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Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 25. April 2022 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf – Az.: 34 O 26/21 - werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Soweit die Verurteilungen auf Zahlung gerichtet sind, kann der Zahlungsschuldner die Vollstreckung in Höhe von 110 % des beitreibbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des beitreibbaren Betrages leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung gegen sie durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung im Übrigen gegen sie durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
G r ü n d e :
2A.
3Die frühere Klägerin, die im Dezember 2021 durch Übertragung ihres Vermögens unter Auflösung ohne Abwicklung als Ganzes auf die jetzige Klägerin verschmolzen worden war und deren Tätigkeit fortsetzt, war und ist - ebenso wie die Beklagte - ein Energieversorgungsunternehmen. Die Klägerin hat eine AGB-Klausel der Beklagten über Abmahnkosten in Höhe von 3,50 € als AGB-widrig beanstandet. Im Gegenzug hat die Beklagte bestimmte Aussagen der Klägerin in ihrer Werbung zu Paketpreistarifen beanstandet.
4Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, folgende Anordnungen getroffen:
5A.
6I.
7Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs geschäftlich handelnd, unmittelbar oder mittelbar, in Bezug auf Energielieferverträge (Strom/Gas) mit Verbrauchern außerhalb der Grundversorgung,
81.
9in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die nachfolgend wiedergegebene oder dieser inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden:
10„Bei Zahlungsverzug hat der Kunde eine Kostenpauschale je Mahnung in Höhe von 3,50 € (umsatzsteuerfrei) zu zahlen.“,
112.
12sich bei der Vertragsdurchführung bzw. der Abwicklung von Verträgen auf solche Klauseln zu berufen.
13II.
14Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin gegenüber den klägerischen Prozessbevollmächtigten, S. aus K., von den vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 1.295,43 € freizustellen.
15III.
16Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
17B.
18I.
19Die Klägerin wird verurteilt,
20es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs geschäftlich handelnd, unmittelbar oder mittelbar,
211.
22in Bezug auf Energielieferverträge für Strom mit Verbrauchern außerhalb der Grundversorgung gegenüber Verbrauchern (§ 13 BGB) „Paket-Tarife“ zu bewerben,
23a) ohne dass dabei Angaben zu den festen, in jedem Fall abzunehmenden und/oder zu vergütenden Energiemengen in kWh gemacht werden und/oder
24b) ohne dass dabei Angaben zum Arbeitspreis in ct/kWh gemacht werden und/oder
25c) ohne dass dabei Angaben zur Höhe eines Mehrverbrauchspreises in ct/kWh gemacht werden
26und/oder
27d) ohne dass dabei im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang deutlich darauf hingewiesen wird, dass die vereinbarte Paketmenge vom Kunden auch dann zu bezahlen ist, wenn er im vereinbarten Lieferzeitraum tatsächlich eine geringere Energiemenge abnimmt, und die Differenz zwischen vereinbarter Paketmenge und tatsächlichem Bezug nach Ablauf des vereinbarten Lieferzeitraums verfällt, selbst wenn sich der Vertrag verlängert,
282.
29in Bezug auf Energielieferverträge für Strom oder Gas mit Verbrauchern außerhalb der Grundversorgung zu werben, wenn dabei trotz einer nur eingeschränkten Preisgarantie eine preisliche Unabhängigkeit von Entwicklungen auf dem Energiemarkt suggeriert wird,
303.
31gegenüber Verbrauchern (§ 13 BGB) unter Angabe von Preisen für leistungsgebundene Strom- oder Erdgaslieferungen zu werben, ohne dass der verbrauchsabhängige Preis je kWh angeben wird.
32II.
33Die Klägerin wird verurteilt, die Beklagte gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Beklagten, Rechtsanwälte H., von den vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von EUR 2.147,83 freizustellen.
34III.
35Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
36Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die seitens der Klägerin beanstandete AGB-Klausel der Beklagten verstoße gegen § 309 Nr. 5b) BGB, weil die von der Beklagten bei der Bemessung der Verzugskosten einberechneten Personalkosten bzw. Kosten für die Einschaltung eines Drittunternehmens nicht erstattungsfähig seien. Für die Widerklage sei das Gericht entgegen der Rüge der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des § 33 Abs. 1 ZPO zuständig, sie sei auch teilweise begründet. Die Klägerin habe es in ihren Paketverträgen entgegen § 3 PAngV (a.F.) unterlassen, verbrauchsabhängige Preise anzugeben, außerdem nicht klargestellt, dass bei Paketverträgen in jedem Falle – auch bei Bezug einer Mindermenge – die „Paketmenge“ bezahlen zu sei, zudem nicht hinreichend auf den Preis bei bezogenen Mehrmengen hingewiesen; des Weiteren sei es unlauter, mit „vor jeglicher Preisanpassung geschützt“ zu werben, wenn Preisanpassungen bei Änderungen staatlicher Umlagen möglich seien.
37Die Anträge zur Klage
38III.
39die Beklagte zu verurteilen,
401.
41der Klägerin unter Kostentragung durch die Beklagte Auskunft darüber zu erteilen, welchen ihrer Stromkunden oder ehemaligen Stromkunden, die Verbraucher sind und in deren Stromliefervertrag mit der Beklagten die AGB der Beklagten „Allgemeine Geschäftsbedingungen zur Belieferung mit Strom der X“, Stand 07/2020, einbezogen wurden, die streitgegenständliche Mahnkostenpauschale in Höhe von 3,50 € in Rechnung gestellt und durch die Beklagte vom jeweiligen Kunden vereinnahmt wurde. Dabei hat die Auskunft in Form einer Auflistung der Kunden unter Angabe von Höhe und Anzahl der jeweils beim betroffenen Kunden vereinnahmten Mahngebühr oder Mahngebühren sowie Bezeichnung der bzw. den Mahnungen, für die die Mahnkostenpauschale in Ansatz gebracht wurde, zu erfolgen. Die Auskunft hat weiter in Form einer Auflistung zu erfolgen, die nach Postleitzahlen, innerhalb der Postleitzahlen nach Ortsnamen, innerhalb der Ortsnamen nach Straßennamen, innerhalb der Straßennamen nach Hausnummern, innerhalb der Hausnummern nach Nachnamen und innerhalb der Nachnamen nach Vornamen sortiert ist. Die Auskunft hat nach Wahl der Beklagten gegenüber der Klägerin selbst oder gegenüber einem Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe zu erfolgen, der im Falle der Nichteignung vom Gericht bestimmt wird.
422.
43der Klägerin unter Kostentragung durch die Beklagte Auskunft darüber zu erteilen, welchen ihrer Gaskunden oder ehemaligen Gaskunden, die Verbraucher sind und in deren Gasliefervertrag mit der Beklagten die AGB der Beklagten „Allgemeine Geschäftsbedingungen zur Belieferung mit Erdgas der X“, Stand 10/2020, einbezogen wurden, die streitgegenständliche Mahnkostenpauschale in Höhe von 3,50 € in Rechnung gestellt wurde und durch die Beklagte vom jeweiligen Kunden vereinnahmt wurde. Dabei hat die Auskunft in Form einer Auflistung der Kunden unter Angabe von Höhe und Anzahl der jeweils beim betroffenen Kunden vereinnahmten Mahngebühr oder Mahngebühren sowie Bezeichnung der bzw. den Mahnungen, für die die Mahnkostenpauschale in Ansatz gebracht wurde, zu erfolgen. Die Auskunft hat weiter in Form einer Auflistung zu erfolgen, die nach Postleitzahlen, innerhalb der Postleitzahlen nach Ortsnamen, innerhalb der Ortsnamen nach Straßennamen, innerhalb der Straßennamen nach Hausnummern, innerhalb der Hausnummern nach Nachnamen und innerhalb der Nachnamen nach Vornamen sortiert ist. Die Auskunft hat nach Wahl der Beklagten gegenüber der Klägerin selbst oder gegenüber einem Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe zu erfolgen, der im Falle der Nichteignung vom Gericht bestimmt wird.
443.
45binnen drei Wochen nach Erteilung der Auskünfte der Anträge zu III.1. und 2. auf ihre Kosten geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um der unter den Anträgen zu III.1. und 2. beschriebenen Kundengruppe den durch Zahlung der Mahnkostenpauschale bzw. Mahnkostenpauschalen entstandenen Schaden auszugleichen.
46und zur Widerklage
47III.
48die Klägerin zu verurteilen,
491.
50der Beklagten unter Kostentragung der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, welche ihrer aktuellen oder ehemaligen Strom- oder Erdgaskunden, die Verbraucher sind,
51a) einen Energieliefervertrag mit der Klägerin abgeschlossen haben, der zuvor im Internet ohne Angabe der verbrauchsabhängigen Preise je kWh beworben wurde,
52b) einen „Paket-Tarif“ mit der Klägerin abgeschlossen haben, welcher zuvor im Internet ohne eine der in den Widerklageanträgen zu I. Ziffer 1. lit. a) bis e) benannten Angaben beworben wurde,
53c) einen „Paket-Tarif“ mit der Klägerin abgeschlossen haben und bezogen auf diese jeweils einzeln die Summe der kWh zu benennen, die aufgrund einer Minderabnahme bei jedem einzelnen dieser Kunden verfallen sind,
54d) einen „Paket-Tarif“ mit der Klägerin abgeschlossen haben und bezogen auf diese jeweils einzeln die Summe der kWh zu benennen, die bei jedem einzelnen dieser Kunden zu einem Mehrverbrauchspreis abgerechnet wurden.
55Dabei hat die Auskunft zu a), b), c) und d) getrennt, jeweils in Form einer Auflistung der Kunden zu erfolgen, die sortiert ist nach Ortsnamen, innerhalb der Ortsnamen nach Postleitzahlen, innerhalb gleicher Postleitzahlen nach Straßennamen und innerhalb der Straßennamen nach Hausnummern.
56Die Auskunft hat nach Wahl der Klägerin gegenüber der Beklagten selbst oder gegenüber einem von der Beklagten benannten Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe zu erfolgen, welcher im Falle der Nichteignung vom Gericht bestimmt wird.
572.
58binnen drei Wochen nach Erteilung der Auskünfte zu Ziffer 1. a) bis d) auf ihre Kosten geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den gemäß den Anträgen zu Ziffer I. betroffenen Verbrauchern ihre im unverjährten Zeitraum gem. § 11 UWG entstandenen Nachteile und Schäden auszugleichen.
59Dabei sind die unter Ziffer II. a) und b) betroffenen Verbraucher in Textform über die sie betreffenden Wettbewerbsverstöße der Klägerin zu informieren und über ihre daraus resultierenden Verbraucherrechte aufzuklären.
60Den unter Ziffer II. c) betroffenen Verbrauchern sind jeweils ihre verfallenen kWh zu ihrem im Pakettarif abgeschlossenen Verbrauchspreis nach ihrer Wahl durch Rückzahlung oder Gutschrift auszugleichen.
61Den unter Ziffer II. d) betroffenen Verbrauchern sind jeweils bezüglich der oberhalb der Paketmenge zum Mehrverbrauchspreis abgerechneten kWh die Differenzbeträge zu ihrem in ct/kWh vereinbarten Paketpreis nach ihrer Wahl durch Rückzahlung oder Gutschrift auszugleichen.
62hat das Landgericht demgegenüber abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der von der Klägerin geltend gemachte Beseitigungsanspruch bestehe nicht in Form einer Rückzahlung an Verbraucher; Gleiches gelte für den entsprechenden Widerklageantrag.
63Gegen die teilweise Abweisung der Klage wendet sich die Klägerin. Sie meint, der Beseitigungsanspruch des § 8 Abs. 1 UWG umfasse auch den Anspruch auf Rückzahlung der zu Unrecht erhobenen Mahnpauschalen und zur Kontrolle dieses Anspruchs auch den Auskunftsanspruch.
64Sie beantragt daher,
65die Beklagte unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils des Weiteren zu verurteilen,
661.
67der Klägerin unter Kostentragung durch die Beklagte Auskunft darüber zu erteilen, welchen ihrer Stromkunden oder ehemaligen Stromkunden, die Verbraucher sind und in deren Stromliefervertrag mit der Beklagten die AGB der Beklagten „Allgemeine Geschäftsbedingungen zur Belieferung mit Strom der X“, Stand 07/2020, einbezogen wurden, die streitgegenständliche Mahnkostenpauschale in Höhe von 3,50 € in Rechnung gestellt und durch die Beklagte vom jeweiligen Kunden vereinnahmt wurde. Dabei hat die Auskunft in Form einer Auflistung der Kunden unter Angabe von Höhe und Anzahl der jeweils beim betroffenen Kunden vereinnahmten Mahngebühr oder Mahngebühren sowie Bezeichnung der bzw. den Mahnungen, für die die Mahnkostenpauschale in Ansatz gebracht wurde, zu erfolgen. Die Auskunft hat weiter in Form einer Auflistung zu erfolgen, die nach Postleitzahlen, innerhalb der Postleitzahlen nach Ortsnamen, innerhalb der Ortsnamen nach Straßennamen, innerhalb der Straßennamen nach Hausnummern, innerhalb der Hausnummern nach Nachnamen und innerhalb der Nachnamen nach Vornamen sortiert ist. Die Auskunft hat nach Wahl der Beklagten gegenüber der Klägerin selbst oder gegenüber einem Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe zu erfolgen, der im Falle der Nichteignung vom Gericht bestimmt wird.
682.
69der Klägerin unter Kostentragung durch die Beklagte Auskunft darüber zu erteilen, welchen ihrer Gaskunden oder ehemaligen Gaskunden, die Verbraucher sind und in deren Gasliefervertrag mit der Beklagten die AGB der Beklagten „Allgemeine Geschäftsbedingungen zur Belieferung mit Erdgas der X“, Stand 10/2020, einbezogen wurden, die streitgegenständliche Mahnkostenpauschale in Höhe von 3,50 € in Rechnung gestellt wurde und durch die Beklagte vom jeweiligen Kunden vereinnahmt wurde. Dabei hat die Auskunft in Form einer Auflistung der Kunden unter Angabe von Höhe und Anzahl der jeweils beim betroffenen Kunden vereinnahmten Mahngebühr oder Mahngebühren sowie Bezeichnung der bzw. den Mahnungen, für die die Mahnkostenpauschale in Ansatz gebracht wurde, zu erfolgen. Die Auskunft hat weiter in Form einer Auflistung zu erfolgen, die nach Postleitzahlen, innerhalb der Postleitzahlen nach Ortsnamen, innerhalb der Ortsnamen nach Straßennamen, innerhalb der Straßennamen nach Hausnummern, innerhalb der Hausnummern nach Nachnamen und innerhalb der Nachnamen nach Vornamen sortiert ist. Die Auskunft hat nach Wahl der Beklagten gegenüber der Klägerin selbst oder gegenüber einem Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe zu erfolgen, der im Falle der Nichteignung vom Gericht bestimmt wird.
703.
71binnen drei Wochen nach Erteilung der Auskünfte der Anträge zu III.1. und 2. auf ihre Kosten geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um der unter den Anträgen zu III.1. und 2. beschriebenen Kundengruppe den durch Zahlung der Mahnkostenpauschale bzw. Mahnkostenpauschalen entstandenen Schaden auszugleichen.
72Die Beklagte beantragt,
73die Berufung zurückzuweisen.
74Sie hält das landgerichtliche Urteil insoweit für zutreffend und verweist im Übrigen auf ihre bereits in erster Instanz erhobene Verjährungseinrede.
75Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie,
76unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klägerin des Weiteren zu verurteilen,
771.
78der Beklagten unter Kostentragung der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, welche ihrer aktuellen oder ehemaligen Strom- oder Erdgaskunden, die Verbraucher sind,
79a) einen Energieliefervertrag mit der Klägerin abgeschlossen haben, der zuvor im Internet ohne Angabe der verbrauchsabhängigen Preise je kWh beworben wurde,
80b) einen „Paket-Tarif“ mit der Klägerin abgeschlossen haben, welcher zuvor im Internet ohne eine der in den Widerklageanträgen zu I. Ziffer 1. lit. a) bis d) benannten Angaben beworben wurde.
81c) einen „Paket-Tarif“ mit der Klägerin abgeschlossen haben und bezogen auf diese jeweils einzeln die Summe der kWh zu benennen, die aufgrund einer Minderabnahme bei jedem einzelnen dieser Kunden verfallen sind,
82d) einen „Paket-Tarif“ mit der Klägerin abgeschlossen haben und bezogen auf diese jeweils einzeln die Summe der kWh zu benennen, die bei jedem einzelnen dieser Kunden zu einem Mehrverbrauchspreis abgerechnet wurden,
83Dabei hat die Auskunft zu a), b), c) und d) getrennt, jeweils in Form einer Auflistung der Kunden zu erfolgen, die sortiert ist nach Ortsnamen, innerhalb der Ortsnamen nach Postleitzahlen, innerhalb gleicher Postleitzahlen nach Straßennamen und innerhalb der Straßennamen nach Hausnummern.
84Die Auskunft hat nach Wahl der Klägerin gegenüber der Beklagten selbst oder gegenüber einem von der Beklagten benannten Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe zu erfolgen, welcher im Falle der Nichteignung vom Gericht bestimmt wird.
852.
86binnen drei Wochen nach Erteilung der Auskünfte zu Ziffer 1. a) bis d) auf ihre Kosten geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den gemäß den Anträgen zu Ziffer I. betroffenen Verbrauchern ihre im unverjährten Zeitraum gem. § 11 UWG entstandenen Nachteile und Schäden auszugleichen.
87Dabei sind die unter Ziffer II. a) und b) betroffenen Verbraucher in Textform über die sie betreffenden Wettbewerbsverstöße der Klägerin zu informieren und über ihre daraus resultierenden Verbraucherrechte aufzuklären.
88Den unter Ziffer II. c) betroffenen Verbrauchern sind jeweils ihre verfallenen kWh zu ihrem im Pakettarif abgeschlossenen Verbrauchspreis nach ihrer Wahl durch Rückzahlung oder Gutschrift auszugleichen.
89Den unter Ziffer II. d) betroffenen Verbrauchern sind jeweils bezüglich der oberhalb der Paketmenge zum Mehrverbrauchspreis abgerechneten kWh die Differenzbeträge zu ihrem in ct/kWh vereinbarten Paketpreis nach ihrer Wahl durch Rückzahlung oder Gutschrift auszugleichen.
90Die Klägerin beantragt,
91die Anschlussberufung zurückzuweisen.
92Sie beruft sich auf die fehlende örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts.
93Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
94B.
95Die Berufung der Klägerin (dazu I.) und die Anschlussberufung der Beklagten (dazu II.), haben jeweils keinen Erfolg.
96Vorab ist klarzustellen, dass der Rechtsstreit infolge Verschmelzung der früheren Klägerin auf die jetzige Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) auf letztere entsprechend § 239 ZPO übergegangen ist (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 34. Auflage, § 239 Rn. 6; Stackmann, in: Münchener Kommentar ZPO, 6. Auflage, § 239 Rn. 17/18), ohne dass es im Hinblick auf ihre Vertretung durch einen Rechtsanwalt zu einer Unterbrechung des Prozesses gekommen ist, § 246 Abs. 1 ZPO.
97I. Zur Berufung
Die in zweiter Instanz weiterverfolgten Klageanträge auf Beseitigung sind zwar zulässig (dazu 2.), aber nicht begründet (dazu 3.).
1001.
101Vorauszuschicken ist, dass die Zulässigkeit und Begründetheit von Rückzahlungsansprüchen zu Unrecht aufgrund einer unwirksamen AGB-Klausel erhobener Beträge an die geschädigten Kunden, gestützt auf den Beseitigungsanspruch des § 8 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. UWG, streitig und höchstrichterlich noch ungeklärt ist (vgl. zuletzt Büscher, WRP 2023, 513, 639).
102a) Teilweise wird die Herleitung eines Rückzahlungsanspruchs aus einem wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG abgelehnt.
103aa) Hierzu wird geltend gemacht, die Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen eines gemäß § 8 Abs. 3 UWG Klagebefugten an Verbraucher scheide bereits deswegen von vornherein aus, weil ein Beseitigungsanspruch lediglich auf die Beseitigung einer Quelle für zukünftige Verstöße gerichtet sein könne (Beseitigung einer fortwirkenden Störungsquelle; LG Hamburg, Urteil vom 29. Juni 2016, Az.: 312 O 211/15, zitiert nach juris Rn. 73/74; LG Stuttgart, Urteil vom 04. Dezember 2015, Az.: 11 O 101/15, zitiert nach juris; Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Auflage, § 8 Rn. 68 ff; Baldus/Siedler, BKR 2018, 412; Büscher, WRP 2023, 639 Rn. 13 ff. unter Verweis auf BGH, Urteil vom 31. März 2021, Az.: IV ZR 221/19, NJW 2021, 2193 Rn. 55). Im Falle der Verwendung unwirksamer AGB liege in einer dadurch bedingten Vermögensverschiebung bei einem Verbraucher aber kein fortwirkender Störungszustand; die aufgrund unwirksamer AGB erhobenen Entgelte seien mithin vielmehr nur eine Folge der Beeinträchtigung und nicht die Beeinträchtigung selbst (so Büscher, WRP 2023, 639 Rn. 2).
104bb) Zudem wird vertreten, es bestehe die Gefahr doppelter Inanspruchnahme des Unternehmers durch den nach § 8 Abs. 3 UWG Klagebefugten einerseits und den geschädigten Verbraucher andererseits (Kruis, ZIP 2019, 393, 399).
105cc) Des Weiteren komme es zu Friktionen bei der Verjährung, wenn der Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. UWG in den Fristen des § 11 UWG verjähre, während sich die Frist für den Rückzahlungsanspruch des Verbrauchers im Allgemeinen nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB richte, und zudem eine Hemmung der Verjährung oft nur von einem – potentiell – Berechtigten herbeigeführt werde (Schultheiß WM 2019, 9; zur fehlenden Kohärenz s. auch Baldus/Siedler, BKR 2018, 412; Büscher WRP 2023, 639 Rn. 41).
106dd) Auch wird darauf hingewiesen, dass sich ein derartiger Beseitigungsanspruch nicht widerspruchsfrei in das Regelungssystem des UWG einfüge. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass für den Schadensersatzanspruch gemäß § 9 UWG eine individuelle Rechtsdurchsetzung durch Mitbewerber oder betroffene Verbraucher und für den Gewinnabschöpfungsanspruch gemäß § 10 UWG eine kollektive Rechtsdurchsetzung durch die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG angeführten Verbände und Einrichtungen vorgesehen sei, scheine die Anerkennung eines solchen Beseitigungsanspruchs systemwidrig (vgl. Baldus/Siedler, BKR 2018, 412; Schultheiß WM 2019, 9; Kruis ZIP 2019, 393; Osburg VuR 2019, 462; Büscher WRP 2023, 646).
107ee) Besondere Probleme bestünden auch hinsichtlich der Zulässigkeit einer auf einen derartigen Beseitigungsantrag gerichteten Klage, wenn der Anspruch auf Rückzahlung an namentlich nicht benannte Personen und/oder in nicht bezifferter Höhe geltend gemacht werde. Während dies teilweise als unproblematisch angesehen wird (so LG Leipzig, Urteil vom 10. Dezember 2015, Az.: 5 O 1239/15, ZIP 2016, 207; OLG Dresden, Urteil vom 10. April 2018, Az.: 14 U 82/16, WRP 2019, 347), führt dies nach anderer Auffassung zur Unzulässigkeit der Klage mangels hinreichender Bestimmtheit (LG Düsseldorf, Urteil vom 23.12.2021, Az.: 12 O 34/21, ZIP 2022, 368; Büscher WRP 2023, 639 Rn. 7 ff.).
108b) Nach anderer – vor allem im verbraucherrechtlichen Schrifttum vertretenen Auffassung (siehe dazu Rott, VuR 2016, 112; Singbartl/Zintl, VuR 2016, 14, 18; Hummel, VuR 2018, 270; Kühner/Singbartl, EWiR 2019, 5, 6; Bode, VuR 2022, 24, 25) stelle der Rückzahlungsanspruch demgegenüber ein Mittel der effektiven Durchsetzung von Verbraucherrechten dar, die durch einen Wandel in der Zielrichtung des UWG auch lauterkeitsrechtlich vermehrte Aufmerksamkeit erhielten, indem er als Mittel zur Beseitigung des aufgrund der zu Unrecht erlangten finanziellen Mittel erzielten, wirtschaftlichen Vorsprungs diene (Rott VuR 2016, 112; Bode, VuR 2022, 24; Köhler, in: Köhler/ Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Auflage, § 8 Rn. 1.108 ff.).
1092.
110Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Antrag hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zwar hat die Klägerin Klage auf Zahlung an namentlich nicht benannte Verbraucher in ziffernmäßig nicht bestimmter Höhe erhoben. Das führt jedoch in diesem Falle nicht zur Unbestimmtheit des Antrags.
111a) Vorab ist klarzustellen, dass die Klägerin nicht im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) vorgeht, also in erster Stufe auf Benennung der Verbraucher und der Beträge und erst auf zweiter Stufe auf – sodann zu präzisierende – Leistung klagt. Zwar ist die Zahlung erst nach Auskunftserteilung zu leisten, jedoch fehlt es an einem Vorbehalt, den Zahlungsantrag mit Hilfe der erteilten Auskunft zu präzisieren.
112b) Zutreffend ist, dass ein solcher Tenor nicht nach den Vorschriften über die Vollstreckung einer Geldforderung vollstreckbar wäre. Er könnte nur nach den Vorschriften über die Erzwingung von Handlungen vollstreckt werden. Fraglich ist jedoch, ob – erkennt man einen materiell-rechtlichen Anspruch an – eine derartige Bestimmtheit wirklich erforderlich ist, wenn zumindest der Empfängerkreis näher beschrieben wird. Für einen Benachrichtigungsanspruch hat der Bundesgerichtshof – anders als Büscher meint (Büscher, WRP 2023, 639 Rn. 7 ff.) – gegen einen derartigen Tenor keine Bedenken geäußert (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2021, Az.: IV ZR 221/19, NJW 2021, 2193 Rn. 46 ff.). Auch bei Rückrufansprüchen (z.B. gemäß § 18 MarkenG) oder bei einem aus einer Unterlassungsverpflichtung abgeleiteten Anspruch auf Rückruf- bzw. Benachrichtigung der Abnehmer der beanstandeten Erzeugnisse wird ein allgemein gehaltener Tenor über den Empfängerkreis (teilweise sogar ohne die Bezeichnung eines Empfängerkreises) unproblematisch für zulässig erachtet. Die mit einem derartigen Antrag verbundenen erheblichen Probleme sind eher solche der Begründetheit (so auch bereits der Senat mit Urteil vom 30. März 2023, Az.: I-20 U 16/22, BeckRS 2023, 7390; n. rkr., beim BGH anhängig unter Az.: XI ZR 65/23).
1133.
114Der Klageantrag auf Zahlung ist jedoch nicht begründet mit der Folge, dass auch der allein mit der Kontrolle der Zahlung begründete Auskunftsantrag unbegründet ist. Zwar teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, die angegriffene Klausel über die Erhebung von Mahngebühren sei unwirksam (was in der Berufungsinstanz nicht mehr umstritten ist), gleichwohl folgt daraus aber kein Anspruch eines Wettbewerbers auf Rückzahlung bereits erhobener Mahngebühren.
115a) Offen bleiben kann, ob ein Rückzahlungsanspruch bereits deshalb ausscheidet, weil ein Beseitigungsanspruch – anders als ein Schadensersatzanspruch – lediglich auf die Beseitigung einer Störungsquelle für zukünftige Beeinträchtigungen gerichtet ist (vgl. oben unter 1.a)). Eine solche Störungsquelle dürfte hier wohl nur anzunehmen sein, wenn man diese in der durch die unrechtmäßig erhaltenen Beträge gegenüber rechtstreuen Wettbewerbern erzielte verbesserte finanzielle Ausstattung des beklagten Unternehmens erblicken wollte.
116b) Gegen einen solchen Anspruch lässt sich auch nicht einwenden, es bestehe die Gefahr doppelter Inanspruchnahme des Unternehmens sowie dogmatischer Friktionen bei der Verjährung (dagegen auch Kruis, a.a.O.). Diese Gefahr ließe sich durch die Annahme einer – atypischen (siehe dazu sogleich) - Gesamtgläubigerschaft (§§ 428 – 430 BGB) zwischen dem nach § 8 Abs. 3 UWG Klagebefugten und dem geschädigten Kunden vermeiden. Der Zahlung an den Kunden käme dann in jedem Falle Erfüllungswirkung für beide in Betracht kommenden Ansprüche zu. Dass die Ansprüche der – potentiellen – Berechtigten verjährungsrechtlich ein unterschiedliches Schicksal erleiden könnten, ist insofern unerheblich (vgl. § 429 i.V.m. § 425 BGB; siehe Grüneberg, in: Grüneberg, BGB, 82. Auflage, § 429 Rn. 1). Zuzugeben ist allerdings, dass eine solche Gesamtgläubigerschaft atypisch wäre, weil die Zahlung entgegen § 428 Abs. 1 S. 1 BGB nicht an jeden der Gläubiger, sondern unstreitig jeweils nur an den geschädigten Kunden erfolgen könnte.
117c) Unabhängig davon ist ein Anspruch auf Rückzahlung von Geldbeträgen gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG an Kunden eines Unternehmens, dessen Verhalten beanstandet wird, deshalb ausgeschlossen, weil ein solcher Anspruch mit dem System der Durchsetzung von Ansprüchen der Kunden gegen das sich unlauter verhaltende Unternehmen nicht vereinbar ist (so schon Senat mit Urteil vom 30. März 2023, Az.: I-20 U 16/22, BeckRS 2023, 7390, n.rkr.). Auf die zutreffende Analyse von Büscher (a.a.O.) wird verwiesen.
118Dogmatisch gesehen handelt es sich bei einem derartigen Beseitigungsanspruch zwar um einen solchen einer in § 8 Abs. 3 UWG genannten Person. Wirtschaftlich gesehen überschneidet er sich jedoch weitgehend mit einem etwaigen Anspruch des Dritten (Verbrauchers).
119Dieser Dritte kann nach der gegenwärtigen Rechtslage einen Zahlungsanspruch nur selbst (bzw. bei Abtretung durch einen Zessionar) geltend machen. Eine gewisse Hilfe bietet ihm dabei lediglich die Musterfeststellungsklage, die aber nur von bestimmten Verbraucherschutzverbänden (§ 606 Abs. 1 S. 2 ZPO; zukünftig: § 2 VDuG-E) zugunsten von Verbraucher im Sinne des § 13 BGB erhoben werden kann. Demgegenüber könnte eine auf Rückzahlung überzahlter Beträge ausgestaltete Beseitigungsklage von jeder in § 8 Abs. 3 UWG genannten Person und überdies zugunsten sämtlicher Vertragspartner erhoben werden. Zudem muss der Verbraucher, damit ihm die Wirkungen der Musterfeststellungsklage zugutekommen, eine Anschlusserklärung abgegeben (Opt-In, § 608 ZPO), während bei einer derart ausgestalteten Beseitigungsklage die Dritten überhaupt nicht gefragt werden müssen.
120Bei der Einführung des § 9 Abs. 2 UWG ist nicht an eine etwaige – nach der zu befürwortenden Lösung naheliegende – Konkurrenz zum Beseitigungsanspruch gedacht worden. Außerdem sollte der Scheu von Kunden eines unlauter handelnden Unternehmens insbesondere bei „Streuschäden“ ihre Rechte geltend zu machen, durch den Gewinnabschöpfungsanspruch (§ 10 UWG), diesen allerdings begrenzt aber auf vorsätzliches Verhalten des Unternehmens und nur durch bestimmte Organisationen durchsetzbar, Rechnung getragen werden. Soweit ein beseitigender Störungszustand in dem Verbleiben des finanziellen Vorteils beim schädigenden Unternehmen gesehen werden könnte (vgl. oben unter 1.a)), ist vom Gesetzgeber hierfür gerade der Gewinnabschöpfungsanspruch vorgesehen worden.
121Auch mit zukünftigem Recht wäre ein auf Entgeltrückzahlung gerichteter Beseitigungsanspruch nicht vereinbar. Zwar soll zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020 / 1828 in naher Zukunft eine Abhilfeklage zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher eingeführt werden. Diese wird aber nur von qualifizierten Verbraucherverbänden und anderen Einrichtungen (Art. 4 RL) erhoben werden können und zwar - nach Unionsrecht - zugunsten von Verbrauchern entweder auf Opt-In- oder nach Opt-Out-Regeln (Art. 12 Abs. 2 RL, ErwG 43), nach deutschem Recht (voraussichtlich) nur aufgrund einer Anmeldung (Opt-In Modell, § 46 VDuG-E). Diese Beschränkungen würden durch eine so weitgehende Beseitigungsklage umgangen. Die Probleme der Abhilfeklage zugunsten nicht benannter Verbraucher werden im zukünftigen Recht geklärt; es wird ein zentrales Verteilungsverfahren eingeführt werden (§§ 22 ff. VDuG-E).
122Auch die Beschränkung des zukünftigen VDuG auf Ansprüche von Verbrauchern (§ 1 n.F.) würde durch eine weit verstandene Beseitigungsklage umgangen.
123Das zukünftige Recht regelt dann auch, welche Daten zu welchem Zwecke von wem gesammelt werden können und wer von diesen Daten Kenntnis erlangen darf. In jedem Falle ist sichergestellt, dass Daten nur von denjenigen Kunden gesammelt werden, die sich gemeldet und damit ihre Daten freiwillig zur Verfügung gestellt haben. Demgegenüber führte ein Auskunftsanspruch, wie ihn die Klägerin vorliegend geltend macht, zur Sammlung und Verbreitung von Daten auch bei denjenigen Kunden, die dies nicht wollen.
124Soweit zur Begründung eines derartigen Beseitigungsanspruchs die Schaffung eines effektiven Regimes zur Durchsetzung von Verbraucheransprüchen herangezogen wird (vgl. oben unter 1.e)), ist dem entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber hierfür den Gewinnherausgabeanspruch, die Musterfeststellungsklage, zukünftig die Abhilfeklage sowie die Abtretung an einen Rechtsdienstleister vorgesehen hat. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass ein derart weitreichender Beseitigungsanspruch weder während der Diskussion um den Gewinnherausgabeanspruch noch im Zusammenhang mit der Musterfeststellungsklage (s. BT-Drs. 19/2507 S. 14) noch bei der Einführung des § 9 Abs. 2 UWG n.F. noch im Rahmen des noch laufenden Gesetzgebungsverfahrens zur Abhilfeklage erörtert wird.
125c) Darüber hinaus ist der Anspruch teilweise verjährt.
126Für die Verjährung des Beseitigungsanspruchs gilt § 11 Abs. 1, 2 und 4 UWG (Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Auflage, § 11 Rn. 1.34, 1.36).
127Die fraglichen Anträge sind erstmals mit Schriftsatz vom 21. September 2021, eingegangen am gleichen Tage und zugestellt am 13. September 2021, erhoben worden. Der bereits zuvor erhobene Unterlassungsantrag hatte einen anderen Streitgegenstand und damit nicht zur Hemmung geeignet.
128Gemäß § 11 Abs. 4 UWG sind damit in jedem Falle sämtliche Ansprüche aus der Zeit vor dem 21. September 2018 verjährt. Wann die Klägerin um die beanstandete AGB wusste (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG), hat sie trotz Erhebung der Verjährungseinrede sowie der gerichtlichen Verfügung vom 22. Mai 2023 nicht dargelegt, so dass davon auszugehen ist, dass sie bereits mehr als sechs Monate vor dem 21. September 2023 hiervon Kenntnis erlangt hatte mit der Folge einer Verjährung sämtlicher Ansprüche aus der Zeit vor dem 21. März 2023.
129II. Zur Anschlussberufung
Die Anschlussberufung der Beklagten, mit der sie im Wesentlichen ihre abgewiesenen Widerklageanträge weiterverfolgt, bleibt erfolglos. Zwar ist die Widerklage zulässig (dazu 1.), sie ist jedoch unbegründet (dazu 2.).
1321.
133Die Widerklage ist zulässig.
134a) Sie ist nicht, wie die Klägerin meint, mangels örtlicher Zuständigkeit des angerufenen Gerichts unzulässig. Das Landgericht hat angenommen, es sei gemäß § 33 ZPO zuständig. Daran ist der Senat gemäß § 513 Abs. 2 ZPO gebunden. Gründe für Willkür, die als Ausnahmetatbestand von dieser Bindungswirkung diskutiert wird (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 34. Auflage, § 513 Rn. 10; Rimmelspacher, in: Münchner Kommentar, ZPO, 6. Auflage, § 513 Rn. 22), werden von der Klägerin nicht vorgetragen und sind angesichts der weiten Auslegung, die § 33 ZPO in der Rechtsprechung erfahren hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2023, Az.: VI ZR 203/22, NJW 2023, 1361 Rn. 61 mit weiteren Nachweisen) auch nicht ersichtlich.
135b) Die Widerklage ist auch hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO Die Tatsache, dass die Empfänger der Schreiben und der Zahlung nicht benannt werden, auch der Zahlbetrag nicht beziffert ist, ist aus den vom Senat unter I.2. genannten Gründen unschädlich.
1362.
137In der Sache hat die Widerklage keinen Erfolg.
138Allerdings haftet die jetzige Klägerin gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auch für Verbindlichkeiten der früheren Klägerin. Jedoch bestehen die geltend gemachten Ansprüche in der Sache nicht.
139a) Gegenstand des Antrages zu a) ist die Benachrichtigung der Verbraucher, die deshalb von der Beklagten beanstandet wird, weil die Klägerin bei ihrer Internet-Werbung für das „Strom-Pakettarif“ entgegen § 3 PAngV a.F. nicht den Preis je Kilowattstunde angegeben hat. Zwar ist nach den Grundsätzen, die der Bundesgerichtshof aufgestellt hat (Urteil vom 31. März 2021, Az.: IV ZR 221/19, NJW 2021, 2193 Rn. 55), eine Pflicht zur Benachrichtigung von Verbrauchern im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs durchaus möglich. Der Gegenstand des Benachrichtigungsanspruchs beschränkt sich jedoch auf unwirksame Vertragsklauseln (möglicherweise auch auf die Aufgabe einer bestimmten Auslegung von Vertragsklauseln). Nur insoweit können dem Verbraucher Rechte zustehen, die er möglicherweise geltend machen kann. Dies ist bei der Werbung jedoch nicht der Fall. Aus einer gegen § 3 PAngV a.F. verstoßenden Werbung können Verbraucher keine Rechte herleiten (vgl. BGH, Urteil vom 07. Februar 2023, Az.: VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 61). Maßgeblich ist für den Verbraucher allein der vertraglich vereinbarte Paketpreis.
140Auch unter dem Gesichtspunkt des seit dem 28. Mai 2022 geltenden § 9 Abs. 2 UWG n.F. können dem Verbraucher keine Rechte zustehen. Abgesehen davon, dass Fälle nach diesem Tage nicht vorgetragen werden (das hinsichtlich des Unterlassungstenors rechtskräftig gewordene Urteil des Landgerichts stammt vom 25. April 2022), ist bei einem Paketpreis (für eine bestimmte, in jedem Falle abzunehmende Menge wird ein fester Preis bestimmt; Mindermengen werden nicht erstattet) ein Schaden nicht denkbar. Darauf ist die Beklagte mit gerichtlicher Verfügung vom 22. Mai 2023 vor dem Senatstermin hingewiesen worden, ohne dass ergänzender Vortrag erfolgt ist. Auf die Frage, ob ein Verstoß gegen § 3 PAngV a.F. überhaupt Schadensersatzansprüche auslösen kann (ein Verstoß gegen § 3a UWG ist nicht schadensersatzpflichtig [siehe Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Auflage, § 9 Rn. 2.10/2.11], § 5b Abs. 4 UWG greift nicht ein, weil § 3 PAngV durch die Richtlinie 98/6/EG nur ermöglicht, nicht aber erzwungen wird; § 5a ist bei einem Paketpreis sehr zweifelhaft), kann somit offenbleiben.
141b) Gegenstand des Antrages zu b) ist die Benachrichtigung der Verbraucher, weil bestimmte Angaben in der Werbung fehlten. Hierfür gilt das zu a) Gesagte entsprechend. Im Übrigen gilt Folgendes:
142- Der in Bezug genommene Antrag zu B.I.1.a) betrifft den fehlenden Preis je KWh und mit a) identisch.
143- Der in Bezug genommene Antrag zu B.I.1.b) betrifft den Arbeitspreis, der jedoch nicht existiert.
144- Der in Bezug genommene Antrag zu B.I.1.c) betrifft den Preis bei Mehrmengen, der in der Werbung nicht angegeben war. Welche Regelungen der Vertrag mit den Verbrauchern enthält, ist trotz Nachfrage in der gerichtlichen Verfügung vom 22. Mai 2023 nicht vorgetragen worden.
145- Der in Bezug genommene Antrag zu B.I.1.d) betrifft die fehlende Information über die Tatsache, dass in jedem Falle die bestellte Menge zu bezahlen ist. Diese Information wird in den AGB unübersehbar mitgeteilt. Wie der Vertrag mit dem Verbraucher aussieht, ist unbekannt und wird trotz des Hinweises vor dem Termin nicht mitgeteilt.
146c) Der Gegenstand des Antrages zu c) betrifft die Zurückzahlung von Beträgen an Verbraucher, die bei Paketverträgen Mindermengen haben verfallen lassen, aber bezahlen mussten. Der Antrag ist zwar zulässig, aber aus den unter I.3. dargestellten Gründen unbegründet. Im Übrigen bleibt mangels Vorlage der Verträge – zu der mit gerichtlicher Verfügung vom 22. Mai 2023 aufgefordert wurde - vollständig unklar, warum die Verbraucher die Rechtsnatur von Paketverträgen nicht erkannt haben sollen; die AGB klären darüber jedenfalls unzweideutig auf.
147d) Der Gegenstand des Antrages zu d) betrifft die Zurückzahlung von Beträgen an Verbraucher, die bei Paketverträgen für ihre Mehrmengen mehr je KWh bezahlt haben als bei Umrechnung des Paketpreises auf die vertraglich vorgesehene Menge. Es gelten die Ausführungen zur Klage. Im Übrigen ist die Vertragslage unklar. In den AGB wird klar auf die Pflicht zur Zahlung des in einem „Angebot“ genannten Preises hingewiesen. Weder Angebot noch Vertrag liegen trotz Hinweises mit gerichtlicher Verfügung vom 22. Mai 2023 vor.
148e) Auf die Frage, ob die Ansprüche – zumindest teilweise - auch aus den unter I.1.a) genannten Gründen ausscheiden, kommt es danach nicht an.
149III.
150Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Keine der Parteien hat hinsichtlich der Verurteilungen, die nicht Gegenstand des Berufungsantrages bzw. Anschlussberufungsantrages waren, einen Antrag nach § 537 ZPO gestellt.
151Da höchstrichterliche Rechtsprechung zum umstrittenen Problem der Zulässigkeit und Begründetheit von auf Zahlung an die geschädigten Abnehmer gerichteten Zahlungsansprüche auf der Grundlage eines Beseitigungsanspruchs fehlt, ist die Revision zuzulassen.