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Die Beklagte wird verurteilt, das Fahrzeug W S mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ##### zurück-zunehmen Zug-um-Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises der Beklagten an die W Leasing GmbH in Höhe von 31.825,00 Euro abzüglich eines Gebrauchsvorteils, der mit 0,13 Euro pro gefahrenem Kilometer gemäß abgelesenem Tachostand zum Zeitpunkt der Rücknahme des Fahrzeuges berechnet wird.
Tatbestand:
2Die Klägerin schloss am 19.05.2014 mit der W Leasing GmbH einen Leasingvertrag über einen W S. Zur Bereitstellung des Fahrzeuges an die Klägerin schloss die W Leasing GmbH mit der Beklagten einen Kaufvertrag über einen W S mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ##### zu einem Kaufpreis von 31.825,00 Euro.
3Am 18.08.2014 wurde das Fahrzeug an die Klägerin ausgeliefert und ist seitdem in ihrem Besitz. Die Klägerin nutzt das Fahrzeug bis zum heutigen Tage.
4Im Rahmen des Leasingvertrages wurde zwischen der Klägerin als Leasingnehmerin und der W Leasing GmbH als Leasinggeberin in Ziffer XIII. Unterziffer 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart, dass die W Leasing GmbH sämtliche Ansprüche und Rechte aus dem Kaufvertrag zwischen der W Leasing GmbH und der Beklagten an die Klägerin abtritt und der Klägerin im Gegenzug gegen die W Leasing GmbH keine mietrechtlichen Gewährleistungsansprüche gemäß den §§ 536 ff BGB zustehen. Ferner wurde vereinbart, dass im Fall eines Rücktritts etwaige Zahlungen des Lieferanten direkt an die W Leasing GmbH als Leasinggeberin zu zahlen sind.
5Der streitgegenständliche PKW ist mit einem 2,0-Liter-Dieselmotor des Typs EA 189 (Euro 5) ausgestattet. Die im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Motor EA 189 verwendete Software optimiert den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Dabei erkennt die Software, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet, und schaltet zwischen zwei Betriebsmodi um. Auf dem Prüfstand schaltet sie in den NOx-optimierten Modus 1 (NEFZ = Neuer Europäischer Fahrzyklus). In diesem Modus findet eine relativ hohe Abgasrückführung statt mit niedrigerem Stickoxidausstoß. Im normalen Fahrbetrieb wird in den Modus 0 umgeschaltet, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer ist.
6Mit Schreiben vom 12.01.2016 hatte die W Leasing GmbH die Klägerin auf deren vorherige Anfrage hin, über die Möglichkeit informiert, über ein Online Tool auf der W Website zu prüfen, ob in ihrem Fahrzeug eine entsprechende Software verbaut wurde.
7Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.01.2016 und 22.02.2016 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und wies darauf hin, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit dem im Zusammenhang mit den Abgas-Manipulationsvorwürfen des W-Konzerns erwähnten Motor ausgerüstet ist und forderte die Beklagte auf eine Nachbesserung vorzunehmen, letztmalig unter Fristsetzung bis 02.03.2016. Auf beide Schreiben reagierte die Beklagte nicht.
8Am 06.04.2016 erklärte Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten den Rücktritt vom Kaufvertrag für die W Leasing GmbH, die Leasinggeberin.
9Für das Fahrzeug der Klägerin wurde eine Typengenehmigung erteilt, die bislang nicht vom Kraftfahrt-Bundesamt widerrufen wurde. Die W AG legte dem Kraftfahrt-Bundesamt einen Maßnahmenplan vor. In diesem geht es um die Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge mit einer Software, die – aus Sicht der Beklagten - das Problem lösen soll. Im Oktober 2015 erklärte das Kraftfahrt-Bundesamt den von der W AG vorgelegten Zeit-und Maßnahmenplan für verbindlich. Auf Grundlage dieses Zeit-und Maßnahmenplans entwickelte die W AG die im Einzelnen umzusetzenden Maßnahmen. Diese Arbeiten wurden am 15.11.2015 abgeschlossen. Am 16.12.2015 bestätigte das Kraftfahrt-Bundesamt die von der W AG entwickelten Maßnahmen. Im Anschluss stimmte die W AG die Konzeptsoftware für die verschiedenen Fahrzeug- und Motorvarianten ab. Insgesamt gab es 1.200 verschiedene Fahrzeug- bzw. Motorvarianten, deren (Motorsteuerungs-)Software überarbeitet werden musste. Am 01.06.2016 billigte das Kraftfahrt-Bundesamt schließlich die technische Lösung der W AG u. a. für das Modell W S.
10Im September 2016 wies die W AG die Klägerin darauf hin, dass auch das in ihrem Besitz befindliche Fahrzeug von der Stickoxidproblematik betroffen sei und eine Umprogrammierung des Motorsteuergeräts erforderlich sei. Sie wies zudem darauf hin, dass bei Nicht-Teilnahme an der Rückrufaktion eine Betriebsuntersagung gem. § 5 FZV durchgeführt werden könne und es bei der nächsten Hauptuntersuchung sein könne, dass die Plakette nicht erteilt werde.
11Die Klägerin ist der Ansicht, in der verwendeten und nach EU-Recht unzulässigen Software sei ein Sachmangel zu sehen, da der tatsächliche Ausstoß des Stickoxids verschleiert werde. Das Fahrzeug weise daher nicht eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art und Weise üblich sei und die der Leasingnehmer nach Art der Sache erwarten könne. Für eine Mangelhaftigkeit spreche auch, dass die Nichtteilnahme an der Rückrufaktion zu einer Betriebsuntersagung nach § 5 FZV führen könne und bei der nächsten Hauptuntersuchung eine Plakette nicht mehr erteilt werde. Von einem neuartigen Fahrzeug könne jedoch erwartet werden, dass der Betrieb auf öffentlichen Straßen erlaubt sei, ohne dass der Käufer zuvor ein „Software-Update“ durchführen lassen müsse.
12Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,
13festzustellen, dass die Klägerin durch Erklärung des Rücktritts vom 06.04.2016 wirksam für die W Leasing GmbH vom Kaufvertrag über den W S (Fahrzeugidentifikationsnummer #####) zurückgetreten ist.
14Nach Hinweis des Gerichts vom 03.04.2017 beantragt die Klägerin nunmehr,
15die Beklagte zu verurteilen, das Fahrzeug W S mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ##### zurückzunehmen Zug-um-Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises der Beklagten an die WV Leasing GmbH in Höhe von 31.825,00 Euro abzüglich etwaiger in das Ermessen des Gerichts gestellter Gebrauchsvorteile.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte ist der Ansicht, es liege kein Sachmangel vor. Hierzu behauptet sie, das Fahrzeug sei – unstreitig – technisch sicher und in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt. Die EG-Typenvereinbarung „EU5“ sei unverändert wirksam. Darüber hinaus sei die Fristsetzung zur Nachbesserung unangemessen kurz. Schließlich sei die Pflichtverletzung jedenfalls als unerheblich anzusehen. Das Fahrzeug werde ein reines Software-Update erhalten. Die hierfür erforderliche Arbeitszeit werde rund eine halbe Stunde betragen und die Kosten würden sich auf deutlich weniger als 100 Euro belaufen. Im Verhältnis zu dem Kaufpreis des Fahrzeuges liege der Aufwand für die technische Überarbeitung des Fahrzeugs damit unter 0,4 %.
19Die Klage wurde der Beklagten am 03.06.2016 zugestellt.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2017 Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die Klage ist zulässig. Die Umstellung des Feststellungsantrags auf einen Leistungsantrag ist gemäß § 264 Nr. 2 ZPO ohne Einwilligung der Beklagten zulässig.
23Die Klage ist begründet.
24Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus abgetretenem Recht auf Rücknahme des Fahrzeuges und Zahlung i.H.v 31.825,00 € der Beklagten an die W Leasing GmbH abzüglich des tenorierten Nutzungsersatzes, gemäß § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 398 BGB zu.
25Die W Leasing GmbH hat der Klägerin ihre Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag mit der Beklagten in Ziffer XIII Unterziffer 4 der Allgemeinen Leasingbedingungen für Geschäftsfahrzeuge wirksam gemäß § 398 BGB abgetreten.
26Die Klägerin ist mit anwaltlichem Schreiben vom 06.04.2016 für die W Leasing GmbH von dem zwischen der W Leasing GmbH und der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag wirksam zurückgetreten.
27Der von der W Leasing GmbH erworbene PKW war im Zeitpunkt der Übergabe mit einem Sachmangel behaftet.
28Nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist der Kaufgegenstand frei von Sachmängeln, wenn er sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache verlangen kann. Das ist vorliegend nicht der Fall. Ein Durchschnittskäufer eines Neufahrzeuges kann davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird. Insoweit resultiert die Mangelhaftigkeit nicht etwa daraus, dass die unter Laborbedingungen (Prüfstandlauf) gemessenen Werte im alltäglichen Straßenverkehr nicht eingehalten werden, sondern basiert darauf, dass der Motor die Vorgaben im Prüfstandlauf nur aufgrund der manipulierten Software einhält (so u.a. auch LG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2016, Az.: 16 O 790/16).
29Selbst wenn man dies nicht so sehen würde, dann ergibt sich ein Mangel auch daraus, dass das Fahrzeug einem Software-Update unterzogen werden muss, wenn der Fahrzeughalter nicht den Entzug der Betriebserlaubnis nach § 5 FZV riskieren möchte und er sicherstellen möchte, dass ihm auch bei der nächsten Hauptuntersuchung nicht aus diesem Grund die Erteilung einer Plakette verwehrt wird. Hierauf hat die W AG in ihrem an die Klägerin adressierten Schreiben hingewiesen.
30Wenn es dem Kläger m.a.W. nicht freisteht, dem Rückruf seines Fahrzeugs Folge zu leisten und dessen Zulassung zum Straßenverkehr damit zu erhalten, dann kann aus dem derzeitigen Fehlen des beim Rückruf aufzuspielenden Software-Updates auch auf die Mangelhaftigkeit des klägerischen Fahrzeugs geschlossen werden (LG Oldenburg a.a.O.). Ein Käufer darf aber davon ausgehen, dass das erworbene Fahrzeug alle Parameter erfüllt, die dazu führen, dass für das Fahrzeug ohne Vornahme weiterer Änderungen dauerhaft eine Betriebserlaubnis besteht.
31Der Rücktritt ist auch nicht nach § 323 Abs. 5 BGB ausgeschlossen. Der Mangel ist unter Würdigung aller Umstände nicht unerheblich im Sinne der Norm.
32Die Erheblichkeitsprüfung nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB erfordert eine umfassende Interessenabwägung. Dabei ist von einer Geringfügigkeit eines behebbaren Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind, was bei Kosten von unter 1 % des Kaufpreises anzunehmen ist (BGH NJW 2014, 3229 Rz 19 –zitiert nach juris-). Bei der Prüfung der Erheblichkeit ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers abzustellen (BGH NJW 2014, 3229 Rz 16 –zitiert nach juris-).
33Nach diesen Grundsätzen liegt im streitgegenständlichen Fall kein unerheblicher Mangel im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB vor. Dies gilt, selbst wenn man den Beklagtenvortrag dazu, dass die Mängelbehebung mit Kosten verbunden ist, die weniger als 0,4 % des Kaufpreises ausmachen, zugrunde legt. Die seitens des BGH festgelegte 1 % Schwelle stellt keine starre Grenze dar und darf nicht so verstanden werden, dass bei Unterschreiten der Grenze die Unerheblichkeit feststeht. Es ist danach nur „in der Regel“ davon auszugehen, dass ein unerheblicher Mangel vorliegt. Vorliegend ergibt sich aber aus den Gesamtumständen, dass gleichwohl kein unerheblicher Mangel vorliegt. Dies folgt daraus, dass dem Fahrzeug im jetzigen Zustand, also ohne die angekündigte und - unterstellt funktionsfähige und vom Kraftfahrt-Bundesamt akzeptierte neue Software - die Entziehung der Betriebserlaubnis nach § 5 FZV droht.
34Auch kann bei der Frage des Aufwandes der Mangelbeseitigung die eigentliche Durchführung nicht isoliert betrachtet werden. Für die technische Vorbereitung der beabsichtigten Mängelbeseitigung war nach Vortrag der Beklagten ein Vorlauf von fast einem Jahr erforderlich. Erst dann soll der Mangel in einer halben Stunde behoben werden können. Es handelt sich daher offensichtlich nicht um eine einfache technische Maßnahme, die kurzfristig und ohne weitere Vorbereitungen hätte vorgenommen werden können. Hinzu kam, dass die Mängelbeseitigung nicht im Belieben der Beklagten stand, sondern dass der Hersteller hierfür zunächst eine Genehmigung des Kraftfahrt-Bundesamtes einholen musste. Eine Mangelbeseitigungsmaßnahme, die der vorherigen behördlichen Prüfung bedarf, ist ebenfalls nicht als unerheblich anzusehen (so auch LG Oldenburg a.a.O.).
35Der Rücktritt scheitert auch nicht an der Setzung einer unangemessen kurzen Nachfrist. Es kann dahinstehen, ob die seinerzeit gesetzte Nachfrist bis zum 02.03.2016 zu kurz bemessen war. Sie betrug immerhin knapp 6 Wochen. Bei der Bestimmung der Angemessenheit der Fristsetzung ist auf den Sinn und Zweck der Fristsetzung abzustellen. Die Frist soll dem Schuldner eine letzte Gelegenheit zur Vertragserfüllung eröffnen. Dabei kommt es vorrangig auf die Interessen des Käufers an (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rz 902). Dem Verkäufer muss aber die Zeit zugestanden werden, die er für die geforderte Art der Nacherfüllung bei objektiver Betrachtung benötigt. Eine zeitliche Obergrenze ergibt sich dabei unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit für den Käufer (Reinking/Eggert, a.a.O.). Vorliegend ist zu beachten, dass die Beklagte auf die Schreiben der Klägerin vom 21.01.2016 und 22.02.2016 keinerlei Reaktion zeigte. Auch wenn die Beklagte bei der technischen Überarbeitung des Fahrzeuges der Klägerin von der W AG als Herstellerin abhängig war, hätte sie zumindest auf die Schreiben der Klägerin reagieren und der Klägerin Informationen über das weitere Vorgehen mitteilen müssen, selbst wenn eine solche Mitteilung lediglich darin bestanden hätte, der Klägerin mitzuteilen, dass man sich mit der W AG in Verbindung setzt und mit dieser ein weiteres Vorgehen abstimme. Die Klägerin hat erst im September 2016, mithin rund acht Monate nach ihrem ersten Nacherfüllungsverlangen ein Schreiben der W AG bekommen, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass zum Zwecke der Nacherfüllung eine Umprogrammierung des Motorsteuergeräts erforderlich sei und in dem sie aufgefordert wurde einen Termin mit der Beklagten abzustimmen. Ob hierin ein Angebot zur Nachbesserung durch die Beklagte gesehen werden kann, kann dahinstehen, denn eine solch lange Frist zur Mängelbeseitigung ist der Klägerin jedoch nicht zumutbar und war auch nicht angemessen.
36Der Rücktritt ist auch nicht wegen Verletzung der Rügeobliegenheit gemäß § 377 HGB ausgeschlossen. Zwar handelt es sich bei dem Kaufvertrag über den W S um ein Geschäft zwischen Kaufleuten. Den Käufer trifft die Rügeobliegenheit auch dann, wenn der Verkäufer die Sache auf Anweisung des Käufers an einen nichtkaufmännischen Dritten, den Leasingnehmer abliefert, mit dem der Käufer einen Leasingvertrag über die Ware geschlossen und den er zur Geltendmachung der vertraglichen Ansprüche gegen den Verkäufer ermächtigt hat (BGH NJW 1990, 1290). Im Übrigen ist von einer Kaufmannseigenschaft der Klägerin, die in Gestalt der Rechtsform einer GmbH organisiert ist, auszugehen. Die Klägerin hat jedoch nach Entdeckung des Mangels diesen unverzüglich gerügt. Es handelt sich bei dem Sachmangel des streitgegenständlichen Fahrzeuges um einen verdeckten Mangel im Sinne des § 377 Abs. 3 HGB. Der Beklagten ist es nicht gelungen nachzuweisen, dass die Klägerin bereits Ende September 2015 wusste, dass ihr Fahrzeug über eine Software verfügte, welche den Ausstoß von Stickoxid optimierte. Vielmehr ist dem Schreiben der W Leasing GmbH an die Klägerin vom 12.01.2016 zu entnehmen, dass die Klägerin dieser zuvor eine Anfrage gestellt hatte, ob ihre Fahrzeuge betroffen seien. Hieraufhin klärte die W Leasing GmbH die Klägerin über die Möglichkeit auf, über ein Online Tool auf der W Website zu prüfen, ob in ihren Fahrzeugen eine entsprechende Software verbaut wurde. In demselben Schreiben wurde die Klägerin jedoch auch darüber informiert, dass der Mangel in diesem Fall durch die W AG behoben werde.
37Demnach ist bereits fraglich, ob für die Klägerin weiterhin eine Rügeobliegenheit bestand, da die Leasing GmbH sie darüber informierte, dass die W AG die Mängel des Fahrzeugs beheben werde. Dies kann jedoch dahinstehen, da die Klägerin ihrer Rügeobliegenheit alsbald nach gekommen ist, in dem ihre Prozessvertreter der Beklagten erstmals mit Schreiben vom 21.01.2016 den Mangel anzeigten.
38Bei der Berechnung der Rügefrist ist von Fall zu Fall zu entscheiden, welche Frist dem Kaufmann für die Untersuchung und damit für die Rüge zur Verfügung steht. Insgesamt muss die Untersuchung immer so schnell wie mit zumutbarem Aufwand überhaupt möglich, d.h. „alsbald“ durchgeführt werden. Als grober Anhalt gilt dabei in der Regel eine Frist von einer Woche, die jedoch je nach der Art der Ware und den Umständen des Falles gegebenenfalls erheblich unterschritten oder überschritten werden kann (Heymann, HGB, 2. Auflage 2014, § 377 Rn. 53).
39Daran gemessen erfolgte die Rüge noch unverzüglich nach Entdeckung des Mangels. Es ist davon auszugehen, dass das am 12.01.2016 durch die W Leasing GmbH verfasste Schreiben der Klägerin innerhalb von drei Tagen, also am 15.01.2016 zugegangen ist und sich ihr zu diesem Zeitpunkt eine Prüfung, ob das in ihrem Besitz befindliche Fahrzeug betroffen ist, aufdrängen musste. Sodann musste die Klägerin anhand der Fahrzeugidentifikationsnummer in dem Online-Tool der W Website nachprüfen, ob ihr Fahrzeug tatsächlich betroffen ist. Sechs Tage später schrieben die Prozessbevollmächtigen der Klägerin die Beklagte an und beriefen sich auf die Mangelhaftigkeit des Fahrzeuges. Angesichts dieser Umstände erscheint die innerhalb von sechs Tagen erhobene Rüge noch unverzüglich.
40Rechtsfolge ist nach § 346 BGB die Rückgewähr empfangener Leistungen und die Herausgabe gezogener Nutzungen. Ist die Rückgewähr nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen, so ist Wertersatz zu leisten, § 348 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB.
41Die Beklagte muss daher das Fahrzeug zurücknehmen und den erlangten Kaufpreis in Höhe von insgesamt 31.825,- € zurückzahlen. Von diesem Betrag ist ein Wertersatzanspruch für die Nutzung des Fahrzeugs abzuziehen. Der Wert der Nutzung des erworbenen Pkw durch den Käufer ist anhand des Bruttokaufpreises, der Fahrstrecke und der zu erwartenden Restlaufleistung auf der Grundlage linearer Wertminderung zu errechnen (OLG Hamm NJW-RR 2011, 1423). Der tenorierte Betrag, der pro Kilometer anfällt, ergibt sich dabei aus der Division des Kaufpreises durch die Gesamtlaufleistung. Das Fahrzeugmodell W S „Cup“, 2,0 l TDI 81 kW ist ein solides und langlebiges Fahrzeug, so dass von einer Fahrleistung von 250.000 km auszugehen ist. Die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs betrug nach Vortrag der Klägerin am 12.04.2017 74.994 Kilometer. Die Gebrauchsvorteile sind grundsätzlich bis zum Tage der Rückgabe zu vergüten (vgl. OLG Karlsruhe NJW 2003, 1950). Dem trägt der Tenor Rechnung, indem die exakte Höhe der Gebrauchsvergütung nicht ausgerechnet, sondern lediglich die Abzugsberechnung vorgeben wird. Der vollstreckbare Inhalt des Urteils ist indes eindeutig (vgl. OLG Karlsruhe NJW 2003, 1950). Eine entsprechende Tenorierung berücksichtigt häufig eintretende Änderungen zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und der Vollstreckung. Dieser Zeitraum beträgt regelmäßig mehrere Wochen und nicht selten sogar mehrere Monate. In dieser Zeit wird das Fahrzeug vom Wandelungsgläubiger zulässigerweise in der Regel weiter genutzt (vgl. OLG Karlsruhe NJW 2003, 1950).
42Die Rückzahlung des Kaufpreises hat gemäß Ziffer XIII. Unterziffer 1 direkt an die W Leasing GmbH als Leasing Geberin zu erfolgen.
43Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 709 ZPO.
44Der Streitwert wird auf 22.278,00 EUR festgesetzt.