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Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.183,02 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. Dezember 2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz mit Ausnahme der durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Gerichts verbundenen Mehrkosten, die allein der Kläger trägt, und die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der Kläger zu 78%, der Beklagte zu 22%.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2A.
3Im Kern streiten die Parteien über die Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung von Kosten einer Katarakt-Operation unter Einsatz eines Femtosekundenlasers.
4Der am 26. August 1944 geborene Kläger unterhielt bei dem Beklagten einen privaten Krankheitskostenversicherungsvertrag nach dem Tarif P2, der im Bereich ambulanter Chirurgie einen Erstattungssatz von 100% vorsieht.
5Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung, Teil I Musterbedingungen (MB/KK) und Teil II Tarifbedingungen (TB/KK) gültig für die Tarife 100-401, 405-480, AS10, Z95-Z98, BHE, BA1-BA10 und AWB (Bl. 79-86 d. GA), zugrunde.
6Dort heißt es unter Teil II (TB/KK) Nr. 1 lit. a) zu § 4 Abs. 1 MB/KK wörtlich (Bl. 80 d. GA):
7„Gebühren und Kosten sind im tariflichen Umfang bis zu den Höchstsätzen der jeweils gültigen amtlichen ärztlichen Gebührenordnungen sowie den Verordnungen über Krankenhauspflegesätze in der Bundesrepublik Deutschland erstattungsfähig. Keine Leistungspflicht besteht für die Teile einer Liquidation, die diese Höchstsätze überschreiten oder nicht den Vorschriften der Gebührenordnungen bzw. Verordnungen über Krankenhauspflegesätze entsprechen. Das gilt auch, wenn durch Vereinbarung eine von diesen Verordnungen abweichende Regelung getroffen wurde. (…).“
8Auf den weiteren Inhalt der maßgeblichen Versicherungsbedingungen (Bl. 79-86 d. GA) wird Bezug genommen.
9Der Kläger litt beidseits an einer visusrelevanten Katarakt, einer Presbyopie sowie ferner einem Astigmatismus von -0,5 Dioptrien rechts und -1,5 Dioptrien links.
10Am 13. und 14. Juni 2016 unterzog sich der Kläger in der augenchirurgischen Praxis des M. M. - dem sehkraft Augenzentrum M. - einer sogenannten Katarakt-Operation unter Einsatz eines Femtosekundenlasers. Je Auge wurde zwecks Kompensation der physiologischen Alterssichtigkeit eine Multifokallinse eingesetzt. Zugleich wurden transverse Inzisionen - sogenannte T-Cuts - platziert.
11Unter dem 1. Juli 2016 wurden dem Kläger die durchgeführten Operationen mit einem Betrag in Höhe von € 8.226,46 in Rechnung gestellt; auf den Inhalt der Rechnung (Bl. 4-7 d. GA) wird ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt des Arztberichtes des M. M. vom 16. August 2016 (Bl. 8 f. d. GA).
12Der Beklagte erstattete dem Kläger nach Abzug einer noch offenen Selbstbeteiligung für Arznei- und Verbandmittel von € 3,77 einen Teilbetrag von € 2.825,73 und lehnte eine weitergehende Erstattung mit Schreiben vom 2. September 2016 ab.
13Der Kläger hat behauptet, die durchgeführten Maßnahmen seien im Sinne von § 1 Abs. 2 MB/KK medizinisch notwendig gewesen und seien ordnungsgemäß abgerechnet worden. Bei der Femtosekundenlaserbehandlung handele es sich nicht nur um einen Ersatz für die Tätigkeit, die sonst der Operateur übernehme; es handele sich um ein zweistufiges Vorgehen, bei dem zusätzlich eine Vorbehandlung stattfinde, bei der die Hornhaut perforiert werde. Hierfür werde die Gebührenziffer Nr. 5585 GOÄ analog angewendet. Der T-Cut habe der Abwendung der Entstehung eines Astigmatismus im Sinne der Vermeidung einer Erkrankung gedient. Sämtliche Sachkosten und Honorarpositionen seien nachwiesen und notwendig gewesen.
14Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
15den Beklagten zu verurteilen,
161. € 5.400,73 nebst 5% Zinsen über dem Basissatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
172. weitere € 571,44 für Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung nebst 5% Zinspunkten über den Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
18Der Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Der Beklagte hat behauptet, der Einsatz des Femtosekundenlasers sei nicht medizinisch notwendig gewesen. Es habe keine medizinische Indikation zur Durchführung einer femtosekundenlasergesteuerten Katarakt-Operation bestanden; Schnittführung und Linsenentnahme hätten ohne weiteres konventionell durchgeführt werden können. Von wenigen Ausnahmen abgesehen entstünde durch die Lasermethode kein gesundheitlicher Zusatznutzen für den Patienten. Gleiches gelte dann selbstverständliche auch für die in diesem Zusammenhang liquidierten Material-, Sach- und Lizenzkosten.
21Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Einsatz des Femtosekundenlasers sei von der Gebühr über die operative Hauptleistung - Nr. 1375 GOĠ- erfasst und abgegolten und nicht als selbständige Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ analog Nr. 5855 GOÄ gesondert abrechenbar. Selbst wenn der Einsatz des Femtosekundenlasers zu besseren Operationsergebnissen führen würde, würde sein Einsatz vollständig der Optimierung der in der einschlägigen Gebührenziffer beschriebenen Operation dienen. Nr. 1375 GOÄ lasse gerade offen, mit welchen Techniken und Methoden der Arzt die Zielleistung erreiche.
22In diesem Zusammenhang hat der Beklagte behauptet, der Femtosekundenlaser ersetze im Rahmen der Katarakt-Operation bei der Linsenöffnung die Hand des Operateurs und übernehme die Zerstörung der Linse. Der Arzt setze eine computergestützte Lasertechnik ein, um ein besseres Operationsergebnis bzw. eine optimale Zielleistung zu erreichen. Der Einsatz des Femtosekundenlasers sei daher methodisch notwendiger Bestandteil der Operationsleistung, für den bei der Behandlung des Klägers keine eigenständige medizinische Indikation bestanden habe. Er führe auch nicht zu besseren Ergebnissen, und mit seinem Einsatz werde auch kein eigenes refraktives Ziel verfolgt.
23Der Beklagte hat ferner die Auffassung vertreten, der Einsatz des Femtosekundenlasers könne analog Nr. 5855 GOÄ jedenfalls nicht zum 2,7-fachen Steigerungssatz berechnet werden; auch im Falle einer Analogie zu Nr. 5855 GOÄ gemäß § 5 Abs. 3 GOÄ betrage der Höchstsatz 2,5. Wenn bei einer Analogberechnung auf eine technische Leistung - hier Nr. 5855 GOĠ‑ zurückgegriffen werde, so würden die Begrenzungen im Steigerungssatz selbstverständlich auch für die Analogabrechnung gelten. Honorarvereinbarungen seien gemäß § 2 Abs. 3 GOÄ für Leistungen aus den Abschnitten A, E, M und O nicht zulässig, sodass die Honorarvereinbarung vom 7. Juni 2018 unwirksam sei. Auch Teil II (TB/KK) Nr. 1 lit. a) zu § 4 Abs. 1 MB/KK stehe einer abweichenden Gebührenvereinbarung entgegen. Der Regelhöchstsatz der für den 13. und den 14. Juni 2016 jeweils zum 2,7-fachen Steigerungssatz liquidierten Nr. 5855 GOĠ‑ Abschnitt O - betrage gemäß § 5 Abs. 3 GOÄ den 1,8-fachen Steigerungssatz.
24In diesem Zusammenhang hat der Beklagte behauptet, es hätten keine Erschwernisse oder besonderen Schwierigkeiten vorgelegen, die eine Steigerung über den Regelsteigerungssatz von 1,8 hinaus rechtfertigen könnten.
25Der Beklagte hat schließlich die Auffassung vertreten, bei der Laseranwendung werde der Leistungsinhalt von Nr. 1375 GOÄ insofern nur teilweise erfüllt, als die mit Ultraschall arbeitende Phakoemulsifikation systembedingt nicht mehr anfalle; für Nr. 1375 GOÄ sei daher nicht der Höchstsatz, sondern nur der Regelhöchstsatz gerechtfertigt.
26Der Beklagte hat ferner behauptet, der Einsatz von Multifokallinsen - Kürzungsbetrag insoweit € 602,50 je Auge - und die chirurgische Korrektur des Astigmatismus hätten allein der Erlangung von Brillenfreiheit gedient und seien medizinisch nicht indiziert gewesen. Die Kosten für die Multifokallinse überstiegen das medizinisch notwendige Maß bei weitem. Zwar sei bei einem Astigmatismus größer als 1,0 Dioptrien eine Berechnung von Nr. 1345 GOÄ neben Nr. 1374 oder Nr. 1375 GOÄ für die Hornhautplastik (zirkuläre Keratomie bzw. T-Cut) zulässig. Hier habe der Astigmatismus aber nur 0,5 Dioptrien betragen. Bemühungen, den Astigmatismus durch den Eingriff nicht noch weiter zu vergrößern, seien mit der Zielleistung (Nr. 1375 GOÄ) abgegolten, für die wegen erhöhter Schwierigkeit der Höchstsatz berechnet worden sei. Die für das Viskoelasticum Duovisc abgerechneten Sachkosten in Höhe von € 148,16 je Auge seien nicht marktgerecht; marktgerecht seien lediglich € 36,00 je Auge. Insgesamt seien die Sachkosten als „vergleichsweise teuer“ zu qualifizieren. Hierauf komme es aber insofern nicht an, als eine Vielzahl von Sachkosten nach wie vor nicht nachgewiesen sei. So sei insbesondere nicht nachgewiesen, dass durch die konkrete Anwendung des Lasers eine ganze Lizenzgebühr fällig geworden sei; Praxiskosten seien gemäß § 4 Abs. 3 GOÄ mit den Gebühren erfasst und abgegolten.
27Mit Beschluss vom 21. Dezember 2016 hat sich das mit der Sache zunächst betraute Landgericht Düsseldorf für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers mit Zustimmung des Beklagten an das Landgericht Wuppertal verwiesen.
28Das Landgericht Wuppertal hat die Parteien darauf hingewiesen, dass bei einer analogen Anwendung einer Ziffer aus den Abschnitten A, E und O der GOÄ die Vorschrift des § 5 Abs. 3 GOÄ nicht - jedenfalls nicht ohne weiteres - Anwendung finde.
29Das Landgericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe des Beschlusses vom 31. März 2017 (Bl. 226-228 d. GA), ergänzt durch den Beschluss vom 10. Mai 2017 (Bl. 244 d. GA), dieser abgeändert durch den Beschluss vom 22. Juni 2017 (Bl. 251 d. GA), dieser wiederum abgeändert durch den Beschluss vom 16. August 2017 (Bl. 259 d. GA) und dieser wiederum abgeändert durch den Beschluss vom 16. Oktober 2017 (Bl. 264 d. GA), durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens sowie nach Maßgabe des Beschlusses vom 26. Februar 2018 (Bl. 307 d. GA) durch Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. h. c. N. S. vom 27. Dezember 2017 (Bl. 269-279 d. GA) und dessen Ergänzungsgutachten vom 12. April 2018 (Bl. 332-337 d. GA) Bezug genommen.
30Mit Urteil vom 30. August 2018 hat das Landgericht Wuppertal den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von € 5.385,30 nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ersatz seiner Heilbehandlungskosten im tenorierten Umfang aus §§ 1, 192 Abs. 1 VVG in Verbindung mit dem privaten Krankenversicherungsvertrag. Unstreitig habe der Kläger neben einer Myopie und einem Astigmatismus unter einem behandlungsbedürftigen grauen Star (Katarakt) gelitten. Die durchgeführte und abgerechnete Augenoperation sei als Heilbehandlung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme medizinisch notwendig im Sinne von § 1 Abs. 2 AVB gewesen. Hiervon habe sich die Kammer unter zusammenfassender Würdigung der nachvollziehbaren Ausführungen des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. med. Dr. h. c. S. überzeugt. Der Sachverständige sei zu dem für die Kammer nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass es sich nach den zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen bei der femtosekundenlasergestützten Kataraktoperation um ein aus medizinischer Sicht geeignetes Verfahren handele, das bei dem Kläger ursprünglich vorhandene Leiden eines grauen Stars zu beheben, wobei durch den Laser ein ausgesprochen präzises und zielgenaues Ergebnis erreicht werde. Auch in seinen weiteren Ausführungen habe er an der medizinischen Eignung der aus seiner Sicht inzwischen erheblich weiterentwickelten und ausgereiften Operation unter Einsatz des Femtosekundenlasers keinen Zweifel gelassen. Die gebührenrechtlichen Einwendungen des Beklagten griffen im Wesentlichen nicht durch. Bei dem Einsatz des Femtosekundenlasers handele es sich um eine eigenständige Leistung im gebührenrechtlichen Sinne, die ordnungsgemäß unter entsprechender Anwendung von Nr. 5855 GOÄ abgerechnet worden sei. Der Femtosekundenlaser ersetze nicht bloß die manuelle Schnittführung mit dem Skalpell und erleichtere damit eine bestehende Operationsmethode, sondern sei Bestandteil einer eigenständigen zweistufigen Behandlungsmethode, die über die herkömmliche manuelle Schnitttechnik hinausgehe. In einem ersten Schritt werde mittels des Femtosekundenlasers berührungsfrei die Schnittführung des Zugangs in das Auge mit zwei Parazentesen und einem Tunnel vorbereitet. Im weiteren Verlauf werde die Linsenvorderkapsel aufgetrennt und die Linse als Ganzes vorzerkleinert. In einem zweiten Schritt werde dann mittels feiner Instrumente die vorgefertigte Schnittgeometrie genutzt, um die Linse abzusaugen und das Auge mit einer Kunstlinse zu versehen. Eine Gebührenziffer, die den Einsatz des Femtosekundenlasers als neuwertige Technik zum Inhalt habe, existiere nicht. Die analoge Anwendung von Nr. 5855 GOÄ im Sinne von § 6 Abs. 2 GOÄ sei geeignet, diese Lücke in angemessener Weise zu schließen. Auch der zusätzliche Ansatz von Nr. 1345 und 1250 GOÄ neben der Kataraktoperation sei nicht zu beanstanden. Die hinter diesen Gebührenziffern stehende Behandlung - der sogenannte „T-Cut“ zur Herbeiführung einer berechenbaren Entlastung zur Reduktion der festgestellten Hornhautverkrümmung von -1,50 Dioptrien links und -0,50 Dioptrien rechts - sei medizinisch notwendig gewesen, um den Kläger von seiner Fehlsichtigkeit zu befreien. Gleiches gelte für das Einsetzen von Multifokallinsen. Einstärkenlinsen wären aufgrund ihrer Beschaffenheit unstreitig nicht geeignet gewesen, die Fehlsichtigkeit des Klägers zu heilen. Vielmehr wäre er auf eine Sehhilfe angewiesen gewesen. Die medizinische Notwendigkeit entfalle auch nicht deshalb, weil die Möglichkeit der altersbedingten Verschlechterung der Sehleistung bestehe; die Möglichkeit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei im Laufe des Menschenlebens immanent. Die hinsichtlich Nr. 5855 und 424 GOÄ angesetzten Steigerungssätze beruhten auf einer wirksamen Gebührenvereinbarung. Die Gebührenvereinbarung binde den Beklagten. § 4 Abs. 1 AVB schließe lediglich Vereinbarungen aus, die die vorgesehenen Höchstsätze überschritten oder aber gegen die Regelungen der GOÄ verstießen. Beides sei nicht der Fall. Die Beschränkung auf den sogenannten „kleinen Gebührensatz“ mit einem allenfalls anwendbaren 2,5-fachen Steigerungssatz für Leistungen aus dem Abschnitt O wirke sich hier nicht aus. Der Einsatz des Femtosekundenlasers sei keine radiologisch-diagnostische Untersuchung im Sinne des Abschnitts O, sondern ein einmaliger chirurgisch-therapeutischer Eingriff, für den die üblichen Steigerungssätze bis hin zum 3,5-fachen Steigerungssatz gelten würden. § 4 AVB bedinge § 2 Abs. 1 S. 1 GOÄ für den bedeutsamen Bereich der Bestimmung des Steigerungsfaktors nicht wirksam ab. § 4 AVB sei insoweit nicht eindeutig, interpretationsoffen und daher auszulegen. Die mit der Rechnung geltend gemachten Sachkosten seien in vollem Umfang erstattungsfähig. Der Kläger habe dem Beklagten Nachweise zur Verfügung gestellt, die ausweislich der darauf befindlichen Vermerke eines Sachbearbeiters des Beklagten auch geprüft worden seien. Es hätte daher eines konkreten Vortrags des Beklagten bedurft, hinsichtlich welcher konkreten Positionen er Nachweise vermisse. Ein Anspruch des Versicherers, Sachmittel nur zu dem am Markt günstigsten Preis zu regulieren, bestehe nicht. Die Grenze bilde das Übermaßverbot nach § 192 Abs. 2 VVG. Ein auffälliges Missverhältnis habe die Beweisaufnahme indes nicht zu Tage gefördert. Lediglich die abgerechnete Nr. 406 GOĠ- € 11,66 - sei in Abzug zu bringen. Die Mehrfachmessung sei ein Standardverfahren und stelle deshalb keine erhöhte Schwierigkeit dar. Bei der Berechnung des Erstattungsbetrages sei nur der Selbstbehalt von € 3,77 abzuziehen.
31Gegen das ihm am 31. August 2018 zugestellte Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 30. August 2018 hat der Beklagte mit am 18. September 2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 17. September 2018 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung bis einschließlich 30. November 2018 mit am 30. November 2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 16. November 2018 begründet.
32Der Beklagte wendet ein, Nr. 5855 und 424 GOÄ seien von der Erstattung ausgenommen. Der Einsatz des Femtosekundenlasers sei nicht medizinisch notwendig gewesen. Eine Behandlungsmethode sei nur dann erforderlich, wenn nicht andere versprechendere und/oder gefahrlosere Methoden zur Wahl stünden. Insbesondere bei harten Linsenkernen würden durch den Einsatz eines Lasers lediglich 20% der Ultraschallenergie eingespart. Man benötige also trotz des Femtosekundenlasers ein Ultraschallgerät, um den Linsenkern zu zerkleinern und zu entfernen. Es gebe Hinweise, dass das Risiko des wiederkehrenden Makulaödems bei der Arbeit mit dem Laser bedeutend höher sei. Auch heile der Laserschnitt in der Hornhaut erst nach Monaten zuverlässig ab, der Schnitt mit dem Skalpell bereits nach wenigen Tagen. Die Operationsmethode mit dem Femtosekundenlaser sei der herkömmlichen Methode keinesfalls überlegen. Die Wertigkeit dieser Methode sei unter Fachleuten umstritten; bislang sei es noch nicht gelungen, mit wissenschaftlicher Genauigkeit einen nachprüfbaren und dauerhaften Mehrwert des Einsatzes eines Femtosekundenlasers für den Patienten zu belegen. Jedenfalls sei der Einsatz des Femtosekundenlasers nicht als selbständige Leistung im Sinne von § 4 Abs. 2 und 2a GOÄ im Verhältnis zur operativen Hauptleistung nach Nr. 1375 GOĠ- liquidiert zum Höchstsatz - zu qualifizieren, sodass nach Maßgabe des Zielleistungsprinzips eine gesonderte Berechenbarkeit von Nr. 5855 GOÄ analog für den Einsatz des Femtosekundenlasers ausscheide. Mit dem hier vorgenommenen Ansatz des Laserzuschlags nach Nr. 441 GOÄ zum Höchstsatz seien die erbrachten Leistungen gemeinsam mit Nr. 1375 GOÄ vollumfänglich erfasst und abgegolten. Würden zur ursprünglichen Therapie neue Arbeitsschritte hinzutreten, die sich aus einer Verbesserung des Therapieverfahrens ergäben, hätten diese keinen selbständigen Charakter und könnten nicht gesondert in Rechnung gestellt werden. Die Verwendung des Lasers stelle nur eine Form des von Nr. 1375 GOÄ erfassten Operationsverfahrens dar; der Laser diene lediglich als Werkzeug und ersetze die Inzisionslanze und das Kapselmesser. Wie bei der vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 21. Januar 2010, Az. III ZR 147/09, beschiedenen Navigationstechnik in der Endoprothetik verlasse sich der Arzt nicht mehr allein auf seine Augen, sein Gefühl, seine Fingerfertigkeit und seine Erfahrung, sondern setzte eine computerunterstützte Lasertechnik ein, um ein besseres Operationsergebnis bzw. eine optimale Zielleistung zu erreichen. Ausgehend davon, dass sich die Katarakt-Operation in fünf Teilschritte gliedern lasse, könne der Femtosekundenlaser die Teilschritte 1, 2 und 3 komplett übernehmen. Die Optimierung der in der einschlägigen Gebührennummer beschriebenen Operation sei aber nicht mit einer eigenen Gebührennummer gesondert berechnungsfähig. Die in den Gebührennummern umschriebenen Operationsziele ließen offen, mit welcher Technik oder Methode der Arzt dieses Ziel erreichen wolle. Eine eigenständige Indikation für den Einsatz des Femtosekundenlasers habe nicht bestanden. Der Einsatz des Femtosekundenlasers stelle einen notwendigen Bestandteil, mindestens aber eine besondere Ausführungsart jeder Augenoperation nach Nr. 1375 GOÄ dar, die auch ohne Einsatz dieser Technik vorgenommen werden könne. Die lege artis durchgeführte händische Augenoperation führe zu demselben Operationsergebnis wie die Operation unter Einsatz des Femtosekundenlasers.
33Der Beklagte wendet ferner ein, das Landgericht habe sich mit keinem Wort mit den Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 GOÄ auseinandergesetzt. Nr. 5855 GOÄ entstamme dem Abschnitt IV. Strahlentherapie des Kapitels O der GOÄ, dort dem Unterabschnitt 5 („besonders aufwendige Bestrahlungstechnik“) und beschreibe die originäre Leistung „intraoperative Strahlenbehandlung mit Elektronen“. Nr. 5855 GOÄ sei originär geschaffen worden für die schwierige und zeitaufwändige Strahlenbehandlung von Tumoren (Gehirntumore, Brustkrebs, gastrointestinale Tumore etc.) am geöffneten Körper des Patienten im Operationssaal. Die Gebührenziffer sei mit 6.900 Punkten bewertet, Nr. 1375 GOÄ, die Operation des grauen Stars, nur mit 3.500 Punkten. Der Verordnungsgeber habe in der ärztlichen Gebührenordnung den „Einsatz des Lasers im Zusammenhang mit einer ambulanten operativen Leistung“ durch die Zuschläge in Nr. 440-445 GOÄ längst geregelt. Zu Unrecht habe das Landgericht den 2,7-fachen Steigerungssatz hinsichtlich Nr. 5855 GOÄ für abrechenbar gehalten. In Bezug auf Nr. 5585 GOÄ dürfe nach § 5 Abs. 3 GOÄ maximal der 2,5-fache Steigerungssatz berechnet werden. Auch im Falle einer Analogberechnung sei eine Steigerung der Nr. 5585 GOÄ über 2,5 hinaus ausgeschlossen. Eine Honorarvereinbarung sei nach § 2 Abs. 3 S. 1 GOÄ für Leistungen aus dem Abschnitt O ausgeschlossen. In jedem Fall bilde der 2,5-fache Steigerungssatz gemäß § 4 Teil II Nr. 1 lit. a) AVB die Grenze der Erstattungspflicht. Zudem sei hier die Überschreitung des Regelhöchstsatzes (1,8-facher Steigerungssatz) nicht nachvollziehbar; Erschwernisse, die eine Steigerung über 1,8 hinaus rechtfertigen könnten, hätten hier nicht vorgelegen. Auch fehle eine Begründung der Überschreitung, § 12 Abs. 3 GOÄ. Hinsichtlich der angenommenen medizinischen Notwendigkeit des Einsatzes von Mulitfokallinsen übersehe das Landgericht, dass sich die Sehkraft immer wieder ändere und bereits nach ein bis zwei Jahren eine Brillenfreiheit nicht mehr bestehe. Hinsichtlich der Sachkosten gehe das Landgericht von einer unrichtigen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast aus. Die versicherungsvertragliche Leistungspflicht des Versicherers setze immer einen wirksamen und fälligen Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes oder Krankenhauses voraus. Daran fehle es etwa, wenn die Liquidation gegen gebührenrechtliche Bestimmungen wie die GOÄ oder die GOZ verstoße. Damit sei es Sache des Klägers, die Angemessenheit der in Rechnung gestellten Kosten zu belegen.
34Die Beklagte beantragt,
35unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
36Der Kläger beantragt,
37die Berufung zurückzuweisen.
38Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Vertiefung und Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und trägt vor, der Femtosekundenlaser ersetze Skalpell und Phakolanze nicht. Sein Einsatz sei verselbständigt und eben nicht ein bloßer Teilschritt des Linsenaustauschs. Er lasse keine Leistungsabschnitte im Rahmen der nachfolgenden Kataraktoperation entfallen; der chirurgische Schnitt werde mittels Inzisionslanze und Kapselmesser in der eigentlichen Kataraktoperation durchgeführt, nachdem die Schnitte initial durch den Laser angelegt worden seien. Mithilfe des Femtosekundenlasers werde das Auge vorbehandelt; die drei Hornhautschnitte für den Zugang zur Kataraktoperation würden vorgeschnitten, ohne das Auge zu öffnen, an errechneter Stelle werde ein Entlastungsschnitt platziert, um die durch die Operation induzierten Verkrümmungen der Hornhautoberfläche zu kompensieren, die Vorderkapsel der biologischen Linse werde an genau errechneter Stelle vorperforiert und schließlich werde der harte Linsenkern durch den Femtosekundenlaser fragmentiert. Diese selbständige Vorbehandlung des Auges werde in einem anderen Raum, zu einer anderen Zeit, also sachlich, zeitlich und auch örtlich abgrenzbar durchgeführt, sodass die Vorbehandlung bei natürlicher Betrachtungsweise nicht als unselbständiger Teil des Linsenaustauschs gewertet werden könne. Vielmehr würden weitere Leistungsbestandteile zur Operation hinzutreten. Im Einzelnen handele es sich um die im Schriftsatz vom 5. Mai 2020, dort auf den Seiten 2 bis 4 (Bl. 679-681 d. GA), dargelegten zusätzlichen Schritte. Auch das Operationsergebnis sei qualitativ anders, da das hier gewählte Verfahren für das umliegende Gewebe schonender sei. Aufgrund der höheren Präzision der Positionierung der Linse und der Vorausberechnung der Linsenstärke sei für den Kläger ein relevanter medizinischer Vorteil bei geringerem Endothelzellverlust eingetreten. Der Femtosekundenlaser könne vorbestehende oder operationsbedingte Astigmatismus sogleich korrigieren, sodass eine ansonsten zurückbleibende Hornhautverkrümmung nicht das Sehergebnis trotz gelungener Katarakt-Operation beeinträchtige. Die Vorteile seines Einsatzes - Vermeidung der Vernichtung von Endothelzellen, Verringerung der Komplikationsrate um ein Vielfaches, hochgenaue und präzise Planung, Durchführung und Erreichung des Therapieziels - begründeten eine eigenständige medizinische Indikation. Die vom Beklagten in der Berufungsbegründung dargestellten Risiken des Einsatzes des Femtosekundenlasers existierten nicht.
39Erstmals in der Berufungsinstanz trägt der Kläger vor, der Einsatz des Femtosekundenlasers sei neben der Heilung der Katarakterkrankung zur Abwendung von Erkrankungen, namentlich aus den im Schriftsatz vom 5. Mai 2020, dort auf den Seiten 4 und 5 (Bl. 681 f. d. GA), aufgeführten Gründen, eigenständig medizinisch indiziert. Die mit dem Einsatz strahlentherapeutischer Maßnahmen verbundene Schonwirkung könne nicht verglichen werden mit chirurgischen Schonmaßnahmen wie dem manuellen Freilegen oder Abbinden von physischen Strukturen, die erbracht werden müssten, um den Behandlungsstandard zu wahren. Die strahlentherapeutisch erreichbare Schonwirkung schließe die Eigenständigkeit der Behandlungsmaßnahme als solche nicht aus.
40Ferner trägt der Kläger vor, die angegriffene Entscheidung habe zu Recht die analoge Anwendung von Nr. 5855 GOÄ bejaht. Die Behandlung des Auges mittels des Femtosekundenlasers sei der intraoperativen Strahlenbehandlung mit Elektronen - Nr. 5855 GOĠ- nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertig. Insoweit wird auf die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 5. Mai 2020, dort auf den Seiten 9 und 10 (Bl. 686 f. d. GA), Bezug genommen. Wollte man die Voraussetzungen einer Analogabrechnung nach Nr. 5855 GOÄ nicht anerkennen, wäre die Regelungslücke durch eine weitere Berechnung von Nr. 1375 GOÄ zu schließen. Die Behandlung des Auges mit dem Femtosekundenlaser bei der Kataraktoperation sei mit einem Zeitaufwand von 20 bis 30 Minuten verbunden; die anschließende Kataraktoperation dauere durchschnittlich etwa 20 Minuten und entspreche der Dauer einer Kataraktoperation ohne Einsatz des Femtosekundenlasers. Die vom Beklagten befürwortete Honorierung des Lasereinsatzes mit € 67,49 sei unhaltbar, da sie dermaßen außer Verhältnis zu dem geschilderten Arbeitsaufwand und den Kosten der Leistungserbringung stehe, dass der Arzt auf die Anwendung dieser Technik verzichten müsste, weil sie nicht auskömmlich sei; in diesem Fall sei die Gewährleistung einer angemessenen Vergütung durch das Gericht geboten.
41Schließlich trägt der Kläger vor, die hier zum Einsatz gekommenen Linsen seien zu einem günstigeren Preis nicht zu erwerben; die Aufwendung dieser Sachkosten sei nachgewiesen. Auch die für D. abgerechneten Sachkosten seien so verauslagt worden. Für das sogenannte Interface Topcon, das Verbindungsstück zwischen Patient und Laser, ohne das der Laser nicht einsetzbar sei, und ein Einmalprodukt, habe der Behandler die ausgewiesenen Beträge verauslagt. Der T-Cut sei zur Korrektur des vorhandenen und durch die Operation geschaffenen Astigmatismus notwendig gewesen. Die Erbringung und Abrechnung von Nr. 424 GOÄ zum 2,9-fachen Satz sei vereinbart worden.
42Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
43B.
44Die Berufung des Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil vom 30. August 2018 ist zulässig; insbesondere wurde die Berufung form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519 und 520 ZPO). In der Sache ist die Berufung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
45I.
46Der Kläger hat gegen den Beklagten auf der Grundlage des streitgegenständlichen Krankheitskostenversicherungsvertrages in Verbindung mit §§ 1 S. 1, 192 Abs. 1 VVG einen Anspruch auf Erstattung weiterer € 1.183,02 nebst Rechtshängigkeitszinsen, §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB; im Übrigen ist die Klage unbegründet.
47Nach § 1 Abs. 1 MB/KK bietet der Beklagte als Versicherer Versicherungsschutz für Krankheiten und erbringt in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlungen und sonst vereinbarte Leistungen. Versicherungsfall ist dabei die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, § 1 Abs. 2 S. 1 1. Hs. MB/KK. Gebühren und Auslagen sind im tariflichen Umfang bis zu den Höchstsätzen der jeweils gültigen amtlichen ärztlichen Gebührenordnung erstattungsfähig; keine Leistungspflicht besteht für die Teile einer Liquidation, die diese Höchstsätze überschreiten oder nicht den Vorschriften der Gebührenordnung entsprechen, Teil II (TB/KK) Nr. 1 lit. a) zu § 4 Abs. 1 MB/KK.
48Dass der Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Erstattung der mit der medizinisch notwendigen Heilbehandlung der bei ihm diagnostizierten, beidseitigen Katarakte verbundenen Aufwendungen hat, stellt der Beklagte nicht in Abrede. Er wendet sich gegen die Verpflichtung zur Erstattung der Kosten, die der behandelnde Augenarzt dafür in Ansatz gebracht hat, dass er die Katarakt-Operation unter Einsatz eines Femtosekundenlasers durchgeführt hat - hierzu nachfolgend unter I.1 und hinsichtlich der in diesem Zusammenhang entstandenen Sachkosten unter I.2 -, und dass er hierbei Multifokallinsen, exakt Z……. Hinterkammerlinsen zum Preis von € 802,50 je Auge anstelle von Monofokallinsen zum Preis von nur € 200,00 je Auge eingesetzt hat - hierzu nachfolgend unter I.3.
49Im Übrigen beanstandet der Beklagte die isolierte Abrechnung des sogenannten T-Cuts unter der Gebührenfolge Nr. 1250 und 1345 GOÄ analog - hierzu nachfolgend unter I.4 - und den Ansatz seiner Auffassung nach betragsmäßig überzogener Sachkosten des Viskoelasticums Duovisc - hierzu nachfolgend unter I.5.
501.
51Den Einsatz des Femtosekundenlasers anlässlich der beim Kläger am 13. und 14. Juni 2016 durchgeführten Katarakt-Operationen hat der behandelnde Arzt dem Kläger mit der Gebühr Nr. 5855 GOÄ analog mit jeweils € 1.085,89 berechnet. Als zutreffend unterstellt, dass der Einsatz des Femtosekundenlasers medizinisch notwendig war, ist der Ansatz der vorgenannten Gebührenziffernkombination neben der mit einem 3,5-fachen Steigerungsfaktor berechneten Nr. 1345 GOÄ jedenfalls gebührenrechtlich unzulässig. Wohl aber ist der Einsatz des Femtosekundenlasers durch den auch vom Beklagten befürworteten Ansatz des Zuschlags nach Nr. 441 GOĠ‑ € 67,49 je Auge ‑ zu honorieren.
52a)
53Für den Einsatz des Femtosekundenlasers bei der hier durchgeführten Kataraktoperation nach Nr. 1375 GOÄ enthält das Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte keinen eigenen Vergütungstatbestand. Dieser Umstand rechtfertigt es für sich genommen zwar noch nicht, die Abrechenbarkeit dieses Geräteeinsatzes von vornherein zu verneinen. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der mit der Bereitstellung und Handhabung einer solchen Technik verbundene Aufwand bei der Bewertung der Kataraktoperation nach Nr. 1375 GOÄ berücksichtigt worden ist.
54Die hier in Rede stehende Technik war nämlich weder bei Inkrafttreten der Gebührenordnung für Ärzte vom 12. November 1982 (BGBl. I S. 1522) noch im Zuge der in verschiedenen Teilen vorgenommenen Überarbeitung des Gebührenverzeichnisses durch die zum 1. Januar 1996 in Kraft getretene Vierte Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1861) bekannt. Eingriffe mit einem Femtosekundenlaser in der Präzision, wie sie die Kataraktoperation erfordert, waren um 1996 nach den Ausführungen des erstinstanzlich tätig gewordenen Sachverständigen Prof. Dr. med. Dr. h.c. S. schlicht nicht vorstellbar (Bl. 333 d. GA).
55Gleichwohl kommt eine gesonderte Abrechnung des Einsatzes des Femtosekundenlasers durch die analoge Anwendung einer im Gebührenverzeichnis aufgeführten Gebührenziffer, insbesondere die analoge Anwendung von Nr. 5855 GOÄ, nicht in Betracht.
56Denn die in § 6 Abs. 2 GOÄ vorgesehene Analogberechnung, d.h. die Heranziehung einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses, ist nur für selbständige ärztliche Leistungen eröffnet. Grundvoraussetzung einer gesonderten Abrechnung des Einsatzes des Femtosekundenlasers ist nach dem in §§ 4 Abs. 2 S. 1, 6 Abs. 2 GOÄ verankerten bzw. zum Ausdruck kommenden Zielleistungsprinzip, dass es sich um eine selbständige ärztliche Leistung handelt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2010, Az. III ZR 147/09, zitiert nach juris, Rdnr. 7).
57Der Einsatz des Femtosekundenlasers ist indes keine selbständige ärztliche Leistung im Sinne von §§ 6 Abs. 2, 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ (so für den dort beschiedenen Fall auch OLG Naumburg, Urteil vom 9. Mai 2019, Az. 4 U 28/16, zitiert nach juris, Rdnr. 27 ff.; Runderlass des Ministeriums der Finanzen - B 3200 - 0.88 - IV A 4 - vom 1. Juli 2017, MBl. NRW 2017, Nr. 24 vom 4. August 2017, S. 765 unter V.1; zustimmend Fenercioglu/Schoenen in: VersR 2019, 1351-1355, Anmerkung zum Urteil des LG Frankfurt am Main vom 31. Mai 2019, Az. 14 S 3/18; a.A. Dr. Makoski in: GesR 2018, 755, 760; Zach in: MPR 2020, 8, 9).
58Die Frage, welche von mehreren gleichzeitig oder im Zusammenhang erbrachten Leistungen selbständig berechnungsfähig sind, richtet sich vor allem nach § 4 Abs. 2a GOÄ.
59Eine ärztliche Leistung ist nach § 4 Abs. 2a S. 1 GOÄ nicht selbstständig, wenn sie lediglich ein Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist (sog. Zielleistungsprinzip). Von einer selbständigen Erbringung kann nicht gesprochen werden, wenn die Leistung als Teil der Leistung einer mit anderer Ziffer abgerechneten Hauptleistung erbracht wird (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 2004, Az. III ZR 344/03, zitiert nach juris, Rdnr. 10).
60Will man im Einzelnen prüfen, ob verschiedene ärztliche Leistungen Bestandteile einer anderen Leistung sind, damit eine doppelte Honorierung vermieden wird, muss man zuvor Klarheit über den jeweiligen Leistungsumfang gewinnen (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008, Az. III ZR 239/07, zitiert nach juris, Rdnr. 9).
61Zielleistung von Nr. 1375 GOÄ ist die
62„Extrakapsuläre Operation des Grauen Stars mittels gesteuerten Saug-Spül-Verfahrens oder Linsenkernverflüssigung (Phakoemulsifikation) ‑ gegebenen-falls einschließlich Iridektomie - mit Implantation einer intraokularen Linse“.
63Die Zielsetzung des Einsatzes des Femtosekundenlasers bei der Kataraktoperation besteht nach den Feststellungen des erstinstanzlich tätig gewordenen Sachverständigen Prof. Dr. med. Dr. h.c. S. in seinem schriftlichen Gutachten vom 27. Dezember 2017 darin, „möglichst wenig invasiv, mit geringster Verformung und höchster Präzision die Schnitte in das Auge als Zugangswege zu bahnen und die Linse im Auge möglichst berührungsfrei zu zerkleinern, dass mittels eines kleinen Schnittes die Linse entfernbar wird“ (vgl. Bl. 272 d. GA).
64Das Vorgehen des Augenarztes bei der unter Einsatz des Femtosekundenlasers durchgeführten Kataraktoperation beschreibt der Sachverständige wie folgt (Bl. 273 d. GA):
65„Beim ersten Schritt wird in berührungsfreier Technologie mittels Laser die Schnittführung des Zugangs in das Auge mit 2 Parazentesen und einem Tunnel vorbereitet, im weiteren Verlauf wird die Linsenvorderkapsel aufgetrennt und die Linse als Ganzes vorzerkleinert.
66In einem weiteren zweiten Schritt wird mittels feiner Instrumente diese vorgefertigte Schnittgeometrie genutzt um die Linse abzusaugen und deren Inhalt mit einer Kunstlinse zu versehen.
67Dieses erfolgt in der Regel mit dem gesteuerten Saug-Spülverfahren und selten unter Einsatz von Ultraschall.“
68Mittels des Femtosekundenlasers wird demnach die Schnittführung durch die Hand des Operateurs vorbereitet und der Linsenkörper vorzerkleinert.
69Die Schaffung eines Zugangs zum Operationsgebiet und dessen Vorbereitung sowie die Zerkleinerung des Linsenkörpers sind jedoch methodisch notwendige und damit unerlässliche Teilschritte zur Umsetzung der von Nr. 1375 GOÄ erfassten Zielleistung, der Operation des Grauen Stars. Dabei ist es für die Erbringung der Zielleistung unerheblich, ob der Zugang händisch mittels herkömmlicher Schnitttechnik oder unter Zuhilfenahme eines Femtosekundenlasers - als „besondere Ausführung“ im Sinne von § 4 Abs. 2a S. 1 GOĠ- geschaffen wird, auch wenn diese Schnitttechnik für den Patienten schonender sein sollte und dem Arzt hierdurch höhere Kosten entstehen.
70Der Einsatz des Femtosekundenlasers ist daher, mag er auch bei der Bewertung der unter Nr. 1375 GOÄ erfassten Leistung durch den Verordnungsgeber noch nicht bekannt gewesen sein und mag er auch sachlich, zeitlich und örtlich abgrenzbar durchgeführt werden, zwar nicht notwendiger Bestandteil, aber eine besondere Ausführungsart jener Operation, die auch ohne Einsatz dieser Technik vorgenommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2010, Az. III ZR 147/09, zitiert nach juris, Rdnr. 11 zum Einsatz von computerunterstützter Navigationstechnik in der Endoprothetik).
71Dass sich der Operateur des Femtosekundenlasers bedient, um - wie es der Sachverständige wörtlich formuliert (vgl. Bl. 278 d. GA) -, „die Operation technisch handhabbarer und einfacher zu machen“, spricht ebenfalls gegen die Selbständigkeit der in der Nutzung des Lasers bestehenden ärztlichen Leistung.
72Denn die bloße Optimierung einer bereits in das Gebührenverzeichnis aufgenommenen Zielleistung ist nicht geeignet, eine selbständige ärztliche Leistung zu begründen, sofern die Beschreibung der Zielleistung das methodische Vorgehen ‑ wie im Fall von Nr. 1375 GOĠ‑ offenlässt (OLG Naumburg, Urteil vom 9. Mai 2019, Az. 4 U 28/16, zitiert nach juris, Rdnr. 29).
73Auch dass die unter Einsatz des Femtosekundenlasers durchgeführte Kataraktoperation nach dem Vortrag des Klägers für den Patienten vorteilhaft ist ‑ Vermeidung der Vernichtung von Endothelzellen, Verringerung der Komplikationsrate um ein Vielfaches, hochgenaue und präzise Planung, Durchführung und Erreichung des Therapieziels (vgl. Bl. 596 d. GA) -, ändert daran nichts, sondern verdeutlicht gerade, dass der Einsatz des Lasers vollständig der Optimierung der unter Nr. 1375 beschriebenen Operation dient (vgl. zu dieser Argumentation BGH, Urteil vom 21. Januar 2010, Az. III ZR 147/09, zitiert nach juris, Rdnr. 11).
74Nach ständiger Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes ist die Selbständigkeit einer ärztlichen Leistung zudem ganz wesentlich danach zu beurteilen, ob für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2010, Az. III ZR 147/09, zitiert nach juris, Rdnr. 10 m. w. Nachw.).
75Dies ist nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme für den Einsatz des Femtosekundenlasers bei den am Kläger durchgeführten Operationen zu verneinen. Für den Einsatz des Femtosekundenlasers bestand keine eigenständige medizinische Indikation.
76Die Indikation für die unter Einsatz des Femtosekundenlasers durchgeführte Operation bestand nach den Feststellungen des Sachverständigen allein in der vom behandelnden Augenarzt am 7. Juni 2016 diagnostizierten ausgeprägten Katarakte (vgl. Bl. 270 d. GA). Aus dem Arztbericht des sehkraft Augenzentrums M. vom 16. August 2016 (Bl. 8 f. d. GA) ergibt sich nichts anderes; dort heißt es wörtlich:
77„Nach ausführlicher Untersuchung diagnostizierten wir an beiden Augen eine ausgeprägte Katarakt. Wir rieten zu einer beidseitigen Katarakt-Operation, um das bestmögliche Sehen wieder herzustellen. Eine operative Entfernung der eigenen Linse + Implantation einer Hinterkammerlinse stellte eine medizinische Notwendigkeit dar. Daher führten wir am 13.06. und 14.06.16 eine erfolgreiche Katarakt-Operation an beiden Augen durch.
78(…)
79Für hervorragende Ergebnisse und maximale Sicherheit beim Linsentausch sind im Wesentlichen die möglichst schonende Entfernung der natürlichen Linse sowie die präzise Platzierung und optimale Bestimmung der individuellen Kunstlinse ausschlaggebend. Neben der Phakoemulsifikation, die die Linse mithilfe von Ultraschallwellen verflüssigt, gibt es heute einen Femtosekundenlaser, der diese Phase der OP computergesteuert mit höchster Präzision durchführt. Daher führten wir die Operation bei Herrn Schmitz mittels Femtosekundenlaser durch. In einem einzigen Schritt werden die notwendigen Hornhautzisionen, die kreisrunde Eröffnung der Linsenkapsel und die Verflüssigung der Linse schneller und sicherer vorgenommen, als es der geübteste Chirurg mit der Hand könnte. Der Femto-Linsenaustausch sorgte für höhere Präzision sowie eine sehr schonende Op und verkürzte dadurch die anschließende Heilungsphase.“
80Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz vortragen lässt, der Einsatz des Femtosekundenlasers sei neben der Heilung der Katarakterkrankung zur Abwendung von Erkrankungen eigenständig medizinisch indiziert, so handelt es sich bei den dazu genannten Gründen - Schutz der Endothelzellschicht, Vermeidung durch die Kataraktoperation induzierter Hornhautverkrümmungen und Minimierung des Risikos der postoperativen Entwicklung eines Nachstars - nicht um eigenständige medizinische Indikationen, sondern um Vorzüge, die nach seinem Vortrag der Einsatz der Lasertechnik gegenüber dem händischen Operationsverfahren bietet. Im Einzelfall, etwa bei einer pathologisch vorgeschädigten Endothelzellschicht, mag eine eigenständige Indikation zum Einsatz des Femtosekundenlasers bestehen. Dass eine derart vorgeschädigte Endothelschicht hier den Einsatz des Lasers indiziert hat, ist indes weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.
81b)
82Auch der doppelte Ansatz von Nr. 1375 GOÄ kommt nicht in Betracht.
83Die Erwägungen, die den III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 13. Mai 2004, Az. III ZR 344/03, zu einer weiteren analogen Berechnung von Nr. 2757 GOÄ neben Nr. 2757 GOÄ unmittelbar, also im Ergebnis zu einem doppelten Ansatz der Gebühr bewogen haben, lassen sich auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht übertragen.
84In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um eine wegen eines sporadischen medullären Schilddrüsenkarzinoms durchgeführte Operation. Dem eingeholten Sachverständigengutachten folgend, ging der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes davon aus, dass die in der Gebührennummer 2757 beschriebene Leistung nur eine Teilmenge der vorgenommenen ärztlichen Leistungen darstellte und dass die durchgeführte Operation ihrer Art nach den zwei- bis vierfachen zeitlichen Aufwand verlangt hatte (BGH, Urteil vom 13. Mai 2004, Az. III ZR 344/03, zitiert nach juris, Rdnr. 24). Auch wenn es bei der durchgeführten Operation im Ausgangspunkt um die in Nr. 2757 GOÄ beschriebene Leistung ‑ die Radikaloperation der bösartigen Schilddrüsengeschwulst einschließlich Ausräumung der regionären Lymphstromgebiete und gegebenenfalls der Nachbarorgane ‑ ging, waren erhebliche Tätigkeiten im Bereich der Gebührennummern 2583 ‑ Neurolyse als selbständige Leistung ‑ und 2803 ‑ Freilegung und/oder Unterbindung eines Blutgefäßes am Hals, als selbständige Leistung ‑ erbracht worden, die die Leistungslegende der Nr. 2757 in ihrer Bewertung nicht umfasst, die nach dem Zielleistungsprinzip aber nicht mit Nr. 2583 und 2803 GÖÄ neben Nr. 2757 GOÄ berechenbar waren. Die Operation hatte ihre besondere Ausprägung durch die arbeits- und zeitaufwendige Ausräumung der Kompartimente erfahren, was bei einer wertenden Betrachtung von der in die Nr. 2757 GOÄ als Nebenleistung einbezogenen Ausräumung der regionären Lymphstromgebiete so nicht umfasst wird. Um dieses Defizit auszugleichen, andererseits dem Grundsatz der Nichtabrechenbarkeit unselbständiger Leistungen, die notwendiger Bestandteil der durchgeführten Operation sind, zu folgen, entschied sich der III. Zivilsenat für die in der Bewertung der Komplexleistung nach der Nr. 2757 GOÄ nicht hinreichend berücksichtigte Ausräumung der Kompartimente für eine weitere ‑ die Lücke füllende ‑ analoge Abrechnung dieser Gebührennummer (BGH, Urteil vom 13. Mai 2004, Az. III ZR 344/03, zitiert nach juris, Rdnr. 24).
85Hier hat der operierende Augenarzt keine erheblichen Tätigkeiten im Bereich anderer Gebührennummern erbracht. Es ging einzig um die Durchführung der Kataraktoperation unter Einsatz eines Femtosekundenlasers. Dabei diente der Einsatz des Femtosekundenlasers ausschließlich der Durchführung der Katarakt-Operation.
86c)
87Auch eine Regelungslücke in der Abrechenbarkeit des Lasereinsatzes besteht nicht.
88Denn der Einsatz des Femtosekundenlasers ist ‑ wie es auch der Beklagte befürwortet (vgl. Bl. 652 d. GA) ‑ durch den Zuschlag nach Nr. 441 GOÄ zu honorieren (so auch OLG Naumburg, Urteil vom 9. Mai 2019, Az. 4 U 28/16, ziteirt nach juris, Rdnr. 31).
89Die Gebühren Nr. 440 bis 449 GOÄ sehen Zuschläge zu ambulanten Operations- und Anästhesieleistungen vor. Der Zuschlag gemäß Nr. 445 GOĠ- Zuschlag bei ambulanter Durchführung von operativen Leistungen, die mit Punktzahlen von 1200 und mehr Punkten bewertet sind - wird bereits durch jede händische Kataraktoperation ausgelöst und wurde auch hier berechnet und vom Beklagten erstattet. Gleiches gilt für den Zuschlag gemäß Nr. 440 GOĠ‑ Zuschlag für die Anwendung eines Operationsmikroskops bei ambulanten operativen Leistungen ‑; auch dieser Zuschlag wurde hier berechnet und vom Beklagten erstattet.
90Nr. 441 GOÄ sieht zusätzlich einen Zuschlag für die Anwendung eines Lasers bei ambulanten operativen Leistungen - 100 vom Hundert des einfachen Gebührensatzes der betreffenden Leistung, jedoch nicht mehr als € 67,49 - vor.
91Entgegen seiner Darstellung hat der Beklagte den Zuschlag nach Nr. 441 GOĠ‑ € 67,49 je Auge, also € 134,98 - bei seiner Erstattung bislang nicht berücksichtigt.
92d)
93Medizinischen Fortschritt nicht durch eine unangemessene Honorierung ärztlicher Leistungen zu behindern, ist ein Aspekt, den in erster Linie der Verordnungsgeber bei seiner Tätigkeit im Auge haben muss (BGH, Urteil vom 13. Mai 2004, Az. III ZR 344/03, zitiert nach juris, Rdnr. 19). Daher ist es grundsätzlich Sache des Verordnungsgebers, darüber zu befinden, wie ärztliche Leistungen, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung nach Erlass der Verordnung eingetretener Veränderungen des technischen Standards oder der Fortentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse, zu bewerten sind. Eine Bindung an die bestehende Gebührenordnung besteht nur dann nicht, wenn die Verordnung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht - etwa Art. 3 oder Art. 12 GG - nichtig ist, was der Richter selbst feststellen kann (BGH, Urteil vom 13. Mai 2004, Az. III ZR 344/03, zitiert nach juris, Rdnr. 17; Urteil vom 18. September 2003, Az. III ZR 389/02, zitiert nach juris, Rdnr. 24).
94Dass die Honorierung der hier streitgegenständlichen Operationsleistung unter Einsatz des Femtosekundenlasers nach Nr. 1375 GOÄ unter Ausschöpfung des Gebührenrahmens und unter Berücksichtigung der Zuschläge Nr. 440 und 445 GOÄ sowie des auch vom Beklagten propagierten Ansatzes des Zuschlags nach Nr. 441 GOÄ das Grundrecht des den Kläger behandelnden Arztes aus Art. 12 GG verletzt, weil die auf diese Weise zu erzielende Vergütung - wie vom Kläger nunmehr vorgebracht (vgl. Bl. 690 d. GA) - nicht „auskömmlich“ ist, etwa weil die Honorierung nicht einmal die Selbstkosten des behandelnden Arztes deckt (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. September 2002, Az. IX ZB 39/02, zitiert nach juris, Rdnr. 29 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 1992, Az. 1 BvL 21/88, zitiert nach juris), lässt sich hier nicht feststellen.
95Gemäß § 5 Abs. 2 S. 4 GOÄ darf eine Gebühr in der Regel nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3-fachen des Gebührensatzes berechnet werden; ein Überschreiten des 2,3-fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in § 5 Abs. 2 S. 1 GOÄ genannten Bemessungskriterien ‑ Schwierigkeit und Zeitaufwand der einzelnen Leistung, Schwierigkeit des Krankheitsfalles, Umstände bei der Ausführung - dies rechtfertigen.
96Unter Zugrundelegung dessen kann der Augenarzt für die händische Kataraktoperation regelmäßig wie folgt abrechnen:
97Nr. Text Punkte Steig. Betrag (€)
981375 Extrakapsuläre Operation des
99Grauen Stars mit Implantation
100einer intraokularen Linse 3500 2,3 € 469,21
101445 Zuschlag bei ambulanter Durch-
102führung von operativen Lei-
103stungen, die mit Punktzahlen
104von 1200 und mehr Punkten be-
105wertet sind 2200 1 € 128,23
106440 Zuschlag für die Anwendung
107eines Operationsmikroskops
108bei ambulanten operativen
109Leistungen € 23,31
110Summe € 620,75.
111Die unter Einsatz des Femtosekundenlasers durchgeführte Kataraktoperation kann der Augenarzt wegen des durch den Einsatz des Lasers bedingten erhöhten Zeitaufwandes - vom Kläger mit 10 bis 30 zusätzlichen Minuten beziffert - wie folgt berechnen:
112Ziffer Text Punkte Steig. Betrag (€)
1131375 Extrakapsuläre Operation des
114Grauen Stars mit Implantation
115einer intraokularen Linse 3500 3,5 € 714,02
116445 Zuschlag bei ambulanter Durch-
117führung von operativen Lei-
118stungen, die mit Punktzahlen
119von 1200 und mehr Punkten be-
120wertet sind 2200 1 € 128,23
121440 Zuschlag für die Anwendung
122eines Operationsmikroskops
123bei ambulanten operativen
124Leistungen € 23,31
125441 Zuschlag für die Anwendung
126eines Lasers bei ambulanten
127operativen Leistungen, je Sitzung € 67,49
128Summe € 933,05.
129Unter Einsatz des Femtosekundenlasers erhöhen sich die Operationskosten unter Zugrundelegung der vorgenannten Gebührennummern mithin um gut € 300,00; der Sachverständige Prof. Dr. S. hat den Einsatz der Femtosekundenlasertechnologie sogar als „Preistreiberei“ bezeichnet.
130Dass das wie vorstehend berechnete Honorar für eine insgesamt weniger als einstündige Operationsleistung nicht „auskömmlich“ ist, erschließt sich auch unter Zugrundelegung der Anschaffungs- und Wartungskosten des Femtosekundenlasers ‑ nach dem Vortrag in der Berufungsinstanz Anschaffungskosten zwischen € 400.000,00 und € 700.000,00 bei jährlichen Wartungskosten von € 50.000,00 ‑ nicht; in dem Aufsatz „Reimbursement des Lasers beim „Grauen Star“´“ werden die Anschaffungskosten des Femtosekundenlasers sogar mit nur „ca. 400.000 EUR“ und die Wartungskosten mit „ca. 40.000 EUR jährlich“ beziffert (so Zach in: MPR 2020, 8, 10).
131Der Einsatz des Femtosekundenlasers in der Kataraktchirurgie war im hier streitgegenständlichen Zeitpunkt nach den Feststellungen des Sachverständigen im Jahre 2016 neu und musste sich erst noch bewähren. So hat der Sachverständige Bezug genommen auf eine Umfrage der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation (DGII), derzufolge der Einsatz des Femtosekundenlasers in der Katarakt-Chirurgie auf annähernd 2% der Fälle beschränkt gewesen ist und tatsächlich nur wenige Ärzte mit dieser Methode arbeiteten. Dass sich die Anschaffung des Lasers zu einem derart frühen Zeitpunkt der Nutzung einer neuen Technologie gegebenenfalls nicht amortisiert, muss ein Arzt in Kauf nehmen.
1322.
133Die in der Entstehung nachgewiesenen Kosten des Patient Interface Device (PID) für LENSAR NEW nebst Lizenzgebühr ‑ € 392,70 je Auge, also insgesamt € 785,40 ‑ sind dem Grunde nach abrechnungsfähig.
134Die fehlende gesonderte Abrechenbarkeit des Einsatzes des Femtosekundenlasers unter einer Analogziffer führt nicht dazu, dass die mit dem Lasereinsatz im Zusammenhang stehenden, tatsächlich verbrauchten Materialien nicht abgerechnet werden können. Denn gemäß § 3 GOÄ stehen dem Arzt als Vergütung Gebühren, Entschädigungen und der Ersatz von Auslagen zu. Gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GOÄ können als Auslagen auch die Kosten für sonstige Materialien berechnet werden, die mit der einmaligen Anwendung verbraucht sind.
135Mit der Berufung wendet sich der Beklagte im Wesentlichen gegen die vom Landgericht angenommene Angemessenheit der in Rechnung gestellten Sachkosten. Insoweit hat der Sachverständige aber festgestellt, dass die in der Rechnung der T. D. M. GmbH vom 26. Oktober 2015 ausgewiesenen Kosten handelsüblich sind.
1363.
137Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der mit dem Einsatz der Multifokallinsen verbundenen weiteren Kosten in Höhe von € 602,50 je Auge, insgesamt also € 1.205,00.
138Zwar steht außer Streit, dass auch der Einsatz neuer Linsen anlässlich der beim Kläger durchgeführten, unstreitig medizinisch notwendigen Kataraktoperationen im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 MB/KK medizinisch notwendig war. Die Implantation einer intraokularen Linse ist Teil der in Nr. 1375 GOÄ definierten Zielleistung.
139Indes hat der Beklagte bewiesen, dass die Verwendung (kostengünstigerer) Monofokallinsen ausreichend gewesen wäre und die Kosten für die Multifokallinsen das medizinisch notwendige Maß übersteigen.
140a)
141Gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 MB/KK kann der Versicherer seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabsetzen, wenn eine Heilbehandlung oder sonstige Maßnahme, für die Leistungen vereinbart sind, das medizinisch notwendige Maß übersteigen.
142Diese Regelung räumt dem Versicherer die Befugnis ein, bei das medizinisch notwendige Maß übersteigenden Heilbehandlungen (sog. Übermaßbehandlungen) seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen.
143Will der Versicherer von dieser Einschränkung der Leistungspflicht Gebrauch machen, so hat er darzulegen und zu beweisen, dass bei einer an sich medizinisch notwendigen Heilbehandlung eine einzelne Behandlungsmaßnahme medizinisch nicht notwendig war (BGH, Urteil vom 22. April 2015, Az. IV ZR 419/13, zitiert nach juris, Rdnr. 19 unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 12. März 2003, Az. IV ZR 278/01, zitiert nach juris, Rdnr. 32).
144Mit dem Begriff „medizinisch notwendige“ Heilbehandlung wird dabei nicht an den Vertrag zwischen dem Patienten und dem behandelnden Arzt und die danach geschuldete medizinische Heilbehandlung angeknüpft. Vielmehr wird ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger Maßstab eingeführt. Diese objektive Anknüpfung bedeutet zugleich, dass es für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht auf die Auffassung des Versicherungsnehmers und auch nicht allein auf die des behandelnden Arztes ankommen kann. Gegenstand der Beurteilung können vielmehr nur die objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung sein. Demgemäß muss es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar gewesen sein, die Heilbehandlung als notwendig anzusehen (BGH, Urteil vom 29. März 2017, Az. IV ZR 533/15, zitiert nach juris, Rdnr. 28 m. w. Nachw.).
145Ob dies der Fall ist, kann nur anhand der im Einzelfall maßgeblichen objektiven Gesichtspunkte mit Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Erkrankung und der auf sie bezogenen Heilbehandlung bestimmt werden (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2017, Az. IV ZR 533/15, zitiert nach juris, Rdnr. 29; Urteil vom 8. Februar 2006, Az. IV ZR 131/05, zitiert nach juris, Rdnr. 21; Urteil vom 21. September 2005, Az. ZR 113/04, zitiert nach juris, Rdnr. 17; Urteil vom 10. Juli 1996, Az. IV ZR 133/95, zitiert nach juris, Rdnr. 22).
146Von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung im Sinne der vorstehenden Ausführungen ist dann auszugehen, wenn eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewandt worden ist, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken. Steht diese Eignung nach medizinischen Erkenntnissen fest, ist grundsätzlich eine Eintrittspflicht des Versicherers gegeben (BGH, Urteil vom 29. März 2017, Az. IV ZR 533/15, zitiert nach juris, Rdnr. 30 m. w. Nachw.).
147Medizinisch notwendig kann eine Behandlung aber auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. Es genügt insoweit, wenn die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen (BGH, Urteil vom 8. Februar 2006, Az. IV ZR 131/05, zitiert nach juris, Rdnr. 21; Urteil vom 21. September 2005, Az. IV ZR 113/04, zitiert nach juris, Rdnr. 17, jeweils m. w. Nachw.).
148b)
149Den ihm obliegenden Beweis fehlender medizinischer Notwendigkeit des Einsatzes von Multi- anstatt Monofokallinsen hat der Beklagte geführt.
150Der Sachverständige hat insoweit zunächst festgestellt, dass der Kläger an einer Altersweitsichtigkeit (sogenannte Presbyopie; ICD-Code H 52.4) gelitten habe, bei der die optimale Korrektur der Sehschwäche für die Ferne dazu führe, dass ein scharfes Sehen in der Lesedistanz nicht mehr ohne zusätzliche Plusgläser erreicht werden könne. Multifokallinsen sind nach Einschätzung des Sachverständigen grundsätzlich geeignet, in Ferne und Nähe ähnlich gute Bilder zu produzieren, indem das Licht durch die Linse aufgeteilt und ein Teil des Lichtes in einen näheren Brennpunkt und ein Teil des Lichtes in einen fernen Brennpunkt geführt wird. Diese Technik sei in den letzten Jahren auch so verfeinert worden, dass es tatsächlich möglich sei, mit solchen Linsen das Problem der Altersweitsichtigkeit medizinisch zu lösen. In sehr vielen Fällen würde der Einsatz von Multifokallinsen zu einem brillenfreien Leben führen.
151Aber bereits in seinem Ausgangsgutachten hat der Sachverständige dargestellt, dass die beim Einsatz von Multifokallinsen auftretenden Nebeneffekte nicht von allen Patienten toleriert würden.
152In seinem Ergänzungsgutachtenhat der Sachverständige sodann weiter ausgeführt, dass es viele Patienten gebe, die mit Multifokallinsen nicht glücklich würden. Multifokallinsen könnten erhebliche Probleme verursachen. Durch die Aufteilung des Lichtes in zwei Bilder, nämlich das Fern- und das Nahbild, entstünden für viele Patienten störende Nebenbilder oder Lichtwahrnehmungen. Typischerweise nachts träten Halos an punktförmigen Lichtquellen auf, die nicht jeder Patient gut verkrafte. Auch führe die Aufspaltung des Lichtes zu einer verringerten Kontrast- und Schärfenwahrnehmung. In Summe erleide der Patient zugunsten der Fern-/Nah-Wahrnehmung einen Sehkraftauflösungsverlust. Knapp die Hälfte aller Sachverständigenfälle, die bei ihm vorstellig würden, seien auf fehlerhaft implantierte oder zu unerwünschten Ergebnissen führende Multifokallinsen zurückzuführen. Er, der Sachverständige, stelle die Indikation für Multifokallinsen daher ausgesprochen zurückhaltend.
153Basierend auf diesen Feststellungen steht fest, dass der Einsatz von Multifokallinsen eine das medizinisch notwendige Maß übersteigende Heilbehandlung, eine Übermaßbehandlungen darstellt. Darauf, ob die Multifokallinsen beim Kläger mit gutem Erfolg eingesetzt worden sind oder nicht, kommt es nicht an. Denn bei einer leichteren Krankheit, bei der die in Aussicht genommene Heilbehandlung nicht vital lebensnotwendig ist, lässt erst ein höherer Grad der Erfolgswahrscheinlichkeit es als vertretbar erscheinen, die Maßnahme als bedingungsgemäß notwendig anzusehen (BGH, Urteil vom 8. Februar 2006, Az. IV ZR 131/05, zitiert nach juris, Rdnr. 21; Urteil vom 21. September 2005, Az. IV ZR 113/04, zitiert nach juris, Rdnr. 17; vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 11. April 2019, Az. 7 U 146/18, zitiert nach juris, Rdnr. 25). An dieser Erfolgswahrscheinlichkeit fehlt es nach den Ausführungen des Sachverständigen hier gerade.
1544.
155Auch die für die sogenannten T-Cuts ‑ transverse Inzisionen ‑ nach Nr. 1345, 1250 analog GOÄ berechneten Kosten - € 36,60 zuzüglich € 338,65, also € 375,25 je Auge ‑ hat der Beklagte nicht zu erstatten.
156a)
157Zwar litt der Kläger neben der Katarakt auf beiden Augen unstreitig an einem beidseitigen Astigmatismus von -0,5 Dioptrien rechts und -1,5 Dioptrien links. Derartige (pathologische) Hornhautverkrümmungen führen nach den Feststellungen des Sachverständigen zu Verzerrungen der Bilder, die man sich als medizinischer Laie wie in einem Spiegelkabinett mit konvex oder konkav gebogenen Spiegeln vorstellen muss; die wahrgenommenen Dinge werden in die Länge oder die Breite gezogen. Dieser optische, korrekturbedürfte Fehler kann durch sogenannte T-Cuts in der Hornhaut, wie sie beim Kläger beidseits durchgeführt wurden, ausgeglichen werden.
158b)
159Auch stellt das Tragen einer Sehhilfe in Bezug auf eine solche Fehlsichtigkeit keine Heilbehandlung dar; dies hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf mit Urteil vom 3. September 2019, Az. 24 U 28/18, unter Bezugnahme auf die sogenannte LASIK-Entscheidung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 29. März 2017, Az. IV ZR 533/15, entschieden.
160Brillen und Kontaktlinsen sind lediglich Hilfsmittel, mit denen körperliche Defekte über einen längeren Zeitraum ausgeglichen werden. Mit der Sehhilfe wird demnach ‑ für den Einsatz von Hilfsmitteln kennzeichnend ‑ unmittelbar eine Ersatzfunktion für ein krankes Organ wahrgenommen, ohne dessen Funktionsfähigkeit wiederherzustellen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 3. September 2019, Az. 24 U 28/18, zitiert nach juris, Rdnr. 15 m. w. Nachw.; so auch OLG Naumburg, Urteil vom 9. Mai 2019, Az. 4 U 28/16, zitiert nach juris, Rdnr. 21).
161c)
162Auch sind T-Cuts zur Korrektur eines vorbestehenden Astigmatismus eine selbständige ärztliche Leistung im Sinne von §§ 4 Abs. 2 S. 1, 6 Abs. 2 GOÄ; für eine solche Maßnahme besteht im Sinne der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 21. Januar 2010, Az. III ZR 147/09, zitiert nach juris, Rdnr. 10 m. w. Nachw.) eine eigenständige medizinische Medikation, nämlich der vorbestehende Astigmatismus.
163d)
164Indes dienten die T-Cuts hier gerade nicht der Beseitigung des vorbestehenden Astigmatismus, sondern, wie sich aus der streitgegenständlichen Rechnung vom 1. Juli 2016 und dem erstinstanzlichen klägerischen Vortrag ergibt, der „Vermeidung schnittinduzierter Hornhautastigmatismen (Reduzierung)“ bzw. der Abwendung der Entstehung eines Astigmatismus im Sinne der Vermeidung einer Erkrankung.
165Einem durch die Katarakt-Operation bedingten, schnittinduzierten Astigmatismus vorzubeugen, ist keine eigenständige, medizinische Indikation. Zu diesem Zweck gesetzte T-Cuts sind Bestandteil der unter Nr. 1375 GOÄ geregelten Zielleistung der Katarakt-Operation; sie dienen der Optimierung des Operationsergebnisses und sind damit nach § 4 Abs. 2a S. 1 GOÄ nicht gesondert abrechenbar.
1665.
167Hinsichtlich der ihm in Rechnung gestellten Aufwendungen für das Viskoelasticum D… steht dem Kläger über den bereits erstatteten Betrag von (2 x € 36,00 =) € 72,00 ein Erstattungsanspruch nur in Höhe weiterer (€ 98,00 abzüglich € 72,00 =) € 26,00 zu.
168Stehen die Aufwendungen für die Heilbehandlung oder sonstige Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen, ist der Beklagte als Versicherer gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 MB/KK nicht zur Leistung verpflichtet. § 5 Abs. 2 S. 2 MB/KK betrifft insoweit die - vom Beklagten hier eingewandte - überhöhte Abrechnung von medizinisch notwendigen Aufwendungen oder sonstigen Leistungen.
169Aufwendungen sind alle Kosten in Bezug auf das versicherte Risiko, die dem Versicherungsnehmer von seinem anspruchsberechtigten Vertragspartner in Rechnung gestellt werden (OLG Hamm, Urteil vom 2. Mai 2018, Az. 20 U 163/17, zitiert nach juris, Rdnr. 15 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 21. Februar 2001, Az. IV ZR 11/00, zitiert nach juris, Rdnr. 10). Vergleichsmaßstab insoweit ist der Marktpreis für die Aufwendung bzw. die erbrachte Leistung (BGH, Urteil vom 22. April 2015, Az. IV ZR 419/13, zitiert nach juris, Rdnr. 25 m. w. Nachw.).
170Die vom Beklagten nachgewiesene (vgl. Bl. 113 d. GA) und entsprechend berechnete Aufwendung für das Viskoelasticum Duovisc in Höhe von (€ 4.980,00 netto : 40 = € 124,50 netto zuzüglich 19% Mehrwertsteuer =) € 148,16 steht in einem auffälligen Missverhältnis zum Marktpreis.
171Der Sachverständige Prof. Dr. S. hat die nachgewiesenen Kosten als „deutlich teurer“ bezeichnet und ergänzend ausgeführt, dass seine Augenklinik ein vergleichbares Präparat für € 49,00, also für rund ein Drittel der berechneten Aufwendung einkauft.
1726.
173Nach der Berechnung in der Klageschrift und unter Zugrundelegung des Vortrags des Beklagten hat er die streitgegenständliche Rechnung des Augenzentrums M. auch um die für den 13. und 14. Juni 2016 jeweils mit € 118,32 und € 11,66 bezifferten Gebührentatbestände Nr. 424, 406 GOÄ gekürzt.
174Der Beklagte hat diese Gebührentatbestände in der Klagerwiderung vom 30. Januar 2017, dort auf Seite 6, in den Zusammenhang mit der Abrechnung des Einsatzes des Femtosekundenlasers gestellt, ohne dass dieser Zusammenhang aus sich heraus nachvollziehbar ist.
175Die abgerechnete Gebühr Nr. 406 GOĠ- € 11,66 - hat das Landgericht ‑ rechtskräftig - in Abzug gebracht bzw. jedenfalls in Abzug bringen wollen; tatsächlich hat es die in der Rechnung am 13. und 14. Juni 2016 jeweils ausgewiesene Gebühr nur einmal in Abzug gebracht.
176Hinsichtlich der Gebühr Nr. 424 GOĠ- € 118,32 je Auge ‑ fehlt jeder gegen die Abrechenbarkeit sprechende Vortrag.
1777.
178Nach alledem errechnet sich der weitere versicherungsvertragliche Erstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten wie folgt:
1792 x Nr. 424 analog € 236,64
1802 x Nr. 441 GOÄ als Zuschlag zu Nr. 1375 GOĠ € 134,98
1812 x Sachkosten im Zusammenhang mit dem Einsatz des
182Femtosekundenlasers € 785,40
1832 x Sachkosten Duovisc € 26,00
184Summe € 1.183,02.
1858.
186Die Zinsforderung basiert auf §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
187II.
188Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO.
189Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 708 Nr. 10 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
190Die Revision wird nicht zugelassen. Weder hat die Sache eine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
191Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf € 5.385,30 festgesetzt.