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Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 28.12.2022 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bad Berleburg vom 20.12.2022 teilweise abgeändert.
Im Tenor zu 2 wird der vierte Absatz geändert und wie folgt gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin in der allgemeinen Rentenversicherung (Zuschlag an Entgeltpunkten – EP für langjährige Versicherung) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. N01) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 0,2985 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto N02 bei der W., bezogen auf den 28.02.2021, übertragen.
Im Übrigen, also hinsichtlich der Absätze 1, 2 und 3 des Tenors zu 2., verbleibt es bei dem amtsgerichtlichen Ausspruch zum Versorgungsausgleich, allerdings mit der Maßgabe, dass die Versicherungsnummer des Kontos der Antragsgegnerin in den Absätzen 1 und 3 jeweils lautet: N01 (statt N03).
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.200,- € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Eheleute schlossen am 06.06.1997 die Ehe. Die Zustellung des Scheidungsantrages ist im März 2021 erfolgt.
4Die Antragsgegnerin hat Anrechte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund erworben.
5Unter dem 14.02.2022 teilte der Versorgungsträger mit, dass neben einem Anrecht in der allgemeinen Rentenversicherung in Höhe von 14,2869 Entgeltpunkten (Ausgleichswert: 7,1435 Entgeltpunkte) ein weiteres Anrecht hinsichtlich eines Zuschlages an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung in Höhe von 0,5969 Entgeltpunkten erworben sei (GA 54). Der Versorgungsträger schlug insoweit einen Ausgleichswert von 0,2985 Entgeltpunkten vor.
6Der Antragsteller wiederum hat in der Ehezeit – neben einem Anrecht bei der Kommunalen Versorgungskasse Westfalen-Lippe – ein Anrecht in der W. von 29,8167 Entgeltpunkten (Ausgleichswert: 14,9084 Entgeltpunkte) erworben. Insgesamt, also ohne Beschränkung auf die Ehezeit, betrug das Anrecht im Zeitpunkt der Erteilung der Auskunft vom 12.07.2021 41,5925 Entgeltpunkte (GA 36).
7Das Amtsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich sämtlicher Anrechte der Beteiligten bei der Deutschen Rentenversicherung die interne Teilung angeordnet. Dabei hat es im Tenor aber hinsichtlich des Anrechts auf einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung die Übertragung eines Anrechts in Höhe von 0,2985 Entgeltpunkten (Ost) angeordnet.
8Dagegen wendet sich die Deutsche Rentenversicherung Bund als Versorgungsträger mit der Beschwerde. Es seien abweichend von der amtsgerichtlichen Entscheidung 0,2985 Entgeltpunkte (Grundrentenzeiten West) zu übertragen (GA 160).
9Der Senat hat durch Beschluss vom 06.03.2023 (GA 224 ff.) darauf hingewiesen, dass auf die Beschwerde hin eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses beabsichtigt sei. Eine Stellungnahme ist daraufhin, abgesehen von dem Hinweis auf eine zu ändernde Versicherungsnummer, nicht eingegangen.
10II.
111.
12Auf die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund ist der Ausspruch des Amtsgerichts hinsichtlich der Übertragung eines Anrechts zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin in der allgemeinen Rentenversicherung (Zuschlag an Entgeltpunkten – EP für langjährige Versicherung) zu korrigieren.
13Die Anordnung der Übertragung von Entgeltpunkten Ost weicht von der seitens des Versorgungsträgers erteilten Auskunft vom 12.07.2021 ab und beruhte ersichtlich auf einem Versehen des Amtsgerichts.
14Auch hinsichtlich des tatsächlich bestehenden Anrechts der Antragsgegnerin in der allgemeinen Rentenversicherung (Zuschlag an Entgeltpunkten – EP für langjährige Versicherung) liegen die Voraussetzungen für eine Übertragung vor.
15a)
16Bei Grundrentenanwartschaften handelt es sich um ein nach § 2 VersAusglG auszugleichendes Anrecht (OLG Hamm, Beschluss vom 12.10.2022 – 13 UF 78/22, FamRZ 2023, 124 m.w.N.).
17b)
18Darauf, dass es sich nach Maßgabe von § 18 Abs. 2 VersAusglG um ein isoliert betrachtet geringfügiges Anrecht handelt, kommt es hier nicht an, weil es ohnehin zu einem Ausgleich der wechselseitigen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung kommt. Bei einem Zusammentreffen von auszugleichenden und geringfügigen Entgeltpunkten ist § 18 VersAusglG nicht anzuwenden (BGH, Beschluss vom 30.11.2011 – XII ZB 344/10, FamRZ 2012,192). Dies gilt auch für geringfügige Grundrentenentgeltpunkte (OLG Bamberg, Beschluss vom 02.11.2022 – 2 UF 136/22, FamRZ 2023, 125; OLG Koblenz, Beschluss vom 04.03.2022 – 7 UF 46/22, FamRZ 2022, 1766). Zwar ist womöglich der Verwaltungsaufwand für die gesetzliche Rentenversicherung größer, weil für die Auszahlung des Zuschlags eine Bedürftigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Insoweit ist aber ein automatisierter Abruf vom Finanzamt nach § 151b SGB VI geregelt worden, was den Verwaltungsaufwand wieder verringert.
19c)
20Ein Ausgleich scheitert schließlich auch nicht an § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG.
21Zwar kann ein Ausgleich als unwirtschaftlich im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sein, wenn feststeht oder sicher prognostiziert werden kann, dass der Ausgleichsberechtigte wegen der nach § 97a SGB VI vorzunehmenden Einkommensanrechnung aus den übertragenen Grundrenten-Entgeltpunkten keine Rentenzahlungen erhalten würde (vgl. z.B. OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2022 – 9 UF 87/22, juris).
22Eben dies kann hier aber nicht festgestellt werden.
23Wie dargelegt hat der inzwischen 55-jährige Antragsteller insgesamt in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anrecht in Höhe von 41,5925 Entgeltpunkten erworben (GA 36). Da er als Ausgleichswert 14,9084 Entgeltpunkte an die Antragsgegnerin zu übertragen hat, umgekehrt von dieser 7,1435 Entgeltpunkte übertragen bekommt, ergibt sich ein Wert von 33,8276 Entgeltpunkten. Unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwerts von 36,02 € führt dies zu einem Rentenanspruch bezogen auf das Ehezeitende von 1.218,47 €. Damit ist die in § 97a Abs. 4 SGB VI normierte Grenze des 36,56-fachen des aktuellen Rentenwertes nicht erreicht. Ob und in welchem Umfang sie bei dem tatsächlichen Renteneintritt des Antragstellers überschritten sein wird, ist derzeit offen. Es mag wahrscheinlich sein, dass es zu einer gewissen Anrechnung kommen wird. Ob aber jegliche Leistungen des Antragstellers wegen der Anrechnung entfallen werden, kann derzeit nicht hinreichend sicher prognostiziert werden.
24Gegen den beabsichtigten Ausgleich, auf den der Senat mit Verfügung vom 26.01.2023 hingewiesen hat (GA 175 f.), hat im Übrigen auch keiner der Beteiligten Einwendungen erhoben.
252.
26Hinsichtlich der weiteren Anrechte bleibt der Ausspruch zum Versorgungsausgleich gegenüber der amtsgerichtlichen Entscheidung inhaltlich unverändert. Diese sind von dem beschränkten Rechtsmittel nicht betroffen.
27Insoweit war in den Absätzen 1 und 3 lediglich die Versicherungsnummer des Kontos der Antragsgegnerin zu berichtigen. Die fehlerhafte Bezeichnung ("N03" statt richtig "N01) durch das Amtsgericht stellt eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 42 Abs. 1 FamFG dar. Diese kann im Beschwerdeverfahren von Amts wegen berichtigt werden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 01.03.2018 – 10 UF 19/18, FamRZ 2018, 1515).
28III.
29Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 150 Abs. 1, 20 FamGKG, die Wertfestsetzung auf § 50 Abs. 1 FamGKG.
30Diese Entscheidung ist unanfechtbar.