Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 439,83 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.3.2020 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten i.H.v. 83,54 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
2Die Klage hat überwiegend Erfolg.
3Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
4Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 439,83 € aus Ziff. A.2.2.1.7 i.V. m. der Reparaturkostenklausel der zwischen den Parteien vereinbarten Versicherungsbedingungen.
5Gemäß Ziff. A.2.2.1.7 S. 1 der Versicherungsbedingungen sind alle unmittelbar durch Marderbiss verursache Schäden am Fahrzeug versichert. Gemäß Ziff. A.2.2.1.7 S. 3 der Versicherungsbedingungen sind, wenn der Versicherungsnehmer die KOMPLETT-Deckung mit der Beklagten vereinbart hat, zusätzlich versichert […] Folgeschäden nach einem Marder- oder anderem Tierbiss bis maximal 3.000 €. Gemäß der Reparaturkostenklausel der Versicherungsbedingungen sind im Fall einer Reparatur die für die Reparatur erforderlichen Kosten zu erstatten.
6Bei den noch offenen 439,83 € handelt es sich um für die Reparatur erforderliche Kosten nach einem Marderbiss. Hierfür kann offenstehen, ob die bei der Reparatur durch die Firma B GmbH ebenfalls vorgenommene Erneuerung des Zylinderkopfdeckels auf einer unsachgemäßen Reparatur durch diese beruhte. Denn entscheidend für die Ersatzpflicht der Kaskoversicherung ist, welche Kosten dem Versicherungsnehmer nach sorgfältiger Auswahl der Werkstatt entstanden sind. (Stiefel/Maier/Meinecke AKB 2015 Rn. 572), das Werkstattrisiko für eine nicht sachgerechte Reparatur trägt die Beklagte. Nach der Rechtsprechung des BGH gelten für die Auslegung, welche Kosten als für die Reparatur erforderlich im Sinne von A.2.7.1 AKB 2008 anzusehen sind, die allgemeinen Maßstäbe. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind […] In dem Verständnis, dass es für die Frage der Erforderlichkeit der Kosten nicht ausschließlich auf die technisch einwandfreie Instandsetzung des Fahrzeugs ankommen muss, wird sich der Versicherungsnehmer durch den Zweck der Versicherung bestärkt sehen. Mit dem Abschluss einer Fahrzeugkaskoversicherung erstrebt er in der Regel nicht nur den Schutz vor wirtschaftlich nachteiligen Folgen hinsichtlich des eigenen Fahrzeugschadens bei selbst verschuldeten Unfällen, sondern auch die Befreiung vom Risiko der Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen den Unfallgegner bei unklarer Haftungslage. Die Praxis zeigt, dass Versicherungsnehmer es in derartigen Fällen vielfach vorziehen, ihren Fahrzeugschaden beim eigenen Kaskoversicherer zu regulieren und diesem die Prüfung eines Regresses beim Unfallgegner zu überlassen. Dass der Umfang ihres Anspruchs gegen den Versicherer insoweit generell hinter dem zurückbleiben soll, was im Schadenfall von einem haftpflichtigen Unfallgegner verlangt werden kann, wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer dem Begriff der erforderlichen Kosten jedenfalls nicht entnehmen (BGH, Urteil vom 11.11.2015 – IV ZR 426/14). Im Fall eines Ersatzanspruches nach §§ 7, 18 StVG, 249 BGB ist anerkannt, dass der Schädiger das Werkstattrisiko, also auch das Risiko einer nicht sachgerechten Reparatur, trägt: Ein Geschädigter, der das Unfallfahrzeug selbst zur Reparatur gibt, kann gem. § 249 Abs. 2 BGB von dem Schädiger den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag ersetzt verlangen. Erforderlich ist der Geldbetrag, der vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Eigentümers in der Lage des Geschädigten für die Instandsetzung des Fahrzeuges zweckmäßig und angemessen erscheint. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass den Kenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, dies vor allem, sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Fahrzeug in die Hände von Fachleuten gibt. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen sind und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Insofern geht das Werkstattrisiko zu Lasten des Schädigers. Etwas anderes ergibt sich nur, wenn dem Geschädigten bei der Wahl der Reparaturwerkstatt ein Auswahlverschulden zur Last fällt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 31.01.1995 - 9 U 168/94). Ein Auswahlverschulden des Klägers ist nicht ersichtlich oder vorgetragen. Der Anspruch auf Freistellung nach § 257 S. 1 BGB hat sich auch in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Denn die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB sind erfüllt. Mit der Verweigerung jeder weiteren Zahlung – wie vom Kläger mit Schriftsatz vom 27.4.2020 vorgetragen und von der Beklagten unbestritten - hat die Beklagte zugleich auch die geschuldete Freistellung dem Grunde nach ernsthaft und endgültig verweigert. Damit hat die Beklagte ihre Pflicht zur Freistellung des Klägers verletzt. Diese Pflichtverletzung berechtigt den Kläger gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 S. 2 BGB, statt der Freistellung Schadensersatz in Geld zu verlangen. Die an sich nach § 250 S. 1 BGB erforderliche Ablehnungsandrohung wird dabei durch die ernsthafte und endgültige Verweigerung der Freistellung entbehrlich gemacht.
7Der Zinsanspruch seit dem 13.3.2020 folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
8Der Kläger kann aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB verlangen, von den nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Anwaltskosten als Teil seiner Rechtsverfolgungskosten freigestellt zu werden, indem die Beklagten diese Kosten in Höhe von 83,54 € direkt an die Klägervertreter entrichten. Bei Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers befand sich die Beklagte – wie vom Kläger in der Klageschrift vorgetragen und von der Beklagten unbestritten – in Verzug. Die Höhe der zugesprochenen Rechtsanwaltskosten richtet sich nach der Höhe des dem Kläger zugesprochenen Betrags, berechnet sich mithin aufgrund eines Streitwertes in Höhe von 439,83 €, einer 1,3 Geschäftsgebühr, Nebenkosten in Höhe von 20,00 EUR sowie der Mehrwertsteuer in Höhe von 19%. Ein Zahlungsanspruch bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht nicht. Der Kläger hat nicht behauptet, dass er die Beklagte zur Freistellung von den oder Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aufgefordert hätte und diese die Freistellung oder Zahlung verweigert hätte.
9Ein Zinsanspruch der Kläger gegen die Beklagte bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten besteht nicht. § 288 Abs. 1 BGB setzte eine Geldschuld voraus und ist auf einen Freistellungsanspruch nicht anwendbar.
10Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
11Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 713 ZPO.
12Der Streitwert wird auf 439,83 € festgesetzt.
13Rechtsbehelfsbelehrung:
14Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
151. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
162. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
17Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Hagen, Heinitzstr. 42, 58097 Hagen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
18Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Hagen zu begründen.
19Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Hagen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
20Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
21Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
22Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.