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Auf die Berufung des Beklagten wird das am 09.04.2020 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Arnsberg – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 24.08.2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 60% und der Beklagte zu 40%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
2A.
3Von einer Sachverhaltsdarstellung wird nach § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
4B.
5Die – zulässige – Berufung des Beklagten hat in der Sache den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet. Die – zulässige – Klage ist nur in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang begründet.
6I. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch nach § 339 Satz 2 BGB auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,00 €.
71. Zwischen den Parteien besteht eine vertragliche Unterlassungsvereinbarung nebst einem Vertragsstrafeversprechen des Beklagten für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die von ihm übernommene Unterlassungsverpflichtung.
8a) Der Kläger hat die von dem Beklagten unter dem 26.07.2019 abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung (Anlage K1) mit Schreiben vom 30.07.2019 (Anlage K2) angenommen.
9b) Die von dem Beklagten erklärten Anfechtungen seiner Unterlassungserklärung sind wirkungslos. Es fehlt jeweils an einem Anfechtungsgrund.
10aa) Dies gilt zunächst für die von dem Beklagten mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.11.2019 (Anlage B1) erklärte Anfechtung wegen einer „Täuschung über die Aktivlegitimation des Klägers“. Als Grundlage für diese Anfechtung kommt allein die durch § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB eröffnete Möglichkeit in Betracht, eine auf einer arglistigen Täuschung beruhende Willenserklärung anzufechten. Voraussetzung für eine Anfechtung ist eine Täuschung über Tatsachen (Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. [2020], § 123 Rdnrn. 2 ff.). Der Beklagte sieht eine arglistige Täuschung in den Ausführungen des Klägers zu seiner Abmahnbefugnis bzw. Aktivlegitimation in seiner Abmahnung vom 16.07.2019 (Anlage B2). Diese Ausführungen bestehen allerdings im Wesentlichen aus der Äußerung von Rechtsauffassungen. Die einzige annähernd konkrete Tatsachenbehauptung ist die Angabe, dem Kläger gehörten „38 Reinigungs- und Hygieneartikelhändler“ sowie „Schnäppchen-Märkte“ und „Restposten-Portale“ an. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat indes keinerlei Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit dieser Behauptung sprechen, vorgetragen.
11bb) Eines Anfechtungsgrundes entbehrt ebenfalls die von dem Beklagten in seiner Berufungsbegründungsschrift unter Bezugnahme auf § 119 Abs. 2 BGB erklärte Anfechtung wegen eines Irrtums über die Abmahnbefugnis bzw. Aktivlegitimation des Klägers. Da es sich bei der Abmahnbefugnis bzw. Aktivlegitimation nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nicht um eine feststehende Eigenschaft eines Verbandes handelt, sondern die Abmahnbefugnis bzw. Aktivlegitimation in jedem Einzelfall anhand komplexer tatsächlicher und rechtlicher Kriterien geprüft werden muss, kommt als „verkehrswesentliche Eigenschaft“ des Verbandes im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB allenfalls die insoweit herangezogene Tatsachengrundlage – hier also allenfalls die oben bereits wiedergegebenen Angaben des Klägers zu Mitgliedern aus dem Bereich der „Reinigungs- und Hygieneartikelhändler“, „Schnäppchen-Märkte“ und „Restposten-Portale“ – in Betracht. Dass diese Angaben unrichtig waren, ist indes – wie bereits ausgeführt – nicht ersichtlich.
122. Der Beklagte hat der von ihm vertraglich übernommenen Unterlassungsverpflichtung zuwidergehandelt.
13a) Der Beklagte hat das Vorbringen des Klägers zu den Warenpräsentationen aus seinem, des Beklagten, Sortiment auf der Internet-Preisvergleichsplattform „H“ am 12.08.2019 nicht in beachtlicher Weise bestritten. Nachdem sich aus der Berufungsbegründung des Beklagten ergibt, dass Warenpräsentationen auf der genannten Plattform grundsätzlich auf einer Datenübermittlung von ihm, dem Beklagten, an den Plattformbetreiber beruhen, erweist sich das erstinstanzliche Bestreiten des klägerischen Vorbringens endgültig als substanzlos und inhaltsleer.
14b) Bei den beiden streitgegenständlichen Warenpräsentationen des Beklagten auf der vorbezeichneten Internetplattform handelte es sich zumindest um „Preiswerbung“ im Sinne der vertraglich übernommenen Unterlassungsverpflichtung. Eine Grundpreisangabe fehlte in beiden Fällen.
153. Das für die Verwirkung einer Vertragsstrafe erforderliche Verschulden auf Seiten des Beklagten liegt ebenfalls vor. Der – insoweit darlegungs- und beweisbelastete (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 339 Rdnr. 15) – Beklagte hat nicht darlegen können, dass die Zuwiderhandlungen nicht auf einem schuldhaften Verhalten beruhten. Die vom Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragenen und vom Kläger bestrittenen Behauptungen zu seinen, des Beklagten, Bemühungen, der vertraglich übernommenen Unterlassungsverpflichtung auch im Hinblick auf die Internetplattform „H“ nachzukommen, sind als neues Verteidigungsvorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen.
164. Die von dem Kläger vorgenommene Bestimmung der Höhe der Vertragsstrafe entspricht indes nicht der Billigkeit und ist daher für den Beklagten nicht verbindlich (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Festsetzung einer Vertragsstrafe von 5.000,00 € ist unangemessen hoch und überschreitet die Grenzen des dem Kläger im vorliegenden Falle zustehenden Ermessens. Bei den beiden streitgegenständlichen Produkten handelte es sich um äußerst niedrigpreisige Produkte. Jedenfalls bei dem Produkt „D“ handelte es sich zudem um ein für das allgemeine Publikum uninteressantes Nischenprodukt. Schließlich erfolgten die beiden hier streitgegenständlichen Warenpräsentationen nur wenige Tage nach dem Zustandekommen der vertraglichen Unterlassungsvereinbarung. Der Senat setzt die Höhe der Vertragsstrafe vor diesem Hintergrund auf lediglich 2.000,00 € fest.
17II. Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1 BGB.
18C.
19Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
20Anlass für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) besteht nicht.