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Zur Frage, ob und inwieweit die Pflichtangaben für Immobilienanzeigen nach § 16a EnEV als wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG anzusehen sind.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.11.2015 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Soweit die Beklagte zur Unterlassung verurteilt worden ist, kann sie die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 Euro abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e
2A.
3Der klagende Verein ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen.
4Die Beklagte ist u.a. als Immobilienmaklerin tätig. Am 11.04.2015 veröffentlichte die Beklagte im Rahmen ihrer Maklertätigkeit in der Tageszeitung „X“ die beiden nachfolgend abgebildeten Immobilienanzeigen:
5,
6.
7Für die beiden beworbenen Immobilien lag zum Zeitpunkt der Anzeigenveröffentlichung jeweils ein Energieverbrauchsausweis vor.
8Mit Schreiben vom 24.04.2015 (Anlage K3 = Blatt 13-16 der Gerichtsakte) mahnte der Kläger die Beklagte ab. Er beanstandete das Fehlen von Angaben zum wesentlichen Energieträger für die Heizung der Gebäude in den beiden Immobilienanzeigen und führte aus, hierin liege ein Verstoß gegen die Regelungen in § 16a der Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung – EnEV). Zugleich forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zur Zahlung von Abmahnkosten (Kostenpauschale) in Höhe von 245,00 € auf. Mit E-Mail vom 06.05.2015 (Blatt 18 der Gerichtsakte) verlängerte der Kläger die der Beklagten gesetzten Fristen zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Erstattung der Abmahnkosten bis zum 13.05.2015.
9Mit Schreiben vom 13.05.2015 (Anlage K5 = Blatt 22 der Gerichtsakte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe ihren örtlich zuständigen Gebietsleiter gebeten, die Werbung zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. Der vom Kläger vorgeschlagene Wortlaut einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gehe inhaltlich zu weit. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gab die Beklagte nicht ab.
10Der Kläger hat gegenüber dem Landgericht seine Rechtsausführungen aus der Abmahnung wiederholt und vertieft. Im Hinblick auf die geforderte Abmahnkostenpauschale hat der Kläger eine Aufstellung (Anlage K7 = Blatt 91 der Gerichtsakte) vorgelegt und vorgetragen, diese enthalte eine detaillierte Aufschlüsselung der Personal- und Sachkosten, die er, der Kläger, für eine Abmahnung pauschaliert in Ansatz bringe.
11Der Kläger hat (zuletzt) beantragt,
121. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) in Zeitungen Anzeigen für Immobilien, für die zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass die Immobilienanzeigen die gemäß § 16a EnEV erforderliche Pflichtangabe zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes enthält, wenn dies geschieht wie in der Immobilienanzeige der Beklagten in den „X“ vom 11.04.2015, die wie folgt wiedergegeben wird:
15,
16und/oder
17b) in Zeitungen Anzeigen für Immobilien, für die zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vorliegt, vor deren Vermietung zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass die Immobilienanzeigen die gemäß § 16a EnEV erforderliche Pflichtangabe zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes enthält, wenn dies geschieht wie in der Immobilienanzeige der Beklagten in den „X“ vom 11.04.2015, die wie folgt wiedergegeben wird:
18;
192. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 245,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.05.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die beiden Immobilienanzeigen seien inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie habe die beiden Anzeigen in ihrer Eigenschaft als Maklerin veröffentlicht, in dieser Eigenschaft sei sie nicht verpflichtet, Angaben nach § 16a EnEV zu machen. Die Beklagte wendet sich ebenfalls gegen die Höhe der vom Kläger geforderten Abmahnkostenpauschale.
24Mit dem angefochtenen, am 25.11.2015 verkündeten Urteil hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
25Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,
26in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
27Der Kläger beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
30Soweit in den Gründen dieses Urteils Fundstellen in der Gerichtsakte angegeben sind, wird wegen der Einzelheiten auf die dort befindlichen Dokumente verwiesen.
31B.
32Die – zulässige – Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat der Klage zu Recht in vollem Umfang stattgegeben.
33I. Unterlassungsansprüche
341. Klageantrag zu 1.a)
35Es kann dahinstehen, ob dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG bzw. § 4 Nr. 11 UWG a.F. in Verbindung mit § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EnEV zusteht. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage jedenfalls in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 UWG.
36a) Ob die Beklagte gegen § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EnEV verstoßen hat, ist zweifelhaft.
37aa) Wird vor dem Verkauf eines mit einem Gebäude bebauten Grundstücks, eines grundstücksgleichen Rechts an einem bebauten Grundstück oder von Wohnungs- oder Teileigentum eine Immobilienanzeige in kommerziellen Medien aufgegeben und liegt – wie im vorliegenden Falle – zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vor, so hat der Verkäufer gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 EnEV sicherzustellen, dass die Immobilienanzeige die in § 16a Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 5 EnEV aufgeführten Pflichtangaben enthält. § 16a Abs. 1 EnEV ist gemäß § 16a Abs. 2 EnEV entsprechend anzuwenden auf den Vermieter, Verpächter und Leasinggeber bei Immobilienanzeigen zur Vermietung, Verpachtung oder zum Leasing eines Gebäudes, einer Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Nutzungseinheit. Nach dem Wortlaut der Norm sind Adressaten der Informationspflicht mithin der Verkäufer, der Vermieter, der Verpächter bzw. der Leasinggeber. Eine Verpflichtung von Maklern ergibt sich aus dem Wortlaut des § 16a EnEV nicht.
38bb) § 16a EnEV dient der Umsetzung von Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU. Dieser hat folgenden Wortlaut:
39„Die Mitgliedstaaten verlangen, dass bei Verkauf oder Vermietung von
40in den Verkaufs- oder Vermietungsanzeigen in den kommerziellen Medien der in dem Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes bzw. des Gebäudeteils angegebene Indikator der Gesamtenergieeffizienz genannt wird.“
42Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU benennt nach seinem Wortlaut keinen Adressaten der Informationspflicht, sondern bestimmt das Medium bzw. den Ort der Informationserteilung („Verkaufs- oder Vermietungsanzeigen in den kommerziellen Medien“).
43cc) Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob die nationale Bestimmung des § 16a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EnEV richtlinienkonform dahin ausgelegt werden muss, dass auch eine (unmittelbare) Informationsverpflichtung für einen vom Verkäufer bzw. Vermieter beauftragten Makler besteht (vgl. allgemein zur richtlinienkonformen Auslegung: Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 34. Aufl. [2016], Einleitung zum UWG Rdnr. 3.13).
44In der Rechtsprechung wird diese Frage – soweit ersichtlich – bislang überwiegend bejaht (vgl. etwa LG Tübingen, Urteil vom 12.11.2015 – 20 O 60/15 – <juris>; LG München I, Urteil vom 16.11.2015 – 4 HKO 6347/15 – <juris>; LG Münster, Urteil vom 25.11.2015 – 021 O 87/15 – <juris>; LG Tübingen, Urteil vom 01.02.2016 – 20 O 53/15 – <juris>; LG Traunstein, Urteil vom 12.02.2016 – 1 HKO 3385/15 – <juris>; LG Bayreuth, Urteil vom 28.04.2016 – 13 HK O 57/15 – <juris>; LG Leipzig, Urteil vom 10.05.2016 – 01 HK O 2761/15 –, BeckRS 2016, 11133; a.A. LG Gießen, Urteil vom 11.09.2015 – 8 O 7/15 – <juris>; LG München II, Urteil vom 03.12.2015 – 2 HK O 3089/15 –, BeckRS 2015, 19943).
45Bei der richtlinienkonformen Auslegung bildet der Wortlaut der nationalen Regelung zwar keine Grenze (Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O.); der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung fordert auch, das nationale Recht, wo dies nötig und möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (BGH, NJW 2009, 427). Eine richterliche Rechtsfortbildung ist indes verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie, ausgehend von einer teleologischen Interpretation, den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, ihren Widerhall nicht im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder – bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke – stillschweigend gebilligt wird (BVerfG, NJW 2012, 669).
46Eine Erstreckung der Informationsverpflichtung auch auf den Makler könnte einen solchen Fall unzulässiger richterlicher Rechtsfortbildung darstellen. Dass der deutsche Verordnungsgeber eine unmittelbare Informationsverpflichtung von Immobilienmaklern nach § 16a EnEV begründen wollte, lässt sich weder dem Wortlaut noch den Materialien der Verordnung entnehmen. Dadurch, dass der Verordnungsgeber für den Wortlaut des § 16a Abs. 1 Satz 1 EnEV die Formulierung „hat der Verkäufer sicherzustellen“ verwendet hat, soll verdeutlicht werden, dass der Verkäufer nicht nur bei Immobilienanzeigen, die er selbst aufgibt, Pflichtangaben machen muss, sondern auch in Fällen wie der Beauftragung eines Maklerbüros dafür Sorge zu tragen hat, dass die erforderlichen Pflichtangaben in der Immobilienanzeige gemacht werden (BR-Drucksache 113/13, Seite 97). Demnach liegt es nicht fern, dass der deutsche Verordnungsgeber bewusst von der Regelung einer unmittelbaren Verantwortlichkeit von Immobilienmaklern für die Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 16a EnEV abgesehen hat. Für eine Erstreckung der Informationsverpflichtung auch auf den Makler im Wege richterlicher Rechtsfortbildung bestünde dann keine Grundlage. Letztlich bedarf dies indes hier keiner Entscheidung.
47b) Denn der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage jedenfalls in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 UWG.
48aa) Da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss das Verhalten der Beklagten sowohl nach dem zur Zeit der beanstandeten Zeitungsanzeige geltenden Recht als auch nach dem zur Zeit der Entscheidung durch den Senat geltenden Recht wettbewerbswidrig sein (vgl. BGH, GRUR 2016, 403 [Fressnapf]; BGH, Urteil vom 21.07.2016 – I ZR 26/15 – [LGA tested] <juris>).
49bb) § 5a Abs. 2 UWG ist mit Wirkung ab dem 10.12.2015 neu gefasst worden.
50Nach § 5a Abs. 2 UWG a.F. handelte unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG a.F. dadurch beeinflusste, dass er eine Information vorenthielt, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich war.
51Nach der ab dem 10.12.2015 geltenden Rechtslage handelt gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2). Gemäß § 5a Abs. 2 Satz 2 UWG gilt als Vorenthalten auch das Verheimlichen wesentlicher Informationen (Nr. 1), die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise (Nr. 2) und die nicht rechtzeitige Bereitstellung wesentlicher Informationen (Nr. 3).
52cc) Diese Neufassung des § 5a Abs. 2 UWG hat zu keiner für den vorliegenden Fall erheblichen Änderung der Rechtslage geführt (vgl. BGH, GRUR 2016, 403 [Fressnapf]; BGH, Urteil vom 21.07.2016 – I ZR 26/15 – [LGA tested] <juris>). Die beanstandete Zeitungsanzeige – eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG – war zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.04.2015 nach der alten Fassung des § 5a Abs. 2 UWG und ist auch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat nach der neuen Fassung des § 5a Abs. 2 UWG unlauter und damit nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig.
53(1) Die Beklagte hat dadurch, dass sie in der Zeitungsanzeige nicht den wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes angegeben hat, gegen § 3 Abs. 2, § 5a Abs. 2 UWG a.F. verstoßen.
54Nach § 5a Abs. 2 UWG a.F. handelte unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG a.F. dadurch beeinflusste, dass er eine Information vorenthielt, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich war.
55(a) Informationen zum wesentlichen Energieträger für die Heizung eines Gebäudes sind wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG a.F.
56Eine Information ist nicht allein schon dann wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, wenn sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zudem ein erhebliches Gewicht zukommt (vgl. BGH, GRUR 2012, 1275 [Zweigstellenbriefbogen]; BGH, Urteil vom 21.07.2016 – I ZR 26/15 – [LGA tested] <juris>).
57(aa) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Information als wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG anzusehen ist, ist das Interesse des Unternehmers zu berücksichtigen, die Information nicht zu erteilen. In die Interessenabwägung mit einzustellen sind der zeitliche und der kostenmäßige Aufwand des Unternehmers für die Beschaffung der Information, die für den Unternehmer mit der Informationserteilung verbundenen Nachteile sowie möglicherweise bestehende Geheimhaltungsbelange (BGH, Urteil vom 21.07.2016 – I ZR 26/15 – [LGA tested] <juris>).
58Ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten, nicht über den wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes zu informieren, ist nicht erkennbar. Ihr ist es zuzumuten, die verlangten Informationen zu erteilen. Für die Beschaffung der Informationen entsteht der Beklagten nur ein geringfügiger zeitlicher und kostenmäßiger Aufwand. Sie muss sich lediglich bei ihrem Auftraggeber nach diesen Informationen erkundigen, sich gegebenenfalls den Energieausweis vorlegen lassen und die betreffenden Angaben in den Text der Anzeige übernehmen.
59Die mit der Informationserteilung verbundenen Nachteile hat die Beklagte hinzunehmen. Der Verordnungsgeber schätzt die Mehrkosten, die durch die nach Maßgabe des § 16a EnEV vorgeschriebene Angabe energetischer Kennwerte entstehen, auf einen Betrag von 0,50 € bis 2,50 € pro Immobilienanzeige (je nachdem, in welchem [kommerziellen] Medium die Anzeige veröffentlicht wird) (vgl. BR-Drucksache 113/13, Seiten 71, 75 und 77). Dieser Bewertung schließt sich der Senat an. Die solchermaßen geschätzten Mehrkosten sind zumutbar.
60Überdies stehen die Beschränkungen des verwendeten Kommunikationsmittels – hier: Werbung mittels Zeitungsanzeige – der Erteilung der in Rede stehenden Informationen nicht entgegen. Die verlangten Angaben können stichwortartig erfolgen. Bei der Abfassung des Anzeigentextes können auch gegebenenfalls verständliche Abkürzungen verwendet werden (vgl. BR-Drucksache 113/13, Seite 98).
61Schließlich liegt kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse der Beklagten vor. Soweit die Erteilung der in § 16a Abs. 1 EnEV genannten Informationen bei ungünstiger energetischer Beschaffenheit des beworbenen Objekts dessen Vermarktung erschwert, kann dies nicht dazu führen, die Informationen als nicht wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG anzusehen. Dem steht bereits das Informationsinteresse der Verbraucher entgegen.
62(bb) Zwar begründet nicht jedes mögliche Interesse eines kritischen Verbrauchers an einer Information deren Wesentlichkeit im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG. Erforderlich ist eine besondere Bedeutung für die vom Durchschnittsverbraucher zu treffende geschäftliche Entscheidung. Die Frage, ob eine Information für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von besonderer Bedeutung ist, ist nach dem Erwartungs- und Verständnishorizont des Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen (BGH, Urteil vom 21.07.2016 – I ZR 26/15 – [LGA tested] <juris>). Eine solche besondere Bedeutung liegt hier vor.
63Hinsichtlich eines Entschlusses zum Erwerb der angebotenen Immobilie ist es für den durchschnittlichen Verbraucher von erheblichem Interesse, Informationen zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes zu erhalten. Dies ergibt sich bereits aus der in der Regelung des § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EnEV zum Ausdruck kommenden Wertung. Auch wenn § 16a EnEV ausdrücklich nur den Verkäufer, Vermieter, Verpächter bzw. Leasinggeber als Adressaten der Informationspflichten nennt, ändert dies nichts daran, dass der Verordnungsgeber die in der Norm genannten Informationen als solche als wesentlich ansieht („Pflichtangaben“). Denn handelte es sich nur um unbedeutende Informationen, bedürfte es nicht der Regelung des § 16a EnEV. Für den Interessenten ist es von besonderer Bedeutung, möglichst frühzeitig einen Eindruck von der energetischen Qualität des angebotenen Gebäudes und damit zugleich die Möglichkeit zu einem überschlägigen Vergleich der Kosten für Heizwärme mit anderen Immobilienangeboten zu erhalten (vgl. BR-Drucksache 113/13, Seite 99). Dieses Informationsbedürfnis wird durch die in § 16a EnEV vorgesehenen Angaben zum Endenergiebedarf bzw. -verbrauch, ergänzt um die Informationen zu den wesentlichen Energieträgern, umgesetzt. Die im Energieausweis genannten Energieträger sind erforderlich, um einen Eindruck der überschlägigen Kosten je Kilowattstunde benötigter Energie zu erhalten, da sich die Kosten je nach Energieträger erheblich unterscheiden können (vgl. BR-Drucksache 113/13, Seite 99).
64(b) Die Beklagte hat den Verbrauchern Informationen zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes vorenthalten.
65Der Unternehmer enthält dem Verbraucher eine Information vor, wenn dieser sie nicht oder nicht so erhält, dass er sie bei seiner geschäftlichen Entscheidung berücksichtigen kann. Insoweit ist es allerdings erforderlich, dass die betreffende Information zum Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Unternehmers gehört oder in sonstiger Weise für ihn verfügbar ist (BGH, Urteil vom 21.07.2016 – I ZR 26/15 – [LGA tested] <juris>).
66Die Zeitungsanzeige vom 11.04.2015 enthält keine Angaben zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes. Die diesbezüglichen Informationen waren für die Beklagte angesichts des unstreitig vorliegenden Energieausweises auch verfügbar.
67(c) Es liegt auch eine spürbare Beeinträchtigung im Sinne von § 3 Abs. 2 UWG a.F. vor. Mit der Bejahung der Wesentlichkeit der vorenthaltenen Informationen sind jedenfalls nach der bis zum 09.12.2015 geltenden Rechtslage unwiderleglich auch die Erfordernisse des § 3 Abs. 2 UWG a.F. erfüllt, weil sich die Wesentlichkeit nach § 5a Abs. 2 UWG gerade dadurch definiert, dass der Verbraucher „im Sinne des § 3 Abs. 2 beeinflusst“ wird (Köhler/Bornkamm/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. [2015], § 5a Rdnr. 56).
68(2) Das geschäftliche Handeln der Beklagten ist auch nach der neuen Fassung des § 5a Abs. 2 UWG unlauter und damit nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig.
69(a) Der Verbraucher benötigt nach den Umständen die Information über den wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG).
70„Geschäftliche Entscheidung“ ist jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG). Die in Rede stehenden Informationen benötigt der Verbraucher, um beurteilen zu können, ob das angebotene Mietobjekt seinen Erwartungen in energetischer Hinsicht entspricht. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit verwiesen.
71(b) Das Vorenthalten der betreffenden Informationen ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UWG). Die unzureichenden energiebezogenen Informationen können den Verbraucher dazu veranlassen, aufgrund der Immobilienanzeige Kontakt zu der Beklagten aufzunehmen. Diese Entscheidung hätte der Verbraucher gegebenenfalls nicht getroffen, wenn er sich anhand der Angaben zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes bereits aufgrund der Immobilienanzeige näher über die energiebezogenen Eigenschaften der Immobilie hätte informieren können.
72c) Das Bestehen einer Wiederholungsgefahr wird aufgrund des vorliegenden Wettbewerbsverstoßes tatsächlich vermutet. Umstände, die geeignet sind, diese Vermutung zu widerlegen, sind nicht ersichtlich.
73d) Nicht zu überzeugen vermag schließlich die Argumentation der Beklagten, Verstöße gegen § 16a EnEV könnten erst ab dem 01.05.2015 als unlautere geschäftliche Handlung gewertet werden, weil der für Verstöße gegen § 16a EnEV (der als solcher bereits seit dem 01.05.2014 in Kraft ist) geschaffene Ordnungswidrigkeitentatbestand (§ 27 Abs. 2 Nr. 6 EnEV) erst am 01.05.2015 in Kraft getreten sei. Dass ein bestimmtes Verhalten als Ordnungswidrigkeit verfolgbar ist, ist keine Voraussetzung für seine Qualifikation als Wettbewerbsverstoß.
742. Klageantrag zu 1.b)
75Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage ebenfalls in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 UWG. Der Klageantrag zu 1.b) betrifft eine Immobilienanzeige zum Zwecke der Vermietung. Für ein solches Immobiliengeschäft gelten die obigen Ausführungen gleichermaßen, wie sich insbesondere aus der in § 16a Abs. 2 EnEV zum Ausdruck kommenden Wertung ergibt.
76II. Zahlungsanspruch
77Der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch findet seine Grundlage in § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die vom Kläger ausgesprochene Abmahnung war berechtigt. Die Höhe der vom Kläger geforderten Abmahnkostenpauschale ist im Rahmen der vom Senat nach § 287 Abs. 2 ZPO vorgenommenen Schätzung nicht zu beanstanden. Die vom Kläger als Anlage K7 vorgelegte Kostenaufstellung mag angesichts der hiergegen von der Beklagten erhobenen Einwände nicht als endgültiger Beleg für die dem Kläger (durchschnittlich) entstehenden Abmahnkosten geeignet sein. Sie ist indes zumindest eine im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO ausreichende Schätzgrundlage.
78Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1 BGB.
79C.
80Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
81Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 ZPO.