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Auf die Beschwerde der Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Jülich vom 04.05.2021 – 18 F 236/20 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht –Familiengericht – Jülich zurückverwiesen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000,00 € festgesetzt(§ 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG).
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller ist der leibliche Vater des Kindes A, geb. am xx.xx.20218; die Kindeseltern waren nicht verheiratet. Vorliegend hat er Umgänge begehrt, wobei die Kindesmutter zunächst Umgang als solchen nicht verweigert, sich aber gegen unbegleitete Übernachtungskontakte ausgesprochen hatte.
4Im Verhandlungstermin vom 30.09.2020 haben die Kindeseltern einen „Zwischenvergleich“ geschlossen, der „zunächst“ durch die Großmutter mütterlicherseits begleitete Umgänge des Vaters an jedem geraden Wochenende, Samstag und Sonntag von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr, vorsah. Die Regelung solle „bei Bedarf“ bis zu sechs Monate gelten, wobei den Beteiligten freigestellt war, zuvor unbegleitete Umgänge oder Übernachtungen vorzunehmen. Komme es nicht zu einer Einigung, solle ein neuer Termin beantragt werden. Wegen des weiteren Inhalts des Vergleichs, für den eine familiengerichtliche Genehmigung nicht vorliegt, wird auf Bl. 48r d.A. verwiesen.
5Mit Schriftsatz vom 12.02.2021 (Bl. 51 d.A.) hat der Verfahrensbeistand ein Konvolut von Schreiben des Kindsvaters auf dessen Bitte an das Gericht weitergeleitet, aus welchem sich ergab, dass dieser mit der Begleitung durch die Großeltern nicht einverstanden sei; seit Dezember 2020 hat er keinen Kontakt zur Tochter mehr. Dieses Schreiben hat das Gericht mit Verfügung vom 19.02.2021 an die Beteiligten mit dem Zusatz, dass kein Handlungsbedarf gesehen werde, weitergeleitet (Bl. 50r d.A.); auf eine entsprechende gerichtliche Nachfrage vom 07.04.2021 (Bl. 57 d.A.) hin haben – jeweils anwaltlich vertreten – der Kindsvater (Bl. 59 d.A.) und die Kindesmutter (Bl. 63 d.A.) das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.
6Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht – Familiengericht – Jülich sodann beschlossen, das Verfahren werde „nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Beteiligten beendet“, und – bei Absehen von der Erhebung von Gerichtskosten – im Übrigen von einer Kostenerstattung abgesehen. Eine weitere Begründung ist nicht erfolgt.
7Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Kindsvaters, mit welcher dieserUmgangskontakte anstrebt und zu deren Begründung er vorbringt, er habe keine Erledigung erklären wollen, das Verfahren habe sich auch nicht erledigt. Er habe die Umgänge beendet, auch aus Verärgerung darüber, dass seine – des Kindsvaters – Eltern von der Kindesmutter mit Frieda besucht würden, obwohl er selbst zu ihnen keinen Kontakt mehr habe und diesen auch für seine Tochter ablehne. Die Kindesmutter tritt dem Umgangsbegehren entgegen, das sie – aufgrund diverser Beleidigungen und Drohungen in Mitteilungen des Kindsvaters, wegen derer auf Bl. 111 ff. d.A. – für kindeswohlgefährdend hält.
8II.
9Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung. Das Amtsgericht hat eine unzulässige Teilentscheidung über die Kosten getroffen und hierbei den Charakter des Umgangsverfahrens als Amtsverfahren verkannt.
10Zwar ist in dem – von der Dispositionsbefugnis der Parteien geprägten – Zivilprozess eine übereinstimmende Erledigungserklärung beider Seiten grundsätzlich bindend und vor allem auch – nachdem die Gegenseite zugestimmt hat – nicht mehr widerruflich oder anfechtbar (BGH, Beschl. v. 14.05.2013 – II ZR 262/08, NJW 2013, 2686).
11In einem Umgangsverfahren wie dem vorliegenden, welches nicht nur ein Familienverfahren, §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 2 FamFG, sondern auch ein Amtsverfahren darstellt (vgl. Keidel-Sternal, 20. Aufl. (2020), § 23, Rn. 5), ist indes eine Beendigung nicht durch Antragsrücknahme oder übereinstimmende Erledigung möglich (§ 22 Abs. 4 FamFG), sondern nur entweder durch eine Umgangsregelung nach § 1684 Abs. 3 BGB, die Billigung eines Umgangsvergleichs nach § 156 Abs. 2 FamFG,einen Umgangsausschluss gem. § 1684 Abs. 4 BGB oder – nach entsprechender Prüfung – durch eine gerichtliche begründete Feststellung, dass es keiner familiengerichtlichen Umgangsregelung (mehr) bedarf, etwa weil die Beteiligten sich außergerichtlich geeinigt haben (vgl. OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.05.2020 – 2 UF 187/19, FamRZ 2020, 1189; Staudinger-Dürbeck (2019), § 1684, Rn. 182; Opitz, NZFam 2021, 191 (199)).
12Die vom Amtsgericht getroffene Kostenentscheidung stellt sich – mangels einer Hauptsacheentscheidung i.o.S. - daher als unzulässige Teilentscheidung dar, die zur Aufhebung und Zurückverweisung berechtigt:
131. Das Amtsgericht hätte den Kostenbeschluss, der ausweislich der (Tenor-)Begründung auf die übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten gestützt worden ist, nicht erlassen dürfen, da eine abschließende Kostenentscheidung nach dem zuvor Ausgeführten nicht eröffnet war. Hierfür wäre Voraussetzung, dass das Verfahren wirksam beendet worden wäre. Daran fehlt es aber. Der „Zwischenvergleich“ hat – bereits ungeachtet seines schon ausweislich des Wortlauts nur vorläufigen Charakters – das Verfahren mangels gerichtlicher Billigung nach § 156 Abs. 2 FamFG nicht beenden können (vgl. BGH, Beschl. v. 10.07.2019 – XII ZB 507/18, FamRZ 2019, 1616). Eine Entscheidung zum Umgang – oder zum Umgangsausschluss – hat das Amtsgericht nicht getroffen. Schließlich genügt – ungeachtet der Frage, welche inhaltlichen und formalen Anforderungen an die gerichtliche Feststellung, dass es einer Umgangsregelung nicht mehr bedürfe, zu stellen sind (dazu OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.05.2020 – 2 UF 187/19, FamRZ 2020, 1189) - die angefochtene Entscheidung diesen Anforderungen jedenfalls deshalb nicht, weil ohne jegliche Ausführung dazu, ob das Regelungsbedürfnis für eine Umgangsentscheidung tatsächlich entfallen ist, (nur) aufgrund der Beteiligtenerklärungen eine Erledigung angenommen worden ist („Das Verfahren wird nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Beteiligten beendet).
14Dass das Amtsgericht selbst – wie es aus dem Charakter des Amtsverfahrens folgt – geprüft hätte, ob ein Regelungsbedürfnis entfallen sei, lässt sich der Akte, auch den Aktenvermerken, nicht hinreichend sicher entnehmen. Der Vermerk vom 19.02.2021 (Bl. 50r d.A.), wonach auch angesichts der privatschriftlichen Eingaben des Kindsvaters „kein weiterer Handlungsbedarf“ gesehen werde, genügt hierfür schon deshalb nicht, weil er zeitlich vor der Erledigungserklärung (15.04.2021) datiert, ganz ungeachtet des Umstandes, dass diese Einschätzung allein auf der Grundlage des Vorbringens nur eines der Beteiligten nicht sicher hätte getroffen werden können. Auch die Verfügung vom 07.04.2021 (Bl. 57 d.A.), in welcher um Stellungnahme gebeten wird, ob die Beteiligten eine endgültige Regelung gefunden hätten, führt – ohne die Notwendigkeit einer eigenen gerichtlichen Prüfung zu erwähnen – lediglich aus, „wenn alle Beteiligten die Sache übereinstimmend für erledigt erklären, ist seitens des Gerichts nur noch (!) über die Kosten zu entscheiden“.
152. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass das Amtsgericht – ohne in der Sache über die Frage des Regelungsbedürfnisses von Umgängen entschieden zu haben – (nur) über die Kosten entschieden hat, so dass ein Fall des § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG vorliegt, der zur Aufhebung und Zurückverweisung führt (so auch OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.05.2020 – 2 UF 187/19, FamRZ 2020, 1189). Das Amtsgericht wird nun – nachdem aufgrund des Beschwerdevorbringens nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass die Beteiligten kein Regelungsbedürfnis für Umgänge sehen – zu prüfen haben, ob und in welchem Umfang im Lichte der weiteren Entwicklung nach dem Zwischenvergleich Umgänge – gegebenenfalls begleitet – geregelt werden können.