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Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der am 22.4.2022 erlassene Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Marl wie folgt abgeändert und neu gefasst:
Das am 7.10.1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Gelsenkirchen-Buer (Az.: 18 F 155/99) wird hinsichtlich der Ziffer II. seines Tenors dahingehend abgeändert, dass festgestellt wird, dass ein Versorgungsausgleich mit Wirkung ab dem 1.12.2019 nicht mehr stattfindet.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 2.000,00 € festgesetzt.
Gründe
2I.
3Die 00.00.0000 geborene Antragstellerin ist die Witwe des am 0.0.0000 verstorbenen M. I. (im Folgenden: Ehemann), der mit der am 0.0.0000 vorverstorbenen T. I. (im Folgenden: Ehefrau) in erster Ehe verheiratet war. Die am 28.10.1993 geschlossene Ehe der verstorbenen Ehepartner ist durch am 7.10.1999 verkündetes Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Gelsenkirchen-Buer (Az.: 18 F 115/99) rechtskräftig geschieden worden. In Ziffer II. seines Tenors hat das Familiengericht bei der Bahnversicherungsanstalt (heute: Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See) erworbene Rentenanwartschaften des Ehemannes in Höhe von 298,40 DM monatlich im Wege des Splittings auf das Rentenversicherungskonto der Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Westfalen (heute: Deutsche Rentenversicherung Westfalen) bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.3.1999 übertragen. Dem lagen in der Ehezeit erworbene gesetzliche Rentenanwartschaften des Ehemannes in Höhe von 875,17 DM und der Ehefrau in Höhe von 278,38 DM zugrunde. Außerdem hat das Familiengericht im Wege des Supersplittings zulasten des Ehemannes bei der Bahnversicherungsanstalt weitere Rentenanwartschaften der Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Westfalen in Höhe von 23,64 DM monatlich bezogen auf das Ende der Ehezeit begründet. Dem lag eine Anwartschaft des Ehemannes auf eine Betriebsrente auf eine Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes in Höhe von 318,19 DM monatlich bzw. 3.818,28 DM jährlich zugrunde, welche das Familiengericht mit dem Barwertfaktor von 2,8 (bei einem Alter des Ehemannes von seinerzeit 44 Jahren), einem Umrechnungsfaktor in Entgeltpunkte von 0,0000928019 und einem Rentenwertfaktor von 47,65 DM auf einen Wert von 47,27 DM dynamisiert und anschließend hälftig geteilt hatte.
4Die Antragstellerin erhält ab dem 1.9.2019 eine Witwenrente von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in Höhe von 463,38 € brutto (413,81 € netto), sowie eine Betriebsrente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ihres verstorbenen Mannes in Höhe von 199,10 € brutto (162,57 € netto). Der in der Betriebsrente enthaltene Kürzungsbetrag aufgrund des Versorgungsausgleichs unter den geschiedenen Ehegatten beträgt – nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 18.9.2019 - monatlich 44,74 €. Das entspricht 55% des Gesamtkürzungsbetrages der Anwartschaft von 81,35 €.
5Auf ihren Antrag auf Abänderung des Versorgungsausgleichs vom 25.11.2019 hat das Familiengericht neue Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt. Nach der aktualisierten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 5.5.2020 hat der verstorbene Ehemann der Antragstellerin in der Ehezeit vom 1.10.1983 bis zum 31.3.1999 Rentenanwartschaften in der allgemeinen Rentenversicherung in Höhe von 18,4132 Entgeltpunkten, bzw. – umgerechnet - 877,39 DM erlangt. Der Versorgungsträger hat vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 9,2066 Entgeltpunkten, bzw. – umgerechnet – 438,69 DM (= 224,30 €) zu bemessen. Der korrespondierende Kapitalwert beträgt 50.723,77 €. Der aktualisierte ehezeitbezogene Ehezeitanteil der vorverstorbenen Ehefrau in der allgemeinen Rentenversicherung beträgt nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Westfalen vom 15.12.2020 insgesamt 6,9178 Entgeltpunkte, bzw. – umgerechnet – 329,63 DM unter Berücksichtigung der Neubewertung der Kindererziehungszeiten. Ein Grundrentenzuschlag ist mangels Erfüllung der Grundrentenzeiten nicht angefallen. Der Versorgungsträger hat vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 3,4589 Entgeltpunkten, bzw. – umgerechnet – 164,82 DM (= 84,27 €) zu bemessen. Der korrespondierende Kapitalwert beträgt 19.056,81 €. Der aktualisierte Ehezeitanteil aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes des verstorbenen Ehemannes beträgt – nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 21.7.2020 40,19 Versorgungspunkte, bzw. – umgerechnet – 160,77 €, der nach dem Vorschlag des Versorgungsträgers der internen Teilung unterliegt. Der vorgeschlagene Ausgleichswert beträgt 17,64 Versorgungspunkte, bzw. – umgerechnet – 70,56 € unter Berücksichtigung der fiktiver Teilungskosten in Höhe von 250 €.
6Die Antragstellerin hat die Ansicht vertreten, hinsichtlich der Anwartschaft des verstorbenen Ehemannes aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes sei eine wesentliche Wertänderung i. S. d. § 51 III VersAusglG eingetreten. Da die ausgleichsberechtigte geschiedene Ehefrau ihres verstorbenen Ehemannes vorverstorben sei und keine Hinterbliebenen vorhanden seien, führe die Abänderung der Ausgangsentscheidung vom 7.10.1999 dazu, dass der Versorgungsausgleich vollständig entfalle.
7Sie hat beantragt,
89Die Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht – Gelsenkirchen-Buer vom 7.10.1999 abzuändern und festzustellen, dass der Versorgungsausgleich mit Wirkung dem 1.12.2019 nicht stattfindet.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht den Antrag auf Abänderung des Versorgungsausgleichs zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Wesentlichkeitsgrenze des § 51 III VersAusglG für eine Abänderung der Anwartschaft des Ehemannes aus der Rentenzusatzversicherung sei nicht erreicht. Dem Ehezeitanteil der ausgeglichenen Rentenanwartschaft i. H. v. 318,19 DM, bzw. 162,69 € stünde ein aktualisierte Ehezeitanteil i. H. v. 160,77 € gegenüber. Die geringfügige Differenz der sich daraus ergebenden Ausgleichsbeträge i. H. v. 0,96 € (81,35 € - 80,39 €) habe jedoch nichts mit der Dynamisierung der Ausgangsentscheidung zu tun. Die Reduzierung des Anrechts beruhe auf der Umstellung der öffentlich-rechtlichen Zusatzversorgung auf Versorgungspunkte. Die Abänderung richte sich daher nicht nach § 51 III VersAusglG, sondern nach § 51 I, II VersAusglG. Die darin enthaltene Wesentlichkeitsgrenze sei weder hinsichtlich der gesetzlichen Rentenanwartschaften, noch hinsichtlich der Zusatzversorgung des Ehemannes überschritten. Auch der fiktive Gesamtsaldo aller Versorgungsanwartschaften i. H. v. überschreite die Wesentlichkeitsgrenze nicht.
10Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren erstinstanzlich gestellten Antrag weiterverfolgt. Sie vertritt die Ansicht, die Wesentlichkeitsgrenze des § 51 III VersAusglG sei im Hinblick auf das Anrecht des Ehemannes aus der Zusatzversorgung erreicht. Der seinerzeit dynamisierte Ehezeitanteil von 47,27 DM betrüge nach Aktualisierung mit der Formel „dynamisierter Ehezeitanteil / aktueller Rentenwert zum Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung x aktueller Rentenwert zum Zeitpunkt der Abänderung“ 32,79 €. Die Differenz zwischen der der Ausgangsentscheidung zugrunde gelegten ehezeitlichen Monatsrente von 318,19 DM, bzw. 162,69 € und dem aktualisierten dynamisierten Anteil der Zusatzrente von 32,79 € betrüge 129,90 € und überschreite die in § 51 III VersAusglG bestimmte Wesentlichkeitsgrenze. Eines zusätzlichen Abänderungsgrundes nach § 51 I, II VersAusglG bedürfe es insoweit nicht. Für die Zugunstenprüfung gem. § 225 IV FamFG komme es nicht darauf an, wieviel der verstorbene Ehemann seinerzeit von seiner betrieblichen Zusatzrente habe abgeben müssen, sondern darauf, welchen Betrag seiner Rente er dadurch eingebüßt habe. Nach der Ausgangsentscheidung habe er 298,40 DM zuzüglich 159,10 DM (1/2 von 318,19 DM), mithin insgesamt 457,50 DM abgeben müssen. Nach der Neuberechnung der Anwartschaften ergäbe sich eine Einbuße von lediglich 431,09 DM (273,88 DM Differenz der gesetzlichen Rentenanwartschaften + 157,21 DM aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ohne Abzug der Teilungskosten).
11Der Senat hat die Beteiligten durch am 21.12.2022 erlassenen Beschluss auf den Inhalt der beabsichtigten Entscheidung sowie darauf hingewiesen, dass im schriftlichen Verfahren entschieden werden soll. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See hat mit Schriftsatz vom 27.12.2022 darauf hingewiesen, dass der in der Betriebsrente der Antragstellerin enthaltene Kürzungsbetrag aufgrund des Versorgungsausgleichs monatlich 44,74 € (nicht: 44,47 €) beträgt. Weitere Stellungnahmen hierzu sind nicht erfolgt.
12II.
13Die gem. § 58 I FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abänderung des am 7.10.1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Gelsenkirchen-Buer (Az.: 18 F 155/99) hinsichtlich der Ziffer II. seines Tenors dahingehend abgeändert, dass dass ein Versorgungsausgleich mit Wirkung ab dem 1.12.2019 nicht mehr stattfindet
141) Die Antragstellerin ist als Hinterbliebene des am abzuändernden Versorgungsausgleich beteiligten Ehemannes gem. den §§ 52 I VersAusglG, 226 I FamFG antragsberechtigt.
152) Die gem. den §§ 51 I VersAusglG, 226 II FamFG erforderliche Rentennähe ist gegeben, da sie seit dem 1.9.2019 eine Vollrente wegen Alters bezieht.
163) Schließlich ist es im Hinblick auf die Zusatzversorgung des Ehemannes aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See auch zu einer wesentlichen Wertänderung i. S. d. §§ 51 III VersAusglG gekommen.
17a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob auch hinsichtlich der Anrechte der geschiedenen Eheleute aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Deutschen Rentenversicherung Westfalen zu eine wesentlichen Wertänderung i. S. d. §§ 51 II VersAusglG, 225 II, III FamFG stattgefunden hat, denn für die Abänderung nach § 51 I VersAusglG genügt es, wenn nur hinsichtlich eines der in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechte eine wesentliche Wertänderung eingetreten ist, wobei dann auch unerheblich ist, ob die Wertänderung durch die Wertänderung des Anrechts des anderen Ehegatten ausgeglichen wird (vgl. Erman-Norpoth/Sasse, BGB, 16. Aufl., VersAusglG, § 51 Rn. 8 m. w. N.).
18b) Nach § 51 III VersAusglG findet eine Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich statt, wenn sich bei Anrechten der berufsständischen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorge der vor der Umrechnung ermittelte Wert des Ehezeitanteils wesentlich von dem dynamisierten und aktualisierten Wert unterscheidet. Wesentlich ist der Wertunterschied, wenn er mindestens 2% der zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 I SGB IV beträgt.
19aa) Nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 21.7.2020 handelte es sich bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes des verstorbenen Ehemannes um eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente, die in der Ausgangsentscheidung zum Versorgungsausgleich auf der Grundlage des alten Rechts dynamisiert worden ist. Für Rentenanwartschaften dieser Art gelten die Abänderungsvoraussetzungen des § 51 III VersAusglG (vgl. Erman-Norpoth/Sasse, BGB, 16. Aufl., VersAusglG, § 51 Rn. 11 m. w. N.). Darauf, ob eine Reduzierung des Anrechts auch durch die Umstellung der Zusatzversorgung auf Versorgungspunkte erfolgt ist, kommt es insoweit nicht an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die von § 51 III VersAusglG eröffnete Revisionsmöglichkeit nicht an nachehezeitliche Änderungen anknüpft, sondern zur Voraussetzung hat, dass sich die beim Erstausgleich der Versorgung gehegte Wertentwicklungserwartung nicht realisiert hat. Es handelt sich daher nicht um ein die auszugleichende Versorgung betreffendes nachehezeitliches Ereignis, sondern um ein bereits in der Zeit der Erstentscheidung angelegtes Entwicklungsdefizit des zum Ausgleich der Versorgung begründeten Anrechts (vgl. Hauß, NJW 2013, 1761, 1763 f. m. w. N.). Von der Abänderung erfasst werden sollen daher nur diejenigen Wertverzerrungen, die durch die Dynamisierung, d. h. durch die Umwertung von nicht volldynamischen Anrechnungen mit der Barwertverordnung entstanden sind, aber rückwirkend betrachtet der realen Wertentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht entsprochen haben (vgl. BT-Drucks. 16/10144, S. 89; Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger-Viefhues, juris-PK, 10. Aufl., VersAusglG § 51 Rn. 30).
20bb) Der vor der Umrechnung ermittelte Wert des Ehezeitanteils der Betriebsrente des verstorbenen Ehemannes unterscheidet sich auch von dem dynamisierten aktuellen Wert. Für die Berechnung sind zwei Werte miteinander zu vergleichen, nämlich einerseits der zum Zeitpunkt der abzuändernden Entscheidung vom Versorgungsträger mitgeteilte Wert des Ehezeitanteils der auszugleichenden Versorgung und andererseits der Wert, der sich ergibt, wenn der damals mit der Barwertverordnung dynamisierte Wert des Ehezeitanteils durch den damaligen aktuellen Rentenwert dividiert und mit dem heutigen aktuellen Rentenwert multipliziert wird. Hierbei wird fingiert, dass sich der erstgenannte Wert nicht geändert hat. Dies ist gerechtfertigt, weil es allein um die Prüfung der Zulässigkeit der Abänderung nach § 51 I VersAusglG geht. Das Familienrecht muss daher keine neuen Auskünfte einholen um die Zulässigkeit des Antrages nach § 51 III VersAusglG zu prüfen (vgl. BT-Drucks., a. a. O.; OLG Saarbrücken, Beschluss v. 26.3.2010 – 6 WF 33/10 – FamRZ 2010, 1909, zit. nach juris, Rn. 7, 10; Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger-Viefhues, a. a. O., VersAusglG § 51 Rn. 32 ff.; Erman-Norpoth/Sasse, a. a. O., VersAusglG § 51 Rn. 11). In die Ausgangsentscheidung zum Versorgungsausgleich einbezogen wurden Anwartschaften des verstorbenen Ehemannes der Antragstellerin aus der betrieblichen Altersversorgung i. H. v. 318,19 DM, bzw. 162,69 €. Daraus ergab sich im Wege der Dynamisierung eine aktuelle Rentenanwartschaft von 47,27 DM, bzw. 24,17 € (= 318,19 DM x Barwertfaktor 2,8 x Umrechnungsfaktor in Entgeltpunkte von 0,0000928019 x aktueller Rentenwert bei Ehezeitende von 47,65 DM, bzw. 24,36 €). Daraus errechnet sich nach der Formel „dynamisierter Wert / aktueller Rentenwert bei Ehezeitende x aktueller Rentenwert zum Zeitpunkt der begehrten Abänderung“ ein aktualisierter Wert von 32,79 € (= 24,17 € / 24,36 € x 33,05 €). Die für die Prüfung der Zulässigkeit der Abänderung maßgebliche Wertdifferenz zwischen der seinerzeit ausgeglichenen ehezeitlichen Monatsrente von (318,19 DM =) 162,69 € und der aktualisierten dynamischen Rente von 32,79 € beträgt 129,90 € (Wertdifferenz).
21cc) Die Wertdifferenz ist auch wesentlich i. S. d. § 51 III VersAusglG, weil sie die Bagatellgrenze von 2% der der zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 I SGB IV überschreitet. Diese beträgt auf das Jahr 2019 bezogen 3.115,00 €. 2% davon entsprechen 62,30 €.
224) Die Überschreitung der nach § 51 III VersAusglG maßgeblichen Wertgrenze führt zu einer Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs insgesamt im Wege der sogenannten Totalrevision (vgl. BGH, Beschluss v. 5.6.2013 – XII ZB 635/12 – FamRZ 2013, 1287, zit. nach juris, Rn. 19; Erman-Norpoth/Sasse, a. a. O., § 51 VersAusglG, Rn. 4 m. w. N.). Dabei bewirkt die Regelung des § 31 I 2 VersAusglG, wonach Erben kein Recht auf Wertausgleich haben, dass im Falle des Vorversterbens des ausgleichsberechtigten Ehegatten der überlebende Ehegatte sein während der Ehezeit erworbenes Anrecht ungeteilt zurückerhält (vgl. BGH, Beschluss v. 5.6.2013 – XII ZB 635/12 – a. a. O., Rn. 22; Beschluss v. 16.5.2018 – XII ZB 466/16 – FamRZ 2018, 1238, zit. nach juris, Rn. 14). Ein Versorgungsausgleich findet daher nicht mehr statt (vgl. Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger-Viefhues, a. a. O., VersAusglG § 51 Rn. 55 m. w. N.). Diese Voraussetzung ist erfüllt, da die ausgleichsberechtigte geschiedene Ehefrau zeitlich vor dem Ehemann der Antragstellerin verstorben ist.
235) Dem steht nicht entgegen, dass sich die Abänderung in den Fällen, in denen – wie hier – der ausgleichsberechtigte Ehegatte vorverstorben ist und auf seiner Seite keine Hinterbliebenen vorhanden sind, gem. § 225 V FamFG zugunsten des ausgleichverpflichteten Ehegatten oder seiner Hinterbliebenen auswirken muss. Es darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein, dass sich die Abänderung zugunsten des vorverstorbenen Ehegatten auswirken könnte (vgl. BGH, Beschluss v. 5.2.2020 – XII ZB 147/18 – FamRZ 2020, 743, zit. nach juris, Rn. 20, 26; OLG Stuttgart, Beschluss v. 27.7.2021 – 16 UF 55/21 – zit. nach juris, Rn. 30, 32), wobei es auf die Gesamtbetrachtung des Ausgleichsergebnisses ankommt (vgl. BGH, Beschluss v. 17.11.2021 – XII ZB 375/21 – FamRZ 2022, 258, zit. nach juris, Rn. 15, 18; OLG Stuttgart, Beschluss v. 27.7.2021 – 16 UF 55/21 – a. a. O., Rn. 38). Denn in der Gesamtbetrachtung hätte sich die Abänderung für den ausgleichsverpflichten Ehemann und die Antragstellerin als seine Hinterbliebene ausschließlich vorteilhaft ausgewirkt.
24Nach dem Inhalt der abzuändernden Ausgangsentscheidung vom 7.10.1999 hätte der verstorbene Ehemann der Antragstellerin von seinen Rentenanwartschaften insgesamt 233,91 € zugunsten seiner vorverstorbenen Ehefrau abgeben müssen (298,40 DM aus der Differenz der gesetzlichen Rentenanwartschaften + 159,10 DM vor Dynamisierung von seiner ehezeitlich erworbenen betrieblichen Anwartschaft aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes = 457,50 DM, bzw. 233,91 €). Nach Saldierung der Ausgleichswerte der gesetzlichen Rentenanwartschaften der geschiedenen Eheleute auf der Grundlage der aktualisierten Auskünfte der Versorgungsträger vom 5.5.2020, 21.7.2020 vom 15.12.2020 hätte der Ehemann an die geschiedene Ehefrau Anwartschaften in Höhe von 140,03 € (438,69 DM Anwartschaften des Ehemannes – 164,82 DM Anwartschaften der Ehefrau = 273,87 DM, bzw. 140,03 €), sowie weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 80,39 € (= 160,77 € x ½ ) aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, insgesamt mithin 220,42 € an seine geschiedene Ehefrau abgeben müssen. Die Abänderung der Ausgangsentscheidung hätte sich daher für ihn im Falle seines Überlebens in Höhe der Differenz der berechneten Ausgleichswerte aus den Gesamtsaldierungen von 13,50 € (= 233,91 € - 220,42 €) vorteilhaft ausgewirkt, mit der Folge, dass die im Falle einer Abänderung zu erfolgende Totalrevision wegen des Vorversterbens seiner geschiedenen Ehefrau zu einem Wegfall des Versorgungsausgleichs zu seinen Gunsten geführt hätte.
25Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die die Abänderung begehrende Antragstellerin – als Hinterbliebene - von dem ihrem verstorbenen Ehemann zustehenden Vorteil infolge des Wegfalls des Versorgungsausgleichs ausgeschlossen wäre. Die Antragstellerin profitiert von den Rentenanwartschaften ihres verstorbenen Ehemannes durch den Erhalt der Witwenrente. Ihre Witwenrente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ist nach Auskunft des Versorgungsträgers vom 18.9.2019 infolge des Kürzungsbetrages aus dem Versorgungsausgleich um 44,74 € monatlich gekürzt. Dieser Kürzungsbetrag würde entfallen, wenn der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt würde. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser sich für sie ergebende Vorteil durch Nachteile aus der Aktualisierung des Ausgleichs der gesetzlichen Rentenanwartschaften der verstorbenen Eheleute kompensiert werden könnte. Zwar ist der Ausgleichswert der Rentenanwartschaften ihres verstorbenen Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung von 437,59 DM im Jahr der Ausgangsentscheidung bis zur Einreichung des Abänderungsantrags auf 438,70 DM um insgesamt 1,11 DM gestiegen. Gleichzeitig ist jedoch auch der Ausgleichswert der gesetzlichen Rentenanwartschaften der geschiedenen Ehefrau von 139,19 DM auf 164,82 DM um 25,63 DM - und damit überproportional - gestiegen. Dieser Umstand hätte sich nach Saldierung der Anwartschaften ausschließlich vorteilhaft auf die Altersrente des Ehemannes ausgewirkt. Er kann daher auch keine nachteiligen Folgen für die Witwenrente der Antragstellerin haben, die – jedenfalls teilweise - auf der Altersrente ihres verstorbenen Ehemannes aufgebaut ist.
266) Die Abänderung wirkt gem. den §§ 52 I VersAusglG, § 226 IV FamFG auf den ersten Tag des auf die Antragstellung am 25.11.2019 folgenden Monats, weswegen antragsgemäß auszusprechen war, dass der Versorgungsausgleich ab dem 01.12.2019 nicht mehr stattfindet.
27III.
28Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 I FamGKG, die Bestimmung des Verfahrenswerts auf den §§ 40 Abs. I 1, 50 I 1 FamGKG.
29IV.
30Der Senat hat entsprechend seiner Ankündigung im schriftlichen Verfahren entschieden, da von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind, § 68 III 2 FamFG.