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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.08.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 86 % und der Kläger zu 14 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von jeweils 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Der Kläger beantragte unter dem 17.11.2011 bei der Beklagten den Abschluss einer Sachwertanlage „Gold-Sparbuch 1“. Der Kläger schloss den Vertrag über einen Vermittler der zwischenzeitlich insolventen Vermittlungsgesellschaft O ab. Ein dortiger Mitarbeiter rief den Kläger kurz vor dem Termin des Abschlusses an und gab als Grund seines beabsichtigten Besuchs die Überprüfung seiner Versicherungen an. Der Vermittler suchte den Kläger sodann am 17.11.2011 in seinen Wohnräumen auf und bot ihm im Rahmen dieses Termins das Goldsparbuch als sicheres Altersvorsorgeprodukt an. Über etwaige Risiken dieser Anlageform wurde der Kläger nicht aufgeklärt.
3Der monatliche Sparbeitrag wurde bei dem Gold-Sparbuch mit 50 € vereinbart. Es handelte sich dabei um einen Sparplan zum Erwerb von physischem Feingold in Form von 1 g Barren. Der Antrag wies außerdem eine Einrichtungsgebühr i.H.v. 1600 € aus. Hinsichtlich dieser Einrichtungsgebühr ist in den auf der Rückseite des Antragsformulars abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeführt, dass diese Gebühr bei Abschluss des Kaufvertrags entsteht und fällig wird und in Raten oder per Sonderzahlung erbracht werden kann, und dass die Gebühr in ihrer Höhe unabhängig von der vereinbarten Sparrate ist. Soweit die Zahlung der Einrichtungsgebühr nicht durch Sonderzahlung erfolgt, werden ausweislich der allgemeinen Geschäftsbedingungen die vom Kunden erbrachten Sparraten bis zur vollständigen Tilgung der Einrichtungsgebühr auf diese verrechnet. Danach werden die Sparbeiträge des Kunden in vollem Umfang dafür verwendet, Feingold anzukaufen. Ferner ist in den AGB geregelt, dass der Anspruch auf Zahlung der Einrichtungsgebühr rechtlich unabhängig von der tatsächlichen Durchführung des Vertrags sei und die Verpflichtung zur Zahlung der Gebühr auch nicht durch Kündigung oder sonstige Beendigung des Vertrags entfällt. Bei Zahlungseinstellung vor vollständiger Tilgung der Einrichtungsgebühr wird ausweislich der Geschäftsbedingungen die zu diesem Zeitpunkt noch ausstehende Einrichtungsgebühr sofort zur Zahlung fällig.
4Das Antragsformular weist auf der Rückseite eine Widerrufsbelehrung auf, auf die auf der Vorderseite hingewiesen wird. Die Widerrufsbelehrung lautet wie folgt:
5„Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform, z.B. Brief, Fax oder E-Mail, widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an die O-GmbH Frankfurt, Mail:…., Fax:….
6Widerrufsfolgen
7Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogenen Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für sie mit der Absendung ihrer Widerrufserklärung, für uns mit deren Empfang.
8Ende der Widerrufsbelehrung.“
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Antragsdokuments wird auf dessen als Anlage K1 zur Klageschrift eingereichte Ablichtung (Bl. 4 d. A.) Bezug genommen.
10Der Kläger zahlte auf den durch Annahme seitens der Beklagten unter Nr. N11220 zustande gekommenen Vertrag vom 01.12.2011 bis zum 19.02.2014 insgesamt 1250,00 €.
11Mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 21.07.2016 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf des Vertrages unter Hinweis und Bezugnahme auf die von der Beklagten im Zeitpunkt des Abschlusses verwandte Widerrufsbelehrung. Die Beklagte wies den Widerruf und die erhobenen Rückforderungsansprüche des Klägers mit Schreiben vom 25.07.2016, dem Klägervertreter am 26.07.2016 zugegangen, zurück. Wegen dieses Schreibens wird auf dessen als Anlage K3 zur Klageschrift eingereichte Ablichtung (Bl. 8 d.A.) Bezug genommen.
12Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.11.2016 wiederholte der Kläger unter Nachfristsetzung zum 29.11.2016 seine Klageforderung.
13Der Kläger ist der Ansicht, die von der Beklagten im Antragsformular verwendete Widerrufserklärung sei ungenügend und habe deswegen die Widerrufsfrist nicht in Gang setzen können, so dass er auch zum Zeitpunkt seines Widerrufs noch zum Widerruf berechtigt gewesen sei.
14Der Kläger beantragt,
15die Beklagte zu verurteilen,
16an ihn 1250,00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2016 zu zahlen,
17den Kläger von außergerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 201,71 € freizustellen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Die Beklagte hat zunächst bestritten, dass der Abschluss des Vertrages in einer Haustürsituation erfolgt sei. Sie ist der Ansicht, dass der erfolgte Widerruf infolge Ablaufs der Widerrufsfrist unwirksam sei. Hierzu meint sie, die Widerrufsbelehrung entspreche dem zum Verwendungszeitpunkt geltenden gesetzlichen Muster und sei aus diesem Grund nicht zu beanstanden.
21Die Belehrung sei auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie nicht den Zusatz enthalte, dass der Widerruf bei Überlassung der Sache vor Fristablauf auch durch Rücksendung der Sache ausgeübt werden könne. Denn eine Auslieferung von Gold werde vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht durchgeführt. Dies sei auch nicht möglich, da der zeitliche Ablauf im Falle eines Widerrufs länger als 2 Wochen dauere. Es liege außerdem kein Ratenlieferungsvertrag gemäß § 510 BGB a.F. vor, da Gegenstand des vorliegenden Vertrages der Ankauf und die Verwahrung von physischem Feingold durch die Beklagte für den Kläger gewesen sei, was eine Dienstleistung im Sinne einer Geschäftsbesorgung darstelle. Die Eigentumsverschaffung an dem vom Kunden zu erwerbenden Gold erfolge durch Einräumung von Bruchteilseigentum an einem in Besitz der Beklagten befindlichen Sammelbestand im Wege eines Besitzmittlungsverhältnisses. Der Kunde erlange daher grundsätzlich keinen unmittelbaren Besitz an dem für ihn angekauften Gold. Eine Überlassung des Goldes im Sinne der Auslieferung an den Kunden erfolge lediglich im Ausnahmefall auf Antrag des Kunden. Sie ist der Ansicht, die Überlassung von Sachen stelle deswegen keine Hauptleistungspflicht des streitgegenständlichen Vertrages dar. Vor diesem Hintergrund sei der Zusatz in der Widerrufsbelehrung, dass die Erklärung des Widerrufs auch durch Rücksendung der Sache erfolgen könne, nicht erforderlich.
22Die Beklagte ist ferner der Ansicht, es liege kein Ratenlieferungsvertrag im Sinne des §§ 510 BGB a.F. vor, da der Kläger nicht verpflichtet gewesen sei, den Vertrag dauerhaft zu bedienen, sondern berechtigt gewesen sei, die monatlichen Beitragszahlungen nach Tilgung der Einrichtungsgebühr auf unbegrenzte Zeit auszusetzen, was unstreitig ist. Die Verpflichtung zur Zahlung der Einrichtungsgebühr selbst unterfalle ohnehin nicht dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift, da es sich insoweit nicht um die Lieferung oder den Erwerb von Sachen handele. Schließlich sei das Widerrufsrecht auch durch § 510 Abs. 1, S. 2 und 3 BGB a. F. ausgeschlossen, da der Kunde den Goldsparvertrag jederzeit mit sofortiger Wirkung kündigen könne und insofern ein Betrag von 199,99 € bis zum frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt nicht erreicht werde.
23Schließlich meint die Beklagte, der Kläger könne die Rückabwicklung nur Zug-um-Zug gegen Herausgabe der von der Beklagten für die streitgegenständliche Anlage ausgestellten Eigentumsurkunde im Original geltend machen. Ihr stehe insoweit ein Zurückbehaltungsrecht zu.
24Der Klägervertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2017 die Eigentumsurkunde für das Gold-Sparbuch an die beklagte Partei im Original ausgehändigt.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Klage ist hinsichtlich der Hauptforderung begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.250,00 Euro gemäß §§ 355, 357 BGB in der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung i.V.m. § 346 f. BGB zu. Denn der durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 21.07.2016 gegenüber der Beklagten erklärte Widerruf ist wirksam, insbesondere auch rechtzeitig erfolgt.
27Dem Kläger stand ein Widerrufsrecht gemäß § 312 BGB a.F. zu.
28Der Vertrag über das Gold-Sparbuch war unstreitig ein zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher abgeschlossener Vertrag.
29Dieser Vertrag hatte auch eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand, zu dessen Abschluss der Kläger als Verbraucher durch mündliche Verhandlungen im Bereich einer Privatwohnung bestimmt worden ist. Diesbezüglich hat die Beklagte zwar ursprünglich das Vorliegen eines Haustürgeschäfts bestritten. Allerdings war dieses Bestreiten bereits unsubstantiiert, da die Beklagte nicht näher dargelegt hat, auf welche Weise es – wenn nicht im Rahmen eines Haustürgeschäfts – denn zu dem Vertragsschluss gekommen sein soll. Darüber hinaus ist die Beklagte aber auch dem diesbezüglich aufgrund ihres Bestreitens erfolgten substantiierten Klägervortrag, wonach der Vertrag über einen Vermittler der zwischenzeitlich insolventen Vermittlungsgesellschaft Nobel AG am 17.11.2011 in den Wohnräumen des Klägers abgeschlossen worden ist, nicht mehr entgegengetreten, so dass der Vortrag des Klägers als unstreitig angesehen werden kann.
30Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Widerruf vom 21.07.2016 auch fristgemäß erfolgt. Denn die grundsätzlich geltende 2-Wochen-Frist des § 355 Abs. 2 BGB a.F. war mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht angelaufen.
31Die in dem Vertrag vom 17.11.2011 auf der Rückseite des Vertragsformulars enthaltene Widerrufsbelehrung entspricht nicht den Anforderungen des § 360 BGB a.F.
32Gemäß § 360 Abs. 1 BGB in der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung war eine deutliche Gestaltung der Widerrufsbelehrung erforderlich, die einen Hinweis auf das Recht zum Widerruf, einen Hinweis darauf, dass der Widerruf keiner Begründung bedarf und in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb der Widerrufsfrist erklärt werden kann, den Namen und die ladungsfähige Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist und einen Hinweis auf die Dauer und den Beginn der Widerrufsfrist, sowie darauf, dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung oder der Sache genügt, enthält.
33Diesen Anforderungen wird die Widerrufsbelehrung zunächst deswegen nicht gerecht, da es an dem Hinweis fehlt, dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung der Sache genügt.
34Die Widerrufsbelehrung ist nicht bereits gemäß § 360 Abs. 3 BGB als den Anforderungen genügend anzusehen, weil vorliegend etwa das Muster der Anl. 1 zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch in Textform verwendet worden wäre. Denn dies ist nicht der Fall. Die hier einschlägige und in der Zeit vom 04.08.2011 bis 12.06.2004 geltende Muster-Widerrufsbelehrung lautete:
35“ Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von [14 Tagen [1] ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) [oder – wenn ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – auch durch Rücksendung der Sache] [2] widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform [3]. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs [oder der Sache] [2]… Der Widerruf ist zu richten an:.“
36Die Erläuterung zu [2] lautet dabei: Der Klammerzusatz entfällt bei Leistungen, die nicht in der Überlassung von Sachen bestehen.
37Vorliegend konnte dieser Klammerzusatz allerdings nicht entfallen. Denn der Unternehmer darf (nur) die gemäß den amtlichen Gestaltungshinweisen erforderlichen Anpassungen vornehmen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB 2012, § 360 Rn. 95). Die Anpassung durch Weglassen des Klammerzusatzes zu 2 war aber hier unzulässig, da die Leistung der Klägerin zumindest in der Überlassung von Sachen bestehen konnte. Zwar sollte das Gold grundsätzlich von der Beklagten für den Kunden in ausgegrenztem Sondervermögen gelagert werden. Auf Verlangen gibt die Beklagte aber jedem Kunden die diesem zustehende Menge des Goldes heraus. Gemäß Z. 2.4 der AGB kann das Gold nämlich auch auf Antrag an den Kunden ausgeliefert werden. Es ist also auch möglich, dass der Kunde in den Besitz des Goldes gelangt. Dies ist auch bereits ab Beginn eines Vertrages möglich, sofern der Kunde unverzüglich beantragt, das ratenweise gekaufte Gold an ihn auszuliefern, und die Einrichtungsgebühr sofort per Sonderzahlung erbringt. Der von der Beklagten behauptete zeitliche Ablauf lässt es nicht unmöglich erscheinen, dass innerhalb von 2 Wochen, also innerhalb der Widerrufsfrist, das Gold beim Kunden ankommt. Da der Kunde nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten auch unbeschränkt höhere Zahlungen vornehmen darf, ist eine frühzeitige Auslieferung des Goldes an den Kunden auch trotz der Mindestauslieferungsmenge von 20 g innerhalb der ersten zwei Wochen nach Vertragsschluss theoretisch möglich. Nur auf diese theoretische Möglichkeit kann es jedoch ankommen. Denn die Widerrufsbelehrung wird bereits bei Vertragsschluss erteilt, zu einem Zeitpunkt also, zu dem noch gar nicht feststeht, ob der Kunde das Gold bei der Beklagten überhaupt einlagern möchte, oder beabsichtigt, sofort Zuzahlungen vorzunehmen und das Gold abzurufen. Allein dieser Zeitpunkt kann aber maßgeblich sein für die Prüfung, ob eine Widerrufsbelehrung alle möglichen Fallgestaltungen abdeckt.
38Danach ist die Belehrung zum Widerrufsrecht bereits unter diesem Gesichtspunkt zu beanstanden.
39Darüber hinaus erfüllt die Widerrufsbelehrung auch nicht die Anforderung des § 360 Abs. 1, S. 2, Nr. 4 BGB a.F., wonach die Widerrufsbelehrung u.a. auch einen Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist enthalten muss. Gem. § 355 Abs. 3, S. 2 BGB a.F. beginnt die Frist bei schriftlich abzuschließenden Verträgen aber nicht, bevor dem Verbraucher eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Auch hierauf ist nach [3] a) der Musterbelehrung hinzuweisen. Denn dort ist vorgeschrieben, dass bei schriftlich abzuschließenden Verträgen Folgendes einzufügen ist:“ Jedoch nicht, bevor ihnen auch eine Vertragsurkunde, ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist“. Auch dieser Hinweis fehlt in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung. Er wäre jedoch erforderlich gewesen.
40Denn vorliegend ist § 510 BGB a.F. einschlägig. Nach dieser Vorschrift bedarf der Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer der schriftlichen Form, wenn er (u.a.) die regelmäßige Lieferung von Sachen gleicher Art oder die Verpflichtung zum wiederkehrenden Erwerb oder Bezug von Sachen zum Gegenstand hat. Der zwischen den Parteien im Jahr 2011 abgeschlossene Vertrag ist ein Ratenlieferungsvertrag in diesem Sinne. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, es liege lediglich ein Geschäftsbesorgungsvertrag vor. Denn dies ist nach dem Inhalt des abgeschlossenen Vertrages gerade nicht der Fall. Die Beklagte hat sich darin nicht nur verpflichtet, Gold bei Drittanbietern für den Kläger anzukaufen, wie sie jetzt glauben machen will, sondern sie hat selbst das Gold im Wege eines Ratengeschäfts an den Kläger verkauft. Schon in Ziffer 1 der AGB der Beklagten ist der streitgegenständliche Vertrag als Kaufvertrag zwischen dem Kunden und der Beklagten bezeichnet. Gemäß Nr. 2.1 der AGB der Beklagten kauft nämlich der Kunde bei der MIS, also der Beklagten, mit dem Abschluss des Goldsparbuchs Feingold in Form von 999,9/1.000 Goldbarren einer anerkannten Prägeanstalt. Gemäß Ziff. 2.2 kommt der Kaufvertrag mit Annahme des Antrags durch die MIS zustande. Eine Geschäftsbesorgung ist in dem Vertrag mit keinem Wort erwähnt. Daran muss Beklagte sich festhalten lassen und entsprechend belehren.
41Der Vertrag hatte auch die regelmäßige Lieferung von Sachen gleicher Art zum Gegenstand, nämlich von Goldbarren, der eine regelmäßige Ratenzahlung des Klägers gegenüber stand. Die Beklagte kann demgegenüber nicht mit Erfolg einwenden, dass der Kläger gemäß Ziffer 6.1 der AGB jederzeit berechtigt war, die Zahlungen einzustellen. Denn zum einen ist diese Regelung nur an versteckter Stelle in den AGB enthalten, und aus dem Antragsformular selbst nicht deutlich zu entnehmen, so dass die Schutzbedürftigkeit des Kunden allenfalls gemindert ist (vgl. auch LG Wuppertal, Urt. v. 1.12.2016, 9 S 138/16, rech. bei Juris). Darüber hinaus ist es für die Anwendbarkeit des § 510 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. aber auch unerheblich, ob dem Kunden ein jederzeitiges Kündigungsrecht – welches mit der vorliegend vorgesehenen Einstellung von Einzahlungen gleichzusetzen ist – eingeräumt wird (Staudinger/Kessa-Wulf, BGB 2012, § 510 Rn. 18 i.V.m. Rn. 12). Denn das Gesetz hebt allein auf die Beurteilung der Situation des Verbrauchers bei Vertragsschluss ab und will den Verbraucher vor der risikobelasteten Situation, die mit Abschluss eines Vertrages i.S.d. § 510 BGB verbunden ist, dadurch schützen, dass er sich aus der eingegangenen Bindung durch Widerruf befreien kann und über diese Möglichkeit umfassend belehrt wird. Die Zubilligung eines Kündigungsrechts mag seine Schutzbedürftigkeit insoweit zwar vermindern. Es hebt sie jedoch nicht auf (vgl. Staudinger, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt vorliegend umso mehr, als im Falle einer späteren Kündigung bzw. Einstellung der Ratenzahlungen die volle Einrichtungsgebühr nach dem Vertragsinhalt bestehen bleiben soll, was im Falle eines Widerrufs des Vertrages nicht der Fall ist.
42Auch ein Ausschluss des Widerrufsrechts gem. § 510 BGB a.F. i.V.m. § 491 BGB kommt nicht in Betracht, da dies nur das Widerrufsrecht nach § 510 Abs. 2 BGB betrifft, und nicht gilt, wenn ein Haustürgeschäft in Rede steht.
43Die danach erforderliche Schriftform führt dazu, dass gem. § 355 Abs. 3, S. 2 BGB a.F. die Widerrufsfrist erst beginnt, wenn dem Verbraucher eine diesen Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB a.F. entsprechende Belehrung über sein Widerrufsrecht einschließlich der zutreffenden und vollständigen Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist in Textform mitgeteilt worden ist und der Verbraucher eine Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift von einem der beiden zur Verfügung gestellt wird. Mangels einer solchen -vollständigen - Belehrung lief die Widerrufsfrist vorliegend nicht.
44Der von der Beklagten nach alledem geschuldeten Rückzahlung der Sparbeiträge des Klägers in Höhe von 1.250,00 Euro steht kein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten (mehr) entgegen, nachdem der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung die Eigentumsurkunde an die beklagte Partei ausgehändigt hat.
45Der zugesprochene Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB. Die Beklagte befand sich aufgrund der im Schreiben des Klägervertreters vom 21.07.2016 zu sehenden Mahnung ab dem 5.8.2016 in Verzug. Ein früherer Verzugseintritt ab dem 26.7.16 kann nicht festgestellt werden. Das Schreiben der Beklagten vom 25.07.2016 enthält insoweit zwar eine Leistungsverweigerung. Diese ist jedoch nicht als ernstlich und endgültig anzusehen, da die Beklagte in diesem Schreiben dem Klägervertreter noch die genauere Begründung einer anderen Rechtsauffassung anheimgestellt, und damit noch nicht endgültig die Erfüllung des Anspruchs abgelehnt hat.
46Ein Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren steht dem Kläger demgegenüber nicht zu. Denn es ist weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass die Beklagte vor der vorgerichtlichen Beauftragung des Klägervertreters mit der Rückzahlung der Sparraten bereits in Verzug gewesen wäre. Nach den vorgelegten Unterlagen wurde schon der Widerruf des streitgegenständlichen Vertrages durch den Klägervertreter selbst erklärt. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sind aber nur dann als Verzugsschaden erstattungsfähig, wenn sie Folge des Zahlungsverzuges sind, die Beauftragung eines Rechtsanwalts also erst nach Verzugseintritt erfolgt ist.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Eine vollständige Kostentragung durch die Beklagte gem. § 92 Abs. 2, Nr. 1 ZPO kommt nicht in Betracht, da die Zuvielforderung des Klägers – nämlich die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren – nicht verhältnismäßig geringfügig ist.
48Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
49Streitwert: 1.250,00 Euro
50X
51Richterin am Amtsgericht