfremd anzusehenden Motiv des Prozessfinanzierers geltend gemacht wurde, Einnahmen aus dem abgeschöpften Gewinn zu erzielen. Es widerspricht hiernach dem Zweck des § 10 UWG, wenn die Führung von Gewinnabschöpfungsprozessen von der Entscheidung eines Prozessfinanzierers abhängig gemacht wird, dem für den Erfolgsfall eine Beteiligung am abgeschöpften Gewinn zugesagt wird. Der klagende Verband entscheidet dann nämlich letztlich nicht selbst darüber, welche Gewinnabschöpfungsklagen angestrengt werden; vielmehr werden nur solche Prozesse geführt, für die der Prozessfinanzierer eine Finanzierungszusage erteilt hat (BGH, GRUR 2018, 1166 Rn. 42 - Prozessfinanzierer). Dementsprechend hat auch vorliegend der Kläger letztlich nicht selbst darüber entschieden, dass die vorliegende Gewinnabschöpfungsklage gegen die Beklagte erhoben wird. Ohne die Einschaltung des Prozessfinanzierers und die Finanzierungszusage gäbe es das vorliegende Gewinnabschöpfungsverfahren nicht. Eine spätere Beendigung des Prozessfinanzierungsvertrages vermag hieran nichts zu ändern. Ebenfalls ändert eine Beendigung des Prozessfinanzierungsvertrages im Rahmen des laufenden Gewinnabschöpfungsverfahrens nichts daran, dass das Bundesamt für Justiz dadurch, dass es die vom Prozessfinanzierer als Voraussetzung für sein Tätigwerden geforderte Zusage der Beteiligung am abgeschöpften Gewinn erteilt hat, seine neutrale Stellung verlassen und ebenfalls faktisch mit darüber entschieden hat, dass der vorliegende Gewinnabschöpfungsprozess geführt wird.
142Vor diesem Hintergrund erscheint bereits fraglich, ob eine Beendigung des Prozessfinanzierungsvertrages im Rahmen eines laufenden Gewinnabschöpfungsprozesses, insbesondere nach dem Erwirken eines dem Auskunftsbegehren in erster Stufe stattgebenden Urteils, überhaupt möglich ist (vgl. hierzu auch OLG Celle, Beschl. v. 26.02.2019 - 13 U 54/18, Anlage BB 3). Das bedarf vorliegend allerdings keiner abschließenden Entscheidung. Eine "Heilung" kommt - wenn überhaupt - jedenfalls nur dann in Betracht, wenn der Kläger aufgrund der Beendigung des Prozessfinanzierungsvertrages so steht, wie er bei Erhebung einer neuen Klage ohne Einschaltung eines Prozessfinanzierers stünde. Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Nach dem Vortrag des Klägers trägt nach der von ihm behaupteten Kündigung des Prozessfinanzierungsvertrages durch den gewerblichen Prozessfinanzierer dieser weiterhin alle bislang angefallenen Kosten sowie weitere unvermeidliche Kosten. Der Prozessfinanzierungsvertrag ist damit nicht etwa unter Rückzahlung sämtlicher von dem Prozessfinanzierer auf der Grundlage des Finanzierungsvertrages bereits geleisteter Zahlungen (Gerichtskostenvorschüsse, Anwaltsvergütung) vollständig rückabgewickelt worden. Schon deshalb wirkt der Prozessfinanzierungsvertrag hier zwangsläufig fort. Jedenfalls muss, da der Prozessfinanzierer nach den Angaben des Klägers nur noch "unvermeidliche Kosten" tragen soll, davon ausgegangen werden, dass sich der gewerbliche Prozessfinanzierer eine (weitere) Einflussnahme auf Vortrag und Prozessverhalten des klagenden Verbandes vorbehalten hat. Der Prozessfinanzierer hat damit zwar unter Zugrundelegung des Vorbringens des Klägers auf die ursprünglich zugesagte Gewinnbeteiligung, nicht aber auf jede weitere Beeinflussung der Prozessführung des klagenden Verbandes verzichtet. Jedenfalls unter diesen Umständen kommt eine "Heilung" der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtsmissbräuchlich erhobenen Gewinnabschöpfungsklage nicht in Betracht (vgl. auch OLG Celle, Beschl. v. 26.02.2019 - 13 U 54/18, Anlage BB 3).“ [Hervorhebungen durch die Kammer]
143Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen an.
144Aus dieser seitens der Beklagten zitierten Rechtsprechung geht jedoch gerade nicht hervor, dass eine spätere Klageerhebung ohne die Inanspruchnahme eines Prozessfinanzierers weiterhin als rechtsmissbräuchlich einzustufen sein soll. Ausdrücklich hat das Oberlandesgericht dies auch im hiesigen Beschwerdeverfahren I-20 W 90/19 ausgeführt.
145Es bestehen auch keine ernstzunehmenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger weiterhin die Unterstützung eines Prozessfinanzierers in Anspruch nimmt. Soweit die Beklagte bestreitet, dass die seitens des Klägers vorgelegten Kündigungsschreiben sich auf die vorangegangenen Gewinnabschöpfungsverfahren beziehen, und die Vorlage der Prozessfinanzierungsverträge anregt, bzw. die Anordnung der Vorlage beantragt, ist das Bestreiten unbeachtlich und dem Antrag nicht zu folgen. Der Kläger ist nicht gehalten, das Vertragswerk vorzulegen, denn dem substantiierten Vortrag zu der erfolgten Kündigung sämtlicher Verträge unter Vorlage der Kündigungsschreiben an den Kläger (Anlage K12 und K13, Bl. 351ff d.A.) der Kündigungsschreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers (Anlage K54 und K55) und der auszugsweisen Vorlage der Prozessfinanzierungsverträge (Anlage K52 und K53) lässt sich entnehmen, dass die Prozessfinanzierungsverträge beendet sind. Aus den Kündigungsschreiben, jedenfalls denen an den Klägervertreter, geht hinreichend deutlich hervor, um welche Verfahren des Klägers es in diesen geht.
146Indizien dafür, dass entgegen dieses Vorbringens weiterhin eine Prozessfinanzierung stattfindet, liegen nicht vor. Diese ergeben sich weder aus dem Umstand, dass zunächst seitens des Klägers versucht worden sein mag, eine Art und Weise der Prozessfinanzierung zu gestalten, die sich nicht als rechtsmissbräuchlich darstellt, noch aus dem Umstand, dass der Kläger gegebenenfalls unter Abstimmung mit ihrem ehemaligen Prozessfinanzierer Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen des BGH eingelegt hat. Sie folgen auch nicht daraus, dass der Kläger nicht von sich aus sein gesamtes Vertragswerk im Zusammenhang mit der Prozessfinanzierung vorlegt.
147c)
148Anzeichen für einen Rechtsmissbrauch des Klägers ergeben sich auch nicht aus den Informationen, die die Beklagte auf der Grundlage ihrer IFG-Anfragen an das BfJ in den Rechtsstreit eingeführt hat. Zwar schließt es die Kammer nicht aus, dass eine Herbeiführung der Zustellung der Klageerweiterungen an die Beklagte unter Verschleierung der Vermögensverhältnisse des Klägers und damit einhergehender Erschleichung einer Streitwertbegünstigung Anlass gegeben hätte, eine Rechtsmissbräuchlichkeit dieses Vorgehens zu erwägen. Bereits auf Grundlage der seitens der Beklagten vorgelegten Informationen ergibt sich jedoch, dass zwar der Kläger gegebenenfalls im Rahmen des Streitwertbegünstigungsverfahrens unvollständige Angaben über seine Vermögensflüsse gemacht hat, diese sich aber in der fehlenden Angabe von Direktzahlungen an seine Kostengläubiger und der damit verbundenen Verbindlichkeiten erschöpfen. Diese hätten nach Auffassung der Kammer im Rahmen der Angaben über die Vermögensverhältnisse des Klägers angegeben werden müssen, selbst wenn die fraglichen Beträge niemals die Vereinskonten des Klägers erreicht haben. Insbesondere ist der Beklagten beizupflichten, dass auch die fehlende Offenlegung von Verbindlichkeiten des Klägers für die Prüfung der Streitwertbegünstigung relevant ist. Da jedoch im Ergebnis diese Zahlungsflüsse die Vermögenssituation des Klägers nicht günstiger und auch nicht schlechter erscheinen lassen, als er es angegeben hat, ist ein Verhalten des Klägers, das die Grenze zu der Annahme eines Rechtsmissbrauches überschreitet, noch nicht anzunehmen.
1495.
150Der Kläger ist klagebefugt. Dabei gilt für die Verbraucherverbände der §§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG, 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG die Lehre von der Doppelnatur, die besagt, dass die in diesen Vorschriften aufgestellten Voraussetzungen nicht nur für die Anspruchsberechtigung vorliegen müssen, sondern zugleich Prozessvoraussetzung sind. Liegen sie nicht vor, fehlt es an der Klagebefugnis (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 39. Aufl. 2021, UWG § 8 Rn. 3.9; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UKlaG § 3 Rn. 3)
151Der Kläger ist entsprechend der Bestimmungen der §§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen eingetragen. Das Bestreiten der Beklagte in dieser Hinsicht ist angesichts der öffentlich abrufbaren Eintragung unbeachtlich, § 291 ZPO.
152Einer Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 UKlaG (nF) gem. § 4a Abs. 2 UKlaG (nF) bedarf es nicht. Gemäß § 4a Abs. 2 UKlaG (nF) kann das Gericht das BfJ zur Überprüfung der Eintragung auffordern und die Verhandlung bis zu dessen Entscheidung aussetzen, wenn sich in einem Rechtsstreit begründete Zweifel am Fortbestehen der Eintragungsvoraussetzungen ergeben. Derartige Zweifel bestehen vorliegend nicht.
153Die Eintragung in der Liste der qualifizierten Einrichtungen hat für die Klagebefugnis konstitutive Wirkung. An das Vorliegen begründeter Zweifel sind strenge Anforderungen zu stellen, weil sonst die effektive Durchsetzung der Ansprüche aus §§ 1, 2 UKlaG und § 8 Abs. 1 UWG gefährdet wäre (vgl. BGH, Urt. v. 4.7.2019 – I ZR 149/18 GRUR 2019, 966 – Umwelthilfe mwN).
154Auch die weiteren durch die Beklagte vorgetragenen Umstände begründen keine Zweifel, die eine Verfahrensaussetzung und Überprüfung durch das BfJ rechtfertigen würden. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Kammer die Vorschrift des § 4a Abs. 2 UKlaG (nF) nicht dahingehend auslegt, dass diese es dem Prozessgegner eines in die Liste eingetragenen Vereins erlauben soll, sämtliche Einzelheiten der behördlichen Überprüfung einer erneuten Überprüfung durch die Gerichte zuzuführen. Soweit also die Beklagte der Auffassung ist, das BfJ habe im Rahmen des Verfahrens der ursprünglichen Eintragung und turnusmäßigen Überprüfung im Jahr 2016 einen zu oberflächlichen Prüfungsmaßstab angelegt, bietet dies außerhalb blatanter und offenkundiger Rechtsverstöße oder Versäumnisse keine Veranlassung, das Amt zu einer Überprüfung seiner eigenen Vorgehensweise aufzufordern.
155Derartige Mängel sind hier nicht ersichtlich. Der Behörde waren ersichtlich die nunmehr geäußerten Zweifelsmomente, insbesondere die Frage, ob der Kläger in einem ausreichenden Maße Verbraucherberatung betreibt und ob das Verhältnis der Einnahmen durch Abmahnungen und Vertragsstrafen in einem angemessenen Verhältnis zu den sonstigen Einnahmen steht, bei der Eintragung bekannt und haben zu einer den Maßstäben der Behörde genügenden Überprüfung geführt. Auch muss der Behörde ein Ermessenspielraum zugebilligt werden, was die Abwicklung der durch den Bundesgerichtshof als rechtsmissbräuchlich eingestuften Prozessfinanzierung angeht. Etwaige Fehler in diesem Bereich, so die Auszahlung von gegebenenfalls nicht erstattungsfähigen Beträgen an den Prozessfinanzier und den Prozessbevollmächtigten des Klägers, wären zudem nicht geeignet, sich auf die Eintragungsvoraussetzungen des Klägers auszuwirken, sondern betreffen ein Verhalten der Behörde.
156Nicht ersichtlich sind tatsächliche Anhaltspunkte für eine unzulässige „Gewinnbeteiligung“ der Vorstandsmitglieder des Klägers an den Einnahmen ihres Prozessbevollmächtigten. Die Vermutungen der Beklagten entbehren jeglicher Grundlage, so dass auch den diesbezüglich angebotenen Beweisen nicht nachzugehen war.
157Schließlich legt die Beklagte auch nicht in erheblicher Weise dar, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers in unangemessener Weise vergütet wird. Das Auslösen von Gebührentatbeständen, die das RVG vorsieht, kann bereits nicht als unangemessen bezeichnet werden. Hinsichtlich etwaiger Gebühren, die ausschließlich im Zusammenhang mit dem Einsatz eines Prozessfinanzierers entstanden sind, gelten die obigen Ausführungen.
158Soweit die Beklagte der Auffassung ist, jedenfalls mit Einführung des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbes zum 02.12.2020 seien die Eintragungsvoraussetzungen für den Kläger entfallen, ergeben sich auch unter Berücksichtigung dieses Maßstabes keine begründeten Zweifel an der Eintragungsfähigkeit des Klägers. Es drängt sich weiterhin weder auf, dass der Kläger seine Ansprüche vorwiegend geltend macht, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 b) UKlaG (nF)), noch, dass Mitgliedern Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen gewährt werden oder Personen, die für den Verein tätig sind, durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 UKlaG (nF)).
159Aus der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-DS 19/12084) zu dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs ergeben sich zu § 4 UKlaG (nF) folgende Erwägungen:
160„In Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 werden die Anforderungen an die Tätigkeit und Ausstattung der Vereine erhöht, um sicherzustellen, dass ihre gesetzlichen Ansprüche insbesondere nach dem UKlaG und dem UWG nicht missbräuchlich als bloße Einnahmequelle für den Verein genutzt werden. Demselben Zweck dienen auch die neuen Anforderungen in § 3 Absatz 2 Nummer 4 UKlaG-E, die verhindern sollen, dass Mitglieder oder Beschäftigte des Vereins oder sonstige Dritte durch die Geltendmachung der Ansprüche begünstigt werden.“
161Während dies nahelegen könnte, dass mit der Änderung des § 4 UKlaG ein strengerer Maßstab in das Gesetz Einzug gefunden hat, ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien zu § 4 UKlaG (aF), dass insbesondere die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UKlaG bereits zu diesem Zeitpunkt ungeschriebene Voraussetzungen der Eintragung waren. Dort (BT-DS 18/4631, S. 24f.) heißt es:
162„Um in die Liste nach § 4 Absatz 1 UKlaG eingetragen zu werden, müssen die satzungsmäßigen Aufgaben, d. h. die nicht gewerbsmäßige Wahrnehmung von Verbraucherinteressen durch Aufklärung und Beratung, auch dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllt werden. Das heißt, ein Verbraucherverband muss während seines Bestehens entsprechend der Regelungen in seiner Satzung auch tatsächlich nicht gewerbsmäßig Verbraucheraufklärung und –beratung betreiben. Dies muss er sowohl organisatorisch als auch inhaltlich sachgerecht und wirksam tun. Er muss über die notwendige finanzielle und organisatorische Ausstattung verfügen, um seine satzungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen. Die Verbraucheraufklärung und –beratung muss im ausschließlichen Interesse der Verbraucher betrieben werden. Sie darf insbesondere nicht eigenen wirtschaftlichen Interessen des Verbandes oder Dritter dienen. Die Verbraucheraufklärung und –beratung muss wirksam sein, d.h. einen solchen Umfang und eine solche Verbreitung haben, dass sie für eine größere Anzahl von Verbrauchern im Tätigkeitsbereich des Verbandes merkbar ist. Zeigt sich, dass ein Verband nach seiner Eintragung in die Liste keine oder nur noch sporadische Verbraucheraufklärung oder –beratung betreibt oder dass die Verbraucheraufklärung oder –beratung inhaltlich nicht sachgerecht oder nicht wirksam ist, dann ist die Eintragung des Verbandes nach § 4 Absatz 2 Satz 5 UKlaG zurückzunehmen.“
163Etwas anderes kann sich auch nicht aus der zitierten Rechtsprechung zu § 606 ZPO ergeben (BGH, Urteil vom 17.11.2020 – XI ZR 171/19, NJW 2021, 1014). Diese Vorschrift geht in ihren Anforderungen gerade über § 3 UKlaG hinaus und veranlasst die Gerichte, hinsichtlich des Vorliegens dieser Voraussetzungen eigene Feststellungen zu treffen. Hingegen bestehen im Rahmen des § 3 Abs. 1 UKlaG keine über den § 4a Abs. 2 UKlaG hinausgehenden Prüfungspflichten, der auch nach Gesetzesänderung hohe Anforderungen an die Annahme „begründeter Zweifel“ stellt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UKlaG § 4a Rn. 2).
164II.
165Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
1661.
167Der Kläger ist auf der Grundlage der obigen (I.5) Ausführungen aktivlegitimiert im Sinne der §§ 3 S. 1 Nr. 1 UKlaG, 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.
1682.
169Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 4 UKlaG iVm § 309 Nr. 5 a), 306a BGB zu, denn die Beklagte hat unter Verstoß gegen § 309 Nr. 5 BGB in Preislisten unwirksame Vereinbarungen über pauschalisierte Schadensersatzansprüche getroffen und entsprechende Geschäftspraktiken verwendet, die eine Umgehung des AGB-Rechts darstellen. Soweit die Beklagte einwendet, der Kläger habe keinen substantiierten Vortrag dazu gehalten, dass sie mit dem Kunden B. keine Individualabrede getroffen habe, ist dies bereits entbehrlich, denn der schlichten Behauptung des Klägers, eine solche Abrede gäbe es nicht, die sich aus seinem Vortrag unschwer ergibt, ist die Beklagte auf tatsächlicher Ebene überhaupt nicht entgegengetreten. Auch umfassen die Anträge entgegen der Auffassung der Beklagten keine zulässigen Verhaltensweisen der Beklagten, sondern beschränken sich hinsichtlich der Verwendung von Klauseln in Preislisten auf das Verbot der konkreten Klausel und hinsichtlich der Praktik der Beklagten auf die Erhebung der in den Anträgen enthaltenen Beträge.
170a)
171Hinsichtlich des Antrags zu Ziff. 1 folgen die Unterlassungsansprüche des Klägers aus § 1 UKlaG iVm §§ 309 Nr. 5, 306a BGB.
172Gemäß § 1 UKlaG besteht ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung von AGB-Bestimmungen, die nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind. Da gemäß § 306a BGB die Anwendung der §§ 307 bis 309 BGB auch dann vorgesehen ist, wenn die Verbote durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden, können auch derartige Verstöße im Verbandsklageverfahren gem. § 1 UKlaG geltend gemacht werden (BGH, Urteil vom 8. 3. 2005 - XI ZR 154/04, NJW 2005, 1645).
173Ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 306a BGB liegt vor, wenn eine als AGB unwirksame Regelung bei gleicher Interessenlage durch eine andere rechtliche Gestaltung erreicht werden soll, die nur den Sinn haben kann, dem gesetzlichen Verbot zu entgehen. Bezogen auf die Regelung des § 309 Nr. 5 BGB ist von einer Umgehung auszugehen bei einer praktischen Gestaltung, die wirtschaftlich wirkungsgleich ist mit einer Pauschalierung eines Schadensersatzanspruchs in der durch § 309 Nr. 5 BGB für Allgemeine Geschäftsbedingungen untersagten Weise (BGH a.a.O.).
174Die Beklagte erhebt auch gegenüber solchen Kunden, mit denen sie keine individualvertragliche Vereinbarung über die Inrechnungstellung entsprechender Pauschalen getroffen hat, Rücklastschrift- und Mahnkosten in Höhe von pauschal 4,50 EUR bzw. 2,80 EUR, und zwar gegenüber ihren Mobilfunk-, DSL- und Festnetzkunden. Es ist schon fraglich, ob eine derartige Praxis auf der Grundlage des zwangsweisen Verstoßes gegen § 309 Nr. 5 b) BGB nicht ohnehin stets unzulässig ist. Auf der Grundlage der gewählten Antragsformulierung kann diese Frage jedoch offen bleiben, da dieser die Feststellung der Überhöhung der streitgegenständlichen Pauschalen zwingend voraussetzt.
175Die Praxis verstößt gegen § 309 Nr. 5 a) BGB. Die Rücklastschrift- und Mahnkostenpauschalen entsprechen nicht den Anforderungen dieser Regelung.
176Maßgeblich für die Wirksamkeit einer Pauschale der Höhe nach ist, ob der festgelegte Betrag nicht höher ist, als derjenige Schaden oder diejenige Wertminderung, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten sind oder gewöhnlich eintreten (vgl. BGH, Urteil vom 18.02.2015 - XII ZR 199/13 -, Rn. 22, juris).
177Der Klauselverwender hat in diesem Zusammenhang nachzuweisen, dass der vereinbarte Betrag dem typischen, branchenüblichen Schadensumfang entspricht (BGH, Urteil vom 10.02.2021 – KZR 63/18, NZBau 2021, 404; BGH, Urteil vom 18.02.2015 – XII ZR 199/13, NJW-RR 2015, 690). Dem Verwender obliegt es dabei lediglich, Tatsachen darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen die Kammer sich davon überzeugen kann, dass der Pauschalbetrag den branchenüblichen Durchschnittsschaden nicht wesentlich übersteigt. Dazu braucht der Verwender vor Gericht nicht die Einzelheiten seiner Kostenrechnung und Preiskalkulation offen zu legen, sondern kann auch auf tragfähige Statistiken eines Berufs- oder Unternehmensverbandes oder Vergleichbares zurückgreifen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.03.2018 – I-20 U 39/17, GRUR-RR 2018, 354).
178(1)
179Die Rücklastschriftenpauschale in Höhe von 4,50 EUR ist auch unter Berücksichtigung der gegenteiligen Auffassung des Landgerichts Köln und des Oberlandesgerichts Köln überhöht. Die Beklagte behauptet nicht, dass dieser Betrag ihrem tatsächlichen Schaden entspricht und hat nicht schlüssig dargelegt, dass es sich um den branchenüblichen Durchschnittsschaden handelt.
180Dabei ist zunächst festzuhalten, dass Pauschalierungsklauseln in AGB anderer Verwender grundsätzlich kein geeigneter Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der eigenen Pauschale sind. Selbst dann, wenn zahlreiche Unternehmen der Branche Pauschalen in gleicher oder ähnlicher Höhe erheben, ist nicht ausgeschlossen, dass diese (jeweils) übersetzt sind (OLG Düsseldorf a.a.O.).
181Einer Pauschalierung ist nur der Schaden zugänglich, der dem Grunde nach ersatzfähig ist. Denn § 309 Nr. 5 BGB regelt den Anspruch lediglich seinem Umfang und nicht dem Grunde nach. Wird ein nicht ersatzfähiger Schaden in die Pauschale einbezogen, ist die Klausel nach § 309 Nr. 5 a) BGB unwirksam, weil die Schadenspauschale in einem solchen Fall generell überhöht ist. Zu dem ersatzfähigen Schaden zählt nur derjenige, der adäquat kausal durch die Pflichtverletzung verursacht wurde und in den Schutzbereich der verletzten Norm fällt (BGH, Urteil vom 26.06.2019 − VIII ZR 95/18, EnWZ 2019, 351 Rn. 18, 19).
182Vorliegend können sich Ansprüche der Beklagten wegen der durch den Kunden verursachten Notwendigkeit einer Rücklastschrift aus den §§ 280 Abs. 1, 249ff BGB ergeben.
183Die Beklagte trägt insoweit vor, branchenüblich entstünden Telekommunikationsunternehmen im Falle einer Rücklastschrift Kosten in Form der Entgelte der Schuldnerbank in Höhe von 2,71 EUR. Auch das Landgericht Köln (LG Köln, Urteil vom 21.07.2020, Az.: 31 O 367/16, n.v.) und das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Beschluss vom 24.11.2020, Az.: 6 U 97/20) haben diesen Wert ihrer Ermittlung des branchenüblichen Schadens zugrunde gelegt. Dies ist bereits nach ihren sonstigen Angaben nicht nachvollziehbar, denn die Beklagte beruft sich in ihren Ausführungen zunächst auf die Entgelte von 12 Schuldnerbanken (vgl. Bl. 618 d.A.), deren Entgelte stark schwanken und sich durchschnittlich auf 2,06 EUR belaufen. Soweit die Beklagte daneben auf die höheren Entgelte einiger regionaler Banken (J. und D.) Bezug nimmt, sowie auf die verhältnismäßig höheren Entgelte ausländischer Banken, erschließt sich der Kammer nicht, inwieweit diese von Relevanz sein sollen, wenn es an jeglichem Vortrag der Beklagten dazu fehlt, in welcher Häufigkeit Kunden dieser Banken auch ihre Kunden sind. Auf diesen widersprüchlichen Vortrag der Beklagten war auch nicht Beweis zu erheben, da es an der schlüssigen Darlegung des durchschnittlichen Schadenspostens fehlt.
184Auch die behaupteten durchschnittlichen Bearbeitungsentgelte der Gläubigerbanken hat die Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Sie behauptet, diese beliefen sich auf durchschnittlich 4,50 EUR, wobei branchenübliche Rabatte allenfalls bei 50% lägen. Gleichzeitig beruft sie sich auf Rechtsprechung des LG Köln (LG Köln a.a.O.), die zu einem anderen Telekommunikationsunternehmen ergangen ist, und in der auf die Regelgebühr der Gläubigerbank in Höhe von 2,40 EUR ein Rabatt in Höhe von 1,95 EUR gewährt wird, mithin ein Rabatt, der weit über die behaupteten „branchenüblichen“ 50% hinausgeht. Darüber hinaus geht das LG Köln von einem durchschnittlichen Entgelt in diesem Bereich in Höhe von 1,20 EUR unter Berücksichtigung eines 50%igen Rabatts aus, so dass auch diese Feststellungen ihrem Vortrag widersprechen.
185Nicht davon auszugehen ist, dass die Benachrichtigungskosten innerhalb der Telekommunikationsbranche sich auf die Kosten des Portos für einen Standardbrief belaufen. Zum Einen tritt die Beklagte der Behauptung des Klägers nicht in erheblicher Weise entgegen, dass sie und andere „große“ Telekommunikationsunternehmen Rabatte auf das Porto erhalten. Es ist bereits nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte meint, diesen Vortrag mit Nichtwissen bestreiten zu können, wenn sie – als großes Telekommunikationsunternehmen - jedenfalls genaue Kenntnis darüber hat, ob sie selbst von Rabatten profitiert.
186Zum anderen ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht in Abrede stellt, dass Unternehmen ihre Kunden jedenfalls teilweise auch auf elektronischem Wege benachrichtigen, so dass im Durchschnitt jedenfalls ein Betrag anfallen dürfte, der unter dem Standardporto liegt.
187Nach dem Gesagten kann dahinstehen, mit welchen Kosten der Ressourcenverbrauch der Beklagten zu veranschlagen ist und ob der Beklagten auch (grundsätzlich ohnehin nicht ersatzfähige) Personalkosten entstehen, denn der branchenübliche Durchschnittschaden ist insgesamt nicht schlüssig dargelegt.
188Soweit die Beklagte etwaige Abweichungen damit begründet, dass die Höhe des branchenüblichen Durchschnittsschaden starken Schwankungen unterliege, legt dies nahe, dass es an der Beklagten wäre, konkret darzulegen, welcher Wert auch unter Berücksichtigung dieser Schwankungen dem Durchschnitt entspricht. Dass sie ihre Berechnungen entsprechend anstellt, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen.
189Die Beklagte hat im Übrigen nicht bestritten, dass ihr in der Vergangenheit für Rücklastschriften Kosten in Höhe von höchstens 2,95 EUR entstanden sind. Darauf, ob der Kläger diese Information einer Auskunft entnommen hat, die aufgrund eines aufgehobenen Titels erteilt wurde, kann es auch unter Berücksichtigung des § 717 Abs. 2 ZPO nicht ankommen, denn die Beklagte ist dem in den Rechtsstreit eingeführten Vortrag nicht entgegengetreten. Die Auskunftserteilung kann im Übrigen nicht im Wege der Naturalrestitution ungeschehen gemacht werden. Während die Kammer zur Kenntnis nimmt, dass die Beklagte insoweit vorträgt, dass die Kosten starken Schwankungen unterliegen, gibt die Information indes ein Indiz dafür, dass jedenfalls die Kosten der Beklagten erheblich hinter dem von ihr behaupteten Durchschnittschaden zurückbleiben. Dass und warum die Beklagte in der Lage ist, erheblich unter dem Durchschnittsschaden zu kalkulieren, trägt sie nicht vor.
190(2)
191Auch die pauschalierten Mahnkosten sind überhöht.
192Einen durch eine Mahnung verursachten branchentypischen oder individuellen, ersatzfähigen Durchschnittsschaden in Höhe von 2,80 EUR hat die Beklagte nicht dargetan.
193Bereits nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bezieht sie in die Berechnung des Schadens Personalkosten für das Mahnwesen mit ein. Zum einen beläuft sich damit der seitens der Beklagten vorgetragene branchenübliche Durchschnittsschaden auch unter Berücksichtigung der (zweifelhaften) Positionen „Subventionierungsschaden“ und „Zinsschäden“ auf lediglich 2,31 EUR und liegt damit deutlich unter der abgerechneten Pauschale. Zudem ist die Praxis ohnehin, da die Position bereits dem Grunde nach nicht in die Berechnung mit einzubeziehen ist, unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2019 − VIII ZR 95/18, EnWZ 2019, 351 Rn. 18, 19).
194Die Kosten einer Mahnung sind als Verzugsschaden nach den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 2 BGB bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen grundsätzlich erstattungsfähig. Erfasst sind von diesem sonstigen Verzugsschadensersatz nur die Vermögenseinbußen, die der Gläubiger aufgrund des Verzuges hinnehmen muss, zu denen insbesondere regelmäßig nicht die Personalkosten gehören, die dem Gläubiger für die Bearbeitung von Verzugsfällen entstehen. Dies gilt selbst dann, wenn der Gläubiger für die Bearbeitung besonderes Personal einsetzt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der im Einzelfall erforderliche Aufwand die im Rahmen des Üblichen typischerweise zu erbringende Mühewaltung überschreitet (vgl. BGH a.a.O. mwN).
195Dass dies der Fall wäre, hat die Beklagte nicht dargetan, so dass die von ihr angeführten Personalkosten unberücksichtigt bleiben müssen. Dabei ist insbesondere festzuhalten, dass allein die Häufung von Schadensfällen keinen ersatzfähigen Aufwand begründet.
196b)
197Hinsichtlich des Antrags zu Ziff. 2 folgen die Unterlassungsansprüche des Kläger aus § 1 UKlaG iVm § 309 Nr. 5 BGB.
198Ein Verstoß der streitgegenständlichen Klauseln aus Preislisten, bei denen es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, ergibt sich bereits daraus, dass entgegen § 309 Nr. 5 b) BGB in den Klauseln dem Verbraucher nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale.
199c)
200Die Ansprüche des Klägers erstrecken sich auf sämtliche Telekommunikationsverträge. Der Kläger hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte die beanstandete Abrechnungspraxis generell gegenüber ihren Kunden betreibt, da sie ihr Rechnungs- und Mahnwesen entsprechend eingestellt habe. Damit besteht die für den Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr hinsichtlich sämtlicher Verbraucherverträge der Beklagten.
201Auch hinsichtlich der Verwendung entsprechender Klauseln in Preislisten besteht hinsichtlich des Gesamtgeschäfts der Beklagten jedenfalls eine Erstbegehungsgefahr.
2023.
203Die Auskunftsbegehren sind gemäß § 242 BGB im Wesentlichen begründet, da dem Kläger dem Grunde nach Ansprüche aus § 10 Abs. 1 UWG gegen die Beklagte zustehen, zu deren Bezifferung er auf die begehrte Auskunft angewiesen ist. Gem. § 10 UWG kann derjenige, der vorsätzlich eine nach § 3 oder § 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt, von den gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten auf Herausgabe dieses Gewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch genommen werden.
204a)
205Die Voraussetzungen eines Gewinnabschöpfungsanspruchs nach § 10 Abs. 1 UWG sind erfüllt.
206(1)
207Die Beklagte hat mit der Vereinnahmung von Pauschalen für Rücklastschriften bzw. Mahnungen in Höhe von respektive 13,00 EUR und 9,50 EUR bzw. 9,00 EUR und 6,50 EUR unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne der §§ 3, 3a UWG i.V.m. §§ 309 Nr. 5, 306a BGB begangen.
208Unlauter im Sinne von § 3a UWG handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Gesetzliche Vorschrift in diesem Sinne ist § 309 Nr. 5 a) BGB, der vorsieht, dass es unzulässig ist, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen pauschalierten Anspruch des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung zu vereinbaren, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt. Dass dies der Fall war und die Voraussetzungen des § 306a BGB vorlagen, hat die Kammer durch Urteil vom 25.02.2015, Az.: 12 O 64/14, und durch Urteil vom 05.06.2013, Az.: 12 O 649/12, entschieden. Auf die Urteilsgründe der den Parteien bekannten Entscheidungen wird verwiesen.
209(2)
210Durch die Vereinnahmung der Pauschalen hat die Beklagte zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt.
211Dass die vom Kläger gerügte Praxis der Beklagten hinsichtlich der Berechnung von Pauschalen für Rücklastschriften und Mahnungen gegenüber einer Vielzahl von Kunden von Telekommunikationssystemen erfolgte, stellt die Beklagte nicht in Abrede. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass die Beklagte durch diese Praxis einen Gewinn erzielt hat. Auf die Höhe des Gewinns ist im Rahmen des zu entscheidenden Auskunftsanspruchs nicht abschließend einzugehen.
212Aus dem eigenen Vortrag der Beklagten, insbesondere dem zuletzt gehaltenen Vortrag zu branchenüblichen Tarifen und dem von dem Kläger vorgetragenen tatsächlichen Schaden der Beklagten, ergibt sich jedenfalls, dass die von der Beklagten vereinnahmten Beträge deutlich über die ihr zustehenden Beträge hinausgingen.
213(3)
214Die Beklagte hat die unzulässigen geschäftlichen Handlungen vorsätzlich begangen.
215Vorsatz im Sinne des § 10 UWG liegt nicht nur vor, wenn Täter weiß, dass er den Tatbestand der § 3 UWG verwirklicht und dies auch will. Zur Anwendung des § 10 Abs. 1 UWG genügt vielmehr auch bedingter Vorsatz, so dass es ausreicht, wenn der Verwender die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält und billigend in Kauf nimmt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.02.2017 – I-20 U 139/15 –, juris). Der Vorsatz umfasst auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit. Auf eine genaue Rechtskenntnis kommt es dabei aber nicht an; es genügt eine „Parallelwertung in der Laiensphäre“, wenn sich also dem Handelnden auf Grund der Kenntnis der Tatsachen die Rechtswidrigkeit (Unlauterkeit) seines Tuns geradezu aufdrängt oder er sich auf Grund der ihm bekannten Tatsachen nicht dieser Einsicht entziehen kann (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UWG § 10 Rn. 6).
216Juristische Personen und ihnen gleichgestellte rechtsfähige Personengesellschaften müssen sich vorsätzliches Handeln ihrer Organe nach § 31 BGB (analog) zurechnen lassen (Köhler a.a.O.). Dass die gesetzlichen Vertreter der Beklagten in die Entscheidungsfindung zu den hier gegenständlichen Fragen einbezogen und diese maßgeblich mitbestimmt haben, liegt angesichts ihrer Reichweite auf der Hand.
217Die Beklagte wusste zu jedem Zeitpunkt, dass ihre AGB und ihre Preislisten keine Klausel über eine Rücklastschriftpauschale von 13,00 EUR oder 9,50 EUR oder höher und keine Klausel über eine Mahnpauschale von 9,00 EUR oder 6,50 EUR oder höher enthielten. Die Beklagte wusste zudem, dass sie ihre Rechnungssoftware bewusst so eingestellt hatte, dass ihren Kunden im Rücklastschrift– und Mahnfall automatisch die Pauschalen in Rechnung gestellt wurden. Darauf, dass sie davon ausgegangen sei, bei den erhobenen Pauschalen handele es sich um den „branchenüblichen Schaden“ kann sich die Beklagte nicht berufen, denn angesichts ihres eigenen, unstreitig erheblich niedrigeren typischen Schadens hinsichtlich dieser Positionen musste es sich ihr aufdrängen, dass selbst bei unterstellter Übereinstimmung der Pauschalen mit den Preislisten anderer Anbieter diese Summen sich nicht im Rahmen des § 309 Nr. 5 BGB bewegten.
218Zunächst mit der Mahnung vom 04.12.2012, spätestens in dem Verfügungsverfahren zum Az. 12 O 649/12 im August 2013 hatte sich die Beklagte zudem eingehend mit der Auffassung des Klägers zur Höhe der berücksichtigungsfähigen Rücklastschrift – und Mahnkosten auseinandergesetzt und konnte die Unzulässigkeit ihres Handelns erkennen (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.02.2017 – I-20 U 139/15 –, juris).
219(4)
220Das Auskunftsbegehren des Klägers ist hinsichtlich der unter Ziff. 4. a) bis c) genannten Auskünfte nicht zu weit gefasst.
221Es bezieht sich auf die vereinnahmten Pauschalen sowie die Ausgabenpositionen und sonstigen abzugsfähigen Leistungen, die die Beklagte bei der Gewinnberechnung in Abzug bringen will. Die begehrte Auskunft berücksichtigt insoweit die Regelung des § 10 Abs. 2 S. 1 UWG, wonach auf den Gewinn die Leistungen anzurechnen sind, die der Schuldner aufgrund der Zuwiderhandlung an Dritte oder den Staat erbracht hat.
222Nicht gerechtfertigt ist das Auskunftsbegehren jedoch hinsichtlich der mit dem Antrag zu 4. d) begehrten Auskunft. Soweit der Kläger insoweit umfassend Auskunft zu erwirtschafteten Nutzungen begehrt, dient die begehrte Auskunft nicht mehr der Bezifferung des Gewinnabschöpfungsanspruchs. Abgeschöpft werden soll durch die Regelung des § 10 UWG lediglich die Gewinnerzielung, die zu Lasten von Abnehmern erfolgt ist. Zu Lasten von Abnehmern ist ein Gewinn nur dann erzielt, wenn dem Gewinn unmittelbar ein Vermögensnachteil der Abnehmer gegenübersteht (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, UWG § 10 Rn. 9). Dies ist hier nicht der Fall
223(5)
224Hinsichtlich der Auskunftsansprüche ist dem von dem Kläger bereits berücksichtigten Wirtschaftsprüfervorbehalt zu entsprechen.
225b)
226Die Gewinnabschöpfungsansprüche sowie die sie vorbereitenden Auskunftsansprüche sind nicht verjährt.
227Die Gewinnabschöpfungsansprüche gem. § 10 UWG verjähren grundsätzlich binnen drei Jahren ab ihrer Entstehung, § 11 Abs. 4 UWG. Der akzessorische Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB, den der Kläger hier in erster Stufe geltend macht, kann nicht vor dem Hauptanspruch auf Gewinnabschöpfung verjähren (vgl. BGH, Urteil vom 25.07.2017 – VI ZR 222/16, NJW 2017, 2755).
228Der Kläger hat die Verjährung der Ansprüche durch Klageerhebung in den Verfahren 12 O 5/15 und 12 O 184/16 gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Da es sich bei diesen Verfahren um Stufenklagen handelte (§ 254 ZPO), bei denen sich der Kläger die Angabe der Leistungen, die er beansprucht, vorbehalten hat, erfasste die Hemmung der Verjährung gem. § 204 I Nr. 1 Alt. 1 BGB den geltend gemachten unbezifferten Anspruch auf Leistung in jeder Höhe (vgl. BGH, Urteil vom 24.05.2012 − IX ZR 168/11, NJW 2012, 2180).
229Die Unzulässigkeit der diesbezüglichen Klagen steht der Verjährungshemmung nicht entgegen (MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl. 2018, BGB § 204 Rn. 25). Während die Hemmungswirkung solcher verfahrenseinleitender Maßnahmen zu verneinen sein kann, die in rechtsmissbräuchlicher Weise zum Zwecke der Hemmung erhoben wurden (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2015 - III ZR 239/14, BeckRS 2015, 13343 zu einem Missbrauch des Mahnverfahrens unter Angabe falscher Tatsachen), kann dem Kläger hier nicht vorgeworfen werden, dass er sich den Eintritt der Hemmungswirkung in entsprechender Weise erschlichen hat. Wie bereits der Umstand zeigt, dass der Kläger vor verschiedenen Gerichten in mehreren Instanzen in seiner Ansicht bestätigt wurde, der Einsatz eines Prozessfinanzierers sei nicht missbräuchlich, lag die Unzulässigkeit dieses Vorgehens nicht auf der Hand und wurde auf dieser Grundlage von dem Kläger auch nicht bewusst ausgenutzt.
230Unerheblich ist es, ob die nunmehr geltend gemachten Auskunftsansprüche in ihrem Wortlaut von denjenigen der Vorverfahren abweichen, da sich, wie bereits ausgeführt, die Verjährung der Auskunftsansprüche ohnehin nach der des Leistungsanspruches richtet und dieser nach dem Gesagten in jeder Höhe weiterhin unverjährt besteht.
2314.
232Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten des Klägers folgt aus den §§ 5 UKlaG, 12 Abs. 1 UWG. Die geltend gemachte Pauschale liegt innerhalb des Rahmens von der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen zuerkannter Beträge und ist nicht zu beanstanden.
233Die Abmahnkosten sind gem. der §§ 5 UKlaG, 12 Abs. 2 S. 2 UWG iVm §§ 256, 246 BGB sowie §§ 288, 291 BGB wie beantragt zu verzinsen.
234III.
235Die Kostenentscheidung ist dem Schlussurteil vorzubehalten.
236Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Dabei ist es vorliegend angesichts der Unterschiede der zu vollstreckenden Ansprüche sinnvoll, für jede Leistung eine eigene Sicherheitsleistung zu beziffern. Hierzu bedarf es grundsätzlich keines gesonderten Antrags (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 29.11.2019 - 312 O 577/15, BeckRS 2019, 30759).
237Für die Höhe der Sicherheitsleistung war bei dem streitgegenständlichen Auskunftsanspruch auf den voraussichtlichen Zeit- und Kostenaufwand für die Erteilung der Auskunft abzustellen (vgl. BeckOK ZPO/Ulrici, 40. Ed. 1.3.2021, ZPO § 709 Rn. 5.4 mwN). Die Beklagte hat diesbezüglich nachvollziehbar vorgetragen, dass die Erteilung der geforderten Auskunft zu verschiedenen Rechnungsposten über einen Zeitraum von mehreren Jahren sowie die etwaige Hinzuziehung eines Wirtschaftsprüfers mit einem nicht unerheblichen Kostenaufwand verbunden ist. Ihr muss auch zugestanden werden, die bereits erteilten Auskünfte gegebenenfalls einer weiteren Überprüfung zuzuführen. Dabei schätzt die Kammer den Aufwand jedoch nicht entsprechend dem Vortrag der Beklagten auf 30.000,00 EUR, sondern unter Berücksichtigung des Einsatzes der Arbeitsleistung von mehreren Mitarbeitern und eines Wirtschaftsprüfers auf maximal 10.000,00 EUR.
238Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs ist neben dem Interesse des Klägers an der Vornahme der Leistung das Interesse der Beklagten an der Vermeidung der mit der Unterlassung verbundenen Kosten zu berücksichtigen, die im Falle der Aufhebung des Urteils gegebenenfalls gem. § 717 Abs. 2 ZPO zu erstatten wären (vgl. Ulrici a.a.O.). Diesen Wert hat die Beklagte mit 50.000,00 EUR beziffert, ohne jedoch konkret aufzuschlüsseln, hinsichtlich welcher Vertriebswege konkret ein Austausch von Dokumenten notwendig wäre und inwieweit eine Änderung ihrer Geschäftspraxis überhaupt mit etwaigen Vertragsdokumenten zusammenhängt. Die Kammer schätzt die notwendige, aber auch ausreichende Sicherheitsleistung auf jeweils 5.000,00 EUR.
239Der Streitwert wird auf 1.010.000,00 EUR festgesetzt, mit der Maßgabe, dass sich entsprechend des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 04.12.2019 und des Beschlusses der Kammer vom 18.03.2020 die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Gerichtskosten insgesamt nach einem Streitwert in Höhe von 50.000,00 EUR richtet. Davon entfallen 10.000,00 EUR auf die geltend gemachten Unterlassungsansprüche.
240Rechtsbehelfsbelehrung:
241Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Düsseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
242Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
243Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
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