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Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen des Ereignisses vom„0" in A-Stadt, F-Straße, bei dem der Kläger das KFZ seines Vaters mit dem Kennzeichen GM-*** beim Reifenwechsel beschädigte, Versicherungsschutz aus der Haftpflichtversicherung Nr.„01" zu gewähren.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 EUR vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Privat-Haftpflichtversicherung.
3In den dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen
4Versicherungsbedingungen (AVB Stand 09/2020) heißt es unter der Ziffer „A1-7.14“ wie folgt:
5„Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeug-Anhänger
6Ausgeschlossen sind Ansprüche wegen Schäden, die der Eigentümer, Besitzer,
7Halter oder Führer eines Kraftfahrzeugs oder Kraftfahrzeug-Anhängers durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht.“
8Am „0“ befand sich der Kläger auf dem Grundstück seines Vaters. Dort wechselte er als Halter eines Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen K-*** die Reifen seines Fahrzeuges unter Verwendung eines Wagenhebers. Zu dieser Zeit befand sich links neben dem klägerischen Fahrzeug der Pkw seines Vaters mit dem amtlichen Kennzeichen GM-***. Im Rahmen der Durchführung des
9Reifenwechsels beschädigte der Kläger durch unsachgemäßen Gebrauch des Wagenhebers mit dem Hebel dieses Wagenhebers die rechte vordere Tür des Fahrzeugs seines Vaters. Der hierdurch entstandene Schaden beläuft sich ausweislich eines eingeholten Kostenvoranschlages auf 1300,17 € netto.
10Der Kläger meldete den Schadensfall der Beklagten. Diese lehnte eine Regulierung mit der Begründung ab, dass nicht sie als Privathaftpflichtversicherung eintrittspflichtig sei, sondern die Kfz-Haftpflichtversicherung.
11Mit anwaltlichem Schreiben vom „1“ wurde die Beklagte aufgefordert, bis spätestens „2“ eine Deckungszusage zu erteilen. Dies lehnte die Beklagte ab.
12Der Kläger trägt vor,
13nach seiner Auffassung sei der Schadensfall durch die bei der Beklagten bestehende
14Privathaftpflichtversicherung zu regulieren, da der Schaden nicht durch den
15Gebrauch des klägerischen Fahrzeugs verursacht worden sei und damit die Ausschlussklausel gemäß Z. A1-7.14 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (sogenannte kleine Benzinklausel) nicht greife.
16Der Kläger beantragt,
17die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen des Ereignisses vom
18„0“ in A-Stadt, F-Straße, bei dem der Kläger das KFZ seines Vaters mit dem Kennzeichen GM-*** beim Reifenwechsel beschädigte, Versicherungsschutz aus der Haftpflichtversicherung Nr.
19„01“ zu gewähren.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Sie trägt vor,
23für den streitgegenständlichen Schadensfall bestehe kein Versicherungsschutz im Rahmen der zwischen den Parteien bestehenden privaten Haftpflichtversicherung, da das Schadensereignis durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeuges verursacht worden sei. Damit greife die Ausschlussklausel gemäß Z. A1-7.14. der AVB, mit der Folge, dass vorliegend die Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs des Klägers eintrittspflichtig wäre.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Klage ist begründet.
27Die Beklagte ist gem. § 1 VVG verpflichtet, dem Kläger vertragsgemäß
28Deckungsschutz aus Anlass des Schadensereignisses vom „0“ beim
29Gebrauch eines Wagenhebers zu gewähren. Für den streitgegenständlichen Schadensfall besteht Versicherungsschutz in der bei der Beklagten unterhaltenen Privathaftpflichtversicherung.
30Dabei ist nach dem Vorbringen der Parteien zunächst davon auszugehen, dass der Schadenshergang unstreitig ist und dass die Parteien lediglich über die Frage streiten, ob der Deckungspflicht der Beklagten der in Ziffer A1-7.14 der Allgemeinen
31Haftpflicht-Versicherungsbedingungen (AVB Stand 09/2020) vertraglich vereinbarte Risikoausschluss (sogenannte kleine Benzinklausel) entgegensteht.
32Dies ist indes zu verneinen, sodass vorliegend Versicherungsschutz im geltend gemachten Umfang zu bejahen ist.
33Nach der genannten Klausel ist u.a. nicht versichert die gesetzliche Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraftfahrzeugs wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden.
34Insoweit muss sich eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem
35Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gefahr von der Art des Fahrzeuggebrauchs oder aber beim Gebrauch vom Fahrzeug selbst ausgeht. Entscheidend ist aus der Sicht des verständigen Versicherungsnehmers vielmehr, dass der Anwendungsbereich der Klausel dann, aber auch nur dann eröffnet sein soll, wenn sich ein Gebrauchsrisiko gerade des Fahrzeugs verwirklicht und zu einem Schaden geführt hat (vgl.
36grundlegend BGH NJW-RR 2007, 464). Die Klausel dient somit der Abgrenzung zwischen den Deckungsbereichen der Privat- und Kfz-Haftpflichtversicherung.
37Allerdings geht bei Risikoausschlussklauseln das Interesse des
38Versicherungsnehmers in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel es erfordert. Daher sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rechtsprechung eng auszulegen und nicht weiter, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise gebietet.
39Der Ausschluss setzt somit voraus, dass sich eine Gefahr verwirklicht hat, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist (vgl. BGH, a.a.O.). Zwar können zum Gebrauch eines Fahrzeugs auch Reparaturen an diesem zu rechnen sein, die der Eigentümer oder Halter vornimmt, aber nur, wenn sich hierbei die besonderen Gefahren des Fahrzeugs auswirken, etwa wenn der Eigentümer im Rahmen von Reparaturarbeiten an seinem Fahrzeug restliches
40Benzin aus dem Tank ablaufen lässt, sich der Kraftstoff dabei entzündet und eine
41Lagerhalle, in der die Reparatur durchgeführt wird, in Brand setzt (OLG Hamm,
42Beschl. v. 10.6.2015 – 20 U 80/15). Abzustellen ist jedoch darauf, ob das „Schwergewicht der Schadensverursachung“ vom Fahrzeug ausgeht, ob sich also das „typische Risiko des Fahrzeugs“ verwirklicht hat.
43Insoweit ist jedoch davon auszugehen, dass sich bei der Durchführung eines
44Reifenwechsel unter Verwendung eines Wagenhebers ein Risiko realisiert, das dem
45Gebrauch des Wagenhebers und nicht demjenigen des Fahrzeugs anhaftet. Denn „gebraucht“ hat der Kläger vorliegend nicht das Fahrzeug, sondern den Wagenheber, mag dieses auch den Zweck gehabt haben, das Fahrzeug instand zu setzen, um es danach zu gebrauchen. Die Schaden stiftende Verrichtung dient somit lediglich der Vorbereitung des Einsatzes des Fahrzeugs zu seinem typischen Verwendungszweck und damit dessen Gebrauch durch den Versicherungsnehmer. Der Kläger hat aber bei Vornahme des Reifenwechsels nicht das Fahrzeug gebraucht, sondern lediglich einen nicht zum Fahrzeug gehörenden Wagenheber. Ein derartiger Gebrauch eines Wagenhebers zum Zwecke privater Reparaturarbeiten gehört zu den vom
46Deckungsbereich der Privathaftpflichtversicherung erfassten Gefahren des täglichen
47Lebens. Insoweit steht der Schaden dem Kraftfahrzeugrisiko bei natürlicher
48Betrachtung nicht näher als dem Privatrisiko. Deshalb greift der Deckungsausschluss der Benzinklausel vorliegend nicht ein, mit der Folge, dass die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen war.
49Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
50Streitwert: Bis 1500,00 €
51Rechtsbehelfsbelehrung:
52Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
531. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
542. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
55Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Köln, Luxemburger T, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
56Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
57Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
58Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.