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Der Antrag des Klägers vom 14.07.2021 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers vom 20.05.2021 gegen das Urteil des Landgerichts Klägers vom 22.04.2021 – 24 O 247/20 – wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 20.000 € festgesetzt.
Oberlandesgericht Köln
2Beschluss
3In dem Rechtsstreit
4hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln am 23.08.2021 durch den Richter am Oberlandesgericht C., die Richterin am Amtsgericht F. und die Richterin am Oberlandesgericht S.
5beschlossen:
6Der Antrag des Klägers vom 14.07.2021 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
7Die Berufung des Klägers vom 20.05.2021 gegen das Urteil des Landgerichts Klägers vom 22.04.2021 – 24 O 247/20 – wird als unzulässig verworfen.
8Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
9Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 20.000 € festgesetzt.
10G r ü n d e
11I.
12Mit Schriftsatz vom 20.05.2021 hat der Kläger gegen das ihm am 03.05.2021 zugestellte Urteil des Landgerichts Köln vom 22.04.2021, mit dem der von ihm geltend gemachte Deckungsanspruch abgewiesen wurde, Berufung bei dem Oberlandesgericht eingelegt. Am 09.07.2021 wurden die Prozessbevollmächtigten des Klägers von der Senatsgeschäftsstelle ausweislich eines von dieses gefertigten Vermerks (Bl. 270R GA) telefonisch auf die fehlende Berufungsbegründung hingewiesen. Mit Schriftsatz vom 14.07.2021, eingegangen am selben Tag, haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt und die Berufung unter Ankündigung entsprechender Berufungsanträge auch sogleich in der Sache begründet. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers u.a. vorgetragen, dass am 30.06.2021 ein Schriftsatz mit dem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 03.08.2021 gefertigt worden sei. Dieser Schriftsatz sei von dem zuständigen Rechtsanwalt am 01.07.2021 um 17.49 Uhr mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen worden. Der Rechtsanwalt habe die Angestellte V. daraufhin angewiesen, den Schriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) sofort an das Oberlandesgericht zu übermitteln. Die Angestellte habe den Schriftsatz daraufhin mit weiteren Fristverlängerungsgesuchen über das beA an das Oberlandesgericht versandt. Im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass der Schriftsatz tatsächlich nicht übermittelt worden sei. Die Prozessbevollmächtigten haben insoweit ausgeführt, dass in der Kanzlei im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA die Arbeitsanweisung bestehe, nach Abschluss der Versendung des mit einer elektronischen Signatur versehenen Schriftstückes den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung erfolge dabei durch Kontrolle des mit dem Versand des Schriftstückes betrauten Mitarbeiters, ob der Übersendungsvorgang vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt sei. Es sei in jedem Fall zu prüfen, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO erteilt worden sei. Sei dies der Fall, habe der Mitarbeiter dem Rechtsanwalt zu melden, dass eine ordnungsgemäße elektronische Übertragung erfolgt sei und eine Eingangsbestätigung vorliege. Fristen dürften erst nach Vorlage des Eingangsberichts gelöscht werden. Die Prozessbevollmächtigten haben weiter ausgeführt, dass die Büroangestellte bei der Kontrolle der Eingangsbestätigungen übersehen habe, dass – im Gegensatz zu den in den anderen Verfahren übersandten Schriftsätzen – eine Bestätigung nicht vorlag. Da sie jedoch vom Vorliegen der Eingangsbestätigung ausgegangen sei, habe sie dem zuständigen Rechtsanwalt vor Dienstschluss die fehlerfreie Übermittlung und das Vorliegen der Eingangsbestätigung auch für dieses Verfahren gemeldet. Die Mitarbeiterin habe auch den Fristablauf für die Berufungsbegründungsfrist vom 05.07.2021 im schriftlichen und elektronischen Fristenkalender gestrichen und als neue Frist den 03.08.2021 eingetragen, weil sie nach einem Telefonat mit der Senatsgeschäftsstelle vom Vortag (dem 30.06.) diesbezüglich guten Glaubens gewesen sei. Denn die Mitarbeiterin der Geschäftsstelle habe ihr in anderen Verfahren versichert, dass das Gericht Anträgen auf Fristverlängerung entsprechen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerseite vom 14.07.2021 Bezug genommen. Den Vortrag haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin V. vom 14.07.2021 glaubhaft gemacht.
13Die Beklagte hat beantragt, das Wiedereinsetzungsgesuch unter gleichzeitiger Verwerfung des Rechtsmittels als unbegründet zurückzuweisen.
14II.
15Die Berufung des Klägers war gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht rechtzeitig bei dem Oberlandesgericht eingegangen ist. Die Frist zur Berufungsbegründung beträgt gemäß § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Dementsprechend endete die Frist zur Begründung der Berufung des Klägers gemäß §§ 222 Abs. 1 und 2 ZPO, 188 Abs. 2, 187 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 05.07.2021 (Montag). Die Berufungsbegründung ist indes erst am 14.07.2021 und damit verspätet bei dem Oberlandesgericht eingegangen.
16Dem Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 233 S. 1 ZPO war nicht stattzugeben, weil der Kläger nicht ausreichend dargelegt hat, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Dabei wird dem Kläger das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet.
17Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 11.05.2021 – VIII ZB 9/20 –, zit. nach juris, entschieden, dass die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA denen entsprechen, die bei der Übersendung von Schriftsätzen per Telefax gelten. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung weiter ausgeführt, dass ein Rechtsanwalt, der fristwahrende Schriftsätze über das beA an das Gericht versendet, in seiner Kanzlei das zuständige Personal anzuweisen habe, dass stets der Erhalt der automatisierten Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO zu kontrollieren sei und diesbezüglich zumindest stichprobenweise Überprüfungen durchzuführen seien (BGH, a.a.O., Rn. 21 - 24). Der Bundesgerichtshof ist in seiner Entscheidung weiter davon ausgegangen, dass darzulegen sei, wie diese Überprüfung im Rahmen der Kanzleiorganisation genau zu erfolgen habe, wobei er davon ausgeht, dass die Kontrolle jedenfalls dadurch erfolgen könne, dass das Übermittlungsprotokoll der Nachricht unter „Meldungstext“ auf die Meldung „request executed“ und unter „Übermittlungsstatus“ auf die Meldung „erfolgreich“ überprüft werde (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 50). Auch der Senat hält derart strenge Anforderungen für geboten. Dies findet seinen Grund darin, dass auch bei der Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze, die per Fax versandt werden, sehr hohe Anforderungen gestellt werden. So muss ein Rechtsanwalt bei der Versendung per Fax eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig an den richtigen Adressaten herausgehen. Das setzt in allen Fällen den Abgleich mit einer zuverlässigen Quelle voraus, weil nur so Ermittlungs- und Eingabefehlern wirksam begegnet werden kann. Dort genügt etwa ein Abgleich des Sendeberichts nur mit der Faxnummer, die ein Kanzleimitarbeiter aus der Akte auf den zu versendenden Schriftsatz übertragen hat, nicht, weil eine solche Handhabung in nicht akzeptabler Weise dazu führt, dass – durch nur geringfügigen Mehraufwand vermeidbare – Übertragungsfehler unentdeckt bleiben (vgl. BGH NJW 2014, 1390 Rn. 12). Vor dem Hintergrund der vom Bundesgerichtshof zwischen dem Versand per Fax und beA gezogenen Parallele muss dann auch hier ein vergleichbar strenger Maßstab angelegt werden.
18Entsprechende konkrete Darlegungen zur Kanzleiorganisation hinsichtlich des Erhalts der Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO lassen die Ausführungen der Prozessbevollmächtigten der Kläger im Schriftsatz vom 14.07.2021 vermissen. Es wird lediglich pauschal vorgetragen, dass nach der Kanzleiorganisation in jedem Fall zu prüfen sei, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO erteilt wurde. Dieser Vortrag reicht nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs und auch nach Ansicht des Senats nicht aus. Dass es insoweit in der Kanzleiorganisation offensichtlich keine konkreten Anordnungen gab, wie die Kontrolle der Eingangsbestätigungen zu erfolgen hat, zeigen auch die unpräzisen Angaben dazu, wie es im vorliegenden Fall zu dem Fehler gekommen ist. So ist für den Senat aufgrund der Darlegungen nicht nachvollziehbar, wie es dazu kommen konnte, dass die Angestellte bei der Kontrolle der Eingangsbestätigungen übersehen hat, dass eine Bestätigung für dieses Verfahren nicht vorlag, aber dennoch davon ausgegangen ist, alle Schriftsätze ordnungsgemäß versandt zu haben.
19Der weitere Vortrag der Klägerseite, nach dem diese darauf verweist, sie sei nach einem Telefonat mit der Senatsgeschäftsstelle, in dem diese ihr in anderen Verfahren versichert habe, dass das Gericht Anträgen auf Fristverlängerung entsprechen werden, guten Glaubens gewesen und habe daher den Fristablauf für die Berufungsbegründungsfrist vom 05.07.2021 im schriftlichen und elektronischen Fristenkalender gestrichen und als neue Frist den 03.08.2021 eingetragen, kann zu keinem anderen Ergebnis in der Sache führen. Denn daraus konnte nur Vertrauen darauf entstehen, dass eingegangene Anträge auf Fristverlängerung bewilligt werden würden, nicht hingegen darauf, dass auch in dem hier gegenständlichen Verfahren – zu dem sich die Angaben der Mitarbeiterin der Senatsgeschäftsstelle ohnehin nicht konkret verhalten haben – ein solcher Antrag eingegangen sei.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.