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Zur Behandlung sogenannter "Kinderrentenversicherungen" im Versorgungsausgleich (Abgrenzung zu OLG Zweibrücken, Beschluss vom 04.02.2011 - 2 UF 82/10 -, juris; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 11.03.2015 - 9 UF 27/15 -, juris und OLG Hamm, Beschluss vom 01. September 2015 – 9 UF 224/14 –, Rn. 7, juris)
Eine private Rentenlebensversicherung, die ein Ehegatte als Versicherungsnehmer auf das Leben seines Kindes als versicherte Person abgeschlossen hat, unterfällt nicht dem Versorgungsausgleich, wenn die versicherte Person für den Erlebensfall bezugsberechtigt sein soll und der vertragliche Rentenbeginn auf das Renteneintrittsalter des versicherten Kindes abstellt.
Das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers und dessen Bezugsrecht im Todesfall unterfallen nicht dem Versorgungsausgleich, weil es in beiden Fällen nicht zu einer Rentenzahlung sondern nur zu einer einmaligen Kapitalzahlung kommt.
I
Der am 09.12.2015 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum wird von Amts wegen in der Beschlussformel zum Versorgungsausgleich dahin berichtigt, dass die Nummer des für die Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund bestehenden Versicherungskontos ## ####### R ### lautet (Beschlussformel zu b, 1. und 4. Absatz).
II
Auf die Beschwerde der H AG wird der am 09.12.2015 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum im Ausspruch zum Versorgungsausgleich wegen der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Anrechte abgeändert.
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der H AG (Vers. Nr. #-##.###.###-#) findet nicht statt.
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der H AG (Vers. Nr. #-##.###.###-#) findet nicht statt.
Ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der H AG (Vers. Nr. #-##.###.###-#) findet nicht statt.
Die Gerichtskosten der Rechtsmittelinstanz tragen die beteiligten Eheleute je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00 € festgesetzt.
Gründe
3I
4Durch die angefochtene Entscheidung hat das Familiengericht die am ##.##.1994 geschlossene Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich für die Ehezeit vom ##.##.1994 bis 31.05.2014 in der Weise durchgeführt, dass es bezogen auf den 31.05.2014
5durch interne Teilung die in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehenden Anrechte zugunsten des Antragsgegners i.H.v. 12,3161 Entgeltpunkten und zugunsten der Antragstellerin i.H.v. 10,2970 Entgeltpunkten unddurch interne Teilung ein bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder für die Antragstellerin bestehendes Anrecht zugunsten des Antragsgegners i.H.v. 22,43 Versorgungspunkten ausgeglichen hat.
6Die bei der Beschwerdeführerin bestehenden Anrechte hat das Familiengericht zulasten des Anrechts der Antragstellerin (Vers.Nr. #-##.###.###-#) im Wege der internen Teilung zugunsten des Antragsgegners i.H.v. 474,57 € ausgeglichen undim Übrigen angeordnet, dass ein Ausgleich der Anrechteder Antragstellerin aus den Verträgen #-##.###.###-#, #-##.###.###-# sowie #-##.###.###-# und des Antragsgegners aus dem Vertrag #-##.###.###-#nicht stattfindet.
7Wegen der weiteren Einzelheiten und der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
8Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wendet sich die Beschwerdeführerin, soweit das bei ihr bestehende Anrecht aus dem Vertrag #-##.###.###-# ausgeglichen wurde. Sie macht geltend, dass dieses Anrecht gem. § 18 II VersAusglG nicht auszugleichen sei. Eine Bagatellprüfung habe das Familiengericht nicht vorgenommen. Die Teilung mit einem Ausgleichswert von 474,57 € würde einen unangemessen hohen Verwaltungsaufwand erfordern.
9Der Antragsgegner verteidigt den Versorgungsausgleich. Das Familiengericht habe eine Bagatellprüfung nach § 18 I VersAusglG vorgenommen und dabei berücksichtigt, dass die Antragstellerin über insgesamt vier einzelne Rentenversicherungen bei der Beschwerdeführerin verfüge, die sämtlich unter die Bagatellgrenze fielen. Dies sei unbillig, so dass das Familiengericht zumindest die Versicherung der Antragstellerin mit der Nr. #-##.###.###-# ausgeglichen habe.
10II
111.Die Berichtigung wegen offensichtlicher Unrichtigkeit erfolgt von Amts wegen gem. § 42 I FamFG nachdem die Deutsche Rentenversicherung Bund im Beschwerdeverfahren auf diesen Schreibfehler hingewiesen hat, ohne einen Berichtigungsantrag zu stellen. Solange die Sache vor dem Rechtsmittelgericht anhängig ist, kann auch dieses den angefochtenen Beschluss berichtigen (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 42 Rz. 31).
122.Die zulässige Beschwerde ist im Ergebnis begründet.
13a)In der Ehezeit vom ##.##.#### bis 31.05.2014 haben die beteiligten Ehegatten bei der Beschwerdeführerin folgende Anrechte erworben:
14aa) Anrechte der Antragstellerin
15(1) Die Antragstellerin hat aus dem Vertrag #-##.###.###-# ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 6.438,05 € erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 III VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 3.122,46 € zu bestimmen.
16(2) Die Antragstellerin hat aus dem Vertrag #-##.###.###-# ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 999,13 € erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 III VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 474,57 € zu bestimmen.
17(3) Die erstinstanzlich in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechte aus den Verträgen mit den Versicherungsnummern #-##.###.###-# und #-##.###.###-# stellen keine Altersversorgung der Antragstellerin i.S.d. § 2 VersAusglG dar.
18Es handelt sich - wie der Versorgungsträger in der Beschwerdeinstanz mit Schreiben vom 27.04.2016 und 08.06.2016 klargestellt hat - bei diesen Verträgen um sogenannte "Kinderrentenversicherungen", bei denen die Antragstellerin Versicherungsnehmerin ist. Versicherte Personen und Leistungsempfänger im Erlebensfall sind die Kinder G (geb. ##.##.1998) und D (geb. ##.##.2004).
19Die Behandlung derartiger Verträge im Versorgungsausgleich ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich. Nach Auffassung des OLG Zweibrücken (Beschluss vom 04.02.2011 - 2 UF 82/10 - juris) sind sie grundsätzlich im Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen, während sie nach anderer Ansicht regelmäßig dem Versorgungsausgleich unterfallen, wenn den Kindern kein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt wurde (Brandenburgischen OLG, Beschluss vom 11.03.2015 - 9 UF 27/15 - juris; OLG Hamm, Beschluss vom 01.09.2015 – 9 UF 224/14 –, Rn. 7, juris).
20In vorliegender Sache ist entscheidend, dass der Beginn für die private Rente auf einen Zeitpunkt nach Vollendung des 65. Lebensjahres des jeweils versicherten Kindes vereinbart wurde; in dem Vertrag ##.###.###-# auf den 01.10.2069 und in dem Vertrag #-##.###.###-# auf den 01.10.2063. Damit können diese Anrechte - unabhängig davon, ob das Bezugsrecht der Kinder widerruflich oder unwiderruflich ist - nicht gem. § 2 II Nr. 2 VersAusglG der Absicherung der Antragstellerin (als Versicherungsnehmerin) im Alter dienen. Denn hierfür wäre erforderlich, dass die vertraglich vereinbarte Rentenleistung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Berufslebens gewährt wird und das bisherige Erwerbseinkommen ersetzen soll (J. Norpoth in: Erman BGB, Kommentar, 14. Aufl., § 2 VersAusglG, Rn. 8). Bei Beginn der Rentenleistungen wäre die am ##.##.1966 geborene Antragstellerin 103 bzw. 97 Jahre alt.
21Das Bezugsrecht der Antragstellerin für den Todesfall, in Form einer Beitragsrückerstattung und die Möglichkeit, die Verträge zu kündigen, um die Rückkaufswerte zu realisieren, stellen keine Altersversorgung der Antragstellerin i.S.d. § 2 VersAusglG dar, weil diese Rechte nicht auf die Erlangung einer Rente gerichtet sind (§ 2 II Nr. 3 VersAusglG).
22bb) Anrecht des Antragsgegners
23Der Antragsgegner hat aus dem Vertrag #-##.###.###-# ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 808,15 € erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 III VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 379,08 € zu bestimmen.
24b)Die von den Eheleuten bei der Beschwerdeführerin erworbenen Anrechte sind sämtlich fondsgebundene Rentenversicherungen als Altersvorsorgeverträge i.S.d. AltZertG und damit gleichartig i.S.d. § 18 I VersAusglG (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 06. Juni 2012 – 6 UF 47/12 –, Rn. 10, juris), so dass sie einer Prüfung nach § 18 I VersAusglG zu unterziehen sind, die einer Einzelprüfung nach § 18 II VersAusglG vorgeht (BGH, Beschluss vom 07. August 2013 – XII ZB 211/13 –, Rn. 4, juris; J. Norpoth in: Erman BGB, Kommentar, § 18 VersAusglG, Rn. 6).
25Die Differenz ihrer Kapitalwerte beträgt 3.217,95 € und überschreitet somit nicht den Grenzwert des § 18 III VersAusglG von 3.318,00 €. Die Anrechte werden deshalb gem. § 18 I VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgeschlossen.
26Gründe, diese Anrechte gleichwohl auszugleichen, sind nicht ersichtlich und werden von den Beteiligten auch nicht in erheblicher Weise geltend gemacht.
273.Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 I, III FamFG, die Festsetzung des Gegenstandswertes aus § 50 I 2 FamGKG.
28Rechtsbehelfsbelehrung:
29Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht eröffnet.