Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Urteils abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils beigetriebenen Betrages.
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger – Teilnehmer des am 09.05.2015 stattfindenden Fisherman’s Friend- Strongman-Run 2015, eines Waldcrosshindernislaufs („Die Mutter aller Hindernisläufe“) – macht gegen die Beklagte als Veranstalterin des Rennens Ansprüche wegen angeblicher Verkehrssicherungspflichtverletzung geltend, weil er auf dem Parcours zu Schaden gekommen sei.
3Am Vorfallstage überquerte der Kläger ein Wasserhindernis. Das Hindernis bestand aus einer Wasserrutsche, die in einem künstlichen Teich mündete, der seinerseits zum Erdreich hin mit einer Plastikplane ausgelegt war. Im Bereich des Teichs kam der Kläger zu Fall und verletzte sich aus zwischen den Parteien umstrittenen Umständen und in zwischen den Parteien umstrittenem Umfang.
4Der Kläger behauptet, nach dem Überwinden der Wasserrutsche sei er in den Teich gerutscht und habe einen heftigen Ruck an seinem Fuß gespürt, weil die Plastikplane – im schlammigen Wasser für ihn nicht erkennbare – Faltenwürfe aufgewiesen habe. Hierdurch habe er sich eine Fraktur der Tibiaunterkante zugezogen, die operativ habe versorgt werden müssen. Er habe zwei Tage stationär im Krankenhaus bleiben müssen, sei mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig gewesen, habe intensiver physiotherapeutischer Behandlung bedurft und an erheblichen Schmerzen gelitten. Zusätzlich habe er eine bereits gebuchte Urlaubsreise nicht antreten können, für deren Stornierung ihm der Reiseveranstalter 1.040,-- EUR in Rechnung gestellt habe. Mit seiner Klage verlangt er – neben der Erstattung der Stornokosten – die Zahlung eines Schmerzensgeldes, das er seiner Höhe nach in das Ermessen des Gerichts stellt, wobei er jedoch angibt, einen Betrag von nicht unter 4.000 EUR für angemessen zu erachten.
5Der Kläger beantragt,
61) die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch in Höhe von 4.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 17.05.2016 zu zahlen;
72) die Beklagte weiter zu verurteilen, an ihn den durch den erlittenen Schaden entstandenen Kosten, die zur Zeit bei 1.040,-- EUR liegen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 17.05.2016 zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie erklärt sich zu dem konkreten Sturzgeschehen und seinen Folgen mit Nichtwissen. Einen Faltenwurf der Plane habe es nicht gegeben. Zusätzlich meint sie, bereits aus Rechtsgründen für etwaige Verletzungen des Klägers nicht eintrittspflichtig zu sein. Bei dem vom Kläger behaupteten Geschehen handele es sich um eine typische und einem Hindernislauf immanente Gefahr, auf die sich sonach die Verkehrssicherungspflicht nicht erstrecken könne. Der Kläger hätte vielmehr die Möglichkeit etwaiger Unebenheiten in seine Überlegungen einbeziehen müssen, zumal auf derartige Risiken – was zwischen den Parteien unstreitig ist – sowohl bei der Anmeldung zu dem Lauf als auch im Startbereich hingewiesen worden sei.
11Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
13Die Klage ist nicht begründet.
14Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte weder unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht gemäß § 280 BGB noch aus Delikt aufgrund der Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB zu.
15Dem Kläger ist nicht der Beweis gelungen, dass er sich an dem auf dem Parcours befindlichen Wasserhindernis durch von der Beklagten zu vertretende Umstände verletzt hat.
16Zweifel insoweit bestehen schon, weil der Kläger zum Unfallgeschehen divergierende Sachverhaltsschilderungen abgibt. Während er in der Klageschrift nämlich noch vortragen lässt, er habe versucht aus dem Wassergraben aufzustehen, sich hierbei mit dem Fuß in Falten der Plastikplane verfangen und sei deshalb gestürzt, hat er aus Anlass seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe sich – sitzend – in das Wasserbecken hineingleiten lassen und habe plötzlich einen heftigen Stoß gegen den Fuß verspürt. Dieser Stoß habe seinen Grund in einem Faltenwurf der den Wassergraben an seinem Boden abdichtenden Plane gehabt.
17Das Gericht hat erhebliche Bedenken, ob die Kollision mit der Falte einer Plastikplane geeignet ist, einen Knochenbruch herbeizuführen. Naheliegender erscheint, dass der Kläger möglicherweise infolge Unaufmerksamkeit gegen die Umrandung des Wasserhindernisses gestoßen ist oder aber beim Hineingleiten in das Wasser ausgerutscht und umgeknickt ist. Die verbleibenden Zweifel daran, wie genau sich der Unfall ereignet hat, gehen zu Lasten des Klägers, weil er für die der Beklagten vorgeworfene Verkehrssicherungsverletzung beweisbelastet ist.
18Selbst aber den Vortrag des Klägers unterstellt, die Plastikplane am Boden des Wassergrabens habe für ihn nicht erkennbare Faltenwürfe aufgewiesen, er habe sich mit dem Fuß gegen eine Falte stoßend verletzt, ist eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflichtverletzung nicht erkennbar. Ob ein bestimmtes Verhalten den Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht bedeutet oder nicht hängt vom Einzelfall ab. Verkehrssicherungspflichten bestehen nur für die sich im Rahmen des Vernünftigen haltenden Sicherungsanforderungen des jeweiligen Verkehrs. In diesem Rahmen müssen solche Gefahren abgewendet werden, die bei bestimmungsgemäßer Benutzung drohen. Allerdings hat der Verkehrssicherungspflichtige denjenigen, der sich in den Bereich des von ihm eröffneten Verkehrs begibt, nur vor solchen Gefahren zu schützen, die jener ausgehend von der sich konkret darbietenden Situation nicht vermeiden kann, nicht aber – zusätzlich – vor Gefahren, die allen vor Augen stehen müssen.
19Ausgehend von diesen Grundsätzen kann eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten nicht festgestellt werden, woraus zugleich folgt, dass ihr eine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten nicht vorgeworfen werden kann. Denn Unebenheiten stellen bei einem Waldcrosshindernislauf keine atypische Gefahr dar, sondern entsprechen genau dem, worauf sich die Teilnehmer eines solchen einstellen müssen. Bei einem Waldcrosslauf sollen sich die Teilnehmer gerade an Hindernissen beweisen können, die in der freien Natur auftretenden Barrieren und Handicaps nachempfunden sind. Dieser Umstand bringt mit sich, dass im Bereich der Hindernisse – wie das auch in der freien Natur der Fall ist – Unebenheiten und Unregelmäßigkeiten auftreten können. Ein – etwa vorhandener – Faltenwurf einer einen Wassergraben abdichtenden Plane ist in diesem Zusammenhang nicht anders zu beurteilen als es eine natürliche Bodenunebenheit in einem natürlichen Wassergraben wäre.
20Dass allerdings Bodenunebenheiten in der freien Natur vorkommen können ist allgemein bekannt. Auf das mögliche Vorhandensein solcher muss jeder Waldcrossläufer sein Tempo und seine Bewegungen stets einstellen, insbesondere indem er besondere Vorsicht walten lässt, wenn er – wie hier – die Bodenbeschaffenheit nicht erkennen kann. Dass es nämlich bei entsprechender Vorsicht grundsätzlich möglich gewesen wäre, den Wassergraben schadensfrei zu überqueren wird nach dem Dafürhalten des Gerichts schon dadurch bestätigt, dass etwa 10.000 weitere Teilnehmer der Veranstaltung das entsprechende Hindernis schadensfrei passiert haben.
21Oblag es damit grundsätzlich den Wettkampfteilnehmern selbst, die typischen Gefahren des Strongman-Run in ihre Überlegungen einzubeziehen, so hat die Beklagte – zusätzlich – nicht nur Warnschilder aufgestellt, mit denen die Sportler – wie auch schon bei der Anmeldung – vor einem Ausrutschen auf glitschigem Grund gewarnt wurden („ Es besteht permanente Rutsch- und Ausrutschgefahr. Wir weisen darauf hin, dass beim Überwinden der Hindernisse Verletzungen durch Stürze, Umknicken, Stolpern oder Ausrutschen entstehen können. (…) Bitte passt dementsprechend Euer Lauftempo und Laufverhalten den Sichtverhältnissen (…) an.“), sondern auch noch – so die Schilderung des Klägers selbst in der mündlichen Verhandlung – an dem streitgegenständlichen Wassergraben einen Ordner positioniert, der die Teilnehmer ebenfalls zur Vorsicht beim Überqueren des Hindernisses anhielt. Was die Beklagte darüber hinaus noch hätte tun können, um das Rennen einerseits gefahrloser zu gestalten, ihm aber andererseits nicht den Charakter eines besonders herausfordernden Waldcrosshindernislaufs zu nehmen und den Teilnehmern Gelegenheit zu geben, sich in einer Extremsituation zu beweisen, erschließt sich nicht.
22Der Kläger dürfte sich vor Augen zu führen haben, dass er dann, wenn er bei einem sportlichen Wettkampf jegliche Bodenunebenheit sicher ausschließen möchte, sich nicht für einen Waldcrosshindernislauf in der freien Natur anmelden darf, erst recht nicht für einen als besonders waghalsig und anspruchsvoll geltenden wie den hier in Rede stehenden. Ein Sportler, der stets glatten und sicheren Untergrund unter den Füßen verspüren möchte, darf nicht am Strongman-Run teilnehmen, sondern muss sich darauf beschränken, sein Können ausschließlich in Wettkämpfen in der Halle unter Beweis zu stellen, wo Bodenunebenheiten nicht zu befürchten sind.
23Das hat der Kläger – der sich ersichtlich in der freien Natur beweisen wollte – nicht getan.
24Die Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
25Der Streitwert wird auf 5.040,-- EUR festgesetzt.