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Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Köln vom 29.12.2022 – 81 O 9/22 – dahingehend abgeändert, dass die Klage auch hinsichtlich der Klageanträge unter Ziffer 4. a), b), c) und e) abgewiesen wird.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 43 % und die Beklagte zu 57 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 70 % und die Beklagte zu 30%.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Höhe der Sicherheit beträgt für die Anträge zu 1 a), 1 c), 1 d), 1 e) und 1 f) jeweils 5.000,00 Euro und für die Anträge zu 3 a), 3 b), 3 c), 3 e), 3 f), 3 g), 4 d) sowie 5. jeweils 1.000,00 Euro, im Übrigen für den Vollstreckungsgläubiger 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, für den Vollstreckungsschuldner 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung von Wettbewerbsverstößen in Anspruch, die ihres Erachtens in irreführender Werbung (Antrag zu Ziffer 1.), einem Verstoß gegen das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (im Folgenden: ZAG) (Antrag zu Ziffer 2.) sowie der Verwendung von unzulässigen AGB-Klauseln (Klageanträge zu Ziffer 3., 4 und – im Berufungsverfahren nicht mehr von Interesse – 5.) bestehen.
4Bei beiden Parteien handelt es sich um Unternehmen, die im Bereich der Nachhilfe tätig sind.
5Die Klägerin betreibt unter der Domain N. de eine Vergleichs- und Vermittlungsplattform für Nachhilfedienstleistungen, dies sowohl für online-Nachhilfen als auch für klassischen Nachhilfeunterricht.
6Bei der Beklagten handelt es sich um ein 2016 gegründetes und in K. ansässiges Unternehmen, das über das Portal I.org Nachhilfedienstleistungen ausschließlich online in verschiedenen Ländern, u.a. in Deutschland, vermittelt. Die Nutzer können bei der Beklagten Guthabenpakete erwerben, die sie dann für Unterrichtsstunden einlösen können. Der eigentliche Lehrvertrag kommt unmittelbar zwischen den Nutzern und den Lehrern zustanden. Sowohl zwischen den Nutzern und der Beklagten, als auch zwischen den Lehrern und der Beklagten besteht ein eigenständiger Vertrag. Die einzelnen Rechte, Pflichten und Abläufe sind einerseits in den AGB der Beklagten mit ihren Nutzern (Anlage K15) und andererseits in den AGB der Beklagten mit den Lehrern (Anlage K16) geregelt. Zudem betreibt die Beklagte die Domain L.com, tituliert als „Das W-Vergleichsportal“, und die Domain J.com.
7Den einzelnen klägerseits geltend gemachten Verletzungshandlungen – sofern in der Berufung noch streitgegenständlich – liegen folgende Sachverhalte zugrunde:
8Antrag zu 1. a) („Nachhilfe vor Ort“):
9Die Beklagte warb mit den Google-Anzeigen gemäß Anlagen K1, K2 und K24, mit welchen Nachhilfelehrer „in deiner Nähe" angeboten werden, wobei im Subtext der Anzeige gemäß Anlage K1 ausgeführt ist „Finde den perfekten Nachhilfelehrer. Wir bieten Nachhilfe in allen Fächern für jeden Schüler…. Für 18 Städte in ganz Österreich“. Klickte man auf die Treffer gemäß Anlagen K1 und K2, wurde man auf die Seite gemäß Anlage K3 weitergeleitet. Hier werden verschiedene deutsche Großstädte genannt. Nach Eingabe des Fachs, in dem man Nachhilfe wünschte, wurde man auf eine Seite gemäß Anlage K4 weitergeleitet, auf der die Postleitzahl des Nutzers abgefragt wurde. Zudem hat die Beklagte auf der von ihr betriebenen Seite L.com im Blickfang unmittelbar neben dem Eingabefeld für die Daten der Suchanfrage ihr Angebot mit folgenden Worten beworben: „Nachhilfe-Angebot aus deiner Nähe im Vergleich" (Anlage K5). Auf der Seite J.com wiederum befindet sich über dem Eingabefeld im Blickfang die Angabe „Finde den perfekten Nachhilfe Lehrer in der Nähe!" (Anlage K6). Zudem wird dort in dem Eingabefeld unter der Frage „Wo wird die Nachhilfe benötigt?“ die Postleitzahl des Nutzers abgefragt. Klickte man unten rechts auf der Seite auf die Angabe „Impressum", wurde dort – wie auch in der Anlage K5 - auf das Impressum der Domain I.org verlinkt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausgestaltung der Seiten wird auf die Anlagen K1bisK6 sowie auf die Anlage K24 verwiesen.
10Antrag zu 1. b) („Gütesiegel“):
11Auf der Seite J.com verwendet die Beklagte folgendes Siegel mit der Aufschrift „Beste Qualität“ und drei Sternen.
12„Bilddarstellung wurde entfernt“
13Antrag zu 1. f) (Nachhilfevergleich):
14Auf der von der Beklagten betriebenen Seite L.com (Anlage K5), welche als „Das W-Vergleichsportal“ tituliert ist, und auf der sich im Blickfang – wie oben zu Antrag 1. a) ausgeführt – neben dem Eingabefeld die Beschreibung „Nachhilfe-Angebote aus deiner Nähe im Vergleich“ findet, erscheint nach einem nach Eingabe der Daten in das Eingabefeld erfolgtem Klick auf den Button „Tutor finden“ lediglich eine Bestätigungsseite mit der Angabe „Wir haben deine Anfrage erhalten! Der Lehrer wird demnächst Kontakt aufnehmen, um alles weitere zu besprechen“ (Screenshot S. 21 der Klageschrift), allerdings keine Übersichtsseite mit einem Vergleich. Auch auf der Seite J.com (Anlage K6) wird kein Vergleich angeboten, sondern unabhängig von der angegebenen Postleitzahl, dem Fach und der Stufe dieselbe Auswahl an Nachhilfelehrern.
15Antrag zu 2. (Verstoß gegen das ZAG):
16Die Beklagte zieht von ihren Nutzern entsprechend der Regelung in ihren AGB das Geld für gebuchte Nachhilfestunden ein und leitet es sodann nach Abzug ihrer Provision an die Nachhilfelehrer weiter. Nach Ziffer 4.2. der Nutzer-AGB (Anlage K15) und Ziffer 5.4. der Lehrer-AGB (Anlage K16) können die Nutzer mit einem Lehrer einen Lehrervertrag abschließen. Nach Ziffer 4.6 der Nutzer-AGB begründet der Abschluss des Lehrervertrags gleichzeitig den Kauf des dafür erforderlichen Guthabens. Der Guthabenerwerb erfolgt insbesondere in Form von Stunden-Paketen. Nach Ziffer 4.3. der Nutzer-AGB werden dem Nutzer die gebuchten Einheiten als Guthaben gutgeschrieben und die Kosten hierfür durch die Beklagte abgebucht. Nach Ziffer 6.1. der Nutzer-AGB zieht die Beklagte beim Abschluss eines Lehrervertrages Guthaben des Nutzers ab und schreibt es auf dem bei der Beklagten geführten Guthabenkonto des Lehrers gut (vgl. auch Ziffer 5.5. und Ziffer 5.7. der Lehrer-AGB). Dies erfolgt nach Ziffer 6.3. der Nutzer-AGB sowie nach Ziffer 4.2. der Lehrer-AGB im Namen und auf Rechnung der Lehrer. Es wird jedoch nicht das gesamte Guthaben auf dem Guthaben-Konto des Lehrers gutgeschrieben, sondern die vom Lehrer an die Beklagte zu leistende Provision wird von der Beklagten einbehalten (Ziffer 5.7. der Lehrer-AGB). Das vom Lehrer erarbeitete Guthaben wird ihm nach Ziffer 3.3. der Lehrer-AGB von der Beklagten auf eine vom Lehrer angegebene Bankverbindung eines Kreditinstituts mit Sitz im SEPA-Raum überwiesen. Nach Ziffer 6.2. der Lehrer-AGB muss der Lehrer aktiv eine Auszahlung von der Beklagten verlangen. Die Auszahlung erfolgt dann nach Ziffer 6.2. der Lehrer-AGB in dem Monat, der auf das Auszahlungsverlangen des Lehrers folgt. Wegen des weiteren Inhalts der AGB wird auf die Anlagen K 15und K16 Bezug genommen. Die Beklagte verfügt über keine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin).
17Antrag zu 3. c), d) und g) (Klauseln Nutzer-AGB „Ersatzlehrer“, „Haftungsausschluss“ und „Vorrang schriftliche Individualvereinbarungen“):
18Mit dem Antrag zu Ziffer 3. wendet sich die Klägerin u.a. gegen die Verwendung der Klauseln unter Ziffer 9.3. („Wird ein Ersatzlehrer gefunden, wird der Lehrervertrag auf den Ersatzlehrer übertragen und das noch nicht verbrauchte Guthaben steht für Video-Unterricht mit dem Ersatzlehrer zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen (offene Einheiten / vereinbarter Zeitraum) zur Verfügung.“), Ziffer 10.1. („U. haftet, gleich aus welchem Rechtsgrund, nur, wenn ein Schaden durch U. grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht wurde. Die Haftung von U. für leichte Fahrlässigkeit ist – ausgenommen für Personenschäden – ausgeschlossen.“) und 15.1. („Im Falle von Widersprüchen zwischen diesen AGB und abweichenden schriftlichen Vereinbarungen zwischen einem Nutzer und U. gehen die Regelungen der abweichenden Vereinbarungen diesen AGB vor.“) ihrer Nutzer-AGB.
19Antrag zu 4. a), b), c) und e) (Klauseln Lehrer-AGB „Provision“, „Guthabenverfall“, „Weitergabe von Unterrichtsmaterial“ und „Vorrang schriftliche Individualvereinbarungen“):
20Mit dem Antrag zu Ziffer 4. wendet sich die Klägerin u.a. gegen die Verwendung der Klauseln unter Ziffer 5.7. („Die vom Lehrer in diesem Fall an U. zu zahlende Provision kann auch von jener abweichen, die bei Abhaltung einer Einheit Video-Unterricht zu zahlen ist.“), Ziffer 5.8. („Wenn Guthaben von Nutzern verfällt, weil es nicht innerhalb des vorgesehenen Zeitraums verbraucht wurde, steht U. das gesamte verfallene Guthaben als Sonderprovision zu.“), Ziffer 5.13. („Der Lehrer nimmt ausdrücklich zur Kenntnis und stimmt zu, dass jegliche Form der Weiterverwendung von Lehrinhalten, Unterlagen und Antworten (zB im Hausaufgaben-Chat) anderer Lehrer untersagt ist“), Ziffer 14.1. („Im Fall von Widersprüchen zwischen diesen AGB und abweichenden schriftlichen Vereinbarungen zwischen einem Lehrer und U. gehen die Bestimmungen der abweichenden Vereinbarungen diesen AGB vor.“) der Lehrer-AGB.
21Wegen des weiteren Sachverhaltes sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung verwiesen.
22Mit Urteil vom 29.12.2022 hat das Landgericht Köln der Klage hinsichtlich der Klageanträge unter Ziffer 1. a), c), d), e), f) - hinsichtlich letzterem nur teilweise -, Ziffer 3. a), b), c), e), f), g), Ziffer 4. a), b), c), d), e), Ziffer 5. und 6. - hinsichtlich letzterem wiederum nur teilweise - stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es bezüglich der in der Berufung noch relevanten Anträge im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Zunächst sei die internationale Zuständigkeit gemäß Art. 7 Nr. 2 EuGVVO auch für die Bewerbungen gemäß Anlagen K1 und 2 – insoweit von der Beklagten in Abrede gestellt - gegeben, da die auf deutscher Sprache verfassten Suchergebnisse bei einer Recherche in Deutschland prominent abrufbar seien. Für die Anlage K2 folge dies im Übrigen ohne Weiteres aus der Suchanfrage mit dem deutschen Städtenamen Leverkusen. Sofern in der Anlage K1 im Subtext die Angabe „Für 18 Städte in Österreich“ enthalten gewesen sei, stehe dies einer internationalen Zuständigkeit Deutschlands nicht entgegen, da dieser Subtext nicht dahingehend zu verstehen sei, dass ausschließlich Nachhilfeunterricht in Österreich vermittelt werde, sondern vielmehr auch eine Bewerbung für Deutschland – wie tatsächlich erfolgt – umfasst sei. Zudem sei nach dem Marktortprinzip gemäß Art. 6 Abs. 1 ROM II VO deutsches Wettbewerbsrecht anwendbar, da die Wettbewerbshandlungen jedenfalls auch – wenn nicht sogar primär – auf Deutschland abzielten. Die Klage sei nicht rechtsmissbräuchlich und die Antragsfassungen hinreichend bestimmt sowie auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Der Antrag zu Ziffer 1. a) („Nachhilfe vor Ort“) sei gemäß §§ 3, 5, 8 UWG begründet. Die Klägerin sei als Mitbewerberin aktivlegitimiert, da beide Parteien auf dem deutschen Markt tätig seien. Die Bewerbung mit Nachhilfe „in deiner Nähe“ sei irreführend, da hierdurch der unzutreffende Eindruck vermittelt werde, es werde auch eine Nachhilfe durch Zusammentreffen vor Ort angeboten, was aber unstreitig nicht der Fall sei. Zwar könne der angesprochene Verkehrskreis von Eltern und Schülern bei näherer Beschäftigung mit dem Angebot der Beklagten erkennen, dass die Beklagte nur online-Unterricht vermittele. Allerdings sei durch das Anlocken und die Beschäftigung des Verbrauchers mit dem Angebot bereits die wettbewerbsrechtliche Irreführung eingetreten. Diese Irreführung betreffe die von der Klägerin beanstandeten Anlagen K1, K2 und K24 aufgrund der Angabe „Top Nachhilfelehrer in deiner Nähe“ bzw. „Nachhilfelehrer in deiner Nähe“, die Anlage K5 durch die Angabe „Nachhilfe-Angebote aus deiner Nähe im Vergleich“, die Anlage K6 durch die Angabe „Finde den perfekten Nachhilfe Lehrer in der Nähe!“. Sofern in der Anzeige gemäß Anlage K1 im Subtext die Angabe „Für 18 Städte in Österreich“ enthalten sei, sei dies auch nicht geeignet einer Irreführung bezogen auf Deutschland entgegenzuwirken, da dieser Subtext – wie ausgeführt - nicht dahingehend zu verstehen sei, dass ausschließlich Nachhilfeunterricht in Österreich vermittelt werde, sondern vielmehr auch eine Bewerbung für Deutschland – wie tatsächlich erfolgt – umfasst sei. Die Anlage K3, auf die die Suchtreffer Anlagen K1 und K2 verlinkt waren, erwecke ebenfalls den irreführenden Eindruck einer vor Ort stattfindenden Nachhilfe, da dort eine Vielzahl deutscher Städte zur Auswahl angeboten werde, was nur dahingehend verstanden werden könne, dass in all diesen Städten eine vor Ort stattfindende Nachhilfe angeboten werde, da anderenfalls die Angabe einer bestimmten Stadt keinen Sinn ergeben würde. Der Antrag zu Ziffer 1 f) (Nachhilfevergleich) sei im Hinblick auf die Anlage K5 begründet. Die Seite erwecke – dies folge bereits aus dem Domainnamen „L.com“ – beim Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, ihm würde, was unstreitig nicht der Fall sei, ein Vergleich aus dem Angebot verschiedener Anbieter unterbreitet. Der Antrag zu Ziffer 3. c) (Klausel „Ersatzlehrer“) und g) (Klausel „Vorrang schriftliche Individualvereinbarung“) sei gemäß §§ 3, 3 a, 8 UWG, 307 BGB gerechtfertigt. Die Kontrolle unwirksamer AGB sei nach §§ 3, 3 a UWG gemäß der Klauselrichtlinie 93/13/EWG möglich. Die §§ 307 ff. BGB stellten Markverhaltensregeln im Interesse der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer dar. Unter Anwendung dieser Vorschriften stellten sich die Klauseln unter Ziffer 9.3. und 15.1 der Nutzer-AGB als unwirksam dar. Die Klausel unter Ziffer 9.3. der Nutzer-AGB (Antrag zu Ziffer 3. c) benachteilige den Schüler entgegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unter Berücksichtigung von Treu und Glauben unangemessen, da hiernach das Guthaben für den Ersatzlehrer auch dann bereitgestellt werde, wenn der Schüler mit diesem nicht einverstanden sei. Die Klausel unter Ziffer 15.1. der Nutzer-AGB (Antrag zu Ziffer 3. g) wiederum verstoße gegen den Vorrang der Individualabrede gemäß § 305 b BGB, da nur auf abweichende schriftliche Vereinbarungen abgestellt werde und damit für den Verbraucher der Eindruck entstehen müsse, mündliche Abreden seien nicht erfasst. Der Antrag zu Ziffer 4. a) sei begründet, da die dort in Bezug genommene Klausel gemäß Ziffer 5.7 der Lehrer-AGB wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. Diese Klausel sei gemäß § 310 BGB auch auf Unternehmer gemäß § 14 BGB, um welche es sich bei den Lehrern handeln würde, anwendbar. Die im Antrag unter Ziffer 4. b) (Klausel „Guthabenverfall“) und c) (Klausel „Weiterverwendung Lehrmaterial“) in Bezug genommene Klauseln gemäß Ziffer 5.8. und 5.13 der Lehrer-AGB seien ebenfalls gemäß § 307 BGB unwirksam, da sie jeweils eine unangemessene Benachteiligung des Lehrers enthielten und damit einen Verstoß gegen Abs. 1 der Norm darstellten. Der Antrag zu Ziffer 4. e) (Klausel „Vorrang schriftliche Individualvereinbarung“) wiederum sei aus den gleichen Gründen wie der Antrag unter Ziffer 3 g) begründet. Als nicht begründet hat das Landgericht indes den Antrag zu Ziffer 1. b) („Gütesiegel“) deshalb angesehen, da insoweit keine Irreführung der Verbraucher gegeben sei. Dies könne nur dann angenommen werden, wenn durch die Verwendung des Siegels beim Verbraucher der Eindruck hätte entstehen können, es handele sich um eine von dritter Seite verliehene Auszeichnung, was aber hier nicht der Fall sei. Der Antrag zu Ziffer 1. f) („Nachhilfevergleich“) sei im Hinblick auf die Anlage K6 unbegründet, da die Seite „J.com“ keinen Hinweis auf einen Anbietervergleich beinhalte und auch der Domainname insoweit neutral sei. Im Weiteren seien auch die unter Ziffer 2. (Verstoß gegen das ZAG) gestellten Anträge (Haupt- und Hilfsantrag) nicht begründet. Im Hinblick auf den Hauptantrag könne dahin gestellt bleiben, ob die Beklagte überhaupt Zahlungsdienste im Sinne von § 1 Abs. 1 ZAG als eine Voraussetzung für die Erlaubnispflicht gemäß § 10 Abs. 1 ZAG erbringe, da ihre von der Klägerin beanstandete Tätigkeit – Vereinnahmung der Vergütung der Nutzer und Auskehrung erst nach Abzug ihrer Provision an die Lehrer – jedenfalls der Ausnahmeregelung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 b) ZAG unterfiele, wonach Dienste nicht als Zahlungsdienste gelten, die auf Zahlungsinstrumenten beruhen, die für den Erwerb eines sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrums eingesetzt würden. Die Vereinnahmung und Weiterleitung der Gelder durch die Beklagte gemäß ihren AGB stelle ein Zahlungsinstrument im Sinne von § 1 Abs. 20 ZAG dar, da es sich um ein personalisiertes Verfahren handele, dessen Verwendung zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsdienstnutzer – hier sowohl Schüler als auch Lehrer – vereinbart worden sei und zur Erteilung eines Zahlungsauftrages verwendet werde. Eine Personalisierung könne bereits durch die Zuordnung der Kundennummer bzw. der Registrierung des Lehrers erfolgen und müsse nicht eine Identifikationstiefe wie etwa beim online-banking erreichen. Dieses Zahlungsinstrument werde auch nur für ein sehr begrenztes Dienstleistungsspektrum eingesetzt, nämlich ausschließlich für die Nachhilfeleistungen. Der unter Ziffer 2. geltend gemachte Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet, da die Anzeigepflicht nicht im Sinne von § 3 a UWG dazu bestimmt sei, im Interesse der Marktteilnehmer das Markverhalten zu regeln. Schließlich sei auch der Antrag unter Ziffer 3. d) (Klausel „Haftungsausschluss“) unbegründet, da die dort in Bezug genommene Klausel gemäß Ziffer 10.1. der Nutzer-AGB keinen Verstoß gegen § 309 Nr. 7 a BGB darstellte. Da die Beklagte als Verwenderin der Klausel nur für durch ihre Organe und Erfüllungsgehilfen, deren Haftung ihr zuzurechnen sei, handeln könne, impliziere die Klausel die Begrenzung des Haftungsausschlusses auch ohne ausdrückliche Nennung von gesetzlichen Vertretern und Erfüllungsgehilfen.
23Gegen dieses Urteil wenden sich sowohl die Klägerin als auch die Beklagte mit ihren Berufungen.
24Die Klägerin erachtet das Urteil als fehlerhaft, soweit ihren erstinstanzlich gestellten Anträgen zu Ziffer 1. b) („Gütesiegel“) sowie 1. f) („Nachhilfevergleich“) im Hinblick auf die Anlage K6, ihren Anträgen zu Ziffer 2. (Verstoß gegen das ZAG), ihrem Antrag zu Ziffer 3 d) (Klausel „Haftungsausschluss“) und ihrem Antrag zu Ziffer 4. (außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten) nicht bzw. nicht in voller Höhe entsprochen worden ist und verfolgt insoweit ihr erstinstanzliches Begehren vollumfänglich weiter. Zur Begründung führt sie zunächst im Hinblick auf die Abweisung ihres erstinstanzlich unter Ziffer 1. b) („Gütesiegel“) gestellten Antrages aus, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts das verwendete Siegel für den angesprochenen Verbraucherkreis – wozu im Bereich der Nachhilfe insbesondere auch junge Menschen und Kinder gehörten - gerade nicht als bloße Selbstbeweihräucherung zu erkennen sei, sondern aufgrund seiner Aufmachung und seiner Aussagekraft durchaus den Eindruck vermittele, von dritter Seite nach objektiven Kriterien vergeben worden zu sein. Gerade im Bereich der Nachhilfe seien den Verbrauchern Bewertungssysteme in Form von Siegeln bestens vertraut, insbesondere existiere auch ein von der Bundesregierung zusammen mit dem größten deutschen Nachhilfeinstitut und dem Bundesverband der Nachhilfe- und Nachmittagsschulen (VNN) erstelltes eigenes Qualitätssiegel, an welches die Beklagte ihr Fake-Siegel in der Aufmachung bewusst angelehnt habe. Indem sie das Siegel zudem mit der Aufschrift „Beste Qualität“ und drei Sternen versehen habe, suggeriere sie gezielt den Eindruck eines nach objektiven Kriterien vergebenen Siegels bzw. einer (Qualitäts-) Auszeichnung. Ferner sei auch zu Unrecht ihr erstinstanzlicher Antrag zu Ziffer 1. f) („Nachhilfevergleich“) im Hinblick auf die Anlage K6 abgewiesen worden. Sofern das Landgericht maßgeblich darauf abgestellt habe, dass der Name der Seite www.J.com anders als die Domain www.L.com neutral sei und nicht auf einen Anbietervergleich hinweise, verkenne es bereits, dass dem Domainnamen von dem Nutzer faktisch keine Bedeutung zugemessen werde, da er zumeist über Suchmaschinen auf die Webseiten geführt werde. Inhaltlich seien die Webseiten hingegen – wie vom Landgericht auch festgestellt – weitestgehend gleich gestaltet. Gerade durch die auf dieser Seite enthaltene zentrale Überschrift „Finde den perfekten Nachhilfelehrer in deiner Nähe“ und dem darunter befindlichen Eingabefeld für die Postleitzahl werde dem Verbraucher der Eindruck vermittelt, dass ihm nach entsprechender Eingabe seiner Postleitzahl mehrere bzw. alle Nachhilfelehrer in seiner unmittelbaren Nähe anbieterunabhängig angezeigt würden. Dieser Eindruck werde durch die Aussage „wir verbinden dich sofort“ nochmals verstärkt und zudem durch die im unteren Bereich der Seite unter der Überschrift „Nachhilfe in jedem Schulfach“ enthaltene Angabe „Vergleichen Sie bei uns Nachhilfelehrer für alle relevanten Schulfächer“ unmissverständlich bestätigt. Im Hinblick auf den erstinstanzlich unter Ziffer 2. (Verstoß gegen das ZAG) gestellten Hauptantrag habe das Landgericht es zunächst zu Unrecht dahingestellt sein lassen, ob die Beklagte Zahlungsdienste im Sinne von § 1 Abs. 1 ZAG erbringe. Denn denklogisch könne eine Ausnahme nur vorliegen, wenn der Grundtatbestand überhaupt erfüllt sei, was vorliegend auch – wie vom Landgericht in der mündlichen Verhandlung ausgeführt worden sei – der Fall sei. Hingegen seien die Tatbestandsvoraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 10 b ZAG vorliegend nicht erfüllt. Die Beklagte gebe keine Zahlungsinstrumente aus, da es an der notwendigen Personalisierung fehle. Vielmehr verwalte sie zivilrechtliche Forderungen nach ihrem eigenen Gutdünken. Gemäß den Vorgaben der EU-Richtlinie (vgl. Art. 2 Nr. 29 (EU) 2015/2366)) müsse jede Transaktion authentifiziert werden, was bei der Zahlungsabwicklung durch die Beklagte unstreitig nicht geschehe. Sobald ein Kundenkonto von der Beklagten eingerichtet und mit Geld aufgeladen worden sei, würden alle folgenden Transaktionen alleine von der Beklagten nach ihren eigenen Regeln und Berechnungen durchgeführt. Transaktionen mit Zahlungsinstrumenten im Sinne der ohnehin eng auszulegenden Bereichsausnahme zeichneten sich indes gerade – was hier nicht gegeben sei - dadurch aus, dass jede einzelne Transaktion durch den Zahlenden genehmigt werden müsse und dieser jederzeit den Überblick und die Entscheidungshoheit über jede vorzunehmende Transaktion haben müsse. Im Übrigen komme die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 10 b ZAG gemäß dem Merkblatt der BaFin (Anlage K33) von vornherein nicht für solche Unternehmen in Betracht, die – wie die Beklagte – keine eigenen Waren oder Dienstleistungen vertreiben, sondern lediglich einen (Online-)Marktplatz hierfür bereitstellten. Ferner betreibe die Beklagte auch kein begrenztes Waren- und Dienstleistungsangebot, da ihr Angebot in einem vielschichtigen Vermittlungsnetzwerk bestünde, welches sich gerade nicht in der klassischen „Face-to-Face“-Nachhilfe erschöpfe, sondern darüber hinaus die Bereit- und Zurverfügungstellung von Lernmaterialien beinhalte. Jedenfalls hätte ihrem unter Ziffer 2. gestellten Hilfsantrag entsprochen werden müssen. Eine Anzeige durch die Beklagte an die BaFin sei bis heute nicht erfolgt. Die Auffassung des Landgerichts, die Anzeigepflicht gemäß § 2 Abs. 2 ZAG stelle keine Marktverhaltensnorm dar, sei offenkundig verfehlt und vom Senat bereits in seiner Entscheidung vom 23.12.2022 – 6 U 87/22 – anders bewertet worden. Schließlich hätte auch ihr erstinstanzlich unter Ziffer 3. d) gestellter Antrag nicht abgewiesen werden dürfen, da durch die Klausel unter Ziffer 10.1 der Nutzer-AGB („Haftungsausschluss“) eine Haftung für Pflichtverletzungen von gesetzlichen Vertretern oder Erfüllungsgehilfen vollständig ausgeschlossen werde und dadurch ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 a BGB gegeben sei.
25Die Klägerin beantragt,
26unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 29.12.2022 (Az: 81 O 9/22):
271.
28Die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
29a.
30mit dem Siegel „Beste Qualität“ zu werben, wenn dies geschieht, wie in Anlage K6 wiedergegeben;
31und/oder
32b.
33Nachhilfe-Vergleichsportale zu betreiben, wenn tatsächlich gar kein (unabhängiger) Vergleich durchgeführt wird, wenn dies geschieht wie unter J.com und in Anlage K6 wiedergegeben.
342.
35Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
36gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, ohne schriftliche Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und ohne dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen die Erlaubnisfreiheit der Tätigkeit durch Verwaltungsakt festgestellt hat und ohne Zahlungsdienstleister im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 bis 5 ZAG zu sein, Zahlungsdienste zu erbringen,
37indem die Beklagte als Nachhilfeanbieter ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen des Schülers oder des Lehrers Geldbeträge der Schüler im Namen und auf Rechnung der Lehrer entgegennimmt, sammelt und sie abzüglich der von den Lehrern geschuldeten Provision den Lehrern überweist,
38wenn dies geschieht wie unter https://www.I.org und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Nutzer (Anlage K15) und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Lehrer (Anlage K16) dargestellt.
393.
40Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
41gegenüber Verbrauchern wie in Anlage K15 wiedergegeben folgende Klauseln zu verwenden: „U. haftet, gleich aus welchem Rechtsgrund, nur, wenn ein Schaden durch U. grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht wurde. Die Haftung von U. für leichte Fahrlässigkeit ist – ausgenommen für Personenschäden – ausgeschlossen.“
424. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin wegen der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung weitere EUR 1.139,68 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
43Für den Fall, dass der Senat dem Antrag zu Ziffer 2. keinen Erfolg beimessen sollte, beantragt sie
44hilfsweise
452. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, bei der Erbringung von Zahlungsdiensten eine Ausnahme von der Pflicht zur Erlaubnis durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ohne Anzeige und Übermittlung einer „Beschreibung der angebotenen Dienstleistung“ bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Anspruch zu nehmen, indem die Beklagte als Nachhilfeanbieter ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen des Schülers oder des Lehrers Geldbeträge der Schüler im Namen und auf Rechnung der Lehrer entgegen nimmt, sammelt und sie abzüglich der von den Lehrern geschuldeten Provision den Lehrern überweist, wenn dies geschieht wie unter https://www.I.org und in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Nutzer (Anlage K15) und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Lehrer (Anlage K16) dargestellt.
46Die Beklagte beantragt,
47die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
48Zudem beantragt sie,
49das Urteil des Landgerichts Köln vom 29.12.2022, Az.: 81 O 9/22, hinsichtlich der Ziffern 1 a), 1 f), 3 c), 3 g), 4 a), 4 b), 4 c), 4 e) aufzuheben und hinsichtlich dieser Ziffern die Klage abzuweisen.
50Die Klägerin beantragt,
51die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
52Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte aus, dass das Landgericht im Hinblick auf die von ihm als irreführend angesehene Werbung bereits rechtsfehlerhaft keine Feststellungen zu den maßgeblichen Verkehrskreisen getroffen habe und das Urteil zudem jegliche Ausführungen dazu vermissen lasse, ob der Vorsitzende überhaupt zum angesprochenen Verkehrskreis gehöre. Darüber hinaus sei auch das im Rahmen des Antrages zu Ziffer 1. a) („Nachhilfe vor Ort“) zugrunde gelegte Verkehrsverständnis nicht nachvollziehbar. Inwiefern der Anzeige gemäß Anlage K1 ein Geltungsbezug auch für Deutschland hätte zugrunde gelegt werden können sei ebenso wenig ersichtlich wie der Umstand, weshalb nach dem alleine maßgeblichen Gesamteindruck des Websiteauftritts der Beklagten der angesprochene Verkehrskreis von dem Angebot eines Präsenzunterrichts hätte ausgehen sollen. Im Übrigen sei auch davon auszugehen, dass dem angesprochenen Verkehr vollkommen egal sei, wo sich der Nachhilfelehrer im Zeitpunkt des Unterrichts befinde. Des Weiteren seien die Ausführungen des Landgerichts im Rahmen des Antrages zu 1. f) („Nachhilfevergleich“) zum Verkehrsverständnis des angesprochenen Verbraucherkreises im Hinblick auf die Anlage K5 nicht nachvollziehbar. Der beanstandeten Website sowie deren Domainname könne lediglich der Aussagegehalt entnommen werden, dass verschiedene Lehrpersonen miteinander verglichen würden, nicht aber sämtliche Lehrpersonen von allen Anbietern. Insoweit werde auch ausdrücklich von „unseren Lehrern“ gesprochen. Ferner sei das Urteil des Landgerichts zu beanstanden, sofern es den erstinstanzlich unter den Ziffern 3.c) (Klausel „Ersatzlehrer“) und 3. g) (Klausel „Vorrang schriftlicher Individualvereinbarungen“) entsprochen habe. Das Gericht überspanne im Hinblick auf die Klausel unter Ziffer 9.3. der Nutzer-AGB („Ersatzlehrer“) die Transparenzanforderungen und verkenne zudem, dass die Klausel überhaupt nur den Fall regele, dass auf Wunsch des Schülers ein neuer Ersatzlehrer gefunden werden müsse. Die Klausel sei aber nicht darauf gerichtet, den Schüler zur Akzeptanz des von der Beklagten gesuchten Nachhilfelehrers zu verpflichten oder das Erfordernis eines Einverständnisses zu regeln. Diesbezüglich verblieben dem Schüler vielmehr die allgemeinen Möglichkeiten zum Wechsel des Nachhilfelehrers, die für ihn jederzeit gegeben seien. Im Hinblick auf die Klausel unter Ziffer 15.1. der Nutzer-AGB („Vorrang der schriftlichen Individualabrede“) erschließe sich nicht, inwiefern das Gericht zu der Auffassung gelangt sei, dass diese Klausel unklar sei oder jedenfalls den Eindruck erwecken könnte, mündliche abweichende Vereinbarungen würden keinen Vorrang genießen und seien demgemäß unwirksam. In der Klausel sei ersichtlich alleine das Verhältnis verschiedener schriftlicher Vereinbarungen geregelt. Sofern das Landgericht schließlich den Anträgen der Klägerin unter Ziffer 4. a), b), c) und e) (Klauseln Lehrer-AGB „Provision“, „Guthabenverfall“, „Weitergabe von Unterrichtsmaterial“ und „Vorrang schriftliche Individualvereinbarungen“) entsprochen habe, habe es bereits verkannt, dass insoweit überhaupt keine Kontrolle nach deutschem AGB-Recht hätte stattfinden dürfen. Das Landgericht habe lediglich ausgeführt, dass für Wettbewerbshandlungen nach Art. 6 Abs. 1 Rom II VO das Marktortprinzip und damit deutsches Recht anzuwenden sei. Es habe sich dann aber in einem zweiten Schritt auch mit der Frage befassen müssen, nach welchem Recht die Zulässigkeit der AGB-Klauseln zu bewerten sei. Aufgrund der in Ziff. 13.1 der Lehrer-AGB unstreitig vorhandenen Rechtswahlklausel zu Gunsten des österreichischen Rechts, hätten diese AGB ausschließlich nach dem österreichischem Recht – wie auch von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 03.08.2022, dort auf S. 33, zutreffend erkannt - beurteilt werden müssen. Nach österreichischem Recht seien – was sie näher ausführt – sämtliche der gerügten Klauseln als zulässig zu bewerten.
53II.
54Die zulässige Berufung der Klägerin ist insgesamt unbegründet. Die Berufung der Beklagten hat hingegen Erfolg, sofern sie sich gegen die Verurteilung gemäß den Klageanträgen unter Ziffer 4 a), b), c) und e) wendet.
55A. Berufung der Klägerin:
56Der Berufung der Klägerin bleibt insgesamt der Erfolg versagt. Hierzu im Einzelnen:
571. Werbung der Beklagten mit „Gütesiegel“
58Sofern die Klägerin mit ihrer Berufung rügt, dass das Landgericht zu Unrecht die Werbung der Beklagten mit dem von ihr selbst erstellten Siegel mit der Aufschrift „Beste Qualität“ und den drei Sternen nicht als unlauter eingestuft habe, kann sie damit nicht durchdringen. Zunächst kann wegen der Anwendbarkeit deutschen Rechts gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom II VO in Bezug auf die hier in Streit stehenden Wettbewerbshandlungen auf die zutreffenden – in der Berufung auch nicht angegriffenen – Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden. Im Weiteren ist dem Landgericht auch darin zu folgen, dass die Beklagte durch die Werbung mit dem streitgegenständlichen Siegel keine Irreführung der Verbraucher im Sinne von §§ 3, 5 Abs. 1, 2 Nr. 3 UWG begangen hat.
59Zwar ist der Klägerin darin zu folgen, dass Verbraucher einem Prüfzeichen, das den Eindruck erweckt, von dritter Stelle nach überprüfbaren bzw. objektiven Kriterien vergeben worden zu sein, ein besonderes Vertrauen entgegenbringen und daher die Werbung hiermit irreführend ist, wenn dies nicht der Fall ist (vgl. BGH, GRUR 2016, 1076 Rn. 39, beck-online).
60Vorliegend handelt es sich jedoch bei dem verwendeten Siegel aus Sicht des angesprochenen Verbraucherkreises ersichtlich um Eigenwerbung und nicht um ein solches, welches den Anschein erweckt aufgrund objektiver Kriterien von einem Dritten für bestimmte Kriterien vergeben worden zu sein.
61Der Senat kann das Verständnis des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers hier selbst feststellen. Das Angebot der Beklagten richtet sich zwar an Kinder und Jugendliche, der Adressatenkreis der Werbung sind aber deren Eltern, die letztlich auch die Verträge abschließen. Mitglieder des Senats gehören zu diesem angesprochenen Verkehrskreis, zudem ist der Senat aber auch aufgrund seiner ständigen Befassung mit Kennzeichen- und Wettbewerbsstreitsachen in der Lage, das Verkehrsverständnis anhand seiner Erfahrungen selbst zu beurteilen.
62Das hier verwendete Siegel weist in keiner Weise darauf hin, von einer dritten Stelle vergeben worden zu sein, und suggeriert dies auch nicht – wie von der Klägerin geltend gemacht – durch seine Aufmachung. Die Klägerin verweist selbst zum Beleg dafür, dass dem Verbraucher im Nachhilfebereich Bewertungssysteme in Form von Siegeln und Gütezeichen bestens vertraut sind, auf eine Vielzahl der in diesem Bereich verwendeten Zertifizierungen (Seite 15 ihrer Berufungsbegründung). All diesen Auszeichnungen ist jedoch gemein, dass sie auf einen bestimmten Aussteller hinweisen. Ein solcher Hinweis ist dem streitgegenständlichen Siegel gerade nicht zu entnehmen, auch wird dies nicht durch eine darauf befindliche Angabe wie etwa „Geprüfte Qualität“ suggeriert. Vielmehr enthält das verwendete Siegel die bloße Angabe „Beste Qualität“. Hierbei handelt es sich ersichtlich um eine reklamehafte Übertreibung, die der Verkehr als eine Selbstanpreisung erkennt. Hieran ändert auch die vorgenommene Verwendung von drei Sternen auf dem Siegel nichts. Wie vom Landgericht ausgeführt, ist dem Verbraucher zwar in anderen Bereichen – wie etwa dem Hotelgewerbe – ein in Sternen ausgedrücktes Bewertungssystem bekannt. Dass ein solches System aber auch für den Bereich der Nachhilfe bekannt wäre, ist nicht ersichtlich und klägerseits nach wie vor nicht dargelegt. Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, dass Bewertungssysteme in Form von Siegeln und Gütezeichen in diesem Bereich existieren, nicht aber, dass – wie etwa im Hotelgewerbe – ein solches in Form von Sternen ausgedrücktes Bewertungssystem existiert. Vor diesem Hintergrund stellen die Sterne auf dem Siegel tatsächlich nur eine optische Aufwertung des Siegels ohne Aussagekraft dar. Schließlich ist eine Irreführung auch nicht darin zu erkennen, dass die Beklagte – wie von der Klägerin geltend gemacht - durch die Aufmachung ihres Siegels ein dem Verbraucher bekanntes anderes Siegel nachahmt. Sofern die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung insoweit Bezug auf ein von der Bundesregierung zusammen mit dem größten deutschen Nachhilfeinstitut und dem Bundesverband der Nachhilfe- und Nachmittagsschulen (VNN) erstelltes Qualitätssiegel (Seite 17 ihrer Berufungsbegründung) nimmt, verfängt dies nicht. Die Siegel weisen bereits keine signifikante Ähnlichkeit auf. Die runde Form des Siegels der Beklagten ist durch das Siegelband unterbrochen, die Schrift darauf ist schräg aufgebracht und wesentlich größer als die auf dem von der Klägerin in Bezug genommenen Siegel. Die Sterne auf dem Siegel der Beklagten sind – anders als bei dem anderen Siegel - unter dem Schriftzug angebracht, zudem handelt es sich nur um drei Sterne, wohingegen sich auf dem anderen Siegel fünf Sterne befinden.
632. Werbung der Beklagten mit „Nachhilfevergleich“ in Bezug auf die Anlage K 6:
64Des Weiteren wendet sich die Klägerin auch ohne Erfolg gegen die Abweisung ihres erstinstanzlich unter Ziffer 1. f) gestellten Antrages, sofern sich dieser auf die Anlage K6 bezogen hat. Auch insoweit hat das Landgericht zu Recht eine Irreführung der Verbraucher abgelehnt.
65Die Seite enthält – weder durch den Domainnamen noch durch andere Angaben oder die Aufmachung der Seite als solche - einen Hinweis darauf, dass anbieterunabhängig ein Vergleich des Nachhilfeangebotes stattfindet, sondern erweckt vielmehr den zutreffenden Eindruck, dass hier nur ein bestimmtes Unternehmen seine Nachhilfeangebote unterbreitet. Zwar deutet die Seite tatsächlich auf den ersten Blick – da auch der Domainname neutral gehalten ist - nicht auf einen bestimmten Anbieter hin, jedenfalls erfolgt aber bei einem Klick unten rechts bei „Impressum“ eine Weiterleitung auf die Domain I.org. Auch die von der Klägerin in Bezug genommenen Angaben „Finde den perfekten Nachhilfe Lehrer in der Nähe!“ und „wir verbinden dich sofort“ sind in keiner Weise so zu verstehen, dass es sich um einen Vergleich verschiedener Nachhilfeanbieter handelt. Vielmehr deutet die Angabe „wir verbinden dich sofort“ nach der Angabe „Finde den perfekten Nachhilfe Lehrer in der Nähe“ darauf hin, dass nur die eigenen Lehrer eines Unternehmens angesprochen sind, da schon nicht anzunehmen ist, dass auf einer Vergleichsseite eine Direktverbindung zu allen möglichen Nachhilfelehrern verschiedener Organisationen stattfinden kann. Auch aus der von der Klägerin im Weiteren zitierten Angabe der Homepage „Vergleichen Sie bei uns Nachhilfelehrer für alle relevanten Schulfächer“ unter der Überschrift „Nachhilfe in jedem Schulfach“ kann im Gesamtkontext nichts anders abgeleitet werden. Der Zusatz „bei uns“ ist im Gesamtkontext der Seite vielmehr dann dergestalt zu verstehen, dass nur im eigenen Lehrerangebot eine Suche stattfindet.
663. Verstoß gegen das ZAG
67a) Hauptantrag
68Im Weiteren ist dem Landgericht auch darin zu folgen, dass der Klägerin kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3 a UWG i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 ZAG zusteht.
69aa)
70Zwar ist in dem Erlaubniserfordernis des § 10 Abs. 1 S. 1 ZAG eine Marktverhaltensnorm zu sehen, weil diese Vorschrift dem Interesse der Verbraucher an Qualität, Sicherheit oder Unbedenklichkeit der angebotenen Dienstleistung dient und auch den Schutz der Verbraucher vor unzuverlässigen Zahlungsinstituten beabsichtigt (Senat, Urteil vom 23.12.2022 – 6 U 87/22, MMR 2023, 698 Rn. 23-28, beck-online). Marktverhaltensnormen sind dadurch charakterisiert, dass ein Verstoß zugleich eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt darstellt (BGHZ 150, 343 – Elektroarbeiten). Erlaubnisvorschriften, die bereits auf der Ebene des Marktzutritts wirken, haben eine solche Wirkung, wenn sie als Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten den Nachweis von Fachkenntnissen fordern (BGH GRUR 2002, 825 (826)). Solche Normen haben eine Doppelwirkung für Zutritt und Marktverhalten, weil sie Qualität, Sicherheit oder Unbedenklichkeit der angebotenen Produkte sicherstellen (BGH WRP 2017, 69 Rn. 16 – Arbeitnehmerüberlassung). Entsprechend gilt dies, wenn an die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Zahlungsleistungen besondere Anforderungen gestellt werden, wie dies vorliegend der Fall ist. Die Begründung zum ZAG-Entwurf stellt klar, dass die Vorschriften eine Verbesserung der Sicherheit bei der Zahlungsabwicklung aufstellen, etwa durch die Stärkung der Kundenauthentifizierung (BT-Drs. 18/11495, 81) oder den Umstand, dass erlaubnispflichtige, aber auch erlaubnisfreie Zahlungsdienstleister unter das ZAG fallen (BT-Drs. 18/11495, 103). Insoweit geht es dem ZAG darum, die Wettbewerbsgleichheit zwischen Zahlungsdienstleistern herzustellen. Gerade daher kann eine Marktzutrittsregelung zugleich Marktverhaltensregel sein (BGH WRP 2017, 69 Rn. 23 – Arbeitnehmerüberlassung).
71bb)
72Allerdings fällt das Geschäftsmodell der Beklagten nicht unter die Erlaubnispflicht, sodass ein Verstoß gegen diese Regelung nicht vorliegt. Zwar spricht vieles dafür, dass die Tätigkeit der Beklagten die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG erfüllt. Letztlich kann dies indes – wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt - dahin gestellt bleiben, denn jedenfalls greift vorliegend zugunsten der Beklagte der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 10 b) ZAG ein.
73Nach dieser Vorschrift gelten als Zahlungsdienste auch nicht solche Dienste, die auf Zahlungsinstrumenten beruhen, die für den Erwerb eines sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrums eingesetzt werden können. Hiervon ist vorliegend auszugehen.
74(a)
75Die Beklagte vereinbart gemäß den als Anlage K 15 vorgelegten Nutzer-AGB mit den Nutzern ein Verfahren zur Erteilung von Zahlungsaufträgen, was als Zahlungsinstrument im Sinne der Ausnahmevorschrift zu qualifizieren ist.
76Ein Zahlungsinstrument ist gemäß § 1 Abs. 20 ZAG grundsätzlich jedes personalisierte Instrument oder Verfahren, dessen Verwendung zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und das zur Erteilung eines Zahlungsauftrages verwendet wird. Im Fokus der Regelung stehen damit die Begriffe „Instrument“ und „Verfahren“, die ihrerseits keine nähere Definition in der ZDRL-II oder im ZAG erfahren. Aus den weiteren tatbestandlichen Anforderungen des § 1 Abs. 20 ZAG erschließt sich jedoch, dass die Verwendung sowohl des jeweiligen Instruments als auch diejenige des Verfahrens abstrakt geeignet sein müssen, sich zwischen Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister als Mittel zur Erteilung von Zahlungsaufträgen vereinbaren zu lassen; ob dabei ein körperlicher Gegenstand zum Einsatz gelangt, bleibt ohne Belang (vgl. hierzu Mimberg in: Schäfer/Omlor/Mimberg, ZAG, § 1 Rn. 388 ff.). Vielmehr sieht der Gesetzgeber die Zahlungsabwicklung – egal ob per Gutschein, Zahlkarte oder einfach über zentrale Konten eines Mittlers – dann nicht als aufsichtsrechtlich gefährlich i.S.d. ZAG an, wenn nur wenige Produkte oder Dienstleistungen abgewickelt werden können (vgl. Terlau in: Casper/Terlau, ZAG, 3. Auflage 2023, § 2 Rn. 56). Dieses weite Verständnis trägt zugleich der Absicht des Gesetzgebers Rechnung, die Legaldefinition des Zahlungsinstrumentes technologieneutral auszugestalten, um auch künftige technische Entwicklungen zu erfassen (vgl. hierzu Mimberg in: Schäfer/Omlor/Mimberg, ZAG, § 1 Rn. 385 ff.). Die erforderliche Vereinbarung wird in der Regel durch AGB des Zahlungsdienstleisters erfolgen (vgl. hierzu Mimberg in: Schäfer/Omlor/Mimberg, ZAG, § 1 Rn. 393).
77Vorliegend wird durch die Nutzer-AGB die Vereinbarung getroffen, dass der Nutzer nach entsprechender Registrierung gemäß Ziffer 3. der Nutzer-AGB mit einem Lehrer einen Lehrvertrag abschließen kann, indem er Guthaben für Video-Unterricht – i.d.R. in Form von Stunden-Paketen - über die Plattform erwirbt, wobei die Abwicklung der Guthaben-Auszahlung an den Lehrer sodann von der Beklagten administriert wird (Ziffer 4.2. der Nutzer-AGB). Nach Ziffer 4.3. der Nutzer-AGB wird das Geld für die Dauer der Vertragslaufzeit entsprechend der vertraglich festgelegten Anzahl an Einheiten monatlich abgebucht. Gemäß Ziffer 6.1. der Nutzer-AGB erklärt sich der Nutzer zudem damit einverstanden, dass die Beklagte bei Inanspruchnahme von Video-Unterricht über die Plattform den beim Abschluss des Lehrervertrages vereinbarten Betrag pro Einheit vom Guthaben des Nutzers abzieht und dem Lehrer das zustehende Guthaben für diese Einheit zuschreibt. Demgemäß vereinbart die Beklagte mit ihren Nutzern ein Verfahren zur Abwicklung von Zahlungsaufträgen im Sinne des § 1 Abs. 20 ZAG.
78Etwas Anderes folgt auch nicht aus den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 31.10.2023 vorgelegten Auskünften der BaFin vom 18.07.2023 und 11.10.2023 (Anlage K39), welche auf im Auftrag der Klägerin von Herrn V. gestellte Anfragen zu einem Geschäftsmodell wie dem von der Beklagten betriebenen Geschäftsmodell ergangen sind. Die BaFin hat in ihrer Auskunft vom 11.10.2023 auch auf die ausdrückliche Nachfrage von Herrn V., ob er das richtig verstehe, dass alleine vertragliche Regelungen ohne eine technische Umsetzung nicht genügen, um die Anforderung an ein Zahlungsinstrument gemäß § 1 Abs. 20 ZAG zu erfüllen, dies gerade nicht bestätigt, sondern vielmehr lediglich mitgeteilt, dass in der Regel eine technische Vorgabe bzw. Funktion gegeben sei und ihr überdies für die Beantwortung der Frage noch weitere Informationen zu der geplanten Geschäftstätigkeit fehlten.
79(b)
80Sofern die Klägerin einwendet, dass dieses Verfahren die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 10 b) ZAG nicht erfülle, da es an einer hinreichenden Personalisierung fehle, insbesondere keine Authentifizierung vor jeder Transaktion stattfinde, verfängt dies aus verschiedenen Gründen nicht.
81Zunächst ist eine Personalisierung eines Zahlungsinstruments nach der Rechtsprechung des EuGH bereits nicht erforderlich, wenn – wie hier – die zweite Alternative der Definition des Zahlungsinstrumentes genutzt wird, namentlich das „Verfahren“. In verschiedenen anderen Sprachfassungen der Richtlinie (EU) 2015/2366 (und der Richtlinie (EG) 2007/64) findet sich nämlich in der Definition des Zahlungsinstruments bei dem Merkmal „Verfahren“ nicht das Attribut „personalisiert“; dieses wird dort lediglich in der 1. Alt. dem „Instrument“ vorangestellt (dies ist aus Sicht des EuGH in EuZW 2014, 464 Rn. 31 ganz entscheidend; bestätigend: EuGH WM 2020, 2218 Rn. 72). In der Richtlinie (EU) 2015/2366 wurde diese Abweichung der Sprachfassungen zwar nicht behoben, aufgrund des unveränderten Wortlautes der Definition (worauf der EuGH in EuZW 2014, 464 Rn. 31 entscheidend abstellt) hat die EuGH-Entscheidung jedoch auch im Rahmen der Richtlinie (EU) 2015/2366 Bestand (so auch EuGH WM 2020, 2218 Rn. 72). Es ist danach keine Verwendung von personalisierten Sicherheitsmerkmalen und auch keine Personalisierung des Verfahrensablaufs erforderlich (wie hier: Zahrte BKR 2019, 126 (130); MüKoBGB/Zetzsche, BGB, 9. Auflage 2023, § 675v Rn. 17; Omlor GPR 2014, 282 (283); Mimberg in: Schäfer/Omlor/Mimberg, ZAG, § 1 Rn. 392; dagegen etwa: BeckOGK/Köndgen, BGB, Stand 15.09.2023, § 675j Rn. 55 ff.). Der deutsche Gesetzgeber des § 1 Abs. 20 ZAG verzichtet auf das Adjektiv „personalisiert“ vor dem Verfahrensablauf, obschon der deutschsprachige Richtlinientext des Art. 4 Nr. 14 PSD2 das Wort „personalisiert“ auch dem „Verfahren“ zuordnet; die Gesetzesbegründung betont in diesem Zusammenhang die richtlinienkonforme Umsetzung (RegBegr. ZDUG, BT-Drs. 18/11495, 112 f.). Denn der Schutz der Richtlinie (EU) 2015/2366 (zB durch die Erlaubnis- oder die Haftungstatbestände) darf nicht von einer Personalisierung des Zahlungsinstruments abhängen. Selbst die BaFin nennt in diesem Zusammenhang (BaFin-Merkblatt ZAG v. 14. 2. 2023, Abschn. B. IV. 1.) nicht-personalisierte Verfahren wie: „Verfahren des berührungslosen (Nahfelderkennung) oder des auf einen maschinell lesbaren Code basierenden Bezahlens“ (Terlau in: Caspar/Terlau, ZAG, 3. Aufl. 2023, § 2 Rn. 61).
82Unabhängig davon, dass demgemäß eine Personalisierung für das vereinbarte Verfahren gar nicht erforderlich wäre, ist das zwischen der Beklagten und ihren Nutzern vereinbarte Verfahren aber auch als „personalisiert“ im Sinne des § 1 Abs. 20 ZAG anzusehen. Zu Unrecht meint die Klägerin, dass nach den Vorgaben der EU-Richtlinie 2015/2366 – sie bezieht sich insoweit auf Art. 2 Nr. 29, gemeint ist aber wohl Art. 4 Nr. 29 – jede einzelne Transaktion authentifiziert werden muss. Schon aus sprachlichen Gründen lässt sich die Anforderung „personalisiert“ im Sinne des § 1 Abs. 20 ZAG nicht als Bezugnahme auf die „personalisierten Sicherheitsmerkmale“ zum Zwecke der Authentifizierung i.S.d. § 1 Abs. 25 ZAG werten; ohne Belang bleibt daher, ob sich das jeweilige Instrument nur unter Verwendung eines derartigen Sicherheitsmerkmals einsetzen lässt (vgl. Mimberg in: Schäfer/Omlor/Mimberg, ZAG, § 1 Rn. 389). Als personalisiert i.S.d. § 1 Abs. 20 ZAG ist das Instrument vielmehr bereits dann anzusehen, wenn sein Einsatz es dem Zahlungsdienstleister ermöglicht, den erteilten Zahlungsauftrag einem bestimmten Zahlungsdienstnutzer zuzuordnen (vgl. Mimberg in: Schäfer/Omlor/Mimberg, ZAG, § 1 Rn. 389). Dies ist vorliegend der Fall, da der Nutzer sich unbestritten zunächst auf der Plattform registrieren muss und hiernach Zugangsdaten erhält, mit denen die Beklagte den Nutzer authentifizieren und demgemäß die Zahlung und den Zahlungsauftrag zuordnen kann.
83(c)
84Ferner ist auch die weitere Tatbestandsvoraussetzung des Ausnahmetatbestandes des § 2 Abs. 1 Nr. 10 b) ZAG erfüllt, dass die Dienste, die auf Zahlungsinstrumenten beruhen, nur für den Erwerb eines sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrums eingesetzt werden können. Erfasst sind Instrumente, die ohne örtliche Beschränkung Zahlungen nur für ein „sehr begrenztes Waren- oder Dienstleistungsspektrum“ ermöglichen (vgl. Mimberg in: Schäfer/Omlor/Mimberg, ZAG, § 2 Rn. 110). Das Wort „Spektrum“ ist ein Novum. Entscheidend ist, so der europäische Gesetzgeber, dass der Verwendungszweck des Zahlungsinstruments wirksam auf eine feste Zahl funktional verbundener Waren oder Dienstleistungen begrenzt ist (Erwägungsgrund Nr. 13 Satz 4 Hs. 2 PSD2; RegBegr. ZDUG II, BT-Drs. 18/11495, 116; GL 4.1 EBA/GL/2022/02). Dabei kommt es weniger auf die Gesamtzahl aller tatsächlich damit zu erwerbenden Gegenstände an, sondern vielmehr auf eine feste Zahl von „funktional verbundenen“ Waren oder Dienstleistungen, also Waren- oder Dienstleistungskategorien (Erwägungsgrund Nr. 13 Satz 3 PSD2; dies betont auch das BaFin-Merkblatt ZAG v. 14. 2. 2023, Abschn. Österreich X., sub „b) Sehr begrenztes Waren- und Dienstleistungsspektrum, very limited range“). Dennoch kann man weiter von der bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin, wie sie im BaFin-Merkblatt ZAG v. 29. 11. 2017, Abschn. 3.j), zugrundegelegt wurde, ausgehen (vgl. Terlau in: Casper/Terlau, ZAG, 3. Aufl. 2023, § 2 Rn. 91). In diesem Merkblatt gibt die BaFin konkrete Beispiele, anhand derer sich die Anforderungen an den Ausnahmetatbestand fassen lassen (vgl. Anlage K 33, dort S. 39 ff.). Danach werden zum Beispiel von der Bereichsausnahme Zahlungsinstrumente zum Erwerb von Waren erfasst, die auf Bekleidung inkl. Schuhen nebst Accessoires wie z.B. Taschen, Schmuck, Kosmetik, Düften und dergleichen begrenzt sind, d.h. der „Erscheinung einer Person“ dienen. Als anderes Beispiel wird eine funktionale Begrenzung auf Produkte und Dienstleistungen rund um das Tier (Tierbedarf und -nahrung) oder für das Streaming von Filmen und Musik genannt. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist auch das hier fragliche Dienstleistungsspektrum „Nachhilfeleistungen“ als sehr begrenztes Dienstleistungsspektrum einzuordnen. Dies wird auch durch die von der Klägerin vorgelegten Auskunft der BaFin vom 18.07.2023 (Anlage K 39) bestätigt, die den Bereich des Nachhilfeunterrichtes ohne weiteres als sehr begrenztes Dienstleistungsspektrum angesehen hat.
85(d)
86Sofern die Klägerin schließlich geltend macht, die Beklagte könne sich bereits deshalb nicht auf die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 10 b) ZAG berufen, da nach dem BaFin-Merkblatt ZAG v. 29. 11. 2017 (Anlage K 33, dort S. 39) der Betreiber eines reinen Internet-Marktplatzes, auf dessen Plattform andere Anbieter Waren oder Dienstleistungen anbieten, von der Bereichsausnahme gerade nicht erfasst sei, verfängt dies ebenfalls nicht. Hiermit sind Internet-Plattformen wie Amazon angesprochen. Bei der Beklagten handelt es sich indes bereits nicht um einen reinen Internet-Marktplatz, vielmehr bietet sie – etwa durch die Auswahl der Lehrpersonen - ein darüberhinausgehendes Dienstleistungsspektrum an. Die Klägerin selbst führt aus, dass das Angebot der Beklagten in einem vielschichtigen Vermittlungsnetzwerk bestehe. Letztlich wird dies auch wiederum durch die von der Klägerin selbst vorgelegten Auskünfte der BaFin gemäß Anlage K 39 bestätigt. In ihrem Antwortschreiben vom 18.07.2023 führt die BaFin in Bezug auf das klägerseits geschilderte Geschäftsmodell – welches dem der Beklagten entspricht – aus, dass unter Zugrundelegung der dargestellten Geschäftstätigkeit die Bereichsausnahme des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllt sein dürfte.
87b) Hilfsantrag
88Des Weiteren bleibt auch dem zu Ziffer 2. gestellten Hilfsantrag der Erfolg versagt. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Beklagte – wie von ihr nunmehr mit Schriftsatz vom 02.11.2023 behauptet – zwischenzeitlich eine Anzeige gemäß § 2 Abs. 2 ZAG bei der BaFin eingereicht hat, denn die Klägerin kann insoweit ohnehin keinen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3 a UWG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 ZAG gegenüber der Beklagten geltend machen. Wie vom Landgericht richtigerweise ausgeführt, handelt es sich bei der Anzeigepflicht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 ZAG (anders als bei der Erlaubnispflicht gemäß § 10 ZAG) bereits nicht um eine drittschützende Marktverhaltensnorm. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen werden, mit welchen die Klägerin sich im Rahmen ihrer Berufung in keiner Weise auseinandersetzt. Die Klägerin verweist lediglich auf die Entscheidung des Senats vom 23.12.2022 zum Aktenzeichen 6 U 87/22 und meint hieraus herleiten zu können, dass es sich bei der Anzeigepflicht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 ZAG um eine Marktverhaltensnorm handelt. Die Entscheidung verhält sich indes explizit nur zu § 10 ZAG und nicht zu § 2 Abs. 2 ZAG. Der Senat hat ausgeführt, dass Marktverhaltensnormen dadurch charakterisiert sind, dass ein Verstoß zugleich eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt darstellt und demgemäß Erlaubnisvorschriften, die bereits auf der Ebene des Marktzutritts wirken, eine solche Wirkung haben, wenn sie als Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten den Nachweis von Fachkenntnissen fordern oder aber an die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Zahlungsleistungen besondere Anforderungen stellen. Anders als die Erlaubnisvorschrift des § 10 ZAG wirkt indes das Anzeigeerfordernis gemäß § 2 Abs. 2 ZAG nicht bereits auf der Ebene des Marktzutritts. Die Anzeigepflicht besteht nur im Verhältnis zur BaFin und soll diesem seine Aufsicht ermöglichen.
894. Klausel unter Ziffer 10.1 der Nutzer-AGB („Haftungsausschluss“)
90Auch im Hinblick auf diesen Punkt hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.
91Zunächst ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich eine Klauselüberprüfung nach dem UWG möglich ist (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Auflage 2023, § 3a Rn. 1.285 ff). Insoweit kann auf die – insoweit auch nicht angegriffenen - Ausführungen im Urteil des Landgerichts verwiesen werden.
92Dem Landgericht ist zudem in seiner Bewertung zu folgen, dass die unter Ziffer 10.1 der Nutzer-AGB verwandte Klausel zulässig ist. Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 7 a) BGB liegt nicht vor. Darüber, dass sich die Überprüfung der Klauseln nach den Nutzer-AGB nach deutschem Recht richtet, besteht zwischen den Parteien Einigkeit; es ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 der Rom I VO. Der Inhalt der Klausel ist indes gemessen an den Vorgaben des § 309 Nr. 7 a) BGB – wie vom Landgericht richtigerweise ausgeführt - nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat in ihrer Klausel Erfüllungsgehilfen und gesetzliche Vertreter zwar nicht erwähnt, hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass für diese eine Haftung vollumfänglich ausgeschlossen werden sollte. Da die Beklagte als juristische Person nur durch ihre Erfüllungsgehilfen und gesetzliche Vertreter handeln kann, kann die Klausel auch nur dahingehend verstanden werden, dass die Begrenzung des Haftungsausschlusses im zweiten Satz auch für die Erfüllungsgehilfen und gesetzlichen Vertreter gelten sollte.
935. Weitere Rechtsanwaltskosten
94Ein Anspruch auf Erstattung weiterer vorprozessualer Rechtsanwaltskosten ist – da die Klage in keinem weiteren Punkt Erfolg hat –nicht gegeben.
95B. Berufung der Beklagten:
96Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, sofern sie sich gegen die erfolgte Verurteilung unter Ziffer 4 a), b), c) und e) wendet. Im Übrigen ist sie ebenfalls unbegründet. Hierzu im Einzelnen:
971. Werbung der Beklagten mit „Nachhilfe vor Ort“
98Insoweit ist das Landgericht zunächst zutreffend von einer Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise dahingehend, dass die Beklagte Nachhilfe durch persönliches Zusammentreffen vor Ort vermittele, durch die Bewerbungen gemäß den Anlagen K1, K2, K5, K6 und K24 ausgegangen. Wie unter Ziffer A. 1. ausgeführt, kann der Senat – da einerseits Mitglieder des Senats zum angesprochenen Verkehrskreis gehören und andererseits der Senat auch aufgrund seiner ständigen Befassung mit Kennzeichen- und Wettbewerbsstreitsachen in der Lage ist, das Verkehrsverständnis anhand seiner Erfahrungen selbst zu beurteilen - das Verständnis des maßgeblichen Durchschnittsverbrauchers hier selbst feststellen.
99Durch die Angabe „in deiner Nähe“ (K1, K2 und K24) und „in der Nähe“ (K6) bzw. „aus deiner Nähe“ (K5) in Verbindung mit einem Eingabefeld für die Postleitzahl wird für den angesprochenen Adressatenkreis eine Irreführung über wesentliche Merkmale der Dienstleistung der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG herbeigeführt. Denn tatsächlich wird durch diese Angaben der Eindruck erweckt, es finde eine Nachhilfe vor Ort durch persönliches Zusammentreffen und eben nicht ausschließlich online statt, was für viele Eltern ein entscheidendes Kriterium sein wird, sich weiter mit dem Angebot der Beklagten auseinanderzusetzen. Denn eine „klassische“ Nachhilfe vor Ort wird in den Augen vieler Eltern aus verschiedenen Gründen – da sie den Nachhilfelehrer selbst persönlich kennen lernen können, insbesondere wenn der Unterricht zu Hause stattfinden soll, oder aber auch im Hinblick auf ein geringeres Ablenkungspotential für den Schüler gegenüber dem reinen online-Unterricht – vorzugswürdig sein. Diese Irreführung wird auch nicht – wie vom Landgericht richtigerweise ausgeführt – für die Anlage K1 im Hinblick auf den Subtext „Für 18 Städte in Österreich“ vermieden, da dieser Subtext in der konkreten Ausgestaltung mit den Auslassungspunkten vielmehr vom Verbraucher – was auch den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht - dahingehend verstanden werden kann, dass das Nachhilfeangebot der Beklagten nicht nur Unterricht in Deutschland, sondern auch in 18 Städten in Österreich erfasst. Dass sich dann bei einer weiteren Beschäftigung mit dem Angebot der Beklagten für den Verbraucher erschließt, dass tatsächlich nur Online-Nachhilfe angeboten wird, ist irrelevant, da der Anlockeffekt bereits eingetreten ist (vgl. hierzu Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Auflage 2023, § 5 Rn. 1.195). Gleichfalls liegt eine Irreführung in der Bewerbung gemäß Anlage K3 vor, da auch hierdurch der Eindruck einer klassischen Nachhilfe durch persönliches Zusammentreffen vor Ort vermittelt wird. Die Angabe „Top-Nachhilfe für Deutschland und Österreich“ mit der nachfolgenden Auswahl verschiedener Städte ist für den Adressaten der Werbung – denn anderenfalls ergibt die Angabe der verschiedenen Städte keinen Sinn - dahingehend zu verstehen, dass in diesen Städten vor Ort eine Nachhilfe stattfinden kann. Sofern die Beklagte einwendet, dass die Werbeaussage in den Anlagen K3 und K4 aus dem Kontext gerissen und zu Unrecht nicht auf den Gesamteindruck abgestellt werde, der sich im Zusammenhang mit ihrer Landing-Page ergebe, ist dies nicht nachvollziehbar. Bereits aufgrund der tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts – Seite 6 des Urteils – steht fest, dass der Verbraucher über die Anzeigen gemäß Anlagen K1 und K2 direkt auf die Seite gemäß Anlage K3 weitergeleitet wird. Eine vorherige Aufklärung im Hinblick auf das eigentliche Geschäftsmodell der Beklagten – Vermittlung ausschließlich online stattfindender Nachhilfe - über eine andere Seite der Beklagten findet demgemäß gerade nicht statt.
1002. Werbung der Beklagten mit „Nachhilfevergleich“ in Bezug auf die Anlage K5:
101Des Weiteren hat das Landgericht zu Recht dem Antrag der Klägerin unter Ziffer 1. f) stattgegeben, soweit sich dieser auf die Anlage K5 bezogen hat. Das Landgericht ist zutreffend von einer Irreführung der Verbraucher dahingehend ausgegangen, dass ein anbieterübergreifender Vergleich von Nachhilfedienstleistern stattfindet.
102Zwar ist die inhaltliche Ausgestaltung dieser Seite teilweise – im unteren Seitenbereich - identisch mit der Seite gemäß Anlage K6, insbesondere wird auch hier im Impressum auf die Domain I.org verlinkt. Allerdings ergibt sich bei dieser Seite aufgrund verschiedener Umstände ein anderer Gesamteindruck, nämlich dergestalt, dass hier nicht nur von einem Anbieter das eigene Angebot präsentiert, sondern vielmehr das Angebot verschiedener Anbieter verglichen wird. Der erst durch einen Klick auf das Impressum zu erhaltende Hinweis auf einen bestimmten Anbieter, nämlich die Beklagte, ist vor diesem Hintergrund dann aber nicht mehr geeignet, die Irreführung alleine zu vermeiden. Auch die Angabe „Vergleichen Sie bei uns Nachhilfelehrer für alle relevanten Schulfächer“ unter der Überschrift „Nachhilfe in jedem Schulfach“ ist dann im Gesamtkontext anders zu bewerten.
103Im Hinblick auf die den Gesamteindruck bestimmenden Elemente kommt zunächst dem Domainnamen – wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt - durchaus Bedeutung zu. Auch wenn – was die Klägerin einwendet - ein Internetnutzer die Domain in der Regel nicht mehr selbst eintippen, sondern über eine Suchmaschine auf die Seite geführt wird, fällt dieser dem Nutzer bei Besuch der Seite gleichwohl ins Auge und wird im Gesamtkontext von diesem mit berücksichtigt werden. Der Domainname gemäß Anlage K5 „L.com“ vermittelt aber - anders als der Domainname „J.com“ gemäß der Anlage K6 - für den Verbraucher den Eindruck, dass hier ein Vergleich stattfindet und zwar - da kein Hinweis auf einen bestimmten Anbieter erfolgt - dergestalt, dass verschiedene Anbieter und nicht nur die Lehrer eines Unternehmens verglichen werden. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass im oberen Bereich der Seite eine Waage als Symbol für sorgfältiges Abwägen abgebildet ist und dahinter die Angabe „Das W-Vergleichsportal“ folgt. Die Angabe „Das W-Vergleichsportal“ vermittelt gerade den Eindruck, dass die eigentliche Funktion der Seite ein Vergleich verschiedener Dienstleister ist und die Seite demgemäß nicht von einem einzelnen Dienstleister selbst betrieben wird. Auch die dann im Blickfang neben dem Eingabefeld für die persönlichen Daten enthaltene Angabe „Nachhilfe-Angebote aus deiner Nähe im Vergleich“ lässt nicht den Schluss zu, dass hier nur Lehrer eines Unternehmens verglichen werden.
104Dass sich dann zwar durch einen Klick auf das Impressum ergibt, dass tatsächlich nur ein bestimmtes Unternehmen für die Seite verantwortlich ist, vermag die Irreführung nicht mehr zu vermeiden. Unabhängig davon, dass - wie von der Klägerin eingewandt - der Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen als verantwortlichen Seitenbetreiber nicht unbedingt etwas darüber aussagt, welche Inhalte dort angegeben werden, ist alleine die durch das Impressum zu erhaltende Information auch nicht ausreichend. Bei der Anlage K6 gibt es keinen Hinweis auf einen bestimmten Anbieter, allerdings wird dies durch den Gesamteindruck - wie oben ausgeführt - vermittelt, so dass der Klick auf das Impressum dies nur noch bestätigt. Hier legt der Gesamteindruck aber genau das Gegenteil nahe und kann nur durch den Klick auf das Impressum - der von dem Durchschnittsnutzer in der Regel nicht ausgeführt wird - ausgeräumt werden. Auch die unten auf der Seite befindliche, deutlich kleiner und unauffälliger gestaltete Angabe „Vergleichen Sie bei uns Nachhilfelehrer für alle relevanten Schulfächer“ unter der Überschrift „Nachhilfe in jedem Schulfach“ bzw. die „Wir finden in unserer Lehrer-Datenbank“ unter der Überschrift „Der perfekte Lehrer für jeden“ wird dann von dem Durchschnittsverbraucher im Gesamtkontext der Seite - anders als bei der Anlage K6 - nicht als Hinweis darauf verstanden werden, dass sich nur ein Anbieter vorstellt, so dass diese Angaben ebenfalls nicht geeignet sind, die Irreführung zu vermeiden.
1053. Klausel unter Ziffer 9.3. der Nutzer-AGB „Ersatzlehrer“
106Im Weiteren ist auch die Entscheidung des Landgerichts zu dem erstinstanzlichen Antrag der Klägerin unter Ziffer 3 c) nicht zu beanstanden. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klausel einen Verstoß gegen das Transparenzgebot darstellt, das aus § 307 BGB folgt. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Landgericht die Anforderungen an die Transparenz der Klausel nicht überspannt und auch nicht verkannt, dass die Klausel gerade den Fall regelt, dass der Wechsel auf Wunsch des Schülers erfolgt, sondern dies im Rahmen seiner Erwägungen berücksichtigt („…Zwar wird im Kontext mit der gesamten Klausel vorausgesetzt, dass der Schüler einen Ersatzlehrer wünscht…“, S. 33 des erstinstanzlichen Urteils). Das Landgericht hat jedoch dann im Weiteren zu Recht ausgeführt, dass sich aus der Klausel hingegen nicht ergebe, dass der Schüler auch mit dem Lehrer einverstanden sein muss. Die Klausel ist vielmehr dahingehend zu verstehen, dass das Guthaben unabhängig davon für den Lehrer bereitgestellt wird, was den Nutzer unangemessen benachteiligen würde. Sofern die Beklagte einwendet, dass eine Benachteiligung tatsächlich nicht vorliege, da der Schüler jederzeit einen neuen Ersatzlehrer vermittelt bekommen bzw. sich auch selbst suchen könne, und er hierzu im Übrigen auch weitere Informationen auf ihrer Webseite unter dem Punkt „Fragen und Antworten zu den Lehrern“ erhalten würde, ist dies unbehilflich. Grundsätzlich muss eine AGB-Klausel aus sich heraus klar und verständlich sein, so dass sich deren vollständiger Inhalt nicht erst unter Hinzuziehung weitere Informationen erschließt. Im Übrigen kann bereits die bloße Unklarheit einer Klausel zu ihrer Unwirksamkeit gemäß § 307 Abs. 1 BGB führen, die Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung des anderen Teils muss nicht vorliegen. Allerdings geht mit der Verletzung des Transparenzgebotes i.d.R. stets auch die Gefahr einer sachlichen Benachteiligung einher, da bei Verletzung des Verständlichkeitsgebots der andere Teil etwa gehindert wird, die ihm eingeräumten Rechte auch in Anspruch zu nehmen (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 82. Auflage 2023, § 307 Rn. 24). Demgemäß besteht auch hier die Gefahr einer sachlichen Benachteiligung, da sich dem Nutzer aufgrund der Klausel nicht erschließt, dass er den gestellten Ersatzlehrer nicht akzeptieren muss und demgemäß einen anderen verlangen kann.
1074. Klausel unter Ziffer 15.1. der Nutzer-AGB „Vorrang schriftliche Individualvereinbarungen“
108Im Weiteren hat das Landgericht zu Recht den klägerseits erstinstanzlich unter Ziffer 3. g) gestellten Antrag wegen Unwirksamkeit der Klausel unter Ziffer 15.1 der Nutzer-AGB als begründet angesehen. Auch diese Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB i.V.m. § 305 b BGB. Gemäß § 305 b BGB haben Individualvereinbarungen Vorrang vor AGB, unabhängig davon, ob diese schriftlich oder nur mündlich geschlossen wurden. Indem die Klausel unter Ziffer 15.1 der Nutzer-AGB diesen Vorrang indes nur für abweichende schriftliche Vereinbarungen formuliert, wird dem Verbraucher der Eindruck vermittelt, diese gelte nicht für mündliche Vertragsvereinbarungen und ist daher für ihn mindestens unklar.
1095. Klauseln aus den Lehrer-AGB
110Die Berufung der Beklagten hat jedoch Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das erstinstanzliche Gericht den Anträgen der Klägerin unter Ziffer 4 a), b), c) und e) stattgegeben hat.
111Die Klageanträge der Klägerin unter Ziffer 4. sind darauf gerichtet, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr die Verwendung von bestimmten Klauseln in den AGB gemäß Anlage K16 sowohl gegenüber Lehrern als Verbraucher als auch gegenüber Lehrern als Unternehmer zu untersagen. Beides kann die Klägerin indes nicht mit Erfolg geltend machen, da es im Hinblick auf einen etwaigen Verstoß durch die Verwendung der streitgegenständlichen Klauseln gegenüber Lehrern als Unternehmer bereits an schlüssigem Vortrag fehlt und im Übrigen die Klägerseite ihrer Darlegungslast dafür, dass auch Verbraucher unter den Lehrern sind, bereits nicht nachgekommen ist.
112a) Wirksamkeit der AGB gegenüber als Unternehmer einzustufenden Lehrern
113Dass es sich bei den angesprochenen Lehrern jedenfalls teilweise um Unternehmer handelt, ist zwischen den Parteien unstreitig. Soweit die Lehrer aber als Unternehmer anzusehen sind, wendet die Beklagte - dies auch schon in erster Instanz - zu Recht ein, dass nicht deutsches Recht, sondern österreichisches Recht zur Anwendung kommt. Insoweit führt die Beklagte zutreffend aus, dass im Hinblick auf das anwendbare Recht danach hätte unterschieden werden müssen, ob es um die Wettbewerbshandlungen geht oder nach welchem Recht die Zulässigkeit der AGB-Klauseln zu beurteilen ist.
114Richtigerweise ist das Landgericht zwar davon ausgegangen, dass gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom II VO im Hinblick auf die Wettbewerbshandlungen hier deutsches Recht und damit die Vorschriften des UWG anwendbar sind. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom II VO ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Dies ist hier Deutschland.
115Dagegen ist bei der Prüfung der Missbräuchlichkeit von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Gegenstand einer Unterlassungsklage sind, das anzuwendende Recht eigenständig zu bestimmen. Dementsprechend ist, wenn die Unterlassungsklage verhindern soll, dass solche Klauseln in Verträge aufgenommen werden, um vertragliche Verpflichtungen zu begründen, das auf die Beurteilung dieser Klauseln anzuwendende Recht nach der Rom I VO zu bestimmen (vgl. EuGH, Urteil vom 28.07.2016 – C-191/15, Rn. 49, Verein für Konsumenteninformation/Amazon EU Sàrl). Die differenzierte Bewertung nach Wettbewerbs- und Vertragsstatut ist erforderlich, um sicherzustellen, dass dieselben Vertragsklauseln in einem Wettbewerbsstreit und einem Rechtsstreit zwischen den beteiligten Vertragsparteien (hier Lehrer und Beklagte) nicht unterschiedlich beurteilt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 28.07.2016 – C-191/15, Rn. 54, Verein für Konsumenteninformation/Amazon EU Sàrl). Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Rom I VO unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht von Österreich, da sich die Rechtswahl ausdrücklich und eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrages – Ziffer 13.1. der Lehrer-AGB – ergibt. Die Frage des Zustandekommens sowie die Wirksamkeit dieser Rechtswahl richtet sich kraft Art. 3 Abs. 5 der Rom I VO i.V.m. Art. 10 Abs. 1 der Rom I VO folglich nach dem vereinbarten ausländischen Statut (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 13.12.2018 – 16 U 15/18), mithin hier dem Recht von Österreich. Hiervon geht letztlich die Klägerin auch selbst aus, wie sich aus ihren Ausführungen auf Seite 33 ihres Schriftsatzes vom 03.08.2022 ergibt („Anders für den Maklervertrag der Beklagten zum Nutzer bzw. Lehrer, der sich nach österreichischem Recht gemäß der Art. 3 Rom I VO richtet“).
116Ist demgemäß aber von der Anwendbarkeit österreichischen Rechts auszugehen, fehlt es bereits an schlüssigem Vortrag der Klägerin im Hinblick auf die Unwirksamkeit der in Streit stehenden Klauseln der Lehrer-AGB. Ein Verstoß der Klauseln gegen österreichisches Recht wird von ihr bereits nicht behauptet und dürfte auch – wie von der Beklagten umfangreich dargelegt – nicht gegeben sein. Obwohl die Beklagte wiederholt gerügt hat, dass das Vorbringen der Klägerin insoweit unzureichend ist, und auch der Senat auf diesen Punkt in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat, hat die insoweit darlegungsbelastete Klägerin ihren Vortrag nicht weiter ergänzt.
117b) Wirksamkeit der AGB gegenüber als Verbraucher einzustufenden Lehrern
118Soweit sich der Unterlassungsantrag der Klägerin darüber hinaus auch auf die Verwendung der Klauseln gegenüber Lehrern als Verbraucher bezieht, hat er ebenfalls keinen Erfolg. Insoweit fehlt es bereits an hinreichendem Vortrag der auch insoweit darlegungspflichtigen Klägerseite dazu, weshalb überhaupt von einer Verbrauchereigenschaft eines Teils der Lehrer auszugehen sein sollte. Nach dem gesamten Geschäftskonzept der hier streitgegenständlichen Nachhilfevermittlung ist davon auszugehen, dass – so hat es auch das Landgericht beurteilt – die Lehrer in Ausübung ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit, mithin als Unternehmer im Sinne von Art. 6 der Rom I VO tätig werden. Der Begriff des Verbrauchers wird in Abs. 1 für die Zwecke von Art. 6 definiert. Ein Verbraucher ist danach jede natürliche Person, die den in Rede stehenden Vertrag zu einem Zweck schließt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen ist. Art. 6 Abs. 1 der Rom I VO übernimmt damit im Wesentlichen die Definition des Verbrauchers, die sich bereits in älteren verbraucherschützenden Rechtsakten und insbesondere in Art. 17 Brüssel Ia-VO (Art. 15 Brüssel I-VO) findet. Die zu diesen Rechtsakten ergangene Rechtsprechung kann deshalb für die Auslegung von Art. 6 der Rom I VO fruchtbar gemacht werden (BeckOGK/Rühl, ROM I VO, Stand: 1.2.2023, Art. 6 Rn. 58). Zu beachten ist insgesamt, dass der Begriff des Verbrauchers nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 13 EuGVÜ bzw. Art. 17 Brüssel Ia-VO (Art. 15 Brüssel I-VO) wegen des Ausnahmecharakters der Vorschrift eng auszulegen ist (BeckOGK/Rühl, ROM I VO, Stand: 1.2.2023, Art. 6 Rn. 59). Nur wenn der Vertrag zu privaten Zwecken geschlossen wird, handelt die vertragsschließende Person als Verbraucher (BeckOGK/Rühl, ROM I VO, Stand: 1.2.2023, Art. 6 Rn. 63). Bei den hier in Rede stehenden Verträgen der Lehrer mit der Beklagten ist indes der Vertragszweck – die Vermittlung von Nachhilfeschülern – offenkundig nicht dem privaten Lebensbereich zuzuordnen. Sofern die Klägerin gleichwohl hiervon abweichend von einer Verbrauchereigenschaft jedenfalls eines Teils der Lehrerschaft ausgeht, hätte es insoweit weiteren Vortrages ihrerseits dazu bedurft, wie dies mit dem hier streitgegenständlichen Modell der Nachhilfevermittlung überhaupt zu vereinbaren sein soll. Solcher Vortrag der Klägerin ist indes nicht erfolgt. Etwas anders ergibt sich für diese tatsächliche Bewertung auch nicht daraus, dass sich - aus welchen Gründen auch immer, etwa, wie von der Beklagten vorgetragen lediglich sicherheitshalber, um Abmahnungen zu begegnen - in den AGB der Beklagten auch ein Widerrufsrecht für die Lehrer findet. Sofern die Klägerin zudem damit argumentiert, dass die Lehrer im Hinblick auf das Rücktrittsrecht oder die Wahl der Nachhilfe nicht weisungsfrei seien, verkennt sie bereits, dass sich diese Regelungen auf den Vertrag zwischen Lehrer und Nutzer und gerade nicht auf das hier maßgebliche Verhältnis der Beklagten zu den Lehrern beziehen. Gegenüber der Beklagten ist der Lehrer vielmehr gemäß Ziffer. 5.2. der Lehrer-AGB weisungsfrei und agiert bei der Abhaltung von Video-Unterricht eigenverantwortlich und selbständig.
119III.
120Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs.1 ZPO.
121Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
122Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.
123Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 97.500,00 Euro festgesetzt.