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1.
Von einem Ehehindernis nach § 1306 BGB ist bereits dann auszugehen, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass der beabsichtigten Eheschließung noch eine bestehende Ehe mit einer anderen Person entgegensteht.
2.
Auch eine nach nigerianischem Stammesrecht geschlossene Ehe zwischen einem deutschen Staatsangehörigen und einer nigerianischen Staatsangehörigen kann als wirksam anzusehen sein und daher ein Ehehindernis im Sinne von § 1306 BGB darstellen, falls dem nigerianischen Staatsangehörigen durch die Nichtanerkennung substanzielles Unrecht geschehen würde.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Am 00.11.2017 beabsichtigten die Beteiligten zu 1) und 2), die beide deutsche Staatsangehörige sind, ihre Eheschließung beim Standesamt E (Beteiligte zu 3) anzumelden. Im Rahmen der Belehrung durch die Standesbeamtin erklärte der Beteiligte zu 1), dass er vor Jahren in Nigeria geheiratet habe, er diese Heirat aufgrund rechtlicher Beratung durch einen Anwalt aber für ungültig halte.
4Die Standesbeamtin hatte daraufhin die Anmeldung zur Eheschließung abgelehnt.
5Die Bemühungen des Standesamts, den Sachverhalt um die Heirat des Beteiligten zu 1) aufzuklären, scheiterten an dessen unzureichender Mitwirkung. Der Beteiligte zu 1) erklärte gegenüber dem Standesamt zunächst, er habe im Jahre 2004 vor einem Bezirksstandesamt in Lagos geheiratet, verfüge aber über keinerlei Unterlagen. Gegenüber der Standesbeamtin erklärte er zunächst auch, er habe an die Frau bzw. deren Familie Geld überwiesen, damit die Scheidung erfolgen könne. Auch dazu habe er keine Unterlagen. Im weiteren Verlauf behauptete der Beteiligte zu 1) dann, er habe die nigerianische Staatsangehörige, von der er nur den Vornamen B in Erinnerung habe, im Rahmen einer Stammeshochzeit geheiratet. Als einziges Dokument hat er einen Einlieferungsschein über einen am 01.07.2004 von einer Frau B F (sic) aus Nigeria an ihn versandten Brief vorlegen können.
6Die Bemühungen des Standesamtes über die Deutsche Botschaft eine Klärung herbeizuführen, scheiterten an den fehlenden bzw. zu vagen Angaben des Beteiligten zu 1) zu Ort und Zeit der Eheschließung und zum vorehelichen Familiennamen der Frau B F.
7Der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) richtete eine Anfrage an die Deutsche Botschaft in Lagos / Nigeria, ob von dort Urkunden über die Heirat oder Scheidung seines Mandanten beschafft werden könnten. Die Deutsche Botschaft verwies in ihrer Antwort auf eine Liste nigerianischer Anwälte, die insoweit behilflich sein könnten.
8Über den Beteiligten zu 4) hat das Standesamt mit Schreiben vom 31.03.2020 dem Amtsgericht im Wege der Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG die Frage vorgelegt, ob es entgegen seiner Rechtsauffassung zur Beurkundung der Anmeldung der Eheschließung verpflichtet sei.
9Mit Beschluss vom 17.12.2020 hat das Amtsgericht, das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) abzulehnen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 21.01.2021, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 1.04.2021 nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
10Mit Verfügung des Senats vom 15.04.2021 ist der Beteiligte zu 1) aufgefordert worden, seinen Vortrag zur Heirat in Nigeria und deren nähere Umstände klar zu stellen und zu substantiieren. Er ist weiter aufgefordert worden, die von ihm behauptete Anforderung einer Negativbescheinigung des Heiratsregisteramtes X/Lagos vorzulegen. Der Beteiligte zu 1) hat daraufhin den Ablauf seiner Reise nach Nigeria, in deren Verlauf es zur Heirat mit Frau B F gekommen war, geschildert. Anstelle der vom Senat geforderten Anfrage beim Heiratsregisteramt legte der Beteiligte zu 1) seine fruchtlos verlaufene Korrespondenz mit einem nigerianischen Anwalt vor, die er erst während des laufenden Beschwerdeverfahrens aufgenommen hat (Schreiben vom 14.02.2021 und 18.05.2021).
11Mit Verfügung vom 8.06.2021 wiederholte der Senat seine Aufforderung, eine Negativbescheinigung des Heiratsregisteramtes X/Lagos vorzulegen. Daraufhin wandte sich der Beteiligte zu 1) an die nigerianischen Behörden mit der Anfrage, ob dort eine traditionelle Heirat von ihm mit einer Frau B F aus dem Jahr 2004 dokumentiert sei. Das Heiratsregisteramt teilte dem Beteiligten zu 1) daraufhin mit, dass traditionelle Hochzeiten dort nicht registriert werden.
12Mit Verfügung vom 29.07.2021 machte der Senat noch einmal deutlich, dass es um die Vorlage einer Negativbescheinigung über eine vor einem nigerianischen Standesamt geschlossene Ehe gehe. Der Beteiligte zu 1) hat diese weder in der gesetzten Frist noch bis zur Entscheidung des Senats vorgelegt.
13II.
14Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist in der Sache nicht begründet.
15Das Amtsgericht hat im Rahmen der Zweifelsvorlage zutreffend festgestellt, dass das Standesamt nicht verpflichtet ist, eine erneute Anmeldung der Eheschließung zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) entgegen zu nehmen. Das Standesamt ist bei seiner Prüfung im Rahmen der Anmeldung vom 23.11.2017 zu dem zutreffenden Ergebnis gekommen, dass bei dem Beteiligten zu 1) ein Ehehindernis (§ 1306 BGB) besteht. Dem Beteiligten zu 1) ist es weder vor dem Amtsgericht noch vor dem Beschwerdesenat gelungen, die begründeten Zweifel am Bestehen einer Doppelehe auszuräumen.
16Nach § 1306 BGB darf eine Ehe nicht geschlossen werden, wenn zwischen einer der Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person eine Ehe besteht.
17Von einem Ehehindernis nach § 1306 BGB ist bereits dann auszugehen, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass der beabsichtigten Eheschließung das Ehehindernis einer noch bestehenden Ehe mit einer anderen Frau entgegensteht.
18Der Beteiligte zu 1) hat im vorliegenden Verfahren selbst angegeben, dass er im Jahr 2004 in Nigeria eine nigerianische Staatsangehörige geheiratet hat. Dabei hat er zunächst von einer Heirat vor einem Bezirksstandesamt in Lagos gesprochen. Erst im Laufe des Verfahrens hat er seinen Vortrag dahingehend abgeändert, dass es sich nur um eine sog. Traditionelle Heirat gehandelt haben soll, der nach seiner Auffassung keine Rechtswirkungen zukommen sollen. Diese letzte Angabe steht aber im Widerspruch zu seinen Ausführungen im standesamtlichen Verfahren, dass er sich bei der Familie seiner nigerianischen Ehefrau um eine Scheidung bemüht und Geld überwiesen habe. Auch die Tatsache, dass seine Ehefrau bei der Einlieferung einer Postsendung in Nigeria am 01.07.2004 ihren Namen mit B F angegeben hat, spricht deutlich dafür, dass der Beteiligte zu 1) mit der nigerianischen Staatsangehörigen B eine formelle Ehe (statutory marriage) eingegangen ist. Die dadurch begründeten Zweifel hat der Beteiligte zu 1) nicht ansatzweise ausgeräumt. Die vom Senat angeforderte Bescheinigung über das Nichtvorliegen einer formellen Ehe hat der Beteiligte zu 1) weder innerhalb der gesetzten Fristen noch bis zum Tag der Entscheidung vorgelegt.
19Angesichts der widersprüchlichen und sehr lückenhaften Angaben des Beteiligten zu 1) bestehen für den Senat auch keine Ansatzpunkte für amtswegige Ermittlungen, durch die das Nichtbestehen einer Ehe nachgewiesen werden könnte. Der Beteiligte zu 1) kann weder den genauen Ort noch das genaue Datum seiner Hochzeit angeben. Der Beteiligte zu 1) kann darüber hinaus nicht einmal angeben, welchen Namen seine Ehefrau vor der Eheschließung geführt hat.
20Abschließend sei der Beteiligte zu 1) darauf hingewiesen, dass selbst eine nur traditionell zwischen ihm und der nigerianischen Staatsangehörigen B geschlossene Ehe (customary marriage) ein Ehehindernis darstellen kann. Auch eine solche Ehe kann als wirksam anzusehen sein, wenn einem der beiden Ehepartner durch die Nichtanerkennung substantielles Unrecht zugefügt würde (OLG München StAZ 1993, 151). Feststellungen dazu, ob der nigerianischen Staatsangehörigen B durch die Nichtanerkennung der Ehe mit dem Beteiligten zu 1) substantielles Unrecht zugefügt wird oder nicht, kann der Senat aber nicht treffen. Der aktuelle Name und die aktuelle Adresse sind unbekannt. Da dem Beteiligten zu 1) nur der Vorname seiner Ehefrau bekannt ist, versprechen Nachforschungen keinen Erfolg.
21Nach alledem kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beteiligte zu 1) mit der beabsichtigten Eheschließung mit der Beteiligten zu 2) eine unzulässige Doppelehe eingehen würde.
22Die Kostenentscheidung bezüglich der Gerichtskosten folgt aus § 84 FamFG. Die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der weiteren Beteiligten entspricht nicht billigem Ermessen.
23Die Wertfestsetzung beruht auf den § 36 Abs. 1 und Abs. 3 in Verbindung mit § 61 GNotKG.
24Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 FamFG), sind nicht gegeben.