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I. Die Nebenbetroffene wird wegen einer vorsätzlichen Kartellordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße in Höhe von
30.000.000 €
verurteilt.
II. Die Nebenbetroffene hat die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewandte Vorschriften:
§ 81 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 GWB i.d.F. v. 26.08.1998, § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB i.V.m. § 1 GWB i.d.F. d. Bek. v. 15.07.2005, §§ 9, 17, 30 Abs. 1 Nr. 1, 5 OWiG.
G r ü n d e:
2A. Sachverhaltsschilderung
3Die Nebenbetroffene
Die Nebenbetroffene ist eines der führenden deutschen Drogeriefachhandelsunternehmen. Zu den Schwerpunkten ihres rund 17.500 Artikel umfassenden Sortiments zählen Haar- und Körperpflege, dekorative Kosmetik, Parfüm, Babynahrung und Babypflege, Hygieneprodukte, Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel, Bio-, Wellness- und Fitnessprodukte, Wein, Kaffee, Tee, Bücher und Schmuck, Schreib-, Haushalts-, Spiel- und Tabakwaren sowie Elektronikartikel.
6Die Nebenbetroffene ging aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 20.08.1998 aus der S.1 hervor und wurde am 09.11.1998 in das Handelsregister des Amtsgerichts Hannover eingetragen. Gesellschafterinnen der Nebenbetroffenen waren die mit Gesellschaftsvertrag vom 09.11.1989 gegründete S.1 Beteiligungs GmbH mit Sitz in … und – ab dem Jahr 2004 – neben dieser mit einem Anteil von … % die B., … (Niederlande). Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 20.08.1998 wurden der Unternehmensgründer, Herr E.S., und Herr L.Q. zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt. Während Herr E.S. diese Position bis heute innehat, ist Herr L.Q. Ende des Jahres 2014 aus der Geschäftsführung wieder ausgeschieden.
7Die Rechtsvorgängerin der Nebenbetroffenen, die S.1, war vor allem im norddeutschen Raum bis Nordrhein-Westfalen tätig gewesen. Ab dem Jahr 2003 eröffnete die Nebenbetroffene neue Verkaufsstellen vornehmlich in Süddeutschland. Zum Ende des Jahres 2004 betrieb sie ca. 820 nationale Verkaufsstellen, Ende 2005 waren es ca. 1.180, Ende 2008 rund 1.490. Diese Entwicklung vollzog sich auch vor dem Hintergrund diverser nationaler Akquisitionen. So übernahm die Nebenbetroffene im Jahr 2000 von der S.2-Gruppe ca. 90 H.-Märkte und ab dem 01.09.2003 ca. 370 L.2-Filialen. Unter dem 29.11.2007 meldete sie den Erwerb von … % der Kommanditanteile der Drogeriemarktkette L.3 GmbH & Co. KG mit Sitz in … bei … an. Die Drogeriemarktkette L.3 war insbesondere in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern mit ca. 160 Filialen tätig.
8Für die Nebenbetroffene handelten im Tatzeitraum vom 22.12.2004 bis zum 31.05.2008 drei Geschäftsführer. Herr E.S. war schwerpunktmäßig zuständig für die Expansionen des Unternehmens, für Vermietungsangelegenheiten und für die Überwachung der nationalen Verkaufsstellen. Herr L.Q. war seit dem Jahr 1998 mit den Ressorts Einkauf, Marketing und Werbung sowie mit den Eigenmarken – sogenannte S.1 Qualitätsmarken (S.1QM) – befasst. Der im Jahr 2005 als Geschäftsführer eingetretene S.G. war zuständig für die Finanzen.
9Unterhalb der Ebene der Geschäftsführung handelten als Manager im Ressort Einkauf, das auch den Absatz an die Endverbraucher umfasste, mit zumindest zeitweiser Zuständigkeit für den Bereich „Kaffeeprodukte“, folgende Personen:
10- Herr N.Q.: Vertriebsleiter West ab dem 01.04.1994, Geschäftsleiter Einkauf (nachfolgend auch als Einkaufsleiter bezeichnet) und Marketing vom 01.10.1996 bis 30.06.2006, in diesen Positionen auch zuständig für Kaffeeprodukte, danach bis zu seinem Ausscheiden Ende 2012 Geschäftsleiter Marketing und Media;
11- Herr N.M.: Sortimentsbereichsleiter für Gesundheit und Foto ab 1994, Category Manager von 1996 bis 2001, nach zwischenzeitlicher Tätigkeit bei der Drogeriemarktkette T.1 ab dem 01.06.2002 Manager im internationalen Einkauf, Einkaufsleiter ab dem 01.07.2006 bis heute, in letzterer Position auch zuständig für Kaffeeprodukte;
12- Herr N.L.: seit 1995 im Unternehmen, Produktmanager von 2001 bis 2003, Category Manager vom 01.08.2003 bis 31.12.2008, in letzterer Position auch zuständig für Kaffeeprodukte, Leiter internationales Sortimentsmanagement ab dem 01.01.2009 bis heute.
13Die Einkaufsleiter Q. und M. waren – nacheinander – die unmittelbaren Vorgesetzten des Herrn L.. Dessen Position als Category Manager war bei der Nebenbetroffenen in den 1990er Jahren zur Schaffung einer flacheren Personalhierarchie unter Zusammenlegung der Positionen des Sortimentsbereichsleiters und des Sortimentsmanagers entstanden. Herr M. hatte seine Tätigkeit bei der Nebenbetroffenen noch in der Position des Sortimentsbereichsleiters begonnen.
14Zu den Aufgaben von Herrn L. als Category Manager gehörte es, mit den Lieferanten die Einkaufspreise zu verhandeln, die Platzierung der von ihm verwalteten Sortimente im Regal zu bestimmen, die Verkaufspreise zu kalkulieren, die Margen und Werbeaktivitäten zu planen sowie über die Listung oder Auslistung von Artikeln zu entscheiden. Gemeinsam mit den Einkaufsleitern führte er die Jahresgespräche mit den Lieferanten.
15Die Nebenbetroffene betrieb alle zwei Wochen bundesweit mit mehrseitigen Werbeprospekten sogenannte Hauptwerbungen. Dazu im Wechsel betrieb sie alle zwei Wochen regional oder lokal mit doppeltbedruckten Werbeblättern im DIN A3-Format sogenannte Sonderwerbungen, insbesondere für unter erhöhtem Wettbewerbsdruck stehende Verkaufsstellen oder zu besonderen Anlässen, zum Beispiel bei Neueröffnungen.
16Aus leitenden Mitarbeitern der Abteilungen Einkauf, Marketing und Logistik setzte sich der sogenannte Werbeausschusskreis zusammen, der alle zwei Wochen zusammentrat. In ihm waren auch die Einkaufsleiter Q. und M. vertreten. Seine Mitglieder erörterten und prüften neben der Gestaltung der Werbeprospekte und Werbeblätter insbesondere, ob die zu bewerbenden Artikel logistisch verfügbar waren und ob die Werbung den erforderlichen Gesamtumsatz erbringen würde. Hierzu übermittelten die Category Manager, so auch Herr L. über seine Vorgesetzten Q. und M., dem Werbeausschusskreis ihre Vorschläge in Hinsicht auf die zu bewerbenden Artikel und die von ihnen kalkulierten Verkaufspreise. Eine Überprüfung der Verkaufspreiskalkulationen der Category Manager erfolgte im Werbeausschusskreis nicht.
17Die N.2
Die N.2 (nachfolgend auch „N.1“ oder „N.3.“ bezeichnet) produzierte und vertrieb im Tatzeitraum Röstkaffeeprodukte, allen voran X.-Filterkaffee im Abgabeformat der 500-g-Packung. Sie wurde im Jahr 2012 auf die N.4 verschmolzen, die hierbei in N.5 umfirmierte.
20N.1 führte im Jahr 1998 unter dem damaligen Geschäftsführer I. und dem Vertriebsleiter U. im Zuge einer Neuordnung des Vertriebes das sogenannte Nationale Key Account Management ein, das zentral am Hauptsitz des Unternehmens in … für die Betreuung der wichtigsten Handelskunden zuständig war. Zu seinen wichtigsten Handelskunden zählte N.1 neben den großen nationalen Lebensmittelvollsortimentern auch die Drogeriemarkt-Kette T.1 und die Nebenbetroffene. Die Key Account Manager unterstanden dem Vertriebsleiter, dieser dem Geschäftsführer. Sie führten die Verhandlungen im Rahmen der mit dem Vertriebsleiter abgestimmten Kundenplanungen mit den Einkäufern der Handelskunden selbständig und mit Abschlussvollmacht; insbesondere konnten sie Vereinbarungen in Hinsicht auf Verkaufsaktionen eigenverantwortlich treffen. Von 2000 bis 2008 handelten für N.1 auf den drei obersten Führungsebenen im Vertrieb folgende Personen:
21- Herr I.B. als Geschäftsführer ab Dezember 1999,
22- Herr G.X. als Vertriebsleiter ab Dezember 2000,
23- Herr E.D. als Key Account Manager bis Oktober 2008,
24- Herr K.U. als Key Account Manager bis Dezember 2005,
25- Frau B.C. als Key Account Managerin ab April 2005 und
26- Herr N.A. als Key Account Manager ab Juli 2005.
27Für die Lebensmittel-Vollsortimenter F., L.4, N.6 und S.2 sowie für die Nebenbetroffene waren in den Jahren des Tatzeitraums folgende Key Account Manager federführend zuständig:
28Jahr/Kunde |
F.1 |
L.4 |
N.6 |
S |
Nebenbetroffene |
2004/2005 |
U. |
U. |
D. |
D. |
U. |
2006 |
C. |
D. |
D. |
D. |
A. |
2007 |
C. |
D. |
D. |
D. |
A. |
2008 |
C. |
D. |
D.C. |
D.A. |
A. |
Die Struktur des Röstkaffeeabsatzes in Deutschland
Die wertschöpfende Tätigkeit der nationalen Hersteller von Röstkaffee (nachfolgend auch als „die Kaffeeröster“ bezeichnet) bestand im Kern im Ankauf börsengehandelten Rohkaffees, dessen Verarbeitung zu Röstkaffee sowie schließlich im Vertrieb dieser in handelsüblichen Verbrauchsgrößen abgepackten Röstkaffeeprodukte (Artikelgruppen Filterkaffee, Ganzen Bohnen einschließlich Espresso sowie Kaffeepads bzw. Kaffeekapseln). Der – hier allein interessierende – Absatz von Röstkaffee an den privaten Endverbraucher in Deutschland stellte sich in seinen grundsätzlichen Strukturen damals wie heute gleich dar.
32Das Röstkaffeegeschäft in Deutschland war mit nur wenigen Kaffeeherstellern oligopolistisch geprägt. Im Hinblick auf den bundesweiten Absatz von Röstkaffee an den Endverbraucher kam lediglich den Herstellermarken der vier führenden Marken-Kaffeeröster U.2, L.5, E.1 und N.1 sowie den Handelsmarken-Einzelhandelsketten bzw. Konzernen, hier vor allem derjenigen der Discounter B.2 und B.3, eine herausragende Marktbedeutung zu.
33Der Absatz von Herstellermarken-Röstkaffee folgte im Wesentlichen zwei unterschiedlichen Vertriebsstrategien:
34Direktvertrieb:
35Allein U.2 verkaufte seine Röstkaffeeprodukte – so auch im Zeitraum von 2000 bis Mai 2008 – im Wege des Direktvertriebs zu selbstbestimmten Endverkaufspreisen unmittelbar an den Endverbraucher. Hierzu bediente sich U.2 bis heute insbesondere eines eigenen Filialsystems sowie in Bäckereien und Konditoreien eingerichteter Depots (Depotgeschäft); darüber hinaus war U.2 als Sortimenter des Lebensmitteleinzelhandels auf Kommissionsbasis in dessen Vertrieb eingebunden, indem U.2 Regalflächen mietete und seine Produkte für seine Rechnung vom Handel gegen Provision verkaufen ließ.
36Indirekter Vertrieb:
37Im – von L.5, E.1 und N.1 – verfolgten indirekten Vertriebsweg setzten die Kaffeeröster ihre Röstkaffeeprodukte über die als Handelsstufe zwischengeschalteten Lebensmitteleinzelhändler und bestimmte Drogeriemarktketten an den Endverbraucher ab. Kennzeichnend für diesen Absatzweg waren im Wesentlichen zwei hintereinandergeschaltete sachliche Marktstufen.
38Die erste Stufe bildete der Markt für den Absatz von Röstkaffee an den Handel, auf dem die Hersteller von Röstkaffee als Anbieter den Unternehmen des Lebensmittel- Einzelhandels und des Drogerie-Einzelhandels als Nachfrager gegenüberstanden. Wesentliche Abnehmer der Kaffeeröster waren vor allem die Lebensmitteleinzelhandelskonzerne und -ketten, allen voran F.1, L.4, N.6 und S.2, sowie für einzelne Marken auch die großen Drogeriemarkt-Ketten. In räumlicher Hinsicht umfasste dieser Markt – schon mit Blick auf die Verbreitungsgebiete der Handelskonzerne und Handelsketten – das gesamte Bundesgebiet.
39Auf der nachgeschalteten zweiten Marktstufe verkauften die Lebensmitteleinzelhändler und die Drogeriemarkt-Ketten wie zum Beispiel die Nebenbetroffene und T.1 (bis März 2012) die Röstkaffeeprodukte an den privaten Endverbraucher weiter, insbesondere Filterkaffee im Abgabeformat der 500-g-Packungen.
40Im indirekten Vertriebsweg unterlag der Abgabepreis an den Handel dem Preisfestsetzungsspielraum der Kaffeeröster. Zentraler Faktor für die Bildung des Fabrikabgabepreises an den Handel war der Beschaffungspreis für Rohkaffee, der typischerweise deutlichen Schwankungen unterlag. Neben dem Rohkaffeepreis waren weitere Einflussfaktoren für die Abgabepreisbildung vor allem die variablen Herstellungskosten, die Kaffeesteuer und die Vertriebskosten, die durch die den Handelskunden angebotenen Konditionsmodelle geprägt waren.
41Üblicherweise in einem jährlichen Turnus handelten die Kaffeeröster mit ihren Handelskunden die grundlegenden Abgabekonditionen und die Einzelheiten der Zusammenarbeit individuell aus (sogenannte Jahresgespräche).
42Da die Nachfrage des weiterverkaufenden Einzelhandels nach Röstkaffee – typischerweise – die Nachfrage auf der Endverbraucherstufe nachzeichnete, waren die dort erzielten Umsatzmengen von entscheidender Bedeutung für die Ertragssituation der Kaffeeröster. Dabei wurde die Nachfrage maßgeblich von der Nachfrage nach Filterkaffee bestimmt, wobei sich die 500-g-Packung als prägendes Abgabeformat schon seit den 1960er Jahren durchgesetzt hatte. Filterkaffee fehlte seither in kaum einem deutschen Haushalt und wurde täglich konsumiert. Wer als Endverbraucher Filterkaffee preisbewusst einkaufte, konnte spürbar Haushaltsgeld sparen. Entsprechend preissensibel reagierten die deutschen Haushalte schon immer auf vergleichsweise geringe Preisveränderungen, erst recht auf attraktive Aktionspreisangebote. Dies wiederum machte Filterkaffee zu einem hoch wirksamen, vom gesamten Handel eingesetzten sogenannten Zug- oder Frequenzartikel, mit dem durch attraktive Aktionspreise Kunden für das gesamte Sortiment in die Verkaufsstellen geholt werden konnten. Entsprechend häufig vermarkteten die Handelsunternehmen Filterkaffee zu Aktions- oder Dauerniedrigpreisen, besonders aber zu den verbrauchsstarken Zeiten vor Ostern, Pfingsten und Weihnachten. In gleicher Weise machte sich die Nebenbetroffene die Wirkung von Filterkaffee zu Nutze, zunächst fokussiert auf Filterkaffee von N.1, später auch von E.1. Ihr langjähriger Einkaufsgeschäftsführer L.Q. etablierte neben anderen Sortimentsartikeln (u.a. Persil, Schauma Shampoo, Pampers, Nivea Creme, Odol) X. Filterkaffee in der 500-g-Packung zum wichtigsten Zugartikel, der von der Nebenbetroffenen aus diesem Grunde in nationalen und regionalen Aktionen im zweiwöchigen Wechsel fast ganzjährig vermarktet wurde.
43Die allgemein starke Frequenzwirkung von Filterkaffee hatte den Effekt, dass sein Absatz mittelbar auf die Erträge in den anderen Warensortimenten durchschlug und damit auf den wirtschaftlichen Gesamterfolg der Handelsunternehmen. Entsprechend stand die Preisführung von Filterkaffee stets im Fokus des Handels, und entsprechend waren preisaggressive Vermarktungen geeignet, scharfe wettbewerbliche Gegenreaktionen bis hin zu handelsweiten Preisabwärtsspiralen auszulösen. Dabei gelang es dem nachfragemächtigen Handel, entstehende Spannenverluste bei den Kaffeeröstern finanziell hereinzuholen. Andererseits konnten die Kaffeeröster Rohstoffpreiserhöhungen nur unter großen Schwierigkeiten an ihre Handelskunden weitergeben, weil diese unter dem Gesichtspunkt des Verlustes von Frequenzwirkung kein Interesse an preiserhöhenden Signalen an ihre Endkunden hatten und sich daher auch mögliche Einbußen durch Ladenpreiserhöhungen von den Kaffeeröstern bezahlen ließen. So zeigte sich, dass Ladenpreisbewegungen – aufwärts wie abwärts – letztlich sehr häufig in finanzielle Rückgriffe des Handels bei den Kaffeeröstern mündeten. Von daher waren die Kaffeeröster schon immer an einer gleichförmigen Ladenpreisführung interessiert. In den 1990er Jahren verschärfte sich die Situation, indem B.1 und andere preisaktive Discounter mit eigenen Handelsmarken als Anbieter von Filterkaffee auf den Endabsatzmarkt drängten und sich zudem die Nachfragemacht der Handelsketten durch Konzentration noch verstärkte. Umso wichtiger wurden für die Kaffeeröster eine Stärkung der eigenen Verhandlungspositionen gegenüber ihren Handelskunden und eine Beruhigung der Verkaufspreise auf Handelsebene. Beides strebte auch N.1 an, dies jedoch mit kartellrechtlich unzulässigen Mitteln, nämlich durch Beteiligung an einem Preiskartell der Kaffeeröster (dazu nachfolgend IV.) und durch eine mit ihren Handelskunden systematisch betriebene Moderation der Ladenverkaufspreise (X.-Preislenkungssystem, dazu nachfolgend V.), in die sich schließlich auch die Nebenbetroffene einbinden ließ (dazu nachfolgend VI.).
44IV. Das Preiskartell der Kaffeeröster („Kaffeeröster-Kartell“)
45Spätestens ab 1999 betrieben N.1 und andere national marktführende Kaffeeröster ein Preiskartell. Dieses hatte die Abgabepreis-Koordinierung aller beteiligten Kaffeeröster zum Gegenstand und basierte auf der einfachen strategischen Überlegung, dass eine gleichförmige Preispositionierung gegenüber dem Handel überzeugungs- und durchsetzungskräftiger wäre. Unterstützend wirkte hierbei die tradierte Preisarchitektur der Kaffeemarken. Bis in die 1990er Jahre hatte sich in Deutschland eine Segmentierung des Angebots von Filterkaffee auf dem Endabsatzmarkt nach Marken und Verkaufspreisen etabliert, ausgehend von dem in Deutschland wichtigsten Abgabeformat der 500-g-Packung. Der Senat hat nicht festgestellt, welche Umstände hierfür im Einzelnen ursächlich waren, fest steht aber, dass sich im Wesentlichen
46- ein Premiumsegment, angeführt von U.2 mit der Marke „X.1“, gefolgt von E.1 mit der Marke „X.2“,
47- ein mittleres Segment, gebildet von L.5 mit der Marke „X.3“, gefolgt von N.1 (vor allem: „X.4“) und
48- ein darunter angesiedeltes Segment, gebildet von L.5 und dessen Marken „X.5“ und „X.6“
49etabliert hatten. Dieser Markenhierarchie entsprach ein Preisabstandsgefüge der Regal- und Aktionspreise. So lag im Durchschnitt (nach Einführung des Euros) für Filterkaffee in der 500-g-Packung der Preis für U.2 X.1 0,20 € über E.1 X.2, dessen Preis wiederum 0,20 bis 0,30 € über dem von X.3 sowie etwa 0,40 bis 0,50 € über N.1 X.4, und deren Preis wiederum 0,20 € über dem Preis von X.6 und X.5. X.5 war abermals durchschnittlich 0,20 € teurer als die Eigenmarken von B.1, an welchen sich die meisten anderen Handelsmarken orientierten.
50Bereits geringe Veränderungen in den Endverkaufspreisabständen konnten zu nicht unerheblichen Wechselbewegungen der Konsumenten und damit zu Marktanteilsverschiebungen zwischen den Kaffeeröstern bis zu fünf oder sogar zehn Prozentpunkten führen. Zugleich barg ein Ausscheren aus dem durch das Preisgefüge eng umrissenen Preissetzungsspielraum der Kaffeeröster das Risiko, von Unternehmen des Einzelhandels, der seinerseits – vor allem als Vollsortimenter – in seinen Vermarktungsstrategien und seiner Werbung typischerweise auf die tradierte Markenhierarchie setzte und aufbaute, ausgelistet oder zumindest bei den mengen- und umsatzrelevanten Vermarktungen nicht mehr berücksichtigt zu werden.
51Diese Problematik stellte sich insbesondere bei Abgabepreiserhöhungen, bezüglich derer es daher zur Erhöhung der Durchsetzungskraft gegenüber dem Handel nicht nur sicherzustellen galt, dass alle vier großen Kaffeeröster im relativ gleichförmigen Umfang ihre Preise anhoben, sondern vor allem auch zu gewährleisten war, dass dies ohne zeitlich größere Versatze geschah. Denn jedes zeitliche Zurückbleiben eines der Kaffeeröster hinter den Preisanhebungen der anderen ließ in Anbetracht der Reaktionsverbundenheit der Märkte aufgrund der Preissensibilität der Endverbraucher eine massive Abwanderung zu dessen Gunsten und damit deutliche Absatzeinbußen der anderen Kaffeeröster erwarten.
52Vor diesem Hintergrund kamen die maßgebenden Repräsentanten der vier großen Kaffeeröster U.2, L.5, N.1 und E.1 spätestens im Verlauf des Jahres 1999 zu der gemeinsamen Übereinkunft, über einen regelmäßigen Gesprächskreis ihr Marktverhalten im Hinblick auf gemeinsam für wirtschaftlich geboten erachtete Preisfestsetzungen so zu koordinieren, dass das an den Endverbrauchermärkten gewachsene Preisabstandsgefüge in den Endverkaufs- und Aktionspreisen der Hauptprodukte der vier Kaffeeröster aufrechterhalten blieb. Hierzu beteiligten sich für N.3 im Zeitraum von Anfang 2000 bis 03.07.2008 der Geschäftsführer I.B., der im Dezember 1999 durch seinen Vorgänger I. in den Gesprächskreis der vier Kaffeeröster eingeführt worden war, und Herr G.X., der ab Oktober 2004 an den Treffen des Kaffeeröster-Gesprächskreises teilnahm, in Wahrnehmung ihrer organschaftlichen bzw. leitenden Stellung für die N.3 fortgesetzt an der Verwirklichung des horizontalen Preiskartells für 500-g-Packungen Filterkaffee und 1000-g-Packungen Ganzen Bohnen mit den Wettbewerbern L.5, E.1 und U.2. Diese horizontale Kartellvereinbarung und ihre Umsetzung waren Gegenstand des gegen N.1 vor dem Senat geführten Bußgeldverfahrens V-4 Kart 5/11 (OWi). Das Verfahren endete durch Urteil des Senats vom 10.02.2014 mit der Verurteilung der N.5 als der Rechtsnachfolgerin der N.3 zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 55.000.000 €. Das Urteil des Senats ist – nach Durchführung der Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof – seit dem 28.01.2015 rechtskräftig. Die gegen die Urteile des Bundesgerichtshofs und des Senats erhobene Verfassungsbeschwerde der N.5 wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen.
53V. Das X.-Preislenkungssystem
54Aus den gleichen Gründen, nämlich zur verbesserten Durchsetzung von Abgabepreiserhöhungen und zur Herbeiführung einer gleichförmigen Verkaufspreisführung im Handel, dies zur Vermeidung von Preiskämpfen und Preisabwärtsspiralen und daraus folgender Ausgleichsforderungen der Handelskunden, ging N.1 unter seinem früheren Geschäftsführer I. und in der Amtszeit seines damaligen Vertriebsleiters U. im Zuge der Einführung eines zentralen Key Account Managements an seinem Hauptsitz in … ab dem Jahr 1999 gemäß einer neu gefassten Unternehmensstrategie dazu über, in einvernehmlichen bilateralen Kooperationen mit den Handelskunden deren Ladenverkaufspreise bundesweit abzustimmen. Damit verbunden war der Verzicht der Handelskunden auf preisaggressive Wettbewerbsvorstöße. Die Vertriebsverantwortlichen von N.1 führten hierzu fortlaufend mit den Einkaufsverantwortlichen der Handelskunden Informationsgespräche und Diskussionen über die zu zeigenden Ladenverkaufspreise. Am Ende solcher Einzelverhandlungen stand ein Verkaufspreis, der von beiden Seiten als marktgerecht und verbindlich anerkannt und von den Handelsunternehmen in den Verkaufsstellen umgesetzt wurde sowie von N.1 als Grundlage zur Preisabstimmung mit anderen Handelskunden verwendet werden konnte und sollte. Die einvernehmliche und fortlaufende Offenlegung, Sammlung, Diskussion, Auswertung und Weiterverwendung der internen Preisplanungen durch N.1 ergab in der Summe eine national flächendeckende Preismoderation mit dem Ergebnis systematisch fortlaufend abgestimmter Regal-, Dauerniedrig- und Aktionspreise am gesamten nationalen Endabsatzmarkt, wie wenn die Handelsunternehmen hierzu selbst miteinander Kontakt aufgenommen hätten, wobei die wettbewerblich besonders unruhestiftenden Aktionspreise im Mittelpunkt standen.
55Die Preismoderation flankierend unterhielt N.1 ein Kontrollmanagement in Form einer laufenden Überwachung der Preisführungen in den Verkaufsstellen nebst Entgegennahme und Bearbeitung von Beschwerden über Wettbewerber, die sich an das moderierte „marktgerechte Preisniveau“ nicht gehalten hatten. Hauptsächliches Instrument der Überwachung war das sogenannte Preistracking. Dazu ermittelten die Außendienstmitarbeiter montags die Endverkaufspreise in den Verkaufsstellen der Handelskunden und meldeten sie am selben Tag der N.1-Vertriebszentrale in …. Bei einer Preiserhöhung führte N.1 ein zusätzliches Preistracking am darauffolgenden Donnerstag durch. Bei einem Unterschreiten des moderierten Preisniveaus um mehr als 0,15 € intervenierte N.1 von sich aus und zeigte dem Unternehmen nochmals die unerwünschten Konsequenzen eines Preiskampfes auf. Teilweise boten die Handelsunternehmen daraufhin an, einen Brief an N.1 zu schreiben, der ausdrückte, dass es sich bei der Vermarktung unter dem moderierten Preisniveau um ein Versehen gehandelt habe, und den N.1 den anderen Handelsunternehmen vorlegen sollte, um zu vermeiden, dass diese auf die zu niedrigen Verkaufspreise einstiegen. Alternativ formulierten die Verantwortlichen von N.1 einen Brief an das Handelsunternehmen, in dem sie ihre Bestürzung über dessen Preisführung ausdrückten und daran erinnerten, dass eine Vermarktung unterhalb des vereinbarten Preisniveaus heftige Preisreaktionen der Wettbewerber provozieren werde. Über Abweichungen vom moderierten Preisniveau beschwerten sich die Repräsentanten von Handelsunternehmen bei N.1 telefonisch oder schriftlich per E-Mail oder Telefax. Diese Beschwerden führten ebenfalls zu den geschilderten Interventionen von N.1, über deren Ergebnis N.1 anschließend einzelne oder alle Handelskunden per Rundschreiben informierte.
56Auch wenn die großen Handelsunternehmen eine bedeutendere Rolle in der Moderation spielten, so konnten auch Preisunterbietungen durch kleinere Händler eine regional störende Wirkung entfalten. Dementsprechend war N.1 stets bemüht, möglichst viele seiner Handelskunden für die Moderation zu gewinnen. Spätestens im Verlauf des Jahres 2003 hatte N.1 mit den meisten wichtigen Handelskunden vertikale Vereinbarungen mit dem im Kern gleichen Inhalt geschlossen, dass N.1 aus seiner Position als bundesweiter Lieferant von X. Filterkaffee durch geeignete Maßnahmen stabilisierend und steuernd auf eine gleichförmige nationale Preisführung hinwirkte und die Handelsunternehmen dazu jeweils in einem offenen Informations- und Meinungsaustausch beitrugen und die moderierten Preisführungen in ihren Verkaufsstellen umsetzten. Unternehmensintern hatte die Moderation für N.1 eine immer größere Bedeutung, weshalb sie durch die Vereinbarung von Zielen und Anreizen bis in die Anstellungsverträge der Vertriebsverantwortlichen hineinwirkte. So gelang es N.1, seine Moderation nach vorstehendem Muster sternförmig in Einzelkooperationen mit den Handelskunden derart zu verdichten, dass - ausgehend von seiner Zielrichtung - spätestens um die Jahreswende 2004/2005 schlagwortartig von einem funktionierenden herstellergesteuerten Preislenkungssystem gesprochen werden kann, an dem alle wichtigen N.1-Handelskunden teilnahmen, insbesondere die F.1-Gruppe, die S.2-Gruppe, L.4, die N.6-Gruppe, H.2, S.3, die C.1-Gruppe, L.6, E.2, N.7, Q.2 und U.3 sowie die Drogeriemarkt-Ketten T.1, L.3, H.3 und die Nebenbetroffene.
57Die Moderation der von den Kartellteilnehmern so bezeichneten „Zielpreise“, auch als „marktgerechte Preise“ oder „marktübliche Verkaufspreise“ bezeichnet, entsprach zentral den Interessen der Handelsunternehmen, weil hierdurch wettbewerbliche Unsicherheiten aus dem Markt genommen und scharfe Preiskämpfe vermieden werden konnten. Auch hatten insbesondere die Lebensmittelvollsortimenter ein Interesse an der insoweit stabilisierenden Wirkung der tradierten Preisarchitektur. Zwar hing die Einhaltung der moderierten Verkaufspreise, insbesondere der Aktionspreise zumindest nahe um das moderierte Preisniveau herum, von der Kartelldisziplin der teilnehmenden Handelsunternehmen ab, die durchaus, zum Teil strukturell bedingt, unterschiedlich ausfallen konnte. Dessen ungeachtet wurde aber, wie angestrebt, erreicht, dass das moderierte Preisniveau von den eingebundenen Handelsunternehmen weitgehend eingehalten wurde. So gelang es N.1, die Aktionspreise für die 500-g-Packung X. Filterkaffee von Anfang 2005 bis Mitte 2007, je nach Moderation, bundesweit einheitlich in einem Bereich zwischen 2,99 € und 3,49 € zu halten.
58Ende Mai 2008 stellte N.1 seine Preismoderation ein. Auslöser dafür waren Berichte über die Ermittlungsaktivitäten des Bundeskartellamts im Lebensmittelsektor.
59VI. Die kartellrechtlichen Verstöße der Nebenbetroffenen
60Für N.1 war die Einbindung der Nebenbetroffenen in die Preismoderation überaus bedeutsam, weil die Nebenbetroffene national stark expandierte und X. Filterkaffee schon seit Jahrzehnten im Sortiment hatte. Die Endverbraucher hatten sich daran gewöhnt, dass es bei dem Drogisten S.1 X.-Filterkaffee zu kaufen gab. Hinzu kam die Besonderheit, dass die Nebenbetroffene X.-Filterkaffee als wichtigen Zugartikel für ihr Gesamtsortiment ansah und deshalb nahezu wöchentlich zu Aktionspreisen vermarktete, was bei aggressiv niedrigen Aktionspreisen Signalwirkung für den Handel haben konnte. Dementsprechend bezeichnete der N.1-Geschäftsführer B. in seinem an Herrn Q. gerichteten Schreiben vom 16.07.2003 die Nebenbetroffene als einen „bedeutenden Wettbewerber“ mit hoher Relevanz und Bedeutung für die von N.1 betriebene „Preis- und Markenpflege“.
61Intensive Bemühungen N.1 um die Einbindung der Nebenbetroffenen gab es spätestens im Jahr 2003. So diskutierte der Key Account Manager U. bereits in dieser Zeit wiederholt mit dem bei der Nebenbetroffenen für den Einkauf und die Kalkulation der Verkaufspreise zuständigen Category Manager L. über die Aktionspreise der Nebenbetroffenen. Zu einer festen Einbindung der Nebenbetroffenen in die N.1-Preismoderation kam es jedoch noch nicht; ungeachtet des Faktums dieser Kontakte hat der Senat keine hinreichenden Feststellungen zu ihrer Intensität in Hinsicht auf Häufigkeit und Bindungswillen getroffen. Jedoch vollzog sich die feste Einbindung der Nebenbetroffenen in die Preismoderation um die Jahreswende 2004/2005 als stillschweigende Willensübereinkunft (Grundeinigung) im Zuge der von N.1 bekannt gegebenen Erhöhung der Fabrikabgabepreise und der davon ausgelösten Verhandlungen und Einigung der Herren N.Q., L. und U. auch über die neue Aktionspreisführung (dazu nachfolgend 1.).
62Grundeinigung zur fortlaufenden Preisabstimmung um die Jahreswende 2004/2005
Unter dem 20.12.2004 gab N.1 allen Handelskunden auf dem üblichen Weg eines Rund-Telefaxes die Erhöhung der Abgabepreise für die 500-g-Packung Filterkaffee in Höhe von 1,14 Euro (brutto) bekannt, darunter auch der Nebenbetroffenen. Im Zuge der damit angestoßenen üblichen Verhandlungen einigten sich die Herren N.Q. und L. für die Nebenbetroffene mit Herrn U. für N.1 bis zum 13.01.2005 darauf, dass nach Streichung der für die Kalenderwoche 4/2005 geplanten Vermarktung der neue Aktionspreis der Nebenbetroffenen für die 500-g-Packung Filterkaffee künftig 2,99 € betrug und die Nebenbetroffene dafür von N.1 eine Einmalzahlung in Höhe von 80.000 € erhielt. Die Einigung wurde von beiden Seiten umgesetzt. Sie markierte eine Zäsur in der Geschäftsbeziehung beider Unternehmen. Denn fortan blieben gemäß der damit stillschweigend einhergehenden, nunmehr grundsätzlich für die Zukunft getroffenen Willensübereinkunft die für den Einkauf und Absatz bei der Nebenbetroffenen Verantwortlichen N.Q. und L. – ab 01.07.2006 auch M. – mit Wissen und Wollen des Einkaufsgeschäftsführers Q. und die N.1-Vertriebsverantwortlichen G.X., U. und A. mit Wissen und Wollen des Geschäftsführers I.B. im ständigen Informationsaustausch und Gespräch über die Verkaufspreisführungen der Nebenbetroffenen in Hinsicht auf X.-Filterkaffee in der 500-g-Packung. Dies galt insbesondere anlässlich von Abgabepreiserhöhungen und um die konsumstarken Feiertage herum, aber auch sonst fortlaufend unterjährig. Gemeinsamer Zweck war die permanente Abstimmung und Einigung über die als marktgerecht erachteten Verkaufspreise, namentlich über die Aktionspreise in Hinsicht auf Höhe und zeitliche Einführung. Dabei handelten sie mit folgenden Aufgabenverteilungen:
65- die Geschäftsführer L.Q. und I.B. in Grundsatzfragen und bei besonderen Problemlagen,
66- die Einkaufsleiter N.Q. und M. sowie der Vertriebsleiter G.X. bei den Jahresgesprächen und im Tagesgeschäft von Fall zu Fall,
67- der Category Manager L. und die Key Account Manager U. und A. als sogenannte First-Level-Kontakte im Tagesgeschäft und zu allen sonstigen Anlässen des Themas >Verkaufspreisführung bei der Nebenbetroffenen<.
68Alle Genannten wussten und wollten, dass Gegenstand der Grundeinigung – sozusagen als Kehrseite derselben Medaille – auch ein beständiger Verzicht der Nebenbetroffenen auf einen selbst initiierten vorstoßenden Preiswettbewerb war.
69Die Grundeinigung auf eine Zusammenarbeit zur Preisabstimmung und deren Umsetzung ab Januar 2005 erfolgte in der von den Verantwortlichen beider Unternehmen geteilten Absicht, über die von N.1 mit ihren Handelskunden systematisch betriebene handelsweite Preismoderation insbesondere das Aktionspreisniveau in Hinsicht auf das Produkt X. Filterkaffee in der 500-g-Packung möglichst flächendeckend und störungsfrei von Ausreißern auf ein als marktgerecht erachtetes Preisniveau zu stabilisieren und durch den damit einhergehenden Verzicht auf preisaggressive Vorstöße den Wettbewerb auf Handelsebene nachhaltig zu dämpfen, was nach der ebenfalls übereinstimmenden Erkenntnis und dem gemeinsamen Verständnis auch und gerade eine verlässliche Beteiligung der Nebenbetroffenen erforderte, all dies zugunsten einer Win-Win-Situation für beide Unternehmen mit folgenden, von allen Verantwortlichen erkannten und gewollten hauptsächlichen Vorteilen:
70N.1 war künftig vor preisaggressiven Wettbewerbsvorstößen der Nebenbetroffenen und davon ausgelösten Preisabwärtsspiralen und diesbezüglichen finanziellen Rückgriffen der Handelskunden gefeit. Zugleich waren damit der Wert der Marke X. besser geschützt und die tradierte Preisarchitektur unter den Kaffeemarken besser gesichert, was auch im Sinne des von ihr mitbetriebenen Kaffeeröster-Kartells war.
71Die Nebenbetroffene erhielt künftig verlässlich und dauerhaft Zugang zu ihr sonst verschlossenen Preiserwägungen und Preisplanungen der Wettbewerber, insbesondere der Drogeriemarkt-Kette T.1. Bei funktionierender Moderation war sie vor preisaggressiven Wettbewerbsvorstößen der großen Handelsunternehmen gefeit. Damit waren für sie beträchtliche Unsicherheiten aus dem Markt genommen und ganz allgemein die künftige Preisentwicklung berechenbarer. Durch die bewirkte Dämpfung des Preiswettbewerbs auf Handelsebene war das Produkt X. Filterkaffee als bedeutender Zugartikel der Nebenbetroffenen künftig besser gesichert. Auch konnte es nicht mehr zu einem ungewollten Auslösen von Preisabwärtsspiralen und gegen sie gerichtete Preiskämpfe kommen. Sie blieb nicht länger in der Position eines Systemaußenseiters, der dem direkten Drogeriemarkt-Wettbewerber T.1 mit einem bevorzugten Zugang zum gemeinsamen Lieferanten N.1 das Feld überließ. Zwar ging all dies auf Kosten der sonst im Unternehmen hoch gehaltenen Preisgestaltungsfreiheit, erleichterte aber deutlich die Kalkulation und Preisfindung in dem schwierigen Spannungsfeld zwischen Preisattraktivität, Kostendeckung und kartellrechtlichem Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis, was aus Sicht der Herren L.Q., N.Q., M. und L. im Endergebnis als vorteilhaft überwog, zumal die Preisgestaltungsfreiheit auch nicht gänzlich aufgegeben werden musste.
72Mit ihrer Grundeinigung erweiterten die Nebenbetroffene und N.1 ihre langjährige Lieferbeziehung um die Komponente einer Kooperation in Fragen der Verkaufspreisgestaltung. Daraus erwuchs eine zusätzliche wirtschaftliche Verknüpfung. Aus den möglicherweise wieder aufflammenden Nachteilen eines Systemaußenseiters im Falle des Wiederausstiegs aus der Moderation und dem dann möglicherweise drohenden Verlust eines wichtigen Zugartikels sowie eines bewährten, auch in Hinsicht auf die Warenfinanzierung attraktiven Lieferanten – N.1 hatte der Nebenbetroffenen in schwieriger Zeit als einziger Kaffeeröster Valuten eingeräumt – folgte eine entsprechende wirtschaftliche Bindung der Nebenbetroffenen an die Grundeinigung. Aus der langjährig gewachsenen persönlichen Wertschätzung und Kollegialität der Verantwortlichen untereinander ergab sich für beide Seiten auch eine faktische Bindung an die Übereinkunft.
732. Umsetzung der Grundeinigung durch die Nebenbetroffene
74Die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen setzten ihre Grundeinigung ab Januar 2005 in vielfältiger Weise um, sei es schriftlich durch Briefe, E-Mails oder Telefaxe oder mündlich durch Telefonate und persönliche Gespräche insbesondere am Geschäftssitz der Nebenbetroffenen in …, sei es inhaltlich durch den Austausch von Preiserwägungen und Preisinformationen sowie das Führen von Preisdiskussionen bis hin zu konkreten Preiseinigungen, womit sie die Grundeinigung immer wieder bekräftigten und bestätigten und zugleich deren Bekräftigung und Bestätigung durch N.1 entgegennahmen. Der Senat hat folgende, über den Kartellzeitraum bis Ende Mai 2008 verteilte Umsetzungshandlungen der Verantwortlichen der Nebenbetroffenen festgestellt:
75a) Preiseinigung nach dem 20.04.2005
76Im Zuge der am 20.04.2005 durch die Herren I.B. und G.X. allen X.-Handelskunden schriftlich angekündigten Erhöhung des Fabrikabgabepreises um 0,70 € (brutto) für die 500-g-Packung Filterkaffee erörterten die Herren U. und L. die künftige Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen. In der Zeit bis zum 11.05.2005 verständigten sie sich darauf, dass die ursprünglich zu Pfingsten geplante Aktion in der Kalenderwoche 20 entfiel, die Nebenbetroffene nach einer Aktionsruhepause ab der Kalenderwoche 24 den neuen Aktionspreis von 3,49 € für die 500-g-Packung Filterkaffee zeigte und dafür von N.1 einen Einmalbetrag von 50.000 € (netto) erhielt.
77Mit Ausnahme einer für beide Seiten weniger bedeutsamen Sonderwerbung zum neuen Aktionspreis bereits in der Kalenderwoche 23 zeigte die Nebenbetroffene für X. Filterkaffee in den Kalenderwochen 20 - 23 vereinbarungsgemäß keine Aktionspreise und ab der Kalenderwoche 24 den neuen Aktionspreis von 3,49 €.
78b) Preisdiskussion am 11.07.2005
79Anlässlich eines Treffens am Sitz der Nebenbetroffenen am 11.07.2005 erörterten die Herren N.Q., L., G.X. und U. erneut die künftige Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen. Für die Nebenbetroffene erklärte Herr N.Q., dass sie die N.1-Strategie mitgehen und das Aktionspreisniveau um 3,49 € pro 500-g-Packung X. Filterkaffee weiterhin umsetzen werde, sich die Quartalszuschüsse aber verbessern müssten. Tatsächlich vermarktete die Nebenbetroffene in den folgenden Wochen bis Ende Oktober 2005 die 500-g-Packung X. Filterkaffee wie angekündigt zum Aktionspreis von 3,49 €.
80c) Preiseinigung am 04.11.2005
81Anlässlich eines Treffens am Sitz der Nebenbetroffenen am 04.11.2005 erörterten die Herren L., U. und A. die künftige Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen. Hierbei einigten sie sich darauf, dass die Nebenbetroffene bis Ende Dezember 2005 X. Filterkaffee zu einem Aktionspreis von 3,29 € vermarktete und dafür von N.1 außer einer Stückprämie von 18,69 Cent pro verkaufter 500-g-Packung einen Einmalbetrag von 20.000 € (netto) erhielt. Ferner diskutierten sie eine mögliche Vermarktung von X. Filterkaffee zu einem Aktionspreis von 3,49 € ab Januar 2006 und beschlossen diese als Ergebnis ihrer Diskussion.
82Die Nebenbetroffene vermarktete die 500-g-Packung X. Filterkaffee zu Aktionspreisen von 3,19 € in den Kalenderwochen 45 und 47 und von 3,29 € in den Kalenderwochen 48 und 49, was sich nach dem übereinstimmenden Verständnis beider Seiten auch in Hinsicht auf den Aktionspreis von 3,19 € noch im Rahmen ihrer Einigung verhielt, zumal die Nebenbetroffene diesen Aktionspreis nur in Sonderwerbungen zeigte.
83d) Preiseinigung am 06.12.2005
84Im Rahmen des Gespräches über die Zusammenarbeit im Jahr 2006 am Sitz der Nebenbetroffenen am 06.12.2005 diskutierten die Herren N.Q., L., G.X., U. und A. die Aktionspreisentwicklung im Allgemeinen und in Hinsicht auf die Preisführung der Nebenbetroffenen im Besonderen, wobei die Herren N.Q. und L. die Herren G.X., U. und A. um eine realistische Einschätzung der in den nächsten Wochen zu erwartenden Aktionspreise für X. Filterkaffee baten. Sodann einigten sie sich darauf, dass die Nebenbetroffene X. Filterkaffee im Januar 2006 zu einem Aktionspreis von 3,29 € vermarktete und dafür von N.1 eine Stückprämie von 0,1869 € pro verkaufter 500-g-Packung erhielt. Die Nebenbetroffene vermarktete sodann wie zugesagt.
85e) Preisbestätigung am 05.01.2006
86Im Rahmen eines am 05.01.2006 geführten Telefonats setzten die Herren L. und A. das am 06.12.2005 begonnene Gespräch über die Zusammenarbeit im Jahr 2006 fort. Hierbei beanstandete Herr L. diverse Unterschreitungen des von N.1 moderierten Aktionspreisniveaus von 3,29 € durch die Handelsunternehmen F.1, L.4 und H.2. Nach intensiver Diskussion über die Vermarktungspreise für X. Filterkaffee in den kommenden Wochen sagte Herr L. zu, den Aktionspreis von 3,29 € pro 500-g-Packung Filterkaffee beizubehalten, womit er die am 06.12.2005 getroffene Einigung bestätigte.
87f) Preiseinigung am 22.02.2006
88In einem Telefonat am 22.02.2006 einigten sich die Herren L. und A. darauf, dass die Nebenbetroffene X. Filterkaffee in der Hauptwerbung der Kalenderwoche 11 und in der Sonderwerbung der Kalenderwoche 12 zu einem Aktionspreis von 2,99 € vermarktete und dafür von N.1 eine Stückprämie in Höhe von 0,35 € pro zu diesem Preis verkaufter 500-g-Packung Filterkaffee erhielt.
89g) Preisdiskussion am 20.03.2006, Preiseinigung am 06.04.2006
90Anlässlich eines Treffens am Geschäftssitz der Nebenbetroffenen am 20.03.2006 diskutierten die Herren N.Q., L. und A. erneut die Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen für X. Filterkaffee. Dabei verhandelten sie ergebnislos über eine weitere Erhöhung der von N.1 zu zahlenden Stückprämie von 0,35 € auf 0,4085 € pro zu einem bestimmten Preis verkaufter 500-g-Packung. Am Rande der N.8-Warenbörse am 06.04.2006 griffen die Herren L. und A. das Thema wieder auf und kamen überein, dass die Nebenbetroffene X. Filterkaffee bis zur Kalenderwoche 22 zum Aktionspreis von 2,99 € vermarktete und dafür eine Stückprämie von 0,4085 € pro zu diesem Preis verkaufter 500-g-Packung erhielt. Die Nebenbetroffene vermarktete in der Folge wie zugesagt.
91h) Preiseinigung am 11.05.2006
92Mit gleichlautenden Schreiben vom 09.05.2006 informierte N.1 seine Handelskunden, das auf 2,99 € pro 500-g-Packung X. Filterkaffee zurückgefallene Aktionspreisniveau ab der Kalenderwoche 23 auf das ursprüngliche Niveau von 3,49 € anzuheben. Als Reaktion auf das Schreiben führten die Herren L. und A. am 11.05.2006 ein Telefonat. Darin einigten sie sich darauf, dass die Nebenbetroffene in der Hauptwerbung der Kalenderwoche 22 X. Filterkaffee weiterhin zu einem Aktionspreis von 2,99 € für die 500-g-Packung vermarktete, in der Hauptwerbung der Kalenderwoche 24 und in den Sonderwerbungen der Kalenderwochen 23 und 25 von einer Vermarktung absah und ab der Kalenderwoche 26 zum neuen Aktionspreis von 3,49 € verkaufte, und dass die Nebenbetroffene dafür von N.1 einen Einmalbetrag in Höhe von 20.000 € (netto) erhielt. Wie vereinbart, zeigte die Nebenbetroffene ab der Kalenderwoche 26 den Aktionspreis von 3,49 €.
93i) Preiseinigung nach dem 21.08.2006
94Auf eine schriftliche Reklamation des Herrn A. vom 31.07.2006 gegen die von der Nebenbetroffenen erteilte Abrechnung von Stückprämien für Abverkäufe zum vereinbarten Aktionspreis von 2,99 € erinnerte Herr L. Herrn A. mit E-Mail vom 08.08.2006 daran, dass dieser eine erhöhte Stückprämie von 0,4085 € bestätigt hatte, womit die Reklamation auch aus der Sicht des Herrn A. beigelegt war. Gemäß der seit Anfang des Jahres 2005 praktizierten Grundeinigung blieben die Herren L. und A. auch in der Folgezeit im Gespräch über die Aktionspreise der Nebenbetroffenen. Unter dem 21.08.2006 schlugen die Herren A. und V. mit Blick auf die „Marktsituation und das Wettbewerbsverhalten im Filterkaffeebereich“ Herrn L. vor, die 500-g-Packung X. Filterkaffee ab der Kalenderwoche 36 zum reduzierten Aktionspreis von 3,29 € anzubieten unter Gewährung einer Stückprämie von 0,1869 € pro verkaufter 500-g-Packung. Die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen gingen darauf ein. Die Nebenbetroffene zeigte ab der Kalenderwoche 37 den herabgesetzten Aktionspreis von 3,29 €. Soweit die Nebenbetroffene X. Filterkaffee in den Kalenderwochen 44 und 46 zum Aktionspreis von 3,25 € und in der Kalenderwoche 47 zum Aktionspreis von 3,15 € vermarktete, verhielt sich dies im Rahmen der beiderseits akzeptierten Toleranz, zumal es sich nur um Sonderwerbungen handelte.
95j) Preisdiskussionen am 01.11.2006 und 13.12.2006
96Anlässlich des Gesprächs über die Zusammenarbeit im Jahr 2007 am Sitz der Nebenbetroffenen am 01.11.2006 diskutierten die Herren M., L., G.X. und A. über das künftige Aktionspreisniveau für X. Filterkaffee im Handel im Allgemeinen und bei der Nebenbetroffenen im Besonderen. In einer E-Mail Korrespondenz am 13.12.2006 erörterten Herr L. und Herr A. das im Januar 2007 zu erwartende Aktionspreisniveau. Dabei vertrat Herr L. die Ansicht, dass es N.1 nicht gelingen werde, im Januar 2007 ein handelsweites Aktionspreisniveau von 3,29 € oder gar 3,49 € herzustellen, weshalb er für die sich abzeichnenden niedrigeren Aktionspreise eine über die am 06.04.2006 vereinbarte Stückprämie von 0,4085 € hinausgehende Zahlung von N.1 forderte.
97k) Preisdiskussionen und Teileinigung am 26.02. und 01.03.2007,Preiseinigung am 02.03.2007
98Ende Februar 2007 diskutierten die Herren M. und A. über E-Mail kontrovers über die vom Handel seit Jahresanfang gezeigten Aktionspreise. In einer E-Mail vom 26.02.2007 an Herrn A. beanstandete Herr M., dass Wettbewerber X. Filterkaffee weiterhin mit dem vor Weihnachten abgesenkten Aktionspreis von 2,99 € vermarkteten.
99Diese Diskussion setzte sich anlässlich des Besuchstreffens am Sitz der Nebenbetroffenen am 01.03.2007 (Kalenderwoche 9) zwischen den Herren L. und A. fort. Herr L. monierte, dass die Nebenbetroffene in den vergangenen Wochen mit dem von N.1 empfohlenen Preis von 3,29 € für die 500-g-Packung den „falschen Aktionspreis“ gezeigt habe. Die Nebenbetroffene habe wegen wiederholter Unterschreitungen durch Wettbewerber Absatzeinbußen erlitten, wofür er von N.1 einen finanziellen Ausgleich forderte, was Herr A. als unbegründet zurückwies. Des Weiteren forderte Herr L. die Absenkung des Regalpreisniveaus auf 3,79 €, was Herr A. ebenfalls ablehnte. In Hinsicht auf die bevorstehende Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen forderte Herr L. für die Sonderwerbungen der Kalenderwochen 15 und 16 eine Aktionspreisführung von 2,99 € und einen Aktionspreis von 3,29 € für die Hauptwerbung der Kalenderwoche 17, was Herr A. mit Blick auf den als zu niedrig erachteten Aktionspreis der beiden Sonderwerbungen ebenfalls nicht akzeptierte. Mangels Einigung in all diesen Punkten vereinbarten die Herren L. und A. für die darauffolgende Woche (Kalenderwoche 10) ein Telefonat, das wegen der Urlaubsabwesenheit des Herrn L. für die Nebenbetroffene von Herrn M. geführt werden sollte, sowie ein weiteres Telefonat der Herren L. und A. am 19.03.2007 (Kalenderwoche 12). Einigen konnten sich die Herren L. und A. am 01.03.2007 (Kalenderwoche 9) auf einen Aktionspreis von 2,99 € für die Sonderwerbung der Kalenderwoche 12 und die Hauptwerbung (Osterwerbung) der Kalenderwoche 14.
100Im Hinblick auf den am 01.03.2007 offen gebliebenen Ausgleich für den nach Auffassung der Herren L. und M. „falschen Aktionspreis“ von 3,29 € kam es bereits am 02.03.2007 zu einem Telefonat der Herren L. und A., in dem sich beide darauf verständigten, dass die Nebenbetroffene für das Zeigen des Aktionspreises von 3,29 € in den Kalenderwochen 4 bis 11 eine Stückprämie in Höhe von 0,1869 € pro verkaufter 500-g-Packung Filterkaffee erhielt. Ferner verständigten sie sich in Hinsicht auf den tags zuvor für die Kalenderwochen 12 und 14 vereinbarten Aktionspreis von 2,99 € auf eine von N.1 an die Nebenbetroffene zu zahlende Stückprämie von 0,4085 € auf Abverkauf zu diesem Preis.
101l) Preisdiskussion im Mai 2007
102Ab Anfang Mai 2007 diskutierten die Herren M., L. und A. das nach Pfingsten zu zeigende Aktionspreisniveau. Sie kritisierten die von N.1 für den Zeitraum zwischen Ostern und Pfingsten ausgesprochene Aktionspreisempfehlung als falsch und nicht marktgerecht. Herr M. verwies auf dadurch entstandene Umsatzeinbußen und forderte von N.1 eine „Schmerzensgeldzahlung“ im fünfstelligen Bereich. Ferner bezweifelten die Herren M. und L., dass eine einheitliche Erhöhung der Aktionspreise direkt nach Pfingsten gelingen werde. Tatsächlich gelang es den Verantwortlichen von N.1 nur eingeschränkt, die Aktionspreise im Handel von 2,99 € über 3,29 € auf ein einheitliches Niveau von 3,49 € für die 500-g-Packung X. Filterkaffee zu moderieren.
103m) Aussprache und Diskussion über die Zusammenarbeit bei der Preismoderation am 28.08.2007
104Nachdem die Nebenbetroffene und N.1 sich für die Zeit nach Pfingsten nicht auf ein von der Nebenbetroffenen zu zeigendes Aktionspreisniveau hatten einigen können, trafen sich die Herren L.Q., M., L., I.B., G.X. und A. am Sitz der Nebenbetroffenen am 28.08.2007 zur Aussprache und Diskussion über die Verbesserung ihrer Zusammenarbeit bei der Preismoderation.
105n) Preisdiskussion am 11.01.2008
106Anlässlich des Gesprächs über die Zusammenarbeit im Jahr 2008 am Sitz der Nebenbetroffenen am 11.01.2008 diskutierten die Herren M., L., G.X. und A. über die von N.1 moderierten Verkaufspreisführungen im Jahr 2007 und eine von den Herren M. und L. geforderte, künftig grundsätzlich geltende Stückprämie bei einem von der Nebenbetroffenen zu zeigenden Aktionspreis von 2,79 € pro 500-g-Packung Filterkaffee. Thema war auch die künftige Aktionspreisführung des Handels im Allgemeinen und der Nebenbetroffenen im Besonderen. Herr L. bezweifelte, dass es N.1 gelingen werde, höhere Aktionspreise im Handel bis Ostern flächendeckend zu etablieren.
107o) Preisdiskussionen am 28. und 29.02.2008
108Anlässlich eines Besuchstreffens am Sitz der Nebenbetroffenen am 28.02.2008 diskutierten die Herren L. und A. die Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen zu Ostern. Dabei teilte Herr L. mit, dass die Nebenbetroffene die Vermarktung der 500-g-Packung X. Filterkaffee in Hinsicht auf die jüngste Aktionspreisentwicklung im Handel mit einem Aktionspreis von 2,99 € plane, womit Herr A. nicht einverstanden war. Alternativ stellte Herr L. eine Vermarktung mit 3,29 € gegen Zahlung der gewohnten Stückprämie auf Abverkauf in Aussicht. Beide Herren vereinbarten hierzu ein weiteres Telefonat am 29.02.2008, das sie auch führten und ihre Standpunkte ohne finale Einigung erneut austauschten, in dem Herr L. aber erklärte, dass die Nebenbetroffene „zu 99 %“ einen Preis von 3,29 € zeigen werde. Tatsächlich vermarktete die Nebenbetroffene X. Filterkaffee in der Osterwerbung der Kalenderwoche 12 zu dem von Herrn L. mit hoher Wahrscheinlichkeit in Aussicht gestellten Aktionspreis von 3,29 € für die 500-g-Packung.
109p) Auflösung der Grundeinigung im Mai 2008
110Aufgrund bekannt gewordener Ermittlungsaktivitäten des Bundeskartellamts im Lebensmittelsektor stellte N.1 die Preismoderation im Handel im Mai 2008 ein. Mit der Einstellung der allgemeinen Preismoderation löste N.1 auch die Grundeinigung mit der Nebenbetroffenen. Als Folge der Auflösung der Grundeinigung endeten auch die Umsetzungshandlungen der Nebenbetroffenen.
111B. Beweiswürdigung
112Der Senat ist von der Richtigkeit des geschilderten Sachverhalts überzeugt. Die bestreitende Einlassung der Nebenbetroffenen zum Tatvorwurf ist widerlegt. Der Erhebung der von der Verteidigung beantragten oder angeregten weiteren Beweismittel, seien es neue Zeugen oder Schriftstücke, seien es die erneute Vernehmung von Zeugen oder die Verlesung vorgehaltener Schriftstücke, sind zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich.
113Im Einzelnen:
114I. Die Nebenbetroffene
115Die Feststellungen zur Entstehung der Nebenbetroffenen und zu ihren Geschäftsführern beruhen auf den Auszügen aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Hannover, HRB … und HRB ….
116Die Feststellungen zu den Gesellschafterverhältnissen beruhen
117in Hinsicht auf die B. auf dem Ausdruck mit der Überschrift „Die Deutsche Handelsdatei S.1 (Kundensteckbrief)“,
118in Hinsicht auf die S.1 Beteiligungs GmbH auf dem Auszug aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Hannover, HRB ….
119Die Feststellungen zum Sortiment der Nebenbetroffenen beruhen auf dem Ausdruck der unternehmenseigenen Website http://www..../Unternehmensportrait/... vom 28.07.2017 nebst der S.1-Unternehmensbroschüre mit der Überschrift „Das Unternehmen 2017“, welche das Sortiment darstellen und erläutern.
120Die Feststellungen zum Ausbau des Filialnetzes der Nebenbetroffenen bis Ende 2008 und zu ihren Unternehmensakquisitionen folgen aus dem Ausdruck mit der Überschrift „Die Deutsche Handelsdatei, S.1“ (Kundensteckbrief), aus dem sich die Übernahmen in Hinsicht auf die Unternehmen L.6 und L.3 ergeben, und aus der S.1-Unternehmensbroschüre mit der Überschrift „Das Unternehmen 2017“, aus dem sich Übernahmen in Hinsicht auf die Unternehmen S.2 und L.2 ergeben.
121Die Feststellungen zu den Aufgabenverteilungen innerhalb der Geschäftsführung der Nebenbetroffenen beruhen auf der Aussage des Zeugen L.Q. und den Angaben des Geschäftsführers E.S.. Herr L.Q. hat bekundet, dass er schon für die Rechtsvorgängerin der Nebenbetroffenen tätig gewesen sei, bis zum Jahre 1998 Einkaufsleiter und sodann Geschäftsführer geworden sei, wobei es im Tatzeitraum die genannten drei Geschäftsführer mit den genannten Zuständigkeiten gegeben habe. Herr E.S. hat ergänzend angegeben, dass er seit 25 Jahren nichts mehr mit dem Einkauf zu tun habe.
122Die Feststellungen zu den unterhalb der Ebene der Geschäftsführung handelnden Managern im Ressort Einkauf mit Zuständigkeit für den Sortimentsbereich Kaffeeprodukte beruhen
123in Hinsicht auf ihre Aufgaben und ihren Tätigkeitsbeginn auf den Aussagen der Herren N.Q., M. und L.,
124in Hinsicht auf Herrn N.Q. außerdem auf einer Ablichtung des Schreibens der Nebenbetroffenen an Herrn N.Q. vom 26.09.1996 mit dem Betreff "Änderung des Anstellungsvertrags", in dem die Verlängerung der Kündigungsfrist vereinbart ist, ferner auf einer Ablichtung des Anstellungsvertrags zwischen der Rechtsvorgängerin der Nebenbetroffenen und Herrn N.Q. vom 22.03.1994, aus dem sich der Beginn seiner Tätigkeit ergibt, nebst Anlage, in der eine zukünftige mögliche Änderung des Aufgabengebietes von Herrn N.Q. angesprochen ist,
125in Hinsicht auf Herrn M. außerdem auf einer Ablichtung des Anstellungsvertrags zwischen der Nebenbetroffenen und Herrn M. vom 03.06.2002, aus dem sich der Beginn der Tätigkeit des Herrn M. nach seiner Rückkehr von der Drogeriemarktkette T.1 ergibt.
126Die Feststellungen, dass die Einkaufsleiter N.Q. und M. die unmittelbaren Vorgesetzten von Herrn L. waren, dieser einer von mehreren Category Managern war und die Position des Category Managers bei der Nebenbetroffenen in den 1990er Jahren zur Schaffung einer flacheren Personalhierarchie unter Zusammenlegung der Positionen des Sortimentsbereichsleiters und des Sortimentsmanagers entstanden war, und dass Herr M. seine Tätigkeit bei der Nebenbetroffenen noch in der Position des Sortimentsbereichsleiters begonnen hatte, beruhen auf den Aussagen der Herren M. und N.Q., die dies bekundet haben, und zusätzlich auf den ihnen vorgehaltenen und überdies in die Hauptverhandlung eingeführten Organigrammen der Nebenbetroffenen Stand 28.07.2006 und 03.08.2006.
127Die Feststellungen, dass es zu den Aufgaben des Herrn L. als Category Manager gehörte, mit den Lieferanten die Einkaufspreise zu verhandeln, die Platzierung der von ihm verwalteten Sortimente im Regal zu bestimmen, die Verkaufspreise zu kalkulieren, die Margen und Werbeaktivitäten zu planen und in seinem Zuständigkeitsbereich über die Listung oder Auslistung von Artikeln zu entscheiden, und dass er gemeinsam mit den jeweiligen Einkaufsleitern die Jahresgespräche mit den Lieferanten führte, beruhen auf den übereinstimmenden Aussagen der Herren L., N.Q. und M..
128Die Feststellungen, dass die Nebenbetroffene ihre Hauptwerbung mit mehrseitigen Werbeprospekten alle zwei Wochen bundesweit und im Wechsel dazu ihre Sonderwerbung mit doppeltbedruckten Werbeblättern im DIN A3-Format betrieb, beruhen auf der Aussage des Werbeleiters C.N., der dies bekundet hat, ferner auf den damit übereinstimmenden Angaben des Geschäftsführers S.S. und auf den in die Hauptverhandlung eingeführten kalendarischen Übersichten der Nebenbetroffenen mit den Bezeichnungen „Werbeplanung 2006“, „Werbeplanung 2007“, „Werbeplanung 2008“, die die Planungen der Haupt- und Sonderwerbungen der Nebenbetroffenen in den Jahren 2006, 2007 und 2008 zeigen, sowie, exemplarisch, auf den Abdrucken eines vollständigen Werbeprospekts der Hauptwerbung mit der Bezeichnung „S.1 Maxi Qualität für Ihre Minis!“, gültig ab dem 24.01.2005, sowie des Werbeblatts der Sonderwerbung mit der Bezeichnung „S.1 Spezial“, gültig ab dem 31.01.2005.
129Die Feststellungen zur Zusammensetzung, Funktion und Tätigkeit des Werbeausschusskreises beruhen auf den übereinstimmenden Aussagen der Herren L.Q., N.Q., M., L. und C.N., die entsprechend bekundet haben, und den damit übereinstimmenden Angaben des Geschäftsführers S.S., der ergänzend ausgeführt hat, dass heutzutage vor einer Sitzung des Werbeausschusskreises „zu 99,9 %“ feststehe, welche Artikel zu welchen Preisen in die Werbung genommen werden, der Werbeausschusskreis von daher ein „Abnickgremium“ sei und er davon ausgehe, dass dies vor seinem Eintritt in das Unternehmen im Jahr 2014 nicht anders gewesen sei. Dies bestätigend hat der Zeuge N.Q. ausgesagt, dass jeder Category Manager sich die Preise für sein Sortiment vorher überlegt habe und die diesbezüglichen Einzelheiten nicht in die Besprechung des Werbeausschusskreises gepasst hätten.
130II. Die N.2
131Die Feststellungen zu den geschäftlichen Verhältnissen der N.2 und ihrer Verschmelzung auf die N.5 ergeben sich aus den Handelsregisterauszügen für die N.2, Amtsgerichts Bremen - HRB … und HRB …, und dem Handelsregisterauszug für die N.5, Amtsgericht Bad Oeynhausen - HRA ….
132Die Feststellungen zu den unternehmerischen Aktivitäten der N.2 und der Einführung des zentralen Key Account Managements beruhen auf den Aussagen der Herren U. und D..
133Die Feststellungen zu den für N.1 handelnden Vertriebsverantwortlichen, ihren Zuständigkeiten und Kompetenzen beruhen auf den Aussagen der Herren G.X., U., D. und A. sowie der Frau C..
134III. Die Struktur des Röstkaffeeabsatzes in Deutschland
135Die Annahmen zur Struktur des Röstkaffeeabsatzes in Deutschland unter A. III. beruhen auf den Bekundungen des Vertriebsleiters G.X., der insbesondere
136die Strukturen des direkten und indirekten Vertriebs,
137die Strukturen, Gepflogenheiten und Wettbewerbsbedingungen der davon berührten Märkte, allem voran die Bedeutung und Entwicklung der den Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen zukommenden Nachfragemacht,
138die Einflussfaktoren für die Preissetzung der Kaffeeröster
139und die nationale Ausdehnung der Beschaffungs- und Endabsatzmärkte sowie deren wirtschaftliche Verbundenheit
140wie festgestellt geschildert hat, und dessen Bekundungen durch die Aussagen der Zeugen U., D. und A. von ihrer Warte als Key Account Manager bestätigt worden sind.
141Die Umstände, dass die allgemein starke Frequenzwirkung von Filterkaffee den Effekt hatte, dass sein Absatz mittelbar auf die Erträge in den anderen Warensortimenten und damit auf den wirtschaftlichen Gesamterfolg der Handelsunternehmen durchgriff, dass entsprechend die Preisführung von Filterkaffee stets im Fokus der Handelsunternehmen stand und preisaggressive Vermarktungen geeignet waren, scharfe wettbewerbliche Gegenreaktionen bis hin zu Preisabwärtsspiralen auszulösen, dass es dabei dem nachfragemächtigen Handel gelang, entstehende Spannenverluste bei den Kaffeeröstern finanziell hereinzuholen, andererseits die Kaffeeröster Rohstoffpreiserhöhungen nur unter großen Schwierigkeiten an die Handelskunden weitergeben konnten, weil diese unter dem Gesichtspunkt des Verlustes von Frequenzwirkung kein Interesse an preiserhöhenden Signalen hatten und sich Verluste durch Verkaufspreiserhöhungen von den Kaffeeröstern bezahlen ließen, haben insbesondere die Herren G.X. und A. überzeugend und übereinstimmend bekundet. Die Umstände, dass sich auch die Nebenbetroffene die Wirkung von Filterkaffee als Frequenzartikel zu Nutze machte, zunächst fokussiert auf Filterkaffee von N.1, später auch von E.1, haben die Zeugen L.Q. und N.Q. bekundet. Herr N.Q. hat von seiner Warte als langjähriger Marketingleiter der Nebenbetroffenen zu deren Beweggründen erläutert, dass Filterkaffee nicht so ohne Weiteres von den Endverbrauchern habe substituiert werden können, wenn diese nicht gerade Tee-Trinker gewesen seien. Die Kunden seien in Bezug auf Filterkaffee sehr preissensibel gewesen, preisgünstiger Filterkaffee habe sie in die Verkaufsstellen geholt und andere Einkäufe ausgelöst. Allerdings hätten die Kunden Filterkaffee auch bei den großen Vollsortimentern wie z.B. S.3, S.2, F.1, aber auch bei der Drogeriemarkt-Kette T.1 eingekauft. Auf Preisveränderungen am Endabsatzmarkt habe die Nebenbetroffene ihre eigenen Verkaufspreise für Filterkaffee an die Preise der Wettbewerber anpassen müssen. Herr L.Q. hat geschildert, dass er X.-Filterkaffee neben anderen Sortimentsartikeln (u.a. Persil, Schauma Shampoo, Pampers, Nivea Creme, Odol) zum wichtigsten Zugartikel etabliert habe, der von der Nebenbetroffenen aus diesem Grunde in Haupt- und Sonderwerbungen im zweiwöchigen Wechsel fast ganzjährig zu Aktionspreisen vermarktet worden sei.
142IV. Zum Kaffeeröster-Kartell und X.-Preislenkungssystem
143Die Feststellungen zum sogenannten Kaffeeröster-Kartell unter A. IV. beruhen auf den Bekundungen des Zeugen G.X., der in seiner Vernehmung vor dem Senat die Existenz, Motive, Funktionsweise und Wirkungen dieses Kartells einschließlich seines eigenen Tatbeitrages ausführlich, glaubhaft und überzeugend bekundet hat. Seine Angaben stimmen überein mit dem im Urteil des Senats vom 10.02.2014, Aktenzeichen V – 4 Kart 5/11 (OWi), dargestellten Sachverhalt.
144Die zum X.-Preislenkungssystem unter A. V. festgestellten Umstände, dass N.1 unter ihrem früheren Geschäftsführer I. und in der Amtszeit des damaligen Vertriebsleiters U.1 im Zuge der Einführung eines zentralen Key Account Managements an ihrem Hauptsitz in … dazu überging, in bilateralen Kooperationen mit ihren Handelskunden die Ladenverkaufspreise einvernehmlich national abzustimmen mit dem Ziel einer Beruhigung des Wettbewerbs im Wege einer Win-Win-Situation für Industrie und Handel, beruhen insbesondere auf den Aussagen der Zeugen U. und G.X.. Herr G.X. hat hierzu ausgesagt, dass es für die Kaffeeröster immer auch um die Wahrung und Fortschreibung der tradierten Preisarchitektur gegangen sei. So habe eine Erhöhung der Einkaufspreise für den Rohkaffee um beispielsweise 0,50 € in die Preisarchitektur übertragen werden müssen und diese wiederum in die Verkaufspreise der Markenkaffees auf der Endabsatzstufe. Aber auch der Handel habe ein Interesse an der Wahrung der tradierten Preisarchitektur gehabt. Diesem sei es darum gegangen, dass die neuen Endverkaufspreise architekturkonform und gleichförmig im Markt verankert worden seien. Es sei eine „gelebte Praxis“ gewesen, dass ca. drei bis vier Wochen nach der Abgabepreiserhöhung ein einheitliches neues Endverkaufspreisniveau habe gelten sollen. Deshalb habe N.1 darauf hingewirkt, dass geplante Aktionen mit der 500-g-Packung X. Filterkaffee auf einen Zeitpunkt nach Ablauf einer mehrwöchigen Karenzzeit verschoben worden seien.
145Die Feststellungen, dass die Moderation durch N.1 im Einzelnen auf der Offenlegung, Sammlung, Diskussion und Auswertung der internen Preisplanungen sowie deren Weiterverwendung in den Gesprächen mit den teilnehmenden anderen Handelskunden beruhte, und dass hierzu die Vertriebsverantwortlichen von N.1 spätestens ab dem Jahr 1999 fortlaufend Gespräche und Diskussionen mit den Einkaufsabteilungen der Handelskunden über den zu zeigenden Ladenverkaufspreis führten, dass am Ende dieser Gespräche ein national abgestimmter Ladenverkaufspreis stand, der von N.1 und seinen Handelskunden als marktgerecht anerkannt wurde und von N.1 für seine weiteren Moderationen als Grundlage verwendet werden konnte und sollte, und dass auf diese Weise für das Produkt X. Filterkaffee in der 500-g-Packung systematisch konkrete Regal-, Dauerniedrig- und Aktionspreise für bestimmte Zeiträume national abgestimmt wurden, wobei die besonders unruhestiftenden Aktions- und Dauerniedrigpreise im Mittelpunkt standen,
146beruhen auf den Aussagen der Zeugen G:X., U., D., A. und C., die all dies ausführlich, übereinstimmend und überzeugend bekundet haben. So hat Herr G.X. ausgesagt, dass N.1 sich mit den Handelspartnern immer über die preisbezogene – so der Zeuge wörtlich – „Groß-Wetterlage“ ausgetauscht habe, also über frühere, aktuelle und zukünftige Verkaufspreise. Ungeachtet der ohnehin bestehenden Lieferbeziehung sei bei allen Kontakten der Aktionspreis das Hauptthema gewesen. Herr D. hat bekundet, es „stimme absolut auch für seine Tätigkeit“, dass er sich über die vergangenen, aktuellen und künftigen Listenverkaufspreise und Aktionspreise für X. Filterkaffee fortlaufend mit dem Handel ausgetauscht habe. Er habe die Handelskunden mit schwierigen diversifizierten Vertriebslinien betreut. Über die Preise sei bei fast jedem Kundenkontakt gesprochen worden. Frau C. hat ausgesagt, dass das Thema „Aktionspreise“ immer wieder aufgetaucht sei. Der „richtige“ Endverkaufspreis sei ihr vornehmlich durch Herrn G.X. vermittelt worden. Es sei in den Jahren ihrer Tätigkeit bei N.1 bis zum Frühjahr 2008 um die Gleichförmigkeit der Endverkaufspreise im Handel gegangen. Sie habe dieses Modell schon so vorgefunden, es sei für sie etwas ganz Neues gewesen. In ihrer vorherigen Berufspraxis als Key Account Managerin sei es vollkommen unüblich gewesen, dass man mit den Handelskunden über deren Endverkaufspreise auch nur gesprochen hätte. Herr U. habe sie eingearbeitet; dessen Information über die Vorgehensweise habe sie aufgenommen und übernommen. Herr U. hat in Hinsicht auf die Gesprächsinhalte bestätigt, dass es in den Gesprächen mit allen von ihm betreuten Handelskunden und schließlich auch mit der Nebenbetroffenen immer um die Verkaufspreise gegangen sei. Man habe alle Verkaufspreise besprochen, historische, aktuelle und zukünftige Preise. Bei den Aktionspreisen habe indes „die Musik gespielt“, um diese sei es ganz besonders gegangen.
147Die Feststellungen, dass zwischen den vereinbarten Aktionspreisen und den vereinbarten Stück- oder Einmalprämien stets ein fester wechselbezüglicher Zusammenhang bestanden habe, haben insbesondere die Herren A. und G.X. überzeugend und übereinstimmend bekundet. Herr A. hat ausgesagt, sie, Herr U. und er selbst, hätten nahezu in allen Gesprächen mit den Repräsentanten der von ihnen betreuten Handelskunden über deren künftige Aktionspreise gesprochen. Wenn es dabei um eine von N.1 zu zahlende Stück- oder Einmalprämie gegangen sei, habe stets ein klarer Zusammenhang zwischen dem künftigen Aktionspreis und der Prämie bestanden, das heißt: die Prämie sei immer für die Vermarktung von X. Filterkaffee zu einem bestimmten Aktionspreis vereinbart worden. Herr G.X. hat diese Aussage bestätigt und ergänzt, es habe stets den klaren Wunsch der Repräsentanten des Lebensmitteleinzelhandels nach der definitiven Benennung eines konkreten Aktionspreises durch N.1 gegeben; dabei hätten sie, die Repräsentanten des Lebensmitteleinzelhandels, von N.1 keine „Art von Menü“ erhalten, aus dem sie hätten frei wählen können, und dergleichen auch nicht erwartet. Den Umstand, dass N.1 sich mit seinen Handelspartnern über die Vermarktung zu bestimmten Aktionspreisen in bestimmten Zeiträumen immer wieder einigte, haben alle vernommenen Key Account Manager bekundet. Herr A. hat auf Nachfrage und Vorhalt des Senats für alle seine Key Account Kunden ausgesagt, am Ende solcher Gespräche, die sich teilweise über mehrere Treffen und Kontakte hinweg erstreckt hätten, sei man sich „einig gewesen“. Abseits von dem seiner Ansicht nach mehrdeutigen Begriff der „Vereinbarung“ sei das faktische „Einig-sein“ eine treffende, „wunderbare Formulierung“ dafür. Das gelte auch in Hinsicht auf seine Kontakte mit den Verantwortlichen der Nebenbetroffenen.
148Der Senat hat davon abgesehen, zu diesem Geschehen auch die Repräsentanten von Handelskunden als Zeugen zu vernehmen. Der Vertriebsleiter G.X. und die Key Account Manager U., D., A. sowie C. haben hierzu und zu den von ihren Handelskunden unmissverständlich geäußerten Interessen, gestützt und bestätigt durch Unterlagen und Besuchsberichte, umfassend ausgesagt. Sie haben überzeugend und übereinstimmend auch bekundet, dass die Interessen der von ihnen betreuten Key Account Kunden einerseits sowie von N.1 andererseits darin übereinstimmt hätten, dass der Preiswettbewerb des Handels im Hinblick auf das Produkt X. Filterkaffee nachhaltig und möglichst ohne Ausreißer habe gedämpft werden sollen, um Spannenverluste zu vermeiden, die N.1 gegebenenfalls hätte ausgleichen müssen.
149Die Feststellung, dass N.1 seine Moderationstätigkeit durch ein Kontrollmanagement, das heißt durch eine laufende Überwachung der Preisführungen in den Verkaufsstellen der Handelskunden (Preistracking) und die Entgegennahme und Bearbeitung von Beschwerden über abweichende Handelskunden stützte, beruht auf den Aussagen der Herren G.X., U., D. und A. sowie der Frau C., die dies übereinstimmend geschildert haben.
150Der Umstand, dass die Verantwortlichen von N.1 bei einem Unterschreiten der zugesagten Ladenverkaufspreise um über 0,15 € regelmäßig intervenierten, stützt sich insbesondere auf die Aussage des Zeugen A.. Dieser hat anschaulich bekundet, dass die Repräsentanten der betreffenden Handelsunternehmen dann anboten, einen Brief an die N.3 zu schreiben, der ausgedrückt habe, dass es sich bei der Vermarktung um ein Versehen gehandelt habe. Herr A. hat ferner ausgesagt, dass dieser Brief den anderen Handelsunternehmen habe vorgelegt werden können und sollen, um möglichst zu vermeiden, dass diese auf die niedrigen Endverkaufspreise einstiegen. Auch die übrigen festgestellten Varianten der Intervention durch N.1 hat er glaubhaft und gut nachvollziehbar geschildert. Bestätigt wird seine Aussage durch die übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen U. und C.. Frau C. hat für ihre Tätigkeit ausgesagt, dass sie bei einer Unterschreitung der gemeinsam festgelegten Endverkaufspreise um 0,10 € bis zu 0,20 € noch nicht eingegriffen habe. Den Umstand, dass N.1 auch im Vorfeld intervenierte, wenn man vorab von der Absicht eines Handelsunternehmens erfuhr, deutlich unter dem moderierten Verkaufspreisniveau zu vermarkten, haben die Herren G.X. und D. sowie Frau C. übereinstimmend bekundet.
151Die Feststellung, dass die N.1-intern und teils auch extern so bezeichnete „Preispflege“ eine immer bedeutendere Rolle spielte, die bis in die Anstellungsverträge hineinwirkte, beruht auf den Bekundungen des Herrn G.X. und dem zwischen ihm und N.1 geschlossenen Anstellungsvertrag vom 03.08.2004 nebst Anlagen, sowie auf der Aussage des Herrn A. und dem zwischen ihm und N.1 geschlossenen Anstellungsvertrag nebst Funktionsprofil „Kundenmanagement der N.3-Vertrieb“, den Zielkarten 2007 und 2008 sowie der Ablichtung eines Dokuments bezeichnet als „Führungsgrundsätze der Unternehmensgruppe N.1“. In dem sogenannten Funktionsprofil wird als einer von mehreren Funktionszwecken die „Preisführung im Sinne der strategischen Ziele“ genannt. Des Weiteren ist eine von acht aufgeführten „Hauptaufgaben“ mit „Preispflege im Hinblick auf die von N.3 (Anmerkung des Senats: Abkürzung für „N.3“) empfohlenen Ladenverkaufspreise“ umschrieben.
152Die Umstände, dass N.1 mit den meisten wichtigen Handelskunden spätestens im Verlauf des Jahres 2003 vertikale Kartellvereinbarungen mit dem im Kern gleichen Inhalt geschlossen hatte, dass N.1 aus seiner Position als bundesweiter Lieferant von X. Filterkaffee durch geeignete Maßnahmen stabilisierend und steuernd, flankiert durch das langjährig bekannte Preisgefüge, auf eine gleichförmige nationale Ladenpreisführung für dieses Produkt hinwirkte und die Handelsunternehmen daran in einer offenen Diskussion teilnahmen und die moderierten Preisführungen gegenüber den Endverbrauchern umsetzten, gründen auf den überzeugenden Bekundungen des Herrn U., der dies ausgesagt hat. Seine Aussage wird durch das Schreiben des N.1-Geschäftsführers I.B. an Herrn L.Q. vom 16.07.2003 bestätigt, in dem Herr I.B. wörtlich konstatierte:
153„Wir haben weitestgehend Konsens mit allen unseren Handelspartnern in puncto vernünftige Preispolitik erzielen können.“
154Die Annahme, dass es N.1 spätestens um die Jahreswende 2004/2005 gelungen war, sämtliche wichtigen Handelskunden dauerhaft in die Preismoderation einzubinden, namentlich die hierzu unter A. V. genannten Unternehmen, stützt sich auf die Aussagen der für diese Unternehmen seinerzeit zuständigen Key Account Manager U. und D., die dies überstimmend für ihre Handelskunden geschildert haben.
155Die Feststellung, dass es N.1 weitgehend gelang, die Aktionspreise für X. Filterkaffee bis Pfingsten 2007 national flächendeckend auf dem von ihm moderierten Preisniveau zu halten, beruht auf den Aussagen der Herren G.X., U. und A., die dies bekundet haben.
156V. Die kartellrechtlichen Verstöße der Nebenbetroffenen
1571. Grundeinigung zur laufenden Preisabstimmung um die Jahreswende 2004/2005
158Die Umstände, dass die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen mit den Verantwortlichen von N.1 bis zum 13.01.2005 eine Einigung über die neue Verkaufspreisführung der Nebenbetroffenen trafen, welche durch die von N.1 unter dem 20.12.2004 mitgeteilten Erhöhung der Fabrikabgabepreise auf 1,14 Euro (brutto) angestoßen worden war [dazu nachfolgend a) und b)], und sie damit einhergehend um die Jahreswende 2004/2005 stillschweigend zu der gemeinsamen Grundübereinkunft kamen, im laufenden Informationsaustausch und Gespräch über die Verkaufspreisführungen der Nebenbetroffenen zu bleiben, dies zwecks ständiger Abstimmung insbesondere der Aktionspreise der Nebenbetroffenen in Bezug auf Höhe und zeitliche Einführung oder Änderung [dazu nachfolgend c)], ergeben sich aus Folgendem.
159a) Fabrikabgabepreiserhöhung vom 20.12.2004
160Der Umstand, dass die N.3 unter dem 20.12.2004 eine Erhöhung der Fabrikabgabepreise um 1,14 € (brutto) für die 500-g-Packung Filterkaffee durch gleichlautende Telefaxe ihren Handelskunden ankündigte, stützt sich auf die Aussagen der Herren U., G.X. und L. sowie auf den Abdruck des Telefax-Schreibens der Herren I.A. und G.X. vom 20.12.2004 mit dem Betreff „X. Kaffee - Preiserhöhung zum 21.12.2004“. Alle drei Zeugen haben auf Vorhalt des Schriftstücks bekundet, dass sie die darin angegebene Preiserhöhung erinnern. Nach den Aussagen der Zeugen U. und G.X. wurde dieses Schreiben - wie üblich - gleichlautend und zeitgleich per Telefax an alle Handelskunden von N.1 versandt, in Hinsicht auf die Nebenbetroffene an die Herren N.Q. und L., jeweils mit dem Adressvermerk „An unsere Geschäftspartner“, woraus sich allen Empfängern der Charakter als allgemeines Rundschreiben erschloss. Dass daraufhin in der Regel Verhandlungen über die Details geführt wurden und dies auch hier in Hinsicht auf die Nebenbetroffene der Fall war, folgt aus dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, den die genannten Zeugen U. und G.X. allgemein bekundet und für diese Preiserhöhung bestätigt haben.
161b) Preiseinigung nach dem 20.12.2004
162Die Feststellungen, dass die Herren N.Q., L. und U. aus Anlass der Erhöhung des Fabrikabgabepreises auch über die Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen diskutierten und sich bis zum 13.01.2005 darauf einigten, dass nach Streichung der für die Kalenderwoche 4 geplanten Aktion der neue Aktionspreis für die 500-g-Packung Filterkaffee ab der sechsten Kalenderwoche 2,99 € betrug und die Nebenbetroffene dafür einen Einmalbetrag von 80.000 € von N.1 erhielt,
163beruhen auf der Aussage des Herrn U.. Herr U. hat auf Vorhalt der – nach seinem Bekunden - von ihm diktierten und von seiner Assistentin in seinem Auftrag unterzeichneten Aktennotiz mit der Bezeichnung „Aktennotiz, S.1 … Telefongespräch 22.12.2004“ mit dem abschließenden Datum 28.01.2005 ausgesagt, dass er sich nach der Bekanntgabe der Abgabepreiserhöhung in einem Telefongespräch mit Herrn L. am 22.12.2004 über den Modus, nach einer mehrwöchigen Vermarktungspause ab der Kalenderwoche 6 einen neuen Aktionspreis zu zeigen, verständigt habe. Für die Aktionspreisführung habe er Herrn L. bei dieser Gelegenheit auch den Einmalbetrag von 80.000 € zugesagt. All dies habe er in der Aktennotiz festgehalten, in der es wörtlich heißt:
164„…
165Vereinbarung:
166Der Kunde erhält eine Unterstützung von 80,0 TE für die Ende Dezember gestrichene Aktion aufgrund der VK-Preisveränderung.
167…“.
168Zwar ist das Telefonat vom 22.12.2004 in der Aktennotiz vom 28.01.2005 ohne namentliche Nennung des für die Nebenbetroffene handelnden Herrn L. dokumentiert. Den Umstand, dass Herr U. das Telefonat am 22.12.2004 mit Herrn L. führte, hat Herr U. aber überzeugend damit begründet, dass Herr L. in dieser Zeit bei der Nebenbetroffenen „unser erster Ansprechpartner für alles“ gewesen sei, und es keinen Grund gebe, hier etwas Anderes anzunehmen. Auch den wesentlichen Inhalt des am 22.12.2004 geführten Telefonats hat Herr U. glaubhaft bekundet. Auf Vorhalt hat er plausibel ausgesagt, für den Umstand, dass der Aktenvermerk von seiner Assistentin erst nach rund fünf Wochen niedergelegt und unterschrieben worden sei, habe er keine Erklärung außer der, dass er die Aktennotiz diesbezüglich ohne nähere Weisung nur diktiert und dann in den Geschäftsgang gegeben habe. Zwar hat er auch bekundet, nicht näher erklären zu können, warum in der Aktennotiz vom 28.01.2005 die Streichung der Aktion in der Kalenderwoche 4 nicht erwähnt, sondern von einer „Ende Dezember“ gestrichenen Aktion die Rede sei. Jedoch hat er glaubhaft bekräftigt, dass Gegenstand des Telefonats unzweifelhaft eine Einigung mit Herrn L. gewesen sei, nämlich dass die Zahlung von 80.000 € für die Streichung einer Aktion und für die Änderung des Aktionspreises im Januar 2005 durch die Nebenbetroffene habe geleistet werden sollen und der Begriff „VK-Preisveränderung“ den Aktionspreis der Nebenbetroffenen gemeint habe. Der Vorgang sei für N.1 von Bedeutung und ihm als Mitarbeiter wichtig gewesen, er habe ihn zu Nachweiszwecken und eigenen Absicherung, aber auch zur Abrechnung für die Kundenakte festgehalten und keinen Grund gehabt, insoweit etwas Falsches zu dokumentieren. Zwar erscheint zweifelhaft, ob die Abstimmung über die Abgabepreiserhöhung und die neue Aktionspreisführung bei der Nebenbetroffenen schon am 22.12.2004 so weit fortgeschritten war, dass an diesem Tag eine finale Einigung über die Aktionspreisführung mit N.1 zustande kommen konnte, mag Herr L. in dem Telefonat vom 22.12.2004 gegenüber Herrn U. auch in der Sache gewiss aufgetreten sein, was Herrn U. bewogen haben mag, beim Diktat der Aktennotiz schon das Telefonat vom 22.12.2004 als eine finale „Vereinbarung“ festzuhalten. So fehlt in der Aktennotiz die Angabe des neuen Aktionspreises. Auch lässt der von Herrn U. verfasste Bericht über das Besuchstreffen am Sitz der Nebenbetroffenen am 13.01.2005 mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … 13. Januar 2005“ und dem abschließenden Datum 17.01.2005 erkennen, dass die Verhandlung über die Abgabepreiserhöhung zu Beginn des Treffens noch nicht abgeschlossen war. Indes lässt der Bericht ebenso erkennen, dass zwischen den Teilnehmern am Ende des Besuchstreffens Einigkeit über die Abgabepreiserhöhung und den in der Aktennotiz vom 28.01.2005 nicht erwähnten neuen Aktionspreis der Nebenbetroffenen herrschte. So heißt es in dem Besuchsbericht vom 17.01.2005 auszugsweise wie folgt:
169„…
170Zunächst brachte Herr N.Q. die sehr hohe Preiserhöhung bei X. Kaffee ins Gespräch. Unsere Erhöhung um 0,595 €/500g netto liegt über E.1, der nur 0,56 €/500g die Preise verändert hat. Die Diskussion wurde abgeschlossen, ohne eine Veränderung unserer Vorgehensweise, d.h. neue Preise und auch neue Konditionen ab 11.01.2005.
171…
1722. Vermarktung X. Kaffee
173Es ist weiterhin geplant, alle 14 Tage X. Kaffee national zu bewerben. ….
174Die geplanten Aktionen Ende Dezember + KW 4 wurden bereits im Gespräch im Dezember aufgrund der Preiserhöhung gestrichen.
175Ausgiebig wurde das Inserat KW 6 diskutiert. Aufgrund unserer Argumente und Informationen wurde vereinbart, dass X. Kaffee mit 2,99 € inseriert wird. Die weiteren Aktionen müssen rechtzeitig besprochen werden.
176Herr U.
177Als Unterstützung erhält der Kunde – wie am 22.12.2004 vereinbart – 80,0 T€ gegen Rechnung. Zusätzlich werden noch 51,4 to. altpreisig per Werksgutschrift an Herrn F.2 abgerechnet.
178Herr N.9
179Frau I.2
180Die Regalpreise werden in der KW 4 auf 3,69 € angehoben.
181...“
182(Unterstreichungen durch den Senat)
183Es fügt sich ein, dass der Einmalbetrag von 80.000 € und die Aktionsstreichungen in dem Besuchsbericht als bereits am 22.12.2004 vereinbart bezeichnet werden, der künftige Aktionspreis von 2,99 € für die nächste erreichbare Aktion in der Kalenderwoche 6 jedoch „ausgiebig diskutiert“ und erst „aufgrund unserer Argumente und Informationen“ vereinbart wurde.
184Unabhängig vom internen Beratungsstand bei der Nebenbetroffenen ist für das Verständnis der zeitlichen Abläufe bei dieser wie bei späteren Verkaufspreiseinigungen zwischen der Nebenbetroffenen und N.1 zu berücksichtigen, dass N.1 zwecks handelskundenweiter Abstimmung jeweils mit einer Reihe von Unternehmen parallel Einvernehmen erzielen musste, was naturgemäß eine gewisse Zeit beanspruchte, vor allem dann, wenn die Handelskunden auf damit im Zusammenhang stehende Abgabepreiserhöhungen erst einmal ablehnend reagierten. So hat der Vertriebsleiter G.X. bekundet, er könne sich nicht erinnern, dass der Handel eine Abgabepreiserhöhung nur zur Kenntnis genommen habe. Und die Key Account Managerin C. hat ausgesagt, dass eine von N.1 angekündigte Abgabepreiserhöhung mit den von ihr betreuten Handelskunden stets diskutiert werden musste.
185Soweit Herr U. in der Aktennotiz über das Telefonat vom 22.12.2004 und im Bericht über das Besuchstreffen vom 13.01.2005 die Streichung einer für Ende Dezember 2004 geplanten Aktion festhielt, die – so das Argument der Verteidigung – von der Nebenbetroffenen aber nicht geplant gewesen sei, steht dies der Aussage nicht entgegen, weil dies mit einem Irrtum des Herrn U. zu erklären ist. Denn auf Vorhalt hat Herr U. glaubhaft bekundet, dass ihm bei dem Telefonat am 22.12.2004 der Werbeplan der Nebenbetroffenen nicht vorgelegen habe. Diesen habe er nicht zu Rate ziehen müssen, weil ihn in der gegebenen Situation am 22.12.2004 zunächst einmal nur interessiert habe, überhaupt jede potentiell störende Vermarktung in Wegfall zu bringen, damit am Ende „die Zielpreise richtig wären“.
186Der Einwand der Nebenbetroffenen, die von Herrn U. verfasste Aktennotiz über das Telefonat vom 22.12.2004 und sein Bericht über das Besuchstreffen vom 13.01.2005 seien als N.1-interne Unterlagen beweisuntauglich, geht schon im Ansatz fehl. Eine Beweisregel, dass interne Unterlagen eines Geschäftspartners ohne Beweiskraft für das Geschäftsverhältnis seien, existiert nicht. Vielmehr kommt es für den Beweiswert – wie auch sonst – auf die Umstände des Einzelfalls an. So sind die Aktennotiz über das Telefonat vom 22.12.2004 und der Bericht über das Besuchstreffen vom 13.01.2005 im Zusammenhang mit der sich zu ihnen einfügenden Aussage des glaubwürdig bekundenden Zeugen U. zu würdigen und zusammen mit dessen Bekundungen von erheblicher Beweiskraft, zumal sie auch zu dem festgestellten Gesamtgeschehen zwanglos passen. Herr U., der von seinem Vorgesetzten G.X. als sehr zuverlässig beschrieben worden ist und der um die Jahreswende 2004/2005 seinem Ruhestand zum Ende des Jahres 2005 entgegensah, hatte keinen plausiblen Grund, etwas derart aus der Luft Gegriffenes, zudem leicht Aufdeckbares zu dokumentieren. Er selbst hat glaubhaft bekräftigt, dass er keinen Anlass gehabt habe, etwas Falsches zu notieren, etwa um für seinen Arbeitgeber die Erreichung von Zielvorgaben nachzuweisen.
187Der weitere Einwand der Verteidigung, der Bericht über das Besuchstreffen vom 13.01.2005 könne keine Streichung einer Aktion mit X. Filterkaffee in der Kalenderwoche 4 bestätigen, weil kostenneutrale Änderungen einer Haupt- oder Sonderwerbung eines längeren Vorlaufs vor Beginn der Aktion bedurft hätten, geht schon im Ausgangspunkt fehl, weil kurzfristigere Streichungen im vorliegenden Rahmen technisch möglich und bei kostendeckenden Ausgleich – hier sollte die Nebenbetroffene für die neue Aktionspreisführung insgesamt einen Betrag von 80.000 € erhalten – auch wirtschaftlich interessant waren. Ohnehin hatten die Herren U. und L. schon in ihrem Telefonat vom 22.12.2004 sämtliche im Januar 2005 als störend in Betracht kommenden Aktionen einvernehmlich gestrichen, also bereits vier Wochen vor Beginn der Kalenderwoche 4, wohingegen Änderungen der Werbeprospekte regelmäßig noch 17 Tage vor dem Beginn der Werbewoche kostenneutral möglich waren.
188Nach alledem steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Herren N.Q., L. und U., diese mit Wissen und Wollen ihrer Vorgesetzten, den Herren L.Q., I.B. und G.X., bis zum 13.01.2005 Einigkeit in Hinsicht auf die neue Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen von 2,99 € für die 500-g-Packung X. Filterkaffee ab der Kalenderwoche 6 unter Streichung vorheriger Aktionen erzielten. Dabei folgte ihre Einigung dem schon länger von N.1 praktizierten Strategieschema des Schreibens des Geschäftsführers I.B. vom 16.07.2003, wonach im Falle einer Preiserhöhung erst nach einer mehrwöchigen aktionsfreien „Ruhepause“ der neue Aktionspreis gleichförmig von allen Handelskunden gezeigt werden sollte, wie der nachstehend wiedergegebene Wortlaut des Schreibens verdeutlicht:
189„…
190Sehr geehrter Herr L.Q.,
191leider hatten wir bislang noch keine Gelegenheit, uns persönlich kennenzulernen. Ich bitte daher um Ihr Verständnis, dass ich mich auf diesem Wege mit der Bitte um Ihre Unterstützung an Sie wende.
192Der allgemeine Kostenanstieg hatte für die deutschen Kaffee-Röster erstmals wieder nach knapp 3 Jahren eine Preiserhöhung unausweichlich gemacht. Die erste Phase einer Preiserhöhung ist bekanntlich besonders sensibel, da alle Marktteilnehmer mit Argusaugen insbesondere die Aktionspreis-Entwicklung beobachten. Wir haben daher unsere national distribuierenden Handelspartner in intensiven Gesprächen dafür gewinnen können, in den ersten Aktionen nach einer 4-wöchigen „Ruhepause“ unseren Preisempfehlungen zu folgen.
193Diese neue Preispositionierung wurde in relevanten Vertriebslinien des Handels bereits umgesetzt; so z.B. im Bereich S.3 2,79 € in Woche 28 (Ausnahme 4 Häuser Raum …), F.3 2,79 in Woche 28, V.2 2,68 € in Woche 25, L.4 in Woche 27 2,69 €. Von dieser vorgeschlagenen Preisführung weichen nur einzelne lokale Vertriebsschienen ab.
194Gewiss, sehr geehrter Herr L.Q., die Industrie hat natürlich kein Recht, den Ladenverkaufspreis zu bestimmen. Einfluss allerdings sollten wir auf alle Fälle dennoch wahrnehmen, um keinesfalls eine so interessante Branche, wie es Kaffee für Handel und Industrie ist, durch eine unvernünftige Preispolitik zu Schaden kommen zu lassen.
195Wir haben weitestgehend Konsens mit allen unseren Handelspartnern in puncto „vernünftige Preispolitik“ erzielen können. Natürlich wird es immer „Ausreißer“ geben.
196Im Vorfeld der Aktion in KW 29 baten wir um eine Korrektur des mit 2,49 € geplanten Preises und erklärten unsere Bereitschaft, evtl. anfallende Druckkosten mit 50.000,- € mitzutragen.
197Bereits die Aktion in KW 29 brachte uns viele kritische Anrufe seitens unserer Kunden. Diese bezweifeln, dass wir es mit der Preis- und Markenpflege ernst meinen und machen deutlich, dass sei bei wiederholten „Ausreißern“ bedeutender Wettbewerber, zu denen Ihr Haus ohne Zweifel gehört, die eigene Preisstrategie in Frage stellen werden. Dies wäre für alle Beteiligten wirtschaftlich sehr nachteilig.
198Meine herzliche Bitte an Sie, die Preisführung ab KW 31 auf 2,69 € zu verändern. An den zusätzlich entstehenden Druckkosten würden wir uns ggf. einmalig beteiligen.
199Bitte unterstützen Sie uns in dem Bemühen, die vereinbarte Preiserhöhung im Handel zu Nutzen aller Beteiligten umzusetzen.
200Mit freundlichen Grüßen
201N.3
202I.A.
203P.S.
204Ich würde mich sehr gerne einmal persönlich bei Ihnen vorstellen und erlaube mir, Sie in den nächsten Tagen wegen der Abstimmung eines Besuchstermins anzurufen.“
205(Unterstreichung durch den Senat)
206Herr L. hat zwar eine Einigung über die Aktionspreisführung abgestritten. So hat er bekundet, der Betrag von 80.000 € sei nur eine Kompensation bzw. Abmilderung für die Erhöhung des Fabrikabgabepreises gewesen. Er habe keine Befugnis zur Streichung von Aktionen gehabt. Da es Herrn N.Q. und ihm aufgrund der Kräfteverhältnisse im Warenbereich Kaffee gegenüber N.1 nicht möglich gewesen sei, die Abgabepreiserhöhung mit Erfolg abzulehnen, habe er diese nur möglichst weit aufschieben wollen, während Herr N.Q. versucht habe, Ausgleichsgelder zu verhandeln. Dieser Aussage folgt der Senat nicht. Abgesehen davon, dass Herr N.Q. die Bekundungen des Herrn L. mangels Erinnerung an den Vorgang nicht bestätigt hat, ist Herr L. in seinen Bekundungen zum Kerngeschehen des Tatvorwurfs nicht glaubwürdig gewesen. Zudem ist seine Aussage widerlegt durch die Bekundungen der Herren U. und G.X.. Beide Zeugen haben übereinstimmend und überzeugend ausgesagt, dass die Zahlung des Betrages von 80.000 € für die Aktionspreisführung im Januar 2005 einschließlich der Aktionspreisanhebung auf das neue Aktionspreisniveau um 2,99 € an die Nebenbetroffene vereinbart worden sei. Herr U. hat ferner wiederholt bekräftigt, dass es in dem Telefonat am 22.12.2004 im Einvernehmen mit Herrn L. sehr wohl darum gegangen sei, dass die Aktionspreisanhebung nach einer Ruhepause von drei bis vier Wochen von allen Handelspartnern gleichzeitig und gleichmäßig umgesetzt werden sollte und keiner der Handelspartner in dieser Karenzzeit mit zu niedrigen Aktionspreisen hervortreten und dadurch die gleichförmige Etablierung des neuen Aktionspreisniveaus in Gefahr bringen sollte. Es habe sich um eine damals typische Denk- und Vorgehensweise nach Preiserhöhungen gehandelt.
207Die Feststellung, dass die Nebenbetroffene – wie zugesagt – ab der Kalenderwoche 6 bis zur Kalenderwoche 19 die 500-g-Packung X. Filterkaffee zu dem abgesprochenen Aktionspreis von 2,99 € vermarktete, stützt sich auf die jeweiligen Seiten 1 der Werbeprospekte der Hauptwerbungen der Nebenbetroffenen, gültig ab dem 07.02.2005 für die Kalenderwoche 6, dem 21.02.2005 für die Kalenderwoche 8, dem 07.03.2005 für die Kalenderwoche 10, dem 21.03.2005 für die Kalenderwoche 12, dem 04.04.2005 für die Kalenderwoche 14, dem 18.04.2005 für die Kalenderwoche 16 und dem 02.05.2005 für die Kalenderwoche 18 sowie auf die Werbeblätter der Sonderwerbungen der Nebenbetroffenen, gültig ab dem 29.03.2005 für die Kalenderwoche 13, dem 11.04.2005 für die Kalenderwoche 15, dem 25.04.2005 für die Kalenderwoche 17 und dem 09.05.2005 für die Kalenderwoche 19, die alle den Vermarktungspreis von 2,99 € für die 500-g-Packung X. Filterkaffee zeigen. Vor der Einigung hatte die Nebenbetroffene noch niedrigere Aktionspreise gezeigt, so 2,22 € ausweislich der Werbeblätter gültig ab dem 03.01.2005 für die Kalenderwoche 1 und dem 17.01.2005 für die Kalenderwoche 3 sowie 2,29 € ausweislich der Seite 1 des Werbeprospektes gültig ab dem 10.01.2005 für die Kalenderwoche 2.
208c) Stillschweigende Grundeinigung
209Die Annahmen, dass mit der Einigung über die Aktionspreisführung per 13.01.2005 eine von den Herren N.Q., L. und U. mit Wissen und Wollen der Herren L.Q., G.X. und I.B. getroffene Willensübereinkunft stillschweigend einherging (Grundeinigung), von nun an im ständigen Informationsaustausch und Gespräch über die Verkaufspreisführungen der Nebenbetroffenen zu bleiben, dies zwecks Abstimmung und Einigung insbesondere auf die als marktgerecht erachteten Aktionspreise der Nebenbetroffenen für die 500-g-Packung X. Filterkaffee, dies wiederum zwecks Dämpfung des Preiswettbewerbs im Handel für dieses Produkt, beruhen auf folgenden Umständen und Erwägungen:
210aa) Wettbewerblich unnormale Annäherung als Vorstufe
211Für die das X.-Preislenkungssystem seit den Jahren 1999 bzw. 2000 betreibenden Herren I.B., G.X. und U. lag die verlässliche Einbindung der Nebenbetroffenen zur Optimierung der Preismoderation schon immer auf der Hand. Entsprechendes haben die Zeugen G.X. und U. übereinstimmend bekundet. Für die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen, die Herren L.Q., N.Q. und L., war die Einbindung der Nebenbetroffenen hingegen nach einer Zeit des Zögerns und der Ambivalenz erst der Schlusspunkt einer kontinuierlichen Annäherung.
212Spätestens im Jahr 2003 war den Herren L.Q., N.Q. und L. bekannt geworden, dass N.1 mit ihren Handelskunden eine systematische Verkaufspreismoderation betrieb. Herr L. hatte dies im Tagesgeschäft durch Herrn U. erfahren, der vor dem Senat ausgesagt hat, dass es ihm bereits im Jahr 2003 wiederholt gelungen sei, mit Herrn L. persönlich über die richtigen Aktionspreise zu diskutieren. Mit Blick auf die Verhältnisse und Arbeitsweise im Einkäuferteam der Nebenbetroffenen steht fest, dass Herr L. darüber mindestens seinen unmittelbaren Vorgesetzten N.Q. informierte und dieser wiederum seinen Vorgesetzten L.Q.; diesbezügliche Alleingänge von Herrn L. oder Herrn N.Q. schließt der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aus. Im Einkäuferteam herrschte eine enge, offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit, insbesondere was das Produkt X.-Filterkaffee anging [dazu B. V.1.e)].
213Der Umstand, dass es solche Annäherungskontakte zwischen N.1 und der Nebenbetroffenen im Jahr 2003 gab, wird bestätigt durch den Inhalt des oben wiedergegebenen Schreibens des Geschäftsführers I.B. an Herrn L.Q. vom 16.07.2003, ohne dass festgestellt werden konnte und musste, ob dieses Schreiben Herrn L.Q. zugegangen war. Darin führt Herr I.B. aus, dass es einen Moderations-Kontakt mit der Nebenbetroffenen in Hinsicht auf die Kalenderwoche 29 gegeben habe. Ferner schließt das Schreiben mit der Bitte an die Nebenbetroffene, für die Kalenderwoche 31 auf das moderierte Preisniveau einzuschwenken.
214Die Feststellung, dass die Annäherungskontakte in der Folgezeit nicht auf der First-Level-Ebene des Key Account Managers U. und des Category Managers L. beschränkt blieben, belegen die Ereignisse um das Schreiben des Geschäftsführers I.B. an den Geschäftsführer L.Q. vom 19.04.2004. Dem Schreiben war, wie der Zeuge L.Q. ausgesagt hat, vorausgegangen, dass die Nebenbetroffene in ihrer nationalen Werbung für die Kalenderwoche 17, also für die Verkaufstage vom 19.04. – 24.04.2004, X.-Filterkaffee zu einem Aktionspreis von 1,99 € pro 500-g-Packung vermarktet hatte. Dieser Aktionspreis lag deutlich unter dem von N.1 seinerzeit im Handel moderierten Aktionspreisniveau von 2,39 €. Auf den nach Ansicht von Herrn I.B. mit 1,99 € äußerst preisaggressiven Vorstoß der Nebenbetroffenen reagierte Herr I.B. mit jenem Schreiben vom 19.04.2004, das er – da offenbar als sehr eilbedürftig eingestuft – vorab per Fax an Herrn L.Q. übersandte. Darin führt er sinngemäß aus, dass sie doch ein sehr „kooperatives Gespräch“ am Sitz der Nebenbetroffenen geführt hätten, als dessen Ergebnis er gehofft habe, vor solchen Überraschungen gefeit zu sein, welche Hoffnung er insofern enttäuscht sehe, als er, I.B., am gestrigen Sonntagmorgen der Werbung der Nebenbetroffenen den aktuellen Aktionspreis von 1,99 € entnommen habe, worauf ihm, I.B., „schlichtweg das Brötchen im Hals stecken geblieben sei“, und er sich so sehr darüber geärgert habe, dass er auch in diesem Schreiben seine Emotionen nicht unterdrücken könne, da N.1 doch alles versucht habe, um nach Ostern die „Hammerpreise“ aus der Welt zu schaffen, wobei N.1 noch in der vergangenen Woche einen „Großen der Branche“ erfolgreich davon habe abhalten können, einen Aktionspreis von 2,19 € zu zeigen.
215Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
216- Foto zwecks Schwärzung entfernt –
217In seiner Vernehmung vor dem Senat hat Herr L.Q. den Erhalt des Schreibens vom 19.04.2004 bestätigt. Er hat die darin aufgeführten Tatsachen nicht in Abrede gestellt, auch nicht soweit das Schreiben Vorgänge erwähnt, an denen er selbst beteiligt war, namentlich nicht das von diesem so bezeichnete „kooperative Gespräch“ mit Herrn I.B.. Daraus folgt, dass die Herren L.Q. und I.B. im Vorfeld der Kalenderwoche 17 nicht nur ein „kooperatives Gespräch“ in Sachen Aktionspreisführung hatten, sondern dass Herr L.Q. durch das Schreiben vom 19.04.2004 von Herrn I.B. sogar schriftlich bekam, dass N.1 für seine Handelskunden die Aktionspreise moderierte und bei Abweichungen engagiert intervenierte, aufgezeigt an dem Beispiel „eines Großen der Branche“. Ferner erfuhr Herr L.Q. durch das Schreiben, dass Herr I.B. an einer Teilnahme der Nebenbetroffenen hoch interessiert war und nun von ihm, Herrn L.Q., einen Vorschlag erwartete, wie er anderen Handelskunden den preisaggressiven Vorstoß der Nebenbetroffenen in der Kalenderwoche 17 erklären sollte, womit Herr L.Q. sich faktisch mitten in der N.1-Moderation befand und sich in die Moderation auch eingebunden fühlen musste.
218Angesichts dieses zwischen zwei fremden Unternehmen persönlich und wettbewerblich höchst ungewöhnlichen Ansinnens des Herrn I.B. wäre zu erwarten gewesen, dass Herr L.Q. sogleich für klare – wettbewerblich normale – Verhältnisse sorgte, etwa mit Hinweisen, dass er Einmischungen bei der Ladenpreisgestaltung ablehne, er an der von Herrn I.B. insinuierten „berechenbaren Zusammenarbeit“ kein Interesse habe und dieser die Aktionspreise der Nebenbetroffenen auch künftig nur aus den Werbeprospekten erfahren werde. So verhielt sich Herr L.Q. indessen nicht. Im Gegenteil rief er, wie er vor dem Senat ausgesagt hat, Herrn I.B. am 21.04.2004 zurück und ließ ihn – so wörtlich –„alles noch mal erklären“ und seinen – letztlich wettbewerbsbedingten – „Schaden“ beklagen.
219Das Schreiben des Herrn I.B. war hingegen dann nicht ungewöhnlich, wenn es vorher tatsächlich ein „kooperatives Gespräch“ mit einer deutlichen Annäherung bei der Verkaufspreismoderation gegeben hatte. Von letzterem ist der Senat überzeugt. Dafür spricht nicht nur das fehlende inhaltliche Bestreiten des Herrn L.Q. in Hinsicht auf das Schreiben vom 19.04.2004 und die fehlende klare Abwehr gegenüber Herrn I.B., sondern auch der Umstand, dass Herr L.Q. in dem von ihm geschilderten Telefonat vom 21.04.2004 in der Sache einlenkte, indem er Herrn I.B. zwar nicht exakt die von der Nebenbetroffenen geplante Aktionspreisführung der nächsten Wochen verriet, wohl aber – wie er bekundet hat – Herrn I.B. mitteilte, dass die Nebenbetroffene den von Herrn I.B. als zu aggressiv kritisierten Aktionspreis von 1,99 € pro 500-g-Packung Filterkaffee in der übernächsten Woche nicht mehr zeigen werde. Schon diese Teilauskunft stellte die wettbewerblich unnormale Offenbarung eines geschäftlichen Geheimnisses durch Herrn L.Q. dar, und schon das Einvernehmen darüber, künftig nicht mehr 1,99 € zu zeigen, hatte die Qualität einer Vereinbarung über die Preisgestaltung. Den Umstand, dass dementsprechend Herr I.B. damit zufrieden war, denn damit ließ sich dritten Handelskunden zeigen, dass die Nebenbetroffene durch N.1 wieder auf Moderationslinie gebracht worden war, belegt das Schreiben von Herrn I.B. an Herrn L.Q. vom 21.04.2004, in dem Herr I.B. zum Ausdruck brachte, dass er sich freue, dass „wir wieder zu einer gemeinsamen Sichtweise zurückgefunden haben.“ Die Feststellung, dass N.1 in solcher Weise verfuhr, belegt das Schreiben der Herren G.X. und D. vom 20.04.2004 mit dem Betreff „Aktionspreis N.3 bei S.1“ an die N.6 und – gleichlautend – an die weiteren Handelskunden L.3, C.1, E.2, Y., V.2, H.3 und L.7, in dem es als eine Zwischeninformation sinngemäß heißt, dass man bei N.1 mit Entsetzen den Aktionspreis der Nebenbetroffenen von 1,99 € für X. Filterkaffee zur Kenntnis genommen habe, dieser Aktionspreis mit N.1 nicht abgestimmt gewesen sei und dass man sofort auf der Ebene der Geschäftsleitung interveniert und kurzfristig einen Gesprächstermin mit der Nebenbetroffenen vereinbart habe.
220Das vorbezeichnete Teileinvernehmen mit N.1 enthielt im Umkehrschluss den erklärten Verzicht der Nebenbetroffenen auf vorstoßenden Wettbewerb. Auch von daher ist der Senat überzeugt, dass Herr L.Q. und mit ihm die Herren N.Q. und L. zu diesem Zeitpunkt mindestens sehr dicht vor der von N.1 angestrebten Grundeinigung über die Teilnahme der Nebenbetroffenen an der Preismoderation standen. An dieser Überzeugung ändert auch die Aussage des Herrn L.Q. nichts, er habe mit seiner Zusage, dass die Nebenbetroffene den Aktionspreis von 1,99 € nicht mehr zeigen werde, Herrn I.B. nur „los werden wollen“. Denn auch dies bestätigt nur, dass Herr L.Q. die Bedeutung dieses Umstands für Herrn I.B. erfasst hatte und darauf einging. Um Herrn I.B. bloß „loszuwerden“, hätte es ausgereicht, die Diskussion über die künftige Preisstellung unter Hinweis auf die eigene Preisgestaltungsfreiheit abzulehnen.
221Soweit die Verteidigung in diesem Zusammenhang die Vernehmung des Herrn I.B. beantragt hat, ist dem nicht nachzugehen. Herr L.Q. hat widerspruchsfrei, glaubhaft und überzeugend den Inhalt des Telefonats vom 21.04.2004 mit Herrn I.B. so, wie festgestellt, bekundet. Seine gut nachvollziehbare Schilderung gibt keinen Anlass, Herrn I.B. von Amts wegen als Zeugen zu vernehmen; dies ist zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich.
222In der Zeit nach dem 21.04.2004 brachen die Gespräche der Verantwortlichen beider Unternehmen über die künftigen Aktionspreise der Nebenbetroffenen nicht ab. Im Gegenteil kam es am 18.10.2004 zu einem Besuchstreffen der Herren N.Q., L., G.X. und U. am Sitz der Nebenbetroffenen, über das es in dem von Herrn U. verfassten Bericht mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … 18. Oktober 2004“ und dem abschließenden Datum 19.10.2004 nach Nennung der teilnehmenden Herren N.Q., L., G.X. und U. auszugsweise wörtlich heißt:
223„…
224„Herr N.Q. informierte uns, dass N.3 der Haus + Hof Lieferant bei Kaffee ist und das soll auch so bleiben.
226…
227S.1 wird auch weiterhin 14-tätig X. Kaffee inserieren und dazwischen auch noch durch Sonderwerbungen das Produkt forcieren und als Frequenzbringer einsetzen.
228…
2293. Das 4. Quartal 2004
230…
231Einigung nach Diskussion: 450,0T€ Basis 1.500 to (0,15 €/500 g)
232Sollte sich die VK-Situation im Markt wesentlich nach unten verändern, werden wir sicherlich noch einmal „gefordert“.
233Regelmäßiger Erfahrungsaustausch diesbezüglich wurde zugesagt.
234…
2354. Das Jahr 2005
236…
237Die Herren wurden von uns noch um Unterstützung bei einer eventuellen Preiserhöhung im neuen Jahr gebeten (z.B. Aussetzen von Inseraten oder Inserate im Mittelteil der Handzettel).
238…“
239(Unterstreichungen durch den Senat)
240Der Bericht bestätigt, dass sich die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen im Jahr 2004 weiter auf dem Weg zur festen Einbindung in die von N.1 gesteuerte Preismoderation befanden. Zu dieser Entwicklung bildete die Preiseinigung nach dem 20.12.2004, die an die dokumentierte Bitte N.1 um Unterstützung am Ende des Berichts über das Besuchstreffen am 18.10.2004 anknüpfte, zur Überzeugung des Senats den folgerichtigen Abschluss, der dadurch gekennzeichnet war, dass von da an zwischen den Verantwortlichen von N.1 und der Nebenbetroffenen mindestens stillschweigend Einigkeit herrschte, dass die Nebenbetroffene bis auf Weiteres in die Preismoderation eingebunden war und daran teilnahm, bereit, in diesem Rahmen ihre eigenen Aktionspreisplanungen und -vorstellungen N.1 zu offenbaren, mit N.1 zu diskutieren und sich mit N.1 auf eine Aktionspreisführung zu verständigen sowie als Kehrseite hiervon auf preisaggressive Wettbewerbsvorstöße zu verzichten und ihre Preisgestaltungsfreiheit auf dem Endabsatzmarkt zu beschränken. Die Richtigkeit dieses Befundes bestätigen weitere wettbewerblich unnormale Verhaltensweisen, die jede für sich die Existenz der von der Nebenbetroffenen bestrittenen Grundeinigung indizieren [dazu bb)].
241bb) Wettbewerblich unnormale Verhaltensweisen als Indizien
242Die in der Hauptverhandlung festgestellten, von N.1 und der Nebenbetroffenen ab Januar 2005 gezeigten, nachfolgend dargestellten Verhaltensweisen indizieren und bestätigen jede für sich die zwischen den Unternehmen getroffene Grundeinigung. Im Einzelnen:
243(1) Austausch wettbewerbssensibler Informationen
244Die national aufgestellte Preislenkung forderte von N.1 eine ständige Prüfung und Justierung des zu kommunizierenden „marktgerechten Aktionspreises“. Für die Nebenbetroffene warf N.1 Filterkaffee als wichtiger Zugartikel fortlaufend die Frage nach dem „richtigen Aktionspreis“ auf. Der Gleichklang der Fragestellungen spiegelte sich in einer fortlaufenden Preisdiskussion beider Unternehmen wider. So brachten ihre Verantwortlichen in der Regel wöchentlich die künftigen Aktionspreise des Handels im Allgemeinen und der Nebenbetroffenen im Besonderen zur Sprache. Dies haben die Zeugen U. und A. glaubhaft und übereinstimmend bekundet. Die künftigen ebenso wie die geplanten und auch die nur erwogenen Aktionspreise betrafen indes zentral das Marktverhalten der Nebenbetroffenen und waren von daher hoch wettbewerbssensible Informationen im Stellenwert von Geschäftsgeheimnissen. Dies hat auch der Geschäftsführer der Nebenbetroffenen, Herr L.Q., in seiner Vernehmung eingeräumt. Umso augenfälliger ist, dass der diesbezügliche Diskurs und Informationsaustausch von den Verantwortlichen beider Unternehmen vollkommen unbefangen praktiziert wurde. Wer das Thema „Aktionspreise“ ansprach, musste sich dem anderen hierzu nicht näher erklären, umgekehrt wies keiner das Thema zurück. Beide Verhaltensweisen sind deutliche Indizien für den festgestellten Grundkonsens. Eine Ausnahme bildet eine E-Mail der Frau C.2, Assistentin des Herrn L., an Herrn A. vom 08.08.2007 mit folgendem Wortlaut:
245„Hallo Herr A.,
246folgende Nachricht übermittle ich Ihnen von Herr L.:
247über Aktionspreise sprechen wir nicht, da dies verboten ist.
248Aufgrund der aktuellen Aktionspreise sind bis auf weiteres keine X. Aktionen geplant. Die nächste Aktion mit X. wird frühestens in KW 36 stattfinden.“
249Indes offenbart die E-Mail nur das bei der Nebenbetroffenen vorhandene Unrechtsbewusstsein, während sie im Übrigen für die Fortdauer und Praktizierung der Grundeinigung folgenlos blieb, abzulesen daran, dass die Herren L. und A. bei ihren Vernehmungen vor dem Senat keine Erinnerung an die E-Mail der Frau C.2 hatten. Vielmehr hat Herr A. auf Vorhalt bekundet, die E-Mail der Frau C.2 habe nicht der Wirklichkeit entsprochen, weil man auch in jener Zeit immer weiter über die Verkaufspreise der Nebenbetroffenen gesprochen habe. Die E-Mail sei nur Ausdruck einer Zwischenphase der Spannungen gewesen. Tatsächlich fiel die E-Mail der Frau C.2 in eine Zeit, als die Tonlage der Kartell-Beteiligten rauer wurde, weil man sich nicht auf ein Aktionspreisniveau einigen konnte. Indes riss die Zusammenarbeit auch in dieser Zeit nicht endgültig ab, weil beide Seiten an ihr festhalten wollten. Die Krise und die Bemühungen zur Beilegung werden nachgewiesen durch den Bericht über das Besuchstreffen am Sitz der Nebenbetroffenen am 28.08.2007, an dem alle Kartellanten in großer Runde teilnahmen. So heißt es in dem von Herrn A. verfassten Bericht über das Besuchstreffen am 28.08.2007 nach Nennung der Teilnehmer, den Herren I.B., G.X., A., N.Q., M. und L., dass die „in Teilen sehr verbesserungsfähige Kommunikation im Vorfeld von Vermarktungsaktivitäten“ thematisiert worden sei. Und schon im Vorfeld dieses Besuchstreffens und darauf ausdrücklich Bezug nehmend wandte sich Herr I.B. in seiner E-Mail vom 18.06.2007 mit dem Betreff „Aktionspreis für X. Kaffee“ an Herrn N.Q. mit der Bitte, die Aktionspreisführung von 2,99 € auf 3,29 € pro 500-g-Packung X. Filterkaffee in der Kalenderwoche 27 anzuheben.
250Die Offenlegung der Aktionspreisplanung war für die Lieferbeziehung der beiden Unternehmen in keiner Weise notwendig, auch nicht für das Aushandeln von Werbezuschüssen aller Art. Soweit die Verteidigung geltend macht, N.1 habe sich die zukünftigen Aktionspreise der Nebenbetroffenen ganz einfach ausrechnen können, was gegen die Annahme des Austauschs wettbewerblich sensibler Informationen sprechen könnte, ist dem nicht zu folgen. Die Argumentation der Verteidigung überzeugt nicht, weil für die Verantwortlichen von N.1 trotz ihrer Kenntnis von den Fabrikabgabepreisen und den der Nebenbetroffenen gewährten Konditionen sowie deren Bemühen um einen günstigen Verkaufspreis für den Zugartikel sowie auch unter Einbezug des kartellrechtlichen Verbots des Verkaufs unter dem Einstandspreis dennoch stets erhebliche Unsicherheiten über die künftige Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen verblieben, dies unter folgenden Aspekten:
251- keine hinreichende Kenntnis über den Bezug von Dritten (sogenannte Brokereinkäufe),
252- keine hinreichende Kenntnis über den Bestand aus früheren Lieferungen mit unterschiedlichen Einkaufspreisen,
253- Unsicherheit aufgrund der verschiedenen Möglichkeiten zur Einrechnung gewährter Lieferanten-Zuschüsse; so hat der für die Kalkulation bei der Nebenbetroffenen zuständige Zeuge L. eingeräumt, pauschale Gelder bewusst nicht in seiner Kalkulation berücksichtigt zu haben, obwohl dies sachlich möglich gewesen wäre, und dass sich seine damalige Kalkulation in Hinsicht auf die Rückvergütungen auch von derjenigen der Verteidigung unterscheide, er ferner nicht bedacht habe, die Beträge für die Werbung in der Kundenzeitschrift D.2 einzubeziehen,
254- Unsicherheit in Hinsicht auf die Kartellrechtstreue der Nebenbetroffenen im Übrigen; immerhin befand man sich nach der Vorstellung der Verantwortlichen von N.1 in einem rechtswidrigen Kartell mit der Nebenbetroffenen, was die Frage aufwarf, wie wichtig der Nebenbetroffenen das kartellrechtliche Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis wirklich war,
255- Unsicherheit in Hinsicht darauf, wie viel die Nebenbetroffene ungeachtet ihres Bemühens um eine preisattraktive Vermarktung nicht doch als Deckungsbeitrag einbehalten wollte.
256Die angebliche Gewissheit N.1 über die künftige Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen folgt auch nicht aus den von Herrn L. bei seiner Vernehmung vor dem Senat hervorgehobenen Aktionspreisschwellen bei 2,79 €, 2,99 € und 3,29 € pro 500-g-Packung Filterkaffee. Diese Preisschwellen spielten absatzstrategisch nicht die von Herrn L. behauptete überragende Rolle, weil
257- die Nebenbetroffene tatsächlich auch zu anderen Aktionspreisen vermarktete, mögen die von Herrn L. genannten Preisschwellen auch häufiger gewählt worden sein, so zum Aktionspreis von 2,22 € in den Sonderwerbungen gültig ab dem 03.01.2005 und dem 17.01.2005, von 2,88 € in der Hauptwerbung gültig ab dem 21.05.2007, von 3,25 € in der Sonderwerbung gültig ab dem 05.02.2007 und in den Hauptwerbungen gültig ab dem 10.09.2007 und dem 24.09.2007,
258- die Nebenbetroffene schon im Jahr 2003 ausweislich der Seite 1 ihres Werbeprospektes, gültig ab 28.07.2003, und im Übrigen im gesamten Kartellzeitraum die Zugwirkung von X. Filterkaffee und damit die Attraktivität der beworbenen Aktionspreise maßgeblich dadurch herausstellte, dass sie die Aktionspreise mit prozentualen Vergleichen zum Normalpreis versah („X % billiger“).
259Außerdem war für N.1 durch nichts gesichert, dass die Nebenbetroffene uneingeschränkt an ihren bevorzugten Preisschwellen festhalten würde.
260Die von der Verteidigung behauptete Gewissheit und Steuerbarkeit der Preisführung bei der Nebenbetroffenen existierte somit nicht, wie im Übrigen auch Herr A. für sich selbst überzeugend bekundet hat. Auch für ihn kamen insoweit nur modellhafte Schätzrechnungen in Betracht, die er im Einzelfall angestellt haben mag, die ihm aber keine belastbare Gewissheit über die Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen verschafften. Ein Beleg für die Unkenntnis der Verantwortlichen von N.1 und die mangelnde Möglichkeit der Steuerbarkeit sind im Übrigen erneut die Vorkommnisse im April 2004. Von dem damals gezeigten Aktionspreis der Nebenbetroffenen in Höhe von 1,99 € für die 500-g-Packung X. Filterkaffee war der N.1-Geschäftsführer Herr I.B., wie dargelegt, so überrascht, dass er sich veranlasst sah, Herrn L.Q. zu fragen, wie es mit der Preisführung bei der Nebenbetroffenen nun weitergehen werde; und Herr L.Q. glaubte mit seiner Antwort an Herrn I.B. („Wir machen übernächste Woche die 1,99 € nicht mehr“) die vollständige geplante Preisführung vor ihm verbergen zu können. Auch kam Herr L.Q. nicht auf den Gedanken, Herrn I.B. zu entgegnen, dass er sich die Aktionspreise der Nebenbetroffenen doch selber ausrechnen könne. Somit gingen auch beide Geschäftsführer zutreffend davon aus, dass die Preisführung der Nebenbetroffenen für Herrn I.B. und seine Mitarbeiter nicht vorhersehbar war.
261(2) Interesse an der Preismoderation, Beschwerden über Moderationsfehlleistungen
262Ab Januar 2005 bekundeten die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen wiederholt ihr großes Interesse an der von N.1 praktizierten Preismoderation, teilweise beschwerten sie sich bei N.1 über deren vermeintlichen Fehlleistungen. Umgekehrt ließen sich die Verantwortlichen von N.1 sachlich auf die Beanstandungen der Nebenbetroffenen ein. All jene Verhaltensweisen indizieren und bestätigen das Bestehen der Grundeinigung; ihre Feststellung beruht auf Folgendem:
263- Wie die Herren U. und A. übereinstimmend bekundet haben, erkundigte sich Herr L. im Tagesgeschäft regelmäßig bei ihnen nach den künftigen Aktionspreisen der Wettbewerber, insbesondere des Drogerie-Wettbewerbers T.1, worauf die Herren U. und A. bereitwillig Auskunft gaben.
264- Dazu passend äußerte Herr N.Q. bei dem Besuchstreffen am Sitz der Nebenbetroffenen am 11.07.2005, dass die Nebenbetroffene die N.1-Strategie, womit die Etablierung vorgegebener Aktionspreise gemeint war, mitgehen wolle. In dem dies belegenden Bericht des Herrn U. mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … 11. Juli 2005“ und dem abschließenden Datum 12.07.2005 heißt es hierzu wörtlich:
265„...
266…
268Nach ausgiebiger Diskussion signalisierte Herr N.Q., dass S.1 die N.1 Strategie, d.h. Etablierung der vorgegebenen VK-Preise mitgehen will, jedoch müssen sich die Quartalszuschüsse erheblich verbessern.
269...“
270- So beschwerte sich Herr M. in einer E-Mail vom 26.02.2007 an N.1 darüber, dass sich der Aktionspreis nicht auf dem alten Niveau stabilisiert habe, wobei er N.1 dafür verantwortlich machte und darauf hinwies, dass die Nebenbetroffene das N.1-Preiskonzept bislang unterstützt habe. In der von Herrn M. verfassten E-Mail mit dem Betreff „VK-Preise“ heißt es hierzu wörtlich:
271„Sehr geehrte Herren,
272es sind nunmehr 10 Wochen seit Weihnachten vergangen, nur leider hat sich der Preis nicht, wie von Ihnen prognostiziert, auf dem alten Niveau stabilisiert. Es vergeht keine Woche, in der X. Kaffee nicht unter 3 Euro verkauft wird. Bislang haben wir stillgehalten und Ihr Preiskonzept unterstützt, jetzt ist allerdings der Punkt erreicht, an dem unsere Geduld am Ende ist.
273Ostern steht vor der Tür und es ist erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass die Preise wieder fallen werden. Wir erwarten daher, dass Sie uns kurzfristig, spätestens morgen, ein Angebot unterbreiten, wie Sie unsere Kaffee-Aktionen künftig unterstützen wollen. Bitte setzen Sie sich mit Herrn L. oder mir in Verbindung.
274Mit freundlichen Grüßen
275N.M.
276Einkaufsleitung
277…“
278(Unterstreichungen durch den Senat)
279- So beschwerten sich die Herren M. und L. anlässlich des Besuchstreffens am Sitz der Nebenbetroffenen am 07.05.2007 bei Herrn A. über die von N.1 moderierten Aktionspreise. In dem von Herrn A. verfassten Bericht mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … Gespräch vom 07. Mai 2007“ mit dem abschließenden Datum 20.11.2012 heißt auszugsweise wörtlich:
280„…
281Man (Anmerkung des Senats: gemeint S.1) ist generell sehr unzufrieden mit der Aktionspreisentwicklung im Kaffeegeschäft in den letzten Monaten. Dies betrifft ausdrücklich nicht nur uns (Anmerkung des Senats: gemeint X.), sondern alle Kaffeemarken.
283Aus der Preisschlacht der letzten Monate hat sich S.1 bewusst komplett zurückgehalten, allerdings mit dem Ziel jeden F.1-Jubiläumspreis einmal zu wiederholen (siehe E.1 Aktion zu 3,25 € in dieser Woche).
284Sowohl Herr L. als auch Herr M. haben noch einmal zum Ausdruck gebracht, dass eine berechenbare und gleichmäßige Aktionspreisführung sehr in ihrem Sinne wäre.
285Uns wurde vorgeworfen, eine schlichtweg falsche bzw. nicht marktgerechte Aktionspreisempfehlung für den Zeitraum zwischen Ostern und Pfingsten ausgesprochen zu haben.
286Insbesondere aus diesem Grund hat Herr M. unangekündigt an dem Gespräch teilgenommen, und verwies auf den Schriftverkehr und diverse Telefonate zwischen den Herren G.X./A. und M./L..
287Die Umsatzentwicklung mit unseren Produkten sei nicht akzeptabel, so wurden in der nationalen Aktion in KW 17 (3,29 €) insgesamt nur 25 to abverkauft (vergleichbare Aktionen bringen 125 bis 150 to).
288Herr M. fordert eine „Schmerzensgeldzahlung“ im oberen fünfstelligen Bereich. Ich habe diese Forderung, insbesondere im Zusammenhang mit den Aktionen in KW 22 und 23, zunächst zurückgestellt.
289…“
290(Unterstreichungen durch den Senat)
291Dass sich die Herren M. und L. über die Aktionspreismoderation der N.3 und damit über die Preise der Handelspartner bei Herrn A. beschwerten und sogar Schadensersatz forderten, worauf sich ihre Gegenüber von N.1 sachlich argumentativ einließen, sind wettbewerblich höchst ungewöhnliche Vorgänge. Jedem Kaufmann ist bekannt, dass die Aktionspreisempfehlung eines Herstellers nicht bindend und es das Privileg eines Kaufmannes ist, die Endverkaufspreise (Regal- und Aktionspreise) autonom und im freien Spiel der Marktkräfte zu bestimmen (Preissetzungsfreiheit). Es gibt daher keinen vernünftigen Grund für einen Kaufmann, sich bei einem Hersteller über autonom bestimmte Preise zu beschweren oder sogar Schadensersatz zu fordern, wenn die von ihm verlangten Endverkaufspreise nicht wettbewerbsfähig gewesen sind. Im Falle einer autonom entschiedenen Befolgung von Endverkaufspreisempfehlungen hätte die Nebenbetroffene beispielsweise im nächsten Jahresgespräch niedrigere Einkaufspreise von der N.3 verlangen können, statt nun „Schmerzensgeldzahlungen“ zu fordern.
292Der wiederholte Einwand der Verteidigung, es sei auch bei dem angeführten Besuchstreffen am 07.05.2007 nur darum gegangen, dass N.1 die Nebenbetroffene finanziell in die Lage versetzen sollte, niedrigere Aktionspreise zeigen zu können, überzeugt auch an dieser Stelle nicht. Die in dem Besuchsbericht dokumentierte Forderung von Herrn M. zeigt, dass die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen sich ganz allgemein berechtigt fühlten, sich über eine von N.1 empfohlene Aktionspreisführung zu beschweren. Die ernsthafte Annahme der Berechtigung, zumal noch unterstrichen durch die Erhebung von Schadensersatzforderungen, sind hier nur vor dem Hintergrund der Existenz eines wettbewerbswidrigen Grundkonsenses und dessen zumindest faktisch empfundener Verbindlichkeit plausibel erklärbar.
293Der Bericht über das Besuchstreffen vom 07.05.2007 dokumentiert zudem die von der Verteidigung geleugnete übereinstimmende Interessenlage der beiden Unternehmen zutreffend und richtig. Beiden ging es darum, dass in Hinsicht auf das Produkt X. Filterkaffee im Lebensmitteleinzelhandel keine Preiskämpfe ausbrachen.
294Auch die im Bericht über das Besuchstreffen vom 11.07.2005 von Herrn U. dokumentierte Äußerung des Herrn N.Q. fügt sich in das festgestellte Geschehen ein. Herr N.Q. hat in seiner Vernehmung vor dem Senat eingeräumt, es könne sein, dass damals über künftige Aktionspreise gesprochen worden sei. Auch Herr L.Q. hat dies bekundet, wobei er hinzugefügt hat, dass seinerzeit immer wieder Lieferanten mit dem Anliegen auf ihn zu gekommen seien, über die Aktionspreise der Nebenbetroffenen zu sprechen. Beide haben damit weder dem Besuchsbericht des Herrn U. noch der Aussage des Herrn G.X. widersprochen, der bekundet hat, es sei generell bei solchen Treffen intensiv über die künftigen Aktionspreise diskutiert worden. Der Zeuge N.Q. hat hierzu ausgesagt, dass es so gewesen sein werde, dass N.1 das Thema Verkaufspreise angesprochen habe. Das sei allgemein mit der Industrie ein immer wiederkehrendes leidiges Thema gewesen. Dann sei von der Nebenbetroffenen der Einwand gekommen, dass man selber über die Preise entscheide, worauf es von der Industrie geheißen habe, dass die anderen auch mit ihnen über die Preise reden wollten. Aus Höflichkeit habe man das dann laufen lassen, und er vermute, dass dies bei Kaffee auch so gewesen sei, er habe jedoch keine Erinnerung mehr daran. Auf weitere Nachfrage des Senats hat Herr N.Q. bekundet, er könne sich an solche Diskussionen mit N.1 nicht erinnern, er könne sie aber auch nicht ausschließen, dass sie geführt worden seien. Von ihrer Seite habe man sich gesagt: „Lass sie mal reden“, was man dann damit gemacht habe, sei eine andere Sache gewesen. Schon diese Ausschnitte aus der Vernehmung des Herrn N.Q. zeigen, dass sich der Zeuge rasch in Erinnerungslücken und ausweichende Bekundungen flüchtete, wenn das Thema in die Nähe der verfahrensgegenständlichen Vorwürfe kam, teils mit wenig nachvollziehbaren Begründungen. So ist eine Situation, in der die N.1-Verantwortlichen G.X. und U. eingangs ihrer Besuchstreffen minutenlang über die Aktionspreise im Allgemeinen und der Nebenbetroffenen im Besonderen redeten und die anwesenden Verantwortlichen der Nebenbetroffenen dazu – ohne sachliche Stellungnahme – minutenlang schwiegen, schon für sich gesehen bei lebensnaher Betrachtung kaum vorstellbar. Insgesamt steht die Aussage des Zeugen N.Q. den Bekundungen der Zeugen G.X. und U. daher nicht durchgreifend entgegen.
295Wie bereits dargelegt, greifen die Glaubwürdigkeitsanwürfe der Verteidigung gegen den Zeugen U. nicht durch. Gleiches gilt in Hinsicht auf den Zeugen A.. Auch zu Herrn A. hat sein Vorgesetzter G.X. ausgesagt, dass er nie Anlass gehabt habe, dessen Besuchsberichte zu bezweifeln oder gar zu beanstanden. Auch habe Herr A. die für seinen Beruf erforderliche Genauigkeit und Zuverlässigkeit mitgebracht. Das deckt sich mit der Einschätzung des Senats, auf den der Zeuge A. bei seiner viertägigen Vernehmung einen durchweg ehrlichen und gewissenhaften Eindruck gemacht hat. Er hat in seiner ausführlichen Befragung seine Erinnerung stets selbstkritisch überprüft und hinterfragt, seine Überlegungen dazu offenbart und auf Lücken hingewiesen. Die ihm vorgehaltenen eigenen Besuchsberichte hat er mit konstant großer Sorgfalt und Geduld anhand der ihm gestellten Fragen und Vorhalte geprüft, auch hierbei vorhandene Erinnerungslücken nicht zurückgehalten, mit Blick auf seine sichere Erinnerung an das generelle und häufig wiederkehrende Geschehen aber stets sicher und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er für die inhaltliche Richtigkeit seiner Berichte Verantwortung übernehmen könne und wolle.
296(3) Einzel-Zuwiderhandlungen
297Soweit noch nicht zu B.V.1. c) bb) (1) und (2) angesprochen, bestätigen auch alle übrigen zu oben A. VI.2. aufgeführten Einzel-Zuwiderhandlungen, jede für sich ebenso wie in der Gesamtschau mit den anderen Zuwiderhandlungen, die ab der Jahreswende 2004/2005 bestehende Grundeinigung zwischen der Nebenbetroffenen und N.1. All jene Zuwiderhandlungen entsprechen der Grundübereinkunft in Hinsicht auf die Motive, Interessenlagen und dem zugrundeliegenden Gesamtplan einschließlich dessen Konkretisierung und Umsetzung, alle widersprechen den kaufmännischen Üblichkeiten in einer wettbewerbskonformen Lieferbeziehung.
298(4) Absehen von vorstoßendem Preiswettbewerb
299Die Grundeinigung hatte als Kehrseite einen Verzicht auf vorstoßenden Preiswettbewerb zum Gegenstand. Daran hielt sich die Nebenbetroffene. Dementsprechend unterblieben aggressive Preisvorstöße, zu welchen sich die Nebenbetroffene zuletzt noch im April 2004 entschlossen hatte, als sie mit 1,99 € für die 500-g-Packung X. Filterkaffee - in den Worten des N.1-Geschäftsführers I.B. in seinem Schreiben vom 19.04.2004 - einen „Hammerpreis“ zeigte. Das gänzliche Fehlen solcher Vorstöße ab Januar 2005 bestätigt die zugrundeliegende Grundeinigung. Abweichungen vom moderierten Preisniveau durch die Nebenbetroffene waren zwar im Jahr 2007 zu verzeichnen, dies entgegen der Darstellung der Verteidigung jedoch nicht als Ausdruck selbst initiierten scharfen Preiswettbewerbs, sondern als moderate Reaktionen der Nebenbetroffenen auf die Aktionspreisabsenkungen von Wettbewerbern, die ihrerseits auf die offensiven Preisführungen durch F.1 im Jubiläumsjahr 2007 („100 Jahre F.1“) reagierten. Der Umstand, dass die Nebenbetroffene im Jahr 2007 mit Ladenverkaufspreisen unter dem angestrebten Moderationsniveau nur sehr widerwillig und moderat reagierte, und im Übrigen ihr Interesse an der Moderation bekräftigte, belegen folgende Beispiele:
300- In dem von Herrn A. verfassten Bericht über den Besuch am Sitz der Nebenbetroffenen vom 07.05.2007 mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … Gespräch vom 07.05.2007“ und dem abschließenden Datum 20.11.2012 heißt es nach Nennung der Teilnehmer, den Herren M., L. und A. sowie Frau C.2, auszugsweise wörtlich:
301„…
302Man (Anmerkung des Senats: gemeint S.1) ist generell sehr unzufrieden mit der Aktionspreisentwicklung im Kaffeegeschäft in den letzten Monaten. Dies betrifft ausdrücklich nicht nur uns (Anmerkung des Senats: gemeint X.), sondern alle Kaffeemarken. Aus der Preisschlacht der letzten Monate hat sich S.1 bewusst komplett zurückgehalten, allerdings mit dem Ziel jeden F.1 Jubiläumspreis einmal zu wiederholen (siehe E.1 Aktion zu 3,25 € in dieser Woche) …“
304(Unterstreichung durch den Senat)
305- In einer von ihm verfassten E-Mail vom 11.10.2007 an Herrn A. äußerte sich Herr L. wie folgt:
306„Sehr geehrter Herr A., im Vorfeld unserer Aktionen in Kalenderwoche 43 und 44 hatten wir uns auf eine Abverkaufsunterstützung in Höhe von 0,4085 € verständigt. Entsprechend werden wir diese auch abrechnen. Hinsichtlich der Kalenderwoche 42, für die wir unumkehrbar ebenfalls eine Aktion eingeplant hatten, konnten Sie uns diese Unterstützung bislang nicht zusagen.
307Die aktuellen Preisentwicklungen der Kaffeevermarktung,
308- die flächendeckende Vermarktung für X.3 zu 3,25 (im Falle H.2 gar zu 2,99)
309- die F.1-N.1-Aktion zu 3,19 und diverser L.4-vermarktungen zu 2,99 oder gar 2,55 und nicht zuletzt
310- die Preisabsenkung bei B.1
311führten zuletzt zu drastischen Mengeneinbußen und zwingen uns schon jetzt zu einer Aktionspreisanpassung. Vor dem Hintergrund des Marktgeschehens erst in KW 43 zu reagieren wäre schlicht fahrlässig. Aus den vorgenannten Gründen erwarten wir bereits für die regionale Aktion in Kalenderwoche 42 die für einen Preis von 2,99 € notwendige Unterstützung. Im Sinne einer partnerschaftlichen Vermarktung wäre ich Ihnen für eine diesbezügliche Bestätigung dankbar.
312Mit freundlichen Grüßen
313N.L.
314Categorymanager
315…“
316(Unterstreichungen durch den Senat)
317Auf die E-Mail-Antwort des Herrn A. vom 18.10.2007, 09:15 Uhr, mit der Herr A. die Verkaufsunterstützungen für die Kalenderwochen 43 und 44 bestätigte, ferner Herrn L. darauf hinwies, dass diesem aus verschiedenen Gesprächen in der Vergangenheit bekannt sei, dass er, A., ausschließlich zu den Preisen für X. Filterkaffee konkrete Aussagen treffen könne, und schließlich den Wunsch äußerte, „dass wir in naher Zukunft die Möglichkeit haben über die aktuelle und kommende Vermarktungssituation persönlich zu sprechen“,
318antwortete Herr L. mit der von ihm verfassten E-Mail vom 18.10.2007, 11:02 Uhr, wie folgt:
319„Sehr geehrter Herr A., zunächst ist natürlich immer auch der Quervergleich zu Wettbewerbern unerlässlich. Dieser ist es ja nun offenbar, der nicht zuletzt zu der Absenkung des Aktionspreises auf 2,99 geführt hat. Aus Marktanteilsgesichtspunkten hat unser Haus schon für KW 42 gar keine andere Wahl gehabt, allein deswegen halten wir unsere diesbezügliche Forderung aufrecht…“
320(Unterstreichung durch den Senat)
321- In dem von Herrn A. verfassten Bericht über das Besuchstreffen am Sitz der Nebenbetroffenen am 11.01.2008 mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … Jahresgespräch vom 11. Januar 2008“ heißt es nach Nennung der Teilnehmer Herren M., L., G.X. und A. auszugsweise wörtlich:
322„…
323„…
325Die Attraktivität unserer Marke wurde – wie zu erwarten – im Zusammenhang mit den historisch niedrigen Preisabständen zu Wettbewerbsmarken erneut deutlich reklamiert. S.1 sei folglich gezwungen gewesen, im Weihnachtsgeschäft 2,79 €/500g zu zeigen und erwarte die volle Unterstützung unsererseits.
326…“.
327(Unterstreichung durch den Senat)
328d) Zu den Vorteilen der Kooperation für die Nebenbetroffene, Bindungswirkungen
329Die Feststellungen über die Vorteile der Nebenbetroffenen aus der Einbindung in die Preismoderation ergeben sich nicht nur aus den Erwägungen wirtschaftlicher Vernunft vom Standpunkt der Nebenbetroffenen als Kartellbeteiligte, sondern auch aus den Aussagen und dem festgestellten Verhalten ihrer Verantwortlichen. Auf die Frage, nach welchen Kriterien ein Ladenverkaufspreis für Filterkaffee – in den Worten des Zeugen N.Q. vor dem Bundeskartellamt – “marktadäquat“ gewesen sei, hat der Zeuge N.Q. ausgesagt, dass die Nebenbetroffene ein Discounter gewesen sei, der preissensibel gewesen sei. Der Preis habe stets so gewählt werden müssen, dass der Wettbewerb beachtet worden sei. Denn der Kunde kaufe Filterkaffee überall ein, nicht nur in Drogeriemärkten. Wenn die Ladenverkaufspreise im Lebensmittelhandel sich bewegt hätten, habe die Nebenbetroffene ihre eigenen Preise an die Preise der Wettbewerber anpassen müssen. Dies habe aber nicht nur für die Drogeriemarkt-Kette T.1, sondern allgemein für Preisbewegungen im Lebensmittelhandel gegolten, auch bei den Vollsortimentern wie F.1, S.2 oder S.3. X.-Filterkaffee sei zwar ein Frequenzartikel gewesen, dessen ungeachtet habe die Nebenbetroffene bei höheren Ladenverkaufspreisen einen höheren Deckungsbeitrag erwirtschaftet. Umgekehrt habe die Nebenbetroffene sich – so der Zeuge wörtlich – „aus dem Markt herausgepreist“, wenn sie X.-Filterkaffee zum Beispiel für 3,99 € vermarktet hätte und andere Händler zu 3,79 €, also 20 Cent billiger. Dann habe X.-Filterkaffee seine Funktion als Zugartikel eingebüßt. Die Zeugen U. und A. haben speziell in Hinsicht auf die Drogeriemarkt-Kette T.1 bekundet, Herrn L. habe sie regelmäßig interessiert gefragt, zu welchem Preis insbesondere T.1 X.-Filterkaffee demnächst vermarkten werde. Herr U. hat hinzugefügt, er habe diese Wettbewerbslage besonders berücksichtigt und deshalb darauf hingewirkt, dass die beiden Drogisten X.-Filterkaffee national nicht in denselben Werbewochen vermarkteten. All dies bestätigt, dass die feste Einbindung der Nebenbetroffenen in die N.1-Preismoderation für die Nebenbetroffene erhebliche wettbewerbliche Unsicherheit aus dem Markt nahm und dies für die Nebenbetroffene nicht nur objektiv von Vorteil war, sondern auch von ihren Verantwortlichen so wahrgenommen und bewertet wurde.
330Dass eine faktische Bindung auch aufgrund langjährig gewachsener Kollegialität und persönlichen Wertschätzung der Verantwortlichen bestand, belegen die Umstände beim letzten Besuchstreffen vor Eintritt des Herrn U. in den Ruhestand, die Herr A. bekundet und in dem von ihm verfassten Bericht über das Besuchstreffen vom 06.12.2005 am Sitz der Nebenbetroffenen mit dem abschließenden Datum 14.12.2005 nach Nennung der Teilnehmer Herren N.Q., L., G.X., U. und A. wie folgt festgehalten hat:
331„…
3327. Fazit
333Insgesamt wurde in einer harmonischen und konstruktiven Atmosphäre verhandelt. Das direkt vor der Verhandlung angesetzte gemeinsame Mittagessen, sowie die in diesem Rahmen stattfindende Verabschiedung von Herrn U. durch die Herren N.Q. und L., trug sicherlich zu dieser Atmosphäre bei.
334…“
335Das persönlich gute Verhältnis belegt auch der von Herrn U. verfasste Bericht über das Besuchstreffen vom 18.10.2004 am Sitz der Nebenbetroffenen mit dem abschließenden Datum 19.10.2004, in dem es nach Nennung der Teilnehmer N.Q., L., G.X. und U. über das Stimmungsbild am Ende des Berichts heißt:
336„Das gesamte 3-stündige Gespräch war insgesamt sehr harmonisch.“
337Auch Herr A. hat das Verhältnis zu den Verantwortlichen der Nebenbetroffenen als gut bezeichnet, Herrn L. hat er als zuverlässig und professionell charakterisiert.
338e) Gemeinschaftliches Handeln aller Einkaufsverantwortlichen der Nebenbetroffenen
339Die Umstände, dass sich nicht nur die Herren N.Q. und L. an der Grundeinigung beteiligten, sondern dies mit Einverständnis des Einkaufsgeschäftsführer L.Q. geschah und im Übrigen alle Einkaufsverantwortlichen bei der Umsetzung der Grundeinigung bewusst und gewollt gemeinschaftlich und arbeitsteilig handelten, ergeben sich aus Folgendem:
340Die in der S.1-Zentrale für den Einkauf und zugleich für die Verkaufspreise verantwortlichen Manager, die Herren L.Q., N.Q. (später auch M.) und L., arbeiteten gemäß der – von Herrn M. so bezeichneten – „S.1-Philosophie in flachen Hierarchien“ im Team. Wie von den Zeugen übereinstimmend geschildert, befanden sich ihre Büros auf demselben Korridor, die Büros der Herren L.Q. und N.Q. lagen nebeneinander, ihre Bürotüren standen tagsüber offen, sie sahen sich in aller Regel täglich und hatten täglich miteinander beruflichen Kontakt. Es habe, so der Zeuge N.Q., ein reger Austausch stattgefunden. Daraus resultierte eine generell hohe Arbeitstransparenz mit kurzen Wegen, offenem Informationsaustausch und einer kollegialen Entscheidungsfindung über die Hierarchieebenen hinweg. Dies galt namentlich auch in Hinsicht auf den strategischen Umgang mit X.-Filterkaffee. Dieser Artikel war seit Jahrzehnten einer der wichtigsten im Sortiment der Nebenbetroffenen überhaupt. X.-Filterkaffee war dazu bestimmt, als einer der Haupt-Zugartikel Kundschaft in die Verkaufsstellen der Nebenbetroffenen zu holen. Dementsprechend wurde X.-Filterkaffee in den Hauptwerbungen der Nebenbetroffenen, wie der Zeuge M. bekundet hat und sich aus den eingeführten Werbeprospekten mit X.-Filterkaffee-Aktionen ergibt, stets auf der ersten Seite der Werbeprospekte beworben. Schon in den 1990er Jahren stellte sich permanent die für den Gesamtumsatz der Verkaufsstellen hoch wichtige Frage, welches der richtige Aktionspreis für X. Filterkaffee sei. Diese Frage war nicht einfach zu beantworten. Der Aktionspreis sollte für die Kunden attraktiv günstig sein, andererseits war das kartellrechtliche Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis zu beachten. War der Aktionspreis des Zugartikels zu hoch, dann – so die Key Account Manager A. und C., aber auch der Einkaufsleiter N.Q. – „preiste sich der Handelskunde aus dem Markt“, war der Aktionspreis zu aggressiv niedrig, konnte der Handelskunde – so die beiden Zeugen ebenfalls – in Preisschlachten mit den Großen des Handels (F.1, S.2, N.6, L.4, die alle X.-Filterkaffee als Zugartikel anboten) verwickelt werden, welche die Nebenbetroffene aufgrund angenommener schlechterer Einkaufskonditionen nicht zu gewinnen glaubte. Die Frage nach dem richtigen Aktionspreis stellte sich für die Nebenbetroffene insbesondere in den bekannt preissensiblen Phasen nach Abgabepreiserhöhungen und um die konsumstarken Festtage Ostern, Pfingsten und Weihnachten herum, aber auch sonst, weil der Aktionspreis für X. Filterkaffee wegen seiner Bedeutung als Zugartikel stets den Gesamtabsatz des Unternehmens beeinflusste. In die verkaufsstrategische Ausrichtung einschließlich des grundsätzlichen Umgangs mit dem Lieferanten N.1 und diesbezüglicher Weichenstellungen im Tagesgeschäft waren daher alle Einkaufsverantwortlichen – die Herren L.Q., N.Q. und L., später auch Herr M. – eingebunden und berieten sich. Dies galt auch anlässlich der von N.1 unter dem 20.12.2004 bekanntgegebenen Abgabepreiserhöhung, die mit 1,41 € (brutto) pro 500-g-Packung außergewöhnlich hoch ausgefallen war und deshalb erhebliche Preisbewegungen auf dem Endabsatzmarkt erwarten ließ, ebenso wie die daraufhin vereinbarte Aktionspreisführung per 13.01.2005 und erst Recht für die feste Teilnahme an der handelsweiten Preismoderation durch N.1. Aus dem Umstand, dass Herr L.Q. aus seiner Stellung als Geschäftsführer in Kenntnis aller Umstände gegen die Teilnahme an der Preismoderation nicht einschritt, ist zu folgern, dass auch er die Preismoderation mit N.1 wollte und mittrug. Bestätigt wird dies durch die Aussage des Zeugen N.Q., der bekundet hat, die Aktionspreisführung bei X.-Filterkaffee sei für Herrn L.Q. eine „Herzenssache“ gewesen, um die er sich intensiv gekümmert habe. Aber auch sonst habe er in Hinsicht auf den Einkauf „mit Leib und Seele“ an allem teilgenommen. Er sei halt immer mit dabei gewesen. Alles sei Hand in Hand gegangen, über die Manager-Hierarchien hinweg; zum Beispiel hätten Herr L.Q. und Herr L. einen Lieferantentermin schon vorbereitet und er sei zu dieser Besprechung hinzugekommen. Im Allgemeinen hätten die Category Manager die Preisführungen vorgeschlagen, so auch Herr L.. Dieser habe für seinen Produktbereich die Werbung koordiniert und eingetragen und die Sortimentsgestaltung vorgenommen. Bei der Werbung sei es darum gegangen, den marktadäquaten Preis zu finden. Wenn Herr L. sich nicht sicher gewesen sei, habe er ihn, N.Q., konsultiert, wenn er, N.Q., ebenfalls nicht sicher gewesen sei, habe er Herrn L.Q. mit einbezogen. Herr L.Q. habe hierzu alle notwenigen Details gekannt. Der Zeuge M. hat bekundet, dass er bei der Übernahme der Position des Einkaufsleiters von Herrn N.Q. Mitte des Jahres 2006 keine Änderungen vorgenommen habe; für ihn galt daher die gleiche Arbeitsweise im gleichen Arbeitsumfeld. Herr L.Q. hat ausgesagt, die Etablierung von X. Kaffee und anderer Artikel als Zugartikel sei sogar seine Geschäftsidee gewesen. Der Senat schließt aus allem, dass die Herren N.Q., L. und später auch Herr M. insoweit keine Alleingänge ohne das Einverständnis von Herrn L.Q. unternahmen und zwischen ihnen Einigkeit über die Teilnahme an der Preismoderation durch N.1 herrschte. Das gemeinschaftliche Zusammenwirken der Herren L.Q., N.Q., M. und L., auch noch als Herr N.Q. in die Position des Marketingleiters gewechselt und Herr M. für ihn als Einkaufsleiter eingerückt war, und zwar gerade in Bezug auf die Preismoderation durch N.1, veranschaulicht der nachstehend eingeblendete E-Mail-Verkehr (IT-Asservat O14 Export 618606), ausgehend von einer E-Mail des N.1 Key Account Managers A.:
341- Foto zwecks Schwärzung entfernt –
342Aus jener E-Mail-Korrespondenz ergibt sich: Ausgehend von der Mitteilung des Herrn A. an Herrn L. über den erzielten Moderationserfolg bei den Handelskunden N.7 und L.6 mit der verbindlichen Zusage dieser Unternehmen, den von N.1 moderierten Aktionspreis von 3,29 € je 500-g-Packung Filterkaffee in der Kalenderwoche 4 zu zeigen, bittet Herr A. darum, dass sich die Nebenbetroffene dem Aktionspreis von 3,29 € in den anstehenden Aktionen der Kalenderwochen 4 und 5 anschließen möge, woraufhin Herr L. die E-Mail des Herrn A. an die Herren L.Q., N.Q. und M. weiterleitet mit dem Vorschlag, in der Kalenderwoche 4 bei dem bisherigen Aktionspreis von 2,99 € zu bleiben und dies gegenüber Herrn A. auf die verstrichene Vorlaufzeit für die Hauptwerbung zu schieben, aber in der Kalenderwoche 5 auf die Bitte des Herrn A. – den Aktionspreis von 3,29 € zu zeigen – einzugehen, da anderenfalls die von N.1 zugesagte Einmalprämie und die Stückprämie auf Abverkauf zu diesem Preis verloren gehe. Darauf antwortet Herr M. mit einer eigenen Stellungnahme an Herrn L. und die Herren N.Q. und L.Q. und äußert zugleich Zweifel an der Marktbreite des von Herrn A. behaupteten Moderationserfolges („er redet nur von 2 Wettbewerbern“), die er bereits in der Preisdiskussion am 01.11./13.12.2006 [dazu A. VI.2.j)] kundgetan hatte. Zugleich richtet Herr M. an Herrn N.Q. als Marketingleiter die Frage, ob man bis kommenden Freitag noch etwas an den Verkaufspreisen für die Kalenderwoche 5 ändern könne, worauf Herr N.Q. den Freitag als letzten Termin – mit Mehraufwand – bestätigt und zur Sache selbst beisteuert, dass Lidl den in der Preisarchitektur zwei Stufen über N.1 angesiedelten Filterkaffee von E.1 aktuell nur für 2,99 € vermarkte. Der Vorgang belegt somit die offene Diskussion und kollegiale Arbeitsweise der Herren L.Q., N.Q., M. und L., die – in den Worten des Herrn N.Q. – „Hand in Hand ging“, und zwar gerade auch im Rahmen der Aktionspreis-Moderation durch N.1. Im Übrigen fügt sich der Vorgang nahtlos ein zwischen die festgestellte Preisdiskussion vom 01.11./13.12.2006 [dazu A. VI.2.j)] und die Preisdiskussion/Teileinigung und Preiseinigung vom 26.02./01.03./02.03.2007 [dazu A. VI.2.k)]. In der Gesamtschau zeigt sich ferner, dass sich die Nebenbetroffene und N.1 in einer weiteren Preiseinigung auf einen Aktionspreis von 3,29 € in den Kalenderwochen 4 und 5/2007 verständigten, denn am 01.03.2007 monierte Herr L. gegenüber Herrn A., dass die Nebenbetroffene in den vergangenen Wochen mit dem von N.1 moderierten Preis von 3,29 € für die 500-g-Packung den „falschen Aktionspreis“ gezeigt habe, und in dem Telefonat vom 02.03.2007 einigten sich die Herren L. und A. für das Zeigen des Aktionspreises von 3,29 € auch in den Kalenderwochen 4 und 5 auf eine Stückprämie von 0,1869 auf Abverkauf zu diesem Preis [dazu A. VI.2.k)].
343Zwar hat der Zeuge N.Q. auch bekundet, dass dem Geschäftsführer E.S. die Verkaufspreise für Filterkaffee und überhaupt die Werbung sehr wichtig gewesen seien. So habe sich Herr E.S. die Werbung vorlegen lassen und sich gelegentlich eingeschaltet, wenn sie – Herr L.Q., die Category Manager und der Zeuge selbst – sich über die Werbung besprochen hätten. Dann habe Herr E.S. zum Beispiel Wahrnehmungen von seinen Inspektionsreisen zu den nationalen Verkaufsstellen eingebracht und sich unter anderem zur Kaffee-Preisführung der Drogeriemarkt-Kette T.1 geäußert. Herr S. habe sich vor allem für die Seite 1 der Hauptwerbungen interessiert, gelegentlich habe er einen Werbepreis dann auch geändert. Aus dieser Schilderung des Zeugen N.Q. folgt aber zugleich, dass Herr E.S., dessen Büro sich nach Bekunden des Zeugen N.Q. auf einer anderen Etage des Gebäudes befand, bei weitem nicht so vertieft in das Tagesgeschäft des Einkaufs eingebunden war wie die Herren L.Q., N.Q., M. und L., namentlich nicht in Hinsicht auf die Einzelheiten der Kalkulation der Ladenverkaufspreise und die konkreten Verhandlungen mit den Lieferanten. Die Gespräche mit Herrn E.S. und Herrn L.Q. hätten sich – so der Zeuge N.Q. – dementsprechend darin unterschieden, dass Herr L.Q. auch die Details des Einkaufs und aller Verhandlungen gekannt habe. Dies wiederum fügt sich dazu ein, dass Herr L.Q. der maßgebende Ansprechpartner auf Geschäftsführerebene für den N.1-Geschäftsführer I.B. war.
3442. Umsetzung der Grundeinigung
345Die Feststellungen, dass die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen die Grundeinigung ab Januar 2005 in vielfältiger Weise umsetzten, sei es durch den Austausch von Preiserwägungen und Preisinformationen oder das Führen von Preisdiskussionen bis hin zu konkreten Preiseinigungen mit den Verantwortlichen von N.1, sei es schriftlich durch Briefe, E-Mails oder Telefaxe, sei es mündlich durch Telefonate oder persönliche Gespräche insbesondere am Geschäftssitz der Nebenbetroffenen in …,
346beruhen auf den Aussagen der Herren G.X., U. und A., die dies in ihren Vernehmungen vor dem Senat überzeugend und übereinstimmend bekundet haben, und auf den von den Herren U. und A. hierüber verfassten Berichten und Aktennotizen. Soweit demgegenüber insbesondere die Herren L. und M. in ihren Vernehmungen jegliche Gespräche, die auch von ihrer Seite bezweckten, die künftigen Verkaufspreise der Nebenbetroffenen zu diskutieren, abzustimmen und zu vereinbaren, geleugnet haben, folgt der Senat ihnen nicht, weil ihre Aussagen in Teilen nicht glaubhaft und sie persönlich in zentralen Punkten nicht glaubwürdig gewesen sind.
347a) Preiseinigung nach dem 20.04.2005
348Der Umstand, dass N.1 unter dem 20.04.2005 allen Handelskunden eine Erhöhung der Fabrikabgabepreise per Telefax ankündigte, stützt sich auf das Telefax-Schreiben der Herren I.B. und G.X. vom 20.04.2005 mit dem Betreff „X. Kaffee – Preiserhöhung zum 22. April 2005“. Wie von den Herren G.X. und U. bereits zur Abgabepreiserhöhung vom 20.12.2004 bekundet, wurde auch dieses Preiserhöhungsschreiben gleichlautend und zeitgleich per Telefax an alle Handelskunden versandt, in Hinsicht auf die Nebenbetroffene auch diesmal an die Herren N.Q. und L., jeweils mit dem Adresszusatz „An unsere Geschäftspartner“, woraus sich allen Empfängern der Charakter als kundenweites Rundschreiben erschloss.
349Die Feststellungen, dass im Zuge der am 20.04.2005 durch die Herren I.B. und G.X. schriftlich angekündigten Erhöhung der Fabrikabgabepreise für die 500-g-Packung X. Filterkaffee die Herren U. und L. die künftige Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen erörterten und sich in der Zeit bis zum 11.05.2005 darauf einigten, dass die ursprünglich geplante Aktion zu Pfingsten in der Kalenderwoche 20 entfiel und die Nebenbetroffene nach einer Aktionsruhepause den neuen Aktionspreis von 3,49 € für die 500-g-Packung Filterkaffee zeigte, und dass die Nebenbetroffene für die Streichung der Pfingstaktion und die Aktionspreisführung von N.1 einen Einmalbetrag von 50.000 € erhielt, beruhen auf der Aussage des Herrn U., der dies in seiner Vernehmung vor dem Senat glaubhaft bekundet hat.
350Die von Herrn U. bekundete Einigung über die Streichung der Aktion in der Kalenderwoche 20 und über eine neue Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen für X. Filterkaffee sowie über den Einmalbetrag in Höhe von 50.000 € wird bestätigt durch die von Herrn U. verfasste Aktennotiz mit der Bezeichnung „Aktennotiz S.1, … Preiserhöhung 20.04.2005“ und dem abschließenden Datum 11.05.2005, unterschrieben von Herrn U., der die Richtigkeit der Aktennotiz in seiner Vernehmung vor dem Senat bekräftigt hat, und in der es wörtlich heißt:
351„Der Kunde erhält einmalig 50,0 T€ gegen Rechnung.
352Die Aktion KW 20 wird gestrichen. Neue VK-Preise ab KW 21.“
353Zwar ist in der Aktennotiz der Gesprächspartner des Herrn U. nicht namentlich erwähnt, auch fehlen Angaben über Ort, Zeitpunkt und Umstände des Gesprächs. Der Senat ist indes überzeugt, dass Gesprächspartner auch diesmal Herr L. war, der Herrn U. zufolge der „Ansprechpartner für alles war“ und mit dem er in aller Regel im Tagesgeschäft zu tun hatte. Dazu fügt sich ein, dass die Herren U. und L. bereits anlässlich des vorausgegangenen Besuchstreffens am Sitz der Nebenbetroffenen am 30.03.2005 den Aktionspreis von 2,99 € diskutiert hatten, wie sich aus dem von Herrn U. verfassten Bericht über das Besuchstreffen vom 30.03.2005 mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … 30. März 2005“ und dem abschließenden Datum 31.03.05 ergibt, und worin es nach Nennung der Gesprächsteilnehmer L. und U. wörtlich heißt:
354„...
355Zunächst wurde intensiv über die derzeitige allgemeine Situation im Kaffeemarkt gesprochen. Auch die Firma S.1 ist mit der Absatzentwicklung im 1. Quartal mit Kaffee (X../. 867 to = 63 %) unzufrieden. Dadurch fehlt natürlich auch die Kundenfrequenz lt. Herrn L..
357Der Verkaufspreis von 2,99 € zieht auch nicht unbedingt Kunden in die S.1-Filialen, da man sich vom Wettbewerber nicht abhebt.
358Überlegungen eines VK-Preises von 2,79 € wurden von mir gleich abgelehnt, auch unter Berücksichtigung der Diskussion einer eventuellen weiteren Preiserhöhung. Derzeit ist nach wie vor 2,99 € eingestellt aber wir müssen aufpassen.
359…“
360Der Bericht zeigt, dass die Herren L. und U. völlig unbefangen über die eigenen Überlegungen zur Aktionspreisführung diskutierten und die Nebenbetroffene vorher erwogene Preisvorstöße zu 2,79 € pro 500-g-Packung daraufhin verwarf. Zudem hat Herr L. auf Vorhalt der Aktennotiz mit dem abschließenden Datum 11.05.05 eingeräumt, mit Herrn U. über die Abgabepreiserhöhung gesprochen zu haben, wenn auch in Hinsicht auf die Aktionspreisführung mit einem anderen Inhalt. Zwar ist auch hier zweifelhaft, ob die Verständigung zwischen Herrn U. und Herrn L. in Hinsicht auf die Aktionspreisführung schon am 20.04.2005 final hergestellt werden konnte, weil auch andere Handelskunden in die Moderation eingebunden werden mussten. Indes folgt aus diesem Zweifel nur, dass der exakte Einigungszeitpunkt nicht sicher festgestellt werden kann, dessen ungeachtet zur Überzeugung des Senats aber feststeht, dass die Einigung zwischen den Herren U. und L. spätestens bis zum 11.05.2005 – dem Datum der Aktennotiz und der Unterschrift durch Herrn U. – zustande kam. Dieser Überzeugung steht die jede Verkaufspreiseinigung leugnende Aussage des Herrn L. nicht durchgreifend entgegen. Herr L. hat behauptet, dass die Zahlung von 50.000 € nur ein Ausgleich für die erneut deutliche Erhöhung der Fabrikabgabepreise gewesen sei. Dem folgt der Senat nicht. Abgesehen davon, dass Herr L. in seinen Bekundungen zum Tatvorwurf allgemein nicht glaubwürdig gewesen ist, ist seine Aussage hier auch nicht schlüssig. Hätte es sich bei der Zahlung der 50.000 € von N.1 an die Nebenbetroffene um einen Ausgleich für die Erhöhung des Abgabepreises gehandelt, so wäre sie wirtschaftlich betrachtet sozusagen „Geld ohne Gegenleistung“ gewesen, denn die Nebenbetroffene verlor durch die von N.1 zu der Fabrikabgabepreiserhöhung empfohlene Aktionspreiserhöhung von bislang 2,99 € auf nunmehr 3,49 €, die sie auch einhielt, keine Spanne.
361Die Feststellungen, dass die Nebenbetroffene in der Kalenderwoche 20 keine Aktionspreise zeigte, sodann eine Aktions-Ruhepause einhielt und erst wieder ab der Kalenderwoche 24 X. Filterkaffee zum Aktionspreis von 3,49 € national vermarktete, beruhen jeweils auf der Seite 1 der Werbeprospekte der Nebenbetroffenen, gültig ab dem 17.05.2005 für die Kalenderwoche 20, dem 30.05.2005 für die Kalenderwoche 22 und dem 13.06.2005 für die Kalenderwoche 24.
362b) Preisdiskussion am 11.07.2005
363Die Feststellungen, dass anlässlich eines Treffens am Sitz der Nebenbetroffenen am 11.07.2005 die Herren N.Q., L., G.X. und U. die künftige Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen erörterten und Herr N.Q. für die Nebenbetroffene erklärte, dass sie die N.1-Strategie mitgehen und das Aktionspreisniveau um 3,49 € pro 500-g-Packung X. Filterkaffee weiterhin umsetzen werde, beruhen auf der Aussage des Zeugen G.X., der dies in seiner Vernehmung vor dem Senat überzeugend bekundet hat, sowie auf dem dies bestätigenden Bericht des Herrn U. über das Besuchstreffen vom 11.07.2005 mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … 11. Juli 2005“ und dem abschließenden Datum 12.07.05, in dem es nach Nennung der Teilnehmer, den Herren N.Q., L., G.X. und U., wörtlich heißt:
364„...
365…
367Nach ausgiebiger Diskussion signalisierte Herr N.Q., dass S.1 die N.1 Strategie, d.h. Etablierung der vorgegebenen VK-Preise mitgehen will, jedoch müssen sich die Quartalszuschüsse erheblich verbessern.
368…“
369Die Feststellung, dass die Nebenbetroffene die 500-g-Packung X. Filterkaffee bis Ende Oktober 2005 tatsächlich zum Aktionspreis von 3,49 € vermarktete, beruht jeweils auf der Seite 1 der Werbeprospekte der Nebenbetroffenen, gültig ab dem 11.07.2005 für die Kalenderwoche 28, dem 08.08.2005 für die Kalenderwoche 32, dem 22.08.2005 für die Kalenderwoche 34, dem 05.09.2005 für die Kalenderwoche 36, dem 19.09.2005 für die Kalenderwoche 38, dem 17.10.2005 für die Kalenderwoche 42 und dem 31.10.2005 für die Kalenderwoche 44, sowie auf den Werbeblättern der Nebenbetroffenen, gültig ab dem 18.07.2005 für die Kalenderwoche 29, dem 15.08.2005 für die Kalenderwoche 33, dem 29.08.2005 für die Kalenderwoche 35, dem 12.09.2005 für die Kalenderwoche 37, dem 26.09.2005 für die Kalenderwoche 39, dem 10.10.2005 für die Kalenderwoche 41 und dem 24.10.2005 für die Kalenderwoche 43, die alle den Aktionspreis von 3,49 € für die 500-g-Packung X. Filterkaffee aufweisen.
370c) Preiseinigung am 04.11.2005
371Die Feststellungen, dass anlässlich eines Treffens am Sitz der Nebenbetroffenen am 04.11.2005 die Herren U., A. und L. die künftige Aktionspreisführung für die 500-g-Packung X. Filterkaffee erörterten, sie sich hierbei dahin einigten, dass die Nebenbetroffene bis Ende Dezember 2005 zu einem Aktionspreis von 3,29 € vermarktete und dafür außer der Stückprämie von 18,69 Cent pro zu diesem Preis verkaufter Packung einen Einmalbetrag von 20.000 € (netto) erhielt, und sie eine mögliche Vermarktung der 500-g-Packung Filterkaffee zu einem Aktionspreis von 3,49 € ab Januar 2006 diskutierten und am Ende der Diskussion auch beschlossen,
372stützen sich auf die Aussagen der Herren U. und A., die in ihren Vernehmungen vor dem Senat die Angaben des Herrn A. in dem von ihm verfassten Bericht über den Besuch vom 04.11.2005 mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … vom 04.11.2005“ in der Fassung mit dem abschließenden Datum 22.11.2005 als zutreffend bezeichnet haben. In dem Besuchsbericht heißt es nach Nennung der Teilnehmer, den Herren L., U. und A. sowie Frau S.4, wörtlich wie folgt:
373„...
374…
376In diesem Zusammenhang bestätigten wir eine temporäre Abwärtsbewegung der Aktionspreise für den Zeitraum November und Dezember 2005 um ca. 20 bis 30 Cent. Als neuer Aktionspreis für X. Filterkaffee in diesem Zeitraum wurden 3,29 Euro vereinbart, im Januar wird ausdrücklich wieder mit 3,49 Euro vermarktet.
377...
378Vereinbart wurde eine Aktionssubvention in Höhe von 18,69 Cent je 500 gr. Filterkaffee als Rückvergütung auf Abverkaufszahlen bei 3,29 Euro im November und Dezember sowie 3,49 Euro ab Januar 2006.
380Weiterhin (trotz deutlich höherer Forderungen und nach kontroverser Verhandlung) die bekannte Unterstützung in Höhe von 30 Cent je 500 gr. Filterkaffee für das 4. Quartal 2005. HR 700,0 to.
381Die Forderung nach einem Einmalbetrag in Höhe von 50.000 € für die kurzfristige Umstellung der Aktionspreise wurde abgelehnt. Vereinbart wurde ein einmaliger WKZ in Höhe von 20.000 Euro gegen Rechnung (aus N.8 Sondermaßnahme).
382...“
383(Unterstreichungen durch den Senat)
384Herr A. hat vor dem Senat glaubhaft und anhand des Inhalts überzeugend ausgesagt, dass die Fassung des Besuchsberichts mit dem Datum vom 22.11.2005 die ursprüngliche Fassung seines Besuchsberichts darstelle. Bei dem Datum 22.11.2005 handele es sich entweder um den Tag, an dem er den Besuchsbericht fertiggestellt habe, oder es zeige das Datum, das am Tag der Öffnung der Datei vom Computerprogramm generiert worden sei. Die Fassung desselben Besuchsberichts mit dem handschriftlichen Datum 04.11.2005 habe er erst später erstellt, um auf die Weisung seines Vorgesetzten G.X. aus Anlass von bekannt gewordenen Durchsuchungen des Bundeskartellamts in der Lebensmittelbranche die Kundenakte der Nebenbetroffenen von inkriminierende Angaben über kartellrechtswidrige Verkaufspreisvereinbarungen zu „bereinigen“.
385Zur Arbeitsweise des Herrn A. hat Herr G.X. ausgesagt, dass Herr A. die Besuchsberichte durchweg sorgfältig und zutreffend abgefasst habe, weshalb er deren Richtigkeit nie bezweifelt oder gar beanstandet habe. Im Übrigen fügen sich die Inhalte der Besuchsberichte des Herrn A. nahtlos in das festgestellte Gesamtgeschehen ein, namentlich in Hinsicht auf die Grundeinigung. Es schadet nicht, wenn Herr A. bei seiner Vernehmung wiederholt bekundet hat, an bestimmte Vorgänge keine lebhafte, quasi vor seinen Augen stehende Erinnerung zu haben. Denn er hat das generelle, sich über drei Jahre erstreckende und wiederholende Geschehen im Umgang mit den Verantwortlichen der Nebenbetroffenen aus sicherer Erinnerung bekundet, dieses jeweils gewissenhaft und kritisch mit den Einzelvorgängen seiner Besuchsberichte verglichen und sodann stets sicher ausgesagt, dass die Einzelvorgänge dem damals üblichen Vorgehen und Geschehen entsprochen hätten, so auch im Falle des Besuchstreffens vom 04.11.2005. Herr U. hat – die Aussage des Herrn A. bestätigend – auf Vorhalt der Fassung des Besuchsberichts mit dem Datum 22.11.2005 ausgesagt, dass es die darin niedergelegte Einigung mit der Nebenbetroffenen gegeben habe und die Nebenbetroffene die Stückprämie und den Einmalbetrag von 20.000 Euro für die Vermarktung zu dem vereinbarten Aktionspreis erhalten habe.
386Die Feststellungen, dass die Nebenbetroffene die 500-g-Packung Filterkaffee zu den Aktionspreisen von 3,19 € in den Kalenderwochen 45 und 47 sowie von 3,29 € in den Kalenderwochen 48 und 49 vermarktete, stützen sich jeweils auf die Werbeblätter der Nebenbetroffenen gültig ab dem 07.11.2005 für die Kalenderwoche 45 und dem 21.11.2005 für die Kalenderwoche 47, und auf die Seite 1 der Werbeprospekte der Nebenbetroffenen gültig ab dem 28.11.2005 für die Kalenderwoche 48 und dem 05.12.2005 für die Kalenderwoche 49, die jeweils für die betreffenden Kalenderwochen die genannten Aktionspreise von 3,19 € und 3,29 für die 500-g-Packung X. Filterkaffee zeigen.
387Der Einwand der Verteidigung, am 04.11.2005 könne es keine Verständigung über die Aktionspreise im November und Dezember 2005 gegeben haben, weil am 04.11.2005 über die Aktionen in den Kalenderwochen 45 und 46 nicht mehr und über diejenigen der Kalenderwoche 47 nur unter Mehraufwand habe disponiert werden können, überzeugt nicht. Eine Verständigung bis Ende Dezember 2005 war für die Nebenbetroffene, auch wenn sie die Endverkaufspreise in der Werbung aus organisatorischen Gründen teilweise nicht mehr ohne Mehraufwand verändern konnte, in jedem Fall finanziell vorteilhaft, weil sie den Einmalbetrag von 20.000 € als Ausgleich erhielt und im Übrigen jedenfalls über die Werbungen ab der Kalenderwoche 48, insbesondere über diejenigen vor Weihnachten, noch ohne Mehraufwand disponieren konnte. Außerdem wurde eine Abweichung von 3,29 € auf 3,19 €, wie in den Kalenderwochen 45 und 47 geschehen, von beiden Seiten als noch tolerabel akzeptiert, zumal wenn sie, wie hier, Sonderwerbungen betrafen.
388d) Preiseinigung am 06.12.2005
389Die Feststellungen, dass im Rahmen des Gesprächs über die Zusammenarbeit im Jahr 2006 am Sitz der Nebenbetroffenen am 06.12.2005 die Herren N.Q., L., G.X., U. und A. die Aktionspreisentwicklung im Allgemeinen und die Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen im Besonderen diskutierten und dabei die Herren N.Q. und L. die Herren G.X., U. und A. um eine realistische Einschätzung der in den nächsten Wochen zu erwartenden Aktionspreise baten, und sich die Genannten sodann darauf einigten, dass die Nebenbetroffene X. Filterkaffee im Januar 2006 zu einem Aktionspreis von 3,29 € vermarktete und dafür eine Stückprämie von 0,1869 € pro zu diesem Preis verkaufter 500-g-Packung erhielt,
390beruhen auf der glaubhaften Aussage des Herrn A. und dem von ihm verfassten Bericht über das Besuchstreffen am 06.12.2005 mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … vom 06.12.2005“ mit dem abschließenden Datum 14.12.2005. Nach Nennung der Teilnehmer Herren N.Q., L., G.X., U. und A. heißt es in dem Besuchsbericht wörtlich:
391„…
392…
394Die zu erwartenden Aktionspreise in den nächsten Wochen wurden – aufgrund der wiederholten Nachfrage durch die Herren N.Q. und L. und der Bitte um eine realistische Einschätzung – intensiv diskutiert. Für X.-Kaffee wurde ein Aktionspreis von 3,29 € je 500 gr. unsererseits dringend empfohlen.
395Generell ist die Vermarktung bei S.1 im Jahr 2006 analog zum Vorjahr geplant. Insgesamt wird Röstkaffee 25 x national beworben, wovon X. 2/3 der Aktionsplätze belegen wird.
396…
3973. Vermarktung:
398Die nächste Aktion mit X.-Filterkaffee wird in der Kalenderwoche 01.2006 zum Aktionspreis von 3,29 € durchgeführt.
399…
4004. Vereinbarungen
401Vereinbart wurde eine Aktionssubvention in Höhe von 18,69 Cent je 500 gr. Filterkaffee als Rückvergütung auf Abverkaufszahlen der Aktionswoche bei Darstellung eines Aktionspreises von 3,29 € je 500 gr. im Januar 2006.
402Weiterhin die bekannte Unterstützung in Höhe von 30 Cent je 500 gr. Filterkaffee für das 1. Quartal 2006.
403…“
404(Unterstreichung durch den Senat)
405Zwar existiert noch eine zweite Fassung des Berichts über den Besuch am 06.12.2005 mit dem abschließenden Datum 06.12.2005, paraphiert von Herrn A.. Herr A. hat jedoch den Bericht mit dem Datum 14.12.2005 anhand der inhaltlichen Abweichungen sicher und eindeutig als die von ihm hergestellte Ursprungsfassung des Berichts mit dem richtigen, von inkriminierenden Angaben unbereinigten Inhalt identifiziert. Der Umstand, dass eine zweite Fassung des Berichts über den Besuch am 06.12.2005 existiert, mindert die Beweiskraft des Besuchsberichts mit dem Datum 14.12.2005 somit nicht. Dies gilt auch in Anbetracht des Dokuments mit der Bezeichnung „Unterlage zum Jahresgespräch am 06. Dezember 2005“, das laut Aussage des Herrn G.X. von ihm stammende stichwortartige Notizen enthält, ohne dass ihnen eine Einigung über Aktionspreise zu entnehmen wäre. Herr G.X. hat hierzu klargestellt, dass seine Notizen keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erheben könnten, weil die Mitschrift Aufgabe von Herrn A. gewesen sei.
406Soweit die Verteidigung anführt, dass die Verantwortlichen von N.1 zu Punkt „1. Allgemeines“ des Berichts einen Aktionspreis von 3,29 € nur „dringend empfohlen“ hätten, übergeht sie die nachfolgenden Ausführungen des Berichts zu Punkt „3. Vermarktung“ und insbesondere zu Punkt „4. Vereinbarung“, wo die Einigung auf den Aktionspreis der Nebenbetroffenen im Januar 2006 festgehalten ist. Die Diskussion über die Aktionspreisführung mag – als Antwort auf die eingangs geäußerte Bitte der Herren N.Q. und L. um eine realistische Einschätzung – mit einer Empfehlung der Herren G.X., U. und A. begonnen haben, sie mündete dann aber im weiteren Verlauf in die festgestellte Einigung über die Aktionspreisführung.
407Ohne Erfolg macht die Verteidigung geltend, unter Punkt 14 des „Jahresgesprächsprotokolls S.1“, das von den Herren N.Q. und L. aufgestellt und von ihnen – ohne Datum – unterzeichnet wurde und das ausweislich des von Herrn A. und Frau H.4 unterzeichneten Bestätigungsschreibens vom 11.01.2006 N.1 bis zu diesem Tage zur Gegenzeichnung zugegangen war und sich über das Jahresgespräch vom 06.12.2005 verhält, sei der vermeintlich vereinbarte Aktionspreis von 3,29 € für X. Filterkaffee nicht erwähnt. Das Fehlen der für Januar 2006 vereinbarten Aktionspreisführung im Jahresgesprächsprotokoll steht der Annahme der am 06.12.2005 diesbezüglich getroffenen mündlichen Einigung der Herren N.Q., L., G.X., U. und A. nicht durchgreifend entgegen, zumal zum Zeitpunkt der Übersendung des Jahresgesprächsprotokolls Mitte Januar 2006 die Vermarktung in diesem Monat weithin erledigt war und der von den Herren N.Q. und L. in Punkt 14 des Protokolls aufgeführte „0,1869 € Preisausgleich auf in Aktionen abverkaufte Mengen“ nach ihrer Vorstellung über den Monat Januar hinaus für das gesamte erste Quartal 2006 gelten sollte, wenn es dort wörtlich heißt:
408“14. Verschiedenes:
409a) Als Sonder-WKZ für alle Pulverkaffeereferenzen für das erste Quartal 2006 wurden 0,30 € / Stück sowie 0,1869 € Preisausgleich auf die in Aktionen abverkauften Mengen vereinbart.“
410b) …“
411(Unterstreichungen durch den Senat).
412Die Feststellung, dass die Nebenbetroffene im Januar 2006 die 500-g-Packung X. Filterkaffee zu dem vereinbarten Aktionspreis von 3,29 € vermarktete, beruht – neben der dies bekundenden Aussage des Zeugen A. – auf der jeweiligen Seite 1 der Werbeprospekte der Nebenbetroffenen, gültig ab dem 16.01.2006 für die Kalenderwoche 3 und dem 30.01.2006 für die Kalenderwoche 5, sowie auf ihren Werbeblättern, jeweils gültig ab dem 09.01.2006 für die Kalenderwoche 2 und dem 23.01.2006 für die Kalenderwoche 4.
413e) Preisbestätigung am 05.01.2006
414Die Feststellungen, dass die Herren L. und A. in einem am 05.01.2006 geführten Telefonat das am 06.12.2005 begonnene Gespräch über die Zusammenarbeit im Jahr 2006 fortführten, dass Herr L. für die Nebenbetroffene hierbei Preisunterschreitungen des von N.1 moderierten Aktionspreisniveaus durch die Handelsunternehmen F.1, L.4 und H.2 beanstandete, und dass Herr L. und Herr A. darauf ausführlich über die Vermarktungspreise der Nebenbetroffenen für X. Filterkaffee in den kommenden Wochen diskutierten und Herr L. Herrn A. zusagte, den zuletzt gezeigten Aktionspreis von 3,29 € pro 500-g-Packung X. Filterkaffee beizubehalten,
415folgen aus der Aussage des Herrn A. vor dem Senat und seinem von ihm verfassten Bericht über das Telefonat vom 05.01.2006 mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … Telefonat vom 05.01.2006“ und dem abschließenden Datum 09.01.2006, worin es nach Nennung der beiden Gesprächsteilnehmer, den Herren L. und A., wörtlich heißt:
416„…
4171. Allgemeines
418Ziel dieses Telefonats war die Fortsetzung des am 06. Dezember 2005 geführten Jahresgespräches.
419Herr L. reklamierte zunächst massiv die bekannten Unterschreitungen (H.2, F.1 …, L.4) der von uns empfohlenen Aktionspreise sowie einzelner X.3-Aktionen.
420Nach intensiver Diskussion über die weitere Vermarktung in den kommenden Wochen habe ich die Zusage erhalten, dass S.1 den zuletzt gezeigten Aktionspreis von 3,29 € je 500 gr. X. Kaffee für die nächsten Aktionen beibehält.
421…“
422Zwar hat Herr A. bekundet, an das Telefonat keine lebhafte, ihm vor Augen stehende Erinnerung zu haben, jedoch hat er den Bericht mit dem abschließenden Datum 09.01.2006 sicher als von ihm hergestellt erkannt und dessen Inhalt sicher als einen in dieser Zeit typischen Kontakt mit Herrn L. bezeichnet. Mit seinem kritischen, sorgfältigen, sich Zeit zur Prüfung und Erinnerung nehmenden Aussageverhalten hat er sich auch an dieser Stelle uneingeschränkt in der Lage und bereit gezeigt, für die Richtigkeit des Berichts Verantwortung zu übernehmen. Dessen Inhalt fügt sich überdies zwanglos in das festgestellte Gesamtgeschehen ein, insbesondere in Hinsicht auf die Grundeinigung um die Jahreswende 2004/2005 und das Gespräch anlässlich des Besuchstreffens vom 06.12.2005. Ferner ist kein plausibler Grund ersichtlich, weshalb der Herrn G.X. zufolge „mit der erforderlichen Akkuratesse“ ausgestattete, persönlich sehr zuverlässige Herr A. zu Lasten der Nebenbetroffenen hier etwas völlig Falsches, vollkommen aus der Luft Gegriffenes und leicht zu Verifizierendes dokumentiert haben sollte.
423f) Preiseinigung am 22.02.2006
424Die Feststellung, dass sich die Herren A. und L. in einem Telefonat am 22.02.2006 darauf einigten, dass die Nebenbetroffene in der Hauptwerbung der Kalenderwoche 11 und in der Sonderwerbung der Kalenderwoche 12 X. Filterkaffee zu einem Aktionspreis von 2,99 € vermarktete und dafür von N.1 eine Stückprämie in Höhe von 0,35 € pro zu diesem Preis verkaufter 500-g-Packung Filterkaffee erhielt,
425beruht auf der Aussage des Herrn A. und der von ihm verfassten Aktennotiz über das Telefonat vom 22.02.2006 mit der Bezeichnung „Aktennotiz S.1 … Telefonat mit Herrn L. am 22.02.2006“ und dem abschließenden, von ihm paraphierten Datum 22.02.2006, worin es wörtlich heißt:
426„Vermarktung X.-Filterkaffee
427Folgende Vereinbarung wurde getroffen:
428S.1 … erhält für die nationale Aktion in KW 11 und die Zwischenaktion in KW 12 eine Subvention in Höhe von insgesamt 35 Cent auf Abverkaufszahlen nachträglich als Rückvergütung.
429Der nächste Gesprächstermin wurde für den 20. März um 14 Uhr in … bestätigt.
430…“
431Zwar enthält die Aktennotiz keinen Hinweis auf den gemeinsam festgelegten Aktionspreis. Hierzu hat Herr A. aber glaubhaft bekundet, dass er diese Aktennotiz im Zuge der Bereinigung von kartellrechtlich inkriminierenden Angaben nachträglich verändert und deswegen die Passage mit dem vereinbarten Aktionspreis beseitigt habe. Dies habe er in allen Fällen der Bereinigung so gehandhabt. Unterjährig sei fortlaufend über die Aktionspreise und die dafür zu zahlenden Prämien gesprochen worden, und wenn es eine diesbezügliche Einigung gegeben habe, dann habe diese Einigung auch immer den von der Nebenbetroffenen zu zeigenden Aktionspreis zum Gegenstand gehabt. Die Prämien seien immer für die Vermarktung zu einem gemeinsam festgelegten Aktionspreis vereinbart und gezahlt worden. Im Hinblick auf diese Aussage ist der Senat überzeugt, dass die Aktennotiz in der ursprünglichen Fassung auch die vereinbarte Aktionspreisführung für die Kalenderwochen 11 und 12 dokumentiert hat. Den Umstand, dass diese Aktionspreisführung den Aktionspreis von 2,99 € für die 500-g-Packung Filterkaffee zum Gegenstand hatte, schließt der Senat aus dem sich hierzu einfügenden übrigen Geschehen, wonach die Nebenbetroffene bei fortgeltender Grundeinigung in den Kalenderwochen 11 und 12 abweichend von dem bis dahin vereinbarten Aktionspreisniveau um 3,29 € erstmals einen Aktionspreis von 2,99 € zeigte und dazu die Erhöhung der Stückprämie von bislang 0,1869 € auf 0,35 € als Spannenausgleich passt, sowie aus dem Umstand, dass gemäß der Aktennotiz über das Telefonat vom 22.02.2006 die Herren A. und L. den nächsten Gesprächstermin bei der Nebenbetroffenen am 20.03.2006 bestätigten, der in der Kalenderwoche 12 lag und bei dem, wie nachfolgend noch dargelegt wird, die Herren N.Q., L. und A. erneut über die künftigen Aktionspreise der Nebenbetroffenen diskutierten, und zwar dem Bericht des Herrn A. über das Besuchstreffen vom 20.03.2006 zufolge anknüpfend an die – in der Tat seit den Kalenderwochen 11 und 12 – „neue Situation bei Aktionspreis 2,99“.
432g) Preisdiskussion am 20.03.2006, Preiseinigung am 06.04.2006
433Die Feststellung, dass anlässlich eines Treffens am Geschäftssitz der Nebenbetroffenen am 20.03.2006 die Herren N.Q., L. und A. über die Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen für X. Filterkaffee diskutierten und dabei ergebnislos über eine weitere Erhöhung der von N.1 zu zahlenden Stückprämie von 0,35 € auf 0,4085 € pro verkaufter 500-g-Packung verhandelten,
434stützt sich auf die dies bestätigende Aussage des Herrn A. und seinen von ihm verfassten Bericht über den Besuch mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … vom 20.03.2006“ mit dem abschließenden Datum 23.03.2006, in dem es auszugsweise nach Nennung der Gesprächsteilnehmer Herren N.Q., L. und A. wörtlich heißt:
435„…
4365. Aktionspreisunterstützung für Filterkaffee 500 gr.
437…
438Aus der S.1-Marge bei Aktionspreis 3,29 Euro (3,075 minus 2,888 Euro = 18,7 Cent) zur neuen Situation bei Aktionspreis 2,99 Euro (2,795 minus 2,725 Euro = 7,0 Cent) resultiert eine Differenz von insgesamt 11,7 Cent je 500 gr. Filterkaffee.
439Von dieser Differenz wird zusätzlich zumindest die Hälfte, und somit eine neue Gesamtsubvention in Höhe von 0,4085 Euro eingefordert.
440Aus taktischen Gründen wurde das Gespräch an dieser Stelle vertagt.
441Nächste Schritte: Telefonat mit Herrn L. in KW 13.
442…“
443Zwar existiert noch eine zweite Fassung des Berichts über den Besuch am 20.03.2006 mit dem abschließenden Datum 20.03.2006, paraphiert von Herrn A.. Herr A. hat jedoch den Bericht mit dem Datum 23.03.2006 anhand der inhaltlichen Abweichungen sicher und eindeutig als die von ihm hergestellte Ursprungsfassung des Berichts mit dem richtigen, von inkriminierenden Angaben unbereinigten Inhalt identifiziert. Der Umstand, dass eine zweite Fassung des Besuchsberichts über den Besuch am 20.03.2006 existiert, mindert indes die Beweiskraft des Besuchsberichts mit dem Datum 23.03.2006 nicht. Die Feststellungen, dass die Herren L. und A. das Thema der Aktionspreisführung am Rande der N.8-Warenbörse am 06.04.2006 wieder aufgriffen und sich darauf einigten, dass die Nebenbetroffene X. Filterkaffee bis zur Kalenderwoche 22 zum Aktionspreises von 2,99 € vermarktete und dafür von N.1 eine Stückprämie von 0,4085 € pro zu diesem Preis verkaufter 500-g-Packung erhielt,
444beruhen auf der dies bestätigenden Aussage des Herrn A. und der von ihm verfassten und in seiner Vernehmung bestätigten Aktennotiz mit der Bezeichnung „Aktennotiz S.1, … Gespräch mit Herrn L. am 06.04.2006 im Rahmen der N.8-Warenbörse“, die in einer Fassung mit dem abschließenden Datum 07.04.2006 und einer Fassung mit dem abschließenden Datum 06.04.2006, paraphiert von Herrn A., existiert. Weshalb es von der Aktennotiz zwei Fassungen gibt und welche die inhaltlich zutreffende sei, hat Herr N.A. unter Hinweis auf die von Herrn G.X. damals veranlasste N.1-interne Bereinigungsaktion glaubhaft bekundet. Er hat die Fassung mit dem Datum 07.04.2006 anhand ihres – nicht bereinigten – Inhalts sicher als die ursprüngliche und richtige identifiziert. Darin heißt es auszugsweise wörtlich wie folgt:
445„…
446Folgende Vereinbarungen wurden getroffen:
4471. S.1 … erhält für alle Filterkaffee-Aktionen bis einschließlich KW 22 – bei Darstellung eines Aktionspreises von 2,99 €/500 gr. – eine Subvention in Höhe von insgesamt 0,4085 € auf Abverkaufszahlen nachträglich als Rückvergütung.
448…“
449Der Senat ist überzeugt, dass sich das Geschehen wie festgestellt zugetragen hat. Insbesondere gibt es keinen durchgreifenden Anlass, an der Richtigkeit der Aktennotiz des Herrn A. mit dem abschließenden Datum 07.04.2006 zu zweifeln, weder in Hinsicht auf die Glaubwürdigkeit des Herrn A. noch in Hinsicht auf den dokumentierten Inhalt. Entgegen der Annahme der Verteidigung steht die Formulierung „– bei Darstellung eines Aktionspreises von 2,99 €/500 gr. –ʺ der Einigung auf diesen Aktionspreis nicht entgegen. Zu dem sich in das Geschehen einfügenden richtigen Verständnis, dass in seinen Kontakten im Fall der Einigung auf eine von N.1 zu zahlende Stückprämie auf Abverkauf immer auch der konkrete Aktionspreis festgelegt worden sei, hat Herr A. wiederholt glaubhaft und widerspruchsfrei ausgesagt. Der Einwand der Verteidigung, beim Kontakt auf der N.8-Warenbörse am 06.04.2006 sei der Werbeprospekt für die Kalenderwoche 14 längst verteilt gewesen, greift nicht durch, weil die Einigung, soweit sie auf die Zukunft gerichtet war, bei verständiger Würdigung alle bis zur Kalenderwoche 22 noch erreichbaren, also die ab der Kalenderwoche 17 anstehenden Vermarktungen betraf. Ebenfalls ohne Erfolg bleibt der Einwand der Verteidigung, die Stückprämie von 0,4085 € ergebe sich aus der Addition von 0,1869 € und 0,2216 €, welcher Betrag in einer Rechnung der Nebenbetroffenen Nr. 06005767 vom 06.07.2006 aufgeführt sei, der sich aber auf eine Einigung vom 20.03.2006 beziehe und nicht auf eine solche vom 06.04.2006. Denn Letzteres steht der Annahme einer bekräftigenden oder bestätigenden Einigung am 06.04.2006 über die Aktionspreisführung bis zur Kalenderwoche 22 keineswegs entgegen. Überhaupt sind alle in Rede stehenden Einzeleinigungen der beiden Unternehmen über Aktionspreisführungen im Zusammenhang mit der festgestellten Grundeinigung auszulegen und vernünftigerweise dahin zu verstehen, dass, soweit nichts Anderes ausdrücklich vereinbart war, die neue Preisführung >soweit nach den Umständen noch realisierbar und bis auf weiteres< gelten sollte.
450Die Feststellung, dass die Nebenbetroffene gemäß der Einigung verfuhr und bis zur Kalenderwoche 22 die 500-g-Packung X. Filterkaffee zum Aktionspreis von 2,99 € vermarktete, beruht auf der jeweiligen Seite 1 ihrer Werbeprospekte, jeweils gültig ab dem 13.03.2006 für die Kalenderwoche 11, dem 24.04.2006 für die Kalenderwoche 17 und dem 29.05.2006 für die Kalenderwoche 22, sowie ihren Werbeblättern, jeweils gültig ab dem 03.04.2006 für die Kalenderwoche 14, dem 18.04.2006 für die Kalenderwoche 16, dem 02.05.2006 für die Kalenderwoche 18, dem 15.05.2006 für die Kalenderwoche 20 und dem 22.05.2006 für die Kalenderwoche 21.
451h) Preiseinigung am 11.05.2006
452Die Feststellung, dass N.1 am 09.05.2006 seine Handelskunden informierte, ab der Kalenderwoche 23 den auf 2,99 € zurückgefallenen Aktionspreisniveau für die 500-g-Packung Filterkaffee auf 3,49 € anzuheben, folgt aus den dies besagenden gleichlautenden Telefax-Schreiben vom 09.05.2006 an die N.6, S.2, Drogeriemarktkette T.1 und an die Nebenbetroffene, für diese gerichtet an die Herren N.Q. und L.. Das Telefax-Schreiben an Herrn N.Q. hat folgenden Wortlaut:
453- Foto zwecks Schwärzung entfernt -
454Dass diese Ankündigung an alle Handelskunden von N.1 ging, ergibt sich aus der in die Hauptverhandlung eingeführten Fax-Verteiler-Liste und der Tatsache, dass die gleichlautenden Schreiben im Adressfeld allgemein „An unsere Geschäftskunden“ gerichtet waren. Ferner hat Herr G.X. vor dem Senat auf Vorhalt der N.1-Schreiben vom 09.05.2006 glaubhaft bestätigt, dass nach Pfingsten die Aktionspreise auf das Niveau von 3,49 € angehoben werden sollten. Der Wortlaut des Schreibens zeigt, dass sich die Nebenbetroffene in einer das Verkaufspreisniveau lenkenden und steuernden Funktion sah und dies ihren Handelskunden kommunizierte. Widerspruch gab es insoweit aus dem Handel keinen, auch nicht von der Nebenbetroffenen.
455Die Feststellungen, dass die Herren L. und A. sich in einem Telefonat am 11.05.2006 darauf einigten, dass die Nebenbetroffene X. Filterkaffee in der Hauptwerbung der Kalenderwoche 22 unverändert mit einem Aktionspreis von 2,99 € für die 500-g-Packung vermarktete, in der Hauptwerbung der Kalenderwoche 24 und in den Sonderwerbungen der Kalenderwochen 23 und 25 nicht vermarktete und ab der Kalenderwoche 26 zum neuen Aktionspreis von 3,49 € anbot, und dass die Nebenbetroffene dafür von N.1 einen Einmalbetrag von 20.000 € erhielt,
456beruhen auf der Aussage des Herrn A. vor dem Senat und der von ihm verfassten und in seiner Vernehmung bestätigten Aktennotiz mit der Bezeichnung „Aktennotiz S.1 … Telefonat mit Herrn L. am 11.05.2006“, die in einer Fassung mit dem abschließenden Datum 12.05.06 und einer Fassung mit dem abschließenden Datum 11.05.06 existiert. Weshalb es von der Aktennotiz zwei Fassungen gibt und welche die inhaltlich zutreffende sei, hat Herr N.A. unter Hinweis auf die von Herrn G.X. damals veranlasste N.1-interne Bereinigungsaktion auch in diesem Fall glaubhaft bekundet. Er hat die Fassung mit dem Datum 12.05.2006 anhand ihres – nicht bereinigten – Inhalts sicher als die ursprüngliche und richtige identifiziert. Diese lautet wörtlich:
457„Folgende Vereinbarung wurde getroffen:
458In den Kalenderwochen 23 bis 25 waren zwei regionale und eine nationale Aktion geplant, diese entfallen bzw. werden – sofern möglich – zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt
Die Abrechnung erfolgt in zwei Schritten* (einmal 15.000 €, einmal 20.000 €) gegen Rechnungstext „Absatzförderung Filterkaffee nach der KW 26.“
Herr N.9
462N.A.
46312.05.06“
464(Unterstreichungen durch den Senat)
465Herr A. setzte ebenfalls mit Datum vom 12.05.2006 noch folgenden handschriftlichen Vermerk hinzu:
466„*15.000 € für Cappuccino-Aktion, 20.000 € für Aktionspreis-Umstellung } extern
467...“
468Aus dem Text neben den ersten beiden Aufzählungszeichen ergibt sich, dass für die Aktion in der Kalenderwoche 22 unverändert der schon vereinbarte Aktionspreis von 2,99 € gelten und die Aktionen der Kalenderwochen 23 bis 25 – vor Anhebung des Aktionspreises in der Kalenderwoche 26 – entfallen sollten. Der Einwand der Verteidigung, zum Zeitpunkt des Telefonats am 11.05.2006 habe eine für die Kalenderwoche 22 geplante Aktion nicht mehr geändert werden können, geht fehl, weil eine Änderung von den Herren A. und L. am 11.05.2006 nicht beabsichtigt war. Zwischen ihnen stand die Preisführung in der Kalenderwoche 22 bereits seit dem 06.04.2006 fest.
469Der handschriftliche Zusatz des Herrn A. auf der Aktennotiz mit Datum 12.05.2006 bestätigt, dass der Einmalbetrag von 20.000 € für die Aktionspreis-Umstellung auf 3,49 € und nicht schlechthin für die Durchführung einer Aktion mit X. Filterkaffee vereinbart wurde.
470Die Annahme, dass die Nebenbetroffene, wie vereinbart, ab der Kalenderwoche 26 den neuen Aktionspreis von 3,49 € zeigte, beruht auf der Seite 1 ihrer Werbeprospekte, jeweils gültig ab dem 26.06.2006 für die Kalenderwoche 26, dem 24.07.2006 für die Kalenderwoche 30 und dem 07.08.2006 für die Kalenderwoche 32, sowie ihren Werbeblättern, jeweils gültig ab dem 03.07.2006 für die Kalenderwoche 27, dem 17.07.2006 für die Kalenderwoche 29, dem 31.07.2006 für die Kalenderwoche 31 und dem 14.08.2006 für die Kalenderwoche 33.
471i) Preiseinigung nach dem 21.08.2006
472Die Feststellungen, dass auf eine Reklamation des Herrn A. gegen die von der Nebenbetroffenen erteilte Abrechnung von Stückprämien Herr L. Herrn A. daran erinnerte, dass dieser eine Stückprämie von 0,4085 € pro 500-g-Packung X. Filterkaffee auf Abverkaufszahlen im Aktionszeitraum bei Aktionspreis 2,99 Euro bestätigt habe, beruhen auf dem Ausdruck der E-Mail des Herrn L. vom 08.08.2006 an Herrn A., in der es nach dem Betreff „Ihre Reklamation“ wörtlich heißt:
473„Sehr geehrter Herr A.,
474mit Schreiben vom 31.07.2006 reklamierten Sie die WKZ-Unterstützung für KW 11 und 12. Diese Reklamation können wir allerdings nicht nachvollziehen.
475Nachdem im Januar und Februar das Aktions-Preis-Niveau auf 1,99 abgerutscht war, hatten Sie uns zunächst telefonisch eine Unterstützung von 35 Cent angeboten, die wir nicht akzeptieren konnten und deswegen Gegenstand unseres gemeinsamen Gespräches vom 20.03.2006 war. Im Anschluss an dieses Gespräch bestätigten Sie uns am 28. März per Mail „eine neue Subvention von 0,4085 Euro je 500 gr. Filterkaffee (auf Abverkaufszahlen im Aktionszeitraum) bei Aktionspreis 2,99 Euro“. Gleichlautend habe ich die Abrechnung ab KW 11 (Aktionspreis 2,99 €) vorgenommen. (Unberücksichtigt blieb dabei sogar, dass wir schon in KW 08 und 10 genötigt waren, 3,19 aufzurufen).
476Ich hoffe, dass nun alle Unklarheiten beseitigt sind und bitte Sie, die Rechnungen kurzfristig freizugeben.
477Mit freundlichen Grüßen
478N.L.
479Category Manager
480…“
481(Unterstreichung durch den Senat)
482Der Umstand, dass die Herren A. und V. Herrn L. schriftlich vorschlugen, ab der Kalenderwoche 36 die 500-g-Packung X. Filterkaffee zu einem von 3,49 € auf 3,29 € reduzierten Aktionspreis bei unveränderten Regalpreisen zu vermarkten und für die Preisführung eine Stückprämie von 0,1869 € pro zu diesem Preis verkaufter 500-g-Packung an die Nebenbetroffene zu zahlen, folgt aus dem Schreiben der Herren A. und V. an Herrn L. vom 21.08.2006 mit dem Betreff „VK-Preispositionierung“, in welchem es wörtlich heißt:
483„Sehr geehrter Herr L.,
484nach intensiven Gesprächen in unserem Hause über Marktsituation und Wettbewerbsverhalten im Filterkaffee-Bereich folgender Vermarktungsvorschlag:
485Preispositionierung X. Kaffee:
486 Wochenaktionspreise: Reduzierung des Aktionspreises von 3,49 € auf 3,29 € ab Werbewoche 36 bis auf Widerruf
487 Regalpreise: unverändert
488 temporäre Stückprämie auf Abverkauf nachträglich gegen Rechnung:
4890,1869 €/Packung (Basis 3,29 € VK)
490Sehr geehrter Herr L., eine verlässliche und berechenbare Preisführung bleibt Zielsetzung unserer gemeinsamen Vermarktung. Es ist daher nicht verständlich, dass ein Wettbewerber bei konstant hohen Rohkaffeepreisen die Aktionspreise gesenkt, die Ertragssituation gefährdet und mit dieser Maßnahme einen bedeutenden Discounter zur evtl. Preisbewegung veranlasst. Um Preisabstände zu wahren, haben wir die Entscheidung einer temporären Preismaßnahme getroffen.
491Mit freundlichen Grüßen
492...“
493(Unterstreichungen durch den Senat)
494Aus diesem Schreiben folgt, dass die Basis der Einigung über die Gewährung der Aktionspreisunterstützung i. H. v. 0,1869 €/500-g-Packung X. Filterkaffee ein von der Nebenbetroffenen zu zeigender Aktionspreis von 3,29 € war.
495Soweit die Verteidigung geltend gemacht hat, es habe sich bei dem Schreiben vom 21.08.2006 lediglich um einen Vorschlag zur Vermarktung für die Zeit ab der Kalenderwoche 36 gehandelt, der allein nicht ausreiche, um eine Einigung zwischen der Nebenbetroffenen und N.1 nachzuweisen, lässt sie das tatsächliche Verhalten der Nebenbetroffenen außer Acht, aus dem zu schließen ist, dass die Einkaufsverantwortlichen der Nebenbetroffenen den Vermarktungsvorschlag der Herren A. und V. mindestens stillschweigend akzeptierten. So hielt die Nebenbetroffene den vorgeschlagenen Aktionspreis von 3,29 € mit Ausnahme zweier Abweichungen von 3,25 € und 3,15 € in den Kalenderwochen 44 und 46 ein und rechnete dafür auch die vereinbarte Aktionspreisunterstützung in Höhe von 0,1869 € pro zum Preis von 3,29 € verkaufter 500-g-Packung Filterkaffee gegenüber N.1 ab. Das Argument der Verteidigung, die Nebenbetroffene sei auf die Aktionspreisunterstützung von 0,1869 € angewiesen gewesen, um den Aktionspreise über ihrem Einstandspreis anbieten zu können, steht der Annahme einer Einigung schon im Ansatz nicht entgegen.
496Die Feststellung, dass die Nebenbetroffene ab der 37. Kalenderwoche die 500-g-Packung X. Filterkaffee zum Aktionspreis von 3,29 € vermarktete, beruht auf der Seite 1 ihrer Werbeprospekte, jeweils gültig ab dem 11.09.2006 für die Kalenderwoche 37, dem 25.09.2006 für die Kalenderwoche 39, dem 23.10.2006 für die Kalenderwoche 43 und dem 06.11.2006 für die Kalenderwoche 45, und ihren Werbeblättern, jeweils gültig ab dem 18.09.2006 für die Kalenderwoche 38, dem 02.10.2006 für die Kalenderwoche 40 und dem 16.10.2006 für die Kalenderwoche 42.
497Dass die Nebenbetroffene X. Filterkaffee in zwei Sonderwerbungen zum Aktionspreis von 3,25 € vermarktete, ergibt sich aus ihren Werbeblättern gültig ab dem 30.10.2006 für die Kalenderwoche 44 und dem 13.11.2006 für die Kalenderwoche 46.
498Dass die Nebenbetroffene X. Filterkaffee in einer Sonderwerbung zum Aktionspreis von 3,15 € vermarktete, ergibt sich aus dem Werbeblatt gültig ab dem 20.11.2006 für die Kalenderwoche 47.
499j) Preisdiskussionen am 01.11.2006 und 13.12.2006
500Die Feststellung, dass die Herren M., L., G.X. und A. anlässlich des Gesprächs über die Zusammenarbeit im Jahr 2007 am Sitz der Nebenbetroffenen am 01.11.2006 über die künftigen Aktionspreise für X. Filterkaffee im Handel im Allgemeinen und bei der Nebenbetroffenen im Besonderen diskutierten, beruht auf den Aussagen der Herren G.X. und A., die dies vor dem Senat bekundet haben, und auf dem von Herrn A. verfassten Bericht mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … Jahresgespräch vom 01. November 2006“ mit dem abschließenden Datum 10.11.2006, wo es nach Nennung der Gesprächsteilnehmer Herren M., L., G.X. und A. wörtlich heißt:
501„…
5021. Allgemeines:
503Anhand der von Herrn G.X. präsentierten Marktdaten wurden die aktuellen Entwicklungen im Kaffeemarkt intensiv diskutiert.
504…“
505Herr G.X. hat hierzu ausgesagt, dass es in den Jahresgesprächen im Rahmen solcher einleitenden Diskussionen immer auch um den künftigen Aktionspreis der Nebenbetroffenen gegangen sei. Dies spiegelt sich wieder in der Auflistung der von den Herren M. und L. gegenüber N.1 am 01.11.2006 erhobenen Forderungen, wenn es unter Punkt 4 „Forderungen“ des Besuchsberichts beim siebten Aufzählungszeichen wörtlich heißt:
506„…
5074. Forderungen
508…
Voller Ausgleich jeder Netto-Preisabsenkung bei Aktionen
…“.
512Herr A. hat bekundet, dass er mit den „Forderungen“ in seinen Besuchsberichten stets von den Verantwortlichen der Nebenbetroffenen erhobene Forderungen gemeint habe.
513Die Feststellungen, dass die Herren L. und A. in einer E-Mail Korrespondenz am 13.12.2006 das für Januar 2007 zu erwartende Aktionspreisniveau erneut erörterten und Herr L. dabei die Ansicht vertrat, dass es N.1 nicht gelingen werde, im Januar 2007 ein handelsweites Aktionspreisniveau von 3,29 € oder gar 3,49 € herzustellen, weshalb er von N.1 für den sich abzeichnenden niedrigeren Aktionspreis eine über die am 06.04.2007 vereinbarte Stückprämie von 0,4085 € hinausgehende Zahlung forderte, beruhen auf dem Ausdruck einer E-Mail des Herrn L. an Herrn A. vom 13.12.2006 mit dem Betreff „Zusammenarbeit 2007“, in der es hierzu wörtlich heißt:
514„Sehr geehrter Herr A.,
515hinsichtlich der weiteren Zusammenarbeit im Jahr 2007 sehen wir noch erheblichen Klärungsbedarf. Auch das aktuelle Angebot aus Ihrem Hause ist nicht dazu geeignet, konstruktives und auf Wachstum ausgerichtetes Geschäft zu planen.
516…
5172. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es auch im Januar offenbar nicht gelingt, den Aktionspreis bei 3,29 € oder gar 3,49 € einzustellen, ist ein „weiter so“ und somit eine weiter unzureichende Unterstützung von 0,4085 € nicht akzeptabel. Bitte lassen Sie uns darüber sprechen, wie wir diese Lücke zumindest teilweise schließen können.
518…“
519(Unterstreichung durch den Senat).
520Damit knüpfte Herr L. an die bereits am 01.11.2006 erhobene, im Besuchsbericht von Herrn A. unter Punkt 4 festgehaltene Forderung nach einem Nettospannenausgleich im Falle einer Beibehaltung des vor Weihnachten üblicherweise, diesmal auf 2,99 € pro 500-g-Packung X. Filterkaffee abgesenkten Aktionspreisniveaus, für das die Nebenbetroffene und N.1 sich am 06.04.2006 auf eine Stückprämie von 0,4085 € geeinigt hatten. Dass das Aktionspreisniveau auf 2,99 € gefallen war und auch von der Nebenbetroffenen gezeigt wurde, belegt die Seite 1 des Werbeprospekts der Nebenbetroffenen gültig ab dem 04.12.2006 für die Kalenderwoche 49, auf der die 500-g-Packung X. Filterkaffee zum Aktionspreis von 2,99 € vermarktet wird.
521k) Preisdiskussion und Teileinigung am 26.02. und 01.03.2007,Preiseinigung am 02.03.2007
522Die Feststellungen, dass die Herren M. und A. Ende Februar 2007 via E-Mail kontrovers über die vom Handel seit Jahresanfang gezeigten Aktionspreise diskutierten, namentlich dass Herr M. in seiner E-Mail vom 26.02.2007 an Herrn A. beanstandete, dass Wettbewerber X. Filterkaffee weiterhin mit dem vor Weihnachten abgesenkten Aktionspreis von 2,99 € vermarkteten, beruhen auf dem Ausdruck der E-Mails der Herren M. und A. vom 26.02.2007. Die E-Mails belegen ferner, dass die Diskussion kontrovers geführt wurde. So beanstandete Herr M. in seiner E-Mail um 10:06 Uhr, dass sich der Preis nicht auf dem alten Niveau stabilisiert habe, sondern keine Woche vergehe, in der X. Kaffee nicht unter 3 € verkauft werde, was Herr A. in seiner E-Mail um 13:27 Uhr unter Verweis auf die Handelsunternehmen S.3, F.3, V.2, N.7, T.1, I.3, L.6, Q.3, Q.2 und F.1 bestritt, die, nachdem N.1 ab der Kalenderwoche 4 zu einem Aktionspreisniveau von 3,29 € zurückgekehrt sei, ab der Kalenderwoche 4 bzw. 5 in ihren Vermarktungen einen Aktionspreis auf dem von N.1 empfohlenen Niveau gezeigt hätten, was Herr M. in seiner E-Mail um 15:09 Uhr seinerseits unter Verweis auf die Wettbewerber L.4, C.3, E.2, G.2, F.1, S.5 „u.v.m.“ in Abrede stellte und mit dem Zusatz versah, dass es ihnen bei der Nebenbetroffenen neu sei, dass „der Januar sozusagen noch in die Toleranzzeit fällt, in der Preise unter 3 Euro von Ihnen toleriert und von uns hingenommen werden sollen“.
523Die Feststellungen,
524dass die Diskussion vom 26.02.2007 anlässlich des Besuchstreffens am Sitz der Nebenbetroffenen am 01.03.2007 zwischen den Herren L. und A. fortgesetzt wurde,
525dass Herr L. dabei monierte, dass die Nebenbetroffene in den vergangenen Wochen mit dem von N.1 empfohlenen Preis von 3,29 € für die 500-g-Packung den „falschen Aktionspreis“ gezeigt habe und die Nebenbetroffene wegen wiederholter Unterschreitungen durch Wettbewerber Absatzeinbußen erlitten habe,
526dass Herr L. für die behaupteten Einbußen von N.1 einen finanziellen Ausgleich forderte, den Herr A. als unbegründet zurückwies,
527dass Herr L. ferner die Absenkung des Regalpreisniveaus auf 3,79 € forderte, was Herr A. ebenfalls ablehnte,
528dass in Hinsicht auf die bevorstehende Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen Herr L. für die Sonderwerbungen der Kalenderwochen 15 und 16 eine Aktionspreisführung von 2,99 € bei einem Aktionspreis von 3,29 € in der Hauptwerbung der Kalenderwoche 17 forderte, was Herr A. mit Blick auf den als zu niedrig erachteten Aktionspreis der beiden Sonderwerbungen zurückwies,
529dass mangels Einigung in all diesen Punkten die Herren L. und A. für die darauffolgende Woche ein Telefonat vereinbarten, das wegen der Urlaubsabwesenheit des Herrn L. für die Nebenbetroffene von Herrn M. geführt werden sollte, sowie ein weiteres Telefonat der Herren L. und A. am 19.03.2007,
530und dass sich die Herren L. und A. am 01.03.2007 auf einen Aktionspreis von 2,99 € für die Sonderwerbung der Kalenderwoche 12 und die Hauptwerbung (Osterwerbung) der Kalenderwoche 14 einigten,
531beruhen auf der Aussage des Herrn A. und dem von ihm verfassten Bericht über das Besuchstreffen am 01.03.2007 mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … Gespräch vom 01. März 2007“, der in einer Fassung mit dem abschließenden Datum 06.03.2007 und einer von Herrn A. bereinigten Fassung ohne abschließendes Datum existiert. Weshalb es von dem Bericht zwei Fassungen gibt und welche die inhaltlich richtige sei, hat Herr Markus A. glaubhaft bekundet. Er hat die Fassung mit dem Datum 06.03.2007 anhand ihres Inhalts sicher als die ursprüngliche, nicht von inkriminierenden Angaben bereinigte Fassung identifiziert. Darin heißt es nach Nennung der Gesprächsteilnehmer Herren L. und A. sowie Frau C.2 auszugsweise in Hinsicht auf die vorgenannten Feststellungen wörtlich:
532„…
533Nach Auffassung von Herrn L. hat S.1 in den vergangenen Wochen mit 3,29 Euro/500g eindeutig den „falschen Aktionspreis“ gezeigt. Davon wurde das gesamte Gespräch überschattet. Herr L. hat im Zusammenhang mit absolut nicht zufrieden stellenden Absätzen auf etliche Unterschreitungen dieses Preises hingewiesen und fordert zur Kompensation der Verluste ein rückwirkendes Schmerzensgeld. Im Lauf des Gesprächs wurde diese Forderung von mir wiederholt zurückgewiesen, die Vermarktung von X. Filterkaffee hat nachweislich fast ausschließlich/deutlich überwiegend auf einem Niveau von ca. 3,29 Euro stattgefunden.
535Um den Aktionsanteil zu senken fordert S.1 erneut eine Reduzierung unseres Regalpreises auf 3,79 Euro, bei vollem Ausgleich. Auch dieser Punkt wurde von mir aufgrund der fehlenden Notwendigkeit abgelehnt.
536…
5373. Aktivitäten
538Filterkaffee
539Forderung
540KW 15 und 16 (regional) zum Aktionspreis 2,99 €/500g X. Filterkaffee
541KW 17 (national) zum Aktionspreis 3,29 €/500g X. Filterkaffee
542=> Die Aktionspreisführung in KW 15 und 16 wurde von mir nicht akzeptiert, der WKZ für die Osteraktionen sowie die Aktionspreisunterstützung entfällt in diesem Fall
543Lösung
5441. Telefonat mit Herrn M. in KW 10 (Herr L. hat Urlaub)
2. Übermittlung von „Argumenten“, die auch S.1-intern greifen (z. B. Informationen des Wettbewerbs)
3. Telefonat mit Herrn L. am 19. März
4. Ggf. WKZ
Herr A.
550Die Osterwerbung in KW 14 sowie die regionale Vermarktung in KW 12 wird zum Aktionspreis 2,99 € umgesetzt.
551…“
552Die Feststellungen, dass es in Hinsicht auf den am 01.03.2007 offen gebliebenen Ausgleich für den nach Auffassung der Herren L. und M. „falschen Aktionspreis“ von 3,29 € am 02.03.2007 zu einem Telefonat der Herren L. und A. kam, in dem beide sich darauf verständigten, dass die Nebenbetroffene für das Zeigen des Aktionspreises von 3,29 € in den Kalenderwochen 4 bis 11 eine Stückprämie in Höhe von 0,1869 € pro verkaufter 500-g-Packung Filterkaffee erhielt, und dass sie sich in Hinsicht auf den tags zuvor für die Kalenderwochen 12 und 14 vereinbarten Aktionspreis von 2,99 € auf eine von N.1 an die Nebenbetroffene zu zahlende Stückprämie von 0,4085 € auf Abverkauf einigten,
553beruhen auf der glaubhaften Aussage des Herrn A. vor dem Senat und der von ihm hergestellten Aktennotiz mit der Bezeichnung „Aktennotiz S.1 … Telefonat mit Herrn L. am 02.03.2007“, die in einer ursprünglichen Fassung mit dem abschließenden Datum 08.03.2007 und einer von ihm bereinigten Fassung ohne abschließendes Datum existiert, wobei Herr A. die Fassung mit dem Datum 08.03.2007 anhand ihres Inhalts sicher als die ursprüngliche und inhaltlich richtige identifiziert hat. Darin heißt es auszugsweise in Hinsicht auf die vorgenannten Feststellungen wörtlich:
554„Folgende Vereinbarungen wurden getroffen:
555S.1 erhält für alle Filterkaffeeaktionen ab Kalenderwoche 4 und bis einschließlich Kalenderwoche 11 - bei Darstellung eines Aktionspreises von 3,29 Euro/500g - eine nachträgliche Unterstützung in Höhe von 0,1869 Euro/500g auf Abverkaufszahlen gegen Rechnung.
556Für die Filterkaffee-Aktionen der Kalenderwoche 12 (regional) und Kalenderwoche 14 (national) wurde – bei Aktionspreis 2,99 Euro/500 g – eine nachträgliche Unterstützung in Höhe von insgesamt 0,4085 Euro/500g auf Abverkauf vereinbart.
557…“.
558Den Feststellungen steht der Inhalt des Schreibens vom 08.03.2007 nicht entgegen. Mit jenem Schreiben vom 08.03.2007 an die Nebenbetroffene mit dem Betreff „Aktionspreise Filterkaffee“, gerichtet an Herrn M. als Leiter Einkauf, kamen die Herren G.X. und A. auf die oben erwähnte E-Mail des Herrn M. vom 26.02.2007 und das von den Herren A. und Herrn L. anschließend geführte Gespräch zurück. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
559„Sehr geehrter Herr M.,
560wir kommen auf Ihre Email vom 26. Februar 2007 sowie das anschließend zwischen Ihrem Herrn N.L. und unserem Herrn N.A. geführte Gespräch zurück.
561Aus Wettbewerbsgründen empfehlen wir in den Kalenderwochen 12 bis 14 einen Aktionspreis von 2,99 € je 500g X. Filterkaffee.
562Für diese Aktionspreisstellung gibt es von der Beschaffungsseite her keine Begründung.
563Aufgrund diverser Gespräche mit unseren Handelspartnern wissen wir, dass ab der Kalenderwoche 15 (nach Ostern) wieder zu einem Aktionspreisniveau von 3,29 € je 500g zurückgekehrt wird.
564Unsere Motivation ist eine verlässliche Preispositionierung im Handel, die zum einen angemessene Preisabstände zu B.1 bzw. den Handelsmarken gewährleistet. Um diese Preisabstände zu wahren, und um generelle Preisbewegungen des Marktes zu vermeiden, haben wir uns zu dieser temporären Maßnahme entschieden.
565Zum anderen müssen und wollen wir unsere Marke schützen.
566Bitte unterstützen Sie uns – im beiderseitigen Interesse – bei einer verlässlichen und glaubwürdigen Aktionspreispolitik.
567Beide Unterzeichner erlauben sich, Sie in dieser Angelegenheit Anfang der kommenden Woche telefonisch zu kontaktieren.
568Mit freundlichen Grüßen
569...“
570Auf Vorhalt dieses Schreibens vom 08.03.2007 und die Frage der Verteidigung, ob das Schreiben nicht zeige, dass nur eine Aktionspreisempfehlung ausgesprochen und nichts vereinbart worden sei, hat Herr A. überzeugend ausgesagt, dass dies leider nicht so gewesen sei. Es habe keine Aktionspreisstufen gegeben, aus denen die Nebenbetroffene habe frei wählen können. Beides, sowohl der zukünftige Aktionspreis als auch die daran geknüpfte Aktionspreisunterstützung auf den Abverkauf zu diesem Preis, sei im Vorfeld von Aktionen ganz klar immer miteinander besprochen und beschlossen worden. Auf die weitere Frage der Verteidigung, wozu es dann des allgemeinen Schemas bedurft habe, das er in seiner persönlichen Erklärung vom 07.05.2013 beschrieben habe, ist Herr A. bei seiner Aussage geblieben. Er hat bekundet, dass der Verteidiger da etwas hineininterpretiere, mit dem er, der Zeuge, nicht mitgehen könne. Mit seinen Ausführungen in der persönlichen Erklärung vom 07.05.2013 habe er lediglich versucht, die Systematik zu erklären. Diese habe darin bestanden, dass man immer konkret über den Aktionspreis und die dafür zu zahlende Prämie verhandelt habe. Das sei auch bei den Gesprächen am 01. und 02.03.2007 mit Sicherheit nicht anders gewesen. Sie, der Zeuge und Herr L., hätten eine Vereinbarung über die Aktionspreise und die Aktionspreisunterstützung für die Osterwerbung getroffen. Er teile auch nicht die Ansicht der Verteidigung, dass sich eine Aktionspreisempfehlung und eine Aktionspreisvereinbarung begrifflich gegenseitig ausschließen würden, beides seien oftmals Etappen im Rahmen einer Einigung gewesen, man habe mit einer Empfehlung begonnen und sei mit einer Vereinbarung auseinandergegangen.
571l) Preisdiskussion im Mai 2007
572Die Feststellungen, dass die Herren M., L. und A. ab Anfang Mai 2007 das nach Pfingsten zu zeigende Aktionspreisniveau diskutierten, die von N.1 für den Zeitraum zwischen Ostern und Pfingsten ausgesprochene Aktionspreisempfehlung als falsch und nicht marktgerecht kritisierten, Herr M. auf dadurch entstandene Umsatzeinbußen verwies und von N.1 eine „Schmerzensgeldzahlung“ im fünfstelligen Bereich forderte, und beide Herren M. und L. bezweifelten, dass eine einheitliche Erhöhung der Aktionspreise direkt nach Pfingsten gelingen werde, beruhen auf der Aussage des Herrn A. und dem von ihm verfassten und bestätigten Bericht mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … Gespräch vom 07. Mai 2007“, der in einer Fassung mit dem abschließenden Datum 20.11.2012 und einer von Herrn A. später um inkriminierende Angaben bereinigten Fassung mit dem Datum 14.05.2007 existiert. Weshalb es von dem Bericht zwei Fassungen gibt und welche die inhaltlich Richtige sei, hat Herr A. unter Hinweis auf die von Herrn G.X. erteilte Weisung zur Bereinigung glaubhaft bekundet. Er hat die Fassung mit dem Datum 20.11.2012 anhand ihres Inhalts sicher als die ursprüngliche und inhaltlich richtige identifiziert. Darin heißt es auszugsweise, nach einleitender Nennung der Gesprächsteilnehmer Herren M., L. und A. sowie Frau C.2 – die festgestellte Preisdiskussion belegend – wörtlich:
573„…
5741. Allgemeines:
575Man ist generell sehr unzufrieden mit der Aktionspreisentwicklung im Kaffeegeschäft in den letzten Monaten. Dies betrifft ausdrücklich nicht nur uns sondern alle Kaffeemarken.
576Aus der Preisschlacht der letzten Monate hat sich S.1 bewusst komplett zurückgehalten, allerdings mit dem Ziel jeden F.1-Jubiläumspreis einmalig zu wiederholen (siehe E.1-Aktion zu 3,25 € in dieser Woche).
577Sowohl Herr L. als auch Herr M. haben noch einmal zum Ausdruck gebracht, dass eine berechenbare und gleichmäßige Aktionspreisführung sehr in ihrem Sinne wäre.
578Uns wurde vorgeworfen, eine schlichtweg falsche bzw. nicht marktgerechte Aktionspreisempfehlung für den Zeitraum zwischen Ostern und Pfingsten ausgesprochen zu haben.
579Insbesondere aus diesem Grund hat Herr M. unangekündigt an dem Gespräch teilgenommen, und verwies auf den Schriftverkehr und diverse Telefonate zwischen den Herren G.X./A. und M./L..
580Die Umsatzentwicklung mit unseren Produkten sei nicht akzeptabel, so wurden in der nationalen Aktion in KW 17 (3,29 €) insgesamt nur 25 to abverkauft (vergleichbare Aktionen bringen 125 bis 150 to).
581Herr M. fordert eine „Schmerzensgeldzahlung“ im oberen fünfstelligen Bereich. Ich habe diese Forderung, insbesondere im Zusammenhang mit den Aktionen in KW 22 und 23, zunächst zurückgestellt.
582…
5833. Aktivitäten
584Filterkaffee
585Die beiden nach Pfingsten kommenden Filterkaffee-Aktionen in KW 22 (regional) und KW 23 (national) sind mit 2,99 Euro geplant.
586Wir haben über dieses Thema und die Wahrscheinlichkeit höherer Preise nach Pfingsten lange diskutiert.
587S.1 glaubt definitiv nicht daran, dass eine Erhöhung der Aktionspreise direkt nach Pfingsten umgesetzt wird. Wie in der Vergangenheit auch werde es zwei Wochen mit uneinheitlichen Preisen geben.
588Vereinbart wurde ein abschließendes Telefonat am 10. Mai 2007.
589…“
590Über das auf den 10.05.2007 vereinbarte Telefonat hat in der Hauptverhandlung zwar keine Notiz vorgelegen, wohl aber der Ausdruck einer E-Mail des Herrn A. an Herrn L. vom 11.05.2007, 13:53 Uhr, in der Herr A. auf ein mit Herrn L. geführtes Telefonat Bezug nimmt. Die E-Mail veranschaulicht den Fortgang der Diskussion über die Aktionspreise nach Pfingsten, die in dieser E-Mail in eine Empfehlung des Herrn A. an die Nebenbetroffene mündet, X. Filterkaffee in den Kalenderwochen 22, 23 und 24 auf einem Niveau von 3,29 € und ab der Kalenderwoche 25 mit 3,49 € zu vermarkten oder von einer Vermarktung abzusehen, um keine abwärts gerichteten Preisbewegungen bei B.1 und den Handelsmarken zu provozieren, wobei Herr A. die Darlegung seines Konzepts um einen Blick auf die anderen im indirekten Vertrieb verkauften Marken des Kaffeeröster-Kartells (X.3, X.2, X.5) ausweitet. So heißt es in seiner E-Mail vom 11.05.2007 nach dem Betreff „X. Filterkaffee Aktionspreise nach Pfingsten“ wörtlich:
591„Sehr geehrter Herr L.,
592wie bereits telefonisch besprochen wird es nach Pfingsten zu einer allgemeinen Erhöhung der Filterkaffee-Aktionspreise kommen.
593Die Umsetzung der Aktionspreise im Wettbewerbsumfeld wird im ersten Schritt (Kalenderwochen 22 bis 24) auf
5943,49 €/500 g X.3
5953,79 €/500g X.2
5963,29 €/500g X.
5972,99 €/500g X.5
598erfolgen.
599Im zweiten Schritt wird ab Kalenderwoche 25 eine weitere Anpassung auf
6003,79 €/500 g X.3
6013,99 €/500g X.2
6023,49 €/500g X.
6032,99 €/500g X.5
604umgesetzt.
605In der Kalenderwoche 22 werden die Vertriebsschienen F.3 mit 3,29 €/500g unserer Aktionspreisplanung folgen. Wir sind in dieser Woche bei keiner Vermarktung.
606Wir hatten, sehr geehrter Herr L., wiederholt über die preisaggressive (Anmerkung des Senats: Vermarktung von) X.3 vor Ostern gesprochen.
607Aktionspreise von unter 3,00 €/500g X.3 bzw. um 3,30 €/500g für X.2 provozieren Preisbewegungen bei B.1 und den Handelsmarken.
608Um dies durch eine deutliche Anhebung der Aktionspreise zu verhindern, empfehlen wir, X. Filterkaffee in den Kalenderwochen 22 bis 24 auf einem Niveau von 3,29 €/500g und 3,49 €/ 500 g ab Kalenderwoche 25 zu vermarkten. Alternativ bitten wir Sie, in den o.g. Wochen auf die Vermarktung unserer Produkte zu verzichten.
609Bitte unterstützen Sie uns - im Sinne berechenbarer Aktionspreise und höherer Wertschöpfung - bei der konsequenten Umsetzung der neuen Aktionspreise.
610Der guten Ordnung halber möchten wir darauf hinweisen, dass sämtliche Aktionspreisunterstützungen nur unter den oben genannten Voraussetzungen gültig sind.
611Mit freundlichem Gruß
612N.A.
613Key Account Manager
614N.2“
615m) Aussprache und Diskussion über die Zusammenarbeit bei der Preismoderation am 28.08.2007
616Die Feststellung, dass sich die Herren L.Q., M., L., I.B., G.X. und A. am Sitz der Nebenbetroffenen am 28.08.2007 zur Aussprache und Diskussion über die Verbesserung ihrer weiteren Zusammenarbeit bei der Preismoderation trafen, beruht auf den Bekundungen des Herrn A. vor dem Senat und dem von ihm verfassten Bericht mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … Gespräch vom 28. August 2007“, den Herr A. als von ihm hergestellt und inhaltlich zutreffend bestätigt hat. Darin heißt es auszugsweise nach Nennung der Gesprächsteilnehmer Herren L.Q., M., L., I.B., G.X. und A. wörtlich:
617„…
6181. Allgemeines:
619Nach einigen einleitenden Worten durch Herrn I.B. wurde über die Themen
620Kommunikation
Spannenentwicklung
Allgemeine Zusammenarbeit
gesprochen.
625Weiterhin stellte Herr G.X. die aktuellen Entwicklungen im Kaffeemarkt, und der Unterzeichner die aufgelaufene Absatz- und Umsatzentwicklung, vor.
626Herr L.Q. betont das seit 10 Jahren zweistellige Wachstum der S.1 Drogeriemärkte, in den circa 4.000 to Röstkaffee p.a. verkauft werden.
627In Bezug auf die in Teilen sehr verbesserungsfähige Kommunikation im Vorfeld von Vermarktungsaktivitäten für unsere Produkte verweist S.1 auf die sensible Gesetzeslage. Ganz offensichtlich genießt die außergewöhnliche Vorsichtigkeit bei diesem Punkt auch intern größte Priorität.
628…
629Die Bedeutung von X. Filterkaffee in der Funktion des Frequenzbringers ist aufgrund des Wettbewerbsumfelds deutlich gesunken. Die Preisabstände der führenden Röstkaffeevermarkter bestimmen die Attraktivität der Marke und S.1 lasse sich keine Marktanteile wegnehmen.
630Generell sieht man in … die F.1 als DEN aktiven Preistreiber im Foodgeschäft 2007, S.1 reagiere lediglich.
631…“
632Herr L. hat hierzu ausgesagt, er erinnere das Treffen, an dem ein „erlauchter Kreis“ teilgenommen habe. Er habe aber keine konkrete Vorstellung, was Herr A. mit dem Begriff „sensible Gesetzeslage“ gemeint haben könnte. Er nehme an, es sei darum gegangen, dass es verboten gewesen sei, mitzuteilen, wie sie vermarktet hätten; das habe N.3 gerne wissen wollen. Demgegenüber hat Herr A. bekundet, dass er sich an das Treffen gut erinnere. Die von ihm dokumentierte Passage spiegele die Widersprüchlichkeit wider. Einerseits sei klar gewesen, dass es nicht erlaubt gewesen sei, die Verkaufspreise des Handels zu beeinflussen und abzustimmen, andererseits habe man aber genau dies fortlaufend getan. Die Frage des Senats, ob er mit der im Bericht so bezeichneten „sensiblen Gesetzeslage“ das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis gemeint haben könnte, hat Herr A. spontan und sicher verneint, was, so Herr A., auch daran zu erkennen sei, dass es nach dem einleitenden Teil desselben Satzes um die Verbesserung der „Kommunikation im Vorfeld von Vermarktungsaktivitäten“ gegangen sei – ein klarer Hinweis auf die Preismoderation, die der Kommunikation bedurfte – und im Übrigen das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis überhaupt nur sehr selten von den Herren M. und L. oder ihm thematisiert worden sei. Von den Aktionspreisen im Allgemeinen und bei der Nebenbetroffenen im Besonderen hätten sie hingegen immerzu gesprochen, bei fast allen Kontakten. Zwischen den Besuchstreffen habe es „ein bis zwei Handvoll“ diesbezüglicher Telefonate mit Herrn L. im Monat gegeben, die N.8-Messe habe dreimal im Jahr stattgefunden. Bei allen Gelegenheiten sei über die Aktionspreisführungen im Allgemeinen und der Nebenbetroffenen im Besonderen, nach oben wie nach unten, gesprochen worden.
633Dass es bei dem Besuchstreffen am 28.08.2007 in großer Kartellrunde gerade auch um die Zusammenarbeit bei der Abstimmung der Aktionspreise ging, bestätigt dieE-Mail des Herrn I.B. an Herrn L.Q. vom 18.06.2007 mit dem Betreff „Aktionspreis für X. Kaffee“, worin es wörtlich heißt:
634„Sehr geehrter Herr L.Q.,
635ich habe soeben die Bestätigung für unseren Gesprächstermin am 28.08.2007 erhalten; ich freue mich sehr auf den Gedanken- und Informationsaustausch mit Ihnen.
636Da dies noch einige Tage hin ist, wende ich mich auf diesem Wege an Sie mit der Bitte hinsichtlich der Preisführung bei X. Kaffee. Trotz dauerhaft hoher Rohkaffee-Preise ist es infolge einer extrem offensiven Vermarktung von Filterkaffee durch einige Handelsunternehmen und den daraus resultierenden „Nachbeben“ bis Pfingsten nicht gelungen, ein wirtschaftlich vertretbares Aktionspreis-Niveau zu realisieren. Die Ergebnissituation der Kaffee-Röster ist daher mehr als angespannt. Zudem hat B.1 durch die aggressive Vermarktung der Markenkaffees erhebliche Marktanteilsverluste erlitten und wird sich erfahrungsgemäß dies nicht länger gefallen lassen. Vor diesem Hintergrund ist es dringend notwendig, jetzt den Handel für eine erste Preiskorrektur zu gewinnen. Wir hatten auch Ihr Haus eindringlich um Unterstützung gebeten und waren überzeugt, dass die Aktion in dieser Woche bereits zu 3,29/ 500 g stattfinden werde. Sehr geehrter Herr L.Q., die erneuten 2,99/ 500 g schaffen in vielerlei Hinsicht ein Problem: Unsere anderen Kunden zweifeln an unserer Ernsthaftigkeit bei der Preis-Pflege, B.1 sieht sich erneut provoziert und die auch in dieser Woche weiter steigenden Rohkaffee-Preise verschlechtern erneut unsere Wirtschaftlichkeit. Vor diesem Hintergrund bitte ich nochmals sehr herzlich um Ihre persönliche Unterstützung bei unserer angestrebten Preisführung.
637Mit besten Grüßen
638Ihr I.B.“
639(Unterstreichungen durch den Senat)
640Die E-Mail des Herrn I.B. vom 18.06.2007 bestätigt, dass das Treffen am 28.08.2007 in großer Runde gerade mit Blick auf die Zusammenarbeit der Unternehmen bei der Preismoderation einberufen wurde. Dabei sah Herr I.B. für N.1 einen so dringenden Gesprächsbedarf, dass er sich bereits zwei Monate vorher persönlich auf der Geschäftsführerebene zu dieser Thematik einschaltete und bei seinem Geschäftsführerkollegen Herrn L.Q. verwandte.
641Dass man sich zuvor auf ein bestimmtes Aktionspreisniveau nicht final hatte einigen können, belegt die E-Mail des Herrn A. vom 12.06.2007, 11:34 Uhr, an Herrn L., die dieser mit E-Mail vom 12.06.2007, 11:37 Uhr, „nur zur Info“ an Herrn M. weiterleitete. In der E-Mail des Herrn A. an Herrn L. sechs Tage vor der soeben wiedergegebenen E-Mail des Herrn I.B. vom 18.06.2007 an Herrn L.Q. heißt es nach dem Betreff „Aktionspreis für X. Filterkaffee“ wörtlich:
642Sehr geehrter Herr L. !
643Da ich Sie telefonisch nicht erreichen konnte, erlaube ich mir Sie aufgrund der Dringlichkeit vorab auf diesem Wege zu kontaktieren.
644Mit großem Erstaunen habe ich den Aktionspreis von 2,99 € für X. Filterkaffee im Rahmen Ihrer regionalen Werbung in dieser Woche zur Kenntnis genommen.
645In den vergangenen Wochen haben etliche Vertriebslinien (u.a. L.4, F.3, N.6, L.6, F.1) einen Aktionspreis auf dem von uns vorgeschlagenen Niveau von 3,29 € gezeigt.
646Fakt ist, dass L.4 unseren Filterkaffee im Rahmen seines Jubiläums in dieser Woche in der Region Ost/Nord einmalig zum Preis von 2,95 € vermarktet. Diese Maßnahme wird nicht wiederholt.
647Ich möchte an dieser Stelle dringend darauf hinweisen, dass die von uns vorgeschlagene Erhöhung der Aktionspreise – zunächst auf 3,29 € je 500g – nach wie vor gültig ist.
648Aufgrund der aktuellen Situation auf den Beschaffungsmärkten ist die Durchsetzung der vorgeschlagenen Aktionspreise im Filterkaffeemarkt zwingend notwendig. In der 2. Phase ist eine Erhöhung auf Niveau 3,49 € notwendig, um die katastrophale Ertragssituation zu verbessern, die Preispositionierung von B.1 nicht weiter zu provozieren und damit evtl. Preisreaktionen zu verhindern.
649Im ausdrücklich beiderseitigen Interesse bitte ich Sie, die Spirale der „Reaktionen“ nun endgültig zu beenden und in der Kalenderwoche 25 den mit Ihnen und Herrn M. besprochenen Aktionspreis von 3,29 € für X. Filterkaffee zu zeigen.
650Der guten Ordnung halber möchten wir darauf hinweisen, dass sämtliche Aktionspreisunterstützungen nur unter den vorgenannten Voraussetzungen gültig sind.
651Mit freundlichem Gruß
652N.A.“
653(Unterstreichungen durch den Senat)
654Die E-Mail des Herrn A. vom 12.06.2007, 11:34 Uhr, in Verbindung mit deren widerspruchslosen Weiterleitung durch Herrn L. an Herrn M. um 11:37 Uhr mit dem bloßen Bemerken „nur zur Info“ fügt sich auch dazu ein, dass, wie in der E-Mail von Herrn A. ausgeführt, vorher ein Gespräch der Herren A., L. und M. zum Zwecke der Verständigung über die Aktionspreisführung stattgefunden hatte und dabei der von N.1 auf der ersten Stufe angestrebte Aktionspreis von 3,29 € zumindest diskutiert wurde.
655n) Preisdiskussion am 11.01.2008
656Die Feststellungen, dass die Herren M., L., G.X. und A. anlässlich des Gesprächs über die Zusammenarbeit im Jahr 2008 am Sitz der Nebenbetroffenen am 11.01.2008 über die von N.1 moderierten Verkaufspreisführungen im Jahr 2007 und eine von den Herren M. und L. geforderte, künftig grundsätzlich geltende Stückprämie bei einem von der Nebenbetroffenen zu zeigenden Aktionspreis von 2,79 € pro 500-g-Packung Filterkaffee diskutierten, und dass Herr L. bezweifelte, dass es N.1 gelingen werde, bis Ostern höhere Aktionspreise zu etablieren,
657beruht auf der Aussage des Herrn A. vor dem Senat und dem von ihm bestätigten, selbst verfassten und paraphierten Bericht mit dem Datum 11.01.2008 und der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … Jahresgespräch vom 11. Januar 2008“. Darin heißt es auszugsweise nach der Nennung der teilnehmenden Personen Herren M., L., G.X. und A. in Hinsicht auf die vorgenannten Feststellungen wörtlich:
658„…
659…
661Im Zusammenhang mit wiederholten kritischen Anmerkungen der Herren L. und M. zu unserer nationalen Entwicklung und Preisführung im vergangenen Jahr hat Herr G.X. unsere Potentiale nach Key Accounts (F.1, M.3?) vorgestellt.
662Weiterhin wurden mögliche Beweggründe für die extrem preisaggressive und folglich Wertschöpfung vernichtende E.1-Vermarktung bei F.1 und Wettbewerb diskutiert.
663Die Attraktivität unserer Marke wurde – wie zu erwarten – im Zusammenhang mit den historisch niedrigen Preisabständen zu Wettbewerbsmarken erneut deutlich reklamiert. S.1 sei folglich gezwungen gewesen, im Weihnachtsgeschäft 2,79 €/500g zu zeigen und erwarte die volle Unterstützung unsererseits. Aus der zweistufigen Aktionspreisunterstützung (bei 3,29 € und 2,99 €) wurde eine weitere Stufe zur Unterstützung 2,79 € eingefordert. Diese Forderung haben wir unter anderem mit dem Hinweis auf die Rohkaffeepreisentwicklung 2006/2007 (Chart) abgelehnt.
664Mehrfach wurde (bei Vermarktung) die Übernahme der kompletten Nettopreisreduzierung bzw. im Ergebnis eine Nettospannengarantie gefordert – wir haben unsere Preisstrategie wiederholt erläutert.
665...“
666(Unterstreichungen durch den Senat)
667o) Preisdiskussionen am 28. und 29.02.2008
668Die Feststellungen, dass die Herren L. und A. anlässlich eines Besuchstreffens am Sitz der Nebenbetroffenen am 28.02.2008 die Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen zu Ostern diskutierten, Herr L. dabei mitteilte, dass die Nebenbetroffene die Vermarktung der 500-g-Packung X. Filterkaffee in Hinsicht auf die jüngste Aktionspreisentwicklung im Handel mit einem Aktionspreis von 2,99 € plane, womit Herr A. nicht einverstanden war, und dass Herr L. alternativ dazu eine Vermarktung mit 3,29 € gegen Zahlung der gewohnten Stückprämie auf Abverkauf in Aussicht stellte und beide Herren hierzu ein weiteres Telefonat am 29.02.2008 vereinbarten,
669beruhen auf der Aussage des Herrn A. vor dem Senat und dem von ihm verfassten Bericht über das Besuchstreffen am 28.02.2008 mit der Bezeichnung „Besuchsbericht S.1, … Gespräch vom 28. Februar 2008“, der in einer ursprünglichen Fassung mit dem abschließenden Datum 18.03.2008 und einer von Herrn A. später selbst bereinigten Fassung ohne abschließendes Datum existiert. Weshalb es von dem Bericht zwei Fassungen gibt und welche die inhaltlich richtige sei, hat Herr N.A. glaubhaft bekundet. Er hat die Fassung mit dem Datum 18.03.2008 anhand ihres von inkriminierenden Angaben unbereinigten Inhalts sicher als die ursprüngliche und inhaltlich zutreffende identifiziert. Darin heißt es auszugsweise, nach einleitender Nennung der teilnehmenden Herren L. und A. – die festgestellten Gesprächsinhalte belegend – wörtlich:
670„…
6713. Aktionspreisunterstützungen
672Da bis dato kein – oder kaum – Warenbezug stattgefunden hat, unterstellte ich Brokerbezüge. Untermauert durch die mir detailliert vorliegenden Abverkaufszahlen des Jahresendgeschäftes 2007 wurden die Fremdkäufe schlussendlich bestätigt. Folglich habe ich Herrn L. mitgeteilt, dass es aus diesem Grund für die Monate Januar und Februar keinerlei Aktionsunterstützung gibt.
673Aufgrund der X.2-Vermarktung zu 3,49 € bei der F.1 in KW 9 wurde ein Aktionspreis von 2,99 €/500g für X.-Filterkaffee für die Osterwoche geplant. Wir diskutierten offen und sachlich darüber, mit welchen Risiken dieser Preis verbunden ist, und unter welchen Umständen 2,99 € zu vermeiden wären.
674Ich verdeutlichte, dass diese Aktion bei einem EK von 3,0424 € (bei Direktbezug mit Unterstützung 0,2288 €) einen Verkauf deutlich unter Einstandspreisen bedeutet.
675Herr L. stellte in Aussicht, einen Aktionspreis von 3,29 € einzustellen, sofern wir die gewohnte Unterstützung auf 3,29 € ausschütten.
676Vereinbart wurde ein weiterführendes Telefonat für den 29.02.2008, welches ich im Folgenden kurz zusammenfasse:
6771. Wir leisten, neben der Unterstützung von 0,2288 €/500g, keine Aktionsunterstützung.
2. S.1 wird – nach Aussage von Herrn L. – zu 99 % einen Preis von 3,29 € zeigen.
3. Unsere Position – und die daraus resultierende Nullspanne für S.1 – wird direkt mit dem Unternehmer besprochen.
4. Sämtliche Vermarktung nach KW 12 ist bis auf Weiteres eingestellt.
Nächster Schritt:
683Interne Abstimmung und erneute Kontaktaufnahme zu diesem Thema.
684…“
685(Unterstreichungen durch den Senat)
686Zugleich mit den Gesprächsinhalten des Besuchstreffens vom 28.02.2008 hielt Herr A. in demselben Bericht also auch fest, dass das vereinbarte Telefonat am 29.02.2008 geführt wurde und welche Ergebnisse es erbrachte. Der Besuchsbericht belegt neben der Aussage des Herrn A. insoweit auch die Feststellungen, dass die Herren L. und A. in ihrem Telefonat vom 29.02.2008 ihre Standpunkte zwar ohne finale Einigung austauschten, Herr L. allerdings erklärte, dass die Nebenbetroffene „zu 99 %“ einen Preis von 3,29 € zeigen werde.
687Die Annahme, dass die Nebenbetroffene X. Filterkaffee in der Osterwerbung der Kalenderwoche 12 zum Aktionspreis von 3,29 € je 500-g-Packung vermarktete, beruht auf der Seite 1 ihres Werbeprospekts, gültig ab dem 17.03.2008 für die Kalenderwoche 12.
688p) Auflösung der Grundeinigung im Mai 2008
689Die Feststellung, dass N1. die Preismoderation im Handel im Mai 2008 einstellte, beruht auf den Aussagen der Herren G.X., D. und A. sowie der Frau C., die dies übereinstimmend bekundet haben. Mit der Einstellung der Preismoderation löste N.1 auch die Grundeinigung mit der Nebenbetroffenen. Als Folge der Auflösung des Grundverständnisses endeten auch die Umsetzungshandlungen der Nebenbetroffenen.
690Soweit die Verteidigung einen früheren Zeitpunkt der Beendigung geltend macht mit der Begründung, die Nebenbetroffene habe die Aktionspreisempfehlungen von N1. bereits nach Pfingsten 2007 permanent und teilweise deutlich unterschritten, genügt dies für die Annahme einer tatsächlichen Beendigung der Grundeinigung nicht. Dies belegen schon die festgestellten Zuwiderhandlungen der Verantwortlichen der Nebenbetroffenen zu A. VI.2.k-o). Insbesondere das Treffen in großer Kartellrunde am Sitz der Nebenbetroffenen am 28.08.2007 macht deutlich, dass es beiden Seiten weiterhin darum ging, die Kooperation in Hinsicht auf die Preismoderation fortzusetzen. Und noch beim Besuchstreffen am Sitz der Nebenbetroffenen am 28.02.2008 diskutierten die Herren A. und L. – Zitat aus dem Besuchsbericht – „offen und sachlich darüber“, mit welchen Risiken der Aktionspreis von 2,99 € verbunden sei und unter welchen Umständen 2,99 € zu vermeiden wäre. Bis Mai 2008 hielten die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen an der Grundeinigung fest. Keiner nahm Abstand oder distanzierte sich gegenüber N.1 davon oder wies die Mitwirkung mit der gebotenen Entschiedenheit und Endgültigkeit zurück. Im Verlauf des Jahres 2007 geriet das Kartell zwar, wie dargelegt, in eine Krise – so gab es nicht nur Meinungsverschiedenheiten über die marktgerechten Aktionspreise, sondern auch über die richtige Abrechnung der Stückprämien und über Lieferschwierigkeiten. Aufgelöst wurde die Grundeinigung in dieser Phase aber nicht. Dies geschah erst aufgrund der Ermittlungstätigkeit des Bundeskartellamts und der daraus folgenden Beendigung der Preismoderation durch N.1 im Mai 2008.
6913. Zum Beweiswert der Zeugenaussagen
692In Hinsicht auf die Tatvorwürfe folgt der Senat, wie dargelegt, den glaubhaften, in sich schlüssigen, im Kern und in den meisten Details übereinstimmenden und einander widerspruchsfrei ergänzenden Aussagen der Zeugen U., A. und G.X.. Der Beweiskraft ihrer Aussagen schadet es nicht, dass sie in Bezug auf einzelne Vorgänge nur eingeschränkt ein lebendiges Erinnerungsbild vor Augen hatten und ohne Stützung auf Unterlagen nur wenig Detailwissen aus einzelnen Gesprächen, Telefonaten und E-Mail-Kontakten bekunden konnten. Zum einen haben sie aus diesem Umstand keinen Hehl gemacht, was für ihre Glaubwürdigkeit spricht. Zum anderen ist das Verblassen ihrer Erinnerung an Details einzelner, für sie damals wenig markanter Vorgänge in Anbetracht des langen Zeitablaufs naheliegend. Sicher erinnerten die Zeugen jedoch die generellen Verhältnisse und Umgangsweisen mit der Nebenbetroffenen, namentlich, dass sie in den Jahren ab 2004 im ständigen Informationsaustausch und Gespräch über die Verkaufspreisführungen der Nebenbetroffenen in Hinsicht auf X. Filterkaffee, insbesondere anlässlich von Abgabepreiserhöhungen und um die konsumstarken Festtage herum, aber auch sonst fortlaufend unterjährig standen, dies zwecks permanenter Abstimmung und Einigung auf die als marktgerecht erachteten Verkaufspreise, namentlich der Aktionspreise in Hinsicht auf Höhe und zeitliche Einführung, und dass sie diese Einigungen mit der Nebenbetroffenen dann auch trafen und umsetzten. Auf Vorhalt selbst angefertigter Unterlagen erinnerten die Zeugen dann auch Details oder bestätigten zumindest nach kritischer Sichtung und Prüfung unter pflichtgemäß bemühtem Anspannen ihres Erinnerungsvermögens jeweils sicher, dass die in den Unterlagen festgehalten Details genau dem entsprachen, was sich generell, durch beständige Wiederholung in ihrem Gedächtnis verinnerlicht, zwischen ihnen und den Verantwortlichen der Nebenbetroffenen zugetragen hatte. Dabei zeigten sich die Zeugen U. und A. gewiss, die von ihnen verfassten Berichte und Notizen für den internen Geschäftsverkehr brauchbar und daher richtig und aussagekräftig erstellt zu haben. Ihrer Bedeutung für das Verfahren und ihrer Zeugenpflichten bewusst, brachten sie durchgängig und überzeugend zum Ausdruck, für die Richtigkeit des Inhalts der von ihnen verfassten Dokumente, den ihre eigenen Wahrnehmungen zugrunde lagen, Verantwortung übernehmen zu können und zu wollen (vgl. hierzu allgemein: BGH, BGHSt 23, 213). All dies gilt ebenso für das durch ihre Aussagen und Unterlagen festgestellte Geschehen im Umfeld der Tatvorwürfe, namentlich für den Umgang mit den anderen Handelskunden. Ferner gilt all dies auch für die Zeugen D. und C. in Hinsicht auf ihre Bekundungen und die von ihnen verfassten Dokumente.
693Die Aussagen der Zeugen U., A., G.X., D. und C. wiesen auch eine hohe Konstanz zu ihren persönlichen Erklärungen und Angaben gegenüber dem Bundeskartellamt auf. Soweit es in der Hauptverhandlung veranlasst gewesen ist, haben sie auf Vorhalt ihre früheren Angaben nachvollziehbar und ohne Umschweife näher erläutert. So hat Herr A. zu den ihm von der Verteidigung vorgehaltenen Ausführungen in seiner persönlichen Erklärung vom 07.05.2013 überzeugend und aus sicherer Erinnerung klargestellt, dass es keinen Automatismus zwischen einem bestimmten Aktionspreis und einer bestimmten Aktionspreisunterstützung gegeben habe, sondern beides im Tagesgeschäft von Fall zu Fall individuell und bezogen auf konkrete Vermarktungszeiträume und geplante Aktionen habe vereinbart werden müssen und vereinbart worden sei. Dass Herr A. annahm, das Bundeskartellamt habe bei der Durchsuchung seine persönliche Handakte sichergestellt, was nicht der Fall war, steht seiner Glaubwürdigkeit nicht entgegen. Herr A. hat eingeräumt, dass er sich bei seiner Vernehmung durch das Bundeskartellamt über den Verbleib seiner Handakte und darüber, dass die seiner persönlichen Erklärung beigefügten Berichtsfassungen aus der Kundenakte stammten, geirrt haben müsse. Er sei damals davon ausgegangen, dass seine Handakte bei der Durchsuchung der Geschäftsräume von N.3 vom Bundeskartellamt sichergestellt worden sei. Tatsächlich seien aber erst seiner persönlichen Erklärung die nicht bereinigten Fassungen der Dokumente aus seiner Handakte beigefügt gewesen.
694Für die Glaubwürdigkeit der Zeugen G.X., U., D., A. und C. spricht auch, dass sie ihre persönliche Beteiligung an den Kartellverstößen freimütig geschildert, nichts beschönigt und auch nicht versucht haben, diese verständlich erscheinen zu lassen, und dass sie, soweit sie damit befasst waren, über die nachträglichen Änderungen an den Besuchsberichten, Aktennotizen und anderen Dokumenten in der Kundenakte S.1 ebenfalls ohne Umschweife von sich aus bekundet haben. Insbesondere der für die Nebenbetroffene zuständige Key Account Manager A., der die ursprünglichen Fassungen in seiner Handakte verwahrte und die weitestgehend seiner persönlichen Erklärung beigefügt wurden, hat sich auf Vorhalt mit seinen Berichten und Aktiennotizen sorgfältig auseinandergesetzt und ihnen ersichtlich keine Bedeutungen zugewiesen, die er aus der Erinnerung nicht hat verantworten können. Sein Vorgehen bei der Bereinigung der Berichte und Notizen um Hinweise, die auf eine Preisabsprache mit der Nebenbetroffenen hindeuteten, hat er nachvollziehbar und aus lebendiger Erinnerung erläutert. Herr D. hat die Bekundungen des Herrn A. zu der Bereinigungsaktion vollumfänglich bestätigt und ergänzt, dass man auf Anweisung von Herrn G.X. gehandelt habe mit der Maßgabe, dass es um inkriminierende Passagen betreffend die Endverkaufspreise gegangen sei. Hintergrund der Aktion seien die bekannt gewordenen Ermittlungstätigkeiten des Bundeskartellamts gewesen. Auch aus der damals herrschenden Angstsituation heraus sei die Bereinigung aber recht dilettantisch erfolgt. In seiner Vernehmung hat Herr G.X. die Bereinigungsaktion ebenfalls eingeräumt und bestätigt, dass er selbst sie initiiert habe. Die Aktivitäten des Bundeskartellamts seien damals zu einem immer größeren Thema geworden. Im Rahmen von Konferenzen mit Kollegen, die nicht aus der Kaffee-Branche stammten, habe er von deren Vorgehen des Abmilderns und Bearbeitens von inkriminierenden Unterlagen erfahren und dies auch für sein Unternehmen als naheliegend erachtet. Nach Rücksprache mit dem Geschäftsführer, Herrn I.B., habe er seine Mitarbeiter schriftlich angewiesen. Das Ergebnis der Arbeiten habe er sich stichprobenartig angesehen, dann aber bald festgestellt, dass die Bereinigungsaktion nicht konsequent durchgeführt worden sei. Einzelne Manipulationen habe man auf erste Sicht als solche erkennen können. Die IT-Dokumente seien in Sicherungsläufen sowieso noch in der ursprünglichen Fassung vorhanden gewesen.
695Die Zeugen G.X., U., D., A. und C. haben keine Belastungstendenzen gezeigt und unbeeinflusst von finanziellen und beruflichen Interessen ausgesagt. Ihre Bekundungen waren erkennbar von dem Bemühen um Objektivität und eine wahrheitsgemäße Aussage geprägt. Der Verdacht der Verteidigung, insbesondere Herr A. könnte im Tatzeitraum versucht gewesen sein, zur Aufbesserung seines Festgehaltes oder seines beruflichen Fortkommens Berichte und Aktennotizen mit Verhandlungserfolgen – sprich: tatsächlich nicht getroffenen Verkaufspreisvereinbarungen mit der Nebenbetroffenen – künstlich anzureichern, um vermeintliche Erfolge bei der in seinem Anstellungsvertrag vorgesehenen „Preispflege“ nachzuweisen, hat sich nicht erhärtet.
696Die von der Verteidigung beantragte Verlesung von Teilen der persönlichen Erklärungen der Zeugen G.X., U., D., A. und C. und der Vernehmungsniederschriften ist zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich. Es haben sich auch auf wiederholte Vorhalte keine durchgreifenden Ungereimtheiten oder Widersprüche zwischen den Aussagen der Zeugen in der Hauptverhandlung und ihren Angaben in den persönlichen Erklärungen und Vernehmungsniederschriften ergeben. Die Zeugen haben nach erneuter Prüfung ihre persönlichen Erklärungen und der Niederschriften über ihre früheren Vernehmungen als von ihnen stammend bestätigt und zutreffend bezeichnet bzw., falls erforderlich, plausibel korrigiert. Sie haben auf Erinnerungslücken stets hingewiesen.
697Von der Verlesung der persönlichen Erklärungen der nicht vernommenen Herren N.9 und V. hat der Senat abgesehen. Zu deren Aufgaben und Funktionen haben die Herren G.X. und A. ausgesagt.
698In Hinsicht auf das Tatgeschehen selbst ist die Vernehmung der Herren V. und N.9 ebenfalls nicht erforderlich. Insbesondere die – ohnehin geschehensnäheren – Zeugen G.X., U. und A. haben umfassend und überzeugend zu den von der Verteidigung in das Wissen der Herren V. und N.9 gestellten Tatsachen bekundet.
699Der Senat ist den Aussagen der Zeugen L., M., L.Q. und N.Q. nur im Nebengeschehen, nicht aber in Hinsicht auf den Tatvorwurf gefolgt. Insbesondere die Zeugen L. und M. sind in den zentralen Punkten des Tatvorwurfs unglaubwürdig gewesen.
700Herr L. hat eine hohe Entlastungstendenz zu Gunsten der Nebenbetroffenen erkennen lassen. So ist ihm durch die Verteidigung wiederholt die Frage gestellt worden, ob bestimmte, mit Herrn A. kontrovers geführte Diskussionen über die Aktionspreise und das Aktionspreisniveau, die sich insbesondere aus den Besuchsberichten oder dem E-Mail-Verkehr ergaben, ein Ausdruck von Einigkeit oder eines Interessengegensatzes von N.3 und der Nebenbetroffenen gewesen seien. Auf diese erkennbar suggestiven, eine Schlussfolgerung abrufenden Fragen hat er sich stets bereitwillig eingelassen, einen Interessengegensatz schlussfolgernd glatt bejaht und dabei eilfertig ausgeblendet, dass ungeachtet kontroverser Diskussionen im Kartell-Tagesgeschäft beide Unternehmen – wie alle anderen Handelskunden auch – gerade darin einen wettbewerbsbezogenen Vorteil sahen, im Sinne einer Win-Win-Situation ein für alle vorhersehbares und berechenbares Verkaufspreisniveau zu etablieren und dadurch scharfe Preiskämpfe mit Preisabwärtsspiralen zu vermeiden. Gerade dieses Interesse hatte auch Herr L. gegenüber Herrn A. wiederholt zum Ausdruck gebracht, teils auch gemeinsam mit Herrn N.Q.. Ihn selbst gibt der Bericht des Herrn A. vom 18.03.2008 über das Besuchstreffen am Sitz der Nebenbetroffenen vom 28.02.2008 nach Nennung der teilnehmenden Herren L. und A. – noch am Ende des Kartellzeitraums – wie folgt wieder:
701„…
702Die Ankündigung der X.-Filterkaffee-Aktion bei M.3 in KW 10 wurde (zunächst) relativ sachlich und emotionslos hingenommen. Entscheidend sei das Vermarktungspreisniveau.“
704…“
705(Unterstreichung durch den Senat)
706Herr A. hat hierzu bekundet, er habe die X.-Filterkaffee-Aktion bei M.3 in der Kalenderwoche 10 gegenüber Herrn L. zur Sprache gebracht, worauf dieser wie dokumentiert reagiert habe, namentlich unter Betonung der Wichtigkeit des Vermarktungspreisniveaus am Absatzmarkt insgesamt. Der von der Verteidigung immer wieder beschworene Dissens zwischen der Nebenbetroffenen und N.1 über den richtigen Aktionspreis und das Aktionspreisniveau im Jahr 2007 war bei unverstellter objektiver Sicht der Dinge nur ein Ringen um die sachgerechte Verwirklichung des Kartells und gerade kein Indiz gegen dessen Existenz. Dass sich die Zeugen L. und M. in ihren Vernehmungen dieser Offensichtlichkeit verschlossen haben, spricht gegen ihre Glaubwürdigkeit und sehr für ihren Entlastungseifer.
707Die Herren L. und M. haben in ihren Vernehmungen auf Frage der Verteidigung deren These bestätigt, dass es sich N.1 leicht erschlossen habe, welche Aktionspreise die Nebenbetroffene zeigen werde. Ihre Bewertung ist, wie dargelegt, offensichtlich unzutreffend. Dass sich die beiden Zeugen auch dieser Offensichtlichkeit verschlossen und damit entlang der Verteidigungslinie verhalten haben, spricht ebenfalls gegen ihre Glaubwürdigkeit und für ihren Entlastungseifer.
708Herr L. hat ferner ausgesagt, es sei mit N.1 immer nur über die Subvention zur Senkung des Einkaufspreises verhandelt worden, die die Nebenbetroffene benötigt habe, um im Wettbewerb den niedrigsten Aktionspreis zeigen zu können, nie über einen von der Nebenbetroffenen für die Subvention zu zeigenden Endverkaufspreis. Die Subventionen und die Endverkaufspreise hätten unmittelbar nichts miteinander zu tun gehabt. Diese Darstellung wertet der Senat als Versuch, den teils durch eigenen Schriftverkehr belegten Zusammenhang künstlich aufzuspalten und den eigenen Tatbeitrag unter Ausnutzung dessen, dass zwischen N.1 und der Nebenbetroffenen eine langjährige Lieferbeziehung bestand, nachträglich umzudeuten. N.1 kam es stets und unmissverständlich auf die Aktionspreisführung der Nebenbetroffenen an, weshalb N.1 ebenso unmissverständlich deren Teilnahme an der Preismoderation wünschte. Selbst wenn die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen nur eine Absenkung der Einkaufspreise im Sinn gehabt hätten, wären dies unbeachtliche innere Vorbehalte gewesen, die an dem objektiven Geschehen von Aktionspreisvereinbarungen nichts geändert hätten. Dessen ungeachtet ist der Senat überzeugt, dass bei den Gesprächen, Verhandlungen und Einigungen mit N.1 der von Herrn L. behauptete innerliche Fokus auf die Absenkung der Fabrikabgabepreise in Wirklichkeit nicht bestand, weil es den Verantwortlichen der Nebenbetroffenen auch um die Schaffung eines „berechenbaren“ und gleichmäßigen Aktionspreisniveaus ging. Das Leugnen dieses Zusammenhangs spricht gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen L..
709Ein weiteres, gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen L. und für seine ausgeprägte Entlastungstendenz sprechendes Indiz ergibt sich aus Folgendem:
710Herr L. hatte beim Bundeskartellamt angegeben, dass er fest davon ausgehe, dass den Kontakten bei N.1 die Reichweite seiner Befugnisse bekannt gewesen sei. Am Ende seiner Gespräche mit den Repräsentanten von N.1 – namentlich mit den Herren U. und A. – habe er nämlich häufig gesagt, dass er sich dazu erst noch besprechen müsse und sich später melden werde. Durch den Senat nach der Häufigkeit solcher erklärten Vorbehalte befragt, hat er zunächst ausgesagt, dass dies öfter als zehn Mal im Jahr vorgekommen sei. Auf die Nachfrage, ob dies mit Blick auf die Vielzahlt der Kontakte mit den Herren U. und A. auch mehr als fünfzig Mal pro Jahr der Fall gewesen sein könnte, hat er bejaht und hinzugesetzt, dass dies noch untertrieben sei. Der Senat geht zwar davon aus, dass Herr L. nach Gesprächen mit den Herren U. und A. mit seinen Vorgesetzten N.Q. und M. bei Bedarf Rücksprache nahm, aber eben nur bei Bedarf und somit nicht in der von Herrn L. behaupteten Häufigkeit. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass er die Herren U. und A. in der behaupteten Häufigkeit auf die Notwendigkeit solcher Rücksprachen hinwies. Die von ihm behauptete Häufung von mindestens fünfzig Mal im Jahr (entsprechend einhundertfünfzig Mal in drei Jahren) ist weder plausibel noch annähernd lebensnah. Sie übergeht, dass das wichtige Thema der Verkaufspreisführung bei der Nebenbetroffenen in laufender Diskussion stand und es somit in vielen Fällen bereits vor den Kontakten mit N.1 interne Abstimmungen über die Positionierung gegeben haben muss und – nachgewiesen – auch gab, die eine erneute Rücksprache entbehrlich machten, weil das Gespräch mit N.1 wie erwartet und gewünscht verlaufen war. Sie übergeht ferner, dass sich für Herrn L. eine Handlungs- und Entscheidungsroutine entwickelte, die den Rücksprachebedarf mit seinen Vorgesetzten für sich gesehen reduzierte, abzulesen daran, dass die Verkaufspreisvorschläge des Herrn L. nach den übereinstimmenden Bekundungen der Herren N.Q. und M. nur in sehr seltenen Fällen abgeändert werden mussten. Schließlich liegt auf der Hand, dass die von Herrn L. behaupteten jährlich mindestens fünfzigmaligen Hinweise an die Herren U. und A., er müsse erst noch einmal Rücksprache bei seinen Vorgesetzten nehmen – sein Wort allein zähle also nicht –, seiner Reputation als Category Manager in den Augen seiner Verhandlungspartner schwer geschadet hätten. Mit der von Herrn L. behaupteten Häufigkeit der Rücksprachevorbehalte am Ende seiner Vernehmung in der Sitzung vom 10.01.2018 konfrontiert, hat sich Herr A. dementsprechend höchst verblüfft und überrascht gezeigt und sodann aus sicherer Erinnerung plausibel bekundet, dass Herr L. solche Rücksprachevorbehalte vielleicht einige Male erklärt haben möge, aber doch nicht in dieser Anzahl, zumal dergleichen auf Managerebene völlig unüblich sei, weil man dadurch „sein Gesicht verliere“. Offenbar hat Herr L. mit seiner absurd anmutenden Übertreibung dem Schluss vorbeugen wollen, dass es zu irgendeinem seiner zahlreichen Kontakte mit den Herren U. und A. irgendwann einmal zu irgendeiner Einigung über die Verkaufspreise der Nebenbetroffenen gekommen sei.
711Soweit auch Herr M. jede Verkaufspreisvereinbarung mit N.1 geleugnet hat, unter anderem mit der Begründung, dass dies dem Selbstverständnis der Unternehmensführung widersprochen hätte, kann auch ihm nicht gefolgt werden, weil auch er in diesem Punkte nicht glaubwürdig gewesen ist. Abgesehen davon, dass aus seinem eigenem Schriftverkehr mit N.1 wiederholt sein Bemühen um eine Verkaufspreiseinigung spricht, war Herr M. entgegen seinem Bekunden nicht nur gegenüber N.1, sondern auch mindestens gegenüber einem weiteren Lieferanten der Nebenbetroffenen zu Verkaufspreisabstimmungen bereit. Dies veranschaulichen die E-Mail des Herrn M. an den Category Manager T.Q. vom 27.05.2008 und dessen E-Mail-Antwort an Herrn M. vom 29.05.2008 im Anschluss an den Besuch des Vertriebsverantwortlichen T.3 der Lieferfirma D.3 im Haus der Nebenbetroffenen in …, in denen es auszugsweise wörtlich wie folgt heißt:
712E-Mail von Herrn M. an Herrn T.Q. vom 27.05.2008:
713„Hallo
714Herr T.3 war heute da. Es ging um Folgendes:
715G.3: Die 0,69 Aktionspreis machen ihm zu schaffen, E.4 will auf 0,75 oder 0,70. VK-Preise sollen national auf 0,95. Aktionspreis dann 0,79. Habe ihm unsere Bereitschaft signalisiert, wenn das Preisniveau einheitlich und national bei 0,95 liegt, insbesondere unsere Freunde E.4 und L.4.
716….
717Sind die Punkte für dich akzeptabel?
718Gruß
719N.M.“
720Antwort E-Mail von Herrn T.Q. an Herrn M. vom 29.05.2008:
721„…
722Hallo N., folgende 2 Punkte sollten wir noch versuchen.
723- Zu G.3: machen wir nur mit, wenn die letzte Stufe der Preiserhöhung nicht kommt und auch die PE für O. für uns nicht relevant wird
724- …
725Müsstest du aber mit ihm besprechen, denn bezgl. VK-Preise werde ich mich nicht äußern wollen, musst du auf deine Kappe nehmen.
726Gruß T.“
727Auf Vorhalt durch den Senat hat Herr M. ausgesagt, dass Herr T.3 der Verkaufsleiter des Süßwarenlieferanten D.3 (Produkte u.a. O., G.3) gewesen sei. Die E-Mail des Herrn M. bezeugt somit, dass Herr T.3 als Verantwortlicher der die Nebenbetroffene mit Süßwaren beliefernden D.3 ihm, Herrn M., als zuständigen Einkaufsleiter einen Vorschlag machte, in welcher Höhe die Verkaufspreise (0,95 ) und dazu die Aktionspreise (0,79) für den Artikel G.3 national liegen sollten, worauf Herr M. – nach eigener Angabe in der E-Mail an Herrn T.Q. – seine diesbezügliche Bereitschaft unter der Bedingung signalisierte, dass das Preisniveau einheitlich und national bei 0,95 Euro liegen werde, insbesondere auch bei „unseren Freunden“, dem wichtigsten Wettbewerber unter den Drogeriemarkt-Ketten E.4 und dem Vollsortimenter L.4, also unter der Bedingung eines national gleichförmigen Verkaufspreisniveaus, so wie es N.1 mit seiner Preismoderation für die 500-g-Packung X. Filterkaffee damals praktizierte. Herr M. war also entgegen seiner Aussage vor dem Senat sogar noch zum Ende des in Rede stehenden Kartellzeitraumes im Mai 2008 zu national wettbewerbsdämpfenden Preisvereinbarungen mit Lieferanten der Nebenbetroffenen grundsätzlich bereit, wobei auch der für Süßwaren zuständige Category Manager T.Q. diesem Ansinnen nicht widersprach, sondern stattdessen den taktischen Aspekt beitrug, die Verkaufspreisvereinbarung mit Herrn T.3 dafür zu verwenden, dass Herr T.3 auf die bevorstehenden Einkaufspreiserhöhungen (Anmerkung des Senats: „PE“ = Preiserhöhung) für Bonbons der Marken G.3 und O. verzichtete. Im Übrigen beschränkte sich Herr T.Q. in diesem Dialog darauf, Herrn M. das unmittelbare Verhandeln mit Herrn T.4 zu überlassen („Müsstest du aber mit ihm besprechen, denn bezgl. VK-Preise werde ich mich nicht äußern wollen, musst du auf deine Kappe nehmen“), was dokumentiert, dass auch Herr T.Q. in Hinsicht auf das Abstimmen von Verkaufspreisen Unrechtsbewusstsein hatte und daher nicht unmittelbar damit befasst werden wollte, er über die Anfrage des Herrn M. aber auch nicht überrascht war und ohne weiteres davon ausging, dass sich Herr M. über seine rechtlichen Bedenken hinwegsetzen würde. Aus der E-Mail des Herrn M. spricht ferner, dass auch Herr T.3 mit diesem Sachverhalt ganz ungezwungen umging und wie selbstverständlich auf Herrn M. zugegangen war, dabei auch die Preisplanungen von E.4 verriet, was wiederum indiziert, dass auch Herr T.3 Grund hatte, davon auszugehen, dass Herr M. sich auf eine Verkaufspreisabstimmung einlassen könnte. In dieser Annahme wurde er auch nicht enttäuscht. Zwar hat Herr M. in seiner Vernehmung vor dem Senat auf Vorhalt der genannten E-Mails behauptet, er habe keine Preisvereinbarung mit Herrn T.3 getroffen, zurückgewiesen hat er dessen Ansinnen aber ebenfalls nicht, sondern grundsätzlich Bereitschaft signalisiert und sich mit Herrn T.Q. über das weitere Vorgehen beraten, wie der Inhalt der E-Mails belegt und er vor dem Senat auch nicht anders dargestellt hat.
728C. Rechtliche Würdigung
729Gegen die Nebenbetroffene ist wegen der durch ihren Geschäftsführer L.Q. und die Leitungspersonen N.Q., M. und L. vorsätzlich begangenen Kartellordnungswidrigkeiten eine Geldbuße nach § 30 OWiG in dessen bis zum 29. Juni 2013 geltenden Fassung festzusetzen:
730Indem die Verantwortlichen Herren L.Q., N.Q. und L. vorsätzlich und gemeinschaftlich nach der am 20.12.2004 angekündigten Preiserhöhung für X. Filterkaffee das neue Aktionspreisniveau und dessen zeitlich Einführung mit den Verantwortlichen von N.1 einvernehmlich festlegten und damit einhergehend die Grundeinigung trafen, auch künftig so zu verfahren und die langjährig für dieses Produkt bestehende Lieferbeziehung generell auf die Abstimmung der Aktionspreise zu erstrecken, und indem sie die Grundeinigung durch Stützungs-, Förderungs- und Realisierungsakte umsetzten, handelten die Herren L.Q., N.Q. und L. in der Zeit bis zum 12.07.2005 dem kartellrechtlichen Verbot von Vereinbarungen über Preisgestaltung oder Geschäftsbedingungen zuwider und damit ordnungswidrig im Sinne der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 14 GWB in der bis zum 12.07.2005 geltenden Fassung (nachfolgend: GWB 1999). Das Erfordernis des Zuwiderhandelns umfasst nicht nur den Abschluss einer verbotenen Vereinbarung, sondern auch deren Bestätigung, Bekräftigung und Praktizierung. Indem die Herren L.Q., N.Q. und L. die Grundübereinkunft zur Teilnahme an der Preismoderation mit den Verantwortlichen von N.1 über den 12.07.2005 hinaus aufrechterhielten, in unterschiedlicher Weise verwirklichten und dadurch immer wieder bestätigten, handelten sie ab dem 13.07.2005 bis zur Auflösung der Grundeinigung Ende Mai 2008 vorsätzlich dem kartellrechtlichen Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen zuwider und damit ordnungswidrig im Sinne der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB i.d.F. vom 07.07.2005 (nachfolgend: GWB 2005). Indem Herr M. ab dem 01.07.2006 in Kenntnis aller Umstände an der Aufrechterhaltung und Umsetzung der Grundübereinkunft mitwirkte, handelte auch er ab dem 01.07.2006 bis Ende Mai 2008 vorsätzlich dem kartellrechtlichen Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen zuwider und damit ordnungswidrig im Sinne der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005.
731Zwar findet für die Ahndung der im Falle jedes der Handelnden im Ergebnis einheitlichen Tat das bei Beendigung der Handlung – hier im Mai 2008 – geltende Gesetz Anwendung (§ 4 Abs. 2 OWiG), mithin § 81 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB 2005. Indes ist für die entscheidungserhebliche Frage, ob die vor Inkrafttreten der letztlich für die Ahndung anzuwendenden Gesetzesfassung begangenen Handlungsteile bereits sanktionsrechtliche Relevanz aufwiesen und deshalb in die zu beurteilende Tat einzubeziehen sind, der Rechtsmaßstab der bis zum 12.07.2005 geltenden Fassung des GWB 1999 zugrunde zu legen, das bis dahin vertikale Vereinbarungen über Preisgestaltungen nach § 14 GWB 1999 in Verbindung mit § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB 1999 unter Ahndung stellte.
732Im Übrigen ist in Hinblick auf den Geltungszeitraum des § 81 GWB 2005 zwar, soweit der Anwendungsbereich des gemeinschaftsrechtlichen Kartellverbots tatbestandlich eröffnet ist, in erster Linie auf § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB 2005 i.V.m. Art. 81 EGV (nunmehr Art. 101 AEUV) abzustellen. Dessen Tatbestandsvoraussetzungen konnten in Hinsicht auf die Zwischenstaatlichkeitsklausel jedoch nicht festgestellt werden. Die Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels ergibt sich jedenfalls im Entscheidungsfall nicht allein aufgrund des Umstandes, dass sich die vereinbarte Zusammenarbeit zwischen der Nebenbetroffenen und N.1 auf das ganze Bundesgebiet erstreckte. Zwar sind Maßnahmen, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken, in der Regel zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels geeignet, weil sie schon ihrem Wesen nach die Abschottung nationaler Märkte verfestigen und die gewünschte Marktintegration verhindern können. Jedoch verbietet sich eine bloß schematische Zugrundelegung dieses Regelsatzes. Stets ist die zu untersuchende Vereinbarung oder andere Koordinierungsmaßnahme im Einzelfall unter Berücksichtigung vor allem ihres Gegenstands, der Zahl und Bedeutung der beteiligten Unternehmen sowie des wirtschaftlichen Zusammenhangs, in dem die Vereinbarung steht, in Hinsicht auf die Eignung zur Abschottungswirkung zu würdigen (vgl. Senat, Urteil vom 26.01.2017 – V-4 Kart 6/15 (OWi), Umdruck S. 207/208 m.w.N.). Vorliegend fällt ins Gewicht, dass die Vereinbarung nur zwischen N.1 und der Nebenbetroffenen geschlossen war und Gegenstand der Vereinbarung alleine das von N.1 in Deutschland vertriebene Produkt X. Filterkaffee war. Mit diesen Vertragspartnern und diesem Vereinbarungsgegenstand hätte die Feststellung, dass die Vereinbarung geeignet war, den Wettbewerb von Drittunternehmen zu behindern oder gar auszuschließen, näherer tatsächlicher Untermauerung bedurft.
733Die festgestellten Preiseinigungen nach dem 20.12.2004 und nach dem 20.04.2005 ebenso wie die Grundeinigung waren Vereinbarungen im Sinne des § 14 GWB 1999. Alle entstammten dem zwischen N.1 und der Nebenbetroffenen bestehenden (Dauer-) Kauf- und Lieferverhältnis über Waren und waren zumindest objektiv geeignet, die Nebenbetroffene zum Verzicht auf ihre Preisgestaltungsmöglichkeiten gegenüber den Endverbrauchern zu bestimmen; tatsächlich wurde sie davon auch bestimmt. Dies gilt nicht nur für die beiden Preisvereinbarungen nach dem 20.12.2004 und 20.04.2005, sondern namentlich auch für die Grundeinigung um die Jahreswende 2004/2005. Schon zuvor waren die Verantwortlichen von N.1 an die Nebenbetroffene mit einer sich verstärkenden Erwartungshaltung zur Mitwirkung an der Moderation herangetreten, wie das Schreiben des Herrn I.B. an Herrn L.Q. vom 19.04.2004 veranschaulicht und das Gespräch am Sitz der Nebenbetroffenen am 18.10.2004 zeigt, in dem die Herren G.X. und U. die Herren N.Q. und L. ausdrücklich um die „Unterstützung bei einer eventuellen Preiserhöhung im neuen Jahr“ baten, und zwar beispielsweise durch „Aussetzen von Inseraten“. Der Nebenbetroffenen war es bereits zu dieser Zeit aus wirtschaftlichen Gründen deutlich erschwert, gegenüber N.1 auf die eigene Preisgestaltungsfreiheit zu pochen und deren Moderationserwartungen zurückzuweisen. Ebenso wie der Discounter M.3, der an der Preismoderation von N.1 nicht teilnahm, wie die Zeugen G.X. und D. ausgesagt haben, und im Jahr 2004 schon seit rund sieben Jahren nicht mehr Handelskunde von N.1 war, konnte dergleichen auch eine sich verweigernde Nebenbetroffene treffen. Dies hätte den Verlust des nach den Angaben des Geschäftsführers E.S. wichtigsten Zugartikels – X.-Filterkaffee in der 500-g-Packung – für das gesamte Drogeriesortiment bedeutet. Ein solcher Verlust war nicht ohne weiteres auszugleichen, weil die Endverbraucher, wie Herr E.S. ebenfalls angegeben hat, an den Bezug von X. Filterkaffee bei der Nebenbetroffenen bereits seit den 1970er Jahren gewöhnt waren. Eine Auslistung wäre auch in Hinsicht auf die Geschäftsbeziehung selbst ein wirtschaftlicher Verlust gewesen. Denn N.1 hatte sich als langjährige und beständige Lieferantin bewährt. So zitierte Herr U. in seinem Bericht über das Besuchstreffen am 18.10.2004 am Sitz der Nebenbetroffenen den Einkaufsleiter N.Q. mit den Worten, dass „M.3 der Haus- und Hoflieferant bei Kaffee“ sei und das so bleiben solle. Darüber hinaus ragte N.1 für die Nebenbetroffene durch die gebotene Warenfinanzierung heraus. Der Geschäftsführer E.S. hat hierzu in der Hauptverhandlung angegeben, dass die Warenkreditkonditionen von N.1 deutlich günstiger gewesen seien als die der anderen Kaffeeröster. Dies sei in schwieriger Zeit für die Nebenbetroffene sehr hilfreich gewesen. Die Nebenbetroffene sei bis Ende der 1990er Jahre finanziell angeschlagen gewesen, sie habe „Bankschulden ohne Ende“ gehabt. Die Finanzierungskonditionen von N.1 seien sogar ausschlaggebend dafür gewesen, dass die Nebenbetroffene sich für X. Filterkaffee als hauptsächlichen Zugartikel im Bereich Kaffee entschieden habe; so sei das Unternehmen K.1 nicht bereit gewesen, der Nebenbetroffenen die für sie wichtigen „Valuten zu geben“. Ferner konnte eine Zurückweisung des von N.1 angetragenen Moderationsanliegens die Nebenbetroffene gegenüber dem Drogerie-Wettbewerber T.1 ins Hintertreffen bringen; denn T.1 hatte N.1 seit Jahren ebenfalls als Zugartikel für sein Drogeriesortiment eingesetzt und sich, was den Herren N.Q. und L. durch Herrn U. bekannt war, auf die Preismoderation eingelassen. Anders als T.1 hätte sich die Nebenbetroffene bei einer Zurückweisung von N.1 als unfreundlicher Systemaußenseiter gezeigt. All diese wirtschaftlichen Aspekte, die schon die früheren Moderationsversuche von N.1 schwer abweisbar erscheinen ließ, wie etwa die ambivalente Reaktion des Herrn L.Q. auf das Schreiben des Herrn I.B. vom 19.04.2004 zeigt, verstärkten sich noch, nachdem sich die Nebenbetroffene mit der Grundeinigung um die Jahreswende 2004/2005 auf die Preismoderation vollkommen und dauerhaft eingelassen hatte. Denn nun konnte eine Wiederaufkündigung der Grundübereinkunft angesichts der hohen Bedeutung für N.1 heftige Enttäuschungsreaktionen hervorrufen. Dass andererseits N.1 ein hohes Interesse an der Einbindung der Nebenbetroffenen hatte, diese damit ihrerseits tatsächlich durchaus ein Gegendruckmittel in der Hand hatte, Spannenausgleiche und „Schmerzensgeld“ bei vermeintlich unzulänglicher Preismoderation zu fordern und später auch erhob, ändert an dem Befund der wirtschaftlichen Bindung der Nebenbetroffenen an die Grundeinigung – diese ab 2006 zusätzlich verstärkt durch die Vereinbarung von Rahmenstückprämien auf Abverkauf in der Jahresvereinbarung 2006 (Ziffer 14) – nichts, zumal es für die Annahme einer wirtschaftlichen Bindung nicht auf eine bestimmte Intensität ankommt. Ausreichend ist jede wirtschaftliche Bindung im Sinne eines faktischen Zwangs, zur Vermeidung wirtschaftlich nachteiliger Folgen auf den Gebrauch der Preisgestaltungsfreiheit zu verzichten (vgl. BGH, Urteil vom 08.04.2003 – KZR 3/02 „1 Riegel extra“, Umdruck Seite 10; Bechtold, GWB, 3. Auflage, § 14 Rn. 7), der hier bei der Nebenbetroffenen vorlag. Dass beide Seiten im Rahmen der Preismoderation immer wieder von „Preisempfehlungen“ durch N.1 sprachen, was das Vorgehen von N.1 als bloß einseitige Einflussnahme hinstellen könnte, steht nicht entgegen. Die Herren U. und A. haben bekundet, dass damit allgemein die einvernehmlich abzustimmenden Ladenverkaufspreise gemeint waren; Herr A. hat für sich ergänzt, dass er mit diesem Sprachgebrauch das kartellrechtlich unzulässige Geschehen habe überdecken wollen.
734Neben den wirtschaftlichen Bindungen bestanden für beide Unternehmen im gesamten Kartellzeitraum auch durch Beweggründe gesellschaftlicher und moralischer Art gesicherte tatsächliche Bindungswirkungen und ein darauf gerichteter Wille, hervorgerufen durch die langjährig erfahrene kollegiale und persönliche Wertschätzung. Dies festigte die Grundeinigung zusätzlich in der gesamten Kartellzeit.
735Der Annahme der Grundeinigung um die Jahreswende 2004/2005 als Vereinbarung steht nicht entgegen, dass sie stillschweigend geschlossen wurde. Unter dem Tatbestandsmerkmal einer Vereinbarung ist die inhaltlich übereinstimmende Äußerung des Willens zu einem bestimmten Marktverhalten zu verstehen. Der weit auszulegende Vereinbarungs-Begriff erfordert keine bestimmte Form, insbesondere kann sich eine tatbestandliche Vereinbarung auch durch konkludentes Verhalten ergeben. Die übereinstimmenden Willensäußerungen müssen auch nicht im Sinne eines einheitlichen Aktes nach außen in Erscheinung treten, vielmehr kann sich die Willensübereinkunft auch aus einer Reihe von Akten oder einem kontinuierlichen Verhalten ergeben. Entscheidend ist, wie die ausdrückliche oder stillschweigende Willensäußerung unter den tatsächlichen Umständen von den Empfängern zu verstehen war (vgl. Senat, Urteil vom 26.01.2017 – V-4 Kart 6/15 (OWi), Umdruck Seite 209 m.w.N.). Daran gemessen konnte N.1 die sich immer wieder auf seine Einbindungsbemühungen einlassenden Verhaltensweisen der Nebenbetroffenen bei schließlich vollem Eingehen auf die Preismoderation aus Anlass der Preiserhöhung vom 22.12.2004 nur dahin verstehen, dass die Nebenbetroffene sich künftig an der Preismoderation fest beteiligen wollte, was mit der stillschweigenden Zustimmung durch N.1 tatsächlich auch geschah.
736Die Grundeinigung bezweckte eine Beschränkung des Preiswettbewerbs und hatte als solche eine objektiv wettbewerbsbeschränkende Tendenz. Dies ergab sich aus ihrem Inhalt, die Aktionspreise der Nebenbetroffenen mit N.1 abzustimmen und sich auf moderierte Zielpreise zu einigen, sich an diese zu halten und sie umzusetzen, und ferner auf vorstoßenden Preiswettbewerb zu verzichten, so dass am Ende ein einheitliches Aktionspreisniveau im Handel herrschte, Unsicherheit auf dem Endabsatzmarkt genommen war und allgemeine Preiskämpfe vermieden wurden. Mit diesem Inhalt begab sich die Nebenbetroffene von Beginn an großer Teile ihrer Preissetzungsfreiheit. Die Grundeinigung bewirkte notwendig eine Bindung des künftigen Marktverhaltens der Nebenbetroffenen dahin, fortan nicht ohne vorherige Konsultation bzw. vorherigen Informationsaustausch mit N.1 am Endabsatzmarkt preisgestaltend tätig zu werden, wozu die Herren U. und A. ausgesagt haben, dass sie wegen solcher Konsultationen mit der Nebenbetroffenen praktisch jede Woche telefonische, persönliche oder schriftliche Gesprächskontakte mit Herrn L. hatten. Auch dadurch begab sich die Nebenbetroffene Teile ihrer autonomen Preissetzungsfreiheit. Vor diesem Hintergrund war die Grundeinigung der Natur ihres wesensmäßigen Inhalts nach objektiv dazu geeignet sowie darauf ausgerichtet, nicht nur die Preisgestaltungsfreiheit der Nebenbetroffenen im Vertikalverhältnis zu ihrer Lieferantin, sondern auch den Preiswettbewerb im Horizontalverhältnis der Handelsunternehmen einzuschränken. Dies galt auch in Hinsicht auf den Geheimwettbewerb. Da nach dem gemeinsamen Verständnis die den Verantwortlichen von N.1 offenbarten Preiserwägungen und Preisplanungen der Nebenbetroffenen nicht vertraulich zu behandeln waren, sondern im Gegenteil auch im Rahmen der Moderation gegenüber anderen Handelskunden verwendet werden sollten, implizierte die Grundeinigung notwendig auch die Verletzung des Geheimwettbewerbs auf der Handelsebene.
737Die mit der Grundübereinkunft und deren Praktizierung bezweckten Beschränkungen des Geheim- und Preiswettbewerbs waren geeignet, die Marktverhältnisse auf dem Endabsatzmarkt spürbar zu beeinflussen. Für die Beurteilung der Spürbarkeit ausschlaggebend ist nicht die je einzelne Maßnahme der angestrebten Art, sondern deren Gesamtheit (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2017, Umdruck Seite 9 – KZR 59/16). Tatsächlich hatten die Außenwirkungen der Grundübereinkunft und ihre Realisierung eine mehr als praktisch nicht ins Gewicht fallende Bedeutung. Sie führten dazu, dass die Handelskunden sich weitgehend an die von N.1 moderierten Preisniveaus hielten, wodurch bis Pfingsten 2007 auf dem Endabsatzmarkt die Aktionspreise in den jeweils moderierten Preiskorridoren verharrten und Preiskämpfe unterblieben. Für die übrige Zeit des Kartells bis Ende Mai 2008 gelang dies ausgehend von der im Jubiläumsjahr „100 Jahre F.1“ abweichenden Preissetzungen der F.1-Gruppe nur in Teilen, die wettbewerbsdämpfende Bedeutung der Grundeinigung blieb durch Rest-Rücksichtnahmen im Handel aber mehr als praktisch nicht ins Gewicht fallend.
738Die Voraussetzungen für eine Freistellung vom Verbot des § 1 GWB 2005 für die Grundübereinkunft liegen nicht vor.
739Die Herren L.Q., N.Q., M. und L. verwirklichten als Organ bzw. Leitungspersonen im Betrieb der Nebenbetroffenen jeweils den Tatbestand einer Kartellordnungswidrigkeit, indem sie mit teils unterschiedlichen Beteiligungszeiträumen während des gesamten Tatzeitraums vom 22.12.2004 bis 31.05.2008 sowie mit teils unterschiedlichen Mitwirkungsbeiträgen an der Begründung und Umsetzung der wettbewerbsbeschränkenden Grundvereinbarung zwischen der Nebenbetroffenen und N.1 mitwirkten.
740Nach der während des Kartellzeitraums bis zum 12.07.2005 greifenden Regelung in §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 14 GWB 1999 wie auch nach der ab dem 13.07.2005 geltenden Regelung in § 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig – was vorliegend allein von Relevanz ist: – dem Verbot von Vereinbarungen über Preisgestaltung oder Geschäftsbedingungen des § 14 GWB 1999 bzw. dem Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen des § 1 GWB 2005 zuwiderhandelt.
741Beide tatbestandlichen Verweisungen auf § 14 GWB 1999 und § 1 GWB 2005 erfordern im Ausgangspunkt die Anwendung des § 9 OWiG. Denn in den blankett-artigen Bußgeldtatbeständen sind die von ihnen in Bezug genommenen außerbußgeldrechtliche Verbote mit der Folge hineinzulesen, dass sich der Bußgeldtatbestand der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 14 GWB 1999 bzw. des §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005 wegen der ausschließlich an Unternehmen als Verbotsadressaten gerichteten Kartellverbote als Sonderdelikte darstellen und – soweit nicht der Unternehmensinhaber als natürliche Person selbst handelt – sich der Kreis tauglicher Täter der Ordnungswidrigkeiten daher aus § 9 OWiG ergibt (vgl. Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2 GWB, 4. Aufl., Vor § 81 Rn. 64). Von Relevanz im vorliegenden Fall ist neben § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG insoweit die Erweiterung des Täterkreises nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG auf die mit der Leitung oder Teilleitung des Betriebs beauftragten Personen. Hierzu genügt die Leitung von verselbständigten Teilbereichen innerhalb des Betriebs, was nicht die Zugehörigkeit des Beauftragten zur obersten Führungsebene, aber es erfordert, dass ihm nach der konkreten Betriebsorganisation eine leitende Funktion mit sachlicher Verantwortung für einen Betriebsteil von gewisser Selbständigkeit und Bedeutung zukommen muss (vgl.: KK-OWiG-Rogall, 4. Aufl., § 9 Rn. 85; König in: Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 9 Rn. 20 f.).
742Die im Sinne der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 14 GWB 1999 bzw. der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005 tatbestandlichen Zuwiderhandlungen umfassen sowohl den Abschluss einer nach § 14 GWB 1999 bzw. § 1 GWB 2005 verbotenen Vereinbarung als auch deren Praktizierung (vgl.: Dannecker/Biermann, a.a.O., § 81 Rn. 54; Bechtold, GWB, 5. Aufl., § 81 Rn. 8 m.w.N.). Solange die vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung praktiziert wird, liegt dieselbe Verletzung des durch das GWB als Institution geschützten Wettbewerbs vor, so dass die verschiedenen der Kartelldurchführung dienenden Akte und Handlungen durch die Grundabsprache zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst werden und nur eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen (vgl.: BGH, Beschluss v. 28.06.2005 – KRB 2/05, JW 2006, 163, 164 – Berliner Transportbeton I; Dannecker/Biermann, a.a.O., § 81 Rn. 54).
743Dies vorausgeschickt ergeben sich die von den Herren L.Q., N.Q., M. und L. verwirklichten Zuwiderhandlungen im Einzelnen wie folgt:
744Herr N.Q. verwirklichte als Mitglied der Geschäftsleitung mit Gesamtverantwortung für die Geschäftsbereiche Marketing und Einkauf der Nebenbetroffenen in der Zeit vom 22.12.2004 bis 12.07.2005 vorsätzlich den Tatbestand der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 14 GWB 1999 und in der Zeit vom 13.07.2006 bis 30.05.2008 den Tatbestand der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005. Als Leiter der beiden Geschäftsbereiche, zu denen im Bereich Einkauf auch die Kaffeeprodukte gehörten, kam ihm eine sachliche Gesamtverantwortung in Hinsicht auf die beiden Geschäftsbereiche innerhalb der Betriebsorganisation der Nebenbetroffenen zu (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). In dieser Funktion wirkte er an der Preiseinigung und damit einhergehenden Grundeinigung mit, die er in Absprache mit den Herren L.Q. und L. nach Abwägung aller Vor- und Nachteile guthieß und die er förderte und umsetzte, indem er intern mit seinen Kollegen und extern mit N.1 an Preisdiskussionen teilnahm und die Grundeinigung und sie realisierende Preiseinigungen mit N.1 abschloss, all dies unter billigender Inkaufnahme des darin liegenden Kartellverstoßes. Neben der Unterstützung des Herrn L. als First-Level-Kontakt bei dessen Verhandlungen mit den Herren U. und A. war Herr N.Q. unmittelbar an folgenden Zuwiderhandlungen beteiligt: Preiseinigung zwischen dem 22.12.2004 und 13.01.2005 [dazu A. VI.1)], Preisdiskussion am 11.07.2005 [dazu A. VI.2.b)], Preiseinigung am 06.12.2005 [dazu A. VI.2.d)] und Preisdiskussion am 20.03.2006 [dazu A. VI.2.f)].
745Herr M. verwirklichte als Einkaufsleiter in der Zeit vom 01.07.2006 bis 30.05.2008 vorsätzlich den Tatbestand der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005. Er übernahm von Herrn N.Q. zum 01.06.2006 den Geschäftsbereich Einkauf, dem drei Sortimentsbereiche zugeordnet waren, darunter der von Herrn L. geleitete Sortimentsbereich, zu dem wiederum Kaffeeprodukte gehörten. In seiner Stellung kam ihm eine sachliche Gesamtverantwortung in Hinsicht auf die drei Sortimentsbereiche innerhalb der Betriebsorganisation der Nebenbetroffenen zu (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). In dieser Funktion wirkte er an der Umsetzung und Praktizierung der Grundeinigung mit, die er in Kenntnis aller Umstände nach Abwägung aller Vor- und Nachteile guthieß und die er förderte und umsetzte, indem er intern mit seinen Kollegen und extern mit N.1 an Preisdiskussionen teilnahm und die Grundeinigung realisierte bzw. durch Herrn L. realisieren ließ, all dies unter billigender Inkaufnahme des darin liegenden Kartellverstoßes. Neben der Unterstützung des Herrn L. als First-Level-Kontakt bei dessen persönlichen Verhandlungen mit Herrn A. war Herr M. selbst unmittelbar an folgenden Zuwiderhandlungen beteiligt: Preisdiskussionen am 01.11.2006 und 13.12.2006 [dazu A. VI.2.j)], Preisdiskussionen und Teileinigung am 26.02. und 01.03.2007 [dazu A. VI.2.k)], Preisdiskussion im Mai 2007 [dazu A. VI.2.l)], Aussprache und Diskussion über die Zusammenarbeit bei der Preismoderation am 28.08.2007 [dazu A. VI.2.m)] und Preisdiskussion am 11.01.2008 [dazu A. VI.2.n)].
746Herr L. verwirklichte in seiner Funktion als Category Manager vorsätzlich in der Zeit vom 22.12.2004 bis 30.06.2006 den Tatbestand der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 14 GWB 1999 und in der Zeit vom 13.07.2006 bis 30.05.2008 den Tatbestand der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005. Er übernahm zum 01.08.2003 von seinem Vorgänger den Sortimentsbereich mit den Warengruppen Hygiene/Verband, Hustenbonbons, Tee, Pharmazie, Pflaster, Diät, Reform, Kaffee und Lebensmittel. Zu den Aufgaben von Herrn L. als Category Manager gehörte es, mit den Lieferanten die Einkaufspreise zu verhandeln, die Platzierung der von ihm verwalteten Sortimente im Regal zu bestimmen, die Verkaufspreise zu kalkulieren, die Margen und Werbeaktivitäten zu planen, sowie über die Listung oder Auslistung von Artikeln zu entscheiden. Daraus folgte eine Einkaufs-, Vermarktungs-, Vertriebs- und Ergebnisverantwortung mit gewissem eigenständigen Entscheidungsspielraum für die genannten Warengruppen. In seiner Stellung kam ihm damit eine sachliche Gesamtverantwortung in Hinsicht auf den im überantworteten Sortimentsbereich innerhalb der Betriebsorganisation der Nebenbetroffenen zu (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). In dieser Funktion wirkte er an der Preiseinigung und damit einhergehenden Grundeinigung mit, die er nach Abwägung aller Vor- und Nachteile und in Absprache mit den Herren L.Q. und N.Q. guthieß und die er förderte und umsetzte, indem er intern mit den Kollegen und extern mit N.1 an Preisdiskussionen teilnahm und Preiseinigungen mit N.1 abschloss, all dies unter billigender Inkaufnahme des darin liegenden Kartellverstoßes. Unmittelbar persönlich beteiligt war Herr L. an folgenden Zuwiderhandlungen: Preiseinigung zwischen dem 22.12.2004 und 13.01.2005 [dazu A. VI.1)], Preiseinigung nach dem 20.04.2005 [dazu A. VI.2.a)], Preisdiskussion am 11.07.2005 [dazu A. VI.2.b)], Preiseinigung am 04.11.2005 [dazu A. VI.2.c)], Preiseinigung am 06.12.2005 [dazu A. VI.2.d)], Preisbestätigung am 05.01.2006 [dazu A. VI.2.e)], Preiseinigung am 22.02.2006 [dazu A. VI.2.f)], Preisdiskussion am 20.03.2006 und Preiseinigung am 06.04.2006 [dazu A. VI.2.g)], Preiseinigung am 11.05.2006 [dazu A. VI.2.h)], Preiseinigung nach dem 21.08.2006 [dazu A. VI.2.i)], Preisdiskussionen am 01.11.2006 und 13.12.2006 [dazu A. VI.2.j)], Preisdiskussionen und Teileinigung am 26.02. und 01.03.2007 sowie Preiseinigung am 02.03.2007 [dazu A. VI.2.k)], Preisdiskussion im Mai 2007 [dazu A. VI.2.l)], Aussprache und Diskussion über die Zusammenarbeit bei der Preismoderation am 28.08.2007 [dazu A. VI.2.m)], Preisdiskussion am 11.01.2008 [dazu A. VI.2.n)] und Preisdiskussionen am 28. und 29.02.2008 [dazu A. VI.2.o)].
747Herr L.Q. verwirklichte vorsätzlich in der Zeit vom 22.12.2004 bis 30.06.2006 den Tatbestand der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 14 GWB 1999 und in der Zeit vom 13.07.2006 bis 30.05.2008 den Tatbestand der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005. Als Geschäftsführer der Nebenbetroffenen mit Zuständigkeit für den Einkauf und Absatz unter Einschluss der Kaffeeprodukte war er im gesamten Tatzeitraum vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person und damit Normadressat gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG. In dieser Stellung wirkte Herr L.Q. an der Begründung der Grundeinigung um die Jahreswende 2004/2005 und deren Umsetzung und Praktizierung in der Folgezeit mit, indem er die ihm durch die Herren N.Q. und L. zur Kenntnis gelangte Diskussion, Abstimmung und Vereinbarung der Preisführung mit Herrn U. nach dem 22.12.2004 nicht unterband, sondern diese mittrug und nach Abwägung aller Vor- und Nachteile guthieß, förderte und unterstützte, all dies im Bewusstsein, dass mit der Preiseinigung um die Jahreswende 2004/2005 der letzte Schritt in die nachhaltige und dauerhafte Einbindung der Nebenbetroffenen in die N.1-Preismoderation getan war und unter billigender Inkaufnahme des darin liegenden Kartellverstoßes. Im gesamten Tatzeitraum stand er den Herren N.Q., M. und L. für interne Diskussionen über die geeigneten Preisführungen und taktische Verhandlungsfragen rund um das Thema „Preismoderation durch N.1“ zur Verfügung und beteiligte sich daran. Im Außenverhältnis zu N.1 stand er auf Geschäftsführerebene für diesbezügliche Kontakte mit seinem Gegenüber von N.1, dem Geschäftsführer I.B., bereit. In dieser Rolle nahm er in großer Kartellrunde an der Aussprache und Diskussion über die weitere Zusammenarbeit bei der Preismoderation am 28.08.2007 teil [dazu A. VI.2.m)].
748Die Herren L.Q., N.Q. und L. handelten vorsätzlich. Sie kannten die tatsächlichen Umstände, die die Verstöße gegen die Verbote des § 14 GWB 1999 und des § 1 GWB 2005 ausmachten. Als Manager in wichtigen Führungspositionen eines auch international operierenden Unternehmens erkannten sie, dass die auf unbestimmte Zeit geltende Verabredung zur Beschränkung der Preisgestaltung und deren Umsetzung, insbesondere in Gestalt konkreter Preiseinigungen, gegen das nationale Kartellrecht verstieß. Zudem wussten sie, dass ihre Mitwirkung an der Umsetzung der verbotenen Grundabsprache ihrerseits den Kartellverboten widersprach. Dennoch wollten sie für die Nebenbetroffene an der Grundeinigung festhalten und diese mittragen und schließlich auf dieser Basis die Einzelverständigungen auf zu zeigende Ladenverkaufspreise herbeiführen und durchführen. Auch dem später hinzutretenden Herrn M. fiel Vorsatz zur Last. Auch er kannte die tatsächlichen Umstände, die den Verstoß gegen das Verbot des § 1 GWB 2005 begründeten, und war sich der Kartellrechtswidrigkeit der Grundeinigung und deren Konkretisierung durch die einzelnen Preisdiskussionen und Preiseinigungen bewusst. Im Bewusstsein, hiermit selbst gegen das Kartellverbot zu verstoßen, trug er mit seinen Handlungen aber dennoch willentlich zum Fortbestand der Grundeinigung sowie zum Zustandekommen der von ihr getragenen Einzeleinigungen bei.
749Bei den durch die Herren L.Q., N.Q., M. und L. begangenen Ordnungswidrigkeiten handelt es sich um eine Tat gemäß § 19 OWiG. Die verbotene Grundeinigung war auf unbestimmte Zeit getroffen worden und wurde durch die wiederholten Diskussionen und Preiseinigungen in ihrem Bestand bestätigt. Die auf ihrer Grundlage getroffenen Preiseinigungen dienten der Konkretisierung der Grundeinigung. Ein eigenständiger oder zusätzlicher Unrechtsgehalt kommt ihnen gegenüber der sie tragenden Grundeinigung nicht zu. Infolge dessen stellen diese auf dieselbe Rechtsgutsverletzung gerichteten Handlungen keine mehrfache Verletzung desselben Kartellordnungswidrigkeiten-Tatbestandes dar. Sie werden vielmehr vom gesetzlichen Tatbestand als bloße Folgeabsprachen mit den die Grundeinigung aufrechterhaltenden Tatbeiträgen zu einer Bewertungseinheit mit der Folge verbunden, dass jeweils nur eine einheitliche Kartellordnungswidrigkeit vorliegt (vgl.: BGH, Beschluss vom 28.06.2005 – KRB 2/05, WuW/E DE-R 1567-1571, zitiert nach juris Rz. 11 m.w.N. – Berliner Transportbeton I).
750Die Nebenbetroffene muss sich die Zuwiderhandlungen zum einen ihres vormaligen Geschäftsführers L.Q. nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG und zum anderen der Herren N.Q., M. und L. als Leitungspersonen nach § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG zurechnen lassen. Wegen der die Leitungsfunktion der Herren N.Q., M. und L. begründenden Umstände wird auf die entsprechenden Ausführungen zur Erstreckung der Normadressaten-Eigenschaft auf sie nach Maßgabe des § 9 OWiG verwiesen. Alle vier Verantwortlichen beteiligten sich gerade in ihrer leitenden Funktion für die Nebenbetroffene an der Preismoderation durch N.1. Zugunsten der Nebenbetroffenen ist das sachlich und teilweise zeitlich aneinander anschließende kartellrechtswidrige Verhalten ihrer Repräsentanten zu einer einzigen Bewertungseinheit im Sinne einer zusammenhängenden Tat zusammenzufassen.
751D. Bußgeldzumessung
752Der für die Bußgeldzumessung gegen die Nebenbetroffene heranzuziehende Bußgeldrahmen ist den §§ 17 Abs. 1 OWiG, 81 Abs. 4 Satz 2 und 3 GWB 2007 zu entnehmen. Hiernach reicht der Bußgeldrahmen von 5 Euro bis zu 10 vom Hundert des im der Behördenentscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des Unternehmens (§ 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2007), wobei zur Ermittlung des Gesamtumsatzes der weltweite Umsatz aller natürlichen und juristischen Personen zugrunde zu legen ist, die als wirtschaftliche Einheit operieren (§ 81 Abs. 4 Satz 3 GWB 2007).
753Das für die Bestimmung der umsatzbezogenen Obergrenze des Bußgeldrahmens nach § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2007 zugrunde zu legende Geschäftsjahr ist das Jahr 2014. Denn die maßgebliche Behördenentscheidung i.S. der Vorschrift ist der gegen die genannte Nebenbetroffene am 23.12.2015 erlassene Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes.
754Bei der Ermittlung der umsatzabhängig zu bestimmenden Obergrenze ist der weltweite Umsatz aller natürlichen und juristischen Personen zugrunde zu legen, die als wirtschaftliche Einheit operieren. Danach ist für die Nebenbetroffene ein Bußgeldrahmen von 5 Euro bis 448 Mio. € zugrunde zu legen. Die Nebenbetroffene erzielte im Geschäftsjahr 2014 nationale Netto-Umsatzerlöse von 4,63 Mrd. €. Abzüglich der Verbrauchsteuern verbleibt ein Gesamtumsatz von 4,48 Mrd. Die von der Verteidigung unter Bezugnahme auf die vorläufige, noch nicht testierte Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2014 vorgetragene Berechnung hat der Geschäftsführer der Nebenbetroffenen E.S. auf Nachfrage des Senats nach nochmaliger Prüfung bestätigt. Der Senat sieht von der Ermittlung hinsichtlich weiterer Umsätze der wirtschaftlichen Einheit ab, zumal sich aus der vorläufigen Konzern-Gewinn-und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 2014 ergibt, dass die in Betracht kommenden weiteren Umsätze für die Sanktionszwecke insgesamt voraussichtlich nicht beträchtlich ins Gewicht fallen würden. Zugrunde zu legen ist somit der genannte Umsatz in Höhe von rund 4,48 Mrd. €, so dass sich eine Bußgeldrahmenobergrenze nach § 81 Abs. 4 Satz 2 und 3 GWB (10 %) in Höhe von 448 Mio. € ergibt.
755Gemäß § 4 Abs. 2 OWiG bestimmt sich die Geldbuße nach dem Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, hier also nach § 81 Abs. 4 GWB in der ab 2007 gültigen Fassung.
756Bei der Schwere der Schuld ist zu berücksichtigen, dass es sich zwar um einen vertikalen Verstoß handelte, der aber nach dem Willen der Nebenbetroffenen eine horizontale nationale wettbewerbsbeschränkende Wirkung auf ihrem Markt beim Absatz von Filterkaffee bewirken sollte. Beabsichtigt war eine ähnlich schädliche Wirkung, wie wenn es eine Absprache zwischen den Händlern gegeben hätte, wobei anzumerken ist, dass dem kartellrechtlichen Selbstständigkeitspostulat jede auch nur mittelbare Kontaktaufnahme entgegen steht, durch die das Marktverhalten eines Wettbewerbers beeinflusst wird oder ein solcher Wettbewerber über das Marktverhalten, zu dem der betreffende Marktteilnehmer entschlossen ist, oder das er in Erwägung zieht, ins Bild gesetzt wird, wenn, wie hier, die Kontaktaufnahme bezweckt oder bewirkt, dass Wettbewerbsbedingungen entstehen, die auf dem in Betracht kommenden Markt nicht dessen normale Bedingungen entsprechen (vgl. EuGH, Urteil vom 26.01.2017, WuW 2017, 196, 198).
757Bußgeldmildernd ist zu berücksichtigen, dass die Nebenbetroffene nicht die Initiatorin der Vereinbarung mit N.1 war, sondern für die vertikale Preisbindung erst nach verstärkten Bemühungen durch N.1 gewonnen werden konnte. Dabei bestand ein verstärkter Anreiz, weil die Nebenbetroffene nicht als Systemaußenseiterin dastehen wollte, namentlich im Vergleich zu dem direkten Drogisten-Wettbewerber T.1, und weil N.1 ein bewährter und finanzgünstiger Lieferant war, der mit Filterkaffee einen der wichtigsten Artikel lieferte. Bei der Gewichtung dieses mildernden Aspekts ist indes zu bedenken, dass der geschilderte wirtschaftliche Anreiz auch nicht ansatzweise einem ökonomischen Zwang zum Kartell gleichkam. Es war den Verantwortlichen der Nebenbetroffenen möglich und zumutbar, sich diesem Anreiz nicht zu ergeben, sondern die aus der Nichtteilnahme resultierenden Nachteile hinzunehmen.
758Bußgeldschärfend fällt die beträchtliche Dauer der ihr zuzurechnenden Zuwiderhandlung von 3 Jahren und 5 Monaten ins Gewicht. Bußgeldschärfend ist ferner die erhebliche Intensität der Begehung zu berücksichtigen. Der Austausch mit N.1 fand nahezu wöchentlich statt, wenngleich – insoweit mildernd – zu berücksichtigen ist, dass aus der laufenden Lieferbeziehung ohnehin immer wieder Gelegenheit zum Gespräch bestand, viele Kontakte daher auch gelegentlich der Lieferbeziehung erfolgten, was die Hemmschwelle zur Umsetzung der Zuwiderhandlung senkte.
759Mit Filterkaffee war ein Konsumgut des täglichen Bedarfs in einem bedeutenden Segment des nationalen Endabsatzmarkts für Lebensmittel betroffen, was erschwerend zu berücksichtigen ist. Mildernd ist jedoch in Ansatz zu bringen, dass die Verantwortlichen der Nebenbetroffenen mit ihrer Zuwiderhandlung nur auf die Marke N.1 zielten. Ihnen ging es nicht darum, den Wettbewerb auf dem Endabsatzmarkt für Filterkaffee insgesamt zu dämpfen, sondern zentral um das Vermarktungspreisniveau für diese eine Produktmarke. Hierdurch erscheinen die festgestellten Zuwiderhandlungen in einem milderen Licht. Mildernd ist ferner zu berücksichtigen, dass die Wirkung des Kartells nach Pfingsten 2007 bis Mai 2008 in Hinsicht auf den geschützten Preiswettbewerb deutlich reduziert war, weil sich die Nebenbetroffene und N.1 zwar noch über die Aktionspreisführung informierten und austauschten, aber nicht mehr auf ein Aktionspreisniveau einigen konnten.
760Bußgeldmildernd ist zu würdigen, dass Teile der tatbestandlichen Handlung unter Geltung einer milderen gesetzlichen Bußgelddrohung begangen wurden (vgl. hierzu Gürtler in Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 4 Rn. 3 m.w.N.). Hiervon ist zugunsten der Nebenbetroffenen auszugehen, weil jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich unter Anwendung des bis zum 12.07.2005 geltenden § 81 Abs. 2 GWB 1999 eine niedrigere Bußgeldobergrenze als die hier zugrunde gelegte ergeben hätten. Nach jener Fassung sah das Gesetz für Zuwiderhandlungen gegen § 14 GWB 1999 inhaltlich übereinstimmend einen Bußgeldrahmen bis 500.000 € und über diesen Betrag hinaus bis zur dreifachen Höhe des durch die Zuwiderhandlung erlangten Mehrerlöses vor. In Anwendung des „in-dubio“-Grundsatzes zugunsten der Nebenbetroffenen ist davon auszugehen, dass eine nach der bis zum 12.07.2005 geltenden Gesetzesfassung gebotene Mehrerlös-abhängige Bestimmung des Bußgeldrahmens zu einer milderen Bußgeldobergrenze geführt hätte.
761Bußgeldmildernd ist auch zu berücksichtigen, dass das Bußgeldverfahren aufgrund seiner gut achtjährigen Verfahrensdauer von der Vollstreckung der Durchsuchungsanordnung am 14.01.2010 bis zur nunmehrigen gerichtlichen Sachentscheidung für die Nebenbetroffene mit nicht unerheblichen Belastungen verbunden gewesen ist.
762Bußgeldschärfend fällt der finanzielle Vorteil ins Gewicht, der darin liegt, dass der Nebenbetroffenen nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes vom 23.12.2015 bis zur nunmehrigen gerichtlichen Sachentscheidung über die Dauer von mehr als zwei Jahren die um die Geldbuße ungeschmälerte Liquidität zur Verfügung stand. Der damit verbundene finanzielle Vorteil ist – wie schon allein ein Vergleich mit einem anhand § 81 Abs. 6 Satz 2 GWB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB bemessenen entsprechenden Zinsvorteil aufzeigt – nicht unerheblich.
763Die Nebenbetroffene erzielte im Geschäftsjahr 2014 einen Erlös von rund 217 Mio. Euro vor Steuern vom Einkommen und Ertrag. Dies ergibt sich aus dem von der Verteidigung vorgelegten Entwurf der Konzern-Gewinn-und Verlustrechnung 2014, die Bestandteil des Entwurfes für den Konzernjahresabschluss 2014 ist, der seinerseits noch nicht testiert ist, dessen Richtigkeit der Geschäftsführer E.S. auf Nachfrage des Senats aber bestätigt hat. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenbetroffenen haben sich seit dem Jahr 2014 nicht verschlechtert; sie ist nach Angaben des Herrn E.S. heute das dritt- oder viertgrößte Drogerieunternehmen Deutschlands.
764Nach Abwägung der genannten wie auch aller sonstigen für und gegen die Nebenbetroffene zu würdigenden Gesichtspunkte hält der Senat unter Berücksichtigung auch der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenbetroffenen eine Geldbuße in Höhe von
76530.000.000,00 Euro
766für tat- und schuldangemessen und ausreichend, um auf die Nebenbetroffene einzuwirken.
767Das Bußgeld dient ausschließlich Ahndungszwecken. Der Senat hat von einer Vorteilsabschöpfung abgesehen. Vorteile aus der Tat sind in der Hauptverhandlung weder berechenbar noch hinreichend abschätzbar festgestellt worden. Es ergaben sich auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für entsprechende Ermittlungsansätze.
768E. Kostenentscheidung
769Die Kostenentscheidung folgt aus § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 465 Abs. 1 StPO.
770Winterscheidt Dieck-Bogatzke Richter am Oberlandesgericht Breiler ist in Urlaub und daher verhindert, seine Unterschrift beizufügen, 28.05.2018, 18.00 Uhr
771Winterscheidt
772Inhaltsübersicht
773A. Sachverhaltsschilderung 3
774I. Die Nebenbetroffene 3
775II. Die M.2 5
776III. Die Struktur des Röstkaffeeabsatzes in Deutschland 7
777IV. Das Preiskartell der Kaffeeröster („Kaffeeröster-Kartell“) 10
778V. Das N.1-Preislenkungssystem 12
779VI. Die kartellrechtlichen Verstöße der Nebenbetroffenen 15
7801. Grundeinigung zur fortlaufenden Preisabstimmung um
781die Jahreswende 2004/2005 16
7822. Umsetzung der Grundeinigung durch die Nebenbetroffene 19
783a) Preiseinigung nach dem 20.04.2005 19
784b) Preisdiskussion am 11.07.2005 19
785c) Preiseinigung am 04.11.2005 20
786d) Preiseinigung am 06.12.2005 20
787e) Preisbestätigung am 05.01.2006 20
788f) Preiseinigung am 22.02.2006 21
789g) Preisdiskussion am 20.03.2006,
790Preiseinigung am 06.04.2006 21
791h) Preiseinigung am 11.05.2006 21
792i) Preiseinigung nach dem 21.08.2006 22
793j) Preisdiskussionen am 01.11. und 13.12.2006 22
794k) Preisdiskussionen und Teileinigung am 26.02.
795und 01.03.2007,
796Preiseinigung am 02.03.2007 23
797l) Preisdiskussion im Mai 2007 24
798m) Aussprache und Diskussion über die
799Zusammenarbeit bei der Preismoderation am 28.08.2007 24
800n) Preisdiskussion am 11.01.2008 24
801o) Preisdiskussionen am 28. und 29.02.2008 25
802p) Auflösung der Grundeinigung im Mai 2008 25
803B. Beweiswürdigung 26
804I. Die Nebenbetroffene 26
805II. Die N.2 29
806III. Die Struktur des Röstkaffeeabsatzes in Deutschland 29
807IV. Zum Kaffeeröster-Kartell und N.1-Preislenkungssystem 31
808V. Die kartellrechtlichen Verstöße der Nebenbetroffenen 36
8091. Grundeinigung zur laufenden Preisabstimmung um die Jahreswende 2004/2005 36
810a) Fabrikabgabepreiserhöhung vom 20.12.2004 36 b) Preiseinigung nach dem 20.12.2004 37
811c) Stillschweigende Grundeinigung 43
812aa) Wettbewerblich unnormale Annäherung als Vorstufe 43
813bb) Wettbewerblich unnormale Verhaltensweisen als Indizien 50
814(1) Austausch wettbewerbssensibler Informationen 50
815(2) Interesse an der Preismoderation, Beschwerden über Moderationsfehlleistungen 54
816(3) Einzel-Zuwiderhandlungen 58
817(4) Absehen von vorstoßendem Preiswettbewerb 58
818d) Zu den Vorteilen der Kooperation für die Nebenbetroffene,
819Bindungswirkungen 61
820e) Gemeinschaftliches Handeln aller Einkaufsverantwortlichen der Nebenbetroffenen 62
8212. Umsetzung der Grundeinigung 69
822a) Preiseinigung nach dem 20.04.2005 70
823b) Preisdiskussion am 11.07.2005 72
824c) Preiseinigung am 04.11.2005 73
825d) Preiseinigung am 06.12.2005 76
826e) Preisbestätigung am 05.01.2006 78
827f) Preiseinigung am 22.02.2006 79
828g) Preisdiskussion am 20.03.2006, Preiseinigung am 06.04.2006 81
829h) Preiseinigung am 11.05.2006 83
830i) Preiseinigung nach dem 21.08.2006 87
831j) Preisdiskussionen am 01.11. und 13.12.2006 90
832k) Preisdiskussionen und Teileinigung am 26.02. und 01.03.2007, Preiseinigung am 02.03.2007 91
833l) Preisdiskussion im Mai 2007 96
834m) Aussprache und Diskussion über die Zusammenarbeit bei der Preismoderation am 28.08.2007 98
835n) Preisdiskussion am 11.01.2008 101
836o) Preisdiskussionen am 28. und 29.02.2008 102
837p) Auflösung der Grundeinigung im Mai 2008 104
8383. Zum Beweiswert der Zeugenaussagen 105
839C. Rechtliche Würdigung 114
840D. Bußgeldzumessung 126
841E. Kostenentscheidung 130