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Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 15.06.2011 (Az.: 201 C 7/11) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2I.
3Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 542 Abs. 2 S. 1, 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
4II.
5Die form- und fristgerecht eingelegte und mit Gründen versehene, auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten, mit welcher er sich dagegen wehrt, durch das Amtsgericht zu einer Zahlung von mehr als 115,06 € verurteilt worden zu sein, hat in der Sache keinen Erfolg.
6Rechtsfehlerfrei hat das Amtsgericht entschieden, dass die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung überbezahlter Miete für den Monat Juni 2009 in Höhe von 498,38 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB hat.
7Der Beklagte hat etwas, nämlich die volle Miete in Höhe von 498,38 €, durch Leistung der Klägerin erlangt. Dies ist ohne Rechtsgrund erfolgt, denn die Miete war gemäß § 536 Abs. 1 BGB aufgrund der unstreitig vorliegenden Mietmängel zu 80 % gemindert.
8Die absolute Höhe der Minderung ist auf Grund der Umstände des Einzelfalls zu bemessen (Schmitt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 10. Auflage, § 536 Rn. 362). Eine Minderung von 80 % setzt eine sehr schwere Beeinträchtigung des Wohnens voraus (Schmitt-Futterer/Eisenschmid, a.a.O., § 536 Rn. 374), welche vorliegend gegeben war. Zum Zwecke der Trocknung der den Schimmelbefall verursachenden Feuchtigkeit musste die Klägerin sämtliche Möbel von den Wänden des Einzimmer-Appartements abrücken, wodurch sich die Bewegungsfreiheit in der Wohnung auf ein Minimum reduzierte. Weiterhin mussten zum Zwecke der Trocknung zwei Trocknungsgeräte aufgestellt werden, die zusätzlichen Platz eingenommen und den Lebensraum in der Wohnung nochmals reduziert haben. Aufgrund dieser Gegebenheiten und des unstreitigen Schimmelbefalls war die Wohnung de facto für die Klägerin kaum mehr nutzbar.
9Die Rückforderung der überzahlten Miete ist auch nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen. Nach § 814 BGB kann das zum Zwecke der Leistung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. § 814 BGB erfordert positive Kenntnis der Nichtschuld; es genügt nicht die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen der rechtlichen Verpflichtung ergibt, vielmehr muss der Leistende, ggf. auf Grund einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“, auch die zutreffende rechtliche Folgerung daraus ziehen (Palandt/Sprau, BGB, 71. Auflage 2012, § 814 Rn. 3; BAG NJW 2005, 3082). Soweit der Beklagte der Ansicht ist, dass ein solches Wissen der Klägerin bei Leistung der Miete für den Monat Juni 2009 gegeben gewesen sei, da jedermann wisse, dass bei einem Mangel die Miete gemindert sei, überzeugt dies nicht. Das Ausmaß des Schadens stand zum Zeitpunkt der Mietzahlung, welche nach § 4 des Mietvertrags monatlich im Voraus, spätestens am 3. Werktag des Monats, zu erfolgen hatte, noch nicht fest. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 27.02.2012 selbst vor der Kammer erklärt, dass die Klägerin sich am 02.06.2009 erstmalig mit einer Mangelrüge an ihn gewendet und er daraufhin noch am selben Tag den Schaden begutachtet habe. Zu diesem Zeitpunkt war die Miete für Juni 2009 aber bereits angewiesen. Im Übrigen hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis über die erforderlichen Mangelbeseitigungsarbeiten. Der Beklagte hat seiner eigenen Aussage nach am 02.06.2009 angekündigt, dass er einen Sachverständigen mit der Klärung der Mangelursache und den alsdann erforderlichen Mangelbeseitigungsmaßnahmen beauftragen würde. Angesichts dieser stillschweigenden Vereinbarung durfte die Klägerin nach Auffassung der Kammer die endgültige Klärung der Mangelursache durch einen Sachverständigen abwarten, um auf diesem Weg in Erfahrung zu bringen, welche Schadensbeseitigungsmaßnahmen erforderlich waren und zu welcher Minderung sie infolgedessen berechtigt war.
10Die Klägerin hat desweiteren einen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution nebst Zinsen in Höhe von 1.107,98 € gegen den Beklagten. Dieser Anspruch ist nicht, auch nicht teilweise, durch die Aufrechnung des Beklagten mit behaupteten Mietansprüchen aus den Monaten Juli bis September 2009 erloschen. Ein Anspruch auf Zahlung von Miete über den 02.07.2009 hinaus stand dem Beklagten nicht zu, da die Klägerin das Mietverhältnis mit ihrem Kündigungsschreiben vom „31.06.2009“ (gemeint ist offensichtlich der 30.06.2009) wirksam fristlos gekündigt hat.
11Eine sofortige Kündigung mit Wirkung zum 30.06.2009 durch das Schreiben vom selben Tag war vorliegend gemäß § 543 BGB möglich. Ein wichtiger Grund zur Kündigung lag vor, weil der Klägerin die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zuzumuten war. Diesbezüglich hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass mit dem Wasserschaden und der Schimmelbildung ein gravierender Mangel an der Mietsache eingetreten war, welcher der Sphäre des Vermieters zuzurechnen war. Der Klägerin war angesichts dieses Mangels und der hierdurch notwendigen Trocknungsarbeiten eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar. Die Argumente der Berufungsbegründung gegen diese Einschätzung des Amtsgerichts überzeugen nicht. Selbst wenn man unterstellt, dass die Trocknungsgeräte nur mit einer Lautstärke von 40 dB/a tagsüber arbeiteten, ändert dies nichts daran, dass die ohnehin kleine Wohnung durch das Aufstellen der Trocknungsgeräte und die von den Wänden abgerückten Möbel auf einen Mikrolebensraum geschrumpft war. Auch die vorhandene Feuchtigkeit und Schimmelbildung machte die weitere Bewohnung des Mietobjekts unzumutbar.
12Eine vorherige Abmahnung der Klägerin war vorliegend nach § 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich, weil der Mieterin die Abhilfemaßnahme wegen ihrer Dauer und wegen der Auswirkungen auf die Mietsache nicht zugemutet werden konnte. Zwar macht nicht jede Dauer einer Mängelbeseitigung die Abmahnung entbehrlich; welche Dauer einer Mängelbeseitigung die Abmahnung entbehrlich macht, ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls, wobei insbesondere auf den konkreten Mangel abzustellen ist. In diesem konkreten Fall waren Mangel und Dauer der Mängelbeseitigung so gravierend, dass eine Abmahnung nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 entbehrlich war. Das Einzimmer-Appartement konnte nicht mehr ordnungsgemäß genutzt werden. Zwar behauptet der Beklagte, die Geräte hätten entgegen der Aussage des Sanierers keine weiteren 2 Monate dort stehen müssen. Er konkretisiert aber nicht, wie lange die Geräte dort noch hätten stehen bleiben müssen. Da die Sanierungsarbeiten seinen eigenen Angaben zufolge erst am 14.08.2009 abgeschlossen waren (Bl. 52 d.A.), hätte die Klägerin jedenfalls noch 1 ½ Monate mit den Trocknungsgeräten und den von den Wänden abgerückten Möbeln leben müssen. 1 ½ Monate in derart beengtem Zustand und jedenfalls tagsüber mit den Geräuschen der Trocknungsgeräte zu leben, ist ein in Ansehung des konkreten Mangels unzumutbar langer Zeitraum der Mangelbeseitigung.
13Soweit der Beklagte behauptet, der Klägerin angeboten zu haben, in ein Hotel zu ziehen, ist dies neuer, erstmals in 2. Instanz vorgebrachter Vortrag, der gemäß § 531 Abs. 1 BGB nicht zu beachten ist. Darüber hinaus ist der Vortrag auch nicht hinreichend substantiiert. Der Beklagte hat weder konkretisiert, wann er dieses Angebot gemacht hat, noch, ob er der Klägerin auch angeboten hat, die Hotelkosten zu tragen.
14Hinsichtlich der Frage, ob dem Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von weiteren Mieten bzw. von Nutzungsentschädigung deshalb zustand, weil die Klägerin unstreitig erst am 25.08.2009 zwei der Wohnungsschlüssel an den Beklagten zurückgegeben hat, kann vollumfänglich auf die Ausführungen des amtsgerichtlichen Urteils verwiesen werden, die der Beklagte mit der Berufung im Übrigen auch nicht angreift.
15Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.
16Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen. Die Besonderheiten des Falles liegen alleine in den tatsächlichen Gegebenheiten, die einer Überprüfung durch das Revisionsgericht ersichtlich nicht bedürfen.
17Der Streitwert wird für das Verfahren des ersten Rechtzuges auf 1.623,32 € und für die Berufung auf 1.508,26 € festgesetzt.