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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
2Der Kläger macht gegen den Beklagten Unterlassungsansprüche geltend. Der Kläger ist Inhaber des Unternehmens Nutzfahrzeuge I. in P2. Unter anderem ist der Kläger Eigentümer und Halter eines Fahrzeugs N mit der Fahrgestellnummer ##########. Dieses Fahrzeug wurde umgebaut. Nach Fertigstellung des Fahrzeugs wurde das Fahrzeug dem U GmbH & Co. KG zur Erlangung der Einzelbetriebserlaubnis vorgestellt und dort geprüft. Der Zeuge S überprüfte das Fahrzeug, ob es zur Einstufung eines Fahrzeugs als Oldtimer nach § 23 StVZO erforderlichen Voraussetzungen erfülle und bescheinigte dem Fahrzeug die Oldtimereigenschaft.
3Der Beklagte ist ebenfalls in der LKW-Oldtimerszene engagiert und bekannt. Der Beklagte stellte unter anderem die in dem Klageantrag genannten Äußerungen auf. Der Kläger ist der Auffassung, die vom Beklagten gemachten Äußerungen seien unrichtig und schaden seinem öffentlichen Ansehen.
4Der Kläger beantragt wie folgt zu erkennen:
5I.
6Dem Beklagten wird bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzendes Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monate, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren verboten, in Bezug auf den Kläger unter Namensnennung des Klägers und/oder unter einer Umschreibung oder Beschreibung von Tatsachen, die den Kläger für Dritte identifizierbar machen, zu behaupten, der Kläger habe eine Urkundenfälschung und/oder eine Fälschung einer LKW-Identität begangen, um ungerechtfertigt und/oder verfrüht die H-Zulassung zu bekommen, um mit gefälschten H-LKW in Umweltzonen einfahren zu können und/oder mit dem H-Kennzeichen gewerblich zu fahren, der Kläger sich bei der LKW-Identität sich Dritter bediene, bandenmäßig tätig werde und/oder er einen Prüfer zur bzw. in der Hand hat, wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben auf der Internetseite www.C:
71. Am 0:
8„Umkloppen von Fahrgestellnummern, nur um ein paar Jahre früher an ein H-Kennzeichen zu kommen -geht´s noch?? Was treibt eine selbsternannte Elite dazu? Einfach nur, weil man es kann? Und einen Prüfer zur bzw. in der Hand hat?“
9und/oder
10„Erst kürzlich bin ich auf einen G gestoßen. Auch einer Lichtgestalt gehörend, „ewiges“ Mitglied im M-Vorstand. Ein N2 mit P3 Kennzeichen, der eine wundersame Wandlung vom Langchassis mit Nachlaufachse zur Sattelzugmaschine mit Vorlaufachse geschafft hat -und klar, mit H-Kennzeichen!!!“
11und/oder
122. Am 0:
13„Das Kernproblem ist, dass man mit dem H-Kennzeichen auch gewerblich fahren darf. Im Nutzfahrzeugbereich kann man damit also auf Kosten der Allgemeinheit erhebliche Beträge „sparen“. Die Möglichkeit, z.B. mit gefälschten H-LKW in Umweltzonen einfahren zu können, scheint sich für manchen jedoch erheblich zu lohnen, sonst hätte man sich den ganzen Aufwand und das Risiko der Fälschungen sicher erspart!“
14und/oder
153. Am 0:
16„Die Beweggründe, einen LKW so zu fälschen, dass er verfrüht die H-Zulassung bekommt, sind mir auch etwas rätselhaft. Allerdings erwähnte ich ja die „Umweltzonen“ -und grad das Ruhrgebiet ist praktisch eine einzige große „Zone“. Vielleicht antwortet ja einer der Angesprochenen und erklärt uns, warum man diesen illegalen Aufwand betreibt.
17Ob man auch „Vorteile“ bei der Maut erreichen will?? Wenn man seinen vermeintlichen Oldtimer bei U2 abmeldet, ist der zunächst ja mal mautfrei.
18Für das Sonntagsfahrverbot hingegen gibt es keinen Unterschied -sobald der getürkte Oldtimer gewerblich fährt, ist er vom SFV betroffen.
19Nochmal zur Klarheit... es werden neuere LKW i.d.R. mit anderen, mindestens 30 Jahre alten Papieren ausgestattet und die FIN „angepasst“, also T2 zu O, T # zu # etc.
20Beim P3 N2 dürfte man ähnlich vorgegangen sein.
21Es geht hier ja keineswegs um „kleine Mogeleien“. Das Hauptproblem ist, dass von ein paar Leuten unser H-Kennzeichen massiv gefährdet wird, ausgerechnet eben von solchen, die das finanziell keineswegs nötig hätten. Und ausgerechnet von solchen, die als „Lichtgestalten“ der Szene geltend.“
22und/oder
23„Aber die gewerbliche Nutzung des H-Kennzeichen bringt eben erhebliche Probleme mit sich - dann, wenn echter Missbrauch betrieben wird. Nicht etwa, um HISTORISCH unterwegs zu sein, sondern um den GEWINN zu mehren.“
24und/oder
25„Aber hier geht es nicht um „Umbauten“ - sondern um das Fälschen ganzer LKW-Identitäten! Wenn z.B. bei einem 25 Jahre alten T3 die Fahrgestellnummer am Rahmen herausgeflext wird, um eine andere mit irgendwelchen Schlagzahlen reingekloppt wird... eine andere, zu der ein Kumpane den passenden alten O-Brief zur Verfügung stellt... dann ist das kein „Umbau am O“, sondern das Fälschen eines T2.
26Natürlich muss dazu auch ein Prüfer (E2, U3) seinen Beitrag leisten! Wir haben es also mit einem größeren Personenkreis zu tun... und damit bekommt die Sache eine neue Dimension, sie wird „bandenmäßig!“. Was „gesiebte Luft“ für die Beteiligten bedeuten kann.“
27Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Der Beklagte behauptet, dass die Sattelzugmaschine nicht die Voraussetzung zur Abnahme als Oldtimer hätte.
30Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die entsprechenden Gutachten und die Anhörung des Sachverständigen verwiesen.
31Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
32Entscheidungsgründe:
33Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
34Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung der begehrten Äußerung wie in dem Antrag wiedergegeben zu.
35Bei der Frage, ob ein Anspruch auf Unterlassung von Äußerungen besteht, ist zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung abzugrenzen. Hierfür gilt entsprechend der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 11.11.1992 (Aktenzeichen 1 BVR 693/92) Folgendes:
36Prüfungsmaßstab ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Ohne ausdrücklich zwischen Werturteil und Tatsachenbehauptung zu unterscheiden, gewährleistet Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern. Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz schützt die Meinungsfreiheit sowohl im Interesse der Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen mit der sie eng verbunden ist als auch im Interesse des demokratischen Prozesses, für den sie konstruktive Bedeutung hat.
37Es ist der Sinn von Meinungsäußerungen, geistige Wirkung auf die Umwelt ausgehen zu lassen, meinungsbildend und überzeugend zu wirken. Deshalb sind die Werturteile von Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz durchweg geschützt, ohne dass es darauf ankäme, ob die Äußerung wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch, begründet oder grundlos, emotional oder rational ist. Für Tatsachenbehauptungen gilt dies nicht in gleicher Weise. Die Meinung einer Tatsache ist im strengeren Sinne keine Äußerung einer Meinung, weil ihr die für eine Meinungsäußerung charakteristischen Merkmale fehlen. Tatsachenbehauptungen fallen deswegen aber nicht von vornherein aus dem Schutzbereich des Grundgesetzes der Meinungsfreiheit heraus. Sie sind vielmehr durch Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz geschützt, weil und soweit sie Voraussetzungen der Bildung von Meinungen sind. Daher endet der Schutz der Meinungsfreiheit für Tatsachenbehauptungen erst dort, wo sie zu der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Meinungsbildung nichts beitragen können. Unter diesem Gesichtspunkt ist die unrichtige Information kein schützenswertes Gut.
38Die Abgrenzung zwischen Werturteilen und Tatsachenbehauptung kann im Einzelfall schwierig sein, vor allem deswegen, weil die beiden Äußerungsformen nicht selten miteinander verbunden werden und erst gemeinsam den Sinn einer Äußerung ausmachen. In solchen Fällen ist der Begriff der Meinung Interesse eines wirksames Grundrechtsschutzes weit zu verstehen; sofern eine Äußerung in der Tatsache und Meinung sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind, wird sie als Meinung von dem Grundrecht geschützt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Trennung der Werte und der tatsächlichen Gehalte der den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte. Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könne der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden.
39Das Grundrecht der Meinungsfreiheit findet allerdings seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und im Recht der persönlichen Ehre gemäß Artikel 5 Absatz 2 Grundgesetz. Jedoch sind die Grundrechtsbeschränkungen und Vorschriften des einfachen Rechts wiederum im Lichte des eingeschränkten Grundrechts auszulegen, damit dessen wertsetzende Bedeutung für das einfache Recht auch auf der Rechtsanwendungsebene zur Geltung kommen. Das führt im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale der einfachen Vorschrift regelmäßig zu einer fallbezogenen Abwägung zwischen der Bedeutung des Meinungsfreiheit und dem Recht, dass durch die Meinungsfreiheit beeinträchtigende Rechtsgut, dass das einfache Recht schützen will. Im Rahmen einer solchen fallbezogenen Abwägung ist zu berücksichtigen, dass scharfe und überspitze Formulierungen für sich genommen eine schädigende Äußerung noch nicht unzulässig machen. Erst wenn eine Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung der Sache sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, hat eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten.
40Vermengen sich in einer Äußerung wertende und tatsächliche Elemente in der Weise, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann im Rahmen der Abwägung die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsch oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten. Auch in diesem Fall ist freilich zu beachten, dass an die Wahrheitspflicht im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden dürfen, die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so die Meinungsfreiheit insgesamt einschnürend wirken können.
41Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend unter Berücksichtigung des Grundrechts der Meinungsfreiheit des Artikel 5 Grundgesetz noch keine derart eklatante Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers gesehen werden, was ihm das Recht gibt, die Äußerung, welche der Beklagte getätigt hat, verbieten zu lassen.
42Dabei ist insbesondere von erheblicher Bedeutung der Umstand zu bewerten, ob das Fahrzeug, um welches es hier geht, der LKW N zu Recht eine Oldtimer-Kennzeichnung erhalten hat oder nicht. Die Kammer hat hierüber intensiv Beweis erhoben. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen N3 an. Danach ist zu berücksichtigen, dass der Hauptrahmen des Fahrzeugs zu einer Sattelmaschine gehört, die nachträglich eingeschlagene Fahrzeug-Identnummer gehört zum Hauptrahmen eines LKW für Wechselbehälter. Damit erfüllt nach überzeugender Ausführung des Sachverständigen das Fahrzeug nicht die Voraussetzung für die Zuteilung eines H-Kennzeichens, da aktuell das Spenderfahrzeug umgebaut wurde, nicht das Fahrzeug dessen Fahrzeug-Identitätnummer übernommen wurde. Die nachträglich eingeschlagene Fahrzeug-Identitätnummer bezeichnet gerade keine Sattelzugmaschine, sondern einen LKW für Wechselbehälter. Somit wurde die Fahrzeug-Identitätnummer des Spenderfahrzeugs geändert, dessen Antriebsstrang und eventuell das Fahrerhaus ersetzt. Das Fahrgestell (Hauptrahmen) kann nicht ohne erhebliche Modifikation (Rahmenkürzung) umgebaut werden, da es mit dem des ursprünglichen Fahrzeugs nicht baugleich ist. Tatsächlich wurde nicht das ursprüngliche Kläger-Fahrzeug, sondern das Spender-Fahrzeug umgebaut. Somit kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Bedingung zur Abnahme als Oldtimers nicht erfüllt sind, dem sich die Kammer anschließt. Unter dieser Prämisse ist zumindest die Tatsachenbehauptung des Beklagten, dass das Fahrzeug des Klägers zu Unrecht eine Oldtimerkennzeichnung erhalten hat, zutreffend.
43Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sind die einzelnen Äußerungen, welche der Beklagte getätigt hat, als Mischung zwischen Tatsachen und Meinungsäußerung zu verstehen. Dies gilt u.a. auch für die am 0 getätigte Äußerung. Diese unterstützt eindeutig die Bekundung des Beklagten, dass der Kläger zu Unrecht ein H-Kennzeichen erhalten habe. Die weiteren Äußerungen, die zwar mit einem Fragezeichen versehen sind, stellen eindeutig Meinungsäußerungen und Vermutungen dar, aber nicht ausdrücklich Tatsachenbehauptungen, so dass sie insoweit von der Meinungsfreiheit des Artikel 5 Grundgesetz insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes des nach Auffassung der Kammer nicht zulässig vergebenen H-Kennzeichen vertretbar und somit nicht zu beanstanden sind.
44Entsprechend gilt auch für die Behauptung vom 0. Zwar ist hier ausdrücklich von Fälschung die Rede. Dies ist aber jedoch auch noch als Meinungsäußerung zu werten, da es letztlich nur darum geht, ob das H-Kennzeichen zu Recht oder zu Unrecht vergeben wurde. Unter Berücksichtigung des Umstandes der H-Kennzeichen-Vergabe sind die anderen weiteren Äußerungen als Meinungsäußerung zu werten und damit von Artikel 5 Grundgesetz gedeckt. Dies gilt auch für die Äußerung vom 0, wo ausdrücklich auch die Rede davon ist, dass selbst dem Beklagten die Beweggründe des Klägers unbekannt seien. Daraus ergibt sich eindeutig, dass er hier eine Meinung kundtut und keine Tatsachen behaupten will. Er stellt lediglich Vermutungen an, welche wiederum Meinungsäußerungen darstellen, so dass auch diese Äußerung vom Artikel 5 Grundgesetz gedeckt sind. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass diese Äußerung insgesamt zum Teil, soweit sie über die Berechtigung des H-Kennzeichens hinausgehen, grenzwertig sind, aber dennoch hält die Kammer diese Äußerung, die überwiegend dann als Meinungsäußerung zu bewerten sind, als von Artikel 5 Grundgesetz gedeckt, so dass insgesamt die Klage abzuweisen war.
45Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
46Streitwert: 15.000,00 Euro.