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Der Antrag vom 23.02.2021 die Vollziehung des Haftbefehls vom 03.07.2020 (7 M 261/20) einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.
Gründe:
2I.
3Der Schuldner wendet sich mit der vorliegenden Erinnerung gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Borken vom 03.07.2020.
4Dieser wurde gegen den Schuldner aufgrund eines Vollstreckungsersuchens des WDR Köln vom 01.07.2016 erlassen, nachdem der Schuldner zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht erschienen ist und sich auch nicht ausreichend entschuldigt hat.
5Der Schuldner trägt vor, dass der Bescheid des WDR Köln lediglich auf Festsetzung gerichtet gewesen sei und kein Leistungsgebot enthalte. Zudem sei der WDR keine Behörde und verfüge über keinerlei Verwaltungsaktbefugnis. Schließlich verstoße der Haftbefehl gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da eine Einholung von Drittauskünften ein milderes Mittel darstelle.
6Da die Verhaftung am 25.02.2021 um 10 Uhr erfolgen soll, hat der Schuldner beantragt, die Vollziehung des Haftbefehls einstweilen einzustellen.
7II.
8Vor der Entscheidung über die sofortige Beschwerde kann die Vollziehung des Haftbefehls nach § 570 II ausgesetzt werden (vgl. Seibel in Zöller/ZPO, 32. Auflage § 802 g, Rn. 16).
9Die Entscheidungen über die Aussetzung ist in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt. Mit Blick auf den Zweck sind dabei die Erfolgsaussichten der Beschwerde und die durch die Vollstreckung drohenden Nachteile zu berücksichtigen. Ein Vollstreckungsschutz wird demnach regelmäßig voraussetzen, dass die Beschwerde nach summarischer Einschätzung zulässig ist, in der Sache nicht ohne Erfolgsaussichten erscheint und dem Beschwerdeführer durch die Vollstreckung irreparable oder jedenfalls größere Nachteile drohen als dem Beschwerdegegner im Falle der Aussetzung (MüKoZPO/Hamdorf, 6. Aufl. 2020, ZPO § 570 Rn. 9).
10Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die als sofortige Beschwerde ausgelegte Erinnerung ist nach summarischer Prüfung zwar zulässig, hat in der Sache aber keine Erfolgsaussichten.
11Voraussetzung zum Erlass eines Haftbefehls ist neben einem Antrag des Gläubigers, dass die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung und die weiteren Voraussetzungen für eine Vermögensauskunft zum Zeitpunkt des Offenbarungstermins und zum Zeitpunkt des Haftbefehlserlasses vorliegen. Zudem muss der Haftbefehl dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.
12Soweit der Schuldner geltend macht, ein Leistungsbescheid und damit ein Titel liege nicht vor, so dringt er damit nicht durch. Leistungs- und Festsetzungbescheid können in einem einzigen Bescheid verbunden werden. Warum in dem Bescheid des WDR-Köln ein Leistungsgebot nicht enthalten sein sollte, legt der Schuldner nicht dar. Eine eingehendere Prüfung kann erst erfolgen, wenn der Bescheid in der Gerichtsakte vorliegt.
13Auch der Einwand des Schuldners, die Bescheide des WDR seien keine Verwaltungsakte und damit keine Vollstreckungstitel, greift nicht durch. Eine Verwaltungsaktbefugnis folgt aus § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV. Dieser regelt die verfahrensrechtliche Zuständigkeit für die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge durch Verwaltungsakt (Beitragsbescheid) der Rundfunkanstalt (BeckOK InfoMedienR/Lent, 30. Ed. 1.11.2020, RBeitrStV § 10 Rn. 7). Aus § 10 Abs. 6 RBStV folgt, dass diese im Wege des Verwaltungsvollstreckungsverfahrens vollstreckt werden können.
14Diese Normen stellen auch eine ordnungsgemäße Rechtsgrundlage dar. Der Fünfzehnte Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Fünfzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag - 15. RÄStV), der in seinem Art. 1 den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag umfasst, wurde im Zeitraum vom 15. bis 21. Dezember 2010 von den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer unterzeichnet. Der Landtag Nordrhein Westfalen hat dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag mit Beschluss vom 06. Dezember 2011 zugestimmt und dieser wurde im folgenden bekanntgemacht und ist in Kraft getreten. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist somit aufgrund seiner Ratifizierung durch den Landtag Nordrhein-Westfalen unmittelbar geltendes Landesrecht geworden. (vgl. VG München, Urteil v. 07.12.2016 – M 6 K 16.1721 zur Rechtslage in Bayern).
15Soweit der Schuldner geltend macht, der Haftbefehl verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, greift dies ebenfalls nicht durch. Ein milderes Mittel, das den Erfolg einer Vermögensauskunft durch den Schuldner sicherstellen könnte, ist nicht erkennbar. Zudem kann der Schuldner die Freiheitsentziehung durch Abgabe der eidesstattlichen Versicherung jederzeit abwenden (vgl. BVerfG, Beschluß vom 19-10-1982 - 1 BvL 34/80, 1 BvL 55/80). Nur durch eine Vermögensauskunft, kann der Gläubiger sich einen Überblick über die Vermögensverhältnisse des Schuldners verschaffen. Eine Drittauskunft nach § 802l ZPO ist schon nicht gleich geeignet, da diese Dritten allenfalls einen fragmentarischen Einblick in die Vermögensverhältnisse des Schuldners haben. Konkrete Anhaltspunkte die eine im Vergleich zu anderen Schuldnern besondere Härte durch einen Haftbefehl begründen würden, hat der Schuldner nicht vorgetragen. Insbesondere ist es dem Schuldner möglich die Vermögensauskunft abzugeben und dadurch die Freiheitsentziehung abzuwenden.
16Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 22.01.2015 I ZB 77/14. Darin geht es um die Frage, ob nach der Abgabe der Vermögensauskunft noch eine Einholung von Drittauskünften zu erfolgen hat und nicht um die Frage, ob eine solche Möglichkeit den Erlass eines Haftbefehls als unverhältnismäßig erscheinen lässt. Dies ist aus den angeführten Gründen nicht der Fall.
17Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gesondert. Das Gericht weist darauf hin, dass es die Erinnerung als sofortige Beschwerde gegen den Haftbefehl auslegt, da der Schuldner sich gegen den Haftbefehl als solchen wendet und somit die sofortige Beschwerde das zulässige Rechtsmittel ist (vgl. BeckOK ZPO/Fleck, 39. Ed. 1.12.2020 Rn. 12, ZPO § 802g Rn. 12). Die Gläubigerin erhält Gelegenheit zur kurzfristigen Stellungnahme binnen 2 Tagen.
18Borken, 24.02.2021