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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.624,82 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 23.08.2018 zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeugs Seat Leon mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXXX nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
Die Beklagte wird verurteilt, an die ###-Rechtsschutz Leistungs-GmbH, U-Straße, S weitere 950,51 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 23.08.2018 zu zahlen
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 150,00 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 23.08.2018 zu zahlen
Es wird festgestellt, dass der Kläger der Beklagten aus dem Leasingvertrag Nr. ccc ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 20.01.2018 keine weiteren Leasingraten schuldet.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs Seat Leon mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXXX im Annahmeverzug befindet.
Auf die Hilfswiderklage wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, Wertersatz für eine bei Rückgabe vorhandene Verschlechterung des Fahrzeugs Seat Leon mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXXX an die Beklagte zu leisten, soweit die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 70% und der Kläger zu 30% mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Gerichts entstanden sind. Diese werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten im Wege von Klage und Hilfswiderklage über den Widerruf eines Verbraucherleasingvertrages über ein Kraftfahrzeug.
3Die Parteien schlossen am 20.01.2016 einen Leasingvertrag (Nr. ccc). Leasinggegenstand ist ein Kraftfahrzeug der Marke Seat Leon (FIN: XXXX). Der Leasingantrag des Klägers erfolgte am 01.10.2015. Aus dem Leasingvertragsformular geht ein Nettoleasingbetrag i.H.v. 30.218,49 EUR hervor, von dem bereits eine Leasing-Sonderzahlung seitens des Klägers i.H.v. netto 4.201,68 EUR (brutto 5.000,00 EUR) in Abzug gebracht wurde (Anl. K1).
4Dem Kläger wurde das Fahrzeug noch im Januar 2016 übergeben.
5Vereinbart wurde, dass der Kläger 48 gleichbleibende Monatsraten i.H.v. jeweils 278,22 EUR brutto an die Beklagte zahlt. (Anl. K1).
6Die Parteien schlossen einen Leasingvertrag in Form eines Kilometervertrages ab. Für die Vertragslaufzeit vereinbarten die Parteien eine Gesamtfahrleistung von 160.000 km. Jeder Mehrkilometer über die Gesamtfahrleistung hinaus sollte mit brutto 0,2083 EUR brutto und jeder Minderkilometer unterhalb der Gesamtfahrleistung mit brutto 0,0833 EUR vergütet werden.
7Der Leasingvertrag enthält bezüglich der Abrechnung der Mehr- und Minderkilometer auf Seite 1 folgende Regelung:
8Es erfolgt eine gesonderte Abrechnung von Mehr- und Minderkilometern, bei Minderkilometern jedoch begrenzt auf maximal 15.000 km. Wurde die vereinbarte Gesamtleistung um weniger als 2.000 km über- oder unterschritten, entfällt eine gesonderte Abrechnung.
9Seite 3 des Leasingvertrages enthält eine Widerrufsbelehrung. Unter „Widerrufsfolgen“ enthält diese insbesondere die folgenden Angaben:
10Der Leasingnehmer ist zur Zahlung von Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Dienstleistung verpflichtet, wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Gegenleistung begonnen wird. Besteht eine Verpflichtung zur Zahlung von Wertersatz, kann dies dazu führen, dass der Leasingnehmer die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf dennoch erfüllen muss.
11Der Leasingnehmer muss für einen etwaigen Wertverlust des Leasinggegenstandes nur aufkommen, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise des Leasinggegenstand nicht notwendigen Umgang mit diesem zurückzuführen ist.
12Auf den weiteren Inhalt des Leasingvertrages sowie der Allgemeinen Vertragsbedingungen (Anl. K1) wird Bezug genommen.
13Der Leasingvertrag enthält weder generell noch insbesondere auf Seite 2, auf denen die Widerrufsinformationen dargestellt sind, eine Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde für die Beklagte.
14Mit E-Mail vom 20.01.2018 erklärte der Kläger den Widerruf des Leasingvertrages und forderte die Beklagte zur Bestätigung des Widerrufs binnen fünf Tagen auf.
15Der Kläger bot die Rückgabe des Fahrzeuges vorsorglich an und wies daraufhin, dass die Rückabwicklung des Vertrages gegen Zahlung aller bislang geleisteten Raten und ggf. Leasingsonderzahlung binnen einer Frist von 30 Tagen zu erfolgen habe (Anl. K2).
16Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 23.01.2018 zurück (Anl. K3). Auf ein anwaltliches Schreiben reagierte die Beklagte weiterhin nicht.
17Seit dem 01.02.2016 hatte die Beklagte vom Konto des Klägers monatlich die vereinbarten Raten eingezogen und zog diese auch nach der Erklärung des Widerrufs weiter ein. Im Zeitpunkt der Klageerhebung hatte der Kläger bereits 31 Monatsraten erbracht.
18Der Kläger ist der Meinung, der Widerruf sei wirksam, weil mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung eine Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Der Kläger wendet sich insbesondere gegen die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung, da der Leasingvertrag nicht die Pflichtangabe der zuständigen Aufsichtsbehörde enthalte.
19Darüber hinaus wendet sich der Kläger im Wesentlichen mit folgenden Argumenten gegen die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung:
20Entgegen der gesetzlichen Vorschriften des EGBGB enthalte die Widerrufsbelehrung mangels Angabe des absoluten Verzugszinssatzes, der Art und Weise der Anpassung des Verzugszinssatzes sowie der Beschreibung des Verfahrens bei einer Kündigung nicht die notwendigen Pflichtangaben.
21Ferner enthalte die Widerrufsbelehrung unzutreffende Angaben durch Vorsehen einer Wertersatzpflicht. § 357 Absatz 7 BGB sei nur auf entgeltliche Finanzierungshilfen anwendbar, die von der Ausnahme des § 506 Absatz 4 BGB erfasst seien. Zudem enthalte die Widerrufsbelehrung eine unzutreffende Angabe zu den Widerrufsfolgen, indem darauf hingewiesen werde, dass der Leasingnehmer zur Zahlung des vereinbarten Sollzinses für den Zeitraum zwischen der Übergabe und der Rückgabe des Leasinggegenstandes im Falle eines erfolgten Widerrufs verpflichtet sei.
22Der Kläger ist der Meinung, Wertersatz sei nicht zu leisten. Er habe nicht ausdrücklich zugestimmt, dass vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Gegenleistung begonnen werde.
23Er beantragt,
241.
25die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.624,82 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit nach Rückgabe des Kraftfahrzeuges der Marke Seat Leon ST 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXXX zu zahlen.
262.
27die Beklagte zu verurteilen, an die ###Rechtsschutz Leistungs-GmbH, U-Straße, S (zur Schadennummer: ######) weitere 950,51 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
283.
29die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn weitere 150,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
304.
31festzustellen, dass der Kläger ab und infolge seiner Widerrufserklärung vom 20.01.2018 keine weiteren vertraglichen Leasingraten aus dem Leasingvertrag zwischen den Parteien vom 20.01.2016/01.10.2015 mit der Vertragsnummer ccc schuldet.
325.
33festzustellen, dass sich die Beklagte spätestens seit dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung mit der Rücknahme des im Klageantrag zu Ziffer 1 näher bezeichneten Fahrzeuges im Annahmeverzug befindet.
34Die Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Hilfsweise erhebt die Beklagte Widerklage mit dem Antrag,
37festzustellen, dass der Kläger im Falle eines wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrages vom 22. Februar 2014, Nr. yyyy, verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des Pkw Seat Leon, ST 2.0 TDI Fahrzeugidentifizierungsnummer XXXX, zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der über das hinausgeht, was zur Prüfung der Beschaffenheit der Eigenschaften und Funktionsweise notwendig war.
38Der Kläger beantragt,
39die Hilfswiderklage abzuweisen.
40Die Beklagte meint, ein Widerruf des streitgegenständlichen Leasingvertrages sei im Januar 2018 nicht mehr möglich gewesen.
41Bezüglich der Hilfswiderklage behauptet sie, der PKW habe an Wert verloren, indem der Kläger ihn genutzt habe. Sie ist der Meinung, diese Nutzung gehe über die Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und Funktionsweisen des Wagens hinaus, vgl. § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB. Sie habe den Kläger auch ordnungsgemäß im Sinne des § 357 Abs. 7 Nr. 2 BGB über ihr Widerrufsrecht und die Folgen des Widerrufs unterrichtet. Sollte der Kläger den Vertrag wirksam widerrufen haben, sei sie zur Leistung von Wertersatz verpflichtet. In der Annahme des Fahrzeuges vor Ablauf der Widerrufsfrist liege die ausdrückliche Zustimmung.
42Sie ist ferner der Ansicht, dass sie nicht verpflichtet sei, für die Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes einzustehen. Der Kläger habe erst im gerichtlichen Verfahren den Einwand der fehlenden Angabe der Aufsichtsbehörde erhoben. Die im Übrigen gerügten Fehler der Widerrufsbelehrung liefen ins Leere. Die Beklagte habe zudem aufgrund der Vorleistungspflicht des Klägers vorgerichtlich die Leistung verweigern dürfen.
43Das Landgericht München hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 11.02.2019 wegen örtlicher Unzuständigkeit auf Antrag des Klägers an das Landgericht Wuppertal verwiesen. Die Klage ist der Beklagten am 22.08.2018 zugestellt worden.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.
45Entscheidungsgründe:
46Die Klage ist zulässig und begründet.
47Die Klage ist zulässig.
48Das Landgericht Wuppertal ist örtlich zuständig, da der Sitz der Beklagten in Wuppertal liegt, §§ 12, 17 ZPO.
49Der Klageantrag zu Ziffer 4) ist zulässig.
50Das Feststellungsinteresse nach § 256 Absatz 1 ZPO ist gegeben. Der Kläger verfolgt ein zulässiges Feststellungsziel nach Widerruf eines Leasingvertrages, da die Beklagte sich berühmt, aufgrund des wirksamen Leasingvertrages weiter Leistungen fordern zu können (BGH Urteil vom 16.05.2017, XI ZR 586/15).
51Die Prüfung der Wirksamkeit des Widerrufs erwächst nicht in Rechtskraft, weil es sich lediglich um ein Begründungselement handelt (Vollkommer/Zöller, 32. Aufl. vor § 322 Rn. 31).
52Auch wenn das Gericht den Widerruf für wirksam erachtet, ist die Beklagte nicht daran gehindert, weiterhin Ansprüche aus dem Leasingvertrag gerichtlich geltend zu machen. Erfolgt eine stattgebende Entscheidung über den Feststellungsantrag, sind diese Ansprüche aberkannt.
53Die Beklagte hat ferner aufgrund des wirksamen Leasingvertrages weiter Leasingraten gefordert und auch eingezogen.
54B.
55Die Klage ist auch begründet.
56I.
57Der Klageantrag zu Ziffer 1) ist insgesamt begründet.
58Aufgrund des wirksam widerrufenen Leasingvertrages hat der Kläger gemäß §§ 357 Abs.1, Satz 1, 506 Abs. 1 und 2 a. F., 495 a.F., 355, 356b Abs. 2 a.F. BGB einen Anspruch auf Zahlung von 13.624,82 EUR zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2019.
591.
60Auf die auf den Abschluss des Leasingvertrages gerichtete Willenserklärung des Klägers sind gemäß Art. 229 § 38 EGBGB die Vorschriften des BGB in der bis zum 20.03.2016 geltenden Fassung (a.F.) anzuwenden.
612.
62Die vorstehenden Regelungen finden auf den Verbraucherleasingvertrag Anwendung.
63Es handelt sich bei dem Leasingvertrag um eine entgeltliche Finanzierungshilfe, auf die die Regelungen des Verbraucherdarlehensvertrags Anwendung finden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Verträge vom Schutzbereich ausnehmen wollte, sodass vorliegend eine planwidrige Regelungslücke vorhanden ist. § 506 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 BGB findet analog Anwendung.
64Dies gilt nicht nur dann, wenn der Vertrag den Leasingnehmer bei Rückgabe des Fahrzeugs zum Ausgleich eines etwaigen Fahrzeugminderwerts verpflichtete, sondern ebenso dann, wenn er zusätzlich oder nur einen Ausgleich für Mehr- oder Minderkilometer vorsieht (vgl. OLG Düsseldorf Urteil vom 02.10.2012 – 24 U 15/12 NJW-RR 2013, 1069).
65Die Rechtsprechung stellt maßgeblich darauf ab, dass auch Kfz-Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung ohne bezifferte Restwertzahlung eine Finanzierungsfunktion zukommt, weil der Leasinggeber typischerweise eine Vollamortisation erlangt. Der Leasingnehmer wird vom Restwertrisiko nicht vollständig entlastet, sondern trägt das Risiko einer Verschlechterung der Leasingsache durch Mängel, Schäden oder übermäßige Abnutzung. Dem Leasinggeber verbleibt lediglich das - gering zu veranschlagende - Risiko der Marktgängigkeit des Fahrzeugs bei Vertragsablauf und der richtigen internen Kalkulation des Restwerts. Erzielt der Leasinggeber bei Kilometerabrechnungsverträgen durch die Veräußerung des Fahrzeugs einen Gewinn, muss er zudem daran den Leasingnehmer - anders als bei Teilamortisationsverträgen - nicht beteiligen. Eine "Amortisationslücke" für den Leasinggeber ist daher bei Kilometerabrechnungsverträgen der - auch hier - vorliegenden Art nicht zu erwarten.
66Dies ist hier der Fall. Der vorliegende Leasingvertrag enthält zwar keine Restwertklausel. Allerdings enthält der Vertrag auf Seite 1 die Regelung, dass Mehr- oder Minderkilometer gesondert abgerechnet werden.
673.
68Dem Kläger stand im Hinblick auf den mit der Beklagten geschlossenen Leasingvertrag gemäß 495 Abs. 1 a.F. BGB ein Widerrufsrecht gemäß 355 BGB zu. Er hat den Leasingvertrag vom 20.01.2016 mit seiner Erklärung gegenüber der Beklagten vom 20.01.2018 wirksam widerrufen. Zu diesem Zeitpunkt war die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen.
69a.
70Gemäß § 495 Abs. 1 BGB a.F. steht dem Leasingnehmer bei einem Verbraucherleasingvertrag das Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu.
71Gemäß § 355 Abs. 1 S. 1 BGB sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss eines Vertrages gerichteten Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat.
72b.
73Die Widerrufsfrist beträgt gem. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB 14 Tage. Gemäß § 356 b Abs. 1 BGB a.F. beginnt die Widerrufsfrist jedoch nicht, bevor der Leasinggeber dem Leasingnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Leasingnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt hat.
74c.
75Gemäß § 356 b Abs. 2 S. 1 a.F. BGB muss die zur Verfügung gestellte Urkunde bei einem Verbraucherleasingvertrag die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB enthalten. Sollte dies nicht der Fall sein, beginnt die Widerrufsfrist erst mit Nachholung dieser Angaben gemäß § 492 Abs. 6 BGB zu laufen. In § 492 Abs. 2 BGB ist sodann geregelt, dass der Vertrag die Angaben nach Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB enthalten muss.
76Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht umfänglich erfüllt. Der Leasingvertrag enthält nicht die für die Beklagte zuständige Aufsichtsbehörde gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGBGB a.F.
77Auf die weiteren vom Kläger gerügten Mängel der Widerrufsbelehrung und der Pflichtangaben im Leasingvertrag kommt es mithin an dieser Stelle, namentlich für die Wirksamkeit des Widerrufs, nicht weiter an.
78d.
79Die Widerrufsfrist begann nach Abschluss des Vertrages am 20.01.2016 und Erhalt der Leasingunterlagen nicht zu laufen. Die Widerrufsbelehrung ist fehlerhaft und eine korrekte Belehrung wurde von der Beklagten nicht nachgeholt, sodass die Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht zu laufen begonnen hat.
804.
81Der streitgegenständliche Leasingvertrag hat sich durch den am 20.01.2018 erklärten Widerruf gemäß § 355 Absatz 1 S. 1 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt, weil das gemäß § 495 BGB a. F. bestehende Widerrufsrecht im Zeitpunkt seiner Ausübung noch nicht erloschen war.
825.
83Aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs ist der Leasingvertrag rückabzuwickeln. Nach § 355 Abs. 3 BGB sind empfangene Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Dies bedeutet vorliegend, dass die Beklagte die Leasingraten zuzüglich der geleisteten Leasingsonderzahlung an den Kläger und der Kläger den PKW an die Beklagte zurückzugewähren hat. Hierzu gehören 31 Monatsraten à 278,22 EUR (insgesamt 8.624,82 EUR) bis zur Erhebung der Klage sowie die vom Kläger zuvor geleistete Sonderzahlung in Höhe von 5.000,00 EUR.
84Die Rückgewährung hat – wie vom Kläger beantragt – nach Herausgabe des streitgegenständlichen PKW zu erfolgen. Dabei kommt dem Leasinggeber gemäß den § 357 Abs. 4 S. 1 BGB das Recht zu, die Rückzahlung bis zur Rückgabe des Leasinggegenstandes oder der Vorlage eines Versendungsnachweises zu verweigern. Es besteht insoweit eine Vorleistungspflicht des Verbrauchers (MüKoBGB/Fritsche, 8. Aufl. 2019, BGB § 357 Rn.15).
85Der als Nebenforderung geltend gemachte Anspruch auf Prozesszinsen folgt im tenorierten Umfang aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2, 187 Absatz 1 analog BGB.
86II.
87Der Kläger hat bei einem Gegenstandswert von bis 19.000,00 EUR und einer geltend gemachten Geschäftsgebühr von 1,3 gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB in Höhe der geltend gemachten 150,00 EUR.
88Der Anspruch der Rechtsschutzversicherung besteht in Höhe von 950,51 EUR gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB in Verbindung mit § 86 VVG.
89Mit Zurückweisung des Widerrufs mit Schreiben vom 23.01.2018 befindet sich die Beklagte in Schuldnerverzug, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
90Die vorgerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes war erforderlich und zweckmäßig.
91Dass der Kläger die fehlende Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde erst im Gerichtsverfahren rügte, führt nicht dazu, dass die Beklagte berechtigt war, den Widerruf zurückzuweisen und die Leistungen aus dem Rückgewährschuldverhältnis zu verweigern.
92Die Beklagte hatte aufgrund zahlreicher Parallelprozesse (insbesondere vor dem Landgericht Wuppertal) Kenntnis davon, dass in dem formularmäßigen Leasingvertrag die Pflichtangabe der zuständigen Aufsichtsbehörde fehlte.
93Bei der Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde handelt es sich um einen Fehler, der ferner von Amts wegen zu prüfen ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht sachgerecht, dem Kläger den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten zu verwehren, weil er diesen Fehler der Widerrufsbelehrung nicht bereits vorgerichtlich rügte.
94Die Beklagte hatte es in der Hand, die Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes zu vermeiden.
95Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Vorleistungspflicht des Klägers. Die Beklagte wies jegliche Ansprüche des Klägers unbedingt zurück und verweigerte die Leistung nicht im Hinblick darauf, dass ihr solange ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, bis der Leasinggegenstand zurückgegeben worden ist.
96Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2, 187 Absatz 1 analog BGB.
97III.
98Der Klageantrag zu Ziffer 4) ist begründet. Die Beklagte hat aufgrund des wirksamen Widerrufs des Klägers vom 20.01.2018 gemäß §§ 495 Abs. 1 a. F., 355 Abs. 1 BGB keinen Anspruch mehr auf die Leasingraten aus dem Leasingvertrag, da der Kläger diesen wirksam widerrufen hat.
99IV.
100Das mit dem Klageantrag zu Ziffer 5) verfolgte Feststellungsbegehren ist begründet.
101Die Beklagte befindet sich gemäß § 293 BGB auch mit der Annahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Annahmeverzug. Mit E-Mail vom 20.01.2018 hat der Kläger ihr das Fahrzeug ausdrücklich zur Rückgabe angeboten (§§ 294, 295 BGB). Die Beklagte hat das Angebot des Klägers zur Herausgabe des Fahrzeugs definitiv abgelehnt, indem sie auf der Wirksamkeit des Leasingvertrages beharrt hat und der Klage zudem mit umfänglichem Klageabweisungsantrag entgegengetreten ist. Daher war das in der klägerischen E-Mail vom 20.01.2018 enthaltene wörtliche Angebot zur Rückgabe des Fahrzeugs gemäß §§ 293, 295 S. 1 BGB ausreichend, so dass sich die Beklagte mit der Rücknahme im Annahmeverzug befindet.
102B.
103Die Hilfswiderklage ist zulässig und begründet.
104Die Widerklage ist zulässig. Das Landgericht Wuppertal ist nach § 33 ZPO örtlich zuständig. Bedenken im Hinblick auf die besonderen Voraussetzungen der Widerklage bestehen keine. Insbesondere besteht zwischen Klage und Hilfswiderklage die nach § 33 ZPO notwendige Konnexität.
105Die Voraussetzungen der Feststellungsklage liegen vor. Die Beklagte begehrt Feststellung der Wertersatzpflicht dem Grunde nach, mithin eines Schuldverhältnisses gerade zwischen den Parteien i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO. Zwar gilt grundsätzlich der Vorrang der möglichen und zumutbaren Leistungsklage vor der Feststellungsklage, jedoch müsste die Beklagte vorliegend zunächst prüfen, welchen substanzbezogenen Wertverlust der streitgegenständliche PKW durch die Nutzung des Klägers erlitten hat, um diesen konkret beziffern zu können. Hierfür müsste die Beklagte das beim Kläger befindliche Fahrzeug erst einer Begutachtung unterziehen, was zur Annahme eines Feststellungsinteresses genügt (Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, ZPO § 256 Rn.7a). Hinzu kommt, dass der Kläger das Fahrzeug derzeit weiterhin nutzt, sodass sich der Wertverlust noch ändern und zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau abgeschätzt werden kann. Darüber hinaus ist das Vorgehen des Klägers ersichtlich auf eine Rückabwicklung eines Leasingvertrages ohne Wertersatzpflicht gerichtet, sodass die begründete Erwartung besteht, dass sich der Rechtsstreit bereits durch die Feststellung der Wertersatzpflicht erledigt, indem der Kläger in diesem Fall von einem Vollzug der Rückabwicklung Abstand nimmt. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist ein Feststellungsinteresse zu bejahen (Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, ZPO § 256 Rn.8).
106Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Kläger ist zum Wertersatz nach § 357 Abs. 7 BGB verpflichtet.
107Die Haftung des Verbrauchers für Verschlechterungen des empfangenen Gegenstandes setzt gemäß § 357 Abs. 7 BGB zweierlei voraus. Erstens ist in materieller Hinsicht erforderlich, dass die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und Funktionsweise hinausgeht. Zweitens setzt die Wertersatzpflicht in formeller Hinsicht voraus, dass der Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss oder – bei Fernabsatzverträgen – unverzüglich danach über sein Widerrufsrecht informiert worden ist.
108Die Ersatzpflicht des Klägers für einen Wertverlust des Fahrzeugs, der auf einen Umgang mit dem PKW zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war, ergibt sich demnach aus den § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB.
109Teilweise wird jedoch vertreten, § 357 Abs. 7 BGB finde bereits keine Anwendung, da jeder Fehler in der Widerrufsbelehrung die Wertersatzpflicht des Verbrauchers vollständig entfallen lasse. Vorzugswürdig ist jedoch die Auffassung, nach der § 357 Abs. 7 BGB auf den vorliegenden Fall entsprechende Anwendung findet und Fehler innerhalb der Widerrufsbelehrung sich nicht auf die Wertersatzpflicht des Verbrauchers auswirken, sondern lediglich auf die Dauer der Widerrufsfrist.
110Die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch den Kläger geht über eine Beschaffenheitsprüfung hinaus. Der Kläger hat das Fahrzeug seit der Übergabe im Januar 2016 durchgängig genutzt. Hierin kann keine Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaft und der Funktionsweise des PKW mehr gesehen werden.
111Auf Seite 2 des Leasingvertrages sind Widerrufsinformationen enthalten, die zum einen den Kläger über die Voraussetzungen des Widerrufsrechts belehren und dass dieser zudem zur Leistung des Wertersatzes für die bis zum Widerruf erbrachte Dienstleistung verpflichtet ist.
112Voraussetzung für die Pflicht zum Wertersatz ist nach der Widerrufsbelehrung, dass der Kläger ausdrücklich zugestimmt hat, dass vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Gegenleistung begonnen wird.
113Das Fahrzeug wurde im Januar 2016 an den Kläger übergeben. Der Abschluss des Vertrages erfolgte zuvor am 20.01.2016. Die Gegenleistung ist im Falle des Leasingvertrages die Einräumung der Nutzung des Fahrzeuges. Diese erfolgte unstreitig vor Ablauf der Widerrufsfrist von 14 Tagen. Der Kläger stimmte folglich ausdrücklich zu, dass die Überlassung des Fahrzeuges vor Ablauf der Widerrufsfrist zu erfolgen hat. Er erklärte sich damit einverstanden, dass ihm das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt bereits überlassen wird.
114Der Kläger hat eine Ausfertigung des Leasingvertrages samt Widerrufsbelehrung und weiterer Informationen zum Leasingvertrag sowie Hinweis auf die Wertersatzpflicht ausgehändigt bekommen. Dies und die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch den Kläger, begründet dessen Wertersatzpflicht. Sollte der Kläger kein vollständig unterzeichnetes Vertragsformular nach Vertragsschluss von der Beklagten erhalten haben, so wäre dies unschädlich. Er hat jedenfalls unstreitig ein nicht unterzeichnetes Formular erhalten, das dem sodann unterzeichneten vollumfänglich entspricht.
115Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1, 281 Absatz 3 Satz 2 ZPO.
116Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht für den Kläger auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO, für die Beklagte auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
117Streitwert: bis 43.000,00 EUR
118Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 45 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO. Der Streitwert für die Hilfswiderklage beruht auf der Schätzung des Gerichtes, dass der Kläger zwischenzeitlich 120.000 km bei einer geschätzten Gesamtfahrleistung des Fahrzeuges von 300.000 km gefahren ist.
119Rechtsbehelfsbelehrung: