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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) in der Fassung des Berichtungsbeschlusses vom 14.1.2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte als Betreiberin der Suchmaschine „H“ unter Berufung auf das sog. „Recht auf Vergessen“ auf Unterlassung der Anzeige von fünf Treffern (URLs) in Ergebnislisten in Anspruch, welche die Beklagte bei einer Suche nach dem Namen der Klägerin – ggf. in Verbindung mit weiteren Suchworten – dem Nutzer übermittelt.
4Die Klägerin war bis Oktober 2010 Geschäftsführerin der N Media GmbH, die – heute unter der Bezeichnung G GmbH – unter anderem das Online-Dating-Portal „G“ (www.G.de) betreibt. Die streitgegenständlichen Treffer auf der von der Beklagten erstellten Ergebnisliste leiten weiter zu Internetseiten, auf denen Handelsregistereinträge betreffend die N Media GmbH abgebildet bzw. Blogbeiträge enthalten sind, in denen über die frühere Position der Klägerin als Geschäftsführerin berichtet wird. So führen die in der Ergebnisliste aufgeführten Treffer http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html (vgl. Anlage K 4.4) und http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html (vgl. Anlage K 4.5) auf eine Unterseite der Website www.B.blogspot.com, auf der in Beiträgen vom 2.12.2010 und 9.4.2010 kritisch über das Online-Dating-Portal „G“ berichtet und die Klägerin als Geschäftsführerin namentlich genannt wird. Der Treffer http://B2.today/mm8WH (vgl. Anlage K 6.4) führt über eine dort vorhandene Verlinkung mit dem Namen der Klägerin, der sich an der linken Seite in einer alphabetisch geordneten Menüleiste findet, wiederum auf eine Unterseite der Website www.B.blogspot.com und zu dem oben erwähnten Beitrag vom 9.4.2010 (G-abzocke-und-kein-ende-in.html). Der Treffer http://B3.info/thread_6162p1 (vgl. Anl. K 4.3) führt über eine automatische Weiterleitung zu einem Austausch zwischen anonymen Internetnutzern („C“, „T“, „B4“), die in der Zeit vom 13.10.2010 bis zum 24.12.2010 über Erfahrungen mit dem Portal „G.de“ berichtet haben und u.a. das Impressum der N Media GmbH mit dem Name der Klägerin als Geschäftsführerin anzeigen. Der Treffer http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236 (vgl. Anlage K 6.3) führt schließlich zu einer Seite, auf welcher ein Handelsregisterauszug vom 21.2.2007 abgebildet ist, der die Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH ausweist.
5Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 205 ff. d.A.) Bezug genommen.
6Mit Urteil vom 18.11.2015 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch nach § 35 BDSG scheide aus, weil diese Regelung nur die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten regele, die Klägerin jedoch Unterlassung der Anzeige der fünf Treffer verlange. Ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG bzw. aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 BDSG stehe ihr ebenfalls nicht zu, da die Abwägung der widerstreitenden Interessen, die auch im Rahmen von § 29 BDSG vorzunehmen sei, zu dem Ergebnis führe, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das Interesse der Klägerin überwiege, nicht mehr mit der N Media GmbH bzw. der G GmbH in Verbindung gebracht zu werden.
7Hinsichtlich des Hauptantrages auf Unterlassung der Trefferanzeige bei Eingabe ihres Namens und beliebiger weiterer Suchbegriffe sei zu berücksichtigen, dass dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12) ein Fall zugrunde liege, in dem die beanstandeten Seiten allein durch Eingabe des Namens des Betroffenen in der Ergebnisliste aufgeführt wurden. Bei der Eingabe des Namens der Klägerin in Verbindung mit weiteren Suchwörtern – so beispielsweise mit dem Namen der früher von ihr geleiteten Firma – sei die Verbindung zwischen der Klägerin und ihrer früheren beruflichen Tätigkeit jedoch schon vom Nutzer vorgenommen worden, ohne dass eine solche Verbindung durch die Beklagte hergestellt werde. Das Unterbinden von solchen expliziten Suchanfragen sei jedoch mit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, die bereits über bestimmte Informationen verfüge und gezielt nach diesen Informationen und Verknüpfungen suche, nicht zu vereinbaren.
8Auch hinsichtlich des Hilfsantrages auf Unterlassung der Trefferanzeige bei der Eingabe nur des Namens der Klägerin ergebe die Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Überwiegen des Informationsinteresses der Öffentlichkeit. Zwar sei zugunsten der Klägerin – unterstellt – zu berücksichtigen, dass sie seit fünf Jahren keine Verbindung zu ihrer früheren Firma mehr habe und nicht mehr berufstätig sei. Auch enthielten die Internetseiten, auf die die streitgegenständlichen Links verwiesen, nur einen veralteten Handelsregisterauszug sowie anonyme kritische Kommentare zum Geschäftsgebaren der früheren Gesellschaft der Klägerin, so dass der Informationswert für den Nutzer aufgrund der fehlenden Aktualität gering sei. Andererseits sei aber zu berücksichtigen, dass sich auf den verlinkten Internetseiten lediglich wahre Tatsachenbehauptungen und zulässige Meinungsäußerungen befänden, welche allein die Sozialsphäre der Klägerin beträfen. Die Schwelle zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung werde durch die betreffenden Äußerungen nicht überschritten. Anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall würden weder Umstände aus der Privatsphäre der Klägerin mitgeteilt, noch lägen die betreffenden Ereignisse 16 Jahre zurück. Vielmehr seien die mitgeteilten Informationen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin zuzuordnen und wiesen daher keine „Sensibilität für das Privatleben“ auf. Sofern das auch von der Klägerin gesteuerte Geschäftsgebaren ihrer früheren Firma zu (nicht näher konkretisierten) Auswirkungen auf ihr Privatleben geführt haben sollte, sei dies allein in ihrem freien Entschluss begründet, als Geschäftsführerin einer Gesellschaft tätig zu werden.
9Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiter. Sie macht geltend, das Landgericht habe verkannt, dass es im vorliegenden Rechtsstreit nicht um Presserecht, sondern um Datenschutzrecht gehe und damit andere Grundrechte und Abwägungsmaßstäbe einschlägig seien. Im Hinblick auf den Hauptantrag sei es datenschutzrechtlich nicht relevant, ob die Nutzer neben dem Namen der Klägerin weitere Suchbegriffe eingeben würden oder ob ihnen die frühere Tätigkeit der Klägerin bereits bekannt gewesen sei. Denn die von der Beklagten verlangte Unterlassung beziehe sich nicht auf ein etwaiges Nutzerverhalten, sondern auf die Zurverfügungstellung von indexierten Informationen, die personenbezogene Daten enthielten. Des weiteren habe das Landgericht verkannt, dass nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 von einem im Grundsatz überwiegenden Interesse des Betroffenen auszugehen sei, seine Daten der Öffentlichkeit nicht (mehr) zur Verfügung zu stellen. Eine Ausnahme habe der Europäische Gerichtshof lediglich „in besonders gelagerten Fällen“ bzw. „aus besonderen Gründen“ angenommen, in denen eventuell das Interesse der Nutzer überwiegen könne. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis und den daraus resultierenden erhöhten Begründungs- bzw. Rechtfertigungsaufwand habe das Landgericht verkannt. Soweit Nutzer bei einer gezielten Suche nach dem Namen der Klägerin in Verbindung mit den beiden Firmennamen eine entsprechende Verbindung bereits hergestellt hätten, stehe dies dem vom Europäischen Gerichtshof bejahten „Recht auf Vergessen“ nicht entgegen. Denn maßgeblich sei insofern die durch die Suchmaschine verursachte Verbreitungshandlung mit den erleichterten Zugangsmöglichkeiten. Die dadurch geschaffene datenschutzrechtliche Gefährdungslage (Möglichkeit der Erstellung eines detaillierten Profils der Person durch strukturierten Überblick mittels Ergebnissen der Suchmaschine) liege auch vor, wenn einzelne Nutzer bereits von der früheren beruflichen Tätigkeit der Klägerin Kenntnis hätten. Auch soweit potentielle Arbeitgeber möglicherweise ein Interesse an einer früheren Tätigkeit der Klägerin haben könnten, überwiege ihr Interesse, nach Ablauf einer gewissen Zeit ihre berufliche Tätigkeit unbehelligt von veralteter Kritik fortzusetzen.
10Hinsichtlich des Hilfsantrages macht die Klägerin geltend, es sei nicht erheblich, ob die auf den betreffenden Internetseiten veröffentlichten Äußerungen die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung überschritten. Denn ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei – wie der Regelungsgehalt des Bundesdatenschutzgesetzes zeige – auch bei Verarbeitung von wahren personenbezogenen Daten verletzt. Es sei gerade das Wesen des „Rechts auf Vergessen(werden)“, dass sich Betroffene gegen die Verarbeitung und Verbreitung wahrer Informationen wehren könnten. Im Rahmen der Abwägung sei auch nicht das Interesse der Öffentlichkeit an der Ursprungsmeldung mit den Interessen der Klägerin abzuwägen, sondern vielmehr die spezifische Gefährdungslage aufgrund der „Hbarkeit“ von Informationen und ihrer dadurch erleichterten bzw. erst ermöglichten Auffindbarkeit. Im Hinblick darauf sei auch nicht beachtlich, inwiefern die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin im Handelsregister nachvollziehbar sei, zumal dort eine gezielte Suche nach Geschäftsführern nicht möglich sei. Schließlich könne auch nicht zu Lasten der Klägerin damit argumentiert werden, dass lediglich Informationen über ihre berufliche Tätigkeit betroffen seien. Das Landgericht habe – abweichend von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 – den Begriff „Privatsphäre“ mit dem Begriff „Privatleben“ gleichgesetzt, was aber dem Schutzbereich von Art. 7 der Grundrechtscharta bzw. Art. 8 EMRK nicht gerecht werde, der sich jeweils auch auf die Sozialsphäre und insbesondere auf die berufliche und geschäftliche Tätigkeit des Betroffenen beziehe. Auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 betreffe eine Information aus der Sozialsphäre des dortigen Betroffenen, nämlich die Versteigerung seines Grundstücks im Zusammenhang mit einer Pfändung wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge. Soweit das Landgericht die aus seiner Sicht geringe Beeinträchtigung der Klägerin damit begründet habe, dass ihr auf den betreffenden Internetseiten kein persönlicher Vorwurf gemacht werde, handele es sich um einen Zirkelschluss. Denn die an dem Unternehmen geäußerte Kritik falle selbstverständlich auf die Klägerin als damalige Geschäftsführerin zurück, was letztlich auch der Grund sei, dass sie mit den betreffenden Informationen nicht mehr in Verbindung gebracht werden wolle.
11Schließlich ist die Klägerin der Ansicht, dass die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 genannte Zeitspanne von 16 Jahren keine feste Zeitgrenze für das sog. „Recht auf Vergessen“ sei. Vielmehr ergebe sich aus § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG, dass eine Zeitspanne von drei bis vier Jahren angesetzt werden müsse. Angesichts dessen sei vorliegend der Nachweis der streitgegenständlichen Treffer durch die Beklagte schon allein wegen des Zeitfaktors unzulässig. Im Übrigen gebe es auch keine besonderen Gründe für ein überwiegendes öffentliches Interesse. Sie spiele keine Rolle im öffentlichen Leben und sei seit ihrer Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit nur noch Hausfrau und Mutter ohne politische oder ehrenamtliche Ämter oder sonstige Funktionen in der Öffentlichkeit. Ein eventuelles Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem Geschäftsgebaren der G GmbH rechtfertige nicht, dass entsprechende Äußerungen im Falle einer Suchmaschinenrecherche über die Klägerin angezeigt würden.
12Die Klägerin ist der Ansicht, dass mit der vom Europäischen Gerichtshof bejahten „Entfernungsverpflichtung“ der Sache nach nur eine Unterlassungsverpflichtung gemeint sein könne. Denn bei den von der Beklagten veröffentlichten Suchtreffern handele es sich nicht um statistische Auflistungen, sondern um das Ergebnis immer wieder neu durchgeführter Suchvorgänge auf Basis geheimer Algorithmen. Damit also eine bestimmte URL künftig nicht mehr als Suchtreffer zu einer bestimmten Suchanfrage angezeigt werde, müsse der Betreiber daher die betreffende URL aktiv aus künftigen Listen ausschließen.
13Die Klägerin beantragt,
14unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen, bei Suchanfragen über die Suchmaschine „H.de“, die die Worte „E“, „W“, „E2“ kumulativ – gleich in welcher Reihenfolge – enthalten, wobei die betreffenden Suchanfragen neben den genannten Worten auch weitere Begriffe enthalten können, die URLs
15http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html
16und/oder
17http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html
18und/oder
19http://B2.today/mm8WH
20und/oder
21http://B3.info/thread_6162p1
22und/oder
23http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236
24als Suchergebnisse anzuzeigen,
25hilfsweise,
26unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 18.11.2015 (28 O 495/14) die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollstrecken an ihrem Vorstand, zu unterlassen, bei Suchanfragen über die Suchmaschine „H.de“, die ausschließlich und zugleich kumulativ die Worte „E“, „W“, „E2“ – gleich in welcher Reihenfolge – enthalten, die URLs
27http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html
28und/oder
29http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html
30und/oder
31http://B2.today/mm8WH
32und/oder
33http://B3.info/thread_6162p1
34und/oder
35http://Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236
36als Suchergebnisse anzuzeigen.
37Die Beklagte beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und macht geltend, die Klägerin werde nach wie vor im Handelsregister aufgeführt, in welches die Einsicht bereits bei einem bloßen Informationsinteresse möglich sei. Durch die auf der Ergebnisliste nachgewiesenen Internetseiten würden lediglich wahre Tatsachen aus der Sozialsphäre der Kläger mitgeteilt und kein umfassendes Bild über sie oder ihr Privatleben erstellt. Handele es sich jedoch um Informationen aus dem Berufsleben, in dem sich der Betroffene ohnehin in Kontakt mit der Öffentlichkeit bewege, komme es auf die vom Europäischen Gerichtshof in der Entscheidung vom 13.5.2014 betonte besondere Schutzwürdigkeit nicht an. Die Beklagte bestreitet im Übrigen mit Nichtwissen, dass es zwischen der Klägerin und der G GmbH keine Verbindungen mehr gibt und die Klägerin derzeit keiner beruflichen Tätigkeit nachgeht.
40Die Beklagte ist weiter der Ansicht, der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch scheide schon deshalb aus, weil das Bundesdatenschutzgesetz den Vorgang der Entfernung personenbezogener Daten abschließend regele und dies mit einem Anspruch auf Beseitigung, nicht Unterlassung, geltend zu machen sei. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin den von ihr geltend gemachten Anspruch auf §§ 1004, 823 BGB stütze, könne sie dem Landgericht nicht zum Vorwurf machen, eine persönlichkeitsrechtliche Abwägung durchgeführt zu haben. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 beschränke sich auf diejenige Fallgestaltung, in der eine bloße Namenssuche ohne Beifügung weiterer Suchbegriffe durchgeführt werde. Insofern unterscheide der Europäische Gerichtshof zwischen einer allgemeinen Namenssuche, bei der der Betroffene vor „Zufallsfunden“ geschützt werden müsse, und sonstigen gezielten Suchen, bei denen der Suchende bereits durch die Eingabe der Suchbegriffe deutliche mache, dass er (ihm bekannte) Informationen zu einem bestimmten Sachverhalt suche.
41Bereits im Zusammenhang mit dem Bewertungsportal www.T2.de habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die nationalen datenschutzrechtlichen Vorschriften verfassungskonform ausgelegt werden müssten, soweit sie die Kommunikationsfreiheit durch unzumutbare Anforderungen an einen Portalbetreiber einschränkten. Auch die Norm des § 35 BDSG sei zu einer Zeit eingeführt worden, als Internetsuchmaschinen im Bewusstsein des Gesetzgebers noch keine Rolle gespielt hätten und damit auch keine Berücksichtigung hätten finden können. Bei der gebotenen Interessenabwägung seien die Interessen der Klägerin mit den wirtschaftlichen Interessen der Beklagten am Betrieb der Suchmaschine, dem Recht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit sowie der Meinungsfreiheit der jeweiligen Verfasser der Inhalte abzuwägen. Da die Meinungsfreiheit auch das Recht umfasse, die äußere Form der Berichterstattung und die Art ihrer Verbreitung frei zu wählen, sei auch die vermittelnde Tätigkeit von Suchmaschinen durch den Gewährleistungsgehalt von Art. 5 GG geschützt. Selbst bei Annahme des von der Klägerin vertretenen umgekehrten Regel-Ausnahme-Verhältnisses bei der Abwägung komme man angesichts der Rolle, die die Klägerin im öffentlichen Leben eingenommen habe, sowie der geringen Intensität der Beeinträchtigung zu demselben Ergebnis wie das Landgericht. Die Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin sei im Hinblick auf §§ 35a, 39 GmbHG, § 5 TMG, §§ 9, 103 OWiG ein Umstand, dessen Kenntnis generell im öffentlichen Interesse stehe. Auch sei zu berücksichtigen, dass unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche gegen den Geschäftsführer einer GmbH geltend gemacht werden könnten. Schließlich sehe die Regelung in § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 BDSG keine „Halbwertszeit“ für Daten vor, aus der eine Löschungspflicht resultiere, sondern bestimmte lediglich ein Prüfintervall mit offenem Abwägungsergebnis.
42Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
43II.
44Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
45Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Klägerin weder der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Anzeige der streitgegenständlichen Suchergebnisse bei Eingabe ihres Namens und weiterer Begriffe noch der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung dieser Suchergebnisse bei Eingabe ausschließlich ihres Vor- und Nachnamens zusteht. Die Klägerin kann einen solchen Anspruch – auch unter Berücksichtigung der vom Europäischen Gerichtshof festgelegten Grundsätze über das sog. „Recht auf Vergessen“ – weder aus § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG noch aus § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG herleiten.
46Im Einzelnen:
471. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG ergibt sich weder im Hinblick auf den Haupt- noch auf den Hilfsantrag. Denn die Rechte der Klägerin auf Anonymität und informationelle Selbstbestimmung als Ausprägungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts werden durch die Beklagte bei Abwägung der vorliegenden widerstreitenden Interessen nicht rechtswidrig verletzt.
48a. Der Anspruch der Klägerin ist nicht bereits wegen der Haftungsprivilegierungen nach §§ 8 – 10 TMG ausgeschlossen. Zwar werden auch Internetsuchmaschinen nach § 1 Abs. 1 S. 1 TMG als „Telemedien“ angesehen und die „Betreiber“ von Suchmaschinen als Diensteanbieter im Sinne von § 2 S. 1 Nr. 1 und 2 TMG qualifiziert. Jedoch bezieht sich die Haftungsprivilegierung lediglich auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht jedoch auf Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Urt. v. 27.3.2007 - VI ZR 101/06, VersR 2007, 1004; BGH, Urt. v. 30.6.2009 - VI ZR 210/08, VersR 2009, 1417; BGH, Urt. v. 22.7.2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219).
49b. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist vorliegend durch die von der Beklagten erstellte Ergebnisliste mit den streitgegenständlichen Treffern auch beeinträchtigt. Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht beinhaltet das Recht des Einzelnen, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 11 m.w.N.). Insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit. Es umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.2013 – VI ZR 304/12, juris Rn. 11).
50Durch die von der Beklagten auf die Suchanfrage mit dem Namen der Klägerin – mit oder ohne Zufügung weiterer Suchwörter – hin erstellte Ergebnisliste und die Übermittlung der streitgegenständlichen Treffer an die Nutzer wird das Interesse der Klägerin beeinträchtigt, ihre frühere Position als Geschäftsführerin der N Media GmbH für sich zu behalten. Ebenso wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin insoweit beeinträchtigt, als sie von den Nutzern als (frühere) Geschäftsführerin einer Gesellschaft namentlich identifiziert werden kann, die auf den betreffenden Seiten einer kritischen Wertung der Nutzer („Abzocke“, „Betrug“) unterzogen wird, was potentiell auch auf die Klägerin als damalige Geschäftsführerin abstrahlen und sie daher in der Öffentlichkeit in einem abträglichen Bild darstellen kann.
51Betroffen ist von diesem Eingriff die Sozialsphäre, die denjenigen Bereich menschlichen Lebens und menschlicher Betätigung umfasst, der sich außerhalb der Privatsphäre in oder vor einer eingeschränkten oder auch unbeschränkten Öffentlichkeit abspielt und damit nicht mehr innerhalb desjenigen Rahmens, der einer Erörterung durch die Öffentlichkeit üblicherweise entzogen ist. Die Zuordnung zur Sozialsphäre beruht vorliegend auf dem Umstand, dass sich die Informationen und Wertungen auf den von der Beklagten nachgewiesenen Seiten auf die frühere Tätigkeit der Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH und damit auf ihre berufliche Tätigkeit beziehen.
52c. Im Hinblick auf den Nachweis dieser Seiten und die Übermittlung der Treffer an die anfragenden Nutzer haftet die Beklagte jedoch nicht als Störerin. Dies gilt sowohl im Hinblick auf eine mögliche Betreiberhaftung nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urt. v. 13.5.2014 – C 131/12, juris Rn. 35-38 und 83) als auch unter dem Gesichtspunkt einer Störerhaftung wegen Verletzung zumutbarer Prüfpflichten. Denn die Beklagte hat weder in Ansehung eines der Klägerin zustehenden „Rechts auf Vergessen“ noch durch die Verletzung ihr obliegender Prüfpflichten rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen.
53aa. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes beruht die mögliche Haftung des Betreibers einer Internetsuchmaschine auf dem Umstand, dass er eine zusätzliche Beeinträchtigung des Betroffenen durch die Ausweisung der Daten verursacht, weil er in der Masse der im Internet vorhandenen Informationen dem Nutzer überhaupt erst die strukturierte Auffindbarkeit personenbezogener Daten ermöglicht (Urt. v. 13.5.2014 – C 131/12, juris Rn. 35-38 und 83). Soweit das vom Europäischen Gerichtshof angenommene „Recht auf Vergessen“ eingreift, kann in einem solchen Nachweis von personenbezogenen Daten eine zu unterlassende Persönlichkeitsrechtsverletzung liegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als mittelbarer Störer anzusehen, wer, ohne unmittelbarer Störer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urt. v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 25.10.2011 - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219). Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt deshalb die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 22 m.w.N.; BGH, Urt. v. 14.5.2013 – VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213; BGH, Urt. v. 25.10.2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219; BGH, Urt. v. 30.6.2009 – VI ZR 210/08, NJW-RR 2009, 1413). Vorliegend hat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 29.9.2014 (Anlage K 15) zur Unterlassung aufgefordert und dabei die von ihr beanstandeten Treffer in der von der Beklagten erstellten Ergebnisliste konkret bezeichnet. Die Beklagte war nach dieser Beanstandung gehalten, die von der Klägerin geltend gemachten Rechtsverletzungen zu überprüfen und ggf. die weitere Ausweisung dieser Treffer auf den Ergebnislisten zu unterlassen, um künftige Störungen zu verhindern. Zwar hat sich die Klägerin in ihrem Schreiben vom 29.9.2014 (Anlage K 15) primär darauf bezogen, dass die von der Beklagten nachgewiesenen Seiten keine „relevanten Nachrichtenartikel“ enthielten, an deren erleichterter Auffindbarkeit ein überwiegendes öffentliches Interesse bestünde, so dass ihre Anzeige „nach der neuesten Rechtsprechung des EuGH … datenschutzrechtlich unzulässig“ sei. Damit hat sie sich auf das sog. „Recht auf Vergessen“ und nicht gleichzeitig auch ausdrücklich auf eine vermeintliche Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts durch die konkreten Inhalte der nachgewiesenen Seiten berufen. Allerdings hat die Klägerin sich jedenfalls in der Klageschrift darauf berufen, dass sie ein berechtigtes Interesse daran habe, nunmehr ihrer beruflichen Tätigkeit „unbehelligt von veralteter Kritik“ fortsetzen zu können. Sie hat insoweit die Ansicht vertreten, dass dann, wenn selbst schwersten Straftätern eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglicht werden müsse, dies erst recht für Berufsträger gelten müsse, deren Arbeitgeber kritischen Berichten im Internet zum Opfer gefallen sei. Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass sie die Berichte auf den nachgewiesenen Seiten auch inhaltlich dahingehend beanstanden will, dass es sich um Äußerungen handelt, die sie im Hinblick auf ihre in den Berichten enthaltene namentliche Nennung nicht hinnehmen müsse.
54Unter Beachtung der oben dargestellten Grundsätze zur Haftung eines Suchmaschinenbetreibers als mittelbarer Störer scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte indes aus, weil es an einer rechtswidrigen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin fehlt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237; BGH, Urt. v. 15.9.2015 - VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437; BGH, Urt. v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14, AfP 2015, 425; BGH, Urt. v. 13.1.2015 - VI ZR 386/13, VersR 2015, 336) liegt wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, MDR 2016, 518, juris Rn. 30 m.w.N.). Insofern hat hier das Landgericht zutreffend festgestellt, dass eine Abwägung der vorliegend kollidierenden Rechtspositionen nicht zum Erfolg des klägerischen Unterlassungsbegehrens – sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag – führt, weil kein rechtswidriger Eingriff der Beklagten festgestellt werden kann.
55bb. Die Einträge auf den von der Beklagten mit den streitgegenständlichen Treffern nachgewiesenen Seiten enthalten aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten zunächst die tatsächliche Behauptung, dass die Klägerin bei Abfassung der entsprechenden Blog-Beiträge bzw. im Zeitpunkt der dort als sog. Screenshot abgebildeten Handelsregisterveröffentlichung vom 21.2.2007 Geschäftsführerin der N Media GmbH war. Dabei handelt es sich unstreitig um eine wahre Tatsache, da die Klägerin diese Stellung bis Oktober 2010 tatsächlich innehatte. Es liegt auch keine von der Beklagten per Treffer auf der Ergebnisliste nachgewiesene falsche Tatsachenbehauptungen insoweit vor, als der durchschnittliche Rezipient die Äußerungen (auch) so verstehen könnte, dass die Klägerin diese Position noch im Zeitpunkt der späteren Internetrecherche innehatte. Dagegen spricht schon, dass sämtliche Einträge mit Daten versehen sind (vgl. Bl. 157, 159, 160 AO). Weiter wird auf der Seite www.Q.de (Bl. 155 AO) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Eintrag nicht vollständig dem aktuellen Sachstand entspreche und es zu der betreffenden Firma aktuellere Registerveröffentlichungen gebe. Schließlich enthält der Blogeintrag vom 2.12.2010 auf der Seite B.blogspot.com (Bl. 159 AO) unmittelbar nach der Wiedergabe des Impressums die Angabe: „Aus dem aktuellen Auszug des Handelsregisters geht zudem hervor, dass neben der Änderung des Firmennamens auch die Geschäftsführung gewechselt hat“. Insofern handelt es sich insgesamt nicht um mehrdeutige (und insoweit teilweise unwahre) Äußerungen.
56cc. Die weiteren Einträge auf den von der Beklagten nachgewiesenen Seiten, die sich mit dem Geschäftsgebaren der N Media GmbH befassen, stellen entweder eine inhaltlich zutreffende Wiedergabe von damaligen Geschehnissen um diese Gesellschaft oder aber zulässige Meinungsäußerungen der betreffenden Nutzer dar.
57Im Einzelnen:
58Die über den Treffer http://www.Q.de/handelsregister/NW-HRB_59723-201236 nachgewiesene Seite enthält außer dem Abdruck der Handelsregisterveröffentlichung vom 21.2.2007 keine weiteren tatsächlichen Informationen oder Meinungsäußerungen über die Person der Klägerin.
59Der unter dem Treffer http://auktionshilfs.info/thread_6162p1 auffindbare Austausch dreier Nutzer über die N Media GmbH gibt zunächst die im Zeitpunkt der Blogeinträge (Oktober bis Dezember 2010) wahre Tatsache wieder, dass sich im Internet zahlreiche negative Erfahrungsberichte von Kunden dieser Gesellschaft finden, die „immer wieder angeblich nicht akzeptierte Kündigungen“ beklagen. Neben der Wiedergabe des im damaligen Zeitpunkt aktuellen Impressums der N Media GmbH findet sich der Hinweis, dass „B509“ und „B52010“ über das Portal www.G.de recherchiert haben und beide Berichte „auf Z“ sowie eine Presseinformation der Verbraucherzentrale Hamburg nicht mehr zu finden seien. Weiter wird aus einem Interview zwischen Herrn Oberstaatsanwalt G2 von der Staatsanwaltschaft Köln mit dem Fernsehsender T3 zitiert, in dem es heißt: „Seit etlichen Monaten beschäftigen wir uns mit der Firma bzw. deren Verantwortlichen und zwar unter dem Gesichtspunkt des Betruges und der unlauteren Werbung. Wir haben hier etwa 350 Anzeigen aus dem gesamten Bundesgebiet vorliegen, wegen eben des Verdachts dieser strafbaren Handlungen“ (vgl. Bl. 88 AO). Dass diese im betreffenden Blog enthaltenen tatsächlichen Informationen unwahr seien, macht die Klägerin selbst nicht geltend.
60Unter dem Treffer http://B.blogspot.com/2010/12/G-ver-bei-der-betreiberfirma.html findet sich im Eintrag vom 9.4.2010 folgende Äußerung:„G, Abzocke und kein Ende in Sicht. Über einen langen Zeitraum ist es der Geschäftsführerin E W E2 von der N Media GmbH viel zu oft gelungen, kritische Berichte in Foren und Blogs zu verhindern oder verbieten zu lassen. Vor einem Jahr ist B509 den Hinweisen von Betroffenen nachgegangen und hatte darüber berichtet. (…) Die Verbraucherzentrale warnt schon seit langem vor den Machenschaften bei G. Zahlen Sie keinesfalls für Rechnungen und Mahnungen von dieser Firma, sondern erstatten Sie besser direkt Strafanzeige gegen die Betreiberfirma und den Rechtsanwälten wegen Verdacht auf Betrug. Den Fernsehbeitrag aus der B5-Sendung gab es kurzzeitig als Video auf Z zu sehen. Aber auch dort war das Video recht schnell wieder verschwunden. (…) Und immer noch fallen User auf diesem Portal rein und fragen in Foren um Hilfe.“ Die Klägerin macht vorliegend nicht geltend, dass es eine unwahre Tatsache darstellt, dass sie Berichte über die N Media GmbH in Foren und Blogs verhindert hat. Dass dies aus Sicht der Blog-Autoren „viel zu oft“ geschah, die Geschehnisse im Zusammenhang mit der N Media GmbH als „Abzocke“ eingestuft werden und vermeintlich betroffenen Kunden der Rat erteilt wird, keine Zahlungen zu leisten, sondern Anzeige zu erstatten, ist in der Gesamtbetrachtung eine zulässige Meinungsäußerung. Denn gerade im Hinblick darauf, dass der enthaltene Tatsachenkern – es lagen im Zeitpunkt des Blogeintrags unstreitig eine Vielzahl von Beschwerden und Strafanzeigen von Seiten der Kunden vor – zutreffend ist, handelt sich weder um eine unsachliche Auseinandersetzung im Sinne einer Schmähkritik noch um eine grundlose Überzeichnung mit persönlicher Diffamierung der Klägerin. Soweit den Kunden empfohlen wird, Rechnungen nicht zu bezahlen, sondern Anzeige zu erstatten, beruht dies ersichtlich nicht auf eine konkreten Prüfung des einzelnen Sachverhalts, sondern stellt einen pauschalen Rechtsrat dar, der – vor dem vorgenannten Hintergrund – ebenfalls als zulässige Meinungsäußerung einzustufen ist. Denn es wird dem Leser kein hinreichender Tatsachengehalt vermittelt, der einen Tatbestand erkennbar macht, aus dem der Rückschluss auf die Bewertung als „Betrug“ gezogen werden kann.
61Unter dem Treffer http://B.blogspot.com/2010/04/G-abzocke-und-kein-ende-in.html finden sich im Eintrag vom 2.12.2010 unter der Überschrift „G.de – Veränderungen bei der Betreiberfirma“ folgende Äußerungen: „In den letzten Tagen und Wochen gab es in diversen Foren und Blogs wieder vermehrt Beschwerden und Anfragen rund um das Singleportal G.de, der bisherigen Betreiberfirma N Media GmbH (…) Aus dem aktuellen Auszug des Handelsregisters geht zudem hervor, dass neben der Änderung des Firmennamens auch die Geschäftsführung gewechselt hat. (…) Nicht mehr Geschäftsführer: W E2, E (…) Das dubiose Geschäftsgebaren der Betreiber von G.de war bereits mehrfach Anlass für eine Berichterstattung in den Medien. Über die Kostenfalle der N Media GmbH hatte B52010 zuletzt in der Sendung vom 1.6.2010 berichtet (…) Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte schon im Oktober kritisch über die Flirtfallen berichtet.“ Auch hier macht die Klägerin nicht geltend, dass die Berichte der Verbraucherzentrale bzw. die sonstige Berichterstattung in den Medien über vermeintlich irreführende Testabonnements oder sonstige Beschwerden im Blog unzutreffend wiedergegeben werden, sondern bemängelt vielmehr lediglich, dass sie mit diesen kritischen (Meinungs-) Äußerungen zum Geschäftsgebaren der Gesellschaft nicht (mehr) in Verbindung gebracht werden will.
62dd. Wird die Klägerin damit durch die mittels der streitgegenständlichen Treffer nachgewiesenen Seiten nur damit konfrontiert, dass sie vor einigen Jahren Geschäftsführerin einer Gesellschaft war, die wegen ihrer Geschäftspraktiken beim Betrieb eines Online-Dating-Portals in der Kritik stand, sind diese wahren Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre der Klägerin und damit auch der Nachweis der streitgegenständlichen Treffer durch die Beklagte im Rahmen des geltend gemachten Anspruchs nach § 1004 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Denn wahre Tatsachenbehauptungen aus der Sozialsphäre des Betroffenen dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 13 m.w.N.). Solche Auswirkungen sind hier allerdings nicht ersichtlich.
63(1) Zugunsten der Klägerin ist zwar die erhebliche Verbreitungs- und Aufbereitungsfunktion der Suchmaschine der Beklagten zu berücksichtigen, ohne die die Nutzer die überwiegende Zahl der Meldungen im Internet überhaupt nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen auffinden könnte. Allein dies kann jedoch hier nicht dazu führen, eine Stigmatisierung der Person der Klägerin oder eine unzulässige Prangerwirkung zu bejahen. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die auf den nachgewiesenen Seiten enthaltene Angabe, dass die Klägerin früher Geschäftsführerin einer in der Öffentlichkeit kritisierten Gesellschaft war. Denn mit der Wiedergabe dieser Tatsache wird lediglich in zutreffender Weise ihre gesellschaftsrechtliche Position in der betreffenden Zeitspanne beschrieben. Soweit in den Blogbeiträgen darüber hinaus auch das Geschäftsgebaren der N Media GmbH kritisiert wird, handelt es sich – wie oben dargelegt – um Meinungsäußerungen, die den Grad einer Schmähkritik nicht erreichen. Eine solche Art von Kritik gehört zur Vergangenheit der beruflichen und damit nach außen gerichteten und von der Öffentlichkeit wahrgenommenen Tätigkeit der Klägerin.
64Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung behauptete Gefahr, dass sie aufgrund der auf einigen Seiten enthaltenen Begriffe „Abzocke“ und „Betrug“ in ihrem Umfeld negativen Auswirkungen ausgesetzt sei oder künftig ausgesetzt sein könnte, ist insoweit – unabhängig von der Frage, ob die Klägerin mit diesem Vortrag wegen Verspätung nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen ist – unbeachtlich. Denn selbst wenn die Klägerin im Hinblick auf ihre offenbarte Position als damalige Geschäftsführerin der N Media GmbH mit den gegen diese Gesellschaft erhobenen Vorwürfen in Verbindung gebracht wird, stellt auch dies keine Stigmatisierung oder Prangerwirkung in einem Ausmaß dar, das die Mitteilung wahrer Tatsachen aus der Sozialsphäre verhindern könnte. Eine speziell auf die Person der Klägerin bezogene Stigmatisierung oder aber Angriffe speziell gegen ihre Person sind dagegen in den betreffenden Blogbeiträgen nicht enthalten. Als zum damaligen Zeitpunkt tätige Geschäftsführerin war die Klägerin aufgrund ihrer Stellung in der Gesellschaft für deren Auftreten im Rechts- und Geschäftsverkehr und damit auch für die Vorgänge, die den auf den Internetseiten geäußerten Vorgängen zugrunde liegen, gesellschaftsrechtlich verantwortlich. Die Klägerin mag durch die Meinungsäußerungen auf den betreffenden Internetseiten in der Öffentlichkeit dergestalt negativ belegt werden, dass sie für die dort geäußerten Vorwürfe möglicherweise (auch) persönlich verantwortlich gemacht wird. Dies ist jedoch mit ihrer freiwillig eingenommenen früheren Position als Geschäftsführerin verbunden und damit eine Folge der beruflichen Tätigkeit, welche die Klägerin insbesondere deswegen hinzunehmen hat, weil diese Bewertungen im Hinblick auf die Einleitung einer Vielzahl von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren einer tatsächlichen Grundlage nicht entbehrten.
65(2) Demgegenüber kann sich die Beklagte neben ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse am Betrieb der Suchmaschine – das für sich allein die grundrechtlich geschützte Position der Klägerin nicht überwiegen kann – zwar wohl nicht selbst auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Denn anders als beim Betrieb eines Bewertungsportals, welches aus Sicht des Nutzers den Anspruch erhebt, ein vollständiges Bild über die abgegebenen und den vorgegebenen Richtlinien entsprechenden Nutzerbewertungen zu zeichnen, besteht die Arbeit einer Suchmaschine in einer rein technischen Verbreitung, deren Schutz durch Art. 5 Abs. 1 GG jedenfalls fraglich sein dürfte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.6.2009 – 1 BvR 134/03, NJW-RR 2010, 470; BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, BGHZ 202, 242). Letztlich kann diese Frage jedoch dahinstehen, weil im Rahmen der Abwägung auf Seiten der Beklagten jedenfalls die in Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungs- und Informationsfreiheit der Nutzer zu berücksichtigen ist. Denn ohne die Hilfe einer Suchmaschine wie die der Beklagten wäre angesichts der heutigen Informationsflut des Internets eine sinnvolle Nutzung der dort vorhandenen Informationen im Sinne eines Zugangs zu diesen und zum Meinungsaustausch mit anderen Nutzern weitgehend ausgeschlossen. Des Weiteren sind auch die Rechte der Blog-Autoren aus Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen, deren Beiträge zur (öffentlichen) Meinungsbildung und Diskussion nur mithilfe der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine aufgefunden werden können.
66(3) Eine Abwägung zwischen dem Interesse der Nutzer und der Blog-Autoren einerseits, sich im Internet über die frühere Firmenstruktur der N Media GmbH und deren Bewertung durch Blog-Autoren zu informieren und auszutauschen mit den Interessen der Klägerin andererseits, über die Veröffentlichung ihrer personenbezogenen Daten selbst zu entscheiden bzw. ihre frühere Position als Geschäftsführerin der N Media GmbH nicht (mehr) öffentlich werden zu lassen, geht vorliegend zu Lasten der Klägerin aus:
67Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beinhaltet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden. In der Rechtsprechung sind wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht, dessen Reichweite nicht absolut feststeht, Abwägungskriterien u.a. nach Maßgabe einer abgestuften Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, herausgearbeitet worden. Danach genießen besonders hohen Schutz die sogenannten sensitiven Daten, die der Intim- und Geheimsphäre zuzuordnen sind. Dieser Bereich ist allerdings im vorliegenden Fall aufgrund der Berufsbezogenheit der Daten der Klägerin nicht betroffen. Geschützt ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten, die lediglich zur Sozial- und Privatsphäre gehören. Allerdings hat der Einzelne keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über "seine" Daten, denn er entfaltet seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. In dieser stellt die entsprechende Information, auch soweit sie personenbezogen ist, einen Teil der sozialen Realität dar, der nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Vielmehr ist über die Spannungslage zwischen Individuum und Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit der Person zu entscheiden. Aus diesem Grunde muss der Einzelne dann Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bzw. Anonymität hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls oder überwiegenden Rechtsinteressen Dritter getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist.
68Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gilt hier Folgendes: Durch die Übermittlung von Treffern, die die Klägerin als ehemalige Geschäftsführerin der U Online Media GmbH unter Nennung ihres Namens ausweisen, wird die Klägerin in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Insgesamt handelt es sich dabei jedoch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht um schutzwürdige Belange, die dem Nachweise dieser Seiten durch die Beklagte entgegenstehen. Denn die von der Beklagten erhobenen und an die Nutzer übermittelten Daten der Klägerin betreffen wahre Tatsachenbehauptungen und zulässige Werturteile, welche jeweils die Sozialsphäre der Klägerin tangieren, weil sie ihre berufliche Tätigkeit und damit einen Bereich betreffen, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Der einzig negative Gesichtspunkt aus Sicht der Klägerin ist derjenige, dass durch die Auffindbarkeit der alten Blogbeiträge die Öffentlichkeit (wieder) an die gegenüber der N GmbH erhobene Kritik erinnert und die Klägerin aufgrund der Nennung ihres Namens mit dieser Kritik in Verbindung gebracht wird.
69Der zwischenzeitliche Zeitablauf sowie die Abberufung der Klägerin als Geschäftsführerin steht dem Informationsinteresse der Nutzer vorliegend nicht entgegen, da grundsätzlich auch ein Interesse anzuerkennen ist, über vergangene Sachverhalte zu recherchieren. Dieses Informationsinteresse begründet sich im vorliegenden Fall insbesondere daraus, dass die Betreiberin des Online-Dating-Portals „G“ auch aktuell noch in der Kritik bei Kunden und Verbrauchschützern steht. Da die Klägerin als Geschäftsführerin für die unter ihrer Leitung erfolgten Vorkommnisse wenn nicht persönlich, so doch jedenfalls repräsentativ einzustehen hat, ist ein Bedürfnis sowohl der ehemaligen als auch der aktuellen Kunden anzuerkennen, sich in diesem Zusammenhang über ihre Person zu informieren. Ein solches Interesse ist daneben auch für sonstige Geschäftspartner und/oder künftige Arbeitgeber anzuerkennen, die sich über die Person der Klägerin und ihre vergangenen Tätigkeiten im Geschäftsleben informieren wollen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, ihre Stellung als ehemalige Geschäftsführerin würde sich ebenso aus dem einem künftigen Arbeitgeber vorzulegenden Lebenslauf ergeben, steht dies nicht dem Interesse entgegen, sich über die von der Beklagten nachgewiesenen Internetseiten weitergehend zu informieren. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass nicht in allen Fällen einer Geschäftsanbahnung tatsächlich auch ein Lebenslauf vorgelegt wird bzw. vorgelegt werden muss. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin, sondern auch die kritische Bewertung der ehemals von ihr geleiteten Gesellschaft zum Inhalt der berichtenswerten und von der Beklagten nachgewiesenen Informationen zählt. Gerade die auf den streitgegenständlichen Seiten wiedergegebenen Inhalte über eine kritische Betrachtung der Geschäftspraktiken der N Media GmbH sind Informationen, die ein potentieller Arbeitgeber und/oder Geschäftspartner aus einem Lebenslauf der Klägerin nicht erfahren würde.
70ee. Ein anderes Ergebnis dieser Abwägung folgt auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12, MMR 2014, 455). Denn die in dieser Entscheidung enthaltenen Erwägungen führen nicht dazu, dass den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin der Vorrang vor dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einzuräumen ist.
71(1) Weder im Hinblick auf die vom Europäischen Gerichtshof durchgeführte Prüfung eines Eingriffs in das „Privatleben“ noch hinsichtlich des Umstandes, dass in der dort entschiedenen Fallkonstellation die Internetsuche ausschließlich mit dem Namen des Betroffenen durchgeführt wurde, ist allerdings eine Übertragung der Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs auf den vorliegenden Sachverhalt schon grundsätzlich ausgeschlossen.
72(a) Zwar wird das sog. „Recht auf Vergessen“ vom Europäischen Gerichtshof in der betreffenden Entscheidung damit begründet, dass ein Eingriff in das „Privatleben“ des Betroffenen vorliegt. Mit diesem Begriff des „Privatlebens“ ist jedoch nicht der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung definierte Bereich der sog. Privatsphäre gemeint, was zur Folge hätte, dass die Klägerin, deren allgemeines Persönlichkeitsrecht vorliegend lediglich im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit und damit hinsichtlich der Sozialsphäre beeinträchtigt ist, generell von dem durch den Europäischen Gerichtshof zugebilligten Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine ausgeschlossen wäre. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urt. v. 9.11.2010 – C-92/09, MMR 2011, 122, juris Rn. 59 m.w.N.; vgl. zum Begriff des „Privatlebens“ auch EGMR, Urt. v. 16.12.1992 – 72/1991/324/396, NJW 1993, 718) ist mit dem Begriff des „Privatlebens“ ein weiterer Anwendungsbereich als der der „Privatsphäre“ umfasst, der sich nicht nur auf üblicherweise als privat geltende Umstände des Betroffenen, sondern unter anderem auch auf die berufliche Tätigkeit erstreckt.
73(b) Die Beklagte kann gegen die Berücksichtigung der Erwägungen aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 im vorliegenden Fall auch nicht einwenden, das sog. Recht auf Vergessen könne überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn die Nutzer ausschließlich den Namen einer Privatperson in die Suchmaschine eingegeben hätten. Denn der vorgenannten Entscheidung ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen, so dass sich das sog. „Recht auf Vergessen“ auch auf Fälle beziehen kann, in denen nicht ausschließlich der Name einer natürlichen Person, sondern daneben auch weitere Suchbegriffe in die Suchmaschine eingegeben werden. Denn auch wenn die entsprechende Vorlagefragen an den Europäischen Gerichtshof weit gefasst waren, ergibt sich aus den Formulierungen in den Entscheidungsgründen, dass zwar auch, aber nicht ausschließlich nach dem Namen des Betroffenen gesucht werden muss. Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der Europäische Gerichtshof mit seiner Entscheidung angestrebt hat, sog. Zufallsfunde zu verhindern, damit Nutzer sich durch eine beiläufige Recherche im Internet nicht ein detailliertes Profil einer anderen Person verschaffen könnten. Denn der mit der Entscheidung verfolgte Zweck, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dadurch zu stärken, dass personenbezogene Informationen unter bestimmten Umständen dem Zugriff einer Suchmaschine entzogen und damit faktisch vom Nutzer in der Datenflut des Internet nicht mehr gefunden werden können, würde in der Praxis regelmäßig unterlaufen, wenn der Nutzer durch schlichte Eingabe eines völlig beliebigen Zusatzwortes neben dem Namen des Betroffenen die Unterlassungsverpflichtung des Suchmaschinenbetreibers umgehen könnte.
74(2) Nach Ansicht des Senates ist es auch durchaus erwägenswert, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 13.5.2014 (C-131/12) zugunsten des Betroffenen ein abweichendes Regel-Ausnahmeverhältnis für die Prüfung eines Eingriffs in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Rahmen der Sozialsphäre zu entnehmen. Denn während nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – wie oben ausgeführt – eine Veröffentlichung von wahren (personenbezogenen) Tatsachen aus der Sozialsphäre des Betroffenen regelmäßig nur dann unzulässig ist, wenn schwerwiegende Auswirkungen wie etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2006 – VI ZR 259/05, juris Rn. 13 m.w.N.), wird in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 der zulässige Nachweis von Informationen, die das Privatleben – und damit auch das hier betroffene Berufsleben der Klägerin – betreffen, abweichenden Anforderungen unterworfen.
75Der Europäische Gerichtshof geht insofern davon aus, dass die durch Art. 7 und 8 der Grundrechtscharta geschützten Rechte der betroffenen Person grundsätzlich nicht nur gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers, sondern auch gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit daran überwiegen, die Information bei einer Internetsuche anhand des Namens der betroffenen Person zu finden. In besonders gelagerten Fällen könne der Ausgleich von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person sowie vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information abhängen. Insbesondere aus der Rolle der betreffenden Person im öffentlichen Leben könne sich ergeben, dass der Eingriff in die Grundrechte dieser Person durch das überwiegende Interesse der breiten Öffentlichkeit daran, über die Einbeziehung in eine derartige Ergebnisliste Zugang zu der betreffenden Information zu haben, gerechtfertigt ist (vgl. EuGH, Urt. v. 13.5.2014 – C-131/12, juris Rn. 81, 97). Unter Beachtung dieser Grundsätze könnte daher auch bei der Mitteilung von Treffern, die zu Veröffentlichung von wahren, die Sozialsphäre betreffenden Tatsachen führen zu prüfen sein, ob besondere Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, dass personenbezogen Daten des Betroffenen durch eine Internetsuche mittels seines Namens aufgefunden werden.
76(3) Die Frage, ob durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 die an die Zulässigkeit der Wiedergabe wahrer Tatsachenbehauptungen und zulässiger Werturteile aus dem Bereich der Sozialsphäre anzusetzenden Maßstäbe verändert werden, kann im vorliegenden Fall allerdings im Ergebnis offen bleiben. Denn der Senat ist nach Abwägung aller im vorliegenden Fall relevanten Umstände der Ansicht, dass hier ein besonders gelagerter Fall im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vorliegt, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt.
77(a) Dabei kann in diesem Zusammenhang zugunsten der Klägerin die streitige Behauptung als wahr unterstellt werden, dass sie aktuell keine Verbindung zum Betreiber des Online-Dating-Portals „G“ mehr hat und ausschließlich Hausfrau und Mutter ist. Denn dieser Umstand stellt nicht in Abrede, dass die Klägerin in ihrer Zeit als Geschäftsführerin eine Rolle im öffentlichen Leben gespielt hat und sämtliche Äußerungen auf den nachgewiesenen Internetseiten eine Zeit betreffen, in der sie für die Leitung der betreffenden Gesellschaft, eines Marktführers bei Internet-Partnerschaftsbörsen, verantwortlich war. Anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall handelt es sich vorliegend auch nicht um Tatsachen, die einen 16 Jahre zurückliegenden Zeitraum betreffen, sondern vielmehr um solche, die erst knapp sechs Jahre zurückliegen. Allein dieser erhebliche Unterschied beim Zeitmoment macht deutlich – auch wenn der Europäische Gerichtshof insofern keine starre Fristenregelung begründen wollte – dass die gegenseitige Interessenlage zwischen der Klägerin, der Beklagten und den beteiligten Nutzern bzw. Blog-Autoren hier nicht vergleichbar ist. Daneben ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Information über die frühere Stellung der Klägerin als Geschäftsführerin der N Media GmbH nicht nur aus den betreffenden Internetseiten, sondern auch aus dem Handelsregister als einem öffentlichen und für jedermann ohne besondere Beschränkungen einsehbaren Register ergeben. Des Weiteren spielt diese Information über die frühere berufliche Tätigkeit der Klägerin auch für ihr Privatleben keine derart gravierende Rolle, dass eine Sensibilität der entsprechenden Daten im Sinne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 bejaht werden könnte. Es handelt sich vielmehr um eine überwiegend sachlich geprägte und berufsbezogene Information, die weder Rückschlüsse auf das sonstige Privatleben der Klägerin zulässt noch es dem Nutzer ermöglicht, ein detailliertes Profil über ihre Person zu erstellen.
78Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf beruft, die besondere Beeinträchtigung und damit eine Sensibilität der Information für ihr Privatleben resultiere aus dem Kontext, in welchem auf den von der Beklagten nachgewiesenen Internetseiten ihr Name genannt werde, hält der Senat dies nicht für durchgreifend. Wie bereits oben ausgeführt, besteht der Inhalt der von der Beklagten nachgewiesenen Seiten überwiegend aus der Mitteilung wahrer Tatsachen sowie aus zulässigen Meinungsäußerungen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Name der Klägerin in zwei Fällen im Zusammenhang mit den Begriffen „Abzocke“ und „Betrug“ genannt wird. Denn diese Vorwürfe beziehen sich auf das Geschäftsgebaren der N Media GmbH, welches sich die Klägerin in ihrer Position als damalige Geschäftsführerin und Verantwortliche zurechnen lassen muss. Die beiden Werturteile werden im Übrigen im Zusammenhang mit der Wiedergabe einer in der Vergangenheit erfolgten Medienberichterstattung verwendet („Vor einem Jahr ist B509 den Hinweisen von Betroffenen nachgegangen und hatte darüber berichtet“), die sich kritisch mit dem Aufbau des Online-Dating-Portals befasst hatte („Flirtportale und Singlebörsen wie z.B. die Seite „G“ sind manchmal trickreich aufgebaut und häufig merken die Nutzer erst zu spät, dass sie auch hier am Ende kräftig zur Kasse gebeten werden!“). Einer solch kritischen Würdigung des Geschäftsgebarens der von ihr geleiteten Gesellschaft muss sich die Klägerin jedoch schon deshalb stellen, weil dies einen Teil ihrer nur einige Jahre zurückliegenden beruflichen Vergangenheit darstellt. Darüber hinaus treffen diese Vorwürfe mangels Mitteilung substantieller Tatsachen aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten keine Aussagen über ein vermeintliches persönliches Fehlverhalten der Klägerin. Vielmehr werden sie in einer nur pauschalen Art und Weise gebraucht und vermitteln dem Rezipienten keine Details, die einen Rückschluss auf eine eventuelle persönliche Verfehlung der Klägerin zuließen.
79(b) Im Hinblick auf diese in der Gesamtschau nur geringe Beeinträchtigung der Klägerin überwiegt das Interesse der Öffentlichkeit, die betreffenden Seiten mithilfe der Suchmaschine der Beklagten weiter auffinden zu können. Dies gilt sowohl bei der im Rahmen des Hauptantrages beanstandeten Suche mittels des Namens der Klägerin und weiteren Suchbegriffen als auch bei der im Rahmen des Hilfsantrages beanstandeten Suche nur mittels des Namens der Klägerin.
80(aa) Soweit die Nutzer, wie mit dem Hauptantrag angegriffen, neben dem Namen der Klägerin noch weitere Suchbegriffe in die Suchmaschine der Beklagten eingeben, hat bereits das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass damit notwendigerweise auch diejenigen Fälle erfasst sind, in denen die Nutzer den Namen der Gesellschaft oder andere Details der früheren beruflichen Tätigkeit der Klägerin kennen und gezielt nach weiteren Informationen aus diesem Bereich suchen. In einem solchen Fall ist aber dem Informationsinteresse der Nutzer schon deshalb der Vorrang gegenüber dem Recht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung einzuräumen, weil diese nicht ‑ gleichsam zufällig oder beliebig - ein Persönlichkeitsprofil des Betroffenen mithilfe der Suchmaschine der Beklagten erstellen, sondern vielmehr die Suchmaschine nutzen, um bereits vorhandene Informationen auf „einfachem“ Wege zu vervollständigen.
81Zwar werden vom Hauptantrag nicht nur solche Sucheinträge umfasst, die neben dem Namen der Klägerin berufsbezogene Suchworte wie beispielsweise den Namen der N Media GmbH oder den Begriff „G“ enthalten, sondern auch solche Sucheinträge, die neben dem Namen der Klägerin völlig beliebige weitere Begriffe aufweisen, die ihrerseits keinen Bezug zur ehemaligen beruflichen Tätigkeit der Klägerin haben müssen. In diesen Fällen kann daher nicht zwingend von einer bestehenden Vorinformation des Nutzers ausgegangen werden, die durch eine gezielte Suche im Internet lediglich erweitert werden soll. Insofern besteht allerdings keine prozessuale Möglichkeit, der Klägerin den geltend gemachten Anspruch zumindest teilweise zuzusprechen. Denn hier hätte es der Klägerin oblegen, ihren Antrag näher zu konkretisieren oder bestimmte „berufsbezogene“ Suchbegriffe anzugeben, die von der Unterlassungsverpflichtung der Beklagten hätten ausgenommen werden sollen. Ohne eine solche Darlegung ist nicht ersichtlich, wie durch eine abstrakte Umschreibung oder enumerative Aufzählung bestimmter Suchwörter ein hinreichend bestimmter und damit vollstreckungsfähiger Tenor erreicht werden kann.
82(bb) Auch in den vom Hilfsantrag der Klägerin umfassten Fällen, in denen lediglich der Name der Klägerin eingegeben wird, kann nach Ansicht des Senats ein besonders gelagerter Fall im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bejaht werden, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt.
83Die Öffentlichkeit hat angesichts der Tatsache, dass die früher von der Klägerin geleitete Firma weiterhin in demselben Geschäftsfeld tätig ist und weiterhin mit ihren Geschäftspraktiken in der Kritik steht, auch ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, wer für diese Vorkommnisse verantwortlich zeichnet und dies in zumindest nicht zu lange zurückliegender Zeit getan hat. Anders als in der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 ist nämlich vorliegend noch kein Zeitraum von 16 Jahren vergangen, bei dem – unter Heranziehung weiterer Umstände des Einzelfalls – ein Informationsinteresse der Öffentlich nicht mehr bejaht wurde. Vielmehr ist der hier in Rede stehende Zeitraum von knapp sechs Jahren noch nicht als so lang einzustufen, dass das Interesse der Öffentlichkeit als zu schwach bewertet werden müsste.
84Neben diesem Interesse an der Gesellschaft besteht auch ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an der Person der Klägerin als ehemaliger Geschäftsführerin. Ihr bisheriger beruflicher Werdegang ist nicht nur für potentielle Arbeitgeber und/oder Geschäftspartner von Bedeutung, sondern auch für sonstige Nutzer der Suchmaschine der Beklagten. Da die Klägerin die Tätigkeit als Geschäftsführerin freiwillig übernommen und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt hat, stellen die diesbezüglichen im Internet noch vorhandenen Informationen einen Teil ihres der Öffentlichkeit zugewandten Berufslebens dar, womit sie jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt eine entsprechende Identifizierung durch die Öffentlichkeit noch hinzunehmen hat. Anders als in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 sind die von der Beklagten nachgewiesenen Seiten auch nicht eindeutig ohne jeglichen Informationswert. Der Europäische Gerichtshof hat in dem von ihm entschiedenen Fall eine Abwägung der jeweiligen Interessen im Einzelfall vorgenommen, wobei zum einen – das mit der vorliegend verstrichenen Frist nicht vergleichbare – Zeitmoment und zum anderen der Gesichtspunkt einer Zweckerreichung eine Rolle spielten: Die personenbezogenen Daten des dort Betroffenen waren zu dem Zweck in einer Zeitungsanzeige veröffentlicht worden, eine möglichst große Zahl von Bietern zur Teilnahme an einem Versteigerungstermin zu bewegen und damit einen möglichst großen Erlös zugunsten der pfändenden Sozialkasse zu ermöglichen. Diese Zielsetzung war mit Beendigung der Pfändungsmaßnahmen erledigt, so dass durch die weitere Verbreitung der Information im Internet der ursprüngliche Zweck nicht mehr gefördert werden konnte. Vorliegend geht es dagegen um die Stellung der Klägerin als (ehemalige) Geschäftsführerin, die – auch wenn diese Stellung nach dem klägerischen Vortrag nunmehr seit einigen Jahren bei der konkreten Firma beendet ist – im Hinblick auf neue bzw. weitere Tätigkeiten der Klägerin von Bedeutung sein kann.
852. Die Klägerin hat gegen die Beklagte ebenfalls keinen Anspruch auf Unterlassung der Anzeige der beanstandeten Suchergebnisse – und zwar sowohl nach dem Haupt- als auch nach dem Hilfsantrag – gemäß § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG.
86a. Zwar ist das BDSG vorliegend nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG anwendbar, weil die Beklagte als juristische Person des privaten Rechts eine nicht-öffentliche Stelle im Sinne von § 2 Abs. 4 S. 1 BDSG ist und unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen personenbezogene Daten der Klägerin im Sinne von § 3 BDSG verarbeitet.
87Der Begriff der personenbezogenen Daten umfasst alle Informationen, die über eine Bezugsperson etwas aussagen oder mit ihr in Verbindung zu bringen sind. Das sind nicht nur klassische Daten wie etwa der Name oder der Geburtsort, sondern auch Meinungsäußerungen, Beurteilungen und Werturteile, die sich auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betroffenen beziehen, die Wiedergabe von mündlichen und schriftlichen Aussagen eines Betroffenen und die Darstellung des privaten oder des dienstlichen Verhaltens eines Betroffenen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328; Simitis (Dammann), BDSG, 8. Auflage 2014, § 3 BDSG Rn. 7). Personenbezogene Daten sind vorliegend der Name der Klägerin, die mit der Nennung dieses Namens verbundene Identifizierung ihrer Stellung als (ehemaliger) Geschäftsführerin der N Media GmbH sowie die über die Gesellschaft geäußerten Werturteile.
88Diese Daten werden von der Beklagten im Sinne von § 3 BDSG verarbeitet, weil sie diese durch systematische Durchsuchung des Internets auffindet, indexiert, speichert und sodann in Form von Ergebnislisten an die Nutzer nach Eingabe entsprechender Suchwörter bzw. Suchwortkombinationen übermittelt. Soweit der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12, juris Rn. 25 und 28) diese Tätigkeit der Beklagten generalisierend als „Verarbeitung“ bezeichnet, liegt dies darin begründet, dass die Richtlinie 95/46/EG in Art. 2 b) anders als das Bundesdatenschutzgesetz nicht zwischen Erheben, Verarbeiten (in Form des Speicherns, Veränderns, Übermittelns, Sperren und Löschens) und Nutzen von personenbezogenen Daten differenziert, sondern vielmehr den Begriff „Verarbeiten“ als einheitlichen Oberbegriff verwendet.
89b. Dem Anspruch der Klägerin steht auch nicht das Medienprivileg nach § 41 Abs. 1 BDSG i.V.m. § 57 des Rundfunkstaatsvertrages entgegen. Denn diese Sonderstellung der Medien ist daran gebunden, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten einer pressemäßigen Veröffentlichung dient, die Daten also ausschließlich für eigene journalistisch-redaktionelle oder literarische Zwecke bestimmt sind. Übertragen auf den Bereich der Telemedien kann mithin die reine Übermittlung von erhobenen Daten an Nutzer nicht unter den besonderen Schutz der Presse fallen, weil die bloße automatische Auflistung von redaktionellen Beiträgen noch nicht eine eigene journalistisch-redaktionelle Gestaltung darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, juris Rn. 13; BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328). Selbst die Beklagte macht vorliegend nicht geltend, dass eine journalistisch-redaktionelle Bearbeitung der Ergebnisliste erfolgt und daher das Medienprivileg für sie einschlägig wäre.
90c. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin scheitert jedoch daran, dass die geschäftsmäßige Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG und deren Übermittlung durch die Beklagte an die Nutzer in Form einer Ergebnisliste nach § 29 Abs. 2 BDSG zulässig ist.
91aa. Entscheidend für die Abgrenzung von § 28 BDSG und § 29 BDSG ist der vom privatwirtschaftlichen Datenverarbeiter verfolgte Zweck. Erfolgt die Datenverarbeitung "als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke", ist sie also lediglich Hilfsmittel zur Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der datenverarbeitenden Stelle, so beurteilt sich ihre Zulässigkeit nach § 28 BDSG (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 - VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328). Werden die Daten hingegen geschäftsmäßig "zum Zwecke der Übermittlung" verarbeitet, ist die Datenübermittlung selbst also eigentlicher Geschäftsgegenstand, so gilt § 29 BDSG (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2014 – VI ZR 358/13, juris Rn. 15). Unter Beachtung dieser Grundsätze ist vorliegend § 29 BDSG anzuwenden. Denn unmittelbarer Zweck der Suchmaschine der Beklagten und mithin Gegenstand ihrer Tätigkeit ist es, den Nutzern die im Internet recherchierten und auf Servern der Beklagten gespeicherten (personenbezogenen) Daten zu übermitteln. Weil diese Tätigkeit auf Wiederholung gerichtet und auch auf eine gewisse Dauer angelegt ist, erfolgen Datenerhebung und Datenspeicherung, wie für die Anwendung des § 29 BDSG erforderlich, auch geschäftsmäßig (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 29 BSDG Rn. 108).
92Zwar hat die Beklagte in den einzelnen europäischen Ländern und so auch in Deutschland, Zweigniederlassungen bzw. Tochtergesellschaften gegründet, deren Geschäftszweck darin besteht, Werbeflächen auf der Internetseite www.H.com zu vermarkten, auf denen Unternehmen für ihre Waren oder Dienstleistungen Werbeanzeigen einbetten können, die mit den vom Nutzer eingegebenen Suchwörtern verknüpft sind. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Beklagte im Sinne von § 28 BDSG die Daten als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke erhebt bzw. übermittelt. Denn durch die gleichzeitige Ermöglichung von Werbeeinnahmen wird die Verwendung von Daten noch nicht zum Hilfsmittel für die Erfüllung geschäftlicher, beruflicher oder gewerblicher Zwecke (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 22: Nutzung der im Rahmen von Kauf-, Kredit-, Miet- oder Reiseverträgen anfallenden Kundendaten für die spezifischen Vertragsziele). Vielmehr sind die im Internet von der Beklagten recherchierten Informationen, die teilweise auch personenbezogene Daten enthalten, die eigentliche „Ware“, mit deren Übermittlung an die Nutzer – zur leichteren Auffindbarkeit der von diesen nachgesuchten Informationen – die Beklagte Geld zu verdienen versucht. Dass zur Finanzierung der Website auch Werbeanzeigen verbreitet werden, ist dagegen nicht Zweck der Datenerhebung. Diese Erhebung erfolgt vielmehr im Informationsinteresse der Nutzer, denen die Beklagte die grundsätzliche bzw. schnellere Auffindbarkeit von Informationen im Internet ermöglicht.
93bb. Die Beklagte durfte die personenbezogenen Daten der Klägerin nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zum Zwecke der Übermittlung erheben. Denn diese Daten konnten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden und das schutzwürdige Interesse der Klägerin am Ausschluss dieser Erhebung überwiegt nicht offensichtlich.
94(1) Die Beklagte hat die Daten der Klägerin aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen. Allgemein zugänglich sind solche Quellen, die sich nach ihrer technischen Ausgestaltung und Zielsetzung dazu eignen, einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu vermitteln (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 152). Dazu zählen nicht nur Angaben in Massenmedien wie Zeitung, Rundfunk oder Fernsehen, sondern auch Daten auf Internetseiten, CD-ROM-Dateien, Lexika, Adressen- und Telefonverzeichnissen etc. (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 151 m.w.N.). Kann sich die Beklagte also schon deshalb auf die grundsätzliche Zulässigkeit ihrer Datenerhebung berufen, weil die von ihr erhobenen Daten der Klägerin, wie sie den streitgegenständlichen Treffern der Ergebnisliste zugrunde liegen, ausschließlich von Internetseiten stammen, streitet im vorliegenden Fall ein weiterer Grund für die Zulässigkeit der Datenerhebung: Die Klägerin wendet sich maßgeblich dagegen, dass mithilfe der Tätigkeit der Beklagten Seiten aufgefunden werden können, die die Klägerin als frühere Geschäftsführerin der N Media GmbH benennen und sie mit den auf einigen dieser Seiten enthaltenen kritischen Bewertungen des Geschäftsgebarens der N Media GmbH in Verbindung bringen. Die Stellung der Klägerin als (ehemalige) Geschäftsführerin ist jedoch eine Information, die sich nicht nur aus dem Internet, sondern auch aus dem Handelsregister als einer allgemein zugänglichen Quelle ergibt. Zu den allgemein zugänglichen Quellen im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zählen auch öffentliche Register, wenn die Einsichtnahme nicht bestimmten, wie auch immer abgegrenzten Personenkreisen vorbehalten ist oder von dem Vorliegen eines berechtigten Interesses oder einer damit vergleichbaren Anforderung abhängt (vgl. Simitis (Simitis), BDSG, 8. Auflage 2014, § 28 BDSG Rn. 153). Diesen Quellen unterfällt damit auch das Handelsregister, bei dem die Einsichtnahme zwar unter Umständen kostenpflichtig ist, jedoch nicht von der Darlegung eines berechtigten Interesses abhängt. Vielmehr ist nach § 9 Abs. 1 S. 1 HGB die Einsichtnahme in das Handelsregister selbst sowie in die zu diesem eingereichten Dokumente jedem Dritten zu Informationszwecken gestattet (vgl. BGH, Beschl. v. 12.7.1989 – IVa ARZ (VZ) 9/88, NJW 1989, 2818). Im Rahmen einer solchen Auskunft kann zwar nicht gezielt nach dem Namen eines Geschäftsführers einer Gesellschaft gesucht werden, jedoch steht für die einzelnen Gesellschaften auch ein sog. chronologischer Ausdruck zur Verfügung (vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 HRV), in welchem z.B. auch ehemalige Geschäftsführer aufgeführt werden.
95(2) Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen vermag der Senat nicht festzustellen, dass das schutzwürdige Interesse der Klägerin an dem Ausschluss der Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung offensichtlich überwiegt. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Europäische Gerichtshof nicht über den Fall zu entscheiden hatte, dass die personenbezogenen Daten aus einem öffentlichen Register entnommen wurden, welches nach § 7 HRV elektronisch geführt wird, der Öffentlichkeit zur Einsichtnahme frei zugänglich ist und in welchem die Daten nicht nach einem bestimmten Zeitablauf oder nach „Zweckerreichung“ wieder gelöscht werden. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber hinsichtlich der im Handelsregister enthaltenen Daten und damit auch hinsichtlich der Namen der (ehemaligen) Geschäftsführer dafür entschieden, auch bei Änderung einer eingetragenen Tatsache die ursprüngliche Information in diesem öffentlichen Register beizubehalten (vgl. § 12 S. 2 HRV: „Aus dem Register darf nichts durch technische Eingriffe oder sonstige Maßnahmen entfernt werden“), wodurch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch an diesem vergangenen Sachverhalt indiziert wird. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin weiterhin, wenn auch gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 HRV nur in geröteter Form, im Handelsregister als ehemalige Geschäftsführerin genannt wird und dies bei einer entsprechenden Recherche in Form eines chronologischen Ausdrucks (vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 HRV) auch für die Öffentlichkeit ersichtlich ist, ist jedenfalls kein offensichtlich überwiegendes Interesse ihrerseits zu erkennen, dass diese Information nicht (auch) über die erleichterte Zugänglichkeit einer Internetsuchmaschine erreichbar ist.
96Soweit die Klägerin unter Hinweise auf die Informationsfunktion des Handelsregisters darauf abstellt, dass eventuelle Ansprüche gegen sie als (ehemalige) Geschäftsführerin zwischenzeitlich verjährt seien und damit auch kein Interesse der Öffentlichkeit mehr ersichtlich sei, die Verbindung zwischen ihr und der N Media GmbH zu ziehen, greift dies ebenfalls nicht durch. Denn der Gesetzgeber hat sich gerade dafür entschieden, auch bei Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse keine Veränderungen am Handelsregister vorzunehmen, so dass dies auf ein schutzwürdiges Interesse der Öffentlichkeit schließen lässt, auch Sachverhalte zu recherchieren, in denen Ansprüche möglicherweise bereits verjährt sind. Vor dem Hintergrund dieser Regelung sowie des – im Vergleich zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes – vergleichsweise kurzen Zeitraums von sechs Jahren, der seit der Abberufung der Klägerin als Geschäftsführerin verstrichen ist, kann daher jedenfalls kein offensichtlich überwiegendes Interesse der Klägerin festgestellt werden.
97cc. Die Beklagte durfte die damit zulässigerweise erhobenen personenbezogenen Daten der Klägerin des Weiteren auch im Rahmen von Suchanfragen – entweder nur unter Nennung des Namens der Klägerin oder aber unter Nennung des Namens in Kombination mit weiteren Suchbegriffen – in Form von Ergebnislisten an die Nutzer gemäß § 29 Abs. 2 BDSG übermitteln. Eine solche Übermittlung ist zulässig, wenn der Dritte, dem die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft dargelegt hat, die Übermittlung sich im Rahmen der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG hält und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt:
98(1) Soweit die Zulässigkeit der Datenübermittlung § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG grundsätzlich daran gebunden ist, dass der Empfänger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten glaubhaft darlegt, steht dies im vorliegenden Fall einer zulässigen Übermittlung nicht entgegen. Zwar können die Nutzer, welche nach Eingabe von bestimmten Suchwörtern eine Ergebnisliste von der Beklagten erhalten, im Rahmen dieser Suchworteingabe weder ein berechtigtes Interesse darlegen noch dieses glaubhaft machen. Jedoch ist § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG im Hinblick auf diese Anforderung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verfassungskonform auszulegen, um das Grundrecht der Meinungsfreiheit gebührend zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08, BGHZ 181, 328).
99(a) Im Falle der Übermittlung von Daten durch ein Meinungsportal hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, dass der durch den Portalbetreiber im Internet organisierte Informationsaustausch bei Einführung des § 29 BDSG am 1.6.1991 weder technisch möglich noch vorhersehbar gewesen sei. Vielmehr habe § 29 BDSG die "klassischen" geschäftlichen Datenverarbeitungen wie beispielsweise den gewerbsmäßigen Adresshandel oder Auskunftsdateien reglementieren sollen. Für Datenabfragen aus Bewertungsforen führe mithin die wortgetreue Anwendung der Vorschriften in § 29 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 4 BDSG zu einem Widerspruch zu dem sich aus Art. 5 Abs. 1 GG ergebenden Recht auf uneingeschränkte Kommunikationsfreiheit, da das Recht der Meinungsfreiheit auch das Recht umfasse, mit seiner Meinung gehört zu werden und diese zu verbreiten. Würde man jedoch die Verbreitung von Beiträgen zur Meinungsbildung in Form der Teilnahme an einem Meinungsforum im Internet nur für zulässig erachten, sofern dabei keine persönliche Daten übermittelt würden, dann würden Meinungs- und Informationsfreiheit auf Äußerungen ohne datenmäßig geschützten Inhalt beschränkt, außer es läge die Einwilligung des Betroffenen vor. Auch wenn sich Bewertungsportale naturgemäß in einem Spannungsfeld bewegten, in dem der Betroffene bei negativen Bewertungen ein Interesse an dem Ausschluss der Verwendung seiner Daten habe, seien Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig seien (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 28.8.2000 – 1 BvR 1307/91, NJW 2001, 503). Die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an die abfragenden Nutzer müsse deshalb aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt werden, beurteilt werden.
100(b) Diese Erwägungen des Bundesgerichtshofs zur verfassungskonformen Auslegung von § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG sind nach Ansicht des Senats auch auf Datenabfragen mittels einer Suchmaschine anwendbar. Auch wenn die Beklagte vorliegend kein Portal betreibt, welches dem Meinungsaustausch dient, sondern vielmehr im Internet Informationen sammelt und auswählt, um sie den Nutzern in Abstimmung mit den von diesen eingegebenen Suchwörtern zur Verfügung zu stellen, ist zu konstatieren, dass ohne die Hilfestellung einer solchen Suchmaschine das Internet aufgrund der nicht mehr überschaubaren Flut von Einzeldaten für den Einzelnen nicht mehr nutzbar wäre. Letztlich ist damit die Nutzung des Internet durch den Einzelnen insgesamt auf die Existenz und Verfügbarkeit von Suchmaschinen angewiesen. Auch wenn die Beklagte also nicht den Meinungsaustausch über ein konkretes Thema im Rahmen eines Portals sicherstellt, muss die Nutzung ihrer Suchmaschine in gleicher Weise Schutz in Form einer verfassungskonformen Auslegung von § 29 Abs. 2 Nr. 1 BDSG genießen. Denn sie dient dem schutzwürdigen Interesse des Einzelnen, sich im Internet durch Eingabe selbst gewählter Suchwörter schnell und umfassend über bestimmte Themen zu informieren und die dazu maßgeblichen Seiten mittels der Ergebnislisten der Beklagten überhaupt bzw. schneller auffinden zu können.
101(c) Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, dass die Zulässigkeit der Datenübermittlung durch die Beklagte an die Nutzer in Form der Einblendung einer Ergebnisliste nicht daran scheitert, dass die Nutzer im Zeitpunkt der Suchworteingabe kein berechtigtes Interesse an Inhalt ihrer Suche glaubhaft dargelegt haben. Vielmehr kommt es im Rahmen der erforderlichen verfassungskonformen Auslegung darauf an, zu welchem Ergebnis eine Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen mit dem Informationsinteresse der Suchmaschinennutzer und dem Interesse des Suchmaschinenbetreibers an einer Übermittlung der Daten führt. Entsprechend den obigen Ausführungen ist vorliegend dem Informationsinteresse der Nutzer der Vorrang vor den persönlichkeitsrechtlichen Interessen der Klägerin einzuräumen.
102(2) Die Beklagte hat die Übermittlung der Daten an die Nutzer auch im Rahmen der Zwecke nach § 29 Abs. 1 BDSG vorgenommen, da dessen Voraussetzungen – Erhebung der personenbezogenen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen – wie oben bereits dargelegt gewahrt sind.
103(3) Schließlich stehen auch schutzwürdige Interessen der Klägerin der Übermittlung ihrer Daten durch die Beklagte an die anfragenden Nutzer nicht entgegen. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen, die bei der im Rahmen von § 29 Abs. 2 Nr. 2 BDSG vorzunehmenden Abwägung zu berücksichtigen sind, können in der Wahrung seines Persönlichkeitsrechts, aber auch in der Abwehr von wirtschaftlichen Nachteilen liegen, die bei der Veröffentlichung der Daten zu besorgen sind. Bietet die am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Abwägung keinen Grund zu der Annahme, dass die Übermittlung der in Frage stehenden Daten zu dem damit verfolgten Zweck schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt, ist die Übermittlung zulässig. Die im Streitfall damit vorzunehmende Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin in Form ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, dem wirtschaftlichen Interesse der Beklagten sowie dem von ihrer Tätigkeit ermöglichten bzw. unterstützten Recht auf Informations- und Kommunikationsfreiheit der Nutzer und der Blog-Autoren nach Art. 5 Abs. 1 GG ergibt sowohl im Rahmen des Haupt- als auch des Hilfsantrages kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin, das die entgegenstehenden Interessen der Beklagten und der Nutzer überwiegt und damit zum Ausschluss der Übermittlung führen kann. Insofern kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
104dd. Auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben folgt kein anderes Ergebnis aus der vorgenannten Abwägung der kollidierenden Rechtspositionen. Denn auch die Anwendung der Grundsätze, wie sie der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12) aufgestellt hat, führt nicht dazu, dass den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin der Vorrang vor dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einzuräumen ist.
105(1) Wie bereits oben ausgeführt, scheitert die Übertragung der Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs aus der Entscheidung vom 13.5.2014 (C-131/12) nicht daran, dass in der dort entschiedenen Fallkonstellation ein Eingriff in das „Privatleben“ geprüft bzw. die Internetsuche ausschließlich mit dem Namen des Betroffenen durchgeführt wurde. Auch hält der Senat es für erwägenswert, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 13.5.2014 (C-131/12) ein abweichendes Regel-Ausnahmeverhältnis für die Prüfung eines Eingriffs in das im Rahmen der Sozialsphäre des Betroffenen angesiedelte Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu entnehmen. Insofern wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen, wonach bei einem Nachweis von Informationen des Privatlebens des Betroffenen durch eine Suchmaschine die durch Art. 7 und 8 der Grundrechtscharta geschützten Rechte der betroffenen Person grundsätzlich nicht nur gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers, sondern auch gegenüber dem Interesse der breiten Öffentlichkeit überwiegen und nur in besonders gelagerten Fällen der Ausgleich von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person und vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information abhängt (vgl. EuGH, Urt. v. 13.5.2014 – C-131/12, juris Rn. 81, 97). Der Senat ist allerdings nach Abwägung aller im vorliegenden Fall relevanter Umstände der Ansicht, dass hier ein solcher besonders gelagerter Fall vorliegt, der den Eingriff in das Privatleben der Klägerin jedenfalls im aktuellen Zeitpunkt noch rechtfertigt. Auch insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
106(2) Die Klägerin kann sich im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs nach § 1004 analog, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 29 BDSG auch nicht mit Erfolg auf die Fristenregelung in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG berufen. Dabei mag zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass es sich bei ihrer früheren Stellung als Geschäftsführerin der N Media GmbH um einen „erledigten Sachverhalt“ im Sinne dieser Vorschrift handelt. Denn jedenfalls spricht entscheidend gegen eine Übertragung dieser Fristenregelung bzw. ihres Rechtsgedankens auf den vorliegenden Abwägungsvorgang, dass in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG keine Löschungspflicht der speichernden Stelle nach Ablauf der jeweiligen Zeitdauer statuiert wird, sondern lediglich eine Pflicht zur Prüfung der datenschutzrechtlichen Belange, deren Ausgang vom Ergebnis einer Erforderlichkeitsprüfung im Einzelfall abhängt und damit völlig offen ist.
107Die Regelung in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG ist auch nicht im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 (C-131/12) dahingehend auszulegen, dass sie bei Betroffenheit von personenbezogenen Daten eine Löschungspflicht nach Ablauf der dort genannten Fristen festlegt. Denn der Europäische Gerichtshof hat in der vorgenannten Entscheidung nicht generell festgelegt, dass im Internet vorhandene personenbezogene Daten des Betroffenen nach Ablauf einer festen Frist vom Suchmaschinenbetreiber nicht mehr nachgewiesen werden dürfen, sondern hat eine Abwägung der jeweiligen Interessen im Einzelfall vorgenommen. Bei dieser Abwägung spielte zwar auch das Zeitmoment von 16 Jahren eine Rolle. Dieses ist jedoch der vorliegenden Zeitspanne von sechs Jahren zum einen nicht vergleichbar und zum anderen stellte der Zeitablauf auch nur einen Gesichtspunkt von mehreren in der Abwägung der gegenseitigen Interessen dar.
1083. Schließlich kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf § 35 Abs. 1 BDSG stützen. Denn die in dieser Norm enthaltene Pflicht, personenbezogene Daten unter bestimmten Umständen zu löschen, entspricht nicht dem Rechtsschutzziel der Klägerin. Sie macht mit der vorliegenden Klage keine Verpflichtung der Beklagten geltend, eine eventuell vorhandene statische Ergebnisliste in ihrem Speicher zu löschen, sondern will unter Berufung auf das sog. „Recht auf Vergessen“ erreichen, dass die Beklagte bei Eingabe der beanstandeten Suchbegriffe im Rahmen einer Internetsuche den Nutzern bestimmte Ergebnisse nicht mehr anzeigt. Insofern kann ein Löschungsanspruch der Klägerin, der sich lediglich auf die ggf. auf den Servern der Beklagten vorgehaltenen Informationen beziehen kann, dieses Ziel nicht erreichen. Denn da die Tätigkeit der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine einen dynamischen Prozess darstellt, bei dem – ausgehend von den durch die Nutzer eingegebenen Suchworten – das Internet aktuell durchsucht und mit den gefundenen Treffern jeweils eine (neue) Ergebnisliste erstellt wird, würde die Beklagte nach Löschung der beanstandeten Treffer von ihren Servern bei einer erneuten Suche diesen Treffer wieder finden und an die Nutzer übermitteln können. Ein solches Verhalten kann lediglich mit einem Unterlassungsanspruch verhindert werden, da die Beklagte dann verpflichtet wäre, dafür zu sorgen, dass der entsprechende Treffer bei einer erneuten Suche künftig nicht mehr auf der Ergebnisliste erscheint.
1094. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und 2 ZPO. Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Zwar handelt es sich bei der Frage, ob und ggf. in welchem Maße die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 Auswirkungen auf die Maßstäbe hat, die bei einer Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Bereich der Sozialsphäre abwägungsrelevant sind, um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich künftig möglicherweise in einer Vielzahl von Fällen stellen wird. Jedoch ist diese Frage im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, weil der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch – wie oben ausgeführt – auch dann nicht besteht, wenn man die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.5.2014 zugunsten der Klägerin in die Abwägung mit einbezieht.
110Streitwert: 50.000 Euro