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Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Juli 2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Az.: 11 O 267/19 - wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das erstinstanzliche Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 20.000,- € sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr auch künftigen immateriellen Schaden zu setzen, der aus der Veröffentlichung von Klarnamen und Missbrauchserfahrungen der Klägerin im Gutachten der Beklagten vom 6. September 2018 im familienrechtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Neuss (Az.: 49 F 309/17) resultiert.
4Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
5Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren vollumfänglich weiterverfolgt.
6Sie beantragt,
7das Urteil des Landgerichts Düsseldorf - Az.: 11 O 267/19 abzuändern und
81.
9die Beklagte zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, welches jedoch nicht unter 20.000,- € liegen sollte, zu zahlen;
102.
11festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr auch jedweden künftigen, immateriellen Schaden zu setzen, der aus der Veröffentlichung von Klarnamen und Missbrauchserfahrungen der Klägerin im Gutachten der Beklagten vom 6. September 2018 im familienrechtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Neuss (Az.: 49 F 309/17) resultiert.
12Die Beklagte beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Der Senat hat mit Beschluss vom 16. Februar 2021 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 5. März 2021 binnen der ihr eingeräumten Frist zu den Erwägungen des Senats Stellung genommen.
15II.
16Die zulässige Berufung der Klägerin hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, so dass sie gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen war (siehe zum Merkmal der „Offensichtlichkeit“ BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2001, Az.: 2 BvR 1620/01, NJW 2002, 814 - 815; BVerfG, Beschluss vom 18. September 1990, Az.: 2 BvE 2/90, BVerfGE 82, 316 - 321 jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch im Übrigen nicht geboten ist.
17Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer entscheidungserheblichen Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO durch das Landgericht und die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine abweichende Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Senats mit Beschluss vom 16. Februar 2021 verwiesen, an denen vollumfänglich festgehalten wird. Die Darlegungen der Klägerin mit Schriftsatz vom 5. März 2021 führen zu keinem anderen Ergebnis. Sie geben dem Senat lediglich Veranlassung zu folgenden - ergänzenden - Erwägungen:
181.
19Die von der Klägerin vertretene Ansicht, dass die DSGVO „ausschließlich den Zweck hat, einzelne Personen davor zu schützen, dass deren Daten verbreitet werden“, greift zu kurz. Die Klägerin stützt ihren Anspruch nicht auf eine intransparente Datenverarbeitung, sondern auf die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts durch die Veröffentlichung und Verbreitung des Inhalts des Gutachtens. Der Anspruch aus Art. 82 DSGVO erfasst nach dem Schutzzweck der Norm jedoch nur solche Sachverhalte, in denen die Art der Informationserlangung gerügt wird und der Vorwurf einer intransparenten Datenverarbeitung im Raum steht, es also um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geht. Knüpft die Beeinträchtigung dagegen an das Ergebnis des Kommunikationsprozesses, nämlich die Veröffentlichung und Verbreitung der personenrelevanten Daten, an, so ist allein der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen, und eine Anwendung des Art. 82 DSGVO kommt nicht in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der verfassungsrechtliche Maßstab für den Schutz gegenüber Gefährdungen durch die Verbreitung personenbezogener Berichte und Informationen als Teil öffentlicher Kommunikation in den äußerungsrechtlichen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt, nicht im Recht auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019, Az.: 1 BvR 16/13, BVerfGE 152, 152 (153) - Recht auf Vergessen I). Danach ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung primär als Gewährleistung zu verstehen, das - neben der ungewollten Preisgabe von Daten auch im Rahmen privater Rechtsbeziehungen - insbesondere vor deren intransparenter Verarbeitung und Nutzung durch Private schützt. Es bietet Schutz dafür, dass Dritte sich individueller Daten bemächtigen und sie in nicht nachvollziehbarer Weise als Instrument nutzen, um die Betroffenen auf Eigenschaften, Typen oder Profile festzulegen, auf die sie keinen Einfluss haben und die dabei aber für die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. Der Gehalt dieses Rechts ist dabei entwicklungsoffen, so dass es sich weitere persönlichkeitsgefährdende Entwicklungen der Informationsverarbeitung aufnehmen kann. Davon zu unterscheiden ist der Schutz vor der Verarbeitung personenbezogener Berichte und Informationen als Ergebnis eines Kommunikationsprozesses. Der Schutzbedarf gründet hier nicht in der intransparenten Zuweisung von Persönlichkeitsmerkmalen und -profilen durch Dritte, sondern in der sichtbaren Verbreitung bestimmter Informationen im öffentlichen Raum. Gefährdungen für die Persönlichkeitsentfaltung ergeben sich hier vornehmlich Form und Inhalt der Veröffentlichung selbst (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.11. 2019, 1 BvR 16/13). Diesen Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts hat sich der Bundesgerichtshof angeschlossen (BGH, Urteil vom 26. November 2019, Az.: VI ZR 12/18; Urteil vom 7. Juli 2020, Az.: VI ZR 250/19 - jeweils zitiert nach juris). In Anwendung dieser vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Abgrenzungslinie erfasst der Anspruch aus Art. 82 DSGVO nach dem Schutzzweck der Norm nur solche Sachverhalte, in denen es um die Art der Informationserlangung geht. Die Klägerin stützt ihren Anspruch aber auf die nach ihrer Behauptung unberechtigte Verbreitung ihrer Daten.
202.
21Soweit die Klägerin darauf verweist, dass Dritte (hier die ……..) das Gutachten der Beklagten genutzt habe, um dieses über soziale Medien zu verbreiten und damit sie zu belasten, begründet dies - wie mit Beschluss vom 16. Februar 2021 dargetan - gerade keinen Anspruch auf Geldentschädigung gegen die Beklagte. Diese wird nicht dadurch zur „Störerin“, dass sie als gerichtlich bestellte Sachverständige ein Gutachten erstellt hat. Die Klägerin wiederholt insofern schlicht ihren abweichenden Rechtsstandpunkt, ohne sie sich mit den diesbezüglichen Erwägungen des Senats inhaltlich auseinanderzusetzen.
223.
23Der Senat hat mit Beschluss vom 16. Februar 2021 ausführlich begründet, aus welchen Gründen es nicht zu beanstanden ist, dass die traumatischen Kindheitserlebnisse der Klägerin in dem Gutachten Erwähnung gefunden haben. Hiergegen bringt die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. März 2021 nichts Substantielles vor. Insbesondere lässt sie unberücksichtigt, dass sie es war, die ungefragt ihre traumatischen Kindheitserlebnisse offenbart hat und mit dieser Begründung erklärt hat, nicht länger dazu bereit zu sein, das Kind in ihrem Haushalt wohnen zu lassen. Damit hat die Klägerin selbst einen Zusammenhang zwischen dem familienrechtlichen Verfahren und ihren traumatischen Kindheitserfahrungen hergestellt.
244.
25Der Einwand der Klägerin, es sei nicht nötig gewesen, ihren Namen in dem Gutachten zu nennen, verfängt aus den mit Beschluss vom 16. Februar 2021 dargelegten Gründen nicht.
265.
27Im Übrigen bleibt es dabei, dass eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin schon nicht feststellbar ist. Hierzu verhalten sich die Darlegungen der Klägerin mit Schriftsatz vom 5. März 2021 an keiner Stelle.
28III.
291.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
312.
32Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711, 713 ZPO.
333.
34Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 25.000,- festgesetzt.
354.
36Im Hinblick auf § 522 Abs. 3 ZPO wird betreffend ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss klargestellt, dass vorliegend kein Anlass besteht, die Revision zuzulassen.